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Nr. 49:

Amtliche Verlautbarung
Berlin, 16. September        

Warschau ist bekanntlich seit einigen Tagen von deutschen Truppen vollkommen umzingelt. Die deutsche Armee steht unmittelbar vor den Toren der Stadt bzw. bereits in den Warschauer Vorstädten. Eine unverantwortliche polnische Truppenführung hat Warschau zum Kampfgebiet gemacht, indem sie die Stadt militärisch zur Verteidigung eingerichtet und die gesamte Zivilbevölkerung zum Franktireurkrieg aufgerufen hat. Um nicht unnötige Zerstörungen in der Stadt anzurichten, hat die deutsche Wehrmacht es bisher unterlassen, die Stadt selbst unter Feuer zu nehmen. Im Gegenteil haben die umzingelnden deutschen Truppen mit einer Geduld ohnegleichen die Schießereien des polnischen Militärs und der Franktireure aus der Stadt über sich ergehen lassen.

Diese Geduld ist nunmehr erschöpft. Die deutsche Wehrmacht ist nicht weiter gewillt, diesen jedem Völkerrecht ins Gesicht schlagenden Zuständen länger zuzuschauen, sondern sie ist nunmehr entschlossen, diesem militärisch gänzlich bedeutungslosen, aber gegenüber der polnischen Zivilbevölkerung verbrecherischen Treiben der Warschauer militärischen Machthaber ein Ende zu bereiten.

In dem Wunsch, ein äußerstes zu tun, um trotz dieser polnischen Verblendung Leib und Leben der Zivilbevölkerung in Warschau zu schonen, hat die deutsche Wehrmacht Sonnabendvormittag (16. September) 8 Uhr einen deutschen Offizier als Parlamentär nach Warschau entsandt, um die Stadt zur kampflosen Übergabe aufzufordern und dadurch unabsehbares Blutvergießen zu verhindern. Der deutsche Parlamentär ist um 8.30 Uhr beim Stab eines polnischen Infanterieregiments eingetroffen und verlangte, zum Kommandanten von Warschau geführt zu werden, um diese schriftliche Aufforderung des kommandierenden deutschen Generals zu überbringen. Dieses Verlangen wurde von dem polnischen Kommandeur an den Kommandanten von Warschau weitergeleitet. Nach eineinhalbstündigem Warten erhielt der deutsche Parlamentär die Antwort, daß sich der Warschauer Stadtkommandant weigere, ihn auch nur zu empfangen. Auf das Verlangen des deutschen Offiziers, die schriftliche Botschaft dem Warschauer Stadtkommandanten auf irgendeine andere Weise zu übermitteln, wurde auch dies abgelehnt.

Da nach den bisherigen Kriegserfahrungen der Befehlshaber der deutschen Truppen vor Warschau annehmen mußte, daß die polnische Zivilbevölkerung von diesen Tatsachen keinerlei Kenntnis erhalten würde, sondern daß die herrschende polnische Kaste, ohne mit der Wimper zu zucken, in ihrem Hochmut und in ihrer Verblendung für ihre egoistischen Ziele die gesamte Zivilbevölkerung Warschaus opfern würde, hat das Oberkommando der Wehrmacht, wieder in Übereinstimmung mit seinem Wunsche, Frauen und Kinder zu schonen, Sonnabendnachmittag 15.10 Uhr durch mehrere Flugstaffeln der deutschen Luftwaffe Millionen Exemplare von Flugblättern über Warschau abwerfen lassen.

Das Flugblatt hat folgenden Wortlaut:

"An die Bevölkerung von Warschau.

Eure Regierung hat die Stadt zum Kriegsgebiet gemacht und des Charakters einer offenen Stadt entkleidet. Eure militärische Leitung hat nicht nur mit [90] Artillerie in die Stadt hineinschießen lassen, sondern sie hat Euch aufgefordert, in jeder Straße Barrikaden zu errichten und den deutschen Truppen heftigsten Widerstand zu leisten. Durch die Aufforderung, daß auch die Zivilbevölkerung mit den Waffen in der Hand den deutschen Truppen Widerstand zu leisten hat und damit Franktireurkrieg führt, hat Eure Regierung das Völkerrecht gebrochen.

Da diesem Aufruf von Teilen der Warschauer Bevölkerung Folge geleistet worden ist, wurde Warschau Kampfgebiet. Trotzdem wurden bisher gemäß dem Befehl des Führers nur Stadtteile von militärischer Bedeutung, die Bahnhöfe, Flugplätze, Kasernen und Durchmarschstraßen sowie Stadtteile mit militärischen Anlagen mit Bomben beworfen. Es wird nunmehr folgende Aufforderung an den Militärbefehlshaber in Warschau gerichtet:

  1. Die Stadt ist mit allen Teilen innerhalb zwölf Stunden den deutschen Truppen, welche Warschau umzingelt halten, zur kampflosen Besetzung zu übergeben.

  2. Die polnischen Truppen in Warschau haben sich in der gleichen Zeit den deutschen Militärbefehlshabern zu ergeben.

  3. Falls der Aufforderung Folge geleistet wird, ist dem nächsten deutschen Militärbefehlshaber die Übergabe anzuzeigen.

  4. Sollte der Aufforderung nicht Folge geleistet werden, so hat die Zivilbevölkerung zwölf Stunden Zeit, das Stadtgebiet auf den Straßen nach Siedlce und nach Garwolin zu verlassen.

Nach Ablauf dieser zwölf Stunden wird in diesem Falle das gesamte Stadtgebiet Warschau als Kampfgebiet mit allen sich daraus ergebenden Folgen behandelt.

Die Zwölf-Stunden-Frist beginnt mit Abwurf dieses Flugblattes."

Nach diesem Flugblattabwurf hat nunmehr die Zivilbevölkerung die Möglichkeit, die Stadt unversehrt zu räumen. Diese Aufforderung gilt gleichzeitig als letzte Warnung an den militärischen Befehlshaber in Warschau. Sollte diese Warnung nicht befolgt werden, so trifft die derzeitigen Machthaber die alleinige Verantwortung für die dann unvermeidlichen Verluste und Zerstörungen.

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Dokumente über die Alleinschuld Englands
am Bombenkrieg gegen die Zivilbevölkerung

Hg. vom Auswärtigen Amt