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[Bd. 3 S. 61]
Joseph Görres, 1776 - 1848, von Hans Kern

Joseph Görres. Gemälde von Joseph Settegast, 1838.
[56b]      Joseph Görres.
Gemälde von Joseph Settegast, 1838.
Niederaudorf, von Jochner.
Joseph Görres gehört zu den gewaltigsten Deutschen des neunzehnten Jahrhunderts, zu jenen Führergestalten der Nation, die nicht nur für die Zeit, in der sie lebten, eine richtungweisende Bedeutung gehabt haben, sondern ihre prägende Kraft immer wieder von neuem bewähren. Es ist nicht leicht, dem Wesen dieses universalen Menschen, in dem, wie Jean Paul meinte, "viele Männer" steckten, gerecht zu werden. Görres war ein Denker von sehr bedeutenden Ausmaßen, aber kein Gedankensystematiker; er verfügte über eine ungeheure Bildkraft der Sprache und schrieb vielleicht die glühendste deutsche Prosa des neunzehnten Jahrhunderts. Dennoch war er kein "Dichter". Als Forscher nahm er ebenfalls einen hohen Rang ein, doch war er entschieden kein "Gelehrter" im schulmäßigen Sinne. Ebensowenig kann man ihn ohne weiteres den Theologen beizählen oder in die Reihe der Staatsmänner stellen. Manche nennen ihn einen "Publizisten", aber damit ist erst recht nichts gesagt. Was er also gewesen ist, soll nicht in eine ärmliche Formel gepreßt, sondern durch einen Überblick über sein Leben und Wirken deutlich gemacht werden.

Görres wurde am 25. Januar 1776 zu Koblenz, der kurtrierischen Residenzstadt am Rhein und an der Mosel, geboren. Der Geist der heimischen Landschaft hat an ihm zeitlebens seine formende Macht bewiesen. Görres bekannte: "Als ich erwachte aus dem ersten leichten, traumvollen Schlummer, in den ein wohltätiger Geist die Jahre unserer Kindheit gewiegt hatte, da war es die schöne Natur, die zuerst mein erwachendes, aufblühendes Gefühl beschäftigte. Oh, es waren schöne Tage, die ich auf einem Hügel am Ufer der Mosel verlebte, diese Tage der höchsten Reizbarkeit, der lebendigen Empfindung, des unschuldigen Genusses." Weit über die Hälfte seines Lebens hat Görres am Rheine zugebracht. Ihm galt, wie die Briefe des jungen Enthusiasten an seine Braut und die sehnsüchtigen Geständnisse des Verbannten beweisen, seine unauslöschliche Liebe: "Ich teile mit allen Rheinländern von gutem Schlag eine Schwachheit, die doch keine ist: die große Anhänglichkeit an den Boden, der sie hervorgebracht, und den Strom, an dessen Ufern sie genistet haben. Dieser Rhein fließt wie Blut in unser aller Adern, und ich selbst gedeihe nicht recht, wo ich seine Luft nicht wittere."

Joseph Görres, das älteste unter neun Kindern des Holzhändlers Moritz Görres und seiner Gattin Helene Therese, einer geborenen Mazza, zeigte schon früh die rheinische Lebhaftigkeit und Aufgeschlossenheit für alles wahrhaft [62] Lebendige. Das von seiner Mutter stammende italienische Blut hat noch ein Übriges dazu getan. Kein Wunder, daß ihm auf dem Koblenzer Gymnasium der langweilige Grammatikbetrieb nach Gottscheds Richtlinien auf das äußerste zuwider war. "Ich habe noch jetzt mein Wohlgefallen daran", schrieb Görres 1819 an Jakob Grimm, "daß ich in der Schule nie mit einem Aug' in den Gottsched und später in den Adelung gesehen, es kam mir zu abgeschmackt vor, noch einmal aus dem Buche zu lernen, was ich schon kenne, und ich band einmal im Zorn meinen Gottsched der vielen Pönitenzen wegen, die er mir zugezogen, an einer Schnur ans Bein und schleppte ihn hinter mir über die Straße zur Schule, wo er denn mit jämmerlich zerfetztem Lederkleidchen ankam."

Der junge Görres lernte außerordentlich leicht, besonders Sprachen. Seine Lieblingsfächer waren Geschichte und Erdkunde; mit den Naturwissenschaften (Anatomie, Physik, Astronomie, aber auch Astrologie) beschäftigte er sich ernst und gründlich auf eigene Faust. Er experimentierte daheim in der Dachkammer mit einer eigenen elektrischen Maschine, und zwar so ungehemmt, daß die Funken zum Fenster hinaussprühten und die Nachbarschaft in große Aufregung geriet. Görres war ein sehr eigenwilliger Schüler, auf den die "Autorität" der Lehrer (es waren "aufgeklärte" Jesuiten) keinen besonderen Eindruck gemacht hat. Recht charakteristisch ist daher das Zeugnis, das er 1789 als Dreizehnjähriger beim Verlassen der vierten Klasse erhielt: "Felicissimum ingenium, diligentia ingenio non satis congrua, progressus satis magnus, mores pueriles."

1793 ging Görres vom Gymnasium ab; er wollte in Göttingen Medizin studieren. Es kam indessen nicht zur Verwirklichung dieser Pläne, denn weit stärker noch als die wissenschaftlichen Neigungen waren seine politischen Leidenschaften. Er sah den unaufhaltsamen Verfall des alten deutschen Reiches, die unerfreulichen Zustände an den Fürstenhöfen, die Verwilderung der Sitten in der "Pfaffheit", die rücksichtslose Bedrückung des Volkes durch den fürstlichen und geistlichen Despotismus. Besonders abstoßend wirkte auf ihn das Treiben der französischen Emigranten, die Koblenz in ein zweites Versailles verwandelt hatten. Man darf sich daher nicht darüber wundern, daß Görres sich die Ideen der französischen Revolution mit Begeisterung zu eigen machte. Ähnlich war es Klopstock, Schiller, Stolberg, Kant, Fichte und Forster ergangen. Neben Rousseau und Condorcet beeinflußten vor allem Kant und Fichte den jungen Görres nachhaltig. Er war jedenfalls der festen Überzeugung, daß die Menschheit in stetem Fortschritt begriffen und zur Verwirklichung des Ideals der Humanität berufen sei. In seiner zumal an Kant anknüpfenden Schrift "Der allgemeine Frieden, ein Ideal" (1798) gab er seiner Sehnsucht nach einem ewigen Frieden in einer universalen Menschheitsrepublik beredten Ausdruck. Görres hat selbst den gewaltigen Eindruck geschildert, den die Ereignisse in Frankreich bei ihm hervorriefen: "Freiheit, Völkerwohl, Heil der Menschheit, welche Funken für ein nur einigermaßen warmes Gefühl! Wie sehr mußten sie einen Sinn exaltieren, der so empfänglich [63] für alle Eindrücke der Art war." Die Welt erschien "im lichten Morgensonnenglanze, alle Gefühle und Kräfte brausten durcheinander, mir war so wohl, eine lachende Zukunft erfüllte meine Seele, ich jubelte laut auf vor innigem Vergnügen". Görres glaubte zu erkennen, daß sich überall auf der ungeheuren Fläche Europas die Umrisse eines politischen Systems entwickelten, das schließlich die ganze Menschheit umfassen würde; er sah, wie der "Geist der Zeit" sich "fressend wie das schärfste chemische Menstruum" über die "gotischen Formen der Vorwelt" hingoß, um sie unter Brausen und Schäumen aufzulösen.

Als Koblenz mit dem gesamten linksrheinischen Gebiet unter die Herrschaft der französischen Revolutionsregierung kam, schloß sich der noch nicht zwanzigjährige Görres den neuen Männern vorbehaltlos an. Nicht den Franzosen zuliebe, sondern um der erhofften neuen Menschlichkeit willen. Er sah damals in Frankreich das erste Land, in dem "Freiheit" und "Vernunft" überwältigend zum Siege gekommen waren, und aus eben dem Grunde trat er für die Gründung einer unabhängigen "cisrhenanischen Republik", ja, für den Anschluß der Rheinlande an Frankreich ein.

1797 trat der enthusiastische Jüngling mit dem rötlichen Haar dem Kreise der rheinischen "Klubbisten" bei, die unter dem mehr oder minder offenen Schutze des Generals Hoche die Loslösung der Rheinlande in die Wege leiten wollten. Am 14. September hielt er auf dem Koblenzer Paradeplatz unter dem neu errichteten Freiheitsbaume, einem mit der roten Jakobinermütze gekrönten, bekränzten und bewimpelten Maste, umgeben von Gesinnungsgenossen und französischem Militär, seine erste öffentliche Rede. Weitere Reden folgten und erregten durch ihre leidenschaftliche Glut und mitreißende Sprachgewalt allgemeines Aufsehen. Görres beherrschte nicht nur alle Register der Redekunst, er warf Brände in die Phantasie seiner Hörer. Zumal die Reden über den Fall von Mainz und den Untergang des Heiligen römischen Reiches deutscher Nation schlugen wie Blitze ein.

1798 eröffnete er mit der von ihm gegründeten Zeitschrift Das Rote Blatt (und nach deren Verbot mit dem Rübezahl) seine publizistische Tätigkeit. Als erstem unter den Deutschen war ihm der Sinn für die ungemeine Bedeutung der öffentlichen Meinung als einer scharfen, politischen Waffe aufgegangen. Die "Publizität" war für Görres "der mächtige Hebel, der das Geisterreich in Bewegung setzt. Den Bösewicht, den das Schwert des Gesetzes nicht erreicht, den prangert sie unbarmherzig; ihr Falkenauge dringt durch alle Nebel von Vorurteilen und entlarvt das Verbrechen und gibt es dem öffentlichen Hohne preis; sie macht gute oder schlimme Grundsätze allgemein gängig, je nachdem sie sich in guten oder schlimmen Händen befindet". Die Zeitschrift oder Zeitung, wie Görres sie auffaßte, war kein bloßes Nachrichten- und Unterhaltungsblatt, sondern ein ausgesprochenes Mittel des politischen Kampfes. Für sich selbst legte er dabei das Gelöbnis ab, daß Unparteilichkeit, Wahrheitsliebe und Furchtlosigkeit die ihn allein leitenden Motive sein würden. Mit ganz besonderer Meisterschaft behandelte [64] Görres in seinen Blättern die Form der Satire; er bekämpfte nicht nur die absolute Monarchie, sondern auch die Geistlichkeit und alle übrigen Widersacher der Aufklärung mit beißendem Hohn und Spott. Auch das rhapsodische Moment, das zumal seinen späteren Stil kennzeichnet, jener Feuerwirbel der Bilder und Worte, das übermächtig Strömende der Satzgebilde, wird in seinen ersten Aufsätzen bereits unverkennbar deutlich.

"Ewiger Krieg allen Spitzbuben; die Hand dem tugendhaften Manne!" Als der entflammte Herausgeber des Roten Blattes damit Ernst machte, die argen Korruptionen der französischen Verwaltungen im Rheinland mit derselben Schonungslosigkeit zu entlarven, mit der er gegen die Feinde der Revolution zu Felde gezogen war, mußte er sich bald genug gegen den Vorwurf verteidigen, er habe seine Ansichten geändert und greife die Franzosen aus – Nationalhaß an! Jedenfalls ging Görres 1799 als Führer einer Koblenzer Abordnung nicht nur, um den Anschluß der Rheinlande an Frankreich zu befürworten, nach Paris, sondern zugleich, um der französischen Regierung die Beschwerden der rheinischen Bevölkerung über militärische und zivile Bedrückungen und Mißstände vorzutragen. Welchen Eindruck mußte da auf Görres die unabweisbare Erkenntnis machen, daß im Ursprungslande der Revolution dieselbe, ja, eine noch weit größere Mißwirtschaft und Tyrannei herrschte! Auf dieser Reise sah er so gründlich hinter die Kulissen der Revolution, daß der Traum seiner Jugend von einem neuen Zeitalter der Völkerbeglückung rasch verflog. Görres kam gerade zu der Zeit nach Paris, als Napoleon die Macht an sich zu reißen im Begriffe stand. Die von Görres bejubelte "Freiheit" sah dem von ihm so leidenschaftlich befehdeten Despotismus verzweifelt ähnlich. In seiner Schrift Resultate meiner Sendung nach Paris (1800) schilderte er den Sumpf der französischen Revolution und gab seiner grausamen Enttäuschung unverhohlenen Ausdruck. "Es ist schrecklich, an die Stelle des herrlichen Monumentes, das auf alle Folgezeit berechnet schien, jetzt den pestilenzialischen Sumpf, in dem Molche und Kröten sich durch den stinkenden Schlamm hindurchwinden, getreten zu sehen... Am Ende des achtzehnten Jahrhunderts erhob sich das Frankenvolk in die Region einer höheren Bestimmung, es tat Großes, leistete, was es vermochte, aber gewaltsam herabgerissen von der Zeit und seiner inneren Natur, erreichte es nicht das Ziel, dem es entgegenstrebte." Mit der Abwendung vom Kosmopolitismus hängt nun bei Görres die durch Herder genährte Erkenntnis der unvertauschbaren Eigenlebendigkeit des deutschen Volkes auf das engste zusammen. Es gibt keine "Freiheit" schlechthin. Es gibt für jedes Volk eine arteigene Freiheit! Görres bekennt in den Resultaten: "Ihre (der Franzosen) Freiheit kann nie jenes hohe reine Wesen sein, das in nackter Einfalt, ungeschmückt und einfach vor unserem innern Sinne strahlt, nein, in Seide und Gazen muß sie sich hüllen, von der Mode des Tages aufgeputzt, muß sie einhertreten, von dem glänzenden Zirkel ihrer ersten Anbeter umringt; mit ihren Reizen soll sie spielend wuchern, mit den Feuerrädern ihres [65] erborgten Glanzes soll sie die blöden Augen blenden, mit Kokettendespotismus über feile Sklaven herrschen... die Freiheit des Teutschen hingegen soll eine Madonna sein, mit liebevoller Güte soll sie ihren Segen und nichts als Segen spenden; nicht Glanz und Tand und Flitter soll sie umstrahlen, nur Liebe aus ihr sprechen; an ihrem Busen sollen ihre Kinder Wohlsein saugen und in ihrer Gabenfülle sich sättigen."

Von einer Verschmelzung der Rheinlande mit Frankreich war künftig bei Görres keine Rede mehr. Er hatte, ähnlich wie Arndt, erkannt, daß der Rhein nicht die Grenze Deutschlands sein darf, weil er die Herzader der deutschen Nation ist. "Eine tiefe Kluft sieht der Beobachter zwischen dem französischen und dem teutschen Nationalcharakter befestigt...; eine natürliche Grenze ist zwischen beide gezogen... Sprache und Nationalgeist und Sitten und Gesetze, insofern letztere von den ersteren abhängig sich herleiten, setzen sich also mächtig einer Verbindung beider Völker entgegen; die Weinreben des Rheins und die Orangen des Südens gedeihen nicht unter der nämlichen Sonne, sie schied die Natur, und was die geschieden wissen will, vereint sich nicht leicht wieder!" "Die wahren Grenzen sind nicht an Berge und Wasser gebunden, sondern laufen durch die Völker, da wo die Scheiden der Sprache, Sitten, Gesinnungen und Gemütsanlagen sind."

Nach der Rückkehr von Paris heiratete Görres seine Jugendgeliebte, Katharina von Lassaulx, und erhielt in Koblenz eine bescheiden besoldete Anstellung als Gymnasialprofessor an eben der Schule, die er einst als Schüler besucht hatte. Politisch bedeutete seine Absage an die französische Revolution und die Aufklärung übrigens keine Rückkehr zum Ancien Régime. Görres suchte jenseits von Republikanismus und fürstlichem Absolutismus nach neuen politischen Zielsetzungen. Er fand sie durch seinen Anschluß an die deutsche Romantik.


In den ersten Jahren nach der Jahrhundertwende war Görres vornehmlich als Forscher und Denker tätig. In sich selbst "zusammengekugelt wie ein Igel" hatte er sich von der Gegenwart abgewandt, um nunmehr im Geiste alle Zeiten und Völker zu durchwandern und die weiten Gebiete der Wissenschaft im Sturmschritt zu durchmessen. Mehr und mehr zeigte er einen so eigenen Wuchs und eine so gewaltige Gedankenkraft, daß wir heute geneigt sind, diesen neuen, zweiten Abschnitt seines Lebens als den vielleicht bedeutendsten in seinem Gesamtschaffen überhaupt anzusehen.

Zunächst befaßte sich Görres genauer mit der Lavoisierschen Chemie, die er auch persönlich vertrat, und brachte eine von den Naturwissenschaftlern als besonders vorzüglich anerkannte Übersetzung des damals modernsten Werkes über Chemie von Fourcroy heraus. Er entwickelte sodann ein eigenes medizinisches System und betätigte sich auch als Arzt mehrfach mit großem Erfolg. So stellte er z. B. durch seine galvanischen Kuren ein fast ertaubtes elfjähriges Mädchen nahezu vollständig [66] wieder her. Dem schwerkranken Maler Philipp Otto Runge schrieb Görres noch wenige Monate vor dessen Tode: "Könnte ich Sie sehen, ich möchte Ihnen wohl noch helfen; denn ich habe tiefere Blicke in die Natur getan, als vielleicht mancher der Ärzte. Kommen Sie!"

Die Schriften: Aphorismen über die Kunst (1802), Über Organonomie (1803), Glauben und Wissen (1805) und Exposition der Physiologie (1805), enthalten die tiefste uns bekannte Anwendung des von Herder der Romantik übermittelten Organismusgedankens und die kühnste Weiterentwicklung der von Goethe in die Naturforschung eingeführten Polaritätsidee. Wohl fanden auch einige gedankliche Anknüpfungen an Schelling statt, doch drang Görres in kosmische Zusammenhänge ahnend ein, die jenem vollständig verschlossen geblieben sind. In Sätzen von oft geradezu magischer Sprachgewalt mit einer überwältigenden Fülle wirklichkeitsgesättigter Bilder entwirft er ein vitalistisches Weltbild, das einerseits Ideen von Paracelsus und Böhme kongenial erneuert und andererseits in die unmittelbare Nähe von Bachofen und Nietzsche führt.

Wir müssen uns hier damit begnügen, einige der Hauptgedanken von Görres, wie sie sich in den genannten Büchern finden, zu skizzieren. Schelling hat einmal das letzte Ziel des deutschen theologischen und philosophischen Denkens in seiner Rede "Über das Wesen deutscher Wissenschaft" mit folgenden Sätzen gekennzeichnet: "Dahin, nach diesem Ziel hat alle deutsche Wissenschaft getrachtet von Anbeginn, nämlich die Lebendigkeit der Natur und ihre innere Einigkeit mit geistigem und göttlichem Wesen zu sehen. In dieser Anschauung lebte der große Geist des Johannes Kepler, welcher in dem Zeitalter des Cartesius Atem und Seele der Erde gab, die physische Bedeutung geistiger Formen, die Vorbildlichkeit der Mathesis in bezug auf die Natur und das Weltsystem erkannte. Eben dieses war die Seele jenes deutschen Erfinders (gemeint ist Leibniz), welchem das Leben der einen alles Leben enthaltenden Substanz nicht genügte, welcher schauend ahndete, daß jeder Teil der Materie ähnlich sei einem Garten voll organischer Gewächse, ähnlich sei einer See voll lebender Geschöpfe... Das unverwerflichste Zeugnis dieser Wahrheit und Richtung des deutschen Geistes hat der hocherleuchtete Mann Jakob Böhme gegeben... Ihm gesellte sich Hamann, der Mann tiefsinnigen Geistes, bei, der den Totschlag der Natur durch den Gebrauch der Abstraktionen und die ganze Eitelkeit seiner Zeit in ihrer vermeintlichen Erhebung und Herrschaft über die Natur und ihrer moralischen Feindschaft gegen dieselbe tiefer als jemand fühlte... Aber wer wollte diese Wolke von Zeugen einzeln aufzählen, da alles, das urkräftig aus deutscher Kraft erzeugt ist, die einmütige Richtung hat gegen dieses Ziel aller Erkenntnis."

Eben diese von Schelling geschilderte Entwicklung des deutschen theologischen und philosophischen Denkens wurde im neunzehnten Jahrhundert von Görres wohl am stärksten weitergetrieben. Er rang um eine überkonfessionelle Religion; nun aber nicht mehr um eine solche der "Vernunft" wie die Aufklärer, sondern [67] vielmehr des universalen Lebens. Görres wurde Pantheist im Goetheschen Sinne des Wortes. Das All der Erscheinungen (die natura naturata) ist von einem Urgegensatz durchzogen, der in der das All lebendig durchwirkenden Gottheit (der natura naturans) seine Einheit hat. Der Urgegensatz tritt auf als das Gegen- und Zueinander von Materie und Geist, Negativem und Positivem, Notwendigkeit und Freiheit, Schicksal und Vorsehung, Erkanntem und Erkennendem, Glauben und Wissen, Weiblichem und Männlichem. Weitere Pole der Welt sind: Erde und Himmel, Nacht und Tag, Dunkel und Licht, Links und Rechts, Schlafen und Wachen, Vergehen und Entstehen, Tod und Geburt. Görres verband seine Polaritätsmetaphysik mit dem Paracelsischen Gedanken der lebendigen Korrespondenz zwischen der Welt der Gestirne und der sublunarischen Welt. Der polare Rhythmus des Alls bewegt aber nicht nur das Leben der Organismen, sondern schwingt auch in der Geschichte, die sich, unbeschadet ihrer Freiheit, in astrale Zyklen gliedert, und in der es "Götterjahre" gibt. Wohl nur wenige Denker haben den Gedanken der kosmischen Polarität so ernst genommen wie Görres und haben den aufklärerisch idealistischen Wahn eines "Fortschritts" in der Geschichte so zunichte gemacht wie er.

Görres' späterer Aufsatz über den Sternenhimmel in der Neujahrsnacht von 1815 bis 1816 enthält die Quintessenz seiner neuen Metaphysik und zeigt, welche Meilenfernen nunmehr zwischen ihm und der Gedankenwelt der französischen Revolution lagen: "Alltäglich, sobald das ewig klare, heitere Sonnenauge sich aufgetan, und dem Menschen der Blick in die stillstrahlende, immer sich selbst gleiche Einheit der Dinge gestattet ist, erscheint ihm unter ihr die sichtbare Welt der Zeitlichkeit aufgedeckt: es drängt sich der Wechsel der Gestalten im rasch bewegten Leben, die Naturkräfte arbeiten emsiger in der Tiefe, die Lebensquellen steigen höher bis zum Überfließen, die Zeit geht eilend ihren Weg, hinter ihr gießt die Geschichte ihre Ströme aus wolkenbedeckter Urne, und die Fluten rauschen der Eilenden nach, ewig bemüht, sie einzuholen. – Wenn aber allnächtlich die dunkle Erde wie ein Augenlid die strahlende Sehe zugedeckt, und die lichtgewebte Decke aufgezogen, hinter der verhüllt das Geheimnisvolle ruht, dann ist die alte Nacht, die Mutter alles Geschaffenen, uns aufgegangen, die Fülle der Dinge hält sie in sich beschlossen, ewig ruhend, ewig tiefen Ernstes sinnend, in lautloser Stille harrend, hat sie ihre Sternenschleier durch die Unendlichkeit gebreitet; sie wallen und spielen von Himmelslüften leicht bewegt, unter ihnen schlafen die Kräfte leisen Schlaf, in ihrem Arme ruht die Geschichte, Tod und Leben sind wie das Kreisen eines Sonnenstäubchens in Schatten und Licht in ihr befaßt... So gerne will der Tag die Nacht um ihre Geheimnisse befragen, die Mutter, die eher denn er gewesen, soll ihm auch von der Zukunft weissagend Kunde geben. Das hat die Menschen von je getrieben, daß sie forschend zum Firmamente hinaufgesehen, und wie das Kind in den Augen der Mutter zu lesen sich bemüht, so in den Sternen Andeutung des Kommenden aufsuchen...! Aber in jedem Jahre, ja, an jedem Tage, kehrt dieselbe Stellung dieser Zeichen wieder, jedes Jahrhundert legt sich in denselben Kreislauf [68] von Streit und Beruhigung zusammen, und das große Sternenjahr, in dem durch viele Jahrtausende in der Fortrückung aller Zeichen dieselbe Ordnung wiederkehrt, hat in seinem Beginnen dasselbe Horoskop und die gleiche Stellung der Aspekte. Denn auch die Geschichte zerfällt in eine Jahresfolge, wo jedes Element in sich wieder ein Bild des Ganzen ist und den Sternenhimmel in allen seinen Gegensätzen in sich spiegelt, so daß an der Erde unten und am Himmel oben, dort in der Wirklichkeit, hier im Bilde, in allen wechselnden Formen doch im Innersten derselbe Verlauf der Weltereignisse sich wiederholt. Nicht ohne den tiefsten inneren Grund ist diese Verkettung zwischen den Himmelsbildern, diesem großen apokalyptischen Panorama und der Geschichte, wo Eins immer wechselweise das Andere deutet und bedeutet. Wie die Naturkräfte rastlos ohne Aufhören immer wieder dasselbe Spiel beginnen, so sind die Leidenschaften an dasselbe ewig kreisende Rad geflochten, und durch jede Menschenbrust ist ein Eingang in jenen alten Tartarus, wo in dem Steine, der, unermüdet bergan gewälzt, immer vom Gipfel rückwärts stürzt, in den Wässern, die, oben zugetragen, unaufhörlich nach unten hin entrinnen, in der immer verzehrten und immer nachwachsenden Leber, das blinde und das kreisförmig in sich zurückkehrende Walten der blinden Menschenkräfte wie der Naturkräfte abgebildet ist. Darum, und weil die menschliche Natur also eingerichtet, daß sie zugleich die Schlangen und den Herkules, der sie erdrückt, aus sich selber ausgebärt, darum ist es auch um ihren unablässigen Streit also beschaffen, daß, wie der eine niedergekämpft ist, sogleich in der Ferne sich der andere im Morgen zeigt, daß aber auch jedesmal zugleich die helfenden, zuletzt siegenden Kräfte in den Aufgang treten, und so immer abwechselnd in Gefährde, Streit und Sieg sich die Geschichte fortentwickelt."

Als Jakobiner wollte Görres einst die "Gegenwart" von abstrakten Idealen einer erdachten "Zukunft" aus radikal umgestalten. Als romantischer Lebensphilosoph erkannte er, daß es nicht die Ideenchimäre einer "Zukunft" ist, aus der das Leben der Geschichte seine Kräfte zieht, sondern die nimmer sterbende Wirklichkeit des – Vergangenen! Die wachsende Pflanze bewahrt das Bild des Samenkorns, aus dem sie wuchs, um auf der Spitze ihrer Entwicklung wiederum Samenkörner zu erzeugen, die den Lebenskreislauf von neuem beginnen. Auch die Geschichte ist nicht eine Aufeinanderfolge von bewußten "Taten" und "Ideen", sondern in ihrem Abgrund vollzieht sich das unbewußt schicksalhafte Kommen und Gehen der Geschlechter. Das ungeheure "Rad der Geburten" wälzt sich um, gestaltende Erbströme fließen unaufhaltsam durch die Jahrhunderte und Jahrtausende. "Und so wälzt sich des Lebens Rad durch der Zeiten Wandellauf, und hin durch die Unendlichkeit zieht sich der Menschheit Zykloide."

Görres erschloß wieder den Zauber, den das Alte übt, das uns tiefer noch erregt als das Andenken unserer Kindheit. Die Ahnung der Vergangenheit liegt wie ein verborgener Keim in uns, das alte Leben drängt als bildende Kraft nach oben und erscheint ewig neu und schöpferisch wie die Jugend. "In unabsehbarer [69] langer Reihe geordnet stehen die Jahrhunderte, die Nächsten mit uns genau befreundet, in Haltung und Gestalt wie wir beschaffen, unsre eigene Sprache uns verständlich sprechend. Die Fernen immer seltener, immer wunderbarer, immer unverständlicher und geheimnisvoller. In die Weite eingeschleiert, wollen ihre Züge sich nicht erfassen lassen, und die fremden Laute, die von ihnen herübertönen, verklingen und verschweben in die Weite. Bei den Fernsten aber ist alle Form in das Wunder aufgelöst, und sie sprechen in dunklen Hieroglyphen von der Ewigkeit, wie die Elemente sprechen, sinnvoll und bedeutend, aber nicht mit Menschenzungen, nicht mit artikulierten Tönen. Wie Windes Wehen, wie Kindes Lallen ist ihr Reden, das Ohr horcht den wundersamen Klängen, aber dem innern Sinn ist ihr Verständnis nur gegeben. So kreisen sie jenseits, die Gestalten der Vergangenheit, diesseits aber treiben wir selbst in der Gegenwart uns um, und dazwischen ist der bunte Teppich des Lebens ausgespannt, und eilt vorwärts von der Zeit getrieben, wie der Farbenbogen auf der Regenwolke, und kaum daß wir aufgeblickt, sind wir auch jenseits unter den schwebenden Gestalten, und ein anderes Geschlecht spielt außen im Sonnenscheine."

Es sind uralte mythische Schauer, die in Görres wiedererwachten. Es wäre hoffnungslos, hier nach äußeren zeitgeschichtlichen "Einflüssen" zu fahnden. Die deutsche Romantik war eine Welle des Lebens, die aus elementaren Quellgründen hervorbrach und emporflutete in die Herzen deutscher Dichter und Denker. Görres hat das wohl gewußt und auch ausgesprochen: "Die Bäume fingen an zu sprechen und die Kräuter und Blumen zu singen... und das Tote durchdrang eine ungefühlte Lebenswärme..., und Luftgeister und Erdgeister trieben sichtbar sich in den Elementen umher, bisher ungesehene Vögel flogen aus dem Süden herauf und brachten fremde, seltsame Gesangsweisen mit..., die Kinder mußten den Alten ihre Märchen und Spiele bringen, und die Erde ward durchsichtig, und in ihren Tiefen erschien die alte Zeit in ihrer hohen, erhabenen Majestät..., und wunderbare Töne aus der Fabelwelt drangen aus dem Abgrunde herauf..., und die großen Geister aller Zeiten... wurden aufgerufen und sammelten sich wärmend um den Lichtpunkt her."

Görres selbst wurde zu einem solchen Lichtpunkt. Als er seit 1806 in Heidelberg lebte und lehrte, sammelten sich um ihn, magnetisch angezogen, die Arnim, Brentano, Eichendorff. Der zuletzt Genannte hat uns berichtet, wie Görres auf ihn und andere gewirkt hat: "Es ist unbegreiflich, welche Gewalt dieser Mann, damals selbst noch jung, auf die Jugend ausübte. Sein Vortrag war monoton, fast wie fernes Meeresrauschen, schwellend und sinkend, aber durch das unaufhörliche Gemurmel leuchteten zwei wunderbare Augen und zuckten Gedankenblitze beständig hin und her. Es war wie ein prächtiges nächtliches Gewitter, weckend und zündend für das ganze Leben."

Görres schloß die Tore der deutschen Vergangenheit auf, damit das in ihr bewahrte Leben von neuem zur Blüte gelange: "Die Pforten des Aufgangs such' [70] ich immerdar, wo die starken Geschlechter wohnen... Ich suche das Leben, man muß tief die Brunnen in der Dürre graben, bis man auf die Quellen stößt." Von hier aus versteht man erst wahrhaft seine Wiederherausgabe altdeutscher Volks- und Meisterlieder, Heldensagen und Ritterdichtungen, vor allem aber der Teutschen Volksbücher, deren sprachgewaltige und gedankentiefe Einleitung auf dem von uns angedeuteten Weltbild beruht. Görres knüpft in dieser Einleitung die deutsche Geschichte wieder an den Mythus an. Der Mythus eines Volkes, einst aus elementarem Enthusiasmus geboren, und somit göttliche Offenbarung, enthält die Keime seines späteren geschichtlichen Schicksals. Auf den Mythus eines Volkes gründet sich die gesamte irrationale Einheit seines Wesens und Lebens, seine Einheit aus Ahnenerbe, Blut und Heimaterde. Görres ist der Mann, der, weit tiefer dringend noch als Herder, im neunzehnten Jahrhundert diese Wirklichkeit des Mythus zuerst wieder gesichtet hat. Aus seinem Wissen um diesen Mythus fand er die Kraft, in der zeitgenössischen Jugend das deutsche Erlebnis zu erwecken, das dann auch zur feurigen Mitte seines Rheinischen Merkur werden sollte. Es war der Freiherr vom Stein, der über Görres und seinen Heidelberger Kreis das Wahrwort ausgesprochen hat: "In Heidelberg hat sich ein guter Teil des Feuers entzündet, welches später die Franzosen verzehrte."

1808 kehrte Görres nach Koblenz zurück, blieb aber mit seinen alten Heidelberger Freunden noch lange in brieflichem Verkehr. Auch mit den Brüdern Grimm, dem Verleger Perthes, Friedrich Schlegel, Jean Paul und dem Altertumsforscher Friedrich Creuzer stand er in geistiger Verbindung. 1810 arbeitete er seine umfassende Mythengeschichte der asiatischen Welt aus. In diesem Werk legte er dar, daß die mythischen Grundgedanken aller Völker in Urzeiten eine Einheit gebildet hätten: "...eine Gottheit nur wirkt im ganzen Weltall, eine Religion auch nur herrscht in ihm, ein Dienst und eine Weltanschauung in der Wurzel, ein Gesetz und eine Bibel geht durch alle, aber ein lebendiges Buch, wachsend wie die Geschlechter und wie die Gattung ewig jung." Den Ursprungsort des Urmythus der Menschheit suchte Görres in Indien.

Seit 1810 wirkte Görres wiederum auch als politischer Schriftsteller. Er hatte erkannt, daß die Ideen der Französischen Revolution zu einer immer schärferen Heraushebung der Einzel-Iche aus dem Lebensverband des Volkstums führen müssen, und daß das Ideal einer Herrschaft der "Vernunft" kein Gegengewicht von genügender Bindekraft zu bieten vermag. Daher kam es ihm nunmehr umgekehrt darauf an, die allzu "frei" sich gebärdenden Geister wieder um den Lebenskern zu versammeln; der aber stellt sich in jeder besonderen Nation auf unverwechselbar besondere Art und Weise dar. So heißt es denn in seiner Schrift Über den Fall Teutschlands und die Bedingungen seiner Wiedergeburt: "Lerne die Nation sich selbst durchschauen und ergründen, es ist ein tiefer Brunnen in ihrer Mitte zugedeckt, der zu allen Schatzkammern der Erde führt, viele Geister schon haben sich am Nibelungenhort bereichert, und er liegt immer noch unerschöpft im [71] Verborgenen... Was not tut vor allen Dingen, ist, daß in der Nation eine feste, bestimmte öffentliche Meinung sich bilde, die entschieden und unverkennbar den eigentümlichen Charakter des Stammes ausdrücke... In der Nation aber, aus der ein solches Wort gesprochen wird, muß treuer Sinn erfunden werden und stetes Zusammenhalten und Interesse für ihr eigenes Interesse, Besonnenheit und ein unbestechlich gerader Sinn fürs Rechte, der durch keine Sophismen und keine äußerliche Verkehrtheit sich betören läßt... Leider kann, was bisher der Art in Teutschland laut geworden, größtenteils nicht wohl anders als... mißtönend Schellengeläute betrachtet werden... Es muß ein neuer Adel in der Nation aufstehen, zu dem sie selbst ernennt und die Ehrenzeichen verteilt..."

Görres selbst war der Mann, dem es gelingen sollte, der Nation jene Sprache zu erobern. Im Januar 1814 gründete er den Rheinischen Merkur, eine jeden zweiten Tag erscheinende Zeitung, die sich nach einer französischen Stimme zur "cinquième puissance", zur fünften Großmacht gegen Napoleon entwickeln sollte. Der Rheinische Merkur war die vielleicht bedeutendste politische Zeitung, die jemals in Deutschland erschienen ist. Sie hatte außer Görres allerdings auch Mitarbeiter wie Arnim, Brentano, Schenkendorf, Arndt, die Gebrüder Grimm, und erhielt besonders wichtige Mitteilungen unmittelbar durch den Freiherrn vom Stein. Alle führenden Männer Deutschlands lasen damals dieses Blatt, – Gesinnungsfreunde wie Gegner waren gleichermaßen des Lobes voll. Auch im Ausland erregte der Rheinische Merkur größtes Aufsehen. Die Times z. B. brachte mehrfach Übersetzungen seiner Aufsätze.

Rheinischer Merkur, Nr. 1 vom 23.01.1814.
Rheinischer Merkur, Nr. 1 vom 23. 01. 1814.       [Nach landeshauptarchiv.de.]

Am besten hat wohl der Dichter Karl Immermann zum Ausdruck gebracht, welche Rolle der Rheinische Merkur gespielt hat: "Diese Blätter, zu ihrer Zeit von den hungrigen Lesern verschlungen, welche dem Redakteur den Ehrennamen der fünften alliierten Macht zuwege brachten, gehören zu den wichtigsten Dokumenten unserer großen Sturm-und-Drang-Periode. Der Befreiungskrieg war in Sachsen, Böhmen und Schlesien ein wilder Jüngling gewesen, der heftig sich getummelt und um sich gehauen hatte. Erst am Rhein wurde er zum Mann, schlug die Augen auf, besann sich und fragte: Was willst du? Schlachten sind wohl gut, aber der Sieger verlangt doch endlich zu wissen, wohin er gelange. Da stellte sich nun der schlaue Götterbote auf den Markt zu Koblenz, wies die Wege und die Stege, maß mit richtig geeichtem Maße die Könige und Völker und sah nach, ob die zirkulierende Münze ihr Schrot und Korn habe, setzte den Kurs der vollwichtigen fest und merzte die Stücke der Kipper und Wipper aus."

Immer wieder stachelte Görres im Rheinischen Merkur zum Endkampfe gegen Napoleon auf, immer wieder stärkte er das Selbstbewußtsein der erwachten deutschen Nation und nahm zu allen wesentlichen Entscheidungen damaliger Außen- und Innenpolitik Stellung. Er forderte vor allem die Überwindung des deutschen Partikularismus, Wiederherstellung des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation unter einem Kaiser, und zwar dem österreichischen, eine allgemeine deutsche [72] Ständeversammlung, ein gemeinsames Heer, gemeinsames Steuersystem, ein oberstes Bundesgericht, selbstverständlich auch die Rückgliederung der Rheinlande, aber auch des Elsaß, an Deutschland. Görres hörte nicht auf, zu mahnen und zu warnen: "Ihr schönen Rheinlande, eure Sicherheit und das Heil der teutschen Stämme, die euch bewohnen, wäre schmählich dahingegeben, ihr wäret die ersten bedauernswürdigen Opfer eines solchen Vertrages (der die Rheinlande bei Frankreich beließe) und die erste sichere Beute des schlauen Feindes... Und das jenseitige Teutschland, wird es besser gesichert sein? Wer den Rhein oder auch nur einen Teil des Rheins im Besitze hat, behält die Pulsader seines Lebens (nämlich Deutschlands) und somit sein Leben selbst in seiner Gewalt beschlossen, und Südteutschland, das hinter dem Bollwerke des Elsaß wohl gesichert läge, wird vor ihm gerade wie die Rheinlande immer der Schauplatz französischer Kriege sein." Zu den geistig wie sprachlich bedeutendsten Stücken des Rheinischen Merkur gehört die berühmte "Proklamation Napoleons an die Völker Europas vor seinem Abzug auf die Insel Elba". Mit zynischer Offenheit läßt er den Korsen die geheimsten Triebfedern seiner Politik bloßlegen und mit härtester Schonungslosigkeit die Einfalt und lakaienhafte Rückgratlosigkeit des deutschen Volkes geißeln. Görres bediente sich dabei so täuschend der Ausdrucksweise des Kaisers, daß der Aufruf in Frankreich für echt gehalten und als Manifest Bonapartes veröffentlicht wurde.

Entwurf Hardenbergs vom 1. Oktober 1819 für eine Zeitungsnotiz über die Verhaftung von Görres.
[73]      Entwurf Hardenbergs vom 1. Oktober 1819 für eine Zeitungsnotiz über die Verhaftung von Görres, der inzwischen aber geflüchtet war. Berlin, Geheimes Staatsarchiv.      [Vergrößern]
In der Zeit, da Görres den Rheinischen Merkur herausgab, wurde er durch den Statthalter der Rheinlande, Justus Gruner, zum Direktor des mittelrheinischen Unterrichtswesens erhoben. Er blieb aber nur zwei Jahre in diesem Amte tätig. Im Januar 1816 wurde der Rheinische Merkur von der preußischen Regierung verboten, weil er durch sein entschiedenes Eintreten für die Rechte des deutschen Volkes und die Erfüllung der ihm von den Regierungen gegebenen innenpolitischen Versprechungen, aber auch durch andere offene Kritik, äußerst unbequem geworden war. Görres' Amtsentlassung folgte, ohne irgendwelche Begründung seitens der Regierung, im April desselben Jahres nach. Der Bruch zwischen Görres und der preußischen Regierung vertiefte sich noch durch seine Schrift Teutschland und die Revolution (1819), die alle seit dem Wiener Kongreß begangenen Mißgriffe anklagte. Görres entzog sich seiner plötzlich angeordneten Verhaftung durch die sofortige Flucht nach Frankfurt und – Straßburg. "Ich will kein Narr sein, daß ich mich diesen Polizeischindersknechten zum Abmergeln in die Hände gebe", äußerte er erbittert. Seine Flucht erregte europäisches Aufsehen und diente kaum dem Ruhme der preußischen Regierung. Auch hielten die alten Freunde Görres unverbrüchliche Treue. Ludwig Uhland gab bereits drei Wochen nach der Flucht in seinem Prologe zum Herzog Ernst von Schwaben der allgemeinen Erregung Ausdruck.

In Straßburg befaßte sich Görres zunächst wieder mit rein wissenschaftlichen Plänen. Seine "aktenmäßig berüchtigte" Persönlichkeit blieb jedoch den [73=Faksimile] [74] Demagogenverfolgern so verdächtig, daß ein Metternichscher Spion entsandt wurde, um ihn unter der Maske eines Salzburger politischen Flüchtlings genauestens zu beobachten. Der Spion freundete sich mit Görres an und wohnte Wand an Wand mit ihm. Regelmäßig schickte er seine "Berichte" nach Wien, mußte aber schließlich einräumen, daß die angeblichen Straßburger Revolutionsvorbereitungen lediglich auf der Phantasie der besorgten Regierungen beruhten.

Für den damals vierundvierzigjährigen Mann, der von der "Hälfte aller Könige Europas verfolgt" wurde, war die Auslandszeit – seiner äußeren Selbstsicherheit zum Trotz – mit schweren inneren Erschütterungen verbunden. Er litt unsäglich unter dem unaufhebbaren Fernsein von Familie und Heimat. "Haltet euch nur wohl und gesund", schrieb er an Frau und Kinder, "das ist die einzige verwundbare Stelle, die ich habe... Wenn euch etwas widerführe, dann käme ich über Berg und Tal gelaufen, und sie könnten eben mit mir nachher machen was sie wollten." "Oben auf dem Münster haben sie Tafeln hingesetzt, auf denen gezogene Linien nach den vornehmsten Städten weisen. Darauf sind Mainz und Köln ganz scharf eingetragen. Da habe ich mir in der Mitte die Linie gezogen, die dahin weist, wo Rhein und Mosel zusammenkommen, nach Nordost hinaus, da weiß ich also immer, wo ich euch zu suchen habe." Görres hat später von einem Traume erzählt, der ihn in Straßburg monatelang immer wieder befiel: es sei ihm wie einem Baume gewesen, der von einer Hand gewaltsam mitsamt den Wurzeln aus der Erde gerissen worden, um schmachtend in der Luft zu hangen.

1820 veröffentlichte Görres seine unmittelbar aus dem Persischen gestaltete Übersetzung der sechzigtausend Doppelverse des Schah Nahmeh Firdusis, die er dem Freiherrn vom Stein widmete, und gab 1821 seine wichtige Schrift Europa und die Revolution heraus, in der er Rede- und Pressefreiheit, gleiche Rechte und Pflichten für jeden, Selbständigkeit der Gemeinden u. ä. forderte. Diese Schrift ist indessen ebenso wie diejenige über Teutschland und die Revolution alles andere als revolutionär, sie ist vielmehr konservativ im großartigen Sinne dieses Wortes. Wer das Konservative freilich mit dem "Reaktionären" verwechselt, wird Görres' Haltung niemals verstehen. Es gilt zu erkennen, so führte Görres aus, daß "eine große Bindung vom Ursprung her durch alle Zeiten geht, die in der Folge der Geburten und Lebensalter die Geschlechter aneinanderknüpft. Darum will sie (die vox populi), was als Sitte, Herkommen, Überlieferung aus einem Jahrhundert ins andere hinüberrankt, nicht mit einem Griffe durchgerissen sehen, sondern vielmehr gepflegt und geschützt, so lange das grünende Leben nicht aus ihm gewichen. Darum aber will sie keineswegs den Tod zum Herrn des Lebens machen, noch das geschiedene Jahr in dürren Herbarien aufgetrocknet gegen die Verwesung schirmen, sie läßt vielmehr jeden Frühling sein Laub und seine Blüten treiben, damit jeder Gegenwart ihr Recht werde und ihr Teil, wie sich gebührt." Görres zeigte die Fehler der Regierenden auf und warnte vor der Gefahr eines [75] neuen Siegeszuges der Revolution durch Europa. Die innere Festigung der Staaten und ihre Wiedergeburt sei nur von einer religiösen Erneuerung zu erhoffen.

Von den Arbeiten aus der Auslandszeit (er hielt sich außer in Straßburg eine Zeitlang in der Schweiz auf) sind die Schriften Die heilige Allianz und die Völker auf dem Kongresse zu Verona (1822), In Sachen der Rheinprovinz und in eigener Angelegenheit (1822) und Geisterstimme des Kurfürsten Maximilian an König Ludwig I. (1825) wichtig. Die Darlegung In Sachen der Rheinprovinz wandte sich mit größter Schärfe gegen die preußische Regierung und ihre andauernden Mißgriffe bei der Behandlung der rheinischen Menschen. Es mag bei der Gelegenheit erwähnt werden, daß Görres dem Preußentum überhaupt mit Skepsis gegenüberstand. Er verkannte Preußens hervorragende Verdienste um die Befreiung Deutschlands vom Joch des Korsen keineswegs, von der Durchdringung Deutschlands oder auch nur der Rheinlande mit dem Polizeigeiste der preußischen Bürokratie wollte er dagegen nicht das geringste wissen. Von ausschlaggebender Bedeutung war dabei für ihn, daß die Charaktere der Stämme so eigenwüchsig wie die Pflanzenarten sind. Daher wollte er sie in einem mütterlich umfassenden Großdeutschland in ihrer Eigenart und bis zu einem gewissen Grad auch Selbständigkeit erhalten wissen. Ein Zentralismus, der wie in Frankreich die Verschiedenheiten der Stämme oder Provinzen zugunsten eines beherrschenden Mittelpunktes unterdrückt, konnte keinesfalls nach seinem Sinne sein. Die deutsche Einheit, wie er sie ersehnte, sollte wahrhaft "organisch" sein. Deshalb übertrug er seine Polaritätsphilosophie ins Politische, indem er Süden und Norden, Katholizismus und Protestantismus, Österreich und Preußen als Pole ansah. Das deutsche Kaisertum sollte dabei die übergreifende Einheit der Pole garantieren.


In Straßburg wurde Görres Mitarbeiter und Schriftleiter des durch Liebermann gegründeten Katholiken. Damit begann die katholische Epoche seines Denkens und Schreibens. Görres wurde kein fanatischer Katholik. Das beweist z. B. seine Stellungnahme zur Reformation zu der Zeit, als er bereits am Katholiken mitarbeitete: "Mögen die lateinischen Völker sie unbedingt verwerfen, wir Teutsche können es nicht und dürfen es nicht, weil sie aus dem innersten Geiste unseres Stammes hervorgegangen... Dieser Geist ist... die ganze Masse antiseptischer Eigenschaften, die Gott in diese Nation gelegt." Von der Idee einer Universalreligion freilich kam Görres nunmehr ab. 1822 schrieb er an Jean Paul: "So habe ich in religiösen Dingen nach reiflicher Überlegung für besser gefunden, an dem alten Bau, dessen Grundvesten vor so manchen Jahrtausenden... gelegt wurden, fortzubauen, als auf eigene Faust aus Stroh und Goldpapier ein eigenes Schwalbennest... zu bauen." Diese Sätze machen [76] deutlich, daß es ganz wesentlich sein konservativer Sinn gewesen ist, der Görres zur katholischen Kirche geführt hat. Er spürte, daß diese Kirche im unruhigen Strome seiner Zeit tatsächlich der einzig ruhende Fels war; erkannte ihre seit Jahrhunderten bewiesene Bindekraft, die ihren Bekennern ungeachtet aller festen Einordnung die individuellen Züge ließ. Mehr und mehr mußte ihm deutlich werden, daß die Kirche vielleicht die gewaltigste Bergungsmacht war, die den Aufsplitterungsgefahren des 19. Jahrhunderts noch entgegenzuwirken vermochte. Endlich sah Görres in der Hierarchie ein unentbehrliches Gegengewicht gegen die Staatsgewalt. Das Bekenntnis: "Der... Staat vermag die zerklüftete Gegenwart nicht zu retten, die Kirche allein birgt Heilung, Wahrheit und Freiheit" enthält das Ergebnis seiner politischen und religiösen Entwicklung.

1827 folgte Görres, der selbst nie an einer Hochschule studiert hatte, dem Rufe des ihm wohlwollenden Königs Ludwig I. von Bayern an die Universität München. Seine eindrucksvolle "Standrede des Kurfürsten Maximilian" hatte den unmittelbaren Anlaß dazu gegeben. Hier in München sollte Görres auf den Wunsch des Königs neben Männer wie Franz v. Baader, Schelling, Gotthilf Heinrich v. Schubert, Ringseis und Döllinger treten. Sein Programm war der Kampf "gegen die falsche Philosophie und gegen die Feinde der positiven göttlichen Offenbarung, sowie gegen jede unchristliche Politik und den Liberalismus, der auf Unkosten des Nächsten liberal ist". Der Kirche wollte Görres die Unabhängigkeit ihrer religiösen Ordnung sichern helfen; er wünschte sie frei von kleinlicher Bevormundung "mit dem Vorbehalte jener allgemeinen Aufsicht, die wirkliche Mißbräuche abzuwenden imstande ist". In München wurde Görres also zu jenem machtvollen Vorkämpfer des deutschen Katholizismus, als der er heute der breiteren Öffentlichkeit zumeist nur bekannt ist. Es war vor allem die Streitschrift Athanasius (1837–38), durch welche Görres die Geister der Zeit noch einmal gewaltig erregt hat. Mit ihr griff er in den sogenannten Kölner Kirchenstreit ein. Nachdrücklich focht er für die Freiheit der Kirche, die er durch die Maßnahmen der preußischen Regierung (Gefangensetzung des Kölner Erzbischofs von Droste-Vischering auf der Festung Minden) bedroht sah. In den von seinem Sohne Guido Görres 1838 gegründeten Historisch-politischen Blättern setzte Görres seine kirchenpolitische Tätigkeit fort.

Joseph Görres.
Joseph Görres.
Bleistiftzeichnung von Samuel Friedrich Diez, 1838. Berlin, National-Galerie.
[Die Großen Deutschen im Bild, S. 270.]
Görres war ein recht schwieriger Katholik. Das macht nicht zuletzt seine vierbändige Christliche Mystik (1836–42) deutlich, die vom Vatikan beinahe auf den Index gesetzt worden wäre. In diesem Riesenwerk, das von einer erlebnistiefen Theorie der Mystik eingeleitet wird, hat vornehmlich der Dämonenglaube des Mittelalters eine umfassende Darstellung von dantesker Sprachgewalt gefunden. Auch die ausführlichen Schilderungen christlicher Bußpraktiken sind von unerhörter Eindringlichkeit.

Aus dem Jahre 1842 sind noch zwei Schriften von Görres zu erwähnen: Der Kölner Dom und das Münster von Straßburg (Görres war schon im [77] Rheinischen Merkur für die Vollendung des Kölner Domes eingetreten) und Kirche und Staat. Wiederum zeigt es sich, daß Görres in konfessionellen Dingen außerordentlich weitherzig war. "Wir alle, Katholische und Protestantische, haben in unsern Vätern gesündigt und weben fort an der Webe menschlicher Irrsal, so oder anders. Keiner hat das Recht, sich in Hoffahrt über den andern hinauszusetzen, und Gott duldet es von keinem, am wenigsten bei denen, die sich seine Freunde nennen." Deutschland bedarf, wie Görres wußte, des Friedens zwischen beiden Konfessionen, damit es in Ruhe gedeihen kann. In den Domen aber sah er (im Sinne eines seiner Straßburger Aphorismen) Symbole der Grundpfeiler, die das Menschheitsgebäude tragen: Religion und Ethik. "Seht die Pfeiler unserer Münster, wieviele Generationen sind in den Augenblicken vielleicht ihrer besten Gefühle durch sie hingeströmt wie die Wellen des Stromes durch den Boden der Brücke. Sie sind vorübergegangen, und andere werden kommen, die noch nicht geboren sind. Sie sind schweigend in den Menschenfluten gestanden und sind heute, was sie vor Jahrhunderten gewesen. So stehen die Grundpfeiler von Religion und Ethik in der Geschichte, sie zieht hindurch, umspült sie, brandet an ihr und reibt sie glatt, vermag aber nicht, sie zu erschüttern: denn ihr Bau ist nicht Menschenwerk, sondern Gottes Anstalt, an dem die Zeit abgleitet..."

Mit besonderer Beunruhigung beobachtete Görres den unaufhaltsamen Fortschritt des beginnenden Maschinenzeitalters. Er fürchtete wie der alte Goethe, daß nunmehr eine arge Kulturverflachung allgemein werden würde. "Und wäre ganz Teutschland mit Ringelbahnen von einem Ende zum andern in allen Richtungen belegt, und flögen Dampfwagen zu Tausenden in ihm über Berg und Tal, würden all seine Flüsse von den Dampfschiffen bis zum tiefsten Grund durchfurcht, arbeiteten die Hebel sich müde in allen Winkeln, und wendeten sich um an allen seinen Straßen die Räder der Maschinen: was hülfe ihm das alles, hätte es in dem klappernden Mechanismus die inwohnende Seele verloren!"

1845 bekämpfte Görres in der Schrift Wallfahrt nach Trier die deutsch-katholische Bewegung. Sein Ausspruch: "Der Papst, mit Unfehlbarkeit ausgerüstet, würde mit Weltkugeln Ball spielen", beweist jedoch, daß er kein Freund jener kirchlichen Bestrebungen war, die 1870 zum Vatikanum führten.

Joseph Görres starb in München am 29. Januar 1848 im 72. Lebensjahre. Auf seinem Sterbebett sprach er die besorgten Worte: "Verrottete Völker leben nicht auf..., auch verfaulte Dynastien leben nicht wieder auf. Es ist eine schwere Zeit, eine schwerere wird kommen..."

Eine unübertreffliche Kennzeichnung von Görres verdanken wir Friedrich Hebbel, der ihm in München begegnet ist: "Sein Gesicht ist eine Walstatt erschlagener Gedanken. Jede Idee, die seit der Revolution den Ozean deutschen Geistes mit ihrem Dreizack erschütterte, hat ihre Furche darin gezogen, und diese Furchen sind, als der Jakobiner in den Heiligen zurückkroch, alle stehen geblieben!"

[78] Welche Bedeutung sein Werk für unsere Gegenwart besitzt, wurde gesagt, denn an die Entdeckung des Mythus können wir wieder anknüpfen. Die junge Generation von heute wird sich aber auch die lebensmächtige Persönlichkeit des "wetterleuchtenden" Rheinländers, des zornig-leidenschaftlichen Kämpfers für Wahrheit, Recht und Ehre, jederzeit zum Vorbild nehmen können, den folgenden Worten von Görres gemäß:

"Nur bei dem Leben will ich lernen, nicht bei dieser Stubenweisheit, die im bestaubten Winkel ihren Laich bebrütet: Was ihr im dünkelhaften Hochmute bei der mageren Tranlampe eures Aberwitzes erzeugt, das ist alles vergänglich und sterblich wie ihr selber; nur das, was als immer bleibend in allen Zeiten wiederkehrt, was nicht erfunden, sondern gefunden wird, was, wie der helle Tag vom Himmel, in den Menschen kommt, der sich der Strömung nicht verschließt, das allein ist ewig, weise und unsterblich, das gemeinsame Erbe aller vergangenen und zukünftigen Geschlechter."




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Die großen Deutschen: Neue Deutsche Biographie.
Hg. von Willy Andreas & Wilhelm von Scholz