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Übersicht
Gegensätzliche deutsche und englische
Vorschläge zur Frage der Bombardierung aus der Luft auf der
Abrüstungskonferenz
Die deutsche Staatsführung hat schon in der Epoche, als sie nach der
Deutschland durch das Versailler Diktate aufgezwungenen einseitigen
Abrüstung um ihre Gleichberechtigung auf militärischem
Gebiet kämpfte, stets mit allen ihr gegebenen Mitteln darauf hinzuwirken
gesucht, bindende Verpflichtungen zwischen den Staaten zu einer humanen und
ritterlichen Kriegführung herbeizuführen. Alle diese
Bemühungen sind allein an dem Widerstand der Mächte gescheitert,
die Deutschland jetzt als Kriegsgegner gegenüberstehen. Das gilt auch von
den vielen Versuchen, die in dieser Beziehung von deutscher Seite auf dem
Gebiete der Luftrüstung gemacht worden sind.
Dieser grundsätzlichen Einstellung der Deutschen Regierung entsprachen
die auf der Abrüstungskonferenz in Genf von der deutschen Delegation
gemachten Vorschläge, die ein totales Verbot der Unterhaltung jeglicher
Luftstreitkräfte forderten, und für den Fall der Nichtannahme dieses
Vorschlages, das Abwerfen von Kampfmitteln jeder Art aus Luftfahrzeugen,
sowie die Vorbereitung hierfür, ohne jede Einschränkung untersagt
wissen wollten (Dok. 1). Mit
diesen Vorschlägen bekannte sich die Reichsregierung unzweideutig zu
einem Totalverzicht auf den Einsatz von Flugzeugen als Kampfmittel. Dieser
großzügige und weitgehende Gedanke wurde von der englischen
Delegation zu Fall gebracht. Sie machte lediglich den vagen und einer radikalen
Lösung ausweichenden Vorschlag, das Gesamtproblem des
Luftbombardements zu prüfen (Dok. 2). Die
Gegensätzlichkeit der deutschen und englischen Auffassung vom Luftkrieg
fand klassischen Ausdruck in einer Rede, die Baldwin damals vor dem Unterhaus
hielt. Baldwin sagte, die einzige Verteidigung sei der Angriff, d. h. also,
man müsse mehr Frauen und Kinder töten als der Feind, wenn
man sich selber [4] schützen
wolle (Dok. 3). Im
weiteren Verlauf der Abrüstungskonferenz vermied es die Britische
Regierung unter dem Druck der öffentlichen Meinung, das vorgeschlagene
Verbot des Bombenabwurfs einfach abzulehnen. Sie wählte stattdessen den
Weg, das Verbot mit einem Vorbehalt zu versehen, der zwar auf den ersten Blick
nicht sehr weitgehend aussah, in Wahrheit aber das Verbot praktisch illusorisch
machte. In dem sogenannten
MacDonald-Plan sprach sich die britische Delegation zwar zunächst
ebenfalls für die völlige Abschaffung des Bombenabwurfs
aus der Luft aus, knüpfte aber daran den Vorbehalt "ausgenommen
für polizeiliche Erfordernisse in gewissen entfernten Gebieten"
(Dok. 5). Dieser englische
Vorbehalt wurde von allen Seiten als das erkannt, was er wirklich war,
nämlich als eine Sabotage des Verbots des Luftbombardements. Nicht nur
die Vertreter Spaniens, Norwegens und der Schweiz, sondern auch die
Delegierten der heutigen Bundesgenossen Großbritanniens, nämlich
die der Vereinigten Staaten und der Sowjetunion, äußerten sich in
zum Teil sehr kritischer Weise über den britischen Vorbehalt und traten
für das totale Verbot des Bombenabwurfs, wie es Deutschland gefordert
hatte, ein (Dok. 6, 7, 9, 10 und 11). Es ist heute von besonderem
Interesse, sich daran zu erinnern, daß gerade der Delegierte der Vereinigten
Staaten es als Ansicht seiner Regierung unterstrich, daß die
Luftbombardierung ausgeschaltet werden müßte, und zwar absolut,
bedingungslos und allgemein gültig. In seiner Antwort auf die
während der Diskussion vorgebrachte Kritik an dem britischen Vorschlag
setzte sich Eden als Vertreter Großbritanniens in der Generalkommission
nachhaltig für den Bombenabwurf als "Art von Polizeiaktion" ein, wobei er
sich auf frühere Fälle des Luftbombardements zu polizeilichen
Zwecken als Begründung für die Daseinsberechtigung des britischen
Vorbehaltes bezog (Dok. 8).
Der britische Vorschlag, den Bombenabwurf aus der Luft für
Polizeizwecke beizubehalten, wurde später verschiedentlich auch im
englischen Parlament behandelt. In Beantwortung einer Interpellation zu dem
Thema von seiten der
Labour-Partei betonte Baldwin am 31. Mai 1933, das Unterhaus könne
nicht erwarten, daß die Regierung von einer Politik, zu der sie sich nach
reiflicher Überlegung entschlossen habe, abgehe, weil Einwände
dagegen erhoben worden seien (Dok. 12). Lord Londonderry, der
Staatssekretär für Luftfahrt, begab sich eigens nach Genf, um der
Abrüstungskonferenz zu erklären, aus welchen Gründen die
Britische Regierung bei ihrem Entschluß bleibe, auf Beibehaltung des
Bombenabwurfs aus der Luft als Mittel der Polizeigewalt in Grenzbezirken zu
dringen, und war genötigt, den Standpunkt der Britischen Regierung
später auch im Parlament zu verteidigen (Dok. 21). Vor ihm hatte der
Britische Unterstaatssekretär für Luftfahrt, Sir Philip Sassoon,
die Frage ebenfalls vor dem Parlament behandelt, indem er "die beachtlichen
Vorteile, die die Luftmacht als Werkzeug des Friedens biete", betonte und
abschließend zum Ausdruck brachte, gerade die Menschlichkeit fordere,
daß ein neues Werkzeug, wenn es sich zehn [5] Jahre als human und
leistungsfähig erwiesen habe, nicht leichtfertig fortgeworfen werden
dürfe (Dok. 15). Am 14.
Februar 1938 stellte der Sohn des früheren Vorsitzenden der
Abrüstungskonferenz, der Abgeordnete A. Henderson, dem
Britischen Premierminister die Frage, ob er als Beispiel für andere Nationen
eine Versicherung dahingehend abgeben wolle, daß die Britische Regierung
die Benutzung von Bombenflugzeugen für Polizeizwecke in allen Gebieten
unter britischer Kontrolle zu verbieten beabsichtige. Neville Chamberlain
antwortete, daß die Britische Regierung nicht bereit sei, die Tätigkeit
ihrer Luftstreitkräfte zu begrenzen, ausgenommen als Teil einer
internationalen Abmachung (Dok. 26).
Weitere deutsche
Bemühungen
Wenn es nicht zu dem von Chamberlain als Voraussetzung für die
Begrenzung der Tätigkeit der britischen Luftstreitkräfte gemachten
internationalen Abkommen kam, so war dies jedoch ausschließlich Schuld
der britischen und der ihr nahestehenden Regierungen. Auch als die
Abrüstungskonferenz gescheitert und Deutschland aus dem
Völkerbund ausgetreten war, blieb die Reichsregierung ihrem Ziel treu, sich
für die Anerkennung von Verpflichtungen einer humanen
Kriegführung unter Vermeidung gewisser Kriegswaffen in ihrer
Anwendung gegen die Zivilbevölkerung einzusetzen. Nicht nur enthielt die
Denkschrift der Reichsregierung über die
Rüstungs- und Gleichberechtigungsfrage vom 18. Dezember 1933 einen
dahingehenden Vorschlag (Dok. 13), vielmehr klang die
Forderung, die der Führer schon in seiner großen Rede vom 17. Mai
1933 (Dok. 4) erhoben hatte,
als Motiv durch alle Reden des Führers in den folgenden Jahren (Dok. 20 und 24) und fand auch in dem Friedensplan
der Deutschen Regierung vom 31. März 1936 erneuten Ausdruck (Dok. 25). Hier heißt es: Die
Deutsche Regierung sieht es als die zunächst wichtigste Aufgabe an, den
Luftkrieg in die moralische und menschliche Atmosphäre der seinerzeit
durch die Genfer Konvention dem Nichtkriegsteilnehmer zugebilligten Schonung
zu bringen, und schlägt für die vorgesehene Konferenz als
nächste praktische Aufgabe vor: das Verbot des Abwurfs von
Gas-, Gift- und Brandbomben sowie das Verbot des Abwurfs von Bomben
jeglicher Art auf offene Ortschaften, die sich außerhalb der Reichweite der
mittleren schweren Artillerie der kämpfenden Fronten befinden. Alle
konkreten deutschen Vorschläge dieser Art wurden jedoch englischerseits
beiseitegeschoben.
Luftpakt
Vielmehr versuchte England, nachdem Frankreich zuvor den Wunsch
Deutschlands auf Einräumung einer Verteidigungsluftflotte von Flugzeugen
mit kurzer Reichweite, zu der keine Bombenflugzeuge gehören sollten (Dok. 16), abgelehnt hatte, an die
Stelle der Luftabrüstung das Problem der Luftsicherheit zu setzen, indem es
den Vorschlag eines
Luft- [6] paktes der
Locarnomächte zur Sprache brachte. In diesem Luftpakt sollten sich die
Unterzeichner verpflichten, die Unterstützung ihrer Luftstreitkräfte
jedem unter ihnen zu gewähren, der das Opfer eines nicht
herausgeforderten Luftangriffes von seiten eines der vertragschließenden
Teile werden sollte (Dok. 17).
Deutschland erklärte sich bereit, auch auf diesem Wege zu einer Regelung
des Luftkriegproblems zu kommen und mit der Britischen Regierung in einen
unmittelbaren Gedankenaustausch hierüber einzutreten (Dok. 18). Die Britische Regierung
verhinderte jedoch das Zustandekommen eines solchen Paktes selbst, indem sie
den gleichzeitigen Abschluß eines Ostpaktes zur Vorbedingung für
die Weiterverfolgung des Projektes machte. Dabei war sich die Britische
Regierung völlig klar darüber, daß die Reichsregierung dem
Vorschlag eines Luftpaktes zwischen den
Locarno-Mächten günstig gegenüberstand (Dok. 19), behauptete aber,
daß es schwierig sei, bei einem Stocken der Ostpaktverhandlungen einen
befriedigenden Fortschritt mit dem Luftpakt und anderen Maßnahmen zur
Befriedung Europas zu verzeichnen, wie es der Britische Außenminister
Sir Samuel Hoare einmal im Parlament am 1. August 1935 (Dok. 23) ausdrückte.
Wie erst aus Akten, die während des Krieges erbeutet wurden, bekannt
geworden ist, hat die Britische Regierung auch einen zu Beginn des Jahres 1938
unternommenen Initiativschritt der Niederländischen Regierung, eine
gesonderte vertragliche Behandlung des Luftbombardements
herbeizuführen (Dok. 27), sabotiert. Die Britische
Botschaft in Paris unterrichtete in einer Note die Französische Regierung
über ihren Wunsch, angesichts der Kompliziertheit des von
niederländischer Seite aufgeworfenen Problems die Gefahr vorzeitig
eingeleiteter Verhandlungen vermeiden zu wollen und deshalb eine Unterrichtung
Berlins bis zur Beendigung von ihr vorzunehmender Vorarbeiten aufgeschoben zu
sehen (Dok. 28). Einem
abschließenden Bericht des Französischen Botschafters in London
vom Juli des gleichen Jahres zufolge, hatten die hohen Beamten des Foreign
Office auch damals nicht die Grundlage gefunden, die geeignet gewesen
wäre, eine Teilnahme der übrigen Nationen an einer Konferenz, wie
sie niederländischerseits vorgeschlagen war, herbeizuführen (Dok. 31).
Während die Britische Regierung so durch Verquickung des Luftproblems
mit unmöglichen politischen Forderungen, wie sie die Ostpaktpläne
darstellten, sowie durch die Sabotage der niederländischen Initiative die
praktische Regelung der Frage unmöglich machte, sparte sie nicht mit
theoretischen Beteuerungen ihrer humanitären Gesinnung, indem sie sich
mit Pathos zu den Grundsätzen des Völkerrechts und der
Menschlichkeit bekannte. So stellte Chamberlain in einer Erklärung vom
21. Juni 1938 fest, daß es gegen das Völkerrecht verstoße, auf
Zivilisten als solche Bomben zu werfen und absichtlich Angriffe auf die
Zivilbevölkerung zu machen. Er forderte weiter, daß die Ziele, auf
die von der Luft aus gezielt wird, rechtmäßige militärische
Ziele und als solche identifi- [7] zierbar sein
müßten. Er forderte schließlich, daß bei Angriffen auf
solche militärischen Ziele eine angemessene Sorgfalt geübt werden
müßte, damit nicht durch Fahrlässigkeit Bomben auf
Zivilbevölkerung in der Nachbarschaft geworfen würden. Mit
Entrüstung verurteilte er aufs schärfste in der gleichen
Erklärung die möglicherweise von dritter Seite aufzustellende
Behauptung, wonach es zu einer absichtlichen Politik gehören
könnte, durch Demoralisierung der Zivilbevölkerung mit
Bombenangriffen aus der Luft einen Krieg gewinnen zu wollen (Dok. 30). Die in dieser Rede von
Chamberlain in der Öffentlichkeit verkündeten Grundsätze
stehen im krassen Gegensatz zu dem, was derselbe Chamberlain später auf
der Geheimsitzung des Alliierten Kriegsrats vorschlug (Dok. 60), und was die britische
Luftwaffe sodann ausführte.
Britisch-französische
Generalstabsbesprechungen
Bei Abgabe der soeben zitierten heuchlerischen Erklärung Chamberlains
vor dem britischen Parlament waren schon seit längerer Zeit
englisch-französische Generalstabsbesprechungen im Gange, die der
praktischen Vorbereitung einer gemeinsamen Luftkriegführung gegen
Deutschland galten. Die im Verlauf des Krieges in Frankreich in deutsche
Hände gefallenen Akten des Französischen Generalstabs geben hier
ein aufschlußreiches Bild, das freilich den humanitären Beteuerungen
des britischen Regierungschefs in keiner Weise entspricht. Schon Anfang
März 1938, also eineinhalb Jahre vor Ausbruch des Krieges, traten
Vertreter der britischen und französischen Luftwaffe in Paris zusammen,
um die Arbeiten zur Sammlung von Unterlagen über Luftziele in
Deutschland zu organisieren. Der abschließende Bericht sagt, daß die
Besprechungen auf den verschiedenen Gebieten einen erheblichen Fortschritt mit
sich gebracht hätten (Dok. 29). Eine ein Jahr
später vom Britischen Kriegsministerium über
britisch-französische Generalstabsbesprechungen vorgelegte Aufzeichnung
ging schon sehr in die Einzelheiten der
englisch-französischen Aktion zur Luft gegenüber Deutschland. Es
waren gesteigerte Phasen des Luftkrieges vorgesehen. In der letzten Phase
sollten die alliierten Bombenflugzeuge gegen wirtschaftliche und
industrielle Ziele in Deutschland eingesetzt werden, um zum
schließlichen Zusammenbruch des deutschen Widerstandes
beizutragen (Dok. 32).
Daß diese Methode in ihrer Wirkung ausgedehnten Angriffen auf die
Zivilbevölkerung gleichkommen mußte, war dem Britischen
Generalstab natürlich klar. In einer vom August 1939 stammenden
Aufzeichnung des Britischen Generalstabes über die Frage der
Luftbombardierungen war nicht nur die Bombardierung der deutschen Wehrmacht
und ihrer Anlagen, sondern auch die jeder sonstigen Einrichtung, die zur
Kriegführung dienen könnte, behandelt, wobei jetzt auch
ausdrücklich die Formel gebraucht wird, ohne Rücksicht darauf "ob
eine solche Aktion schwere Verluste unter der feindlichen Zivilbevölkerung
hervorrufen wird". Die Engländer wählen hierfür den
Ausdruck, bei den Luftangriffen "von vornherein die Handschuhe [8] auszuziehen"
(Dok. 33). In dem gleichen
Dokument kommt zum Ausdruck, daß kein verbündeter Befehlshaber
ohne ausdrücklichen Befehl von London Handlungen irgendwelcher Art
unternehmen soll, die England möglicherweise einem berechtigten Vorwurf
uneingeschränkter Bombardierungen aussetzen könnten. Diese
Formulierung macht es klar, daß die von England seither gegen Deutschland
durchgeführten Terrorangriffe zur Luft auf ausdrücklichen Befehl
von London erfolgt sind.
Die Frage der Luftangriffe gegen Deutschland spielte wenige Wochen nach
Ausbruch des Krieges die Hauptrolle auf der Sitzung des "Obersten Rates" in
London am 17. November 1939. Auf dieser Zusammenkunft verfocht der
Britische Premierminister mit Nachdruck einen vom Generalstab der britischen
Luftwaffe in allen Einzelheiten ausgearbeiteten Plan, bei einer gegebenen
Kriegslage sofort das Ruhrgebiet mit britischen Langstreckenbombern angreifen
zu lassen, um dort alle Objekte von militärischer Bedeutung ohne
Rücksicht auf die dabei unvermeidbaren Verluste der
Zivilbevölkerung mit Bomben zu belegen. Wenn der Britische
Premierminister hierbei von gewissen Hemmungen sprach, die er für den
Fall einer Durchführung dieses Planes empfand, so beruhten diese
Hemmungen nicht auf der Sorge, daß durch die Luftangriffe ziviles Leben
in Mitleidenschaft gezogen werden könnte, sondern nur auf den zu
erwartenden starken Verlusten der einzusetzenden britischen Luftwaffeneinheiten
und den zu besorgenden deutschen Gegenschlägen. Das hinderte
Chamberlain nicht, Daladier um die Ermächtigung zu bitten, den Plan der
Bombardierung des Ruhrgebietes zu dem ihm notwendig scheinenden Zeitpunkt
ohne eine abermalige Befragung der Französischen Regierung
durchzuführen. Der Französische Ministerpräsident
widersprach zwar der Ausführung des Planes, jedoch nicht aus
menschlichen Erwägungen, sondern weil er Vergeltungsangriffe der
deutschen Luftwaffe insbesondere gegen das französische Industriegebiet
fürchtete (Dok. 60).
Deutsche Bemühungen um Humanisierung
des Krieges bei Kriegsausbruch
Bei Kriegsbeginn war es wieder der Führer, der in seiner Reichstagsrede
vom 1. September 1939 als erster der beteiligten Staatsmänner sich
für eine Führung des Krieges mit humanen Mitteln einsetzte. Er gab
bekannt, der deutschen Luftwaffe den Auftrag gegeben zu haben, sich bei ihrer
Kampfführung auf militärische Objekte zu beschränken (Dok. 34). Als dann dem
Führer eine Botschaft des Präsidenten Roosevelt übermittelt
wurde (Dok. 36), in welcher
dieser an alle Regierungen einen dringenden Appell richtete, öffentlich zu
erklären, daß sie entschlossen seien, ihre Streitkräfte unter der
Voraussetzung der Gegenseitigkeit auf keinen Fall Bombenangriffe aus der Luft
auf Zivilbevölkerung oder unbefestigte Städte machen zu lassen,
konnte der Führer sich auf den in seiner Reichstagsrede vom gleichen Tage
bereits öffentlich bekannt- [9] gegebenen Befehl an die
deutsche Luftwaffe, sich bei ihren Kampfhandlungen auf militärische
Objekte zu beschränken, beziehen (Dok. 37). Es war schon damals
klar und ist durch das spätere Vorgehen der nordamerikanischen Luftwaffe
genugsam bestätigt worden, daß dieser scheinbar humane Appell des
Präsidenten Roosevelt nicht ernst gemeint, sondern lediglich zur
Täuschung der Öffentlichkeit bestimmt war. Offenbar spielte dabei
auch die Tatsache eine Rolle, daß die britische und auch die amerikanische
Luftausrüstung bei Kriegsausbruch noch nicht weit genug fortgeschritten
waren, um Luftangriffe auf Deutschland mit Aussicht auf Erfolg unternehmen zu
können. Das gleiche gilt auch von einer am 7. September 1939 durch
schwedische Vermittlung der Reichsregierung zugeleiteten Erklärung der
Regierungen Frankreichs und Englands, den Krieg mit dem festen Wunsch zu
führen, die Zivilbevölkerung zu schonen und die Denkmäler
menschlicher Kultur zu erhalten (Dok. 42). Die Reichsregierung
antwortete auch hierauf mit dem Hinweis, daß die deutschen
Streitkräfte dem ihnen zu Beginn des Krieges erteilten Befehl,
Kampfhandlungen nicht gegen Frauen und Kinder zu richten, und Luftangriffe auf
militärische Objekte zu beschränken, entsprochen hatten. Dabei
wurde deutscherseits betont, daß dieser Befehl unter der Voraussetzung
abgegeben sei, daß die Gegner Deutschlands die gleichen Regeln der
Kampfführung beobachten würden. Weiterhin stellte die
Reichsregierung in ihrer Antwort bereits damals fest, daß die Gegner
Deutschlands ihre Verpflichtungen vielfach in flagrantester Weise gebrochen
hatten, insbesondere habe die Britische Regierung sich im krassesten Widerspruch
mit der in ihrer Erklärung enthaltenen feierlichen Versicherung, die zivile
Bevölkerung schonen zu wollen, durch die von ihr verkündeten
Konterbande-Bestimmungen über alle anerkannten Regeln der
Seekriegsführung hinweggesetzt und damit in aller Form die
Hungerblockade gegen Frauen und Kinder eröffnet. Ferner habe die
Polnische Regierung ohne jede militärische Notwendigkeit viele offene
Städte zum Stützpunkt ihrer militärischen Operationen und
damit zum Kampfgebiet gemacht. Die Note schloß mit der Versicherung,
daß die deutschen Streitkräfte auch künftig dem vom
Führer verkündeten Grundsatz ritterlicher und humaner
Kampfführung treu bleiben würden, daß sich die
Reichsregierung jedoch vorbehalte, jeden vom Feinde begangenen Rechtsbruch zu
vergelten (Dok. 47).
Luftkrieg in Polen
In dem Bestreben, die Polnische Regierung unverzüglich über die
den deutschen Luftstreitkräften für die Kampfhandlungen in Polen
auferlegten Einschränkungen zu unterrichten, wurde der schon in der
Abreise befindlichen Polnischen Botschaft noch eine Verbalnote des
Auswärtigen Amts zugestellt, in der mitgeteilt wurde, daß den
deutschen Luftstreitkräften unter der selbstverständlichen
Voraussetzung, daß die polnischen [10] Luftstreitkräfte
sich an die gleichen Regeln hielten, befohlen worden sei, sich bei ihren
Kampfhandlungen in Polen auf militärische Objekte zu beschränken
(Dok. 35). Die deutsche
Luftwaffe hielt sich von Anfang an streng an diesen Befehl. Das geht nicht nur
aus den Meldungen der deutschen Luftwaffe hervor (Dok. 38), sondern wird auch von
fremder Seite bestätigt. Der Unterstaatssekretär des Britischen
Auswärtigen Amts erklärte am 6. September im Unterhaus,
daß die deutsche Luftwaffe ihre Angriffe nicht ziellos gegen die zivile
Bevölkerung als solche richte, sondern im allgemeinen militärische
Ziele treffe (Dok. 41). Der
Kommandeur der Luftwaffe in Warschau, ein Oberst des polnischen Heeres, legte
dem Kommandeur der Verteidigung von Warschau laufend Lagemeldungen vor,
in welchen er die bei den deutschen Luftangriffen auf Warschau getroffenen
militärischen Objekte angab (Dok. 39). Das gleiche berichtete
der Französische Luftattaché in Warschau nach Paris. Er
unterstreicht, daß die deutsche Luftwaffe wie auf dem Schießplatz
arbeitet, "daher säßen ihre Bomben auch sehr genau". Er
unterstreicht, daß die deutsche Luftwaffe nach den Kriegsgesetzen
gehandelt und nur militärische Ziele angegriffen hat, und schließt
diesen Teil seiner Ausführungen mit der Bemerkung, es sei wichtig,
daß man dies in England und Frankreich erfahre, damit keine Repressalien
unternommen würden, wo kein Anlaß zu Repressalien sei (Dok. 46).
Daß es im weiteren Verlauf der Kampfhandlungen zu Zerstörungen
in der Stadt
Warschau selbst gekommen ist, lag darin begründet, daß
die Stadt Warschau durch die polnischen Befehlshaber unter Mithilfe der vom
polnischen Rundfunksender zum Barrikadenbau aufgeforderten
Zivilbevölkerung zu einem militärischen Stützpunkt erster
Ordnung umgewandelt worden war (Dok. 44). Vor Beginn des
deutschen Angriffs auf die rings umschlossene Stadt wurde der militärische
Befehlshaber in Warschau auf Befehl des Führers durch den deutschen
Kommandierenden General vor Warschau mit einem Schreiben vom 16.
September zur bedingungslosen Übergabe der Stadt aufgefordert. In dem
Schreiben wurde darauf hingewiesen, daß im Falle der Ablehnung die Stadt
als Festung mit allen sich daraus ergebenden Folgerungen behandelt werden
würde (Dok. 48).
Wiewohl das Schreiben des deutschen Generals polnischerseits ohne Antwort
blieb und damit an sich die Voraussetzung zum Beginn der Kampfhandlungen
gegen die Festung Warschau gegeben war, wurde die polnische
Zivilbevölkerung durch ein in der Menge von mehreren Gewichtstonnen
abgeworfenes Flugblatt über die Lage mit der Aufforderung unterrichtet,
das Stadtgebiet auf gewissen bezeichneten Straßen innerhalb von
zwölf Stunden zu verlassen (Dok. 49). Auch die in dem
Flugblatt enthaltene Aufforderung blieb unbeantwortet. Von der angebotenen
Räumungsfrist machte die Bevölkerung keinen Gebrauch. Damit war
der deutscherseits unternommene Versuch, die Bevölkerung der polnischen
Hauptstadt vor schwerem Leiden und Schrecken zu bewahren, gescheitert.
Nachdem auch ein vom polnischen Sender angekündigter
Parlamentär bei den deutschen Linien nicht eintraf, ordnete der [11] Führer am 18.
September 1939 nunmehr an, den Angriff auf Warschau einzuleiten. In dem
Befehl heißt es, die Luftwaffe habe nur im Rahmen der militärisch
notwendigen Kampfhandlungen mitzuwirken (Dok. 52). Vom 22. September ab
bemühten sich Heer und Luftwaffe, im Zusammenwirken den Widerstand
der Festung Warschau durch Angriffe auf militärisch besonders wichtige
Einzelobjekte niederzuzwingen. Die Verhandlungen über die Evakuierung
der ausländischen Diplomaten in Warschau und deren Durchführung
brachten eine zeitweilige Unterbrechung der Kampfhandlungen mit sich (Dok. 54 und 55). Um weiteres Blutvergießen zu
verhindern und den Gegner zur Einstellung seines zwecklosen Widerstandes zu
veranlassen, erteilte der Führer am 25. September den Befehl, durch
Flugblattabwurf der polnischen Armee eine ehrenvolle Kapitulation zuzusichern
(Dok. 56). Die
Bevölkerung wurde gleichzeitig aufgefordert, sich nach der Vorstadt Praga
in Sicherheit zu bringen, aber die Verblendung der polnischen Befehlshaber in
Warschau dauerte an. So kam es am 26. September zur Ausführung der
befohlenen Kampfhandlungen gegen die Festung (Dok. 57). Nachdem der deutsche
Angriff im Nordteil die erste, im Südteil die zweite Fortlinie in deutschen
Besitz gebracht hatte, bot der polnische Kommandant unter dem Eindruck dieser
Waffenerfolge am Vormittage des 27. September die bedingungslose
Übergabe der Stadt an (Dok. 58).
Erneute Warnung des
Führers
Wenige Tage nach dem Falle der polnischen Hauptstadt trat der Führer in
seiner Reichstagsrede vom 6. Oktober 1939 im Anschluß an eine
Schilderung des Kampfes um Warschau wiederum für die Humanisierung
des Krieges ein. Er stellte hierbei das Postulat auf, daß als Voraussetzung
für ein wirkliches Aufblühen der Wirtschaft bei den einzelnen
Völkern ein absolutes Gefühl der Sicherheit hergestellt werden
müsse. Zu diesem notwendigen Gefühl der Sicherheit gehöre
vor allem aber eine Klärung der Anwendbarkeit und des Wirkungsbereichs
gewisser moderner Waffen. Es müsse auch gelingen, den Einsatz der
Luftwaffe und die Anwendung anderer Kriegsmittel wie Gas und
U-Booten sowie die Begriffe der Konterbande so festzulegen, daß der Krieg
des furchtbaren Charakters eines Kampfes gegen Frauen und Kinder und
überhaupt gegen Nichtkriegsteilnehmer entkleidet werde. Es müsse
möglich sein, in Anlehnung an das Rote Kreuz eine grundsätzlich
allgemein gültige Regelung zu finden (Dok. 59). Aber auch dieser Appell
des Führers verhallt ungehört.
Die erste Serie der britischen Luftangriffe gegen
die Zivilbevölkerung
Den ersten englischen Luftangriffen auf Wilhelmshaven und Cuxhaven vom
September 1939 (Dok. 40)
folgten im Dezember des gleichen Jahres eine Reihe weiterer Bombenwürfe
auf deutschen Boden [12] (Dok. 61). In der Nacht zum
12. Januar 1940 fielen zum ersten Male britische Bomben auf eine deutsche
Ortschaft, nämlich den Rand der Stadt Westerland auf Sylt (Dok. 62). Damals bestand
für die deutschen Luftstreitkräfte eine einschränkende
Weisung, die das Bombenabwerfen auf Landziele in gegnerischem Gebiete nicht
gestattete (Dok. 63). Den
Bomben von Westerland vom 12. Januar folgte am 20. März eine Anzahl
Einflüge in die Deutsche Bucht von
Schleswig-Holstein und bis in die Gegend von Kiel mit Angriffen auf
Hörnum und Sylt, wobei etwa 110
Spreng- und Brandbomben geworfen wurden und ein Lazarett einen Volltreffer
erhielt (Dok. 62 und 66). Am 12. April wurden wiederum
Einflüge von feindlichen Flugzeugen nach Holstein verzeichnet. Auf die
kleine Stadt Heiligenhafen wurden in dieser Nacht vier Bomben mittleren
Kalibers geworfen, die zwei Häuser beschädigten. In der Nacht vom
23. zum 24. April erfolgten abermals feindliche Luftangriffe auf die Insel Sylt.
Westlich, südlich und östlich der Stadt Westerland wurden in
näherer und weiterer Entfernung nach den vorliegenden Berichten etwa 25
Spreng- und mehrere Brandbomben abgeworfen. Von den Sprengbomben
detonierten 12. Auch in den Westerland benachbarten Ortschaften Tinnum,
Rantum und dem Badeort Wenningstedt fielen Bomben, die Sachschaden
anrichteten (Dok. 62 und 67). In der gleichen Nacht warfen
Flugzeuge auch am Rande der kleinen Stadt Heide in
Schleswig-Holstein mehrere Bomben ab. Der Landrat von Heide schreibt hierzu,
daß die Ursache dieser Abwürfe "auch nicht vermutet werden kann,
da in der Gegend keinerlei militärische Objekte vorhanden sind" (Dok. 68). Der Bericht des
Oberkommandos der Wehrmacht vom 25. April 1940, der diese
Bombenwürfe registriert, stellt gleichzeitig fest, daß der Feind
damit den Luftkrieg gegen unverteidigte Orte ohne militärische Bedeutung
eröffnet hat (Dok. 69). Im Monat April folgten
sodann in der Nacht zum 26. April noch einige Einflüge britischer
Kriegsflugzeuge, die kurz nach Mitternacht südwestlich Pellworm bei
Süderoog Bomben abwarfen (Dok. 62).
Von den ersten acht Monaten des Deutschland von England aufgezwungenen
Krieges waren demnach nur die Monate Oktober, November und Februar frei von
britischen Bombenwürfen auf deutsches Gebiet geblieben.
Dennoch legte die deutsche Luftwaffe sich im Kampf gegen England
gemäß den erhaltenen Befehlen größte
Zurückhaltung auf. Den im September erlassenen allgemeinen Weisungen
über die Kriegführung war am 25. Januar 1940 ein
grundsätzlicher Befehl des Oberkommandos der Wehrmacht gefolgt,
welcher gegenüber England Luftangriffe auf das britische Mutterland
einschließlich der Häfen, mit Ausnahme der Docks von Rosyth und
der Angriffe im Rahmen des Minenkrieges, verbot (Dok. 63). So kam es
deutscherseits in dem gleichen Zeitraum nur im Rahmen von [13] Kampfhandlungen der
deutschen Luftwaffe gegen die englische Flotte, die bei Scapa Flow Zuflucht
gesucht hatte, in den Abendstunden des 16. März auch zu Angriffen auf
einige Flugplätze auf den
Orkney-Inseln (Dok. 65).
Mit Beginn der Operationen im Westen mehrten sich die Angriffe der britischen
Luftwaffe auf nichtmilitärische Ziele in Deutschland in rascher Folge und
in zunehmendem Umfang. Das Vorgehen der britischen Luftwaffe entsprach den
Ansichten, die britische Politiker wie Baldwin und Neville Chamberlain ebenso
wie Churchill zum Ausdruck gebracht hatten. Am 10. Mai 1940 fielen
nachmittags gegen 4 Uhr Bomben auf die Stadt Freiburg im Breisgau. Die
Verluste an Menschenleben betrugen zunächst 25 Tote und
109 Verletzte, von denen noch weitere 25 starben. Außerdem wurden
eine Anzahl Häuser schwer beschädigt. In den folgenden
Nächten erreichten die britischen Hinflüge die Gegend von
Münster und Oberwesel (Dok. 70 und 71). Später drangen britische
Bombenflugzeuge in Süddeutschland bis München vor. Auch warfen
feindliche Flugzeuge Bomben auf nichtmilitärische Ziele in vielen Orten
des Rheinlandes. In den folgenden Tagen hatten wiederum die Orte des
Rheinlandes und weiterhin in der Nacht vom 17. zum 18. Mai erstmalig
Hamburg-Harburg und Bremen unter Luftangriffen auf nichtmilitärische
Ziele zu leiden (Dok. 76 und
(78). Der Bericht des
Oberkommandos der Wehrmacht stellte dies warnend "im Hinblick auf die sich
daraus ergebenden Folgerungen ausdrücklich fest" (Dok. 80). Die Zahl der toten und
verwundeten Zivilpersonen nahm bei den Angriffen ständig zu. Über
die Planlosigkeit der Zielauswahl unterrichten auch die Berichte der lokalen
Stellen (Dok. 77). Es kam
dahin, daß selbst einzeln gelegene Bauernhöfe (Dok. 79) mit Bomben beworfen
wurden. Die militärische Sinnlosigkeit dieser ersten Serie britischer
Luftangriffe auf nichtmilitärische Ziele in Westdeutschland wurde von den
führenden französischen Staatsmännern als solche empfunden.
So bezeichnete Daladier in einer Sitzung am Quai d'Orsay am 16. Mai Churchill
gegenüber die Auffassung, daß der deutsche Vormarsch in Frankreich
durch Bombardierung der Ruhr verlangsamt werden könnte, als absurd (Dok. 74). Gegen Ende des Monats
richtete der Französische Ministerpräsident Reynaud ein Schreiben
an Churchill, in dem er die Bitte aussprach, die gesamten britischen
Bombenflugzeuge in die Schlacht in Frankreich zu werfen und "auf
Unternehmungen zu verzichten, wie sie die britische Luftwaffe soeben im
Ruhrgebiet durchgeführt hat, während die allein in der Schlacht
stehende französische Infanterie auf die Hilfe der britischen
Bombenflugzeuge dringend angewiesen ist" (Dok. 82).
Die britische Luftwaffe fuhr jedoch mit ihrem Kriege gegen die deutsche
Zivilbevölkerung unbeirrt fort (Dok. 70 und 83).
Bis zum 20. Juni wurde deutscherseits gewartet, ehe eine Gegenaktion gegen
militärische Objekte in England zur Luft einsetzte. Erst am 20.
Juni teilte der Bericht des Oberkommandos der Wehrmacht mit, [14] daß, nachdem
britische Flugzeuge seit dem 10. Mai fortgesetzt in der Nacht offene deutsche
Städte angegriffen haben, die deutsche Luftwaffe nunmehr mit der
Vergeltung gegen England begonnen hat (Dok. 88). Diese deutschen
Vergeltungsangriffe gegen England waren schon mehrere Wochen im Gange, als
der Jugoslawische Luftattaché in London in einem Bericht über die
militärisch-politische Lage zum Thema der deutschen Luftangriffe auf
England ausdrücklich unterstrich, daß die deutsche Luftwaffe auf
nichtmilitärische Ziele keine Bomben wirft (Dok. 91).
Die offenen Städte Brüssel, Paris und
Bordeaux, die verteidigte Stadt Rotterdam
Während der gleichen Periode wurde der Kampf von der deutschen
Luftwaffe im Westen streng im Rahmen der militärischen Notwendigkeiten
geführt. Nach dem Zusammenbruch der südlich Löwen
gelegenen
britisch-französischen Stellungen wurde die außerhalb der
Kampfzone liegende belgische Hauptstadt Brüssel kampflos durch den
Oberbürgermeister unseren einrückenden Truppen übergeben
(Dok. 75). Ebenso blieb Paris
von den Schrecknissen des Bombenkrieges verschont. Der deutschen Luftwaffe
war während des deutschen Vormarsches in Frankreich verboten worden,
Plätze im Weichbild von Paris anzugreifen. Nur der Angriff gegen stark
belegte Flugplätze im Raum von Paris war ihr freigegeben (Dok. 81). Als nach dem
völligen Zusammenbruch der ganzen französischen Front zwischen
dem Ärmelkanal und der
Maginot-Linie die französische Führung auf die Absicht, die
Hauptstadt Frankreichs zu verteidigen, verzichten mußte, Paris
infolgedessen zur offenen Stadt erklärt wurde und das Oberkommando des
Heeres hiervon Kenntnis erhielt, wurde der Angriff gegen Paris eingestellt (Dok. 84 und 86). Deutsche Truppen rückten
kampflos bis an den Rand der Stadt vor, sodann wurde dem deutschen
Befehlshaber die Stadt vom Kommandanten von Paris übergeben (Dok. 85). In der Folge wurde auch
die Stadt Bordeaux, deren Charakter als offene Stadt von der Französischen
Regierung mitgeteilt wurde, durch eine ausdrückliche Weisung des
Führers von Luftangriffen ausgenommen (Dok. 87).
Von allen Städten im Westen leistete nur Rotterdam, das der
Oberbefehlshaber der holländischen
Land- und Seestreitkräfte als Schlüsselpunkt der Landesverteidigung
betrachtete (Dok. 72),
zähen Widerstand. Die Stadt lag seit den ersten Tagen der deutschen
Gegenaktion in der Kampfzone, nachdem der am Südrande der Stadt
gelegene Flugplatz Waalhaven sowie die Maasbrücken im Südteil
der Stadt in den Morgenstunden des 10. Mai 1940 von deutschen
Fallschirm- und Luftlandetruppen besetzt worden waren. Gegen den auf dem
Nordufer der Maas an den Brücken von den deutschen Truppen gebildeten
Brückenkopf richteten sich sofort Gegenangriffe mit Unterstützung
starker Artillerie aus dem [15] Norden der Stadt
Rotterdam. In Rotterdam selbst trafen dauernd Verstärkungen an Infanterie
und Artillerie für die dort kämpfenden niederländischen
Truppen ein. Nachdem am 12. Mai abends deutsche Panzerstreitkräfte die
Verbindung mit den Luftlandetruppen bei Rotterdam aufgenommen hatten und am
13. Mai morgens erneute Angriffe der Holländer gegen den deutschen
Brückenkopf in der Stadt abgeschlagen worden waren, forderte der dort
befehlende deutsche Divisionskommandeur die Stadt zur Übergabe auf.
Der holländische Kommandeur lehnte diese jedoch ab, da er annahm, nur
schwache deutsche Kräfte gegenüber zu haben (Dok. 73).
Im Falle von Rotterdam handelt es sich demnach um eine, und zwar mit allen zur
Verfügung stehenden Mitteln (Infanterie, Artillerie und Luftwaffe)
verteidigte Stadt, deren Widerstand erst nach ergebnisloser Aufforderung zur
Kapitulation durch unmittelbare Bekämpfung der fechtenden gegnerischen
Truppen gebrochen wurde. Der Kommandant der Stadt Rotterdam muß sich
über die Folgen der Ablehnung oder Herauszögerung der
Übergabeverhandlungen vollkommen im klaren gewesen sein.
Fortsetzung der britischen Luftangriffe und die
deutsche Vergeltung auf London
Den Abschluß der Operationen im Westen benutzte der Führer, um in
einer großangelegten Rede vor dem Deutschen Reichstag am 19. Juli 1940
noch einmal einen "Appell an die Vernunft auch in England" zu richten (Dok. 90). Dieser Appell wurde
von Churchill mit den ersten britischen Luftangriffen auf deutsche
Kulturstätten, das Goethehaus in Weimar und das Bismarckmausoleum im
Walde von Friedrichsruh, beantwortet (Dok. 89). Wenige Tage
später erfolgten die ersten Nachtangriffe auf Berlin. Nachdem die
Engländer am 26. August 1940 zum ersten Male Berlin aus der Luft
angegriffen hatten und in den folgenden Nächten ihre Terrorangriffe auf
Wohnviertel der Reichshauptstadt planmäßig fortsetzten, geht die
deutsche Luftwaffe am 7. September 1940 dazu über,
nunmehr auch London mit starken Kräften anzugreifen (Dok. 92).
Weitere Mahnungen des
Führers
Der Führer wird aber nicht müde, immer wieder seine Stimme zu
erheben. Anläßlich der Eröffnung des Winterhilfswerks im
September 1940, am 8. November des gleichen Jahres vor der Alten Garde der
Partei, in seinem Neujahrsaufruf zum 1. Januar 1941, in der Reichstagsrede am 4.
Mai 1941 und bei sonstigen Gelegenheiten wiederholte der Führer seine
früheren Ausführungen. Er zeigte, wie er geduldig gewartet, wie er
die Engländer dauernd gewarnt und wie er erst dann zugeschlagen habe, als
seine Warnungen gegen die Anwendung des von Churchill propagierten
Nachtbombenkrieges gegen die Zivilbevölkerung als Zeichen deutscher
Ohnmacht ausgelegt wurden (Dok. 93, 94, 95 und 96).
[16] Die britischen Terrorangriffe gegen Deutschland und die
besetzten Gebiete
Die Britische Regierung ließ sich jedoch weder durch die wiederholten
Warnungen des Führers noch durch die deutschen Vergeltungsangriffe von
der planmäßigen Anwendung des Luftterrors als Kriegsmittel
gegenüber der deutschen Zivilbevölkerung abbringen. In dem
Augenblick, als die europäische Auseinandersetzung mit dem
Bolschewismus begann, setzte auch der britische Luftterror wieder ein. Aber erst
nach dem Kriegseintritt der Vereinigten Staaten trat der Luftterror in sein jetziges
Stadium. Der Gegner beschränkte sich auch nicht mehr auf Aktionen
über deutschem Gebiet, sondern bezog den von Deutschland im Westen
besetzten Raum in seine Terrorunternehmungen ein.
Im März 1942 kam es zu dem schweren Terrorangriff auf das selbst im
Höhepunkt der Schlacht um Frankreich von der deutschen Wehrmacht
geschonte Paris, dem über 400 Tote zum Opfer fielen und der zu der
Beschädigung weltberühmter Kunststätten führte (Dok. 97 und 98). Anschließend wandte sich die
gegnerische Luftwaffe vornehmlich Norddeutschland und Nordwestdeutschland
zu. Unter anderem wurden unter der Zivilbevölkerung der Städte
Lübeck, Rostock und Bremen schwere Verluste hervorgerufen (Dok. 99). Als erste weltbekannte
Kulturdenkmäler sanken in der Lübecker Altstadt die Marienkirche,
der Dom, die Petrikirche und das Museum in Schutt und Asche (Dok. 100). Später kommt
Paris wieder an die Reihe (Dok. 102 und 103), sodann Antwerpen. Bei dem
Angriff auf Antwerpen wurde eine große Anzahl Schulkinder getötet
(Dok. 104). Inzwischen nahm
die sinnlose Zerstörung europäischer Kulturschätze in
deutschen Städten in einem solchen Ausmaße zu, daß sie im
einzelnen hier nicht mehr verzeichnet werden kann. Über die tragische
Bilanz der
englisch-nordamerikanischen Fliegerangriffe auf Frankreich unterrichtet eine
französische Verlautbarung vom 12. Mai 1943 (Dok. 105). Eine deutsche amtliche
Verlautbarung vom 29. Mai registriert die zerstörten und
schwerbeschädigten Schulen, Krankenhäuser, Kirchen und
Kulturdenkmäler in Deutschlands größten Städten (Dok. 110). Die Zusammenstellung
beweist, daß die Ziele, die sich die britische und sodann auch die
nordamerikanische Luftwaffe ausgesucht hatten, Ziele ohne jede
militärische Bedeutung waren.
Gleichzeitig feuern sich die politischen und militärischen Führer
Großbritanniens (Dok. 106, 107, 108 und 109) gegenseitig in ihren Reden zu
immer brutaleren Bombardierungsmethoden gegen die Zivilbevölkerung
an. Die von der britischen Fachpresse geforderte Abschaffung des Bombardierens
bestimmter Ziele zu Gunsten der ziellosen Bombardierung gewisser Gebiete, ist
Praxis des englisch-nordamerikanischen Luftkrieges geworden. Die
scharfmacherische Rolle der Nordamerikaner bei diesen Terrormaßnahmen
tritt in einem Interview des Generals Eaker, Befehls- [17] haber des
8. Bomberkommandos der Heeresluftwaffe der Vereinigten Staaten,
besonders in Erscheinung (Dok. 101). Er spricht
unverhüllt aus: "Die deutschen Arbeiter brauchen Häuser, um
darin zu leben und Versorgungsbetriebe, um sich am Leben zu erhalten. Diese
sind gegen Luftangriffe außerordentlich empfindlich. Niemand wird
gern unter der Erde arbeiten, wenn er weiß, daß vielleicht in seiner
Abwesenheit sein Heim zerstört und seine Familie vernichtet
wird. - Es gibt kaum einen Winkel Deutschlands, in den wir nicht kommen
werden." Amerika hat sich nicht nur militärisch, sondern auch moralisch in
die gleiche Reihe mit den Briten gestellt.
Der Terror, den die britische und nordamerikanische Luftwaffe gegen die
friedliche Bevölkerung Deutschlands, seiner Verbündeten und eines
Teils der von Deutschland besetzten Gebiete ausübte, geht weiter.
Daß diese Verwilderung des Krieges hätte vermieden werden
können, wenn Deutschlands gegenwärtige Gegner auf die
Bestrebungen des Führers zur Humanisierung des Krieges vor dem
Kriege, bei Kriegsausbruch und während des Krieges eingegangen
wären, ist durch die im vorstehenden analysierten Dokumente
erwiesen worden. Die Feststellung der Verantwortung für die
Einführung dieser barbarischen und sinnlosen Kriegführung gegen
die Zivilbevölkerung ragt in ihrer Bedeutung über die Ereignisse des
gegenwärtigen Krieges hinaus. Es handelt sich darum, ob es den
verantwortungslosen Trägern dieser entarteten Kriegführung gelingt,
sie als dauerndes Element in die Auseinandersetzungen der Nationen
einzuführen. Kein Volk der Erde wäre davor sicher, daß es
nicht eines Tages genau so das Objekt einer solchen Barbarei werden wird. Es ist
das Verdienst Deutschlands, und zwar noch ehe die Gewissenlosigkeiten unserer
Gegner in der Kriegspraxis verwirklicht wurden, seine warnende Stimme erhoben
zu haben. Die deutschen Bestrebungen scheiterten an dem bei unseren
Gegnern vorhandenen Willen zur Anwendung des Luftterrors als eines bis in seine
letzten Einzelheiten durchdachten Planes zur Vernichtung Europas. Die
Engländer wollten, wie es in der Niederschrift des Britischen Generalstabes
heißt: "Von vornherein die Handschuhe ausziehen." Damit ist aber die
Schuldfrage im Bombenkrieg eindeutig geklärt. Die zerstörten
Städte des europäischen Kontinents, die Tausende der durch britische
und nordamerikanische Bomber ermordeten Frauen und Kinder sind eine
flammende Anklage gegen die beiden Hauptkriegsschuldigen Churchill und
Roosevelt. Das [18] Urteil der
Weltgeschichte hat sie bereits gerichtet! Die amtliche deutsche Verlautbarung vom 29. Mai
1943 schließt mit den in diesem Zusammenhang bedeutsamen
Worten: "Für die Verbrechen, die sie an Europa begangen haben und
weiterhin begehen, werden sie büßen müssen, wenn die Stunde
der Abrechnung gekommen ist. Auge um Auge, Zahn um Zahn wird ihnen
vergolten werden! Und vor dieser gerechten Strafe wird sie kein noch so frecher
Versuch der Ableugnung ihrer Verantwortung zu retten vermögen."
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