SucheScriptoriumBuchversandArchiv IndexSponsor

[51]
Nr. 27:

Die Niederländische Gesandtschaft in Paris an das Französische Außenministerium
(Verbalnote)

Nr. 416/V. 49 Paris, den 12. Februar 1938

Die so aktuelle Frage der Luftbombardierungen beschäftigt mit Recht die Regierungen und Völker.

Bereits das Haager Abkommen von 1907 hatte in Artikel 25 untersagt, "unverteidigte Städte, Dörfer, Wohnstätten oder Gebäude mit welchen Mitteln es auch sei, anzugreifen", doch ist dieses Verbot toter Buchstabe geblieben. Das gilt auch für das Protokoll von 1925 über das Verbot des Gaskrieges, das sich auch auf den Luftkrieg bezog. Der im Jahre 1923 im Haag nach der Washingtoner Konferenz von einem Juristenausschuß ausgearbeitete Übereinkommensentwurf ist im Stadium des Entwurfs stecken geblieben.1

Gegen Ende März 19352 war die Deutsche Regierung in einem Memorandum für das Verbot des Abwurfes von Brand-, Gas- oder Giftbomben, und sogar ganz allgemein für das Verbot des Abwurfs von Bomben auf offene Ortschaften usw., eingetreten. Diese Schritte blieben jedoch ebenfalls ergebnislos.

Die Regierung der Königin ist der Ansicht, daß die Erinnerung an die beiden sogenannten Haager Friedenskonferenzen und der Umstand, daß sie sich der Politik der Großmächte fernhält, ihr an sich das Recht geben, die Aussprache über einen Gegenstand von so großer Tragweite für die ganze Menschheit einzuleiten, dessen Regelung zweifellos dazu beitragen würde, den Völkern das ihnen fehlende Vertrauen wiederzugeben.

Die Regierung beabsichtigt, sich auf diplomatischem Wege an die Deutsche Regierung zu wenden, um den von dieser im Jahre 1935 geäußerten Gedanken wieder aufzunehmen, wobei es allerdings im Hinblick auf das verfolgte Ziel offenbar zweckmäßig wäre, diesen Vorgang unbeachtet zu lassen. Die Niederländische Regierung möchte jedoch vorher in Erfahrung bringen, ob im Falle eines deutschen Einverständnisses die dann von der Niederländischen Regierung zu ergreifende Initiative von der Französischen und der Britischen Regierung günstig aufgenommen werden würde.

Im letzteren Falle würde nach Ansicht der Regierung der Königin der Versuch zu unternehmen sein, eine einfache und bündige Regelung über folgende Punkte auszuarbeiten:

  1. Allgemeines Verbot der Luftbombardierungen gegen die Zivilbevölkerung sowohl innerhalb als auch außerhalb des Kampfgebietes der Landstreitkräfte [52] oder gegen das Privateigentum ohne militärischen Charakter. Sodann Verbot von Bombardierungen zur Erzwingung von Requirierungen oder der Entrichtung von Kontributionen.
  2. Die Frage, ob Ausnahmen von diesem Verbot innerhalb des Kampfgebietes der Landstreitkräfte zulässig sein sollen. In diesem Falle begriffliche Bestimmung, was unter "Kampfgebiete" zu verstehen ist.
  3. Die Frage, ob die Bombardierung von militärischen Zielen aus der Luft innerhalb des Kampfgebietes zulässig sein soll. Begriffbestimmung, was unter "militärischen Zielen" zu verstehen ist.
  4. Unbedingtes Verbot der Verwendung von Brand-, Gas- und Giftbomben.

Seite zurückInhaltsübersichtnächste
Seite


1Die von der Haager Konferenz im Jahre 1923 ausgearbeiteten sogenannten "Haager Luftkriegsregeln" sind von keinem der an der Konferenz beteiligten Staaten ratifiziert worden. Das Deutsche Reich hat in Anbetracht der ihm auferlegten Abschaffung jeglicher Militärluftfahrt an der Konferenz nicht teilgenommen. ...zurück...

2Hier liegt offenbar ein Irrtum vor; es dürfte das Memorandum der Reichsregierung vom 31. März 1936 (vgl. Nr. 25) gemeint sein. ...zurück...

Seite zurückInhaltsübersichtnächste
Seite



Dokumente über die Alleinschuld Englands
am Bombenkrieg gegen die Zivilbevölkerung

Hg. vom Auswärtigen Amt