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Nr. 46:

Bericht des Französischen Luftattachés in Warschau General Armengaud
(Auszug)

Bukarest, den 14. September 1939
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Die deutsche Luftwaffe

Die deutsche Luftwaffe hat von Anfang an, auch um den Preis schwerer Verluste, ungefähr so gearbeitet wie 1914/15 bei uns, als es noch keine Jagdflieger und kaum Flakartillerie gab; sie macht ihre Angriffe auf Landziele in der Schlacht im Tiefflug. Ihre Aufklärungsflüge fliegt sie in 1800 bis 2000 m Höhe; ebenso ihre horizontalen Bombardierungsflüge; bei den Sturzflugangriffen stößt sie tief herunter; sie arbeitet wie auf dem Schießplatz. Daher sitzen ihre Bomben auch sehr genau; sie zielt - und oft mit Erfolg - auf Fabriken, Stützpunkte und Flugplätze, Bahnhöfe und Kunstbauten, sogar auf die kleinen Brücken über Eisenbahnen und Straßen, auf Fernsprechzentralen und Befehlsstellen; oft benutzt sie sehr großkalibrige Bomben. Aber trotz der Möglichkeiten, die sich ihr bieten, gelingt es ihr im allgemeinen nicht, die Brücken zu treffen.

Diese Tätigkeit der deutschen Luftwaffe hat, wie ich es schon in meinem Bericht vom 31. August vorausgesagt habe, einen sehr erheblichen Einfluß auf den Verlauf der Operationen gehabt, und zwar auf vielfache Weise: Durch die erzwungene Verlangsamung der Truppenkolonnen auf dem Rückzug und derer, die für die Front bestimmt sind; durch die sehr schnelle und manchmal sehr vollständige Zerstörung (Fabriken!) der Luftwaffe, durch die Zerstörung der Verbindungsstraßen, die sehr ernst ist, und durch die noch ernstere Zerstörung der Verbindungen selbst. Die Furcht, die sie den Stäben eingeflößt hat, hat diese veranlaßt, sich zu zerstreuen und zu verbergen und ihren Aufenthaltsort sowie ihre Verlegung geheimzuhalten, so daß sie oft für eine gewisse Zeit jede Verbindung miteinander verloren haben.

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Die Unterlegenheit zur Luft lähmt das Oberkommando

Am Schluß dieser sehr summarischen historischen Darstellung muß ich noch besonders darauf hinweisen, welche Lehre man aus dem Beginn dieses Feldzuges ziehen kann hinsichtlich der Wirkungen der Überlegenheit zur Luft auf die Ausübung des Oberbefehls und auf die Kriegführung. Das polnische Oberkommando sah nichts mehr, hatte keine Verbindungen, keine Verbindungsstraßen, die Arbeitsbedingungen seines Generalstabes waren außerordentlich schlecht; es erfuhr nichts mehr, konnte nichts mehr voraussehen, keine Nachrichten und keine Befehle mehr ausgeben. Deutschlands Überlegenheit zur Luft ist vielleicht die erste und wichtigste Ursache der polnischen Niederlage, denn sie hat das Oberkommando und die Verkehrsadern des mobilisierten Landes fast ausgeschaltet.


Die deutsche Luftwaffe hat die Bevölkerung nicht angegriffen.

Ich muß unterstreichen, daß die deutsche Luftwaffe nach den Kriegsgesetzen gehandelt hat; sie hat nur militärische Ziele angegriffen, und wenn oft Zivil- [85] personen getötet und verwundet worden sind, so deswegen, weil sie sich neben diesen militärischen Zielen befanden. Es ist wichtig, daß man das in Frankreich und England erfährt, damit keine Repressalien unternommen werden, wo kein Anlaß zu Repressalien ist, und damit nicht von uns aus ein totaler Luftkrieg entfesselt wird.

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Dokumente über die Alleinschuld Englands
am Bombenkrieg gegen die Zivilbevölkerung

Hg. vom Auswärtigen Amt