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Vorwort

Die deutschen Wissenschaftler haben es nie verstanden, daß gebildete Ausländer sich die Behauptung zu eigen machen konnten, Danzig und Westpreußen seien polnisches Gebiet. Wenn die wirkliche Sachlage in Versailles infolge der Haßpsychose des Weltkrieges unbeachtet blieb, so ist das zur Not erklärlich. Aber es ist uns Deutschen geradezu unverständlich, daß Engländer, Amerikaner und Franzosen noch heute diesen Behauptungen Glauben schenken können, da die Wissenschaft, und nicht nur die deutsche, längst das Gegenteil bewiesen hat. Wenn es sich dabei nur um Äußerungen nichtunterrichteter Polen handelte, so würden wir sie ohne weiteres unbeachtet lassen. Aber wenn selbst angesehene Zeitungen seit Monaten verlangen, daß nicht bloß Danzig und Westpreußen, sondern auch Ostpreußen, ganz Pommern einschließlich der vorgelagerten Inseln (Rügen, Usedom, Wollin), Schlesien, das östliche Sachsen und Brandenburg bis vor die Tore Dresdens und Berlins, außerdem Böhmen und die Slowakei (Krakauer Kurier vom 19. Mai 1939) und im Nordosten Mecklenburg bis Hamburg und Ostholstein (das alte Wagrien) als altslawische Gebiete zu Polen geschlagen werden müßten, dann werden wir allerdings genötigt, immer wieder darauf hinzuweisen, daß diese Forderungen jeder historischen Begründung entbehren.

Noch stärker empfinden wir es, daß auch die polnische Wissenschaft schon seit Jahren und zuletzt in einer Masse schnell hingeworfener Bücher den Nachweis zu erbringen versucht, Polen habe ein Anrecht auf alle jene genannten Länder. Ganz abgesehen davon, daß die Slawen nicht die ersten Siedler dieser Gebiete waren, sondern vor ihnen zunächst die Illyrier, die kein slawisches Volk waren, und nach ihnen über ein Jahrtausend die Ost- und Westgermanen dort ihre Wohnsitze hatten, während die Slawen nur in der verhältnismäßig kurzen Zeit vom 6. bzw. 7. bis 10. und 12. Jahrhundert Herren im Lande waren, hat die deutsche Wissenschaft oft genug betont, daß die heutige Kultur dieser Gebiete nicht den Slawen, sondern den Deutschen zu verdanken ist. Seitdem die Deutschen dort festen Fuß faßten, bekam das Land überall ein anderes Gesicht als zuvor, und jene Gebiete mit ihren Städten und Dörfern sind bis auf den heutigen Tag deutsch geblieben, soweit nicht polnische Gewaltmaßnahmen nach dem Diktat von Versailles Hunderttausende deutscher Landbesitzer und Bürger aus dem Lande trieben, wie es in Westpreußen, d. h. im Korridor, geschah. Gerade das jetzt so heiß umstrittene Danzig ist nicht etwa, wie in der Versailler Denkschrift polnischer Professoren zu lesen ist, eine alte polnische Stadt, die erst 1308 bei der Eingliederung in den Deutschordensstaat gewaltsam germanisiert [8] wurde, sondern sie ist am Anfang des 13. Jahrhunderts als Stadt von deutschen Bürgern begründet worden; sie hat um 1260 das Lübecker Stadtrecht erhalten und ist seitdem eine deutsche Stadt geblieben, die auch heute noch zu 97 Prozent deutsche Einwohner besitzt, welche leidenschaftlich nach der Wiedervereinigung mit dem Deutschen Reich verlangen.

Von 1793–1919 war dieses Danzig die Hauptstadt der preußischen Provinz Westpreußen. Als das Land 1772 an Preußen fiel, bestand die Bevölkerung trotz der vorhergehenden zeitweiligen Unterstellung unter die Krone Polens über die Hälfte aus Deutschen. Das ist eine Tatsache, die nicht nur aus den Akten der friderizianischen Landesaufnahme (Kontributionskataster) des Jahres 1772, sondern auch aus den anderen Urkunden jener Zeit zu erweisen ist; sie wurde auch von einem so hervorragenden Polen wie Roman Dmowski, dem Führer der polnischen Nationaldemokraten, in seinem Buch La Question Polonaise (Paris 1909, S. 10) ausdrücklich anerkannt. Bei der letzten Volkszählung vor dem Weltkriege, im Jahre 1910, betrug die Einwohnerzahl Westpreußens 1 703 474 Personen, von denen sich 1 097 943 zur deutschen Muttersprache bekannten, 475 853 zur polnischen und 107 199 zur kaschubischen. Westpreußen, d. h. der Korridor, war also, als es gewaltsam ohne Volksabstimmung 1919 aus dem Deutschen Reich herausgerissen wurde, ein ganz überwiegend deutsches Land, und zwar nicht infolge gewaltsamer Germanisierung, wie man es von polnischer Seite behauptet. Der von den Polen vielgeschmähte Friedrich der Große hat in den Jahren 1774–1786, nachdem Westpreußen mit Preußen wieder vereinigt wurde, nur 3244 Kolonistenfamilien mit insgesamt 10 015 Personen angesiedelt, das sind 2 Prozent der durch die oben genannten Kataster festgestellten damaligen Gesamtbevölkerung des Landes von 585 000 Personen, und von dieser geringen Zahl stammte noch dazu ein Drittel aus Polen; denn Friedrich der Große dachte nicht daran, das Land zu "germanisieren", sondern es lag ihm daran, es zu bevölkern, zu "peuplieren", wie er sich ausdrückte. Aber auch später ist in diesem Lande nicht "germanisiert" worden. Die preußische Regierung hat die Kaschuben in Westpreußen ebenso gewähren lassen, wie die Masuren in Ostpreußen.

Welche Folgen diese preußische Innenpolitik gehabt hat, das zeigte in Westpreußen die Wahl zur deutschen Nationalversammlung 1919. Trotz der deutschen Niederlage im Weltkrieg, trotz der folgenden Revolution und trotz der leidenschaftlichen polnischen Wahlpropaganda gaben von 948 962 wahlberechtigten Personen in Westpreußen 552 431 ihre Stimme für Deutschland, wobei man berücksichtigen muß, daß die Zahl derer, die sich der Abstimmung infolge der Not der Zeit oder infolge des Drängens polnischer Agitatoren fernhielten, sehr groß war. In der Stadt Danzig stimmten dagegen von 136 045 wahlberechtigten Personen sogar 107 467 für die deutsche Nationalversammlung. Viel stärker noch als in dem Unglücksjahr 1919, in dem der Friedensvertrag von Versailles viele Wähler lähmte, war das Bekenntnis zur deutschen [9] Heimat ein Jahr später bei der Volksabstimmung vom 11. Juli 1920 in Ostpreußen, d. h. in den Bezirken Masuren, Marienwerder und Marienburg, für die eine Abstimmung vorgesehen war. Hier stimmten von 371 734 Berechtigten 363 209 für Deutschland, d. h. 97,71 Prozent, und nur 7980 für Polen, d. h. 2,15 Prozent.

Aus welchem Grunde riß man also in Versailles diese urdeutschen Gebiete von Deutschland los? Die Denkschrift der polnischen Professoren und die mündlichen Ausführungen der polnischen Vertreter in Versailles haben nur deswegen Erfolg gehabt, weil die Urheber des Versailler Diktats sie für ihre Entscheidungen im Interesse ihrer Völker gebrauchen konnten. Personen, die an den Verhandlungen teilnahmen, wie der Vertreter Italiens, Graf Sforza, haben schon damals ein vernichtendes Urteil über die polnischen Behauptungen gefällt: "Diese Polen", so schreibt er in Gestalten und Gestalter des heutigen Europas (deutsch von Hans Reisiger, Berlin, 1931, S. 398), "waren fürchterlich unlogisch und hartnäckig, mit dem Erfolg, daß jedem übel wurde von ihren ewigen Ansprüchen." Und kurz vorher bemerkt er: "Die polnischen Staatsmänner überfluteten die Kabinette der Entente mit Denkschriften, Berichten, Plänen, historischen Rekonstruktionen, juristischen Thesen ohne Ende. Wenn es nach ihnen gegangen wäre, so wäre halb Europa ehemals polnisch gewesen und hätte wieder polnisch werden müssen." Lloyd Georges ablehnende Haltung ist bekannt. Die Worte, die er am 25. März 1919 schrieb, sind nicht weniger deutlich: "Der Vorschlag der polnischen Kommission, daß wir 2 100 000 Deutsche der Autorität eines Volkes mit einer anderen Religion unterstellen sollen, eines Volkes, das im Laufe seiner Geschichte niemals gezeigt hat, daß es sich zu regieren versteht, dieser Vorschlag wird uns früher oder später zu einem neuen Kriege im Osten Europas führen."

Alle diese Erkenntnisse und Warnungen einzelner Personen blieben damals ohne praktische Folgen. Die Entscheidung fiel zugunsten Polens, aber nur aus dem Grunde, weil die Versailler Ententekommission glaubte, dadurch Deutschland für alle Zukunft niederhalten zu können. Es ist nicht etwa so, daß die Entscheidung aus Freundschaft für Polen erfolgte. Dasselbe Frankreich, das 1919 in Versailles so energisch für eine Vergrößerung Polens eintrat, hatte noch am 11. März 1917 mit Rußland einen Geheimvertrag geschlossen, in dem es der russischen Regierung für den Friedensschluß "volle Freiheit in der Grenzziehung" zugestand, d. h. Polen an Rußland auslieferte (vgl. die im Anhang dieser Schrift abgedruckten Dokumente). Und diese Haltung wurde ebenso wie die Meinung von Mr. James Balfour nicht etwa durch die besondere Lage vom März 1917 bestimmt. Schon am 30. Januar 1915 hatte Maurice Paléologue, der französische Botschafter in Petersburg, dem russischen Außenminister Sasanow gesagt: "Sie kennen meinen Standpunkt. Für mich ist das in seiner nationalen Gesamtheit wiederhergestellte und zu einem Königreich unter dem Szepter der Romanows erhobene Polen der notwendige Vorposten des Slawismus gegen den [10] Germanismus, während ein durch alle politischen Bande von Rußland befreites Polen unvermeidlich in die deutsche Planetenbahn geriete" (siehe den Abdruck unten, S. 50). Es war schon damals so wie heute: Polen war und ist nur Mittel zum Zweck, Deutschland niederzuhalten, und zur Zeit glaubt Polen, der Unterstützung Frankreichs und Englands so sicher zu sein, daß es Forderungen entgegen jeder besseren Einsicht zu stellen wagt. Vollends hat das polnische Volk die Erinnerung daran verloren, daß es seine Selbständigkeit den Mittelmächten zu verdanken hat und nicht jenem Frankreich, das es noch 1917 an Rußland auszuliefern bereit war.

Damit befindet sich Europa nun in jener Lage, die Lloyd George schon 1919 als Folge der jedes Maß überschreitenden Forderungen Polens kommen sah. Wir Deutsche fragen daher: Wird die polnische Unvernunft siegen oder werden sich die Staatsmänner Europas darauf besinnen, daß unser Erdteil nur dann zur Ruhe kommen kann, wenn geschehenes Unrecht wiedergutgemacht wird? Wer ernstlich bemüht ist, sich über die Entwicklung, wie sie gewesen ist, und über die gegenwärtige Lage zu unterrichten, der hat Möglichkeiten genug, es zu tun. Wohl aber glauben wir, daß in diesem Augenblick, in dem England und Frankreich sich ganz einseitig für Polen einsetzen, es nötig ist, wenn seitens der deutschen Wissenschaft noch einmal an alle jene zahlreichen hervorragenden Persönlichkeiten Englands, Amerikas, Frankreichs und anderer Staaten erinnert wird, die sich gegen den Unsinn eines Freistaates Danzig und eines Korridors aussprachen. Sie stammen aus der ganzen Zeit zwischen 1919 und 1939, reichen also bis zur Gegenwart.

Aus der Zahl der Stimmen, die im folgenden im Wortlaut wiedergegeben werden, seien an den Schluß dieses kurzen Vorwortes jene bemerkenswerten Worte von Lyon gesetzt, die er 1930 in seiner Schrift Die Früchte der Narrheit geschrieben hat: "Die angegebenen Zahlen zeigen, daß das Land, das heute als Polnischer Korridor bekannt ist, nicht von einer 'unbestreitbar polnischen Bevölkerung bewohnt ist'. Aber auch zu diesen Zahlen kommt man nur bei einer parteiischen Berechnungsweise und dadurch, daß man einen Keil durch deutsches Land treibt. Es gibt keinen vernünftigen Grund dafür, warum die Bevölkerung von Danzig im Jahre 1910 nicht in diese Zahlen eingeschlossen wurde, es sei denn aus dem Grunde, daß ein solches Verfahren für die polnischen Absichten niederschmetternd gewirkt hätte... Es ist klar, daß das Gebiet weit davon entfernt ist, unbestreitbar polnisch zu sein... Tatsächlich bedarf Polen weder eines freien Zugangs zur See noch der Kontrolle über den Danziger Hafen... Außerdem hat Polen seitdem selbst den Beweis geliefert, daß für sein wirtschaftliches Wohlergehen der Danziger Hafen nicht notwendig war, denn es hat in einer Entfernung von wenigen Kilometern einen anderen Hafen gebaut, der mit Danzig in direkten Wettbewerb getreten ist... Die Staatsmänner von Versailles, die Danzig wieder die Stellung verschaffen wollten, die es zwischen der Mitte des 15. und dem Ende des 18. Jahr- [11] hunderts eingenommen hat, haben die Geschichte nicht ganz verstanden... Die Stellung Danzigs ist von der damaligen recht abweichend, denn heute ist die Freie Stadt Danzig nur dem Namen nach frei... Der wirtschaftliche Wohlstand Ostpreußens ist durch die Abtrennung vom übrigen Reich zum großen Teil zerstört... Es kann als sicher angenommen werden, daß ein gesundes 65-Millionen-Volk nicht für immer tatenlos zustimmen wird, daß ein Keil durch sein Gebiet getrieben wird, ebensowenig wie die Bewohner der Vereinigten Staaten nicht Kanada gestatten würden, sich bis in den Staat von Maine auszudehnen... Die Bewohner Danzigs sind entschlossen, sowohl deutsch zu bleiben wie eines Tages wieder mit dem Mutterlande vereinigt zu werden. Die Worte 'Dies Land bleibt deutsch', die in ein Denkmal in Marienburg eingemeißelt sind, bezeichnen den Kern des Willens, der diese Menschen beseelt... Diejenigen, die die Voraussicht und den Mut haben, der Wirklichkeit gegenüberzutreten (so unangenehm sie sein mag) und solange es Zeit ist eine anormale und unhaltbare Lage zu ändern, werden der Sache des Friedens einen praktischen Dienst erweisen."

Man darf sich in diesen kritischen Tagen auch daran erinnern, daß Winston Churchill am 23. November 1932 im englischen Unterhause sagte: "Ich würde jeden richtigen Weg, nicht eine Sackgasse gehen, der zu einer dauernden Versöhnung zwischen Deutschland und seinen Nachbarn führt... Die Behebung der gerechtfertigten Beschwerden der Besiegten sollte der Abrüstung der Siegerstaaten vorangehen... Es würde sicherer sein, Fragen wie die des Danziger Korridors und Siebenbürgens mit allen ihren heiklen Schwierigkeiten kalten Blutes und in einer ruhigen Atmosphäre zu lösen – solange die Siegerstaaten noch genügend Übermacht besitzen –, als abzuwarten und nur Schritt für Schritt dahinzustolpern, bis wieder einmal große, gleichgestellte Mächtegruppen sich gegenüberstehen ... Sonst könnten Ehre und Recht dazu zwingen, daß wir wider unseren Willen und wider unsere bessere Einsicht in einen Krieg verwickelt werden, der geführt würde, um gerade die Ungerechtigkeiten und Beschwerden aufrechtzuerhalten, die heute Europa zerreißen, die die Ursachen der gegenwärtigen Rüstungen sind und die, wenn sie nicht abgestellt werden, einen neuen Krieg hervorrufen müssen."

Wir haben allen diesen Worten als Deutsche im gegenwärtigen Augenblick nichts hinzuzufügen.

Albert Brackmann        






Zeugnisse der Wahrheit.
Danzig und der Korridor im Urteil des Auslandes.

Zusammengestellt von Margarete Gärtner.