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Nr. 101:

Bericht des Luftkorrespondenten der "Daily Mail" Colin Bednall über ein Interview mit dem Kommandierenden General des 8. Bomberkommandos der Heeresluftwaffe der Vereinigten Staaten, Brigadegeneral Ira C. Eaker, 22. September 1942
(Auszug)

Wichtige neue Tatsachen über die Pläne der Luftwaffe der Vereinigten Staaten in Europa und die Methoden, durch die sie hofft, in Zusammenarbeit mit der R.A.F. die Kriegsmaschinerie Hitlers zu zerstören, teilte mir gestern der Befehlshaber der amerikanischen Bombenflieger, Brigadegeneral Ira C. Eaker, in einem Einzelinterview in seinem Hauptquartier mit.

Der volle Titel General Eakers ist: Kommandierender General des 8. Bomberkommandos der Heeresluftwaffe der Vereinigten Staaten. Er sprach offen und teilte mir zu Beginn die folgende ermutigende Neuigkeit mit:

"Auf den britischen Inseln", so sagte er, "sind genügend Flugplätze fertiggestellt und noch im Bau, um alle Luftstreitkräfte der Alliierten unterzubringen, die zur Zerstörung Deutschlands notwendig sind."

Ich fragte ihn, ob der Ausdruck "Zerstörung Deutschlands" einer Einschränkung bedürfe. Er antwortete:

"Ich glaube, daß es tatsächlich möglich ist, den Feind aus der Luft zu vernichten. Durch Zerstörung seiner Flugzeugfabriken kann man seine Luftwaffe ausschalten. Durch Zerstörung seiner Rüstungsfabriken und Verkehrswege kann man seine Heere zum Stehen bringen. Durch Zerstörung seiner Werften kann man es ihm unmöglich machen, Unterseeboote zu bauen.

Es gibt nichts, was mit Kanonen zerstört werden kann, das man nicht auch durch Bomben zerstören könnte.

Das einzige, was nicht in Reichweite von Luftangriffen liegt, sind unterirdische Fabriken und Unterseebootbunker. Trotzdem kann man auch damit fertig werden, denn alles, was unter der Erde gebaut wird, muß zum Versand ans Tageslicht kommen.

Die deutschen Arbeiter brauchen Häuser, um darin zu leben und Versorgungsbetriebe, um sich am Leben zu erhalten. Diese sind gegen Luftangriffe außerordentlich empfindlich.

Niemand wird gern unter der Erde arbeiten, wenn er weiß, daß vielleicht in seiner Abwesenheit sein Heim zerstört und seine Familie vernichtet wird.

Es ist so, als ob man sagte, man könne ein Unterseeboot nicht mit einer Bombe zerstören, wenn es 200 Fuß unter dem Wasserspiegel liege. Das kann man wohl wirklich nicht, aber ein Unterseeboot kann ja auch nicht andauernd unter Wasser bleiben. Früher oder später muß es doch einmal auftauchen.

Man sollte sich darüber klar sein, daß die Luftmacht eines der wirksamsten Mittel ist, die wir haben, um den Krieg zu gewinnen. Wir müssen natürlich alle Waffen gebrauchen, nicht nur eine, aber wir wollen die Luftmacht nicht unterschätzen.

[161] Diesen Krieg wird der gewinnen, der die größten und leistungsfähigsten Luftstreitkräfte hat."

General Eaker sprach besonders über seine Bombardierungspläne und erwähnte die sensationellen fliegenden Festungen, die unter seinem Befehl stehen. Er hat diese Bomber begleitet, als sie das erstemal Europa angriffen, und er kennt das Problem, über das er spricht, aus der Praxis wie auch aus der Theorie.

General Eaker fuhr fort:

"Die Bomber der Vereinigten Staaten werden in den nächsten Monaten keine Möglichkeit unversucht und undemonstriert lassen, den Feind gründlich und mit aller Kraft zu schlagen.

Es gibt kaum einen Winkel Deutschlands, in den wir nicht kommen werden."

General Eaker sagte offen, in einigen Stadien seines Programms würden mehr Streitkräfte gebraucht werden, als gegenwärtig zur Verfügung ständen. Diese würden jedoch rasch bereitgestellt sein.

Er erklärte außerdem, die Amerikaner würden sich vielleicht nicht darauf beschränken, nur am Tage Bomben zu werfen. Andererseits bezeichnete er es als "ein sehr glückliches Zusammentreffen", daß die Bomber der R.A.F. gewöhnlich bei Nacht angriffen.

Die Operationen der beiden Luftstreitkräfte zusammen ergäben eine Tag- und Nachtoffensive.

Dies sei aus zwei guten Gründen außerordentlich wünschenswert.

Erstens würde dies die Überfüllung des Luftraums und der Flugplätze verringern, die nur schwer zu vermeiden sein würde, wenn die alliierten Luftstreitkräfte gleichzeitig in Massen operierten.

Zweitens würde dies die deutsche Abwehr nicht zur Ruhe kommen lassen. Ihre Stärke müßte verdoppelt werden. Niemand könne bei einer Arbeitszeit von 24 Stunden täglich etwas leisten.

General Eaker war außerordentlich beeindruckt von der "Flächen"-Bombardierung, wie sie vom Bomberkommando der R.A.F. durchgeführt wird.

Er glaubt, diese wirke auf die Moral der Zivilbevölkerung viel stärker als die genaue Bombardierung einzelner Ziele bei Tageslicht, wie sie bis jetzt von den fliegenden Festungen durchgeführt worden sei.

Die Leute begriffen sehr schnell, daß die Bomber, wenn sie am Tage kämen, ihren Angriff auf genau bestimmte Ziele beschränkten. Gerade die Unsicherheit der Bombardierung ganzer Gebiete bei Nacht beanspruche die Nervenkraft einer Zivilbevölkerung außerordentlich stark.

"Man sollte beide Arten der Bombardierung weiterhin durchführen", erklärte der General.

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Dokumente über die Alleinschuld Englands
am Bombenkrieg gegen die Zivilbevölkerung

Hg. vom Auswärtigen Amt