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Nr. 1:
Die Vorschläge der deutschen Delegation auf
der Konferenz für die Herabsetzung und Begrenzung der
Rüstungen; vorgelegt am 18. Februar 19321
(Auszug)
Die Deutsche Regierung hat nach Abschluß der Arbeiten der
Vorbereitenden Abrüstungskommission den von dieser ausgearbeiteten
Konventionsentwurf abgelehnt, aber in Aussicht gestellt, daß sie sich auf
der Konferenz mit allen Kräften darum bemühen werde, im Verein
mit den anderen Staaten für die Erreichung des Abrüstungszieles den
richtigen Weg zu finden. In diesem Sinne legt die deutsche Delegation die
nachstehenden Vorschläge der Konferenz vor.
Bei der Ausarbeitung der Vorschläge ist die deutsche Delegation davon
ausgegangen, daß in Deutschland sowie drei anderen Staaten die
Abrüstung bereits seit einer Reihe von Jahren durchgeführt
ist, und zwar auf Grund einer Festsetzung derjenigen Mächte, die
den Artikel 8 der Völkerbundssatzung verfaßt und die zugleich
erklärt haben, daß diese den ersten Schritt zu der in der Satzung
vorgesehenen allgemeinen Abrüstung bilden sollte. Sie wird daher von
deutscher Seite als richtunggebend für die Abrüstung
sämtlicher Völkerbundsmitglieder angesehen, zumal es im
Völkerbund nur grundsätzlich gleichberechtigte Mitglieder geben
kann, von denen keines diskriminiert werden darf. Die Grundsätze
für die allgemeine Herabsetzung und Verminderung der Rüstungen,
deren Festsetzung der Konferenz obliegt, können für sämtliche
Bundesmitglieder und diejenigen Länder, die sich der
Abrüstungsaktion anschließen, nur die gleichen sein.
Die Mängel und Lücken des Entwurfs der Vorbereitenden
Abrüstungskommission, die die Deutsche Regierung veranlaßt haben,
ihn abzulehnen, sind aus den Vorbehalten ersichtlich, die in dem Bericht der
Vorbereitenden Kommission Aufnahme gefunden haben. Es genügt, nur
einige Beispiele anzuführen.
Unzureichend ist vor allem in dem Entwurf der Vorbereitenden Kommission die
Beschränkung des Landkriegsmaterials. Denn eine bloße
Herabsetzung der Ausgaben, wie sie der Entwurf vorsieht, berührt weder
die vorhandenen im Dienst befindlichen oder gelagerten Bestände, noch
bietet sie eine zuverlässige Grundlage für die Begrenzung
künftiger Neuanschaffungen. Allgemein läßt der Entwurf der
Vorbereitenden Kommission die Staaten im Besitz ihrer schweren Angriffswaffen
und würde ihnen sogar deren Vermehrung ermöglichen.
Insbesondere die Luftwaffe läßt der Entwurf grundsätzlich
weiter bestehen; er würde sogar dadurch, daß er den Hauptteil der in
Reserve gehaltenen Flugzeuge und Flugzeugmotoren von der Herabsetzung und
Begrenzung ausschließt, einen Wettlauf zwischen den Signatarstaaten in
dem Ausbau dieses Angriffsinstruments zulassen. Auf dem Gebiet des Personals
läßt der Konventionsentwurf zwar die verschiedenen Systeme der
Rekrutierung bestehen, erfaßt jedoch bei den Wehrpflichtheeren
überhaupt nicht die ausgebildeten Reserven, auf denen ihre Stärke
beruht. Schließlich macht der Konventionsentwurf eine annehmbare
Lösung der Abrüstungsfrage dadurch unmöglich, daß er
einerseits in fast allen entscheidenden Punkten von den Entwaffnungsregeln
abweicht, die bei Kriegsschluß Deutschland auferlegt worden sind,
für dieses aber andererseits in seinen allgemeinen Bestimmungen diese
Regeln ausdrücklich aufrecht erhält.
[20] Die nachstehenden
Vorschläge, die, ohne erschöpfend sein zu wollen, die Auffassung
der Deutschen Regierung in großen Zügen wiedergeben, zielen
demgegenüber darauf ab, eine wirksame, alle Rüstungsfaktoren
umfassende Rüstungsverminderung
und -begrenzung durchzuführen. Sie enthalten diejenigen
fundamentalen Maßnahmen, die vor allem für die Verhinderung eines
Angriffs wichtig sind. Die Vorschläge beruhen auf dem Grundsatz,
daß künftig nur ein für alle Staaten in gleicher Weise geltendes
Abrüstungssystem bestehen kann, das bei Einsetzung möglichst
niedriger Rüstungszahlen für alle Staaten eine gerechte und
wirksame Lösung des Abrüstungsproblems ermöglichen
würde. Sie tragen überdies der Notwendigkeit Rechnung, die
nationale Sicherheit der Völker, so wie dies in Artikel 8 der Satzung
vorgesehen ist, zu berücksichtigen.
Indem die deutsche Delegation diese Vorschläge der Konferenz
unterbreitet, legt sie Wert darauf, ihren Standpunkt dahin zusammenzufassen,
daß die Deutsche Regierung nur eine solche Konvention für
annehmbar hält, deren Bestimmungen für sie in gleicher Weise
gelten wie für die anderen Signatarstaaten.
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III. Luftstreitkräfte
17. Die Unterhaltung jeglicher Luftstreitkräfte wird verboten. Das gesamte
bisher im Dienst, in der Reserve oder auf Lager befindliche Material der
Luftstreitkräfte ist zu zerstören, mit Ausnahme der Waffen, die auf
die den
Land- und Seestreitkräften zugebilligten Bestände
übernommen werden.
18. Das Abwerfen von Kampfmitteln jeder Art aus Luftfahrzeugen sowie die
Vorbereitung hierfür ist ohne jede Einschränkung zu untersagen.
19. Um die Durchführung des Verbots jeglicher militärischen
Luftfahrt unter allen Umständen sicherzustellen, ist unter anderem zu
untersagen:
- Jede Ausbildung und Fortbildung irgendwelcher Personen
in der Luftfahrt, die einen militärischen Charakter oder Zweck hat;
- jede Ausbildung und Tätigkeit von Wehrmachtsangehörigen in
der Zivilluftfahrt;
- Luftfahrzeuge zu bauen, zu halten, einzuführen oder in Verkehr zu
setzen, die in irgend einer Weise gepanzert oder geschützt sind oder die mit
Einrichtungen zur Aufnahme von Kriegsmaschinen jeder Art wie Kanonen,
Maschinengewehre, Torpedos, Bomben oder mit
Visier- oder Abwurfeinrichtungen für solche Kriegsmaschinen versehen
sind;
- die Unterhaltung irgendwelcher militärischen Zwecken dienender
Beziehungen zwischen Militär- und Marineverwaltung und der
Zivilluftfahrt.
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