SucheScriptoriumBuchversandArchiv IndexSponsor
[13]
Alexander, F., Professor an der Universität von West-Australien, in einem "Genf, 20. September 1932", datierten Artikel: "Der 'Korridor', wie er heute ist – Europas Gefahrenpunkt."

"... Was immer auch der früheste Charakter der Bewohner verschiedener Teile des Korridors im ersten Jahrtausend nach Christi gewesen sein mag, der deutsche Einfluß war tatsächlich beträchtlich und herrschte in zwei großen Perioden, die sich über drei Jahrhunderte erstreckten! Die erste Periode war die des Deutschen Ritterordens, der durch den christlichen Herzog Conrad von Masowien im Jahre 1225 in das Land gerufen wurde, um ihm gegen die heidnischen Pruzzen (die ersten nicht deutschen und nicht polnischen Einwohner des jetzigen Ostpreußens) zu helfen. Die zweite Periode ist die der preußischen Herrschaft über das Gebiet von der Teilung Polens 1772 bis zum Großen Kriege – eine Zeitspanne, die etwas länger ist als die der britischen Niederlassung in Australien!... Die Selbstbestimmung ist ein gefährlicher Standpunkt, besonders wenn keine Abstimmung stattgefunden hat. Zum mindesten muß gesagt werden, daß für das Deutschbleiben eines bedeutenden Teiles des Korridors Gründe bestanden, ganz abgesehen von den Bedürfnissen Ostpreußens... Der beste Beweis für die Tatsache, daß die Polen selbst über den ethnologischen Charakter des Korridors zur Zeit der Rückgabe nicht beruhigt waren, ist ihre Polonisierungspolitik. Hier ebenso wie in dem Falle der schlesischen Grenzverwaltung ist es schwer, den Warschauer Behörden eine strenge Zensur zu ersparen.

Bei der Besprechung dieses Falles tritt man auf sehr dünnes Eis. Über eine Tatsache aber besteht keine Frage: Die Gesamtzahl der deutschen Bewohner des Korridors ist in den 12 Jahren seit Inkrafttreten des Versailler Vertrages um mindestens 50 Prozent zurückgegangen. ... Ich möchte wiederholen, daß das Korridorgebiet historisch und bevölkerungspolitisch am besten als "No-Man's Land" bezeichnet werden kann – .

Aber was wird die Zukunft bringen?... Viel von der weitverbreiteten und allgemeinen Sympathie gegenüber der deutschen Forderung auf Rückkehr des Korridors ist dem ersten Eindruck zuzuschreiben, der durch einen Blick auf die Karte des Nachkriegseuropas hervorgerufen wird, die so klar den Keil bezeichnet, der sich zwischen Ostpreußen und das übrige Reich schiebt. Die Sympathie mit der Ungunst der Lage dieser abgetrennten Ostpreußen wird schnell zu tätiger Unterstützung ihres Falles, wenn man sich die wirtschaftlichen Schwierigkeiten klarmacht, unter denen die Provinz jetzt leidet.

[14] ... Die erstaunlichsten Folgen der Versailler Regelung für Ostdeutschland kann man an der Weichsel selbst sehen. Hier werden die deutschen Klagen durch die Tatsachen selbst klar. Diese Klage ist eine zweifache; behinderter Zugang zur Weichsel im Gegensatz zu den Absichten des Vertrages selbst und Vernachlässigung des Flusses als Schiffahrtsstraße... Die Vernachlässigung des Flusses ist erwiesen. Aus politischen, wirtschaftlichen und strategischen Gründen haben die Polen nur ihre Eisenbahnverbindungen mit Danzig und ihrem Hafen Gdingen ausgebaut, und die Schiffahrt auf der Weichsel (ein Fluß, der schnell versandet und daher genaue Aufmerksamkeit erfordert) ist jetzt an verschiedenen Plätzen ernstlich durch Sandbänke gefährdet, die man bei niedrigem Wasserstand sieht, die aber bei hohem Wasserstand, was besonders gefährlich ist, unsichtbar sind. Die Deutschen gaben für den Fluß viele Millionen aus und beklagen daher um so mehr die Vernachlässigung durch die Polen. ... Die Weichselgrenze wird daher gerechterweise von allen Deutschen östlich des Korridors verdammt. ... Die Naturelemente sind aber nicht die einzigen, die Ostpreußen fürchtet. Die Ostpreußen sehen in dem ihnen feindlichen Eisenbahnregime Polens einen Beweis für die in Warschau gepflegte Politik des politischen Drucks und der Expansionsgelüste nach Norden. ... Das Nachkriegs-Danzig hat schwere Jahre seit der Schaffung der Freien Stadt unter polnischer Vorherrschaft durchgemacht. ... Man muß sich erinnern, daß die Friedenskonferenz die Freie Stadt Danzig als Mittel für die Zusicherung eines ungestörten Zuganges zur See über die Weichsel "wiederschuf", ohne die zu 95 Prozent deutsche Bevölkerung direkt unter nichtdeutsche Herrschaft zu bringen. ... Die Schöpfer des Friedensvertrages schmiedeten politische Ketten von beträchtlichem Gewicht zwischen Danzig und Polen.

Als sie das taten, dachten sie an die sehr engen wirtschaftlichen Beziehungen, die zwischen Polen und Danzig bestanden hatten, bevor letzteres unter preußische Herrschaft kam. Wenn man die Jahrhunderte der historischen Vergangenheit überblickt, muß man zunächst sagen, daß die Hansestadt Danzig zu keiner Zeit völlig unter polnischer Herrschaft stand, ... und zweitens, daß ihr Wohlstand zur Zeit ihrer größten Macht auf der engen Wirtschaftsverbindung mit ihrem polnischen und russischen Hinterland basierte. Die großen Handelsfürsten des mittelalterlichen Danzig waren die Mittler zwischen dem Handel der östlichen und westlichen Hälfte Europas auf dem Weg über die Weichsel. ... Warschau leidet an einem Minderwertigkeitskomplex, der auf die Danziger Haltung der Höherwertigkeit sofort reagiert. ... Die Tatsache läßt sich nicht leugnen, daß in den letzten Jahren Polen gegenüber Danzig eine Boykottpolitik verfolgt hat... Noch ein weiterer psychologischer Faktor verhindert die wirkliche Zusammenarbeit zwischen den beiden Völkern. Während der Friedenskonferenz versuchte Polen, Danzig und Ostpreußen in den neuen polnischen Staat einzugliedern. Polens politische Schriftsteller haben in den letzten Jahren diese Forderung wiederholt.

[15] Wenn man sich 1919 aus ethnologischen Gründen gegen Polen entschieden hätte, dann würde noch die Möglichkeit bestanden haben, dem polnischen Handel einen freien Zugang zur See zu geben, ohne Polen selbst damit die polnische Herrschaft über das Durchgangsgebiet zuzugestehen. Die Weichsel hätte internationalisiert,... Erleichterungen für den Eisenbahnverkehr durch deutsches Gebiet unter internationaler Garantie hätten Polen zugestanden werden können in genau der gleichen Weise, wie das der Versailler Vertrag für Ostpreußen vorsah. Das Ergebnis hätte ein für Polen wirtschaftlich befriedigendes sein können.... Die Versailler Grenzziehung im Osten kann nicht als eine heilige und unverletzliche angesehen werden. Wenn sie sie als solche darstellen, schädigen die Polen ihre eigenen Interessen am meisten. ... Die Korridorfrage ist, obwohl sie wirtschaftliche Unsinnigkeiten und Unglück hervorruft, im Grunde nicht eine Wirtschaftsfrage, sondern eine der Politik und des Prestiges. Sie berührt die Gefühle eines Volkes mit einer großen politischen Vergangenheit und einer hohen und weitverbreiteten Kultur. Auf der anderen Seite steht die Unerfahrenheit und Selbstgeltung einer "jungen" Nation, deren führende Männer zwar selbst hochkultiviert sind, die aber in ihren politischen Taten im Unterbewußtsein von der Erkenntnis der Tatsache beeinflußt werden, daß die Masse ihrer Landsleute kulturell tiefersteht als die kleine Minderheit innerhalb ihrer Grenzen. ... Für die beteiligten Völker selbst, nicht weniger als für den Rest Europas, müssen die Folgen bedauerlich sein. Obwohl die Gefahr nicht unmittelbar bevorsteht, darf man sich für vorbeugende Maßnahmen nicht zu lange Zeit nehmen. Nichts wird damit gewonnen, daß, wie es die polnische Politik zu tun versucht, das Korridorproblem als nichtbestehend bezeichnet wird. Im Gegenteil, die vollste öffentliche politische Diskussion ist notwendig. Wenn Polen aufrichtig glaubt, daß Deutschland gegen eine andere Regelung als die Rückgabe des größten Teils des Korridors ist und die wirtschaftlichen Schwierigkeiten nur als propagandistischen Bluff benutzt, liegt die Lösung in Polens eigenen Händen; es muß nur den Mut haben, die Heilmittel zu suchen, aber es muß das bald tun."

 
Ashton, Dr. J. C., (Mitglied einer englischen liberalen Studiengruppe): "Hull Weekly News", 17. Dezember 1927.

"... Die Weichsel neigt zu gewaltigen Überschwemmungen. Die Preußen hatten viele Millionen ausgegeben, um dem Fluß fruchtbares Land abzugewinnen und ihn durch Schutzbauten und systematisches Baggern auch für größere Schiffe und Holzflöße nutzbar zu machen. Vor sechs Jahren wurde die Weichsel infolge des Versailler Vertrages als zufriedenstellender Wasserweg und gesicherter Fluß den Polen übergeben. Heute sind ihre Dämme vernachlässigt, die Schutzbauten der Zerstörung anheimgefallen und das Flußbett mit Sandbänken durchsetzt. Das benachbarte Land ist durch Überschwemmungen bedroht und die Schiffahrt erschwert. Wir waren [16] selbst Zeugen davon, wie ein großes Holzfloß auf einer Sandbank in der Mitte des Stromes durchbrach. Heute ist der Schiffsverkehr in einem Monat nicht stärker als vor dem Vertrag 1920 an einem Tage. Die Polen scheinen nicht gewillt, diese ihre große natürliche Wasserstraße durch Ausbesserungen nutzbar zu erhalten."

 
Baker, Ray Stannard: "Woodrow Wilson and World Settlement. Written from his unpublished and personal material". London, William Heinemann Ltd. & New York,. Doubleday, Page & Co., 1933.

"Frankreich und Rußland geben ihre Zustimmung zur Kontrolle Polens und zur Zerstückelung Deutschlands.

Am 11. März 1917, einen Monat vor dem Eintritt Amerikas in den Krieg, wurde ein bemerkenswertes geheimes Abkommen zwischen Frankreich und Rußland* abgeschlossen – anscheinend ohne Großbritannien zu Rate zu ziehen. Der Zweck dieses Abkommens war, 'Frankreich und England vollkommene Freiheit in der Festsetzung der Westgrenzen von Deutschland zu gewähren' unter der Bedingung, daß beide Rußland 'gleiche Freiheit in der Festsetzung der Grenzen Deutschlands und Österreichs gewährten'. Das bedeutete mit anderen Worten, daß Frankreich entscheiden konnte, was mit den deutschen Gebieten westlich des Rheines zu geschehen hatte, während Rußland Polen gegenüber freie Hand haben sollte..."

Am 22. Mai 1919 schrieb General Smuts, der mehr als jeder andere die britische liberale Meinung in Paris vertrat, einen sehr wichtigen Brief an Lloyd George, in dem er die französischen Forderungen einer vernichtenden Kritik unterzog, Abänderungen des Vertrages verlangte und sogar vorschlug, was in jenen Zeiten noch sehr starker Stimmung gegen Deutschland als überaus radikal angesehen wurde – daß die Führer der Alliierten sich mit den Deutschen zu einer "mündlichen Diskussion" treffen sollten.

"Ich bin sehr darauf bedacht," sagte er, "daß die Deutschen nicht nur einen fairen und guten Friedensvertrag unterzeichnen, sondern auch im Interesse der Zukunft, daß man sie nicht dazu zwingen sollte, ihn mit vorgehaltenem Bajonett zu unterzeichnen. Es sollte nicht möglich sein, daß der Vertrag später von Deutschland aus moralischen Gründen zurückgewiesen werden kann. Die letzte Rechtfertigung dieses großen Instruments muß die Zustimmung der Menschheit sein..."

"General Botha war gleichfalls sehr kritisch..."

R. St. Baker gibt eine Unterhaltung wieder, die er mit Woodrow Wilson an dem Tage führte, an dem dieser den "George Washington" zur Rückkehr nach Amerika beordert hatte. Wilson sagte in dieser Unterhaltung zu Baker: "Wir waren untereinander und auch mit Deutschland über gewisse allgemeine Grundsätze einig geworden. Der ganze Verlauf der Konferenz [17] setzt sich aus einer Reihe von Versuchen zusammen, besonders seitens Frankreichs, dieses Abkommen zu brechen, Land zu bekommen und vernichtende Entschädigungen zu verlangen. Das einzig wahre Interesse Frankreichs an Polen besteht darin, Deutschland dadurch zu schwächen, daß Polen Land bekommt, auf das es keinen Anspruch hat..."

Baker druckt auch einen Brief von Lloyd George an Wilson vom 23. April 1919 ab, in dem Lloyd George über Clemenceau Klage führt und u. a. sagt: "Woran Frankreich wirklich liegt, ist, daß die Deutschen Danzigs zu Polen kommen."

"Am 26. März 1917 fand eine Sitzung des British Empire War Council statt, in der James Balfour, seit Dezember 1916 Staatssekretär des Äußeren in Lloyd Georges Kriegskabinett, vor Antritt einer Reise nach den Vereinigten Staaten von Amerika ein Referat hielt. Dieses Referat ist durch W. Hutchinson im Chicago Herald Examiner am 14. und 15. November 1937 veröffentlicht worden. Darin sagt Balfour: "...Vom egoistisch-westlichen Standpunkt aus wäre ich persönlich eher dafür, daß Polen unter den Russen Autonomie erhält. Denn durch die Schaffung eines völlig unabhängigen Polens zwischen Rußland und den Mittelmächten schneidet man Rußland zugleich vom Westen ab.'"

*Vgl. den Abdruck dieses Abkommens im Anhang.

 
Barnes, Harry Elmer, Professor für Volkswirtschaftslehre und Soziologie am Smith College, Northampton, Mass. USA., schrieb im März 1933:

"Die Männer, ... die die Friedensverträge gemacht haben, schufen ein viel schlimmeres Elsaß-Lothringen im Osten Deutschlands in Gestalt des Korridors, der Ostpreußen vom übrigen Deutschland trennt... Es hätte sich für Deutschland bezahlt gemacht, Elsaß und Lothringen vor 1914 zurückzugeben. Es könnte für Polen genau so weitsichtig sein, den Korridor abzugeben oder seine Grenzen zu ändern. Polen kann sehr gut ohne ihn auskommen. Vielleicht kann es aber einmal seinetwegen nicht weiterbestehen..."

 
Barry, Gerald: "Week-End Review", 6. September 1930, in einer Besprechung des Buches von C. Smogorzewski: "Poland, Germany and the Corridor", London.

"Vor einem Jahre rief ein Buch von Sir Robert Donald, The Polish Corridor and The Consequences, einige Beunruhigung in Osteuropa hervor, weil es die polnische Herrschaft im 'Korridor' äußerst schwer angriff. Herr Smogorzewski hat eine Antwort darauf geschrieben, die sicherlich das schlimmste Stück polnischer Propaganda, das je veröffentlicht wurde, darstellt. Sie ist so voreingenommen, daß sie unvermeidlich Sympathien für Deutschland erweckt.

[18] Es ist lächerlich, bezüglich des Korridors zu sagen, 'daß seine Bevölkerung, wie die Deutschen selbst zugeben, ohne Unterbrechung polnisch gewesen sei', oder daß 'Deutschland nicht nur keinen Anspruch auf diesen 'Korridor' habe', sondern auch, 'daß sein Bestehen Deutschland in keiner Weise behindere'. Noch absurder ist die Feststellung, daß 'es innerhalb Polens keinen Bezirk gebe, der nicht eine polnische Mehrheit hätte'. Herr Smogorzewski weiß selbst sehr gut, daß mehr als ein Viertel der Bevölkerung Polens als nationale Minderheit betrachtet werden muß. Bei seinem Versuch, zu beweisen, daß der Korridor eine Gottesgabe für alle sei, hat der Verfasser sogar eine Liste aller anderen 'Korridore' überall in der Welt aufgestellt; aber welcher vernünftige Mensch kann einen breiten Landstreifen, der einen Teil Deutschlands völlig von dem anderen trennt, mit 'einem gewaltigen britischen Korridor, der sich aus einer ununterbrochenen Reihe von Protektoraten, Kolonien, Mandatsgebieten und Dominions zusammensetzt und von Kairo nach Kapstadt verläuft', vergleichen, oder mit Kanada, das zwischen den Vereinigten Staaten und Alaska liegt? Dieses Buch muß man mit möglichst vielen Vorbehalten aufnehmen."

 
Bayet, Albert, Professor der französischen Sprache an der Höheren Handels- und Industrieschule in Paris, in einem Aufsatz in "La République" und einem daran anschließenden Interview, Dezember/Januar 1932/33.

"... Seit fünf Jahren trete ich für die Vertragsrevision ein, und vor allem für die Beseitigung des Korridors, der einen unhaltbaren Zustand in Europa geschaffen hat. Während ich anfangs auf Proteste und Verständnislosigkeit stieß, stimmen mir heute die Hörer rückhaltlos bei: 'Man solle den Deutschen den Korridor zurückgeben.' Wenn ich ein Deutscher wäre, gäbe es für mich keine andere Frage als die der Beseitigung des Korridors. Frankreich hätte sich niemals einen Korridor von Nancy nach Le Havre gefallen lassen..."

 
Beaumont, Michael W., der bis 1937 dem House of Commons als Mitglied der Konservativen Partei angehörte, dann sein Mandat niederlegte und jetzt aktiv in der Territorialarmee als Offizier dient, in der Londoner "Times" vom 27. Mai 1933:

"Ich glaube, es ist sehr unwahrscheinlich, daß irgendeine deutsche Regierung formell oder sonstwie auch nur zugeben wird, daß die gegenwärtige Regelung gerecht ist, und zwar mit gutem Grunde, denn sie ist es nicht."

In der Londoner Times vom 16. Mai 1933:

"Wir sind bereit zu kämpfen, um gewaltsame Änderungen zu verhindern... Wir sind aber nicht bereit zu kämpfen, um den Status quo als solchen aufrechtzuerhalten, oder um irgendeinem kleinen Staat das Rückgrat zu stützen, [19] dem es einfällt, sich hinter unseren Röcken zu verstecken. Ich z. B. habe seit den letzten 13 Jahren öffentlich die Rückkehr Danzigs zum Reich befürwortet, und ich sehe nicht ein, warum ich jetzt zum Kampfe aufgerufen werden sollte, sie zu verhindern, es sei denn, daß diese Rückkehr als Ergebnis eines Gewaltstreiches erfolge."

 
Beazley, Sir Raymond, Professor der Geschichte an der Universität Birmingham, Vizepräsident (ehrenhalber) der Königlichen Historischen Gesellschaft, in einem Vortrag in Birmingham, Mai 1933:

"... Die Deutschen werden in einem günstigen Augenblick, der vielleicht in nicht allzu ferner Zukunft liegt, bis zu ihrem letzten Atemzug kämpfen, um hier eine Änderung zu erreichen, nicht auf Grund der Hetze seitens einer militärischen Partei, nicht aus Eroberungssucht, sondern einzig und allein aus dem Grund, weil die Nation als Ganzes den Glauben vertritt, daß die Spaltung Deutschlands ein ungeheures und ungerechtfertigtes Unrecht darstellt."

 
Bithell, Jethro: "Germany: A Companion to German Studies." London, Methuen 1932.

"Die große Gefahr ist die offene Ostgrenze, besonders darum, weil jetzt deutsches Gebiet durch den Polnischen Korridor geteilt ist: der Teil Polens, der westlich der Weichsel liegt, hat die Form eines Bogens, der sich nach Berlin zu vorschiebt. Hier liegt vielleicht das Problem für die Zukunft der Alten Welt: der Antagonismus zwischen Europa und Asien; die Zeit allein wird entscheiden, ob Polen und Rußland zu Europa oder Asien gehören..."

 
Bolitho, Gordon: "The Other Germany", London, Lovat Dickson Ltd., 1934.

"... Die Frage des Polnischen Korridors ist ein solcher Skandal geworden, daß einige ganz einfache Tatsachen darüber, geschrieben von jemand, der keine politischen Interessen damit verfolgt und keine diplomatische Stellung zu schützen hat, nicht unangebracht sind.

Polen erwarb den Korridor durch eine Friedenskonferenz, die sorgfältig und bedacht durch Jahre hindurch unter dem Einfluß von Propaganda stand. Als dieser Streifen Land Polen zugebilligt wurde, beachtete man nicht die Tatsache, daß Deutsche schon zu Ende des 13. Jahrhunderts dort zu kolonisieren begannen. Diese Kolonisierung war die Grundlage für eine deutsche Kultur, die bis 1919 bestand: eine Kultur, die Polen ständig dadurch untergraben hat, daß es jedes Versprechen brach, das es gegeben hatte, als die Alliierten beschlossen, ihm den Korridor als Zugang zur See zu geben. ... 1569 erwarb Polen das Land und beherrschte es durch 203 Jahre hindurch wie ein Dominium. Wenn man sieht, was das Land in den wenigen [20] Jahren polnischer Besitznahme in der Nachkriegszeit verloren hat, dann kann man sich leicht vorstellen, wie es aussah, als Preußen die Provinz im Jahre 1772 übernahm. Es war damals in einem solchen Zustand der Barbarei und Armut, daß seine Bewohner kaum leben konnten. Diesen 203 Jahren polnischer Regierung, in denen sich der Zustand des Landes verschlechterte, steht eine Zeit von 294 Jahren gegenüber (1308–1454 und 1772–1920) unter deutscher Herrschaft, in der es mit der Landwirtschaft vorwärtsging und der Lebensstandard stieg.

Dann kommt das Problem Danzig, eine der schönsten Städte, die ich je gesehen habe. Ihre Kultur ist die der hanseatischen, dänischen und deutschen Kaufleute, die hier in der Vergangenheit Handel trieben. Wenn es überhaupt so etwas wie eine polnische Kultur gibt, so hat sie nichts für Danzig während der 339 Jahre der Verbindung mit Polen getan. Innerhalb dieser Zeit war Danzig niemals richtig mit Polen vereinigt. Polen hatte nichts mit der Verwaltung des Hafens von Danzig zu tun, und kein Pole durfte in der Stadt Handel treiben. Als Polen Danzig als Seehafen forderte, waren über 92 Prozent der Bevölkerung der Stadt deutsch.

Kürzlich hatte ich gute Gelegenheit, die Gebäude der Werftanlagen eingehend zu besichtigen, die in dem neuen polnischen Hafen Gdingen gebaut sind. Die Errichtung dieses Hafens war eine überflüssige Geste. Sie hat eine ungeheure Summe geborgten Geldes gekostet.

Als Polen den Korridor übernahm, stimmte es zu, die Weichsel in schiffbarem Zustand zu erhalten, aber statt dessen hat es den überflüssigen Hafen Gdingen gebaut. Der Fluß ist ein breiter Strom, wichtig für die Handelsschiffahrt, entspringt in den Karpathen und mündet in Danzig. Er ist Polens Wasserweg zum Hafen. Wegen der großen Überschwemmungen, die ungefähr fünfmal im Jahre erfolgen, stellt die Weichsel eine große Gefahr für die tieferliegenden Gebiete des Korridors und einen Teil von Ostpreußen dar. Zwischen den Städten Graudenz und Stuhm sind vom ostpreußischen Ufer des Flusses mehrere Fuß Land an Polen gegeben worden. Gemäß dem üblichen internationalen Gesetz wird, wenn ein Fluß die Grenzlinie bildet, die Mitte der Hauptschiffahrtslinie als Grenze bestimmt. Es ist kaum anzunehmen, daß es noch einen zweiten Fall gibt, in dem die Grenze über mehrere Fuß des gegenüberliegenden Ufers hinausreicht... Als Polen auf der Friedenskonferenz seine Forderungen stellte, forderte es Danzig. Als Grund wurde angegeben, daß es auch die Mündung haben müsse, da es den Rest des Wasserlaufs besitze. Das ist ein sinnloses Argument, wenn man bedenkt, daß der Rhein, Deutschlands Fluß, durch Holland fließt, bevor er in die Nordsee mündet.

Mr. Lloyd George sah während der langen politischen Verhandlungen, die sich um die polnischen Forderungen auf deutschem Gebiet entspannen, dieses [21] große und dauernde Ärgernis zwischen den beiden Ländern voraus. Er war von vornherein gegen Polen, und nur Frankreichs egoistische Politik und Mr. Woodrow Wilsons Unkenntnis der bestehenden Verhältnisse zwangen ihn, seinen Standpunkt gegen die Polonisierung der Gebiete aufzugeben..."

 
Bonnet, Francis: "Europe's Only Hope. An International Verdict." London, Cecil Palmer, 1928.

"Es ist ein Glück für Länder wie England und Amerika, daß sie niemals eine ähnliche Schmach erlitten haben wie die, die sie und Frankreich zusammen Deutschland und anderen feindlichen Mächten 1919 zumuteten. Aber die Franzosen haben es gewußt und gefühlt, und kein anderes Volk weiß es wie sie, daß, wenn nicht das Unrecht, das durch die Friedensverträge geschehen ist, wiedergutgemacht wird, der durch sie hervorgerufene Unwille von Jahr zu Jahr wächst, je mehr die Besiegten ihre Stärke, Selbstvertrauen und Stolz wiedergewinnen, und eines Tages zu einer Gewalt wird, die Europa wieder in ein Schlachthaus verwandelt."

 
Borah, William E., Mitglied des Amerikanischen Senats, Äußerung wiedergegeben in der dänischen Zeitung "Politiken" vom 1. Januar 1932.

"... Eine Rüstungsverminderung in Europa ist undenkbar, solange es Gefahrenmomente wie den polnischen Korridor gibt."

– – in einer Unterhaltung mit dem polnischen Gesandten Filipowicz, Washington, im Spätherbst 1932:

"Der Korridor wird in absehbarer Zeit nicht nur von 80 Prozent, sondern von 100 Prozent Polen bewohnt sein, wenn Polen seine bisherige Entdeutschungspolitik fortsetzt."

 
Callender, Harold (Europäischer Sonderkorrespondent): "The New York Times", 16. November 1930.

"Über die historische Frage haben die Polen viel zu sagen. Sie gehen dabei zurück, so weit man will, je weiter – je besser. ... Nicht nur ist Ostpreußen gebietsmäßig vom übrigen Reich abgeschnitten und durch Zollgrenzen von seinem früheren polnischen Markt, sondern auch von der Weichsel. Der Friedensvertrag setzte jedoch fest, daß Ostpreußen Zugang zur Weichsel haben sollte. Die Grenze sollte vorübergehend der Hauptschiffahrtslinie folgen; in dem Gebiet, das ein Dreieck zwischen Elbing, Marienwerder und Deutsch-Eylau bildete, sollte eine Volksabstimmung stattfinden und, wenn diese zugunsten Deutschlands ausfiele, sollte Polen die Kontrolle über den ganzen Fluß zugesichert werden, soweit dies für 'Regulierung und Verbesserung' nötig sein würde. Falle die Volksabstimmung zugunsten Polens aus, so sei die Grenze östlich des Flusses zu ziehen, und die [22] Bewohner von Ostpreußen sollten Zugang zur Weichsel haben 'in weitestem Ausmaß und unter gleichen Bedingungen' für sich, ihren Handel und ihre Schiffe. Die Volksabstimmung ergab eine überragende Mehrheit für Deutschland, trotzdem wurde die Grenze östlich des Flusses gezogen. ... Demzufolge ist der Verkehr Ostpreußens völlig von der Weichsel abgeschnitten, und seitdem nun die Polen weder die Erfahrung noch die nötigen Mittel aufbringen, um den Fluß für die Schiffahrt in Ordnung zu halten, haben sich Sandbänke angesammelt, und der Verkehr ist etwa um die Hälfte seines Vorkriegsvolumens abgesunken. ... Der einzige Weg, durch den Polen zu einer unabhängigen Nation wurde, war der, daß es Gebiet erwarb, das mehr als ein Jahrhundert zu andern Mächten gehört hatte. Es war Land, das in der Bevölkerung noch überwiegend polnisch war, das aber durch Deutsche, Russen und Österreicher regiert und organisiert worden ist. Polen hat sich beeilt, sein Erbe zu fordern und zu sichern. Es ist barsch und unbarmherzig in seinen Methoden gewesen, – wie es alle Mächte unter ähnlichen Umständen gewesen sind. Aber im Korridor steht es einem Problem gegenüber, das kein Nationalismus, so leidenschaftlich er auch sein mag, zu lösen vermag."

– – "The Times" vom 7. Juli 1939:

"... Danzig... ist wieder, was es 1919 war, ein Mikrokosmos des Teiles von Preußen, zu dem es geographisch und rassisch gehört. Der Wunsch, wieder an Deutschland zurückzukommen, ist, gleichgültig aus welchem Grunde, so stark wie er im Saarland vor der Volksabstimmung war. Mag der Status quo von 1919 gewisse Verdienste haben, er hat keine moralisch gerechtfertigte Grundlage mehr."

 
Cesare, Sergio de: "Balcani di Nord-Est", Neapel, Anacreonte Chiurazzi e Filio, 1930.

"... Eine Abhilfe gegen die politische Unruhe, in der heute Europa lebt, ist nur durch die Korrektur des Vertrages von Versailles zu schaffen. Absichtliche Blindheit leugnet diese notwendige Entwicklung aus Scheu vor dem Wort 'Revision'. Der heutige Zustand an der deutschen Ostgrenze ist unhaltbar."

 
Chamberlain, Sir Austen (früherer britischer Außenminister, Mitunterzeichner des Locarnovertrages) in seinen Memoiren "Down the Years", London, Cassel & Co. Ltd., 1936.

"Wir werden keinen Finger rühren, um den Polnischen Korridor zu retten... Es ist richtig, daß wir kein unmittelbares Interesse am Polnischen Korridor oder an Oberschlesien haben, und sicherlich wird die Verantwortung für diese Gebiete nicht von uns verlangt werden."

[23]
Churchill, Winston S. (früherer englischer Kabinettsminister): "The World Crisis, The Aftermath." London, Thornton Butterworth, Ltd., 1928.

"Ein ausgedehnter Streit entspann sich um Schlesien. Präsident Wilson und die Franzosen verteidigten die Ansprüche Polens. England verteidigte die Rechte Deutschlands und befürwortete das Prinzip der Selbstbestimmung. Des Präsidenten Neigungen zugunsten Polens waren ebenso auffallend wie seine Vorurteile gegenüber den Italienern. Zyniker erklärten das mit der Tatsache, daß die italienischen Einwanderer gewöhnlich nach Italien zurückkehren, ehe sie das Stimmrecht erlangen, während die polnischen Stimmen einen gewaltigen Faktor in der Innenpolitik der Vereinigten Staaten bilden. Mag dies sein, wie es will, Mr. Wilson hatte beschlossen, daß Oberschlesien an Polen kommen sollte, und nahm jede Opposition dagegen übel. Auf diesem Gebiet war Lloyd George jedoch unbehindert durch britische Wahlumtriebe, und trotz der beständigen Angriffe der Northcliffe-Presse behielten seine Bemühungen und seine Meinung die Oberhand. Das Prinzip der Volksabstimmung wurde den Deutschen in dem endgültigen Vertrag eingeräumt, der in dieser Beziehung frei von Vorwurf ist."

– – in der Parlamentsdebatte über die Proklamation des Königs, 23. November 1932, House of Commons (Hansard 5th Series, Vol. 272):

"Ich würde jeden richtigen Weg, nicht eine Sackgasse gehen, der zu einer dauernden Versöhnung zwischen Deutschland und seinen Nachbarn führt... Die Behebung der gerechtfertigten Beschwerden der Besiegten sollte der Abrüstung der Siegerstaaten vorangehen... Es würde sicherer sein, Fragen wie die des Danziger Korridors und Siebenbürgens mit all ihren heiklen Schwierigkeiten kalten Blutes und in einer ruhigen Atmosphäre zu lösen, solange die Siegerstaaten noch genügend Übermacht besitzen, als abzuwarten und nur Schritt für Schritt dahinzustolpern, bis wieder einmal große, gleichgestellte Mächtegruppen sich gegenüberstehen. ... Man darf nicht vergessen, daß Großbritannien mächtiger sein und weniger Risiko laufen wird, wenn es für die Abstellung geschehenen Unrechts eintritt, als für die Durchführung der Abrüstung... Wir können die Wiedergutmachung schon dadurch erreichen, daß wir damit drohen, uns zu geeigneter Zeit von der gegenwärtigen Verstrickung in europäische Angelegenheiten zurückzuziehen, wenn unsere Ratschläge nicht beachtet werden... Sonst könnten Ehre und Recht uns dazu zwingen, daß wir wider unseren Willen und wider unsere bessere Einsicht in einen Krieg verwickelt werden, der geführt würde, um gerade die Ungerechtigkeiten und Beschwerden aufrechtzuerhalten, die heute Europa zerreißen, die die Ursache der gegenwärtigen Rüstungen sind, und die, wenn sie nicht abgestellt werden, einen neuen Krieg hervorrufen müssen."

[24]
Colton, Dr. Ethan: "Four Patterns for Revolution: Communist USSR., Fascist Italy, Nazi Germany, New Deal America." New York, Association Press, 1935.

"Gott mag wissen, wo die deutsch-polnische Grenze gezogen werden soll. Kein menschliches Wesen weiß es, am wenigsten die beiden beteiligten Völker... Deutschland hat das Gebiet beherrscht, seitdem Friedrich der Große mit Österreich und Rußland gemeinsam Polen im 18. Jahrhundert teilte. Dadurch wurde der Korridor deutsches Land noch vor der Unabhängigkeit der amerikanischen Kolonien. So läßt sich eine nicht ganz vollkommene Analogie anführen. In einem späteren Krieg könnten sich England und die Vereinigten Staaten als Gegner gegenüberstehen. Wenn die ersteren siegen würden, so könnte man sich vorstellen, daß die britischen Friedensmacher die Angelegenheit beilegen wollten, indem sie für Kanada einen besseren Zugang zur atlantischen Küste verlangten. Die Amerikaner würden so daran erinnert werden, daß der Hafen von New York ehemals britisch war und der ganze Staat New York früher zum Empire gehörte. Dementsprechend würden Stadt und Staat herausgeschält werden und kanadisch werden. Neuengland würde dann wie Ostpreußen ein blutender Arm sein, den man vom Körper abgehackt hat. Vielleicht könnte jemand, der in astronomischen Zahlen gut bewandert ist, ausrechnen, wie lange es dauern würde, zwischen England und Amerika zu einer Einigung zu kommen."

 
Crossley, Anthony (Mitglied des House of Commons, der Konservativen Partei angehörend): "Evening Standard", 26. Oktober 1932.

"... Ich bin gerade aus Danzig zurückgekehrt, dieser deutschen Stadt an der Weichselmündung, die mit raschen Schritten dem wirtschaftlichen Untergang entgegengeht...

... Ich bin zu Schiff durch seinen ganzen Hafen gefahren. Überall waren noch Möglichkeiten zu Erweiterungsbauten vorhanden, um den Verkehr aus dem großen Agrarhinterland von Polen und von den Kohlenbergwerken von Schlesien zu bewältigen.

Aber der Hafen ist überflüssig; Danzig selbst ist tot oder doch im Absterben und ohne Verteidigung. Durch den Widersinn des Polnischen Korridors und durch den neuen Hafen, den die Polen mit riesigen Kosten in Gdingen bauen, wird es erdrosselt.

"Marschweg des Kriegsgottes"

Was ist der Polnische Korridor? Kurz vor seinem Tode sagte Marschall Foch zu einem Besucher, indem er auf die Stelle der Landkarte zeigte, wo sich der Korridor zur See hin verengt: 'Dort liegen die Wurzeln zum nächsten Kriege.' Lord D'Abernon hat ihn im Jahre 1926 'Das Pulvermagazin von Europa' genannt. In jüngster Vergangenheit hat ihn ein ameri- [25] kanischer Journalist mit der düsteren Bezeichnung .Marschweg des Kriegsgottes' versehen.

Durch Punkt 13 von Präsident Wilsons berühmten Unmöglichkeiten wurde Polen als ein Pufferstaat zwischen Rußland und Deutschland aufgerichtet und freier Zugang zur See sollte ihm gewährt werden. Deutschland, das durch die Niederlage hilflos war, bot Polen dieselben Freihafenrechte in Danzig und Stettin an, wie die Tschechen sie heute reibungslos in Hamburg genießen. Deutschland war auch bereit, die Weichsel zu internationalisieren. Aber die Delegierten in Versailles bestanden darauf, Präsident Wilsons Worte buchstäblich auszulegen, und so kam zu den großen Gebieten mit fremder Bevölkerung in Polen, zu dem weißrussischen Osten, zu dem ukrainischen Südosten, zu Schlesien und Posen mit ihrer deutschen Bevölkerung im westlichen Teil das Gebiet des Polnischen Korridors, der durch Deutschland und westlich von Danzig bis zur See geht.

Danzig wurde nicht in den Korridor mit eingeschlossen, sondern wurde dem Namen nach zu einer 'Freien Stadt' gemacht...

... Die Errichtung von Gdingen und der wirtschaftliche Ruin Danzigs bedeuteten unbedingt einen Bruch der Abmachungen des Versailler Vertrages.

Heute sind das vollendete Tatsachen, mit dem Korridor düstere Symbole eines Vertrages, der, wenn er nicht abgeändert wird, die Keimzellen für einen neuen Krieg enthält.

Durch alles, was ich gesehen hatte, kam ich aufs Tiefste aufgewühlt zurück. In Deutschland wächst eine Generation heran, die die Schrecken des letzten Krieges nicht mehr kennengelernt hat. Die ungerechten Bestimmungen des Friedensvertrages aber sind für die jungen Deutschen sehr fühlbar, und sie betrachten die gegenwärtige Regelung, die Abtrennung Danzigs und Ostpreußens vom Vaterland, nicht nur als eine unverdiente politische Beleidigung, sondern auch als eine unerträgliche wirtschaftliche Ungerechtigkeit...

... Als ich von Danzig und dem Korridor zurückkam, schien es mir, als habe ich mich in einem Raum mit einer Bombe befunden, von der ich nicht wußte, auf welchen Augenblick ihr Zünder eingestellt war..."

 
Dawson, William Harbutt: "The Nineteenth Century and After", Dezember 1931 ("Germany and the Corridor").

"Wenn man Deutschlands Anspruch auf Rückgabe des Korridors auf die Kulturarbeit gründet, die dort von Deutschland geleistet ist, so ist sein Anspruch meiner Meinung nach unanfechtbar. Es ist nicht gerade sehr beweiskräftig und überzeugend, wenn ein Anspruch nur auf Gewalt begründet wird, nur auf Eroberungen in längst entschwundenen Zeiten oder auf Grund dynastischer Traktate zu einer Zeit, als die Untertanen eines Herrschers zu Leibeigenen entwürdigt wurden. Es ist ein anerkannter Grundsatz des Völkerrechts, daß zur Staatshoheit über ein Gebiet eine 'wirksam gültige [26] Besitznahme' gehört. Unter diesem Gesichtspunkt kann der polnische Anspruch auf den Korridor mit dem deutschen – in diesem Falle Preußen – nicht verglichen werden. Was im Laufe der Jahrhunderte aus diesem Gebiet wurde, was es heute ist, ist einzig deutscher Regie, deutscher Besiedelung, deutschem Unternehmungsgeist, Fleiß und deutscher Aufopferung zu verdanken. Deutsche haben das Land besiedelt, als es öde und leer lag, Deutsche haben es zuerst erschlossen, Deutsche gaben ihm Kultur und Wohlstand. Hieraus zogen die Polen und Angehörigen zahlreicher anderer Rassen ihren Nutzen, zunächst in abhängiger Stellung, später in Gleichberechtigung mit den Deutschen."

 
Dawson, William Harbutt: "Germany under the Treaty", London, 1933, George Allen & Unwin Ltd.

"Die Amerikaner brachten auf die Konferenz reichliches Selbstvertrauen ohne entsprechende Kenntnisse mit. Sie verkleinerten das Ausmaß und die Schwierigkeiten der vor ihnen liegenden politischen Aufgabe, ebenso wie sie sich die militärische geringer vorgestellt hatten, und mußten sich bald selbst eingestehen, daß die nahe Berührung mit europäischen Problemen sie Dinge lehrte, die sie zuvor nie gewußt hatten. Es klingt wie ein Witz, daß von Präsident Wilson berichtet wird, er habe bei seiner Ankunft in Paris geglaubt, obwohl er sich doch in öffentlichen und privaten Reden seit Monaten mit der Wiederaufrichtung Polens beschäftigte, Prag sei die Hauptstadt des doch bereits organisierten polnischen Staates. Es war entschuldbarer, daß er dachte, Bagdad liege in Persien und Sarajevo in Serbien... Wenn ich mich jetzt sowohl dem Korridor- wie dem Danzig-Problem gemeinsam zuwende – denn da sie zusammen geschaffen sind, hängen sie auch zusammen und werden es, bis sie gemeinsam gelöst werden –, so bleibt mir nur übrig, die Kritik der bestehenden untragbaren Lage mit positiven Vorschlägen für eine Revision des Vertrages zu ergänzen. Keine Tatsache des gegenwärtigen europäischen Lebens bietet eine so ernste und sichere Bedrohung des Friedens wie der Korridor, der Deutschland in zwei Teile spaltet und Danzig, eine der deutschesten Städte, vom Vaterlande trennt. Kann Europa es sich gestatten, diese Bedrohung außer acht zu lassen und die Dinge treiben zu lassen? So zu handeln wäre gleichbedeutend mit der Herbeiführung und Beschleunigung der Katastrophe, denn die Zustände im Korridor haben sich, statt besser zu werden, nach zwölf Jahren, und weil sie schon so lange andauern, stets verschlechtert. .. Weil es nun hinreichend klar ist, daß alle gegenwärtigen und zukünftigen Bedürfnisse des polnischen Handels auch ohne den Korridor befriedigt werden können, und da gute Beziehungen zwischen Deutschland und Polen, die für die Beruhigung und den Frieden Europas so wesentlich wären, unmöglich sind, solange diese politische Ungeheuerlichkeit fortbesteht, muß der größere Teil des Gebietes [27] wieder an das Land zurückfallen, dem es seine Zivilisation verdankt... Ein kleiner Bauer faßte, nachdem er mir eine mitleiderregende Geschichte von den Schwierigkeiten erzählt hatte, die seinem kleinen Besitz durch die unsinnige Grenzziehung entstanden sind, die Ansicht der einfachen Menschen in die klaren Worte: 'Unsere Leute verstehen nicht, warum sie, ohne gefragt zu werden, durch fremde Regierungen und Staatsmänner von ihrem Vaterlande abgetrennt wurden, und sie fragen sich, inwiefern, wenn so etwas in Europa geschehen kann, Europa denn besser sei als Afrika?' Es sind nicht nur die einfachen ländlichen Gemüter, die heute wie auch 1919 diese Frage stellen."

 
Dickinson (Lord Dickinson of Painswick), Mitglied des House of Lords, Vorsitzender des Weltbundes für Freundschaftsarbeit der Kirchen: "The Healing of Europe", "Nineteenth Century and After", September 1931.

"... Verantwortlich sind die aufeinanderfolgenden Regierungen der Großmächte, die dabeistanden, ohne eine gemeinsame Anstrengung zu machen, den durch die Friedensverträge geschaffenen Mißständen abzuhelfen, noch die Wunden zu heilen, die sich auch während der dreizehn Jahre von Europas langsamem Genesungsprozeß zeigten. Nehmen wir als Beispiel den Polnischen Korridor. Niemand kann durch diesen Strich Land, der Preußen in zwei Teile teilt, reisen oder in Danzig oder in Ostpreußen verweilen, ohne zu der Überzeugung zu gelangen, daß der gegenwärtige Zustand nicht von Dauer sein kann. Daran trägt keines der beiden Völker eine Schuld. Er ist das Ergebnis eines Fehlers von denen, die ein politisches Problem zu lösen gedachten, ohne auf Menschennatur Rücksicht zu nehmen."

 
Dimnet, Ernest: "New York Times", 19. Oktober 1932.

Der Abt Ernest Dimnet, ein französischer Geistlicher, Schriftsteller und Philosoph, dessen Werke: "Die Kunst der Überlegung" und "Wodurch leben wir?", zu den meistgelesenen Büchern auf philosophischem Gebiet gehören, ... sagte bei seiner Ankunft in New York, "er betrachte den Polnischen Korridor als ein mit Sprengstoff geladenes Problem, aus dem jederzeit Unruhen entstehen könnten, die das Gleichgewicht in Europa stören würden..."

 
Ditmas, Leslie (früherer technischer Berater der Reparationskommission). "Morningpost", im Mai 1933.

"Es sei ein scheußlicher Fehler gewesen, Ostpreußen vom übrigen Deutschland zu trennen. Es würde viel besser gewesen sein, wenn den Polen bei Libau ein Zugang zur See gegeben worden wäre."

[28]
Donald, Sir Robert: "The Polish Corridor and the Consequences", London, Thornton Butterworth, 1929.

"Von allen unparteiischen Sachkennern wird anerkannt, daß die Zerstückelung Oberschlesiens eine niedrige und korrupte Maßnahme war... In der Frage, ob Polen freien Zugang zur See haben oder nicht haben sollte, wurde die Anwendung des Selbstbestimmungsrechts nie erwogen. Das war eine Grundbedingung, die nicht durch die Befragung der Bevölkerung aufs Spiel gesetzt oder abgeschwächt werden durfte... Elsaß-Lothringen war nicht so ausschließlich französisch, wie die 'Elsaß-Lothringen' an der Ostgrenze deutsch sind. Eines dieser neuen Elsaß-Lothringen ist Danzig. Die Umwandlung Danzigs zu einer Freien Stadt unter Einbeziehung von Vororten und Bauernland aus Marienwerder war ein schlechtes Kompromiß... Der Korridor ist das bedrohlichste Sturmzentrum des Kontinents; wie die Gefahr gemindert und das offensichtlich Unversöhnliche ausgesöhnt werden kann, ist die zwingende Aufgabe der Staatsmänner. Die logischen Vernünfteleien der Diplomaten und das unerbittliche menschliche Element drängen sich in jede Beweisführung. Ein britischer Diplomat, der das Problem mit mir besprach, hatte keine Schwierigkeiten, für die Abtrennung Ostpreußens einigermaßen überzeugende Gründe anzuführen. Er sagte, die alliierten und verbündeten Mächte hätten unter feierlicher Verpflichtung zugestanden, Polen einen genügenden Ausgang zur See zu verschaffen. Ein großer Staat, wie das neue Polen sein sollte, könnte nicht in Landgrenzen eingeschlossen werden. Sein einziger entsprechender Ausgang konnte nur die Ostsee sein, sein unbedingt notwendiger Hafen Danzig. In Europa wäre das Chaos entstanden und es wäre die leichte Beute des Bolschewismus geworden, wenn der Friedensvertrag nicht unterzeichnet und der neue Staat diesen unumgänglichen Ausgang zum Meer nicht erhalten hätte. 'Aber', fügte mein Freund hinzu, indem er nachdenklich die diplomatische Ausdrucksweise fallen ließ, 'wenn ich ein Preuße wäre und eine fremde Macht um die Erlaubnis bitten müßte, die Hauptstadt meines Landes besuchen zu dürfen, ich wollte verdammt sein, wenn ich mich damit abfände'."

 
"The Economist", London, 8. Oktober 1938.

"... Seit dem 18. Jahrhundert sind die Polen bekannt für ihre politische Torheit. Dafür genossen sie den Ruf politischer Ritterlichkeit. Durch die Handlungen der polnischen Regierung im September wird der Ruf Polens, was die politische Torheit betrifft, noch gesteigert (wenn das überhaupt möglich ist), während sein ritterlicher Name unleugbar verlorenging. Schäbigkeit und Kleinlichkeit waren die Schlüsselnoten zum polnischen Benehmen... Prag kapitulierte vor der Gewalt. Die polnische Armee ist einmarschiert. Was wird das nächste Kapitel in der Geschichte der polnischen Republik sein, die in ihrer nationalen Zusammensetzung in noch höherem Maße eine Wiederholung der Tschecho-Slowakei ist? In Polen gehört ein [29] Viertel bis zu einem Drittel der Bevölkerung nicht zu der polnischen Nationalität und wünscht nicht, diesem Nachkriegsstaat anzugehören. In Polen wie in der Tschecho-Slowakei besteht eine der Minderheiten aus Deutschen. Wie lange werden die Polen auf die vierte Teilung zu warten haben, zu der sie jetzt so töricht anreizten? Und wo werden sie dann Freunde finden? ..."

 
Ebray, Alcide (französischer Generalkonsul und Gesandter a. D.): "Der unsaubere Friede (Versailles)". Berlin, Verlag für Kulturpolitik, 1925. (Titel des Originals "La Paix malpropre", Mailand 1925).

"... Die Frage des freien und sicheren Zugangs zur See ist in einer Weise entschieden worden, die man nur als ungerecht gegen Deutschland betrachten kann. In Wirklichkeit hat man Polen zwei Zugänge zum Meer gegeben an Stelle des einen, und noch dazu in einer Form, die Deutschland einen doppelten und sehr schweren Schaden zufügte. ... Konnte man an der polnischen Küste einen Hafen errichten, warum Danzig von Deutschland unter dem Vorwand trennen, daraus müsse der freie Hafen gemacht werden, den Polen nötig habe? Die Notwendigkeit lag also nicht vor, Deutschland mit der Wegnahme einer blühenden, durchaus deutschen Stadt, die bei Deutschland bleiben wollte, schweren Schaden zuzufügen. Man verletzte so ohne vernünftigen Grund das Selbstbestimmungsrecht der Völker. Hätte sich die Notwendigkeit wirklich fühlbar gemacht, so hätte man Deutschland das Polen gegebene Meeresgebiet als Entschädigung lassen können. Eine gewisse Anzahl von Polen wäre so bei Deutschland verblieben, aber eine niedrigere Zahl als die den Polen in Gegenden mit polnischer 'Mehrheit' überlassenen Deutschen. ... Umsonst hat man versucht, den Glauben zu erwecken, die Bevölkerung Danzigs stände der eingetretenen Lösung nicht feindlich gegenüber und ginge auf ihre Trennung von Deutschland ein. Um das glaubhaft zu machen, hat der 'Temps' vom 15. Januar 1922 zu einer ganz unerhörten Beweisführung seine Zuflucht genommen, würdig der Art des Herrn Tardieu, der vorgab, Österreich wäre auf die Trennung von Deutschland eingegangen, denn es hätte den Vertrag von Saint Germain angenommen.

Der Versailler Vertrag (Art. 106) bestimmte, daß die Bevölkerung Danzigs in den zwei Jahren nach seinem Inkrafttreten für die deutsche Nationalität optieren könne. Diejenigen, die für diese Nationalität optierten, sollten in den zwölf darauffolgenden Monaten ihren Wohnsitz nach Deutschland verlegen. Es war genau die Wiederholung dessen, was man in Elsaß-Lothringen gemacht hatte. Nun aber verkündete der 'Temps' unter dem Titel: 'Das Danziger Gebiet optiert gegen Deutschland', daß nur etwa 4500 Einwohner für Deutschland optiert hätten. Logisch folgt daraus, Elsaß-Lothringen habe 1871 gegen Frankreich optiert, denn nur eine ganz geringe Minderheit seiner Bevölkerung habe vorgezogen, lieber das Vaterland zu verlassen als deutsch zu werden. Gab es ein Mittel, anders die Frage Danzigs und das Problem [30] von Polens freiem Zugang zur See zu regeln? In der Sitzung der französischen Kammer vom 4. September 1919, im Verlauf der Diskussion über den Versailler Vertrag, übte Marcel Sembat lebhafte Kritik an der geschaffenen Lösung und meinte, man hätte eine andere sich zu eigen machen können. Obgleich er anerkannte, daß Danzig Polens natürlicher Ausgang zum Meer sei, glaubte er, man hätte ihm Befriedigung schaffen können, ohne die Stadt Deutschland fortzunehmen und ohne es von Ostpreußen zu trennen:

'Ich möchte mich zuerst an einen besonderen Punkt halten, der alles übrige beleuchtet: die Art, wie der Vertrag für Polen und über Danzig verfügt. Über diesen Punkt brauchte ich mich, wäre er im mindesten zu bestreiten, nur auf den Bericht unseres hervorragenden Kollegen, Herrn Charles Benoist, zu beziehen. Es muß ganz offenbar und von jedermann zugegeben werden – das ist von Herrn Charles Benoist festgestellt –, daß Danzig eine deutsche Stadt ist.

... Ist es unmöglich, eine Lösung zu finden?

Die des Vertrages ist verabscheuungswürdig, denn sie mißachtete das Recht der Völker. Werfen Sie mir ein, Sie hätten aus Danzig eine Freie Stadt gemacht? Das wäre ein sonderbares Umspringen mit Worten. Danzig, eine deutsche Stadt, wird in eben dem Augenblick zur Freien Stadt erklärt, wo Sie ihr die Freiheit verweigern, weiter deutsch zu bleiben.

In Wirklichkeit verletzen Sie infolgedessen Ihre Grundsätze. Gab es ein Mittel, es anders zu machen? Ja, und das Mittel war sehr einfach. Polen sollte Zugang zum Meer haben. Sie machen aus Danzig einen Freihafen und sichern obendrein Polen eine Eisenbahnlinie unter seiner Aufsicht, unter seiner Polizei, unter seiner Oberhoheit. ... So hätten Sie Polen einen Zugang zum Meer geben können. Anstatt dessen schneiden Sie Ostpreußen von Westpreußen ab.'"

 
D'Echtegoyen, Olivier: "Pologne, Pologne", 1927.

"Die Gestaltung Danzigs, Ostpreußens und des Weichselkorridors, wie der Friedensvertrag sie vorsieht, kann nicht als ein Definitivum gedacht sein..."

 
Elliot, John (Berliner Vertreter seiner Zeitung): "New York Herald Tribune", 29. Januar 1931.

"Es gibt keinen größeren Gefahrenpunkt im heutigen Europa, der mehr geeignet wäre, den 'nächsten Krieg' zu beschleunigen, als der berüchtigte Polnische Korridor... Was Elsaß-Lothringen vor dem Kriege für Frankreich bedeutete, das bedeutet der Polnische Korridor heute für Deutschland. Die 'verlorenen Provinzen' verletzten die Gefühle der Franzosen als Zeichen der Schmach von Sedan und Frankfurt. Wenn heute der Deutsche auf die Karte blickt und sieht, wie sein Vaterland durch den Korridor gespalten ist, [31] bluten die Wunden von Versailles von neuem. ... Keine deutsche Regierung hat jemals die Garantie für die Anerkennung des Status quo im Osten gegeben, und kein deutsches Kabinett würde den Tag überleben, an dem es das täte. Der Polnische Korridor bedeutet so lange Böses für den Weltfrieden, bis die deutschen Forderungen nach Revision vor einer unparteiischen internationalen Kommission Gehör finden."

 
Ethridge, Marc (jetzt Redakteur des "Louisville Courier Journal" und Mitdirektor einer amerikanischen Rundfunkgesellschaft): "Macon Evening News", 1. Juni 1933.

"... Polen denkt auch weiterhin darüber nach, wieviel Feindschaft es um sich herum aufgerichtet hat. Nicht einmal das mächtige Frankreich kann es vor dem Zorn seiner Gegner bewahren und vor dem Mißfallen, das es bei anderen großen Mächten erregt hat, die dahinkommen zu denken, daß es an Stelle der Türkei nun der 'kranke Mann' in Europa ist.

Amerika mag Stolz darüber empfinden, daß es die Tschecho-Slowakei geschaffen hat; aber ich wage zu bezweifeln, daß es dem Frieden, der Freiheit und der Gerechtigkeit diente, als es sich für das neue Polen einsetzte."

– – "The Macon Telegraph", 5. Juni 1933:

"... Wie auch immer die endgültige Lösung der Korridorfrage sein mag, und wie man auch immer darüber denken mag, wie diese Lösung gefunden wird, jeder, der dort gewesen ist, gibt zwei oder drei Tatsachen zu: 1. Der Korridor ist der schwierigste und gleichzeitig auch der gefährlichste Landstreifen, den es auf der Welt gibt; 2. die Grenzen, die hauptsächlich darum gezogen wurden, um militärisch-strategischen Gesichtspunkten Frankreichs zu genügen, und nicht nach vernünftigen Grundsätzen oder Gerechtigkeit, müssen revidiert werden (sogar die, die den Polen freundlich gesinnt sind, sagen das); 3. der Korridor, so wie er besteht, verhindert auch die üblich höflichen und gesunden Beziehungen zwischen zwei großen europäischen Nationen, und weil dies so ist, berührt er die Aufrüstungs- und Wirtschaftsfragen der ganzen Welt; 4. keine Nation, nicht einmal die Vereinigten Staaten, die stark daran beteiligt waren, den Status quo aufzustellen, kann sich abseitshalten, weil hier, mehr als an jedem anderen Ort in der Welt, die Wiege des nächsten Krieges ist..."

 
Gardiner, Rolf (Mitglied der English Mystery-Bewegung und Gründer des Springhead-Ring): "Star", London, 1. Juni 1933.

"Danzig, dessen Bevölkerung zu 96 Prozent deutsch ist, wünschte seine Trennung von Deutschland nicht. Im Korridor besteht die Gefahr einer Explosion so lange, als nicht die in Versailles begangenen Ungerechtigkeiten [32] wiedergutgemacht sind. Bis dahin sind Danzig und der Korridor eine Gefahr für den Weltfrieden."

 
Garro-Jones, Capt. G. M. (Mitglied des House of Commons, bei Abfassung des Berichtes der Liberalen, z. Z. der Arbeiter-Partei angehörend): "Daily Express", London, 4. November 1927.

"... Alle Dämonen der Selbstbestimmung wurden auf das unglückliche Land losgelassen; Abstimmungskommissionen, Völkerbundsbeamte, Botschafterkonferenzen und im Zweifelsfalle, wie bei Wilna, die polnische Armee – sie alle preßten dem Gebiet ihren Willen auf. Vernünftigerweise hätte man nun erwarten müssen, daß Polen dadurch glücklich geworden wäre. Aber wenn die Alliierten Polen auch zum Quell der Zufriedenheit führten, ging es über ihre Kräfte, es daraus trinken zu machen. Polen dürstete nach stärkerem Stoff... Vielleicht konnte in den Nachwehen des Krieges der Versailler Vertrag nicht besser gemacht werden, jetzt aber haben wir nicht mehr viele Entschuldigungen, seine Fehler zu übernehmen. Er steht über Europa wie der schiefe Turm der Diplomatie..."

 
Garvin, J. L.: "Observer", Oktober 1932.

"... Ostpreußen wurde durch ein ungeheuerliches Unrecht vom Körper des Reiches gerissen."

Schon 1925 berichtete seine Zeitung, daß man in politischen Kreisen Frankreichs zugäbe, der Danziger Korridor sei 'eine unhaltbare Anomalie', und 'jeder Mensch mit gesundem Verstand tritt für Abänderung der jetzigen deutschen und polnischen Grenzen ein'."

 
Graham, Malbone W., Professor an der Universität von Kalifornien, Los Angeles, in einem Vortrag vor dem Chicago Council on Foreign Relations, 17. Januar 1931.

"Die Danziger Frage ist unbedingt akut, und es muß in dieser Hinsicht in allernächster Zeit eine Änderung des gegenwärtigen Zustandes erfolgen. Es ist eine urdeutsche Stadt. Man hat sie den Deutschen weggenommen, um Polen einen Ausgang zur See zu geben. Sie haben dort ihren eigenen Hafen, Gdingen, gebaut, ein Unternehmen, das ebenso abwegig ist wie die Idee gewisser Amerikaner, an der Westküste den Hafen Los Angeles anstatt San Franziskos anzulegen. Zur Verbindung Gdingens mit dem Kohlengebiet Oberschlesiens haben die Polen im Korridor eine Eisenbahnlinie gebaut. Diese hat ein Zweifaches zu bedeuten: Die Polen wollen aller Welt zeigen, daß sie den Korridor tatsächlich besitzen, und zweitens liegt darin ein Zugeständnis, daß das Kohlengebiet Oberschlesiens nicht nach Polen zu, sondern nach dem deutschen Danzig orientiert ist."

[33]
Harney, The Hon. E. A., K. C., M. P. (Mitglied der liberalen Partei im House of Commons, früher Mitglied des Australischen Senats): "Daily Chronicle", 18. Oktober 1927, London.

"... Man hat sich kaum je bemüht, die Grenzen mit den wirtschaftlichen und geographischen Bedingungen in Einklang zu bringen, sondern die Grenzen sind so gezogen, um Polen zu stärken und gegen Deutschland militärische Macht einsetzen zu können. Mit der Weichsel z. B., die ein 'freier Fluß' für die Benutzung durch Deutschland und Polen sein sollte, wurde so verfahren, daß Polen jederzeit deutsches Gebiet überfluten kann..."

– – "Sheffield Mail", 2. November 1927:

"... Hinsichtlich Danzigs ist es bemerkenswert, daß die Danziger, weit entfernt, über die Schaffung der Freien Stadt erfreut zu sein, sie äußerst bedauern, und wenn morgen eine Abstimmung stattfände, würden die Stimmen zugunsten der Rückkehr zu Deutschland nahezu 100 Prozent ausmachen..."

 
Hearst, William Randolph, veröffentlichte im August 1930 einen Aufsatz über die politischen Verhältnisse in Europa (mitgeteilt in der "Deutschen Zeitung" vom 26. August 1930 ohne Quellenangabe).

"... Um es Amerika begreiflich zu machen, was es heißt, daß Deutschland im Westen einen Teil seines Gebietes an Belgien und einen andern an Frankreich und im Osten einen Teil an Litauen abgetreten habe, sowie daß ein Stück Land aus Deutschland herausgeschnitten und an Polen gegeben worden sei, müßte man dem amerikanischen Volk erklären, daß dieser Zustand ungefähr dasselbe wäre, als ob Amerika Arizona und Kalifornien an Mexiko, den Staat Washington an Britisch-Kolumbien und Florida an Spanien zurückgegeben hätte und ein Stück Land von den großen Seen durch den Staat New York nach dem Meer herausgeschnitten und dieser Ausschnitt, der Neuengland von den übrigen Vereinigten Staaten trennen würde, an Kanada gegeben worden sei. Wenn der Krieg anders ausgegangen wäre und eine solche Aufteilung Amerikas dem Kriege gefolgt wäre, könnte das amerikanische Volk klar verstehen, daß man nicht sehr glücklich darüber und nicht gewillt wäre, eine solche Gewalttätigkeit lange zu ertragen, und daß Amerika eines Tages Mittel gefunden hätte, diese Ungerechtigkeit entweder durch friedliche Maßnahmen oder durch Krieg zu beseitigen. So könnte das amerikanische Volk es verstehen, wie ungesund, wie ungerecht und wie unfriedlich die augenblicklichen Einrichtungen Europas seien. Es würde verstehen, was es für eine aussichtslose Sache sei, die die siegreichen Nationen in Versailles vollbracht haben und welchem Verrat an seiner eigenen Politik Wilson zugestimmt hatte."

[34]
Hervé, Gustave (Herausgeber der Pariser "Victoire") in dieser Zeitung am 16. Dezember 1932.

"... (Die französischen Politiker) fürchten sich, vor unseren polnischen Freunden einzugestehen, daß die Abtrennung Danzigs von Deutschland und die Zerteilung des letztgenannten in zwei Teile geschehen ist, um der polnischen Eigenliebe zu genügen, und daß dieser Umstand das ganze Hindernis für eine Wiederherstellung des wahren Friedens in Europa bildet, sowie ferner, daß ein Freihafen in Danzig auch bei Wiederabtretung der gesamten Küste des polnischen Korridors den Polen dieselben Absatzwege für den Seehandel sicherstellen würde wie der Besitz Danzigs selbst, worauf Deutschland niemals verzichten wird."

 
Hobhouse, Sir Charles (verschiedentlich Mitglied des englischen Kabinetts): "Major Problems of the League of Nations" (Contemporary Review, Juli 1931).

"... Ein letztes Wort über die Grenzen. Nach Artikel 19 war theoretisch ihre Revision möglich. Ich nehme an, daß 1919 die Unterhändler – man kann sie nach ihren Leistungen kaum Staatsmänner nennen – zu geschäftig waren, um die Geschichte zu Rate zu ziehen... Was natürlich ist, wird bleiben, was künstlich ist, muß zurückgegeben werden."

 
House and Seymour: "What Really Happened at Paris." London, Hodder & Stoughton, 1921.

1. Aus dem Beitrag von Robert Howard Lord (Harvard University):

"... Frankreich war für ein 'großes und starkes, sehr starkes' Polen, wie sich Herr Pichon ausdrückte. Die Gründe dafür liegen auf der Hand. Frankreich und Polen sind die beiden Länder, die den größten Gebietszuwachs auf Kosten Deutschlands gehabt haben, und die, ganz abgesehen von ihren alten und überkommenen gegenseitigen Sympathien, durch die Natur der Dinge fast unlöslich miteinander verbunden sind, durch ihr gemeinsames Interesse an der Aufrechterhaltung der neuen Regelung. Ein Polen, das 'groß und stark' ist, könnte vielleicht ein 'zweites Frankreich im Osten von Deutschland' werden und dadurch die Stärke des wahren Frankreichs verdoppeln.

Englands Ansichten waren ganz anders. Wenn es auch gezwungen und ohne Zweifel darauf bedacht war, ein unabhängiges Polen wiederherzustellen, so lag es doch nicht in seinem besonderen Interesse, daß es groß und stark sein sollte. Ich kann wohl tatsächlich sagen, denn es ist ein offenes Geheimnis, daß bei jeder Frage, die aufgeworfen wurde, Englands Stellung den polnischen Forderungen gegenüber zurückhaltender war als die aller anderen Mächte, und die Polen schreiben gewöhnlich den größten Teil ihres diplomatischen Mißerfolges in Paris Lloyd George zu. Warum [35] das so war, kann ich nicht eindeutig erklären, aber ich neige zu der Ansicht, daß es daher kam, weil England Polen eher als Belastung denn als Gewinn betrachtete."

2. Aus dem Beitrag von Isaiah Bowman (American Geographical Society):

"... Der erste Grenzbericht, der dem Obersten Rat zur Beratung vorgelegt wurde, war der der polnischen Territorialkommission, der Deutschlands Ostgrenze festlegte. Jules Cambon las den Bericht der polnischen Kommission vor. Schließlich kam er zu der Stelle, die Einzelheiten einer bestimmten Grenze behandelte. Bis dahin war alles nur Einleitung gewesen – Beweisaufnahme; jetzt sollte eine endgültige Grenze festgelegt werden. Außerdem wurde vorgeschlagen, Danzig den Polen zu geben, und in diesem Punkt war der Bericht der Kommission einmütig. Hier war eine alte Hansestadt, ein moderner Hafen für die Handelsschiffahrt, ein Brennpunkt der Seeschiffahrt von großer Bedeutung für die Zukunft. Handel ist die Lebensader des britischen Empires. Es war ein Engländer, der geschrieben hat, daß die Seeschiffahrt für England dasselbe bedeutete wie das Haar für Simson, nämlich das Geheimnis seiner Stärke. Würde Lloyd George weiter die Rolle des verantwortungslosen und uninteressierten Bevollmächtigten spielen, oder erkennen, was bei Danzig auf dem Spiel stand – Danzig, das Zugang zu Textilfabriken, Kohle und dem Petroleum des Karpathenvorlandes eröffnet? Plötzlich änderte sich Lloyd Georges Haltung von passiver Gleichgültigkeit zu aktiver Teilnahme. Von diesem Augenblick an ließ sein Interesse nicht nach, noch gab er die Kontrolle aus der Hand. Er neigte sich in seinem Stuhl vor, und während er mit ernster Stimme sprach, riß er den Bericht in Stücke. Der Grund, den er dafür angab, ließ das Lächeln auf den Gesichtern erlöschen und Furcht in den Herzen seiner Zuhörer entstehen. 'Meine Herren', sagte er, 'wenn wir Danzig den Polen geben, wird Deutschland den Vertrag nicht unterzeichnen, und wenn es das nicht tut, ist unsere Arbeit hier mißlungen. Ich versichere Sie, daß Deutschland den Vertrag nicht unterzeichnen wird.' Eine beklemmende Stille entstand. Alle waren erschrocken, aufgerüttelt und überzeugt. Lloyd George hatte ein Gespenst an die Wand gemalt, und das hatte gewirkt."

3. Aus dem Beitrag von Edward M. House (Berater von Präsident Wilson):

"... In der Frage der Grenzen stand die Pariser Konferenz fast dem schwierigsten Problem gegenüber. Es gab keinen Ausweg, und jede Entscheidung mußte Mißfallen erregen und in vielen Fällen Unrecht tun.

Es war leichter, die Nationalität eines großen Volksstammes zu bestimmen als eine gerechte Territoriallösung für zwei oder mehrere aneinander grenzende Staaten zu finden. Dabei war es schwierig festzustellen, ob das völkische Prinzip oder die natürlichen Grenzen entscheiden sollten."

[36]
Huddleston, Sisley (früherer Pariser Korrespondent der "Times", Verfasser von "Peacemaking in Paris 1919"): "Observer", August 1933.

"... Bei der europäischen Unruhe handele es sich tatsächlich um eine deutsch-polnische Spannung... Alles, wogegen sich Deutschland wende – Verlust der Kolonien und der militärischen Gleichberechtigung und Zurücksetzung in wirtschaftlicher, finanzieller und politischer Beziehung – lasse sich schnell in Ordnung bringen. Das unheilvolle Problem sei die Frage der deutsch-polnischen Grenze. Wenn England es mit seiner zur Schau getragenen Friedensliebe ernst meine, so müsse es sich bemühen, einen deutsch-polnischen Modus vivendi zu entdecken. Solange dieser nicht erreicht sei, werde die europäische Spannung anhalten."

 
Hutchison, Lt.-Col. Graham Seton (Mitglied der britischen Abstimmungskommission in Oberschlesien): "Silesia Revisited 1929", London, Simpkin Marshall Ltd., 1929.

"... Im Januar 1923 schrieb der Autor folgendermaßen: 'Bei Abschluß des Krieges hatte ich gehofft, daß die Verträge derart gestaltet würden, daß sie gerechte und vernünftige Reparationen für die Länder vorsahen, die tatsächlichen Sachschaden erlitten hatten, während daraus gleichzeitig eine neue Grundlage für Übereinkunft und Zusammenarbeit entstehen würde. Ich hatte auch gehofft, daß die Verträge sich auf den Idealen gründen würden, die während des Krieges unser Volk aufrechterhalten hatten und für die Großbritannien kämpfte. Der Vertrag von Versailles wurde aufgesetzt, und M. Clemenceau freute sich in dem Gedanken, daß durch seine Auswirkungen 'der Friede Krieg war, nur mit andern Mitteln geführt'. Wird sich je Wohlstand aus so viel Unrecht entwickeln? Ist Großbritannien blind?"

 
Inge, William Ralph (früherer Dekan der St. Paul's- Kirche in London): "Church of England Newspaper", 7. Juli 1939.

"... Wollen wir wegen Danzig kämpfen, eine durch und durch deutsche Stadt, die niemals hätte vom Reich abgetrennt werden dürfen?"

 
Jones, Gareth (früherer Privatsekretär von Mr. Lloyd George): "Poland's Foreign Relations", Contemporary Review, Juli 1931.

"... Die Bedrohung Danzigs, hervorgerufen durch die Schaffung eines neuen, nur wenige Meilen entfernten billigen Hafens, Gdingen, der durch Staatsunterstützungen gepäppelt wird, und das Ausmaß der polnischen Kontrolle über diese alte und stolze deutsche Stadt erbittern das Reich und erschweren ein Kompromiß... Die Behandlung der Minderheiten in Polen fügt dem Revisionsgedanken Zündstoff zu. Die Unterdrückung der Minderheiten erreichte unlängst im Wahlkampf vom November 1930 ihren Höhepunkt... Die Nicht-Polen sind mit äußerster Härte und Brutalität behandelt worden... Gewisse Ereignisse im Sturm und der Spannung des letzten Jahres haben [37] die Stellung von Polens Freunden im Ausland nicht gestärkt. Die Behandlung der Minderheiten ist eine gewichtige Waffe in der Hand derjenigen geworden, die die polnischen Grenzen zu ändern wünschen..."

 
Kaltenbach, Frederick W.: "Self-Determination 1919, a Study in Frontier-Making between Germany and Poland." London, Jarrolds, 1938.

"Hier ist es den Experten in den Territorialfragen mit Hilfe eines Verfahrens, das man 'gerrymandering' nennt (willkürliche Grenzziehung) gelungen, eine Reihe von Bezirken zusammenzustückeln, die angeblich nicht-deutschsprechende Mehrheiten enthielten, und zwar derart, daß ein Keil zwischen Ostpreußen und das übrige Deutschland getrieben wurde. Dies wurde in völliger Mißachtung der strukturellen Einheit von Westpreußen, Danzig und Ostpreußen getan. Man braucht nur auf die Landkarte zu schauen, um sich davon zu überzeugen, daß der Korridor Unsinn ist... Wie ist die Lage heute? Die von Frankreich kontrollierten Kommissionen für polnische Angelegenheiten beeinflußten erfolgreich die Konferenz dahingehend, daß ein Korridor zwischen Ostpreußen und dem Reich errichtet wurde, der Ostpreußen als Insel und in wirklich sehr exponierter Lage ließ. Jeder Laie kann sehen, daß dieses deutsche Gebiet einem eventuellen polnischen Angriff gegenüber von drei Seiten aus offensteht... Selbst Dr. Lord, ein amerikanischer, polenfreundlicher Expert, gab trotz seiner Opposition der Abhaltung einer Volksabstimmung in Oberschlesien gegenüber einem amerikanischen Zuhörerkreis später zu, daß der 'Verlust eines für Deutschland so unendlich wertvollen Gebietes' ein Opfer sei, das man nur verlangen könne, wenn die Bevölkerung Oberschlesiens in ihrer Mehrheit ganz klar und unzweifelhaft eine Vereinigung mit Polen wünsche! ..."

 
Kayser, Jacques, der im Auftrage der radikalsozialistischen Zeitung "République" eine Rundreise durch ganz Deutschland machte, berichtete in den ersten Januartagen 1931 darüber in seiner Zeitung und schrieb:

"Es sei vergebliche Mühe, zu hoffen, daß Deutschland jemals den Gedanken aufgeben könne, Ostpreußen wieder mit dem Mutterlande zu vereinigen. Zwei Stellen einer Wunde hätten vielmehr stets das Bestreben, zusammenzuheilen. Der Korridor, der Ostpreußen vom übrigen Reich trenne, sei eine Herausforderung des gesunden Menschenverstandes."

 
Kenworthy, J. M. (jetzt Lord Strabolgi, früher Mitglied des House of Commons, jetzt des House of Lords): "Will Civilisation Crash?", London, Ernest Benn, 1927. (Auszug aus der deutschen Ausgabe "Von kommenden Kriegen", Wien, Braumüller-Verlag, 1928.)

"... Ich halte es nicht für notwendig, mich zu entschuldigen, wenn ich immer wieder betone, wie nachteilig und aufreizend für Deutschland der polnische Korridor ist...

[38] ... Wenn man das normale Mittel zur Beilegung eines solchen Streites in einem Kriege sieht, so wird es schwierig sein, die Angelegenheit des polnischen Korridors ohne Kampf zu bereinigen. Wenn aber, wie es sein sollte, der Krieg als Bankerott der Staatskunst und Verneinung der Zivilisation betrachtet wird, so wird eine solche Frage auf friedlichem Wege durch schiedsrichterliches Verfahren und Verhandlungen allein gelöst werden..."

 
Kitchen, Karl K. (Sonderkorrespondent): "New York Sun", 11. Oktober 1932.

"... Die Freie Stadt Danzig ist eine der größten Naturwidrigkeiten in Europa...

... Reichlich zwölf Jahre hat die Freie Stadt Danzig unter dem Schutz des Völkerbundes gestanden. Man braucht sich aber gar nicht lange in ihr aufzuhalten, um feststellen zu können, daß sie vollkommen unter der Herrschaft Polens steht...

... Als Deutschland seine Zustimmung dazu gab, daß Polen einen freien Zugang zur See haben sollte, verstand es darunter die Benutzung von Memel, Königsberg und Danzig als Freihäfen... Statt dessen forderte Polen einen Streifen Landes mit über 25 Meilen Küste, den es durch den Vertrag von Versailles auch erhielt und der aus dem östlichen Teil von Deutschland herausgeschält wurde. Und um einen eigenen Hafen für seine "Flotte" zu haben, baute es den Hafen Gdingen...

... Wenn man die Reise längs der Weichsel von Weißenberg bis Kurzebrack gemacht hat, dann versteht man sehr gut, warum der polnische Korridor einer der größten Gefahrenpunkte Europas ist. Wenn je Grenzzieher ihre Aufgabe stümperhaft versehen haben, dann ist dieses Gebiet an der Weichsel ein Musterbeispiel dafür.

Es ist nicht genug damit, daß die Provinz Ostpreußen vom Fluß mit der Ausnahme von Kurzebrack, dessen Einwohnern er an bestimmten Stunden zugänglich ist, falls sie den richtigen polnischen Erlaubnisschein besitzen, abgeschnitten ist, sondern die Grenze macht auch noch einen Bogen nach Osten, so daß fünf deutsche Dörfer dadurch unter polnische Gerichtsbarkeit fallen. Die Grenze, die östlich der Weichsel, anstatt in ihrer Mitte verläuft, kreuzt ihre Deiche an acht verschiedenen Stellen und schneidet dadurch Bauernhäuser von ihren Feldern, manchmal sogar von ihren Scheunen ab.

Der polnische Korridor, der Ostpreußen vom übrigen Deutschland trennt, ist eine der Folgen des Vertrages von Versailles, der auf irgendeine Weise umgeändert und gemildert werden muß, wenn man den Frieden in diesem Teil der Welt erhalten will. Er bedeutete in der Vergangenheit und auch jetzt noch eine so große finanzielle Last für Deutschland und ist außerdem ein dauernder Anlaß zu Reibungen zwischen den polnischen Behörden und der Grenzbevölkerung, daß es nur eine Frage der Zeit ist, wann der Bruch [39] kommt. Das kann eine Angelegenheit von fünf oder zehn Jahren sein; aber daß die gegenwärtigen Verhältnisse nicht unbegrenzt andauern können, liegt ganz klar auf der Hand..."

 
Lavergne, Bernard (Professor an der Rechtsfakultät der Universität in Lille): "L'Année Politique francaise et étrangère", 2. August 1931, Universitätsbibliothek, J. Gamber, S. A.

"Es bleibt die Frage des 'polnischen Korridors'. Hier rühren wir an eine empfindliche Stelle zwischen uns. Man müßte von deutschem Nationalgefühl überhaupt nichts wissen, um daran zu zweifeln. Alle Deutschen, ob sie nun rechts oder links stehen, verspüren die heftigste Erbitterung über die Trennung Westpreußens von Ostpreußen durch den 40 bis 80 Kilometer breiten polnischen Korridor. Es gibt nicht einen Deutschen, der die gegenwärtige Grenze als endgültig betrachtete... Welche Sympathien wir auch immer, wie alle Franzosen, für die so lange unterdrückten Polen haben mögen, wir können nicht umhin, folgendes festzustellen: Die sachliche Prüfung der Grenzen ergibt – und darin stimmen alle Beobachter an Ort und Stelle überein –, daß bei der Grenzziehung verschiedene Fehler vorgekommen sind... Die gegenwärtige Lösung ist nicht vertretbar, die deutschen Bauern westlich der Weichsel mußten mit ansehen, wie die Grenze einige 20 Meter entfernt vom Fluß festgesetzt wurde! Wenn sie ihr Vieh tränken wollen, müssen sie darauf gefaßt sein, daß es ihnen von polnischen Zollbeamten weggefangen wird, und sie müssen eine Abgabe zahlen, um die Tiere zurückzubekommen! Ostpreußen hat nur mittels eines Weges am Ufer des Flusses in einer Breite von 10 bis 20 Meter Zugang zum Fluß! Daß dieser unsinnige Zustand dauernd Spannungen zwischen den beiden Bevölkerungen erzeugt, läßt sich ohne weiteres verstehen. Man fragt sich, welcher böse Geist Polen und den Alliierten den Gedanken einer derartig unnatürlichen Gebietsverteilung eingegeben hat, wenn man die Unvernunft des Grenzverlaufes betrachtet...

... Eine zweite Genugtuung könnte man Deutschland unter der Bedingung einer allgemeinen und endgültigen Regelung des polnischen Grenzproblems zugestehen. Man könnte die bloße und einfache Rückgabe der Freistadt Danzig an Deutschland in Betracht ziehen. Diese nicht unwichtige Veränderung des durch die Verträge geschaffenen Zustandes würde für niemand einen Nachteil, für alle aber einen Vorteil mit sich bringen. Die Freie Stadt Danzig, deren Einwohner zum größten Teil Deutsche sind, stellt eine der Widersinnigkeiten des öffentlichen Rechts dar, von denen man nur sagen kann, daß ihr Weiterbestehen einer Herausforderung des gesunden Menschenverstandes entspricht...

... Bleibt noch der große Stein des Anstoßes: Was soll man über den berüchtigten 'Korridor' beschließen? ... Wir glauben uns nicht zu täuschen, wenn wir sagen, daß man Deutschland diejenigen Genugtuungen geben muß, die sich rechtfertigen lassen... Kurz gesagt, durch den polnischen Korridor könnte ein deutscher Korridor gelegt werden, der für das Reich den [40] großen Vorteil des freien Verkehrs zwischen den beiden Preußen hätte. Die Zahl der Polen, die den quer hindurchgehenden deutschen Korridor bewohnt, würde, wie wir sehen werden, sehr klein sein... Wenn man mit ihnen unter vier Augen spricht, so sind sehr viele Franzosen und die Mehrzahl unserer Staatsmänner, selbst im Zentrum und in der Rechten, der Ansicht, daß im Osten Deutschlands eine neue Grenzziehung auf freundschaftlichem Wege notwendig wäre..."

 
Layton, Sir Walter, M.A., C.B.E. (Herausgeber des "Economist", Mitglied des Wirtschaftskomitees des Völkerbundes): "Economist", 14. November 1931:

"... Die Moral für England ist, daß es eine verbrecherische Dummheit wäre, eine Ostgarantie zu geben, solange der Korridor besteht."

– – "News Chronicle", März 1933:

"Der polnische Korridor wird allerdings stets Anlaß zu Reibungen geben, und es sei wünschenswert, daß der Völkerbund von den vier Mächten" (es handelte sich zur Zeit um das Zustandekommen des Vier-Mächte-Pakts) "beauftragt werde, eine Lösung zu finden, die Deutschlands Forderungen und den politischen und wirtschaftlichen Interessen Polens gerecht wird. Es sei bereits darauf hingewiesen worden, daß der Korridor und Danzig an Deutschland zurückgegeben werden solle, während Polen den neuen Hafen Gdingen behalten und eine internationale, dem Völkerbund unterstehende Eisenbahn über deutsches Gebiet gebaut werden solle, die die polnischen Bergwerke mit der See verbinde."

 
Lengyel, Emil: "The Cauldron Boils", New York. The Dial Press Inc. 1932.

"Das Bestehen des Korridors schon an sich ist eine Beleidigung für Deutschland. Was wird die junge Generation dazu sagen, daß ihre Väter einen solch unwürdigen Zustand geduldet haben? ... Und doch hat Deutschland niemals geglaubt, daß der polnische Korridor von Dauer sein würde... Man hört oft die Meinung, daß Danzig, obwohl es gegen Polen ist, eine Wiedervereinigung mit dem Reich nicht wünschte. Ich habe keine Beweise, die diesen Glauben bestärken, gefunden. Regierungsbeamte, Kaufleute und einfache Bürger sind sich alle in der Verurteilung des gegenwärtigen Regimes einig. Danzig... ist überzeugt davon, daß der gegenwärtige Zustand nur vorübergehend ist, daß es noch einmal wieder Frieden an der Ostseeküste geben und daß Europa das Danzig-Problem los wird. (Lengyel gibt dann die Äußerungen von verschiedenen anderen Ausländern zur Korridorfrage wieder, die hier wiederholt werden): 'Kein ernstdenkender Staatsmann hat je daran geglaubt', sagte Graf Carlo Sforza, der frühere Außenminister von Italien, 'daß der Korridor als Lösung von Dauer sein würde.'

Der frühere italienische Premier, Francesco Savario Nitti, schrieb: [41] 'Der polnische Korridor ist die größte politische und wirtschaftliche Sinnwidrigkeit gegenwärtiger Geschichte.'

Der Duce riet den Polen, ihre Haltung hinsichtlich des Korridors zu ändern, damit sie dadurch nicht ihre nationale Unabhängigkeit aufs Spiel setzten.

Der Präsident der Tschechoslowakei, Thomas Garrigue Masaryk, erklärte in einem Interview: '... es ist gewiß, daß die Deutschen sich niemals mit der Abtrennung Ostpreußens vom Reich einverstanden erklären.'

Der frühere britische Gesandte in Berlin, Lord D'Abernon, faßte die Lage folgendermaßen zusammen: 'Nachdem Locarno die Lage an der deutsch-französischen Grenze erleichtert hatte, ist der polnische Korridor das Pulverfaß von Europa geworden.'

In dem viel besprochenen Interview zur Zeit des Amerikabesuches von Pierre Laval, dem französischen Premier, überraschte Senator William E. Borah Polen, als er die Ansicht vertrat, daß die wirtschaftlichen Verhältnisse sich nicht bessern können, solange der Versailler Vertrag unverändert weiterbesteht. 'Vor allem müssen die Grenzen von Oberschlesien und vom polnischen Korridor berichtigt werden. Der augenblickliche Friede in Europa ist der Friede brutaler Gewalt.'

Ein Mitglied des polnischen Komitees auf der Friedenskonferenz, Dr. Rydlewski, offenbarte, daß sogar Polens Held, Marschall Joseph Pilsudski, die Erörterung über Polens Zugang zur See nicht sehr ernst genommen habe und sich über einen Dramatiker lustig machte, daß er an der 'Seekrankheit' leide, als sich letzterer für die Propaganda um die polnische See einsetzte."

 
Pressestimmen zu Lengyel's Buch.

The Nation (New York):

"... Kein besseres und kein beunruhigenderes Bild des polnischen Problems ist je gezeichnet worden. Der Kessel kocht über. Noch besteht die Hoffnung, daß das teuflische Gebräu, das er enthält, beseitigt werden kann, ohne daß jemand ernsthaften Schaden davon hat..."

New York Evening Post:

"... Mit vielen Männern der europäischen und amerikanischen Öffentlichkeit stimmt er darin überein, daß der Teil des Vertrages, durch den der Korridor geschaffen wurde, eine Revision erfordert, die die unnatürliche Teilung Deutschlands beseitigt."

New York Herald Tribune:

"... Die Schwierigkeit bei diesem Staat (Polen) liegt darin, daß er versucht, ein Drittel der Bevölkerung, die nicht polnisch ist, rücksichtslos zu assimilieren..."

Boston Transcript:

"... Aus all diesem kann der Leser sich die Gefahren, in denen Europa [42] schwebt, klar berechnen, er gewinnt Einblick in die Lösungsversuche dieses Problems und die Rolle, die Amerika bei der Förderung gewisser politischer Kunstgriffe und Bündnisse in dem gleichen Augenblick spielte, in dem es bemüht war, einen Idealfrieden zu schaffen."

Minneapolis Journal (Unter dem Titel "Polen auf dem Pulverfaß"):

"Lengyel zitiert die Ansichten einiger führender Männer bei dem jetzt ein Jahrzehnt zurückliegenden Streitfall und stellt dabei fest: Auf jeden Fall liegt der Grund zu einem nächsten Kriege in den gegenwärtigen polnischen Grenzen."

Buffalo News:

"... Die Männer, die den Vertrag von Versailles entwarfen, haben sich wahrscheinlich eingebildet, ein Evangelium der Wiedergeburt Europas zu verkünden. Die Zeit jedoch wird beweisen – und hat schon jetzt überzeugend bewiesen –, daß das ersonnene und dann Deutschland aufgezwungene Dokument genügend Explosivstoffe enthält, um die ganze Welt zu vernichten..."

 
Lichtenberger, Henri: "The Third Reich" (Englische Ausgabe des französischen Buches, versehen mit einem Vorwort von Nicolas Murray Butler, Präsident der Columbia-Universität, New York), London, Duckworth, 1938.

"... Während der ganzen Zeit vor der Machtübernahme durch den Nationalsozialismus war Deutschlands Haltung Polen gegenüber sehr klar... Nach dem Abkommen von Locarno konnte Deutschland Polen eine Nichtangriffsgarantie geben, aber weiter konnte es nicht gehen, und es mußte unbedingt eine Garantie der bestehenden Grenzen Polens verweigern. Deutschland erkannte die Auferstehung des polnischen Staates an. Tatsächlich hat es selbst diesen Staat im Jahre 1916 geschaffen und war auch bereit, Polen alle nötigen Garantien für einen Zugang zur See zu geben. Aber es konnte weder die Schaffung des polnischen Korridors als endgültig ansehen, der Ostpreußen vom Reich trennte, noch die Teilung Oberschlesiens, die ganz willkürlich ein einheitliches Wirtschaftsgebiet zertrennte, das man lieber als unteilbares Ganzes belassen haben sollte."

 
Linfield, Frederic C., früher liberaler Abgeordneter im englischen House of Commons in der amerikanischen Zeitschrift "Current History", 1928.

"... Polen mußte also auf der Karte des neuen Europas verzeichnet sein. Aber diese Karte bietet einen ganz bizarren Anblick, wenn man nach der Ostsee hinschaut. Man stellt fest, daß Preußen in zwei Teile geteilt ist. Sein Gebiet hört plötzlich auf, um einem engen Streifen polnischen Territoriums Platz zu machen; jenseits desselben erstreckt sich wieder preußisches Gebiet. Wenn ihr, wie ich es getan habe, diesen kleinen Winkel Europas besucht, so werdet ihr finden, daß die Grenzziehung zum Schaden der aller- [43] elementarsten wirtschaftlichen Erwägungen veranlaßt worden ist... Das Deutschland unserer Tage ist so und in zehn oder zwanzig Jahren wird Deutschland anders, sehr verschieden von heute sein. Können wir ernstlich hoffen, ihm die Lage von heute vorzuschreiben? Wer wird dann der Freund Polens sein? Wird Großbritannien in den Krieg ziehen, um eine Grenze aufrechtzuerhalten, die in einer Atmosphäre der Leidenschaft von Männern mit erschöpften Nerven gezogen und von dem öffentlichen Gewissen verurteilt worden ist? Ich schreibe diese Zeilen als aufrichtiger Freund Polens, und was ich sage, ist das einzige, was ein loyaler Freund in diesem Augenblick sagen kann. ... In unserm Lande hat man noch nicht genügend erkannt inwieweit die Sache des Korridors die politische Atmosphäre Europas vergiftet, und ebensowenig, in welchem Maße sie England berührt. Man sagt, es sei nötig, daß Polen einen Ausgang zum Meer besitze. Der freie Zugang zur Ostsee ohne hinderliche Zollschranken würde zu Friedenszeiten allen berechtigten Bedürfnissen genügen."

 
Llewellyn-Jones, Frederick, Dr. Sc. Pol. h. c., aus Wales stammendes Mitglied des House of Commons, in einem Vortrag vor der Grotius-Gesellschaft für Völkerrecht in London, Februar 1933.

"Der Korridor und die sogenannte oberschlesische Regelung seien die Quelle fortgesetzter und zunehmender Bitterkeit in Deutschland gewesen. Die offenkundige Mißachtung der Vertragsverpflichtungen gegenüber den deutschen Minderheitengruppen durch die polnische Regierung habe die Deutschen in ihrer Forderung nach Revision noch bestärkt."

 
Lloyd George, David, The Rt. Hon., britischer Ministerpräsident während der letzten Kriegsjahre und Mitglied des "Rates der Vier" in Versailles in "The Truth about the Peace Treaties", London, Victor Gollancz Ltd., 1938.

Band I, Fontainebleau-Memorandum vom 25. März 1919: "... Ich bin entschieden dagegen, mehr Deutsche der deutschen Herrschaft zu entreißen und unter fremde Herrschaft zu stellen, als unbedingt notwendig ist. Ich kann mir keinen stärkeren Grund für einen zukünftigen Krieg vorstellen, als daß das deutsche Volk, das sich unzweifelhaft als eine der kräftigsten und mächtigsten Rassen der Welt erwiesen hat, von einer Anzahl kleiner Staaten umgeben werden soll, von denen manche Völker umschließen, die niemals zuvor eine gefestigte Regierung für sich selbst aufrichten konnten, von denen jeder aber große Massen Deutscher umfaßt, die die Wiedervereinigung mit ihrem Geburtslande verlangen. Der Vorschlag der polnischen Kommission, daß wir 2 100 000 Deutsche der Autorität eines Volkes mit einer anderen Religion unterstellen sollen, eines Volkes, das im Laufe seiner Geschichte niemals gezeigt hat, daß es sich zu regieren versteht, dieser Vorschlag wird uns früher oder später zu einem neuen Kriege im Osten Europas führen."

Aus Band II: "Ich war ein ebenso aufrichtiger Befürworter der polnischen [44] Unabhängigkeit wie jedes andere Mitglied der Kommission. Aber ich war auch überzeugt, daß es eine Quelle ständiger Schwäche und Gefahr und nicht der Stärke für diesen neuerstandenen Staat bedeuten würde, wenn ihm Bevölkerungen zuerteilt würden, die innerhalb seiner Grenzen ein fremdes und feindliches Element bilden müßten. Ich wußte, daß eine Zeit kommen würde, in der Deutschland den Hilferuf seines verlassenen Volkes hören und dieses mit der Stärke der Waffen wieder mit dem Vaterlande vereinigen würde. Aus diesem Grunde drückte ich erneut in der Konferenz darauf, alle Vorschläge abzulehnen, nach denen Städte und Gebiete mit einer der Sprache, der Rasse und dem Gefühl nach überwältigend großen Mehrheit Deutscher in Polen eingegliedert werden sollten. Im Augenblick der Zuspitzung der gegensätzlichen Meinungen schrieb ich daher meine Denkschrift von Fontainebleau."

In Band I bezieht sich Lloyd George auf die Bedenken des Generals Smuts: 'Die Regelung im Osten war ganz schlecht'. 'Er (Smuts) sei froh zu wissen, daß man allgemein anerkenne, daß die für den Osten getroffenen Bestimmungen abgeändert werden müßten. Polen sei ein geschichtlicher Fehlschlag und würde immer ein Fehlschlag bleiben, und in diesem Vertrag hätten wir versucht, das Urteil der Geschichte umzustoßen'."

 
Lyon: "The Fruits of Folly" (anonym erschienen), London, Hutchinson & Co., 1930.

"Die angegebenen Zahlen zeigen, daß das Land, das heute als polnischer Korridor bekannt ist, nicht von einer 'unbestreitbar polnischen Bevölkerung bewohnt ist'. Aber auch zu diesen Zahlen kommt man nur bei einer parteiischen Berechnungsweise und dadurch, daß man einen Keil durch deutsches Land treibt. Es gibt keinen vernünftigen Grund dafür, warum die Bevölkerung von Danzig im Jahre 1910 nicht in diese Zahlen eingeschlossen wurde, es sei denn aus dem Grunde, daß ein solches Verfahren für die polnischen Absichten niederschmetternd gewirkt hätte... Es ist klar, daß das Gebiet weit davon entfernt ist, unbestreitbar polnisch zu sein... Tatsächlich bedarf Polen weder eines freien Zugangs zur See noch der Kontrolle über den Danziger Hafen... Außerdem hat Polen seitdem selbst den Beweis geliefert, daß für sein wirtschaftliches Wohlergehen der Danziger Hafen nicht notwendig war, denn es hat in einer Entfernung von wenigen Kilometern einen anderen Hafen gebaut, der mit Danzig in direkten Wettbewerb getreten ist... Die Staatsmänner von Versailles, die Danzig wieder die Stellung verschaffen wollten, die es zwischen der Mitte des 15. und dem Ende des 18. Jahrhunderts eingenommen hat, haben die Geschichte nicht ganz verstanden... Die Stellung Danzigs ist von der damaligen recht abweichend, denn heute ist die Freie Stadt Danzig nur dem Namen nach frei... Der wirtschaftliche Wohlstand Ostpreußens ist durch die Abtrennung vom übrigen Reich zum großen Teil zerstört... Es kann als sicher angenommen werden, daß ein gesundes 65-Millionen-Volk nicht für immer tatenlos zustimmen wird, daß ein Keil durch sein Gebiet getrieben wird, ebensowenig [45] wie die Bewohner der Vereinigten Staaten nicht Kanada gestatten würden, sich nach dem Staate von Maine auszudehnen... Die Bewohner Danzigs sind entschlossen, sowohl deutsch zu bleiben, wie eines Tages wieder mit dem Mutterland vereinigt zu werden. Die Worte 'Dies Land bleibt deutsch', die in ein Denkmal in Marienburg eingemeißelt sind, bezeichnen den Kern des Willens, der diese Menschen beseelt... Diejenigen, die die Voraussicht und den Mut haben, der Wirklichkeit gegenüberzutreten (so unangenehm sie sein mag) und solange es Zeit ist, eine anormale und unhaltbare Lage zu ändern, werden der Sache des Friedens einen praktischen Dienst erweisen."

Der gleiche Autor zitiert ein Gespräch zwischen Lloyd George und dem früheren britischen Botschafter Lord D'Abernon:

"Lloyd George sagte: Präsident Wilson war bereit, das ganze Land Polen zu geben, ebenso die Franzosen, die Engländer allein widerstrebten dem. Ich brachte das ganze Kabinett nach Paris... Alle Unterlagen wurden durchgesprochen und die Entscheidung gefällt, daß das Land um seiner selbst willen nicht an Polen gegeben werden dürfe. Es wäre gut gewesen, das Land bei Deutschland zu belassen, aber wir einigten uns als Kompromißlösung auf eine Volksabstimmung."

 
Martel, René, Professor für Slawistik an der Universität Paris: "La Pologne et Nous", André Delpeuch, Paris, 1928.

"Polen, so wie es heute besteht, stellt ein unüberwindliches Hindernis für eine deutsch-französische Annäherung dar. Danzig ist Freistaat, aber nur dem Namen nach: in Wirklichkeit ist es mit Polen verknüpft... Die Grenzziehung zwischen Polen und Ostpreußen, längs der Weichsel im Süden des Freistaates von Danzig, entspricht allem Anschein nach strategischen Notwendigkeiten, aber in Wirklichkeit bedingt sie das langsame Absterben einer ehemals reichen und fruchtbaren Provinz... Der Korridor, Danzig und die Grenze Ostpreußens, das sind drei Unmöglichkeiten, drei Sinnwidrigkeiten und drei Herausforderungen für den gesunden Menschenverstand und die Vernunft!... Und nun, lieber Leser, sage mir, ob eine deutsch-französische Annäherung möglich ist, solange die Frage der polnischen Grenzen nicht nach Grundsätzen der Gerechtigkeit revidiert wird? Kann Deutschland denn an die Aufrichtigkeit unserer Absichten glauben, solange wir hartnäckig auf diesem Unsinn bestehen, nämlich der polnisch-preußischen Grenze und dem Korridor? Das ist ein unmenschliches Vorgehen gegen ein ganzes Volk, eine Ungerechtigkeit und eine dauernde Herausforderung, daß Danzig Polen unterstehen soll. ... Haben wir doch den Mut, es auszusprechen: Die Sieger haben unrecht getan, den polnischen Korridor zu schaffen, sie haben einen Fehler, einen sehr schweren Fehler gegen das Recht und die Menschheit begangen, als sie Ostpreußen von Deutschland getrennt haben... Man schneidet einen Staat nicht in zwei Teile, [46] man schneidet nicht in lebendes Fleisch, man macht aus einem großen Volk nicht zwei voneinander getrennte Stümpfe... Ostpreußen ist isoliert. Die Gefahren einer Annexion, die wegen des polnischen Größenwahnsinns auf ihm lasten, schrecken das deutsche Kapital ab... Man hat den Freistaat Danzig geschaffen. Danzig ist eine deutsche Stadt. 96 Prozent der Bevölkerung sind Deutsche, 2 Prozent Polen."

 
Mermeix (Gabriel Terrail): "Le Combat Des Trois", Paris, Librairie Ollendorff, 1922.

... Lloyd George: "Alle meine Kollegen erzählen mir, daß die Ostgrenze Deutschlands ganz unmöglich ist; sie darf nicht durchgehen, ohne geändert zu werden. Und wenn Deutschland ablehnen würde, sie anzunehmen, sind alle überzeugt, daß ein Zwangsunternehmen gegen Deutschland unserem Lande ungerecht erscheinen wird..."

 
Morison, G. H. (z. Zt. Berliner Berichterstatter der "New York Times", "The Cape Times" und "Australian Associated Press") in einem 1932 von der Danziger Verlagsgesellschaft veröffentlichten Heft "Danzig's Yesterday – And To-Morrow".

"Obwohl der König von Polen theoretisch Rechte auf Danzig geltend machte, wurde doch praktisch die Unabhängigkeit der Stadt nie beschnitten. Die Union mit Polen in den nächsten 320 Jahren kann sehr gut mit der Verbindung der Kronen Englands und Hannovers nach der englischen Thronbesteigung Georgs I. verglichen werden. Beide Staaten standen tatsächlich unter dem gleichen Herrscher, aber waren voneinander vollkommen unabhängig. Es war eine reine Personalunion. Es war oft so, daß ein Staat in den Krieg zog, ohne den anderen hineinzuziehen. Obwohl Danzig und Polen theoretisch vereinigt waren, führten sie doch häufig gegeneinander Krieg. Polen blieb Königreich, Danzig Republik. Sie hatten jeder ihre eigene Außenpolitik, ihr eigenes diplomatisches Korps, ihr eigenes Wirtschaftssystem, eigene Verteidigungskräfte, Währung, Gesetze, Besteuerung, Zölle und Nationalflagge."

 
Morrow, Dwight W. (amerikanischer Senator, politischer Berater des Präsidenten Hoover und Schwiegervater von Charles Lindbergh).

"... Eines der schwersten Hindernisse (für die friedliche Zusammenarbeit) ist die unglückliche und sinnlose Grenzziehung zwischen Deutschland und Polen, die der Versailler Vertrag geschaffen hat. Der polnische Korridor schiebt sich als Keil zwischen Ostpreußen und das übrige Deutschland und schafft unmögliche Verhältnisse. Dazu kommt, daß rein deutsche Dörfer auf dem rechten Weichselufer zu Polen geschlagen worden sind, Gebiete, an denen Polen unmöglich ein Interesse haben kann, weder wirtschaftlich noch politisch. Schuld an diesen Zuständen trägt Wilson, der sie in [47] Versailles durchgesetzt hat und sogar Danzig zu Polen schlagen wollte, was schließlich nur an dem englischen Einspruch scheiterte. Und das alles nur, um dem neuen polnischen Staat einen Zugang zum Meer zu verschaffen und einen Hafen, den es sich ja nun in Gdingen gebaut hat. Selbstverständlich mußten solche willkürlichen Lösungen, die jede Vernunft vermissen lassen, die Zusammenarbeit zwischen den Nachbarn aufs äußerste erschweren. Polen weiß, daß sich Deutschland niemals mit dieser Grenze abfinden kann und sucht Bundesgenossen gegen Deutschland."

 
Morrow, Jan F. D.: "The Peace Settlement in the German-Polish Borderlands", herausgegeben im Auftrage des Royal Institute of International Affairs, London, Oxford Press, 1936.

"... Die Friedenskonferenz schuf durch Errichtung der Freien Stadt Danzig zu dem Zweck, Polen einen freien und sicheren Zugang zur See zu geben, das Danzig-Polnische Problem...

Die Erfahrungen von fünfzehn Jahren weisen unmißverständlich auf die Tatsache hin, daß die auf der Friedenskonferenz lastende Verantwortlichkeit in der Hauptsache auf der 'Unbestimmtheit' – ob absichtlich oder nicht – ihrer Lösung des Danzig-Polnischen Problems beruht. Im Lichte der während dieser Jahre gewonnenen Erfahrung ist es schwer, die Schlußfolgerung zu vermeiden, daß die Kritik an den Danzig betreffenden Bestimmungen des Versailler Vertrages... durch die Ereignisse gerechtfertigt ist. Würden Streitfragen wie die über den polnischen Hilfshafen oder über das polnische Munitionslager auf der Westerplatte entstanden sein, wenn der Versailler Vertrag mit größerer Genauigkeit die Polen zugestandenen Rechte und Privilegien im Danziger Hafen umrissen hätte? ...

Die Friedenskonferenz von 1919 versagte bei der Lösung des Problems, die Notwendigkeiten für den Polen zugesicherten freien und sicheren Zugang zur See mit dem Nationalitätengrundsatz, der den volkstumsmäßigen Gefühlen der Einwohner der Freien Stadt Danzig entspricht, zu versöhnen. Sie hat durch die Lösung, die in den Artikeln 100 bis 108 des Vertrages von Versailles enthalten ist, Polen nicht effektiv jenen freien und ungehinderten Zugang zur See verschafft, der ihm von Präsident Wilson in seinem dreizehnten Punkt versprochen worden war. Und insofern dieses Ziel nicht erreicht worden ist, sieht es ganz danach aus, daß die erzwungene Trennung der Deutschen in Danzig von ihrem deutschen Vaterlande keinem nützlichen Zweck gedient hat...

Ein englisches Sprichwort lautet, daß, wenn man einem Hunde einen häßlichen Namen gibt, dies die gleiche Wirkung habe, als wenn man ihn zum Tode verurteile. In ähnlicher Weise wirkt die allgemeine Benutzung der Bezeichnung 'Korridor' – und noch mehr die fast traditionell gewordene Art, das Wort zwischen Anführungsstriche zu setzen – bei der [48] Umschreibung des Teiles des früheren preußischen Gebietes, der jetzt die polnische Provinz Pommerellen bildet, weil sie die Nebenbedeutung ironischer Skepsis und mangelnden Zutrauens zur Beständigkeit der gegenwärtigen Verhältnisse hat. Zweifellos wird sie oft ohne absichtlich herabsetzende Folgerungen gebraucht, als bequemer Ausdruck bei Beschreibung des früheren preußischen Landstrichs, der Polen gegeben wurde, um dessen Zugang zur See zu sichern. Trotzdem ist es unbestreitbar, daß bei allgemeinem Gebrauch der Ausdruck 'polnischer Korridor' dem Bewußtsein den Begriff vermittelt – und auch vermitteln soll – daß noch immer eine politische und wirtschaftliche Frage besteht, die der Lösung harrt und die unmittelbar aus der Übereignung dieses früheren preußischen Gebietes an Polen durch die Verbündeten und den Versailler Vertrag entstand. Der Gebrauch des Ausdrucks 'polnischer Korridor' stellt die Gerechtigkeit der 1919 von der Friedenskonferenz versuchten Lösung des Problems, Polen mit einem freien und sicheren Zugang zur See zu versehen, in Frage.

... Daher erscheint die Annahme gerechtfertigt, daß besondere Verhältnisse zu dem Gebrauch der Bezeichnung 'polnischer Korridor' veranlaßten und daß diese Verhältnisse im Gegensatz zur Gültigkeit und Beständigkeit der territorialen Regelung zwischen Polen und Deutschland hinsichtlich der derzeitigen polnischen Provinz Pommerellen stehen...

Für Deutschland besteht das Problem sowohl im internationalen wie im innerpolitischen Sinne. Es ist gleichzeitig ein politisches und ein wirtschaftliches Problem. Seine politische Seite aber ist wichtiger als seine wirtschaftliche...

Seehäfen sollen vor allem den friedlichen Handelsinteressen dienen und den Austausch zwischen den Völkern fördern. Zwei Seehäfen an der östlichen Küste der Ostsee haben trotzdem in den letzten 16 Jahren bittere völkische Feindschaft erweckt. Die Fragen von Danzig und Memel haben viele gemeinsame Seiten. Beide entstanden aus der Notwendigkeit, Polen und Litauen mit Seehäfen auszustatten. In beiden Fällen war der einzige verfügbare Hafen gleichzeitig eine überwiegend von Deutschen bewohnte Stadt mit deutschen und hanseatischen Traditionen. In beiden Fällen wurde der Grundsatz der Selbstbestimmung durch die Abtrennung einer deutschen Stadt vom Deutschen Reich gegen den Willen ihrer Bewohner verletzt. Wenn eine Abstimmung sowohl in Danzig wie in Memel stattgefunden hätte, wäre ihr Ergebnis eine überwältigende Mehrheit zugunsten des Verbleibens unter deutscher Herrschaft gewesen...

Eine griechische Kolonie war stets ein Miniatur-Griechenland, errichtet auf fremdem Boden. Die rechtlichen, sozialen und kulturellen Gebräuche der Mutterstadt wurden von ihren Söhnen über das Meer getragen, um in der Tochterstadt neu aufzublühen. In dieser Weise ist Danzig nicht weniger deutsch, seit die Friedensmacher von Versailles verfügten, daß es fortan auf [49] zwei Seiten durch polnisches Gebiet vom Deutschen Reich getrennt sein müsse. In der Tat wäre es leicht zu beweisen, daß Danzig in seinem deutschen Charakter eher gewonnen als verloren hat, seit es aufhörte, einen zusammenhängenden Teil mit Deutschland zu bilden."

 
Morton, Henry Kittredge: "Back of War", New York, 1928.

"(Polen) ist nur das lebendige Spiegelbild des Frankreichs, das am Pariser Verhandlungstisch saß. Wenn die Zeit kommt, muß es verschwinden, und Deutschlands abgetrennte Gebiete müssen ihm wieder zurückgegeben werden."

 
Mottistone, Lord (früherer englischer Kriegsminister): "Auf der Suche nach der Wahrheit", Deutsche Verlagsanstalt, Berlin, 1935 (engl. Titel: "Mayflower seeks the Truth").

"... Ich weiß als Augenzeuge der Unterzeichnung des Versailler Vertrages, daß dies Meisterstück von Wolkenkuckucksheim-Geographie ein Erzeugnis aus dem Gehirn Woodrow Wilsons ist, des damaligen Präsidenten der Vereinigten Staaten. Ich fand schon damals, und sprach es auch aus, daß diese Lösung des Problems einer direkten Verbindung des neuerstandenen Polens mit dem Meer so bizarr sei, daß man sie in keiner Weise rechtfertigen könne. Ich brauche mich nicht zu entschuldigen, wenn ich den gegenwärtigen Zustand kritisiere. Jeder Sachkundige weiß, daß er nicht von Dauer sein kann und daß nur der klugen Staatskunst der Führer Deutschlands und Polens ein Waffenstillstand zu danken ist, der trotz aller wohl unvermeidlichen örtlichen Reibungen schließlich zu einer Lösung führen wird, die die beiden großen Länder zufriedenstellt. Aber vorläufig besteht der phantastische Zustand noch..."

 
Nason, Rachel Conrad, in einem Vortrag vor der Siebenten Konferenz des American National Committee on the Cause and Cure of War, New York, 20. Januar 1932.

"Es würde im polnischen Interesse liegen, auf einer radikalen Revision des ganzen Weichselbezirks zu bestehen... Der Versailler Vertrag dürfte zur Revidierung reif sein, das Wichtige ist, daß er nicht im Hinblick auf die Vergangenheit, sondern im Hinblick auf die Zukunft revidiert wird... In Deutschland sieht man unsere Delegation zur Friedenskonferenz in Paris für zum größten Teil verantwortlich am Korridor und seinen Unzuträglichkeiten an... Die Zukunft des Korridors berührt daher in gewissem Maße die Ehre der Vereinigten Staaten und ruft unseren Patriotismus und unsere Intelligenz auf, sie mit der Gestaltung der neuen Welt in Einklang zu bringen."

[50]
Nitti, Francesco (Italienischer Ministerpräsident a. D.): "Das friedlose Europa", Frankfurt a. M., Frankfurter Societäts-Druckerei G. m. b. H., Abteilung Buchverlag, 1921.

"Das ganze System des Versailler Vertrages baut sich auf dem polnischen Irrtum auf. Polen ist nicht aus Edelmut um der Erfüllung rechtmäßiger Ansprüche willen ins Leben gerufen worden; nicht das polnische Polen ist entstanden, sondern ein riesiger Staat, der so, wie er da ist, nicht lange leben kann. Nicht etwa weil starke fremde Minoritäten vorhanden sind, sondern weil das Ganze ein Konglomerat von Nationen ist, die nicht nebeneinander existieren können. Polen hat schon die Plage einer zu zahlreichen jüdischen Bevölkerung auf dem Halse und besitzt nicht die Fähigkeit, seinem Staat auch noch Deutsche, Russen und Ukrainer einzugewöhnen, die der Versailler Vertrag ihm ungerechtfertigterweise zugewiesen hat entgegen den ausdrücklichen Erklärungen Wilsons..."

 
d'Ormesson, Wladimir: "Dantzig et quelques aspects du problème germano-polonais" in einer Veröffentlichung der Europäischen Mittelstelle der Carnegie-Stiftung, Paris, 1932.

"Das einzige Problem, das einer Befriedung und Einheit in Europa entgegensteht, ist das des Danziger Korridors..."

 
Paléologue, Maurice, französischer Botschafter in Petersburg, in seinem Memoirenwerk "Am Zarenhof während des Weltkrieges", deutsche Ausgabe, München, F. Bruckmann A.-G., 1925.

Tagebucheintragung am 30. Januar 1915:

"Während einer vertraulichen Plauderei mit Sasonow mahne ich ihn wieder an die polnische Frage: 'Ich hege um so weniger Bedenken mit Ihnen darüber zu sprechen, als ich weiß, daß Sie die Auferstehung des Königreichs Polen fast ebenso sehnlich wünschen als ich'.

'Unter dem Zepter der Romanows!' ruft er hastig.

'So meine ich es auch! ... Sie kennen meinen Standpunkt. Für mich ist das in seiner nationalen Gesamtheit wiederhergestellte und zu einem Königreich unter dem Zepter der Romanows erhobene Polen der notwendige Vorposten des Slawismus gegen den Germanismus, während ein durch alle politischen Bande von Rußland befreites Polen unvermeidlich in die deutsche Planetenbahn geriete'."

 
Paton, H. J., M. A. Fellow of the Queen's College, Oxford, in Temperley: "A History Of The Peace Conference Of Paris", Bd. VI, London 1924.

"Nichts ist natürlicher und unvermeidlicher, als daß Polens letzte Wünsche danach gingen, die Grenzen den historischen Grenzen von 1772 anzunähern. [51] Es ist unnötig, die polnischen Ansprüche hier im einzelnen zu überprüfen – tatsächlich variieren sie von Zeit zu Zeit – aber es ist möglich, sie in den Hauptlinien darzustellen.

Soweit sie gegen die Deutschen gerichtet waren, forderten sie, daß die ethnographische Grenze der ausschlaggebende Faktor sein sollte, und daß – sollte es aus wirtschaftlichen oder anderen Gründen nötig sein, die ethnographische Grenze zu ändern – diese Änderung zugunsten Polens ausfallen sollte. Genau umschrieben sie die ethnographische Grenze so, daß sie alle Gebiete umfassen sollte, in denen die Polen rassisch und sprachlich in der Mehrheit waren, wobei sie anzunehmen geneigt waren, daß polnische Rasse und Sprache in allen Fällen den Wunsch, mit dem neuen polnischen Staat vereinigt zu werden, voraussetzte. Darüber hinaus gingen sie in dem Wunsch, die ethnographische Grenze aus wirtschaftlichen und andern Gründen zu ihrem eigenen Vorteil zu verändern, beträchtlich weiter als die Ententemächte. Wahrscheinlich forderten sie in bestimmten Fällen mehr als sie selbst wirklich zu bekommen erwarteten und schadeten ihrer Stellung dadurch, daß sie zuviel forderten.

Man kann die polnische Haltung hier so zusammenfassen: sie forderten auf jeden Fall einen bestimmten Raum dieser Gebiete, hofften aber dabei, daß eine mehr oder weniger freie Wahl noch weitere Gebiete zu Polen hinzufügen könnte.

... Frankreich, eingedenk seiner historischen Freundschaft mit Polen, stolz auf seinen Anteil am Aufbau und der Ausbildung des polnischen Heeres, darüber hinaus vor allem immer bedacht auf eine allgemeine Bedrohung von seiten Deutschlands, die beide Länder gleichermaßen betreffen könnte, kann wohl als der Hauptbefürworter der polnischen Expansion genannt werden, zu dem es sich selber gemacht hat. Es war sich jedoch weder der entstehenden Schwierigkeiten unbewußt, noch wünschte es so weit zu gehen, wie die Polen selber. In einem Fall – Teschen – befürworteten sie die Ansprüche der Tschechen gegen die Beweisführung der Polen.

... Die britische Delegation war sich sehr wohl der Nachteile bewußt, die daraus entstanden, daß eine große Anzahl Deutscher in polnische Grenzen eingeschlossen wurden, sie gaben den ersten Anstoß zur Verminderung dieser Zahl und auch dafür, daß Danzig eine Sonderstellung einnehmen sollte, ebenso für die Einrichtung von Volksabstimmungen in Gebieten, deren Staatszugehörigkeit zweifelhaft sein könnte. Sie unterstützten auch die tschechischen Ansprüche auf Teschen. Was den Osten betrifft, sahen sie hier sowohl die Gefahren, in die sich die Polen durch die Expansion begeben würden, wie auch die Notwendigkeit, die Selbstbestimmung bei den Grenzvölkern zu sichern. ... Es ist deshalb klar, daß Großbritannien die einzige Macht war, die sich in der unglücklichen Lage sah, die polnischen Ansprüche in allen Hauptfragen, in denen ausschlaggebende Meinungsverschiedenheiten [52] bestanden, zu bekämpfen oder zu begrenzen. Vernunft oder Unvernunft der britischen Haltung kann nur durch die Geschichte beurteilt werden, aber es ist notwendig, klar darzulegen, daß diese Haltung keiner unfreundlichen Einstellung gegenüber Polen entsprang. Sie entstand vielmehr aus dem tiefbegründeten Glauben, daß, wenn Polen nach außen und innen stark werden sollte, es notwendig war, daß das Selbstbestimmungsrecht Hauptprinzip der Regelung wurde.

... Es ist natürlich unendlich bedauerlich, daß eine so große Anzahl von Deutschen in Gebieten wohnen soll, die zu Polen gehören. Es ist ein Unglück nicht nur für die Deutschen, die davon betroffen sind, es ist ein ebenso großes Unglück auch für Polen.

... Die entscheidende Frage ist jedoch Danzig. Die Einwohner Danzigs sind in Rasse und Sprache zum größten Teil deutsch, und viele Menschen in England... sprechen, als ob es selbstverständlich wäre, davon, daß Danzig in Übereinstimmung mit dem Nationalitätenprinzip bei Deutschland bleiben sollte.

... Ein klarerer Fall als der Fall Danzig ist kaum zu finden. Der Bau eines zweiten Hafens an der polnischen Küste wurde von Sachverständigen auf der Konferenz ernstlich überprüft und als unausführbar befunden."

 
Phillips, Henry Albert: "Germany Today and Tomorrow", New York, Dodd, Mead & Co., 1935.

"... Furchtbare Tage sind über Danzig, einst die unbestrittene Königin der Ostsee, gekommen. Ihre Rechte als Freistaat oder Freie Stadt sind nicht die gleichen, die Danzig zur Zeit der Hansa genoß. Die Hände des Vaterlandes sind zur Zeit gebunden durch das Dokument der Alliierten, das Versailler Vertrag genannt wird. Auf allen Seiten ist das 'freie' Danzig in seiner Freiheit durch die Polen behindert. ... Die Schöpfer des Versailler Vertrages haben nicht nur bei der Schaffung des Korridors ein ansehnliches Stück aus der empfindlichsten Stelle des Reiches herausgeschnitten, sondern den Polen die Aufsicht und den Nutzbrauch Danzigs als Handelshafen an der Ostsee übertragen. Mit diesem Zweck als Vorwand wurde der Korridor geschaffen. Hätten die Absichten auf Danzig nicht an erster Stelle gestanden – wenn man nicht ein bloßes Ränkespiel annehmen will – dann würden die Vertragsstümperer den Generationen der Zukunft Kriegsmöglichkeiten und Blutvergießen dadurch haben ersparen können, daß sie ihren köstlichen 'Korridor' durch das damals noch in seinem Umfang unentschiedene Litauen zur See legten mit Memel als Seehafen und dem Dangefluß als Korridorkanal.

Womit finden wir nun die überschlauen Polen beschäftigt, und welche Schnitzer machen sie für die Schaffung zukünftiger Streitfragen und beinahe unvermeidlicher Konflikte? Sie legen Danzig gegenüber einen Wettbewerbshafen, Gdingen, an...

[53] Die Gier der Polen hat das Vaterland mit einem großartigen Anlaß versorgt, dem entführten Kinde zu Hilfe zu kommen, und nebenbei die ganze Unbesonnenheit der Korridorfrage zu klären...

In meiner langen und erfreulichen Unterhaltung mit dem irisch-britischen Völkerbundskommissar Mr. Sean Lester befragte ich ihn auch wegen Gdingen. Der Diplomat zuckte mit den Schultern: 'Es kann nichts Ernstes passieren, solange sie an dem zwischen ihnen selbst abgeschlossenen Handel festhalten. Ich bin nur ein Schiedsrichter, ein Vermittler, kein Gouverneur. ... Schließlich sind diese Danziger zu 97 Prozent Deutsche, und diese Tatsache muß man immer in Erwägung ziehen.'

... Hier liegt nicht nur eines der innerlich grollenden Grenzgebiete Deutschlands, sondern auch das Pulvermagazin Europas..."

 
Polson Newman, E. W. [Edward William]: "Britain and the Baltic", Methuen & Co., London 1930.

"Frankreich, Belgien, Dänemark und die baltischen Länder unterstützen Polen als Bollwerk gegen Rußland oder Deutschland, während die augenblickliche Stimmung in England sehr geteilt ist. ... Es ist interessant zu erfahren, daß der verstorbene Marschall Foch kurz vor seinem Tode prophezeite, daß dieses Gebiet der Schauplatz des nächsten Krieges sein würde. Ich erfuhr aus bester Quelle, daß der Marschall vor seinem Schreibtisch saß, auf dem eine Karte Europas ausgebreitet war. Er besprach verschiedene Fragen mit einem Mann, dessen Ansichten nicht anzuzweifeln sind. Als die Wahrscheinlichkeiten für einen neuen Krieg angedeutet wurden, nahm Foch seine Pfeife aus dem Mund, und, auf das Gebiet deutend, das Polen Zugang zur Ostsee gibt, sagte er: 'Dort liegt die Wurzel des nächsten Krieges'."

– – "Nineteenth Century and After", Januar 1933:

"... Ein bloßer Blick auf die Landkarte des Nachkriegs-Europas sollte es auch den unerfahrensten Gemütern klarmachen, daß das Flickwerk der in den Verträgen bestimmten Grenzen weder den Charakter noch auch den äußerlichsten Anschein der Dauerhaftigkeit trägt. Die Errichtung des polnischen Korridors, die Lage von Danzig und Memel, die Grenzregelung in Zentral-Europa und die starken Minderheiten in Polen, der Tschecho-Slowakei und Rumänien genügen, um, gelinde gesagt, das Werk als amateurhaft zu bezeichnen, gar nicht zu sprechen von den Mißständen, wie dem Durcheinander in Oberschlesien und ähnlichen Unsinnigkeiten. Ob die Schöpfer der Verträge unfähig waren oder nur von den seelischen Anstrengungen des Krieges erschöpft oder ob sie in ungehöriger Weise durch ihre Abneigung gegen die bisherigen Feinde beeinflußt waren, ist heute unwichtig zu entscheiden, denn das Ergebnis ihrer Arbeit ist ein Europa, das auf die eine oder andere Weise umgeformt werden muß, wenn ein neuer Krieg vermieden werden soll. ... Der Korridor verschafft Polen einen Zugang zur See, der [54] eine Voraussetzung für die Wiederaufrichtung der polnischen Unabhängigkeit war. Aber der Weg, den man eingeschlagen hat, um diesen Grundsatz durchzuführen, hat den stärksten Nachbarn Polens gelähmt, weil vom Reich ein Gebiet abgetrennt wurde, das seit Jahrhunderten die Wiege der deutschen Kultur darstellte. ... Die Polen tun zwar, was sie können, um den Durchgangsverkehr nach dem Reiche zu erleichtern [Scriptorium merkt an: wie das - etwa so?], aber das ändert nichts an der Tatsache, daß die Verbindung zwischen dem Reich und Ostpreußen sich unter der Kontrolle einer fremden Macht befindet, und daß damit eine Lage geschaffen ist, die nicht dem Frieden dient. Finanzielle Reparationen können gefordert und gezahlt werden, ohne daß sie notwendigerweise das Gefühl des Hasses und den Wunsch nach Rache hinterlassen müssen, aber so ist es nicht mit Gebietsveränderungen. Als Deutschland 1871 von Frankreich Elsaß-Lothringen verlangte, säte es diese Gefühle, die schließlich zur Grundlage für den großen Krieg wurden. Die alliierten Mächte haben dies Beispiel unberücksichtigt gelassen und ihrerseits die Saat für zukünftige Konflikte gesät, als sie einen Staat, der immer eine der größten europäischen Mächte bleiben wird, in zwei Teile zerschnitten. Eine solche Tat läßt sich, wenn man Frieden haben will, nicht rechtfertigen, und wenn der Friede Osteuropas gestört wird, dann wird sich Polen im Hinblick auf seine westlichen und östlichen Nachbarn in einer sehr schwierigen Lage befinden. ... Bevölkerungspolitisch gesehen, sind heute 80 Prozent der Bevölkerung im Korridor polnisch, und historisch gesehen, scheint der Anspruch Polens etwas stärker als der Deutschlands, aber man muß nicht vergessen, daß in den letzten Jahren eine intensive Polonisierungspolitik in den Gebieten, die früher eine beträchtliche deutsche Bevölkerung hatten, durchgeführt wurde und die polnische Mehrheit sich von Jahr zu Jahr durch mehr oder minder künstliche Mittel verstärkte, und daß die polnische Stellung sich durch die inneren Verbindungswege zum Hafen Gdingen befestigt. Wenn der Korridor auch ein Gebiet ist, auf das die Polen Forderungen erheben könnten – abgesehen davon, daß sie jetzt in seinem Besitz sind – so gibt es doch auch eine praktische Seite der Frage. Das, was Polen am nötigsten hat, um den polnischen Staat zu befestigen, ist Friede, und so gesehen ist der Korridor die gefährlichste Bedrohung des polnischen nationalen Interesses."

 
Powell, Oberst Alexander E., amerikanischer Schriftsteller und Kriegsberichterstatter, in der Zeitschrift "Liberty", vom 31. Januar 1931.

"... Durch die Bestimmungen des Friedensvertrages war Deutschland gezwungen, den größeren Teil der Provinzen Posen und Westpreußen an Polen zu übergeben. Das ist das Gebiet, das den viel besprochenen polnischen Korridor bildet. Er gibt Polen den Zugang zur See, trennt aber zu gleicher Zeit Ostpreußen vom übrigen Reich. Um sich diese Lage besser vorstellen zu können, erdenke man sich einen siegreichen Krieg des britischen [55] Empire über die Vereinigten Staaten, nach dem die Übergabe von Vermont und Massachusetts an Kanada gefordert würde, mit der Begründung, Kanada brauche einen Zugang zum eisfreien Meer, und diese Staaten seien sowieso bis Ausgang des 18. Jahrhunderts britisch gewesen, d. i. etwa die Zeit, um die Friedrich der Große Posen und Westpreußen von Polen erhielt. Wenn man sich vorstellen kann, daß diese Forderung bewilligt würde, daß Boston zu einer Freien Stadt unter Aufsicht des Völkerbundes bestimmt werden würde (wie das mit Danzig geschah), und New Hampshire und Maine durch den so geschaffenen kanadischen Korridor vom übrigen Gebiet der Vereinigten Staaten getrennt seien, so hat man eine annähernd entsprechende Parallele zu der deutsch-polnischen Situation. ... Polen beobachtet den anwachsenden Sturm. Es weiß, daß diese Frage früher oder später entschieden werden muß, entweder durch Verhandlungen oder durch Waffengewalt. Um sich gegen diesen Tag zu wappnen, wird ein großer Hafen – Gdingen – an der Ostseeküste des Korridors gebaut, werden neue Eisenbahnlinien gelegt, die die Verbindung zu den Eisenbergwerken und Erzlagern von Schlesien herstellen. Polen arbeitet fieberhaft, den Korridor zu entdeutschen, indem es die Deutschen vertreibt und sie durch Polen ersetzt. Aber es kann an der Tatsache nichts ändern, daß der Korridor vom militärischen Standpunkt aus nicht zu verteidigen ist. ... Die Probleme des Korridors und Schlesiens sind nicht unlösbar. Deutschland ist bereit, zu geben und zu nehmen. Jetzt bereiter dazu als später.

... Aber die Polen, halsstarrig, hartnäckig und berauscht durch ihre neubegründete Macht, weigern sich, auch nur einen Zoll nachzugeben. In ihrer Hartnäckigkeit werden sie noch von Frankreich bestärkt, dessen ganze auswärtige Politik auf dem Grundsatz fußt, Polen müsse stark sein, Deutschland aber schwach gehalten werden."

– – "Thunder Over Europe", New York, 1931:

"... Weit im Osten, auf der andern Seite von Deutschland, zieht sich ein gewaltiger Sturm zusammen. Dort ist die Gefahr akut. Ich sage das, obwohl ich sehr wohl weiß, daß man finden wird, ich sei ein Bangemacher und ginge mit Kriegsgerüchten hausieren. Aber weder Leugnen noch Lächerlichmachen kann an Tatsachen etwas ändern. Man braucht auch nicht einmal ein besonders scharfes Gehör zu haben, um das aufsteigende Donnerrollen zu vernehmen.

Blicken Sie auf die Landkarte, und Sie werden sehen, daß ein schmales, V-förmiges Stück Land längs der unteren Weichsel Polen den Zugang zur Ostsee gewährt. Dieses Land kennt jeder – außer den Polen – als den Korridor.

Und nun verfolgen Sie die Grenze nach Süden zu den Karpathen hin, und Sie werden ein schmales, vorspringendes Stück polnischen Gebiets finden, [56] das abgespreizt ist wie ein schlimmer Daumen. Das ist Oberschlesien, eins der reichsten und konzentriertesten Industriegebiete des Erdteils.

In diesen beiden Gebieten haben Sie die dunkelsten Punkte auf der politischen Wetterkarte von Europa.

Es gehörte zu den Hauptgrundsätzen der Friedenskonferenz, daß Polen einen Zugang zum Meer erhalten sollte, und um das zu ermöglichen, wurde Deutschland gezwungen, den größten Teil der Provinz Westpreußen an den wiedererrichteten Staat abzutreten. Diese ehemalige deutsche Provinz, die von einer Mischung aus Deutschen, Polen und der noch nicht recht erforschten Rasse der Kaschuben bewohnt wird, bildet heute den vielbesprochenen polnischen Korridor. Dieser Korridor leistet zweierlei: er stärkt Polen, denn er gewährt ihm einen Zugang zum Meer, und er schwächt Deutschland, denn er trennt die Provinz Ostpreußen vom übrigen Reiche ab..."

" ... Obgleich Polen die Weichsel fast in ihrer ganzen Länge besitzt, hat es doch durch eine Ironie des Schicksals, die für die Polen besonders aufreizend ist, ihre Mündung nicht in seiner Gewalt. Sie liegt in dem Freistaat Danzig. Darin sehen die Polen eine unerträgliche Kränkung ihrer nationalen Würde. Und doch liegt auch die Mündung von Deutschlands großem nationalen Strom, die des Rheins, in Holland..."

Zuerst machten die Polen fruchtlose Polonisierungsversuche. Aber diese Politik haben sie aufgegeben, weil sie sehen, daß Danzig deutsch ist und deutsch bleiben will. Dann versuchten sie eine wirtschaftliche Durchdringung. ... Die Polen sind wütend darüber, daß Danzig nicht ihnen gehört. Wenn es nicht unter dem Schutze des Völkerbundes gestanden hätte, dann hätten sie es sich schon lange genommen..."

 
Raphael, Dr. Gaston: "L'Allemagne et la Pologne", Librairie Delagrave, Paris, 1932.

"Aus einem ganz besonderen Grunde sind es gerade die Angelegenheiten mit Oberschlesien, Danzig und Ostpreußen, die die beiden Nationen trennen. ... Wenn man die Ideen und die Gefühle einmal revidiert hätte, wäre die Revision der Grenzen nicht mehr nötig gewesen. Wenn dann kein Anlaß mehr zu Erregung und Furcht bestanden hätte, und der eingewurzelte Konflikt so beigelegt worden wäre, könnte er zur Befriedung in Europa und in der ganzen Welt beitragen.''

 
Read, Helen Appleton, amerikanische Kunsthistorikerin: "Brooklyn Eagle Magazine", vom 23. Oktober 1932.

"Grenzlinien, die Dörfer und Städte in zwei Hälften teilen, Straßen, die durch Stacheldraht gesperrt sind, zerstörte Eisenbahnen, zerstörte Brücken, Tausende von Familien, die ihre Heimstätten verlassen, die von ihnen Gene- [57] rationen lang bewohnt wurden, um nicht länger unter den unerträglichen Verhältnissen der Polonisierung zu leben, Kinder, die gezwungen werden, in einer anderen als ihrer Muttersprache unterrichtet zu werden, auf den Thron erhobener Haß – das ist es, was der Artikel 13 von Wilsons berühmten vierzehn Punkten angerichtet hat, in dem Polen das Recht auf einen freien Zugang zur See zugestanden wurde.

... Der Korridor, den die Polen als die Provinz Pommerellen bezeichnen, der aber für die Deutschen stets der Korridor bleibt, denn dieser Name bezeichnet seine Unbeständigkeit, hat erst begonnen, das Interesse der allgemeinen Öffentlichkeit als eine Sache von internationaler Wichtigkeit zu erwecken. Erst unlängst ist es den Amerikanern aufgegangen, die doch die Vorkämpfer für fair play sind – oder wenigstens glauben, das zu sein –, daß selbst Deutschland beanspruchen kann, so gerecht behandelt zu werden, wie das einem früheren besiegten Feind zukommt.

Die Figuren von Elsaß und Lothringen, die auf der Place de la Concorde in Trauerflöre gehüllt als Denkmal ihres Verlustes an das Deutsche Reich nach der Niederlage von 1870 standen, erfüllten die Herzen der anti-imperialistischen Amerikaner mit berechtigter Empörung. Aber diese selben Amerikaner haben gezögert, die gleichen Empfindungen zu haben, wenn sie von der unglücklichen Lage Ostpreußens hören, obwohl seine Abtrennung ein viel größeres Leiden nach sich gezogen hat, als das aus der Trennung der elsässischen Provinzen von Frankreich. Elsaß und Lothringen waren seit dem Beginn der Geschichte gemischt deutsch und französisch. Aber in Westpreußen ist es ganz anders. Die frühesten Städte im jetzigen Korridor wurden im 13. und 14. Jahrhundert vom deutschen Ritterorden errichtet. Nachdem Polen dieses Gebiet im 14. Jahrhundert eroberte und während der drei Jahrhunderte der polnischen Herrschaft fiel es der wirtschaftlichen und kulturellen Vernachlässigung anheim, und erst, als es wieder nach der Teilung im Jahre 1772 an die deutsche Herrschaft zurückfiel, begann das, was man moderne Zivilisation nennt. Das ist leicht beweisbar. Alle Städte im Korridor sind rein deutsch – so verschieden von Warschau, dieser typisch polnischen Stadt, wie New York von Veracruz, und um bei dem lateinamerikanischen Beispiel zu bleiben, kann man die Frage, ob Polen oder Deutsche das erste Recht über den umstrittenen Korridor haben, am besten wie folgt beantworten: Nehmen wir an, daß die Vereinigten Staaten in einem Kriege mit Mexiko unterliegen; würden die amerikanischen Bürger dann glauben, daß Mexiko irgendein Recht auf Texas, Kalifornien, Neu-Mexiko und Arizona hätte, weil diese Staaten einmal Teile des mexikanischen Reiches gewesen sind? Macht nicht die Tatsache, daß der gegenwärtige Stand ihrer Zivilisation durch die Vereinigten Staaten geschaffen ist, sie wesentlich mehr amerikanisch als die historische Tatsache, daß sie früher ein Teil des mexikanischen Reiches waren, mexikanisch? Und wie würden die Bewohner von Texas und Kalifornien empfinden, wenn sie plötzlich ver- [58] pflichtet wären, ihre Lebensbedingungen dem mexikanischen Muster anzupassen und ihre Kinder gezwungen wären, spanische oder aztekische Schulen zu besuchen? Dies ist eine sehr enge Parallele zu dem, was im Korridor geschehen ist...."

– – "Brooklyn Eagle Magazine" vom 30. Oktober 1932:

Diesem zweiten Artikel setzt der Herausgeber der amerikanischen Zeitung den Satz voraus: "Mrs. Read ist zu dem Schluß gekommen, daß aus der Korridorfrage eine unerträgliche Lage entstanden ist, die bereinigt werden muß, wenn der Weltfrieden gesichert sein soll."

"... Durch den Vertrag von Versailles wurde Danzig zu einer Freien Stadt. Aber dieser Titel ist ein beschönigendes Paradox. ... Wirtschaftlich und kulturell befindet sich Danzig im Zustand der Belagerung. Niemals ist ein Name – die Freie Stadt – so falsch gewesen.

Die Schaffung der Freien Stadt Danzig war ein Kompromiß. Polen forderte Danzig als untrennbaren und wesentlichen Teil seines freien und gesicherten Ausgangs zur See. Diese Forderung wurde unterstützt durch die Tatsache, daß zwischen 1466 und 1793 Danzig unter der Suzeränität der polnischen Könige stand und mit Polen durch Verträge verbunden war, obwohl es niemals seine Stellung als unabhängiges Mitglied der Hansa aufgab oder seine wesentlich deutsche Kultur slawischen Einflüssen unterwarf. Das wird bewiesen durch den äußeren Eindruck der Stadt, die ihren deutschen Charakter auch während der Zeit aufrecht erhielt, in der es die polnischen Könige als suzeräne Herren ansah.

Trotz der diesen deutschen Rechten gegenüber angewandten Politik erschien sogar den Friedensmachern die Forderung, eine Stadt mit einer zu 98 Prozent deutschen Bevölkerung, deren Interessen so eng mit denen Preußens für 200 Jahre zusammenhingen (Danzig wurde 1793 ein Teil Preußens) an Polen auszuliefern, zuviel. Danzig wurde daher zu einer Freien Stadt gemacht, oder besser einem Freien Staat, da er 1900 qkm umfaßt, von denen nur ein kleiner Teil die eigentliche Stadt darstellt...."

 
Reventlow, Christian, dänischer Schriftsteller: "Vom Versailler zum europäischen Elend", Asche Hong, Dansk Forlag, Kopenhagen.

"Ostpreußen wurde durch den polnischen Korridor von Deutschland getrennt, und die rein deutsche Stadt Danzig zu einer Art 'Freistaat' unter Aufsicht des Völkerbundes gemacht, mit der Motivierung, daß Danzig Polens Hafenstadt werden sollte. Das Ergebnis scheint zu sein, daß sie soweit als möglich erstickt und Polens Stellung zum Korridor befestigt werden soll, u. a. durch Bau des Hafens Gdingen, das polnischer Kriegshafen werden und als Operationsbasis polnisch-französischer Flotten benutzt werden soll."

[59]
Rothermere, Viscount: "Daily Mail", 9. November 1932.

"... Wenn weder die Völker noch ihre Führer den Krieg wollen, warum fürchten sie ihn dann? Weil die Friedensverträge in Europa verschiedentlich Zustände geschaffen haben, die denen, die in der Vergangenheit Kriege auslösten, ähnlich sind.

Es war beinahe unvermeidlich, daß dies so kommen mußte. Die Aufgaben, die die Friedenskonferenz von 1919 zu erfüllen hatte, gingen über menschliche Kraft und konnten nicht vollkommen gelöst werden. Es ist ganz natürlich, daß der Vertrag in mancher Hinsicht nachträglich hätte geändert werden müssen. Vor einigen Jahren sagte Mussolini ganz richtig zu mir in Rom: 'Kein Friedensvertrag ist ewig'...

... Die Teilung Deutschlands in zwei ungleich große Teile, um Polen freien Zugang zur See zu geben, ist der schlimmste Fehler, den die Friedenskonferenz gemacht hat...

Für die Deutschen ist der Korridor eine Herausforderung, für die Polen eine Gefahr. Hier sollten Abänderungen des Friedensvertrages auf vernünftigerer Basis begonnen werden...

Es ist kindisch, vor dieser Aufgabe zurückzuschrecken, als ob sie unmöglich zu lösen wäre. Handelte es sich bei der betreffenden Frage um eine Ölkonzession und ständen dabei nur Gewinne statt menschlicher Leben auf dem Spiel, dann würden einige Völkerrechtler ohne weiteres eine für alle billige Lösung finden.

Es müßte doch möglich sein, daß man als Grundlage für eine die polnische Regierung befriedigende Lösung Deutschland die Oberhoheit über den Korridor wiedergibt und daß dafür Deutschland, Frankreich und Großbritannien gemeinsam die Verpflichtung übernehmen, Polens Ostgrenze gegen einen Angriff von Sowjet-Rußland zu verteidigen.

Man könnte der polnischen Regierung vielleicht das Recht auf zollfreie Beförderung ihrer Güter im Korridor von und nach der See durch ein ähnliches Abkommen einräumen wie das, demzufolge Jugoslawien durch den griechischen Hafen Saloniki einen Ausfuhrhafen hat. Der neue polnische Hafen Gdingen, der im Korridor an der Ostsee liegt, könnte in eine unabhängige Hansestadt mit besonderer Bindung an Polen umgewandelt werden.

Die Kosten für eine solche Regelung wären für alle Beteiligten geringfügig, verglichen nicht nur mit den Opfern, die ein Krieg mit sich bringen würde, sondern auch mit dem Aufwand für das Heer, den die gegenwärtige Furcht vor dem Kriege ihnen auferlegt..."

In einem weiteren, am gleichen Tage veröffentlichten Artikel sagt Viscount Rothermere:

"Die Frage, die am dringendsten der Aufmerksamkeit bedarf, ist der polnische Korridor. Er ist das Grundübel der gegenwärtigen Furcht um den [60] europäischen Frieden. Kurz vor seinem Tode sagte Marschall Foch, und dies mit ernstem Nachdruck, zu einem Besucher, daß der nächste Weltkrieg längs der Grenzen des polnischen Korridors beginnen würde.

Die Zerschneidung Deutschland in zwei ungleich große Teile war der größte Betrug der Friedenskonferenz. Wenn Präsident v. Hindenburg auf sein Besitztum in Ostpreußen fährt, wird er tatsächlich in seinem Abteil eingeriegelt, während der Zug durch diesen Streifen polnischen Landes fährt. Das Bestehen des Korridors ist eine Provokation für die Deutschen und eine Gefahr für die Polen. Hier sollten die Abänderungen des Friedensvertrages auf vernünftigerer Basis begonnen werden.

Es ist kindisch, vor dieser Aufgabe zurückzuweichen, so als ob sie unmöglich wäre. Wenn es sich bei der Streitfrage um eine Ölkonzession handelte, und nur Gewinne statt menschlicher Leben auf dem Spiele stünden, dann würde eine Reihe von Völkerrechtlern keine Schwierigkeit haben, eine billige Lösung zu finden... Ich glaube, wenn wir das deutsche Volk und seine späteren Verbündeten offen und mit gutem Willen in dieser Sache angehen, daß wir sie dann bereit zur Mitarbeit finden unter der Voraussetzung der Billigkeit und der Gleichberechtigung, um Frieden für Europa auf einer dauernd sicheren Grundlage zu errichten."

 
Sarolea, Charles, Professor in Edinburgh, in einem Artikel "Polen und das Reich" in der Anglo-German Review, London, 7. Juli 1939.

"Ich habe das Recht zu behaupten, daß ich immer ein Freund Polens gewesen bin. Als solcher habe ich auch in einem Artikel in 'Everyman' im Jahre 1912 seine Wiederherstellung als Staat als eines der ganz sicheren Ergebnisse des damals bevorstehenden europäischen Konfliktes vorausgesagt. Ich war auch sein Freund in den ersten Nachkriegsjahren, als es in England wenig Wohlwollen fand.

Man kann mir, als altem und bewährtem Freund Polens keine Voreingenommenheit vorwerfen, wenn ich die gegenwärtige Politik der polnischen Regierung mißbillige. Obwohl ich aufrichtigstes Verstehen für das polnische Volk und tiefe Bewunderung für seinen Patriotismus und seinen mystischen Glauben, der 140 Jahre lang seine Nationalität erhalten hat, habe, so fühle ich mich doch nicht verpflichtet, die erstaunlichen Fehler, die kürzlich von polnischen Politikern begangen wurden, zu billigen oder zu verzeihen...

... Der erste Vorschlag Hitlers – nämlich die Einverleibung Danzigs in das Reich, zu dem es geographisch, kulturell und völkisch gehört – rechtfertigt sich aus vielen Gründen. Er steht in Einklang mit dem Selbstbestimmungsrecht. Er verträgt sich auch mit den vierzehn Punkten von Präsident Wilson, mit unserer eigenen politischen Anschauung und mit den Völkerbundssatzungen. So können wir viele Gründe zugunsten eines Anschlusses [61] finden, wenn er von einer überwiegenden Mehrheit der Einwohner Danzigs gefordert würde; wir haben aber keine guten Gegengründe.

Eine solche Einverleibung würde britische Interessen nicht berühren und polnische vitale Interessen nicht bedrohen; sie könnte die gegenwärtige Lage nur zum Guten wenden...

... Danzig ist eine rein deutsche Stadt. 95 Prozent seiner Bevölkerung sind deutsch. Eine so geschlossene Bevölkerung ist an sich schon Beweis genug, daß Danzig immer eine deutsche Stadt war.

Vor mir auf meinem Tisch liegt ein schöner, seltener, alter, deutscher Band. Ich meine das Buch von R. Curicke: 'Historische Beschreibung der Stadt Danzig'. Es ist eine mit Bildern versehene Geschichtsbeschreibung der Stadt, im Jahre 1688 in Amsterdam herausgegeben. Text und Illustrationen zeigen deutlich, daß Danzig in seinen Überlieferungen, seinen Einrichtungen und in seiner Architektur seinen rein deutschen Charakter noch bewahrt hat, als die Stadt schon lange nicht mehr zur Hansa gehörte.

Als Danzig in seiner Blütezeit noch Mitglied der deutschen Hansa war, fiel es zwar schon nominell unter die Oberhoheit des Königreichs Polen; aber während diese rein persönliche Verbindung mit der polnischen Wahlmonarchie bestand, waren mit einer Ausnahme alle polnischen Könige, ob sie nun Litauer oder Schweden, Franzosen oder Deutsche oder Polen waren, klug genug, sich nicht in die Gesetze oder Freiheiten der Danziger Bevölkerung einzumischen.

Merkwürdig ist auch, daß sich das polnische Volk niemals in größerer Zahl im Danziger Gebiet angesiedelt hat, so daß ein polnisches Minderheiten-Problem dort gar nicht entstehen konnte. Kürzlich hat der Herausgeber dieser Zeitschrift in einem Artikel auf die auffallende Tatsache hingewiesen, daß nach 300 Jahren Personalunion unter den polnischen Königen und enger Handelsverbindung ein viel größerer Teil der Danziger Bevölkerung schottischer Herkunft als polnischer Abstammung war.

Was nun das Argument angeht, daß Polen in Übereinstimmung mit einem der vierzehn Punkte Wilsons einen Zugang zur See brauche, so gilt dieses Argument, das vielleicht 1918 Berechtigung hatte, heute nicht mehr, weil die Politik der polnischen Regierung selbst es zerstört hat. Denn der polnische Staat hat kurz nach dem Kriege mit französischem Kapital einen großen neuen Hafen gebaut, der Polen einen zweiten und bequemeren Ausgang zur Ostsee gab.

Unter diesen veränderten Umständen haben wir das Recht, zu fragen, warum Polen Danzig als unbedingt notwendig für seinen freien Zugang zur See erachtete und dann mit großen Kosten einen anderen Hafen gebaut hat? Wenn andererseits die polnische Regierung die Einwohner Danzigs versöhnen und dem deutschen Einfluß Widerstand leisten wollte, warum hat [62] sie dann einen Konkurrenzhafen entstehen lassen, der den Wohlstand der alten Hansestadt bedrohen sollte, wie er es tatsächlich heute tut?

Zum Schluß muß man noch den zweiten Vorschlag des Führers und seine Beilegung des Problems betrachten, das so kompliziert wie dringlich ist und das für Preußen, d. h. Deutschland, ebenso lebenswichtig ist, wie ein Zugang zur Ostsee für Polen. Nur diejenigen, die durch ihr Mißtrauen gegen das Deutsche Reich und ihre Abneigung gegen die Nazi-Ideologie blind geworden sind, können abstreiten, daß der polnische Korridor für Deutschland ein wahrer Grund zur Klage ist.

Lange ehe Hitler an die Macht kam, wurde von der britischen Öffentlichkeit die Berechtigung dieser Klage einmütig zugegeben, und die Errichtung des Korridors wurde von britischen Politikern aller Parteien als einer der schwersten Fehler des Vertrages von Versailles bezeichnet.

Ein bedeutender Professor aus Oxford und Parlamentsmitglied hat kürzlich in einem Brief an die 'Times' gesagt, daß ein Blick auf die Landkarte genüge, um den Engländern klarzumachen, wie jeder selbstbewußte Deutsche über den Korridor denken muß. Er hat die politische Einheit Preußens in zwei Teile gespalten. Er hat vom Deutschen Reich Ostpreußen abgerissen, das die Wiege des neuen Deutschlands und heiliger Boden für jeden deutschen Patrioten ist..."

 
Senatra, Edoardo, in der Zeitschrift "Antieuropa", Rom, Juni 1931.

"... In Wirklichkeit ist die Frage des deutschen Ostens gerade die ernsteste und stellt die dunkelste Erbschaft des Weltkrieges dar. Ja, man kann sogar folgendes behaupten: Nehmen wir an, ein internationales Gremium hätte seine Aufgabe darin gesehen, nicht etwa einem zerfleischten Kontinent den Frieden wiederzugeben, sondern ihm die beste Gelegenheit zu einem neuen baldigen Konflikt zu verschaffen. Nun, es hätte diese Aufgabe nicht besser lösen können als durch den Versailler Vertrag, daß heißt durch die willkürliche Aufteilung des deutschen Territoriums."

 
Sforza, Graf Carlo, ehemaliger italienischer Außenminister, in "Gestalten und Gestalter des heutigen Europas", Berlin, S. Fischer, 1931.

"... Diese Polen waren fürchterlich unlogisch und hartnäckig, mit dem Erfolg, daß jedem übel wurde vor ihren ewigen Ansprüchen. Wenn es nach ihnen gegangen wäre, so wäre halb Europa ehemals polnisch gewesen und hätte wieder polnisch werden müssen. So kam es z. B., daß das diplomatische Europa, als Dmowski die Abtretung Ostpreußens an Polen verlangte, um – wie er sehr folgerichtig sagte – den Widersinn des Danziger Korridors zu vermeiden, dermaßen ergrimmte über diese uferlos wachsenden Forderungen, daß wir vielleicht, wenn es nur nach Lloyd George gegangen wäre, zu guter Letzt noch eine vierte Teilung Polens erlebt hätten..."

[63]
Shipstead, Henrik, Mitglied des amerikanischen Senats, Februar 1933.

"In letzter Zeit mehren sich die Berichte aus Europa, die von ernsten Gegensätzen zwischen Deutschland und Polen über den Status des 'Polnischen Korridors' sprechen. Das ist ein Problem, über dessen wirtschaftliche, soziale und politische Verzweigungen wir aus der Ferne natürlich kein Urteil fällen können.

Das Interesse der Vereinigten Staaten verlangt aber, daß in Europa wirklicher Frieden und Ruhe herrschen, in deren Schutz Handel und Wandel gedeihen können, und die die Verbesserung der Lage der breiten Massen ermöglichen...

Es kann keinen Frieden geben, wenn die Gründe des Krieges nicht beseitigt werden. Der Vertrag von Versailles ist ein Werkzeug des Krieges, er ist zu Kriegszwecken benutzt worden und wird noch immer dazu benutzt..."

 
Shuster, George N., Direktor der katholischen amerikanischen Zeitschrift "Commonweal", in seinem Buch: "The Germans", New York, The Dial Press Inc., 1932.

"Ein Blick auf die Landkarte genügt, um zu zeigen, daß grundsätzlich das Wesen von Deutschlands Grenzverlusten darin liegt, daß sie der Wehrpolitik Frankreichs zugute kommen. Die Abtretungen an Polen haben Ostpreußen in zwei Teile gespalten, und zwar derart, daß es sich unmöglich selbst verteidigen kann. Selbst der Teil von Oberschlesien, den die Tschechoslowakei erhielt, hat strategischen Wert... In ähnlicher Weise bedeutete es für Großbritannien auch nichts Besonderes, daß es ein Mandat über die früheren deutschen Kolonien erhielt, abgesehen von der Tatsache, daß die Entwicklungsmöglichkeiten für die deutsche Flotte in fernen Gewässern dadurch verhindert wurden. All dies ist wichtig zu erwähnen, weniger im Hinblick auf die heutige Bedeutung als deswegen, weil es hilft, die Mentalität zu begreifen, aus der heraus man auf unmoralische Weise Land in Besitz nahm – unmoralisch jedenfalls, wenn man den verschiedensten Reden Wilsons überhaupt irgendwelche Bedeutung zumißt...

Was bedeutet der Korridor für Deutschland? In erster Linie beendete er auf geradezu katastrophale Weise eine der wirklich großen germanischen Kolonisationsbewegungen. Historiker werden bei anderen Dingen sehr verschiedener Meinung sein, aber es wäre unmöglich zu leugnen, daß das Gebiet, als es 1772 von Preußen genommen wurde, buchstäblich eine Wildnis war, und daß es im Jahre 1919, als es den Polen abgetreten wurde, eine Art Paradies für die landhungrigen Polen darstellte...

Warum wurde der Korridor an Polen abgetreten? Ursprünglich war das Argument dafür, daß Polen einen Zugang zum Meer haben müsse, aber da dies durch Internationalisierung der Weichsel und Danzig als Freihafen hätte geschehen können, hatte Herr Wilson zuerst taube Ohren für die Vorschläge, daß nur ein kleiner Streifen [64] deutschen Landes genügen würde... Es ist unmöglich, zu behaupten, daß tatsächlich gerechtfertigte territoriale Ansprüche verletzt wurden, als der jetzt bestehende Korridor im Jahre 1772 an Preußen abgetreten wurde. Zweifelsohne wurden diese Argumente nur benutzt, weil sie einen Appell an Herrn Wilson rechtfertigen konnten...

Wir dürfen auch nicht übersehen, wie wichtig die militärische Seite hier ist. Obwohl sich heute alle vernünftigen und denkenden Franzosen darüber klar sind, daß Clemenceaus Haltung verkehrt und schädlich war, so sah es doch damals so aus, als ob ein zerstückeltes und hoffnungslos schwaches Deutschland wie eine Gottesgabe war. So entstand ganz natürlich die Idee, eine Art territorialer Festung an Deutschlands Ostgrenze zu errichten, damit alle seine Handlungen in diesem Gebiet unter Kontrolle stünden. Diesen Gedanken erkennt man nur zu deutlich aus jedem Fußbreit der neuen Grenze, und diese Tatsache hat mehr als alles andere dazu beigetragen, dem polnischen Nationalismus jenen ausgesprochenen militärischen Ausdruck zu geben, der den Fremden so beeindruckt – und ihn in Wahrheit auch bedrückt. Eine Zeitlang war Polen nichts anderes als ein Waffenlager, das von Frankreich unterhalten wurde, teilweise, um eventuelle Unternehmungen der Bolschewisten zu hemmen, und teilweise als eine Drohung für Deutschland. Leider kann man eine derartige Lage nicht in einem Tage wieder abschaffen, und die polnische Militärschicht hat eine führende Rolle nicht nur in der Innenpolitik des Landes, sondern auch in bezug auf die Unruhe in Europa gespielt. Auf jeden Fall hat der Korridor, so wie er jetzt besteht, die Welt mit politischen und wirtschaftlichen Problemen, wie sie schwerer nicht sein können, belastet... Das Geschick Danzigs und des Landes, das dazu gehört, kann nicht von dem Geschick des Korridors getrennt werden... Diese stolze Hansestadt ist deutsch bis ins Mark, selbst wenn sie eine Zeitlang die Oberhoheit polnischer Könige anerkannte. Es gibt wenige Orte auf der Erde, wo die ethnologischen Beweise so vollständig sind... Die Deutschen waren durchaus nicht gewillt, Polen zu werden. Gegen diese Möglichkeit haben sie mit einer Heftigkeit und mit einer ganz entschiedenen Bitterkeit protestiert, die auch durch die Zeit nicht abgeschwächt wurden... Gdingen erhöhte nicht nur das Prestige von Polen und den Wert des Korridors überhaupt, sondern war ein Strick um den Hals von Danzig...

Wie auch alle diese Fragen einmal ausgehen mögen, es ist klar, daß die augenblickliche Lage nicht bestehen bleiben kann... Gebiete, die ohne Frage dem Rechte und der Geschichte nach deutsch sind, sind abgeschnitten worden. Manchmal ist das Ergebnis so unerwartet und die Erzählungen darüber, was sich ereignet hat, so grotesk, daß der Reisende, der darüber nachdenkt, fast versucht ist, zu lächeln. So wurde das Gebiet um Namslau herum, das so deutsch ist wie die Berge um Salzburg, rücksichtslos von einer Kommission unter dem Scheinvorsitz eines japanischen Staatsmannes in zwei Teile geschnitten... Es gibt nichts auf der weiten Welt, was Oberschlesien ähnelt... Von allen Seiten ergoß sich ein Strom von deutschen Einwanderern – Hunderttausende [65] und aber Hunderttausende – in das schon übervölkerte Vaterland. Ihres Eigentums ohne entsprechende Entschädigung beraubt, Opfer scharfer Maßnahmen, gegen die es keine Abhilfe gab, und gezwungen, sogar noch körperliche Qualen zu erdulden, so haben Männer, Frauen und Kinder, jeder einzelne von ihnen, ihre Geschichte der Erzählung von Millionen Zeugen, was aus Herrn Wilsons Traum wurde, hinzugefügt. Ein Albdruck!"

 
Simon, Sir John: Englischer Plan
zum Korridorproblem.
Bericht aus London, 15. Mai 1933.

"In einer Konferenz der nationalen Liberalen, der dem Außenminister Sir John Simon nahestehenden Gruppen, wurde ein Plan vorgelegt, der die akute Spannung in Danzig und dem polnischen Korridor bis zur endgültigen Regelung der Ostgrenzen lösen soll.

Es wird darin vorgesehen, den polnischen Korridor unter Verwaltung des Völkerbundes zu nehmen, Deutschen und Polen gleiche Rechte zu geben und den freien Verkehr sowohl zwischen Ostpreußen und dem übrigen Reich als auch zwischen Polen und der Ostsee zu garantieren..."

 
Simonds, Frank H., bekannter amerikanischer Schriftsteller, in dem Buch: "Can Europe Keep the Peace?", London, Hamish Hamilton Ltd., 1932.

"Fast niemals versuchen diese britischen und amerikanischen Kritiker deutscher und polnischer Politik, hinsichtlich des Korridors die europäischen Belange in die Verhältnisse ihres eigenen Lebens umzudenken. So würden Amerikaner, die im Namen des Weltfriedens ohne Zögern deutsche oder polnische Zugeständnisse in der Korridorfrage fordern, schon über den bloßen Vorschlag erstaunt sein, daß z. B. die Vereinigten Staaten Neu-England an Kanada oder Kalifornien an Mexiko abtreten könnten. Dieses Opfer jedoch würde in keinem Mißverhältnis stehen zu dem, was sie selbst von europäischen Völkern fordern. In derselben Art übersehen die Engländer, denen die Existenz des Korridors in sich selbst unsinnig und phantastisch vorkommt, weil er die deutsche Einheit zerstört, vollkommen, daß dem Ausländer die in Irland auf Kosten der irischen Einheit gezogene Grenze ins Auge fällt... Unkenntnis des wahren Charakters territorialer Fragen hat noch die Gründe verschleiert, warum sie sowohl für die Status-Quo- als die Revisions-Völker Angelegenheiten auf Leben und Tod sind... Vom polnischen Korridor kann man wohl ohne Übertreibung sagen, daß er die Mißstände im gegenwärtigen Europa am deutlichsten versinnbildlicht... Nach deutscher Auffassung bedeutet die Errichtung des Korridors und des Danziger Freistaates genau dasselbe, wie in amerikanischen Augen etwa der Plan, einen kanadischen Korridor längs des Hudson herauszuschneiden und am südlichen Ende einen New Yorker Freistaat zu errichten. Die Lage Neu-Englands im letzteren Falle entspräche dann genau der von Ostpreußen im ersteren... Der deutsche Unwille, der durch den Verlust Westpreußens hervorgerufen wurde, verstärkte sich noch durch das darauffolgende Ge- [66] schick von Oberschlesien. Historisch gesehen war Schlesien seit mindestens fünf Jahrhunderten für Polen verloren... Aber daß man dieses Gebiet an Polen ausliefern sollte wegen sehr strittiger ethnologischer Umstände, das war für alle Deutschen genau so unsinnig, wie es den gegenwärtigen Herren von Pittsburgh erschiene, wenn sie ihr Gebiet den Algonquins wieder abgeben müßten – wenn sie noch am Leben wären. Eine solche Entscheidung, nämlich ein Gebiet, das wirtschaftlich unteilbar ist, aus rassischen Gründen abzutrennen, erscheint nicht weniger phantastisch. Und doch hat auch hier wieder Wilsons Intervention das Ergebnis bestimmt... Aber viel wichtiger als die ersten Aufregungen über die Anwendung des Versailler Vertrages waren die, die durch die späteren Folgen hervorgerufen wurden. Vor allem begann in allen an Polen abgetretenen Gebieten eine sehr starke Auswanderung von Deutschen... Und direkt auf diese Auswanderer folgte eine noch größere Zahl slawischer Siedler... Während durch Monate hindurch der Tonnengehalt von Danzig immer derselbe blieb, nahm der von Gdingen neue Ausmaße an. So ist tatsächlich das Deutschtum in Danzig nicht nur einer Bedrängnis ausgesetzt, sondern sich seiner besonders bewußt geworden."

 
Smuts, J. C., bekannter Burengeneral, später südafrikanischer Minister und Delegierter der Südafrikanischen Union während der Pariser Verhandlungen, in einem Brief vom 22. Januar 1919 an den britischen Premierminister Lloyd George, veröffentlicht in Ray Stannard Bakers Buch: "Woodrow Wilson and World Settlement":

"Ich bin überzeugt, daß wir bei ungebührlicher Vergrößerung Polens nicht nur das Verdikt der Geschichte umstürzen, sondern einen politischen Kardinalfehler begehen, der sich noch im Laufe der Geschichte rächen wird. Das neue Polen wird Millionen Deutsche (und Russen) und Gebiete mit einer deutschen (und russischen) Bevölkerung, oder solche, die lange Zeit hindurch Teile Deutschlands (oder Rußlands) gewesen sind, umfassen. Es ist doch wohl anzunehmen, daß sowohl Deutschland wie Rußland wieder Großmächte werden und daß das zwischen ihnen eingeklemmte Polen nur bei ihrem guten Willen gedeihen kann. Wie können wir unter diesen Umständen erwarten, daß Polen etwas anderes als ein Fehlschlag wird, selbst wenn es die nötige Regierungs- und Verwaltungsfähigkeit besäße, die es, wie die Geschichte beweist, nicht besitzt? ... Ich glaube, wir sind dabei, auf Flugsand ein Haus zu errichten, und im Hinblick auf diese und zahlreiche andere Erwägungen würde ich die Grenzen Polens, wie sie in dem Friedensvertrag provisorisch festgesetzt sind, einer Revision unterziehen, Oberschlesien und die wirklich deutschen Gebiete Deutschland belassen, die Grenzen der Freien Stadt Danzig enger ziehen und sie, anstatt sie unter die Oberherrschaft Polens zu stellen, wie wir es vorgeschlagen haben, unter der Souveränität Deutschlands mit einer dem Völkerbund unterstellten Verwaltung belassen. Ich glaube, die beiden Hauptfehler in den Maßnahmen dieses [67] Vertrages sind die lange Rheinlandbesetzung und die Vergrößerung Polens weit über das hinaus, was wir während des Krieges erwogen hatten. Diese beiden Fehler sind voller Gefahr für den zukünftigen Frieden in Europa, und ich rate dringend, daß man jedes Mittel anwenden sollte, um sie zu beseitigen, ehe es zu spät ist. Noch ist es nicht zu spät. Es steht außer Zweifel, daß die deutschen Delegierten hartnäckig dafür kämpfen werden und vielleicht den Vertrag nur unter der Bedingung zeichnen, daß die Bestimmungen über die Festsetzung von Deutschlands Ostgrenzen in Schlesien, Ost- und Westpreußen einer Revision unterzogen werden müssen."

– – Brief des Generals Smuts an Präsident Wilson, datiert vom 30. Mai 1919, in dem er den Vertrag kritisiert, und zugibt, daß er "gegen den wahren Sinn Ihrer Punkte ist", in Stannard Baker, Bd. 3, Dokument 67:

"... Es wird eine große Enttäuschung geben, wenn die Völker dahinterkommen, daß wir keinen Wilson-Frieden abschließen, daß wir der Welt gegenüber unsere Versprechungen nicht halten und nicht das tun, was die Öffentlichkeit nach ihnen erwartet. Aber wenn wir damit auch das formell abgeschlossene Abkommen brechen (ich denke, wir tun es), werden wir stärkstem Mißtrauen gegenüberstehen, und dieser Frieden kann sehr wohl ein viel größeres Mißgeschick für die Welt werden, als es der Krieg war..."

 
Spender, Harold: "Daily News and Chronicle", August 1930.

" ... Niemand, der auf der Landkarte sieht, wie der polnische Korridor Ostpreußen von dem übrigen Deutschland abschneidet, oder der sich der Begleitumstände der oberschlesischen Volksabstimmung erinnert, kann ernstlich glauben, daß diese Grenzen in sich selbst Stabilität besitzen."

 
Dr. Baron Stael v. Holstein, schwedischer Staatsrechtler. (Quelle nicht angegeben, abgedruckt im "Ostland" vom 28. August 1931.)

"Der Korridor wurde abgetrennt, ohne daß eine Abstimmung stattfand; und obwohl Ostpreußen sich mit 98 Prozent aller Stimmen für die früheren Grenzen aussprach, schnitt man das Weichselgebiet weg und ist dabei, das ganze Land auszuhungern. Das alte freie Danzig suchte man anfangs durch alle möglichen drastischen Methoden zu vergewaltigen... Gdingen ruht in des Wortes wirklicher Bedeutung auf losem Sand, und eines schönen Tages kann ein Sturm kommen, der die Millionen wegfegt."

 
Stone, Shepard: "German-Polish Disputes: Danzig, the Polish Corridor and East Prussia", Vol. IX., Nr. 9, "Foreign Policy Reports", Foreign Policy Association, New York, Juli 1933.

"... Das Danzig-Problem ist nur ein Teil des Fragenkomplexes, der die deutsch-polnischen Beziehungen seit Inkrafttreten des Versailler Vertrages [68] gestört hat. Seit 1919 haben alle Parteien in Deutschland darauf bestanden, daß es keine endgültige Sicherheit in Europa ohne eine Berichtigung der deutsch-polnischen Grenze geben könnte. Jenseits der Grenze haben die Polen mit gleicher Bestimmtheit die Möglichkeit einer Änderung bestritten. Diese Streitfragen der Nachkriegszeit sind nur eine Fortsetzung des jahrhundertealten Kampfes zwischen Deutschen und Polen um das Land zwischen Oder und Weichsel, besonders um das Gebiet, das heute unter dem Namen 'polnischer Korridor' bekannt ist. Dieses Gebiet und Danzig liegt zwischen beiden Ländern, da, wo sich ihre Interessen kreuzen. Deutschland muß es besitzen, um seine territoriale Einheit zu wahren, und Polen muß es behalten, wenn es Zugang zur See haben will. Der Völkerbund, der die Grundsätzlichkeit des Streitfalles erkannte, hat viele Jahre hindurch versucht, die Ansprüche der Gegner zu versöhnen. Von dem Tage an, als Danzig unter den Schutz des Völkerbundes gestellt wurde, bis Mitte Mai 1933 wurde das Danzig-polnische Problem dem Völkerbundsrat nicht weniger als 106mal zur Beratung vorgelegt. (56 verschiedene Streitpunkte haben den Völkerbundsrat einmal beschäftigt; 26 Punkte zweimal; 4 Punkte dreimal; 11 Punkte viermal; 3 Punkte fünfmal; 1 Punkt sechsmal; 1 Punkt achtmal; 1 Punkt vierzehnmal; 1 Punkt fünfzehnmal; 1 Punkt achtzehnmal; und 1 Punkt, das Problem der Westerplatte, das neunzehn verschiedene Male vor den Völkerbundsrat kam, hat den Rekord geschlagen.) Augenblicklich hat der Oberkommissar des Völkerbundes in Danzig 35 verschiedene Streitfragen zu behandeln.

Während der Friedensverhandlungen in Paris 1919 haben die Einwohner Danzigs wiederholt ihrer Meinung Ausdruck gegeben, daß sie die Loslösung ihrer Stadt von Deutschland als Unrecht und ihre Einverleibung in den neuen polnischen Staat als eine Verletzung der Menschenrechte ansehen würden. Einige am Handel interessierte Leute glaubten zwar an günstige Geschäftsmöglichkeiten für Danzig, wenn es mit Polen vereinigt würde. Aber selbst in diesen Kreisen hatte der wirtschaftliche Vorteil weniger Anreiz als das Bekenntnis zum Vaterland.

... Danzig, das an der Weichselmündung an der Ostsee liegt, ist durch viele Jahrhunderte hindurch Mittelpunkt der Handelsinteressen gewesen. Ursprünglich war es eine unwichtige 'slawisch-dänische' Kolonie und entstand als eine endgültig deutsche Siedlung zu Beginn des 13. Jahrhunderts. Von diesem Zeitpunkt an ist Danzig fast ausschließlich von Deutschen bewohnt gewesen...

... Heute ist Danzig keine große, majestätische und glückliche Stadt. Die Zolleinnahmen sind gesunken, Arbeitslosigkeit ist weit verbreitet, und die Bauern der Freien Stadt können im Binnenmarkt nicht mit den polnischen Bauern konkurrieren, da diese wegen des niedrigeren Lebensstandards billiger produzieren können...

[69] ... Ostpreußen, das durch den polnischen Korridor vom übrigen Deutschland getrennt ist, ist dadurch in einer wenig beneidenswerten politischen und wirtschaftlichen Lage... Obwohl die Verkehrsfrage praktisch gelöst wurde, so reicht doch das Korridorproblem über diese technische Schwierigkeit hinaus. Es ist das Problem von Deutschlands Stellung im Osten. Ostpreußen, die Wiege der deutschen Freiheit nach den Napoleonischen Eroberungen, wurde vom übrigen Deutschland abgeschnitten und dadurch strategisch und wirtschaftlich isoliert."

 
Temperley, H. W. V.: "A History Of The Peace Conference Of Paris", London 1920.

Bd. 1, London 1920:

"... Im Falle Deutschland befand sich der Oberste Rat der Friedenskonferenz in der Lage eines Richters, der das Recht zu verwalten hatte, wie es in der Waffenstillstandskommission niedergelegt worden war, im Falle Polen und anderer neuer Staaten fand sich der Rat gleichsam etwas in der Lage von Eltern ihrem Kinde gegenüber. Es kann wohl gesagt werden, daß das Kind im allgemeinen gehorsam und lenksam war, aber das junge Polen zeigte sich gelegentlich, wahrscheinlich seiner übergroßen Jugend wegen, widerspenstig."

Bd. 2, London 1920:

"Es ist eine auffallende Tatsache, die nicht unerwähnt bleiben soll, daß im Falle Memel und Danzig die Mächte, die zwischen den beiden entgegengesetzten Prinzipien, dem der Nationalität und dem des Zugangs zur See, zu wählen hatten, wohlüberlegt das Nationalitätenprinzip beiseite schoben und das des Seezugangs für Inlandstaaten annahmen. ... Der erzwungene Verlust des historischen Hafens Danzig erregte ungeheure Erbitterung, einmal wegen seines überwiegend deutschen Charakters, zum zweiten, weil er die reiche Agrarprovinz Ostpreußen gefährdete."

Bd. 3, London 1920:
Aus dem Statement von General Smuts nach der Unterzeichnung des Versailler Vertrages:

"... Hier sind territoriale Bestimmungen, die eine Revision notwendig machen."

Bd. 6, London 1924:

"... Die zur Friedenskonferenz kamen, 'gingen zwar klüger wieder fort, aber auch trauriger', sagte Lord Grey. Von welcher Friedenskonferenz könnte man nicht dasselbe sagen? Ein Bevollmächtigter, der eine bedeutende Rolle während der Friedenskonferenz spielte, hat noch mehr gesagt als das. 'Es war nicht Wilson, der sie (das Volk) in Paris enttäuschte, sondern die Menschheit selber. So aufrichtig wir an die moralischen Ideale glaubten, für die wir gekämpft hatten, die Versuchung durch die große Beute, die zu [70] teilen war, war zu groß. Nicht nur die Führer, sondern auch die Völker selbst zogen ein Stückchen Beute hier, eine strategische Grenzlinie dort, ein Kohlenbergwerk, eine Petroleumquelle, einen Zuwachs an Bevölkerung oder Hilfsmitteln den matten Reizen eines Ideals vor."*

*General Smuts in "New York Evening Post" am 3. März 1921.

 
Thomas, Elbert D., Mitglied des amerikanischen Senats für den Staat Utah, in einem Interview:

"Der polnische Korridor ist ein Fleck auf der europäischen Landkarte und müßte eher heute als morgen von dieser Karte ausradiert werden... Mit einer stets größer werdenden Anzahl meiner Kollegen im Kongreß bin ich der bestimmten Ansicht, daß kein sicherer Dauerfriede in Europa zustande kommen kann, ehe das Versailler Diktat von Anfang bis zu Ende revidiert wird, und hierbei sollte ohne jeglichen Zweifel mit dem polnischen Korridor angefangen werden. Ethnologisch und wirtschaftlich ist es undenkbar, das Korridorgebiet und den Freistaat Danzig in ihrer jetzigen Form weiterbestehen zu lassen."

 
Tourly, Robert: "Le Conflit de Demain. Berlin – Varsovie – Dantzig." André Delpeuch, Paris, 1928.

"Die deutsch-polnische Grenze ist ein Unsinn, der Danziger Korridor eine empfindliche Zerstückelung, unter der ein ganzes Land zu leiden hat, die Verknüpfung Danzigs mit Polen eine unbegreifliche Zwangseinmischung, welche alle Grundsätze des Rechtes und der Redlichkeit mit Füßen tritt, auf denen die europäische Zivilisation ein zuverlässiges Gebäude – um nicht selber unterzugehen! – aufzurichten bemüht ist... Eine große Ungerechtigkeit ist begangen worden im Namen des Rechts. Man muß sie wiedergutmachen. Hiernach würde auch Polen in seiner Eigenschaft als Staat nicht geschädigt werden. Es ist doch kein 'Saisonstaat', der gelegentlich wieder verschwindet, würde vielmehr für seine innere Entwicklung und Ruhe so viel gewinnen, daß er selber für eine Neuregelung der Zustände eintreten sollte... Die Weichselgrenze müßte revidiert, Danzigs Verfassung anderweitig festgesetzt, ein modus vivendi für alle gefunden werden."

 
Tweedy, Owen: "A German Bummel" in "Fortnightly Review", London, Juni 1933.

"... Ich kann gar nicht ernst genug sein, wenn ich über den Korridor spreche. Dieser Keil polnischen Gebietes, der Ostpreußen von Deutschland trennt, ist eine geographische Laune, und Launen sind weder gesund noch normal... Als ich nach Berlin zurückreiste, traf ich einen älteren Schweden, der, wie ich, keinen persönlichen Interessen diente. 'Wissen Sie', sagte er, [71] 'ganz gleich, was man in dieser Welt tut, man arbeitet entweder für den Frieden oder für den Krieg. Es steht außer Zweifel, daß die, die den Korridor schufen, für den Krieg gearbeitet haben'..."

 
Valmigère, Pierre: "Und Morgen?" Brückenverlag, Berlin 1929 (französischer Titel: "Et Demain?").

"... Jeder, der ohne Voreingenommenheit, ohne Vorurteile, frei, ohne irgendwelche Kriecherei denkt, ist der Ansicht, daß, wenn man von vornherein die direkteste Ursache eines Krieges aus der Welt schaffen will, man Polen verpflichten müsse, seine Grenzen in Oberschlesien und an dem Korridor von Danzig zu berichtigen..."

 
Velde, van der, in der polnischen (!) Zeitung "Robotnik" vom März 1931:

"Der Versailler Vertrag kann nicht für alle Zeiten den territorialen Stand in Europa feststellen, denn er sieht in Artikel 19 seine eigene Revision vor."

 
Vozka, Jaroslav: "Polen, das Gefängnis der Völker." Volk und Reich Verlag, Berlin, 1933. (Originaltext der Übersetzung aus dem Tschechischen):

"... Durch den Friedensvertrag von Versailles wurde Polen ein schmaler Streifen deutschen Gebietes zuerkannt, durch den Polen ein Anteil am Baltischen Meer gesichert wurde. Durch diesen sogenannten 'polnischen Korridor' wurde die territoriale Einheit des geschlagenen Deutschlands zerstört. Der polnische Korridor trennt die gesamte Provinz Ostpreußen mit der Hauptstadt Königsberg vom übrigen Deutschland!

Die Schaffung des polnischen Korridors war lediglich eine Folge der Niederlage Deutschlands und der Bestrebungen der Sieger, Deutschlands Machtstellung in Mittel- und Osteuropa nach Möglichkeit zu erschüttern und seinen Reparationsprozeß in der Nachkriegszeit zu erschweren. Die Polen begründeten ihre Ansprüche auf einen Teil der baltischen Küste allerdings mit Argumenten von überwiegend zweifelhaftem Werte...

In Wahrheit aber werden diese von der Entente ohne Plebiszit Polen zugewiesenen Gebiete zu neun Zehnteln von Nichtpolen bewohnt. Lediglich die strategischen Gründe der Entente haben über die Schaffung des polnischen Korridors entschieden...

Es ist kein Wunder, daß die Deutschen den polnischen Korridor als eine ephemere Erscheinung betrachten, daß sie sich mit dieser gewaltsamen Lösung nicht abfinden können, die im Nachkriegseuropa nicht ihresgleichen hat. Sie vermögen den Ausrottungskampf nicht ruhig mitanzusehen, den das polnische Regime gegen die dortige Bevölkerung führt. ... Wenn auch heute schon der größte Teil der öffentlichen Meinung Europas die Schaffung des polnischen Korridors als einen historischen Irrtum oder als eine Schwäche der [72] Friedensverträge betrachtet, die eine Revision erforderlich mache, sind doch alle Polen ohne Unterschied mit der offiziellen polnischen Auffassung einig, kategorisch jedwede Revision der Friedensverträge ablehnt... Eine zweite Spannungsursache zwischen Deutschland und Polen bildet die Freie Stadt Danzig, die gleichzeitig mit dem polnischen Korridor von Deutschland losgerissen und gewaltsam an Polen gefesselt worden war... Das dritte brennende Problem Osteuropas ist die oberschlesische Frage. Dieses bis zum Umsturz deutsche Gebiet wurde durch den Vertrag von Versailles zwischen Deutschland und Polen aufgeteilt... Das deutsche Volk, ohne Unterschied der politischen Überzeugung, hat sich mit dem Verlust des reichsten Teils von Oberschlesien nicht abgefunden, nicht aus bloß wirtschaftlichen, sondern auch aus nationalen und kulturellen Gründen..."

 
Vries, Axel de: "Grenzland in Not." Estländische Druckerei A.-G, Reval, 1931.

"Der Versailler Vertrag hat für Europa ein Zwangssystem geschaffen, unter dem in immer stärkerem Maße die europäischen Völker und die europäische Wirtschaft zu leiden haben. ... Wie unerträglich sind all diese Dinge an der deutsch-polnischen Grenze. Dort ist durch den polnischen Korridor mitten in ein wirtschaftlich, kulturell und völkisch gleiches Land in willkürlichster Weise eine Grenze mit Gewalt hineingetrieben worden, die Teile eines Ganzen auseinandergerissen hat, die völlig zueinander gehörten. ... Wohl ist die Grenze ein Trennungsstrich zwischen zwei Ländern, die eigentlich eins sind, und die Polen tun alles, um diese Grenze möglichst hermetisch zu gestalten. Aber hüben und drüben regen sich Kräfte, die deutlich erkennen lassen, daß von beiden Seiten diese Grenzziehung nicht als endgültig angesehen wird. Man braucht nur etwa die polnischen Zeitungen zu verfolgen, um zu erkennen, daß weite polnische Kreise noch mehr deutsches Land annektieren wollen. Die polnischen Aspirationen auf Ostpreußen, auf Danzig und auf Teile Pommerns sind in der polnischen Presse eindeutig genug ausgesprochen worden...

Bekanntlich wurde Danzig, laut Versailler Vertrag, Polen zugesprochen, um Polen einen Hafen für seinen Export zu geben. Anfänglich hat Polen versucht, sich Danzig nationalpolitisch durch abwechselnden Druck und Schmeichelei gefügig zu machen. Seit etwa drei Jahren hat nun Polen zu einer anderen Taktik gegriffen. Es hat begonnen, den Hafen in Gdingen mit wirklich amerikanischer Schnelligkeit auszubauen. Gdingen entstand aus dem Nichts, ein neuer großer Kriegs- und Handelshafen, obwohl der Danziger Hafen völlig imstande ist, die ganze polnische Aus- und Einfuhr, die über die Ostsee geht, leicht über den ausgezeichneten Danziger Hafen zu leiten. Die Gründe zum Ausbau des Gdinger Hafens sind daher keine wirtschaftlichen, sondern politische."

[73]
Walmsley, R. G., Liverpool, in einem offenen Brief an die Zeitschrift "The Economist", London, 14. November 1931.

"... Wenn Deutschlands Ostgrenze in ähnlicher Weise (wie die Westgrenze) die ethnologischen, kulturellen, geographischen, wirtschaftlichen und politischen Anforderungen in vernünftigem Ausmaß befriedigen würde, bestände kein besonderer Grund, warum wir nicht auch sie als Gegenleistung für wirkliche Abrüstung bei allen in Frage kommenden Nationen garantieren sollten.

Um welche wesentlichen Tatsachen handelt es sich denn bei dieser Grenze? Ein flüchtiger Blick schon auf die Landkarte ist entmutigend. Der durch die politischen Grenzen erweckte Eindruck ist der eines durch Ostdeutschland getriebenen Keils oder Pfahls, um durch ihn Ostpreußen vom Reich zu trennen und die Stadt Danzig völlig abzutrennen. Der Korridor ist als klaffende Wunde am Körper des Reichs bezeichnet worden; es ist daher vielleicht nicht überraschend, daß der politische und wirtschaftliche Gesundheitszustand Deutschlands unbefriedigend bleibt, solange der Fremdkörper der polnischen Halbinsel besteht.

Die deutsch-polnische Grenze ist auch abgesehen vom Korridor erstaunlich. Ihre Gewundenheit und ihre herausfordernden Eigenschaften im Gegensatz zu natürlichen Grenzen sind phänomenal. ... Das ethnographische Bild ist nicht weniger seltsam. 40 Prozent aller polnischen Untertanen sind Nichtpolen und bestehen aus mehr oder weniger unzufriedenen Minderheiten. Weit davon entfernt, von einer 'unbestreitbar polnischen' Bevölkerung bewohnt zu sein, hat der Korridor als Ganzes unter Einschluß von Danzig entsprechend der deutschen Zählung von 1910 eine Bevölkerung besessen, in der die Deutschen alle andern Rassen um 30 Prozent überwogen. Die Kaschuben, die den nördlichen Teil des Korridors bewohnen, sind weder Polen noch Deutsche, sie wurden ohne Abstimmung an Polen übereignet. In Oberschlesien wurde sogar eine Abstimmung vorgenommen, bei der die absolute Mehrheit der Stimmen zugunsten Deutschlands abgegeben wurde; darauf erfolgte, wie man es in einer Geschichte wie 'Alice im Wunderland' erwarten würde, die Zuteilung der reichsten Teile Oberschlesiens an Polen, die die Entscheidung tatsächlich schon durch einen Staatsstreich vorweggenommen hatten!...

Für die Entstehung des Korridors war verantwortlich die Zusicherung, Polen mit einem 'freien und sicheren Zugang zur See' auszustatten. Polen war niemals eine seefahrende Nation. ... Freie Schiffahrt auf den Flüssen und die Einrichtung von 'Freihäfen' in Stettin, Danzig und Königsberg würde alle berechtigten wirtschaftlichen Notwendigkeiten Polens befriedigt haben. ... Obwohl Polen rechtlich verpflichtet ist, den Danziger Hafen nach seinem vollen Aufnahmevermögen auszunutzen, zielt es jetzt darauf, das mehr Gewinn bringende Geschäft nach seinem eigenen neuen Hafen Gdingen überzuführen.

[74] Polen betrachtet den Korridor als Lückenbüßer. Sein Endziel ist, die Deutschen hinter die Oder zurückzutreiben und Ostpreußen zu verschlucken. Bis zur Erreichung werden zwei Maßnahmen verfolgt – Entdeutschung und Polonisierung – beides innerhalb und außerhalb seiner Grenzen. Bestechungen, Einschüchterungen, weitgehende Enteignungen und Durchdringungsmethoden – alles wird voll ausgenutzt... Seit 1919 waren bereits 800 000 Deutsche gezwungen, Posen und Westpreußen zu verlassen...

Man braucht nicht mit übermäßig lebhafter Einbildungskraft begabt zu sein, um vorauszusehen, daß für uns die Garantie der deutschen Ostgrenzen ein Akt verbrecherischen Wahnsinns wäre. Solange der Weichsel-Korridor nicht ausgemerzt ist, ist ein Ostlocarno undenkbar. Großbritannien hat nicht das geringste Interesse an der Erhaltung dieser Ursache eines zukünftigen Krieges..."

Der Herausgeber des "Economist" schickt diesem Brief einige Bemerkungen voraus, aus denen die folgenden wiedergegeben seien:

"Engländer weichen instinktiv vor jeder Zumutung zurück, daß Großbritannien die in Osteuropa getroffene Regelung durch den Friedensvertrag garantieren solle. Diese englische Abneigung beruht auf zwei Erwägungen. Einerseits besteht bei uns das starke und weitverbreitete Gefühl, daß uns Osteuropa nichts angeht und daß wir nicht berufen sind, auf diesem besonders gefährlichen Gebiet neue Verantwortlichkeiten zu übernehmen, wenn wir ohnedies mit Verpflichtungen in andern Teilen der Welt alle Hände voll haben. Zum zweiten können wir, wenn wir uns die osteuropäische Regelung ansehen, beurteilen, daß sie ungerecht ist und nicht aufrechterhalten werden sollte. Auf alle Fälle ist es ratsam, daß die britische öffentliche Meinung beginnen sollte, über die Grenzfrage in Osteuropa als eines der brennendsten Probleme nachzudenken."

 
Werkmeister, W. H., Professor an der Universität Nebraska, hielt im "Laymen's Club" in Lincoln (Nebraska) einen Vortrag, in dem er sagte:

"Wilsons ursprüngliche Idee, zur Bildung eines Seezuganges kein Land an Polen abzutreten, sei auf Drängen der Alliierten aufgegeben. Der so geschaffene Korridor habe die Provinz Ostpreußen vom Reich abgeschnitten. Deutschland stoße überall auf die aggressive polnische Politik, Ostpreußen zu polonisieren. Die polnische Propaganda in dieser Richtung sei stark. Eine ganze Reihe leitender polnischer Staatsmänner (Bukowski, Grabski, Srokowski) trete für die Annexion Ostpreußens in Rede und Schrift ein."

 
Weygand (französischer General, der seinerzeit die Polen vor dem russischen Ansturm auf Warschau rettete) zu Beginn des Jahres 1933 in "L'Oeuvre" über den Korridor:

"Unnütz im Frieden, nicht zu verteidigen im Krieg."

[75]
Wilson, Sir Arnold: "The Times", 16. Mai 1939:

"... Die Forderung, daß Polen über die Weichselmündung souveräne Rechte genießen müsse, weil sie ein polnischer Fluß sei, dürfte in Holland kaum beliebt sein. Durch Flußdeltas gezogene Grenzen werden immer Schwierigkeiten hervorrufen, denn große Flüsse suchen sich von Zeit zu Zeit neue Mündungen... Nach Artikel 18 des 'Minderheitenvertrages' vom 28. Juni 1919 sollte die Weichsel eine internationale Wasserstraße entsprechend der Konvention von Barcelona werden. Das kann unter bestimmten Voraussetzungen eine annehmbare Lösung sein. Inzwischen hat sich der Wert der Weichsel als Wasserstraße ständig verringert, und die Gefahr großer Überschwemmungen erregte in Deutschland viel Besorgnis, da sie nichts unternehmen können, um die Deiche auszubessern, die 50 Meter entfernt von der Grenze in Polen liegen. Die Frage ist eine Sache für leidenschaftslose Prüfung, nicht für Rhetorik."







Zeugnisse der Wahrheit.
Danzig und der Korridor im Urteil des Auslandes.

Zusammengestellt von Margarete Gärtner.