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Bd. 3: Die grenz- und volkspolitischen Folgen
des Friedensschlusses

IV. Gebietsverlust durch erzwungene Abtretung
oder Verselbständigung
  (Teil 5)

5) Die Freie Stadt Danzig

Dr. Theodor Rudolph
Danzig

Scriptorium merkt an:
Ein Buch zu den Gebiets- und Bevölkerungsverlusten des Deutschen Reiches und Deutsch-Österreichs nach dem Jahre 1918 finden Sie hier!
Wenn man das in Versailles in einer schlimmen Stunde gezeugte Staatsgebilde mit dem klangvollen Namen "Freie Stadt Danzig" in seinem Wesen recht erkennen will, so muß man sich in die mittelalterliche Geschichte der ruhm- und kampfreichen Stadt Danzig zurückversetzen, in die Zeit, da sie als Stadtstaat im Hansabunde und als einer der bedeutendsten europäischen Handelsplätze in beinahe vollkommener Eigenmächtigkeit gegenüber den jeweiligen Herren des unteren Weichsellandes, zuerst den pommerellischen Herzögen, dann dem Deutschen Ritterorden und nach seinem Verfall den polnischen Königen als Schutzherren, ihre Geschicke leitete. Denn aus der Geschichte Danzigs ist der Botschafterkonferenz die "rettende" Erleuchtung gekommen, als Lloyd George in großer Erregung, wenn auch allein, die Auffassung verfocht, daß eine Abtretung der urdeutschen Weichselstadt an Polen für Deutschland unannehmbar sei und mit Sicherheit zur Ablehnung der Friedensbedingungen durch das Reich führen würde, und als die Beratungen der Konferenz über das Schicksal Danzigs und der Weichselmündung durch den englischen Einspruch ins Stocken geraten waren.

Im Verlaufe dieser mit Heftigkeit geführten Auseinandersetzungen wurden über den Kopf des betroffenen deutschen Volksteiles hinweg die Grundzüge jener Bestimmungen festgelegt, die in den Artikeln 100-108 des Versailler Diktats das gegenwärtige Schicksal Danzigs umreißen.

Es ist bis zum heurigen Tage nicht bekannt geworden, ob die Willensbefragung der Danziger Bevölkerung im Schoße der Botschafterkonferenz überhaupt erwogen worden ist. Die Tatsache, daß die Abtrennung des großen Mittelstückes der Provinz Westpreußen an Polen ebenfalls ohne Volksbefragung dekretiert wurde - als ob es sich um eine Rückgabe geraubten Gebietes an den rechtmäßigen Eigentümer handelte -, spricht nicht dafür. Die Bevölkerung des Gebietes von Danzig war sich jedenfalls ihrer seelischen und physischen Zugehörigkeit zum deutschen Volksganzen in jenen schicksalsschweren Tagen wohl bewußt. Die großen Protestkundgebungen, die Danzig im März 1919 durchschütterten, haben das [314] rückhaltlose Bekenntnis des ganzen Volkes zum großen ungeteilten Vaterlande leuchtend und unauslöschlich dem inhaltsschweren Buch der wandelnden Geschichte einverleibt.

So war es der Botschafterkonferenz nicht leicht gemacht, die gewaltsame Loslösung des Gebietes von Danzig mit dem Scheine einer Rechtfertigung zu umkleiden. Sie führte ins Feld, daß Danzig Jahrhunderte lang in enger politischer Verbindung mit Polen gestanden und Polen den Zugang zum Meere gegeben habe. Nur durch die politische Loslösung Danzigs vom Deutschen Reich, so meinte sie, könne dem polnischen Staat der im 13. Wilsonpunkt zugesagte Zugang zum Meere gewährleistet werden. Das deutsche Gegenangebot, die Weichsel zu internationalisieren und auf deutschem Reichsboden der polnischen Wirtschaft Freihäfen in Danzig, Königsberg und Memel zur Verfügung zu stellen, biete keine hinreichende Gewähr im Sinne des Wilsonversprechens. Überdies sei dem überwiegend deutschen Charakter des Gebietes von Danzig mit dem Projekt politischer Verselbständigung hinreichend Rechnung getragen. Auf diese Weise werde Danzig in eine Lage zurückversetzt, in der es sich während vieler Jahrhunderte zu seinem Glücke befunden habe.

Es kann nicht Aufgabe dieser Zeilen sein, die Haltlosigkeit der Behauptung unter Beweis zu stellen, daß der heutige rechtliche und politische Status Danzigs der eigenmächtigen Stellung Danzigs in der Geschichte entspreche. Von berufener Seite ist dies in glänzender Beweisführung geschehen. Im Rahmen unserer Ausführungen wird vielmehr die Frage Antwort erheischen, welche schicksalsmäßigen Wesenszüge die verschiedenen Epochen der siebenhundertjährigen Geschichte der Stadt Danzig aufweisen und welches eigentlich das Kernproblem dieser Stadt ist.

In der Antwort auf diese Frage offenbart sich das Schicksal, die ganze Tragik und große Not dieser Stadt: Danzig ist bis in den Urgrund seiner Seele deutsch. Im Grenzland der unteren Weichsel, berührt von den ersten Ausstrahlungen des slawischen Volkstums und der slawischen Kultur, steht diese deutsche Stadt Danzig durch ihre geographische Lage bevorzugt im natürlichen Wirtschaftszusammenhang mit dem polnischen Kernlande der mittleren und oberen Weichsel und ihrer weit ausgreifenden Nebenflüsse.

Die deutschen Gegenvorschläge zu den Versailler Bedingungen wurden dieser Doppelnatur Danzigs gerecht, indem sie, von den nationalen Grundsätzen der modernen Politik ausgehend, die internationale wirtschaftliche Aufgabe Danzigs durch das Angebot von Verkehrserleichterungen und -berechtigungen für die polnische Wirtschaft, deren organischer Ausbau im Rahmen der Bedürfnisse nur eine Frage von Verhandlungen und allerdings eine Frage der Fried- [315] fertigkeit und der Einsicht der anderen Seite war, anerkannten. Demgegenüber ist die Freie Stadt Danzig, das Produkt der Beratungen der Botschafterkonferenz, der mißglückte Abklatsch überwundener mittelalterlicher Staatsformen, der sich in unserm im Zeichen nationaler und demokratischer Ideen wandelnden Zeitalter seltsam genug ausnimmt, und wahrlich ein Danaergeschenk an das zu 95% deutsche Danziger Volk ist, dargereicht noch dazu mit der selbstgefälligen Geste großmütigen Wohlwollens.

Mit der Unterzeichnung des Versailler Vertragswerkes sprach Deutschland den Verzicht auch auf das Gebiet von Danzig aus. Der Verzicht auf Danzig und sein Gebiet bedeutete für das Reich den Verlust von 360 000 deutschen Menschen, von fast 2000 qkm deutschen Siedlungsbodens, bedeutete den Verlust eines hervorragenden Zeugen und Mittelpunktes deutscher Kultur und Kunst, den Verlust eines der wichtigsten Handels- und Industriezentren des deutschen Ostens, eines großen Land- und Wasserverkehrsknotenpunkts, eines durch Fruchtbarkeit gesegneten Landes mit einer hochentwickelten Landwirtschaft, bedeutete den Verlust eines wichtigen und vielseitigen Verwaltungszentrums, eines für die Verteidigung der östlichen Reichshälfte unersetzlichen strategischen Platzes mit ausgedehnten militärischen, maritimen und verkehrstechnischen Anlagen, bedeutete auch den Verlust eines wichtigen Verbindungsstückes zwischen dem ostpreußischen und dem übrigen Reichsteil.

Die Unterzeichnung des Versailler Vertrages bedeutete für Danzig selbst den Anbruch einer Zeit banger Sorgen, den Anbruch einer ungewissen Zukunft, den durch Abtrennung, Loslösung, Vergewaltigung bedingten Verlust nicht aufzählbarer ideeller und materieller Güter, Beziehungen und Aufgaben, bedeutete letzten Endes die Wiederkehr des Jahrhunderte alten Kampfes um Danzig unter weitaus ungünstigeren Voraussetzungen und Vorzeichen.

Der Tag des Inkrafttretens des Versailler Diktats war auch der Stichtag der Loslösung Danzigs aus dem Reichskörper. Mit dem 10. Januar 1920 ging das im Art. 100 des Versailler Vertrages näher bezeichnete Gebiet von Danzig - im Osten an den ostpreußischen Reichsteil, im Süden und Westen an den an Polen abgetretenen Teil Westpreußens grenzend, im Norden von der Ostsee bespült - in die Hände der Alliierten Hauptmächte als Rechtsnachfolger des Reiches über, die sich ohne Festlegung auf einen bestimmten Termin verpflichtet hatten, das Gebiet von Danzig als Freie Stadt zu begründen. Mit dem gleichen Tage verloren die Einwohner des Gebietes die deutsche Staatsangehörigkeit.

Nach einem Provisorium von wenigen Wochen ergriff Sir Reginald Tower, ein englischer Diplomat, im Auftrage des Konsortiums der Mächte von dem Gebiet Besitz und übernahm die Verwaltung, die [316] er mit Unterstützung eines zu diesem Zweck begründeten, aus Danziger Bürgern zusammengesetzten Staatsrates ausübte.

Mit der Beschickung des Staatsrates und der Wahl einer Verfassunggebenden Versammlung griff die Danziger Bevölkerung handelnd in die Ordnung ihrer Geschicke ein. Indem sie der Aufforderung des Verwalters Folge leistete, beugte sie sich dem Zwange und der Last des gegen sie gefällten Spruches. So schwer sie sich zu diesem Schritte auch entschloß, so tat sie ihn doch aus der reiflichen Überlegung heraus, daß passive Resistenz ihre Lage in keinem Fall verbessern, vielmehr sehr leicht verschlechtern könne, daß sie aber die Verantwortung für den weiteren Verlauf der Dinge allein trage, und daß eine Verschlechterung der durch den Versailler Vertrag geschaffenen Verhältnisse im Interesse der gesamtdeutschen Sache unter allen Umständen vermieden werden müsse.

Diese Beweggründe waren für die Danziger Bevölkerung maßgebend, als sie sich positiv zu ihrer neuen Lage einstellte. Und sie betrachtete es auch von vornherein als ihre vornehmste Aufgabe und ernsteste Pflicht, alles daranzusetzen, daß das ihr anvertraute Volksgut in seiner deutschen Wesensart auch unter den veränderten Verhältnissen erhalten bleibe und daß vor allem der ihr aufgedrängte Staat den Charakter eines deutschen Staatswesens erhalte.

Es war daher selbstverständlich, daß die Verfassunggebende Versammlung sich bei den Beratungen der Danziger Verfassung eng an das Vorbild der Reichsverfassung und, soweit die kleineren und speziellen Verhältnisse dies erforderten, an geeignete Leitsätze der Verfassungen der deutschen Hansestädte hielt. Am 1. August 1920 wurde die Verfassung für den projektierten Staat von der Verfassunggebenden Versammlung in dritter Lesung angenommen. Dieser Verfassungstext fand allerdings erst im Mai 1922 nach einigen Änderungen und Einfügungen, die der Völkerbund auf Grund der ihm im Friedensdiktat übertragenen Verfassungsgarantie zu beanspruchen sich für berechtigt hielt, dessen Genehmigung und erfuhr damit ihre endgültige Inkraftsetzung.

Die Übergangszeit der interalliierten Verwaltung diente ferner zu Verhandlungen zwischen Danzig und Polen über einen Vertrag, den die alliierten Hauptmächte sich im Art. 104 des Versailler Diktats zu vermitteln verpflichtet hatten. Die Hauptpunkte des Vertrages sollten bilden:

  1. Aufnahme der Freien Stadt in das polnische Zollgebiet,
  2. Gewährleistung freier Benutzung der Danziger Wasserstraßen usw. für Polen,
  3. Übertragung der Verwaltung und Überwachung der Weichsel, der Vollspurbahnen und des Postverkehrs zwischen Polen und dem Danziger Hafen an Polen, [317]
  4. Übertragung des Ausbau- und Verbesserungsrechtes der Wasserstraßen, Eisenbahnen, Hafenanlagen an Polen,
  5. Gleichstellung der Angehörigen polnischer Nationalität, und
  6. Übertragung der Führung der auswärtigen Angelegenheiten der Freien Stadt und des Schutzes ihrer Staatsangehörigen an Polen.

Die Verhandlungen über diese Vertragsmaterie gestalteten sich außerordentlich schwierig. Sie waren reich an interessanten Aufschlüssen über die Gedankengänge der Partner, die beide Entwürfe vorgelegt hatten. Während Danzig den Komplex der Versailler Bestimmungen aus seinem ganzen Sinn heraus erfassend an die fixierten Fragen, die einer Regelung zugeführt werden sollten, nach bestem Wissen und Gewissen heranging, verleugneten die polnischen Entwürfe die Grundbestimmungen von Versailles und enthüllten den polnischen Expansionswillen in seiner ganzen Hemmungslosigkeit. Über die ihm in Aussicht gestellten Rechtsgebiete hinaus forderte Polen die vollkommene militärische und maritime Oberhoheit, die Unterhaltung von Garnisonen, das Polizei- und Aufsichtsrecht über die Danziger Küstengewässer, polnische Zollverwaltung, Vereinheitlichung aller Abgaben, indirekten Steuern usw., Verwaltung des ganzen Hafengebietes einschließlich der Freihafenzone, Unterstellung der Danziger Handelsflotte unter polnische Flagge, Einführung der polnischen Währung, obligatorische Einführung des Polnischen als gleichberechtigter Gesetzessprache usw.

Wenn es den Polen auch nicht gelang, die allermaßlosesten unter ihren Forderungen durchzusetzen, so war die Botschafterkonferenz doch bereitwillig genug, die Verhandlungen im Sinne der polnischen Entwürfe zu beeinflussen. Trotzdem bedurfte es schließlich noch energischer Druckanwendungen seitens der Botschafterkonferenz und des Völkerbundes, um Polen zur Unterzeichnung des mühsam zustande gebrachten Kompromisses zu bestimmen. Am 9. November 1920 wurde der Vertrag im Uhrensaale des französischen Außenministeriums von Danzig unterzeichnet. Er ist unter der Bezeichnung "Pariser Konvention" bekannt.

Schon bei den Beratungen dieses ersten Vertrages zwischen Danzig und Polen zeigte sich, daß die in Versailles niedergelegten Grundsätze über die Rechtslage der Freien Stadt in ihrer unklaren Fassung und übermäßigen Komplizierung eine Quelle dauernder und schwerwiegender Streitigkeiten zwischen Danzig und Polen abgeben würden. Die Pariser Konvention ihrerseits vermochte diese Unklarheiten durchaus nicht zu überwinden und fügte, wie sich später herausstellen sollte, noch eine Menge von Widersprüchen hinzu, die sich besonders daraus ergaben, daß Polen mit Hilfe der Botschafterkonferenz einzelne Teilberichtigungen, die außerhalb der [318] Versailler Grundsätze lagen oder über diese Grundsätze hinausgriffen, durchsetzen konnte, Teilberichtigungen, die ihm die Handhabe boten, in geeigneten Situationen auf seine ursprünglichen, weiter und umfassender gespannten Ansprüche zurückzukommen.

Nachdem die Danziger Verfassung und der Danzig-Polnische Grundvertrag zustande gekommen waren, waren die Aufgaben der interalliierten Verwaltung erfüllt. Am 15. November 1920 proklamierte Oberst Strutt als bevollmächtigter Vertreter der Alliierten Hauptmächte die Freie Stadt Danzig in feierlichem Akt. Die Staatlosigkeit der Danziger Bevölkerung war beendet. Als dritter, sich auch politisch als deutsch bekennender Staat trat die Freie Stadt Danzig in die europäische Staatengemeinschaft ein.

Die staatsrechtliche Stellung der Freien Stadt Danzig ist auf Grund ihrer Verfassung durch die wesentlichen Begriffsmerkmale des selbständigen Staates gekennzeichnet: eigenes Staatsvolk, eigenes Staatsgebiet und eigene Staatsgewalt. Die Freie Stadt verfügt über eigene Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtspflege als Ausfluß ihrer grundsätzlichen Eigenkompetenz auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens. Schon äußerlich präsentiert sich die Staatshoheit in Staatswappen und Staatsflagge. Die Freie Stadt Danzig ist eine demokratische Republik. Ihr Parlament ist der Volkstag. Er zählt 120 nach dem Verhältniswahlrecht auf vier Jahre gewählte Abgeordnete. Regierung und oberste Landesbehörde ist der Senat. Er besteht aus 22 Senatoren, und zwar aus einer Gruppe von acht hauptamtlichen, auf vier Jahre festgewählten Senatoren, zu denen auch der Präsident zählt, und einer parlamentarischen Gruppe von 14 auf unbestimmte Zeit vom Volkstag gewählten, von seinem Vertrauen abhängigen Senatoren, darunter den Vizepräsidenten. Die Gesetzgebung folgt nach Möglichkeit der im Reich. Der Staatsverwaltung liegt das überkommene preußische System zugrunde. Verwaltungsbezirke höherer Ordnung sind die beiden Stadtkreise Danzig (230 000 Einw.), Zoppot (27 000), die drei Landkreise Danziger Höhe, Danziger Niederung und Gr. Werder (zus. 130 000 Einw.).

Die Rechtspflege üben nach dem übernommenen deutschen Recht vier Amtsgerichte, ein Landgericht und als höchste Instanz ein Obergericht aus.

Währungseinheit ist der Danziger Gulden mit dem stabilen Wertverhältnis 1 Gulden = 1⁄25 £. Währungsbank ist die Bank von Danzig.

Die völkerrechtliche Stellung der Freien Stadt Danzig und in ihr insbesondere die Stellung der Freien Stadt zu Polen und zum Völkerbunde ergibt sich aus der Verfassung, aus den Artikeln des Versailler Diktats, aus der Pariser Konvention, dem im Oktober 1921 geschlossenen umfangreichen Warschauer Ergänzungsabkommen, aus [319] den anschließenden, sich vielfach überschneidenden, aufhebenden, ergänzenden, verändernden Verträgen, Abmachungen und Vereinbarungen, die in fast nicht mehr zu übersehender Zahl im Laufe der verflossenen Jahre zwischen Danzig und Polen zur Regelung der gegenseitigen Beziehungen abgeschlossen worden sind, sowie aus den ungezählten Entscheidungen, Beschlüssen und Empfehlungen der Organe des schützenden und schiedsrichtenden Völkerbundes. Alle diese Rechtsquellen zusammengenommen stellen das selbst für den Spezialisten kaum noch übersehbare, kaum noch entwirrbare, in dauerndem Flusse befindliche Ergebnis eines zur Groteske gesteigerten Aufwandes um eine durch und durch gekünstelte, politischer Vernunft entratende, zu ewiger Unruhe verurteilte Staatsschöpfung dar.

Die Freie Stadt Danzig verfügt grundsätzlich über völkerrechtliche Rechts- und Handlungsfreiheit. Sie ist daher als vertragschließender Teil Partnerin internationaler Verträge, denen sie auf dem üblichen Wege der Ratifikation beitritt. Internationale Staatenkonferenzen können von ihr beschickt werden, was häufig geschieht.

Die Danziger Außenpolitik leitet der Senat als Regierung der Freien Stadt in dem knappen Rahmen und Umfange, den ihr die Verträge belassen. Die Danziger Regierung verkehrt nicht unmittelbar mit fremden Staaten. Die technische Erledigung der auswärtigen Geschäfte der Freien Stadt wird von der polnischen Regierung besorgt. Wenn diese nun auch bei der Erledigung des diplomatischen Verkehrs zwischen Danzig und fremden Staaten in keiner Weise selbständig handeln und zumal Verbindlichkeiten für die Freie Stadt ohne Auftrag nicht begründen kann, so liegt doch auf der Hand, daß sie Aufträge, die ihr unbequem sind oder die gar ihren eigenen außenpolitischen Intentionen nicht entsprechen - in diesem Falle hat sie sogar das Recht, die Aufträge zurückzuweisen -, entweder schleppend oder nicht auftrags- und sachgemäß behandelt und so der Freien Stadt Schäden zufügt, die sich vielfach der Feststellung vollkommen entziehen und deren Verschulden der polnischen Regierung nur selten nachgewiesen werden kann. Ähnlich verhält es sich mit der Verpflichtung Polens, den Schutz der Danziger Staatsangehörigen im Auslande wahrzunehmen, eine Verpflichtung, die Polen ganz unzuverlässig und uninteressiert, wenn überhaupt, erfüllt. Die Erfüllung von Vertragspflichten, die mit der auswärtigen Vertretung Danzigs sonst zusammenhängen, wird von Polen vielfach abgelehnt oder ad infinitum hinausgeschoben. So hat Polen z. B. nur in einem Falle dem Rechtsanspruch Danzigs auf Gewährung von Attachéstellen bei den für die Danziger Handelsbeziehungen wichtigen polnischen Konsulaten trotz ungezählter Gesuche, Vorstellungen und Beschwerden entsprochen.

[320] Die Schwierigkeiten, die Polen der Freien Stadt bei der Verfolgung ihrer außenpolitischen Geschäfte im Laufe der Jahre bereitet hat, sind Legion. Nicht allein aus diesem Grunde, sondern zumal aus grundsätzlichen und aus Erwägungen der politischen Moral wird die Tatsache, daß ausgerechnet Polen die deutsche Freie Stadt Danzig nach außen vertritt, von der Danziger Bevölkerung als unerträglich empfunden.

Während das besprochene Rechtsgebiet der politischen Sphäre angehört, sind die juristisch als Staatsservituten anzusprechenden Rechte Polens auf dem Gebiet des Zollwesens, der Eisenbahn und der Post wirtschaftlicher bzw. wirtschaftspolitischer Natur.

Die Einbeziehung der Freien Stadt in das polnische Zollgebiet, die am 1. April 1922 vollzogen wurde, schnitt Danzig aus dem deutschen Wirtschaftsorganismus heraus, auf den naturgemäß der ganze Wirtschaftsbestand und das Wirtschaftsleben des Gebietes zugeschnitten waren. Die hierdurch ausgelöste totale wirtschaftliche Umgruppierung Danzigs, die natürlich um so tiefer einschneiden mußte, als Danzig aus dem Kreislauf der kraftvollen deutschen Wirtschaft in den Kreislauf der zuerst "unsichtbaren", ungeregelten, überhaupt erst in der Bildung und Sammlung begriffenen polnischen Wirtschaft hinüberwechselte, wird in Jahren noch nicht zum Abschluß gelangt sein.

Diesem Prozeß fielen alsbald namhafte Handelshäuser und Industriewerke zum Opfer. Der bedeutende Getreidehandel wurde ruiniert. Die polnische nationale Wirtschaftspolitik, die Danzig gegenüber nur ausnahmsweise Rücksicht walten läßt, brachte Danzig um seinen blühenden Zuckerhandel, brach seinen beiden großen Zuckerraffinerien das Genick, brachte Danzig um die geregelte Beschäftigung seiner großen Werften. Kaum hatte sich Danzig nach der Einführung einer eigenen Währung von den Schäden der deutschen Inflation zu erholen begonnen, da versetzte der Sturz der polnischen Währung der Danziger Kaufmannschaft abermals schwere Aderlässe. Von Jahr zu Jahr folgenschwerer macht sich die Konkurrenz der infolge des niedrigen Standes der polnischen Valuta, niedrigerer Löhne und Soziallasten billiger produzierenden polnischen Industrie bemerkbar, die außerdem zum Schaden der Danziger Industrie durch protektionistische Maßnahmen der polnischen Wirtschaftspolitik, hohe Zollmauern, Syndikatsgründungen usw. systematisch zu stärkerer Bedarfsdeckung des polnischen Inlandmarktes befähigt und herangezogen wird. Die extensiv arbeitende polnische Landwirtschaft überschwemmt den Danziger Landproduktenmarkt und unterbietet die intensiv arbeitende hochentwickelte Danziger Landwirtschaft, deren Rentabilität und Kapitalkraft in beängstigendem Maße abnimmt.

[321] Allein die Beschäftigung des Danziger Hafens erfuhr demgegenüber eine starke Belebung, die im Jahre 1928 gegenüber dem Frieden mengenmäßig auf das Vierfache angewachsen war. Diese erhebliche Belebung des Seeverkehrs konnte allerdings die Verluste von Handel, Industrie und Landwirtschaft in keiner Weise aufwiegen, weil der Mengenzuwachs ausschließlich auf Volumengüter: ostoberschlesische Kohle und (nur vorübergehend) Holz beschränkt war, von denen Kohle, ein in der Vorkriegszeit im Danziger Hafen unbekanntes Umschlagsgut, nicht einmal einen Handelsgewinn für Danzig abwirft, weil sie von den polnischen Gruben direkt ins Ausland gehandelt wird.

Ein großer Nachteil erwuchs der Danziger Wirtschaft daraus, daß der noch im Steigen begriffene Hafenumschlag sich ganz ungleichmäßig auf die Warenein- und ausfuhr verteilt. Die Einfuhrgüter machen nur einen Mengenbruchteil (zirka 25%) der Ausfuhrgüter aus, so daß in den letzten Jahren gewöhnlich mehr als die Hälfte der einlaufenden Schiffe leer einläuft. Es kommt hinzu, daß die Einnahmen aus der Hafenverwaltung nicht dem Staate zugute kommen, sondern dem Danziger Hafenausschuß zufließen, einer vom Staat getrennten selbständigen, höchst bürokratisch arbeitenden Behörde (fünf Danziger, fünf polnische Delegierte, der Vorsitzende ein Schweizer), die durch die Pariser Konvention eingesetzt, die Aufgabe hat, Hafen und Wasserwege im Gebiet der Freien Stadt zu verwalten und auszubauen.

In gefährlicher Weise beeinträchtigt die Wirtschaftsinteressen der Freien Stadt vor allem die polnische Hafengründung an der Danzig-polnischen Grenze in Gdingen, die nicht, wie von polnischer Seite vorgespiegelt wird, den Danziger Hafen entlasten, sondern unter Konkurrenz nehmen soll. Die rapide Entwicklung dieses mit allen Mitteln der modernen Technik in großzügiger Weise ausgestatteten, bisher nur zu einem kleinen Teil fertiggestellten Hafens, der schon 1928 den mengenmäßigen Vorkriegsumschlag des Danziger Hafens fast erreicht hat, erfüllt die Freie Stadt mit großen Sorgen. Mit dem Bau dieses Hafens hat Polen Danzig die stärkste wirtschaftliche und politische Verteidigungswaffe aus der Hand geschlagen, die es in Gestalt seiner garantierten Monopolstellung als Zugang Polens zum Meere bis jetzt besaß, und überhaupt in Frage gestellt, ob die Abtrennung Danzigs vom Reich, die mit der Notwendigkeit begründet wurde, Polen einen Meereszugang zu verschaffen, mit dem Anwachsen Gdingens und der zunehmenden Vernachlässigung des Danziger Hafens (durch Bevorzugung Gdingens beim Ausbau des nördlichen Eisenbahnnetzes auf Kosten Danzigs, Ableitung des Auswandererverkehrs, Werftgründung in Gdingen usw.) nicht ihre Begründung verliert.

[322] Jedenfalls gehen Polens Bemühungen dahin, sich von Danzigs Hafen, Transportgewerbe, Handel und Industrie unabhängig zu machen und zugleich der Danziger Wirtschaft die selbständige Bewegungsfreiheit zu nehmen, wie gerade die noch nicht abgeschlossenen Verhandlungen über die Danzig aufgenötigte Beteiligung an den polnischen Exportsyndikaten im Jahre 1929 eindeutig erwiesen haben. In diesem Feldzugsplane nimmt das Streben Polens, den Danziger Hafen an die polnische Seeküste zu binden, eine Vorzugsstellung ein. Dieses Ziel wird erreicht sein, wenn Polen Gdingen zur Seemetropole entwickelt und Danzig die Rolle eines zweitrangigen Hafens zugewiesen hat, der den Maßnahmen der polnischen Hafenpolitik in Gdingen, z. B. in tarifarischer Hinsicht, dann ausgeliefert sein wird. Daß die polnische Hochschutzzollpolitik eine fühlbare Senkung und Verteuerung der Lebenshaltung der Danziger Bevölkerung mit sich bringt, kommt diesen Bestrebungen nur zugute.

Während die Zollverwaltung im Gebiet der Freien Stadt eine Danziger Staatsbehörde ist, die zwar die polnischen Zollgesetze anwendet, sonst aber nur einer beschränkten Kontrolle der polnischen Zentralzollverwaltung bezüglich der Gesetzesanwendung und Zollverrechnung unterliegt, stehen die Vollspurbahnen im Gebiet der Freien Stadt einschließlich der Bahnen im Bezirk des Hafenausschusses unter der unmittelbaren Verwaltung der polnischen Staatsbahn, bei deren Danziger Direktion ein Danziger Staatsdelegierter die Belange der Freien Stadt vertritt. Die Sonderstellung der Danziger Eisenbahner bezüglich Gehalt, Verwendung usw. hat zu einer Kette nicht endenwollender Zwistigkeiten zwischen den beiden Staaten geführt, die in der Absprechung des Klagerechtes der Bahnbediensteten gegenüber der Verwaltung vor den Danziger Gerichten ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht hat. Wenn auch in diesem wichtigen Einzelfalle Danzig entgegen der Entscheidung des Danziger Völkerbundkommissars durch ein Gutachten des Haager Gerichtshofs vom Jahre 1928 Recht erhielt, so muß doch besonders die Entwicklung der Personalpolitik der polnischen Verwaltung, die unter gröblicher Verletzung der Verträge das deutsche Element im Betriebe auszurotten bestrebt ist, zu den schlimmsten Befürchtungen Anlaß geben, haben doch die polnischen Listen bei den im Januar 1929 stattgehabten Krankenkassen- und Arbeiterratswahlen 32% der Stimmen auf sich vereinigen können.

Die Stärkung des polnischen Elements in der Freien Stadt ist auch eine der Hauptaufgaben der polnischen Hafenpost in Danzig, der auf Grund eines Gutachtens des Haager Gerichtshofes in dem berüchtigten Danzig-polnischen Briefkastenkonflikt des Jahres 1925 ein regulärer Postdienst innerhalb einer sehr weitgesteckten Hafenzone neben der Danziger Staatspost zugestanden worden ist. Die polnische [323] Post, die polnische Eisenbahnverwaltung und der Danziger Hafenausschuß sind die Brutstätten der polnischen Kolonisation in der Freien Stadt geworden. Auf die Personalpolitik dieser Behörden ist in erster Linie das Anwachsen der polnischen Vereine zurückzuführen. Auf ihr baut sich die mit reichen Mitteln ausgestattete polnische Kulturpolitik auf, die an der Hebung des polnischen Vereinswesens, der Vermehrung der polnischen Schulen, Kindergärten und sozialen Einrichtungen mit beachtlichem Erfolge arbeitet.

Die Danzig-polnischen Rechtsbeziehungen sind durch das Kapitel des polnischen Transitrechtes für Munition und Kriegsbedarf und das vorläufige Recht Polens, seine Kriegsschiffe im Danziger Hafen anlegen zu lassen, besonders schwer belastet. In verzweifeltem, jahrelangem Ringen hat sich die Freie Stadt unter Berufung auf den Art. 5 ihrer vom Völkerbund garantierten Verfassung, der die Freie Stadt zum befriedeten und entmilitarisierten Gebiet erklärt, gegen den Mißbrauch ihres Gebietes zu kriegerischen Zwecken zur Wehr gesetzt. Daß sie sich nicht durchsetzen konnte, daß sie sogar einen Beschluß des Völkerbundes über sich ergehen lassen mußte, in dem Polen als der unter Umständen geeignetste Anwärter im Falle der Vergebung eines militärischen Verteidigungsmandates für Danzig bezeichnet wurde, kann nur mit ganz bestimmten machtpolitischen Einflüssen erklärt werden, die in Genf immer dann entscheidend sind, wenn Danzig in den Zusammenhang mit kriegerischen Ereignissen gerückt wird. Man ist sich in Danzig vollkommen darüber klar, daß die Freie Stadt in jeden Krieg in Mittel- oder Osteuropa unabwendbar verwickelt wird, solange Polen das Gebiet der Freien Stadt in seinen Etappendienst einbeziehen kann. Diese Gefahr, die die staatliche Existenz der Freien Stadt selbst bedroht, könnte nur durch vollkommene Beseitigung aller militärischen Nutzungsrechte Polens und durch Neutralisierung der Freien Stadt einigermaßen behoben werden. Die Erreichung dieser Ziele gehörte immer zu den wesentlichen Programmpunkten der Danziger Außenpolitik.

Das im Versailler Vertrag festgelegte Verhältnis Danzigs zum Völkerbunde erschöpft sich in den drei Aufgabenkreisen des Völkerbundes gegenüber der Freien Stadt:

  1. Schutz der Freien Stadt,
  2. Garantie ihrer Verfassung,
  3. Schlichtung Danzig-polnischer Streitfälle.

Ohne auf Einzelheiten und den besonders aus dem dritten Pflichtenkreis erklärlichen Umfang der Tätigkeit des Völkerbundes in Fragen Danzigs einzugehen, muß die vollkommene Enttäuschung Danzigs über die Auffassung des Völkerbundes von seinen Pflichten und über die Ergebnisse seiner Tätigkeit festgestellt werden. Diese Enttäuschung ist die Ursache der in den letzten Jahren mehr und mehr [324] zu beobachtenden Abkehr Danzigs von der Anrufung der Völkerbundinstanzen, des Völkerbundkommissars als erster, des Völkerbundrates als zweiter Instanz, in Rechtstreitigkeiten mit Polen gewesen. Weil Danzig in Genf der gefährlichen Kulissenarbeit Polens und einer gewissen Überdrüssigkeit des Völkerbundes, so "geringfügige" Angelegenheiten wie die Konflikte der Freien Stadt mit Polen sehr ernst zu nehmen, ausgesetzt ist, hat Danzig Verhandlungen mit Polen mit dem Endergebnis eines Kompromisses dem Appell an Genf vorgezogen, in der Hoffnung, am Verhandlungstisch in Danzig oder Warschau, nur Polen gegenüber besser zu fahren. Diese Hoffnung hat sich nicht erfüllt. Danzig hat sich neuerdings genötigt gesehen, den Hohen Kommissar des Völkerbundes um Entscheidung langanstehender Konflikte mit Polen im Zusammenhang mit den Eisenbahnverträgen anzugehen.

Die Kritik Danzigs am Völkerbunde beschränkt sich indessen nicht auf die Handhabung seines "Schutzes" durch den Völkerbund, sondern wendet sich auch gegen die Konstruktion der Rechtsbeziehungen selbst, indem sie darauf hinweist, daß der Völkerbund die Interessen Danzigs als dessen Schutzherr und Verfassungsgarant gerade in allen Streitfällen zwischen Danzig und Polen wahrzunehmen gar nicht in der Lage sei, weil er in diesen Streitfällen als Schiedsrichter fungiere und Danzig dann lediglich als Partei betrachte. Ferner bezeichnet es Danzig als unhaltbar, daß Polen als Mitglied des Völkerbundrates in Danzig-polnischen Streitfragen mit entscheidet und folglich unter Umständen sogar Beschlüsse des Völkerbundrates, die sein Gefallen nicht finden, durch seine Stimme verhindern könnte.

Die Bevölkerung der Freien Stadt Danzig sieht dem Tage der zehnjährigen Abtrennung vom deutschen Vaterlande und nicht minder dem Tage des zehnjährigen Bestehens ihres Staates mit dem ganzen Schmerze entgegen, die die Jahre der Trennung in ihr aufgespeichert haben. Die Hoffnungen, die sie auf den Schutz des Völkerbundes und auf die Unantastbarkeit der Verträge gesetzt hatte, sind zusammengeschmolzen. Sie hat erkennen müssen, daß die Rechtssätze, die in Versailles über sie verhängt worden sind, unter den Anstürmen Polens manchen harten Stoß erlitten haben. Sie hat erkennen müssen, daß machtpolitische Entscheidungen, die in den Kabinetten der europäischen Großmächte fielen, auf die Gestaltung ihrer Verhältnisse von entscheidendem Einfluß gewesen sind, daß ihr Staatswesen über den Schutz des Völkerbundes und die Rechte Polens in die unmittelbare Einflußsphäre der französisch-englischen Osteuropapolitik einbezogen ist, mußte erkennen, daß ihrem Gebiet in der großen strategischen Linie London – Kattegat – Ostsee – Danzig – Warschau – Moskau als Brückenkopf eine wichtige Gliedstellung zugewiesen worden ist.

[325] Danzig verwünscht dieses machtpolitische Netz, in das es gegen seinen Willen eingesponnen worden ist. Denn auch außerhalb der Grenzen des Reiches fühlt sich die Danziger Bevölkerung als ein Teil des deutschen Volkes und mitverantwortlich am deutschen Schicksal und an der deutschen Zukunft. Allerdings bleiben ihr über die kulturelle und soziale Arbeit hinaus, in der sie sich vollkommen frei regt und die sie mit großer Hingabe pflegt, nur geringe Möglichkeiten, sich vorwärts zu bewegen und mit dem Reich in gleichem Schritt zu bleiben. Auf dem politischen Gebiete ist doch letzten Endes alles auf die Verteidigung abgestellt.

Die Freie Stadt Danzig hat Rechts- und Linkskoalitionen erlebt. In dem außenpolitischen Wege waren diese Koalitionen voneinander verschieden. Die Mißerfolge überwogen in jedem Falle. Die Freie Stadt Danzig kann sich den Verträgen, die ihr aufgenötigt sind und ihr Schicksal bestimmen, und also auch ihren Wirkungen nicht entziehen. Als unverfälschter Sproß des unheilvollen Diktats von Versailles ist die Freie Stadt auch seinen unmittelbaren und mittelbaren Zeitwirkungen gegen das deutsche Volk und den deutschen Staat an sich ausgesetzt. Sie ist als Zwergstaat auch gar nicht fähig, in der komplizierten Lage, in der sie sich befindet, ihren Willen durchzusetzen. Je mehr der polnische Staat in seiner politischen und wirtschaftlichen Kräftigung voranschreitet und je lässiger der Völkerbund seine Pflichten gegenüber Danzig wahrnimmt, um so empfindlicher muß sich die Hydra der Verträge und der in Genf gegen Danzig gesprochenen Urteile zum Schaden des deutschen Danzig auswirken. Man muß sich daher vollkommen darüber klar sein, daß die politische und rechtliche Position der Freien Stadt Danzig in keiner Weise als gesichert angesehen werden kann. Das künftige Schicksal der Freien Stadt Danzig wird letzten Endes davon abhängen, ob und in welchem Maße es Deutschland gelingt, seine Position im Osten zu verbessern.


Schrifttum

Harder, Danzig, Polen und der Völkerbund. Berlin 1928.

Keyser, Danzigs Geschichte. Danzig 1929.

Löning, Die Rechtsstellung der Freien Stadt Danzig. Berlin 1928.

Peiser, Strukturwandlungen des Danziger Außenhandels. Danzig 1929.

Proeller, Wirtschaftsprobleme der Freien Stadt Danzig. Danzig 1928.

Rudolph, Ist die Freie Stadt Danzig ein souveräner Staat? (Diss.) Würzburg 1924.

Rudolph, Ist Danzig Militär- und Marinestützpunkt Polens? Danzig 1927.

Rudolph, Staat und Bistum Danzig. Berlin 1927.

Rudolph, Die Freie Stadt Danzig. Berlin 1928.

Schröder, Die völkerrechtliche Stellung Danzigs. Breslau 1927.

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4000 Jahre bezeugen Danzigs Deutschtum: Geschichte der ethnographischen, geschichtlichen, kulturellen, geistigen und künstlerischen Verbundenheit Danzigs mit Deutschland von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart

Das Buch der deutschen Heimat, Kapitel "Ostpreußen".

Danzig, Polen und der Völkerbund: Eine politische Studie

Deutschland und der Korridor

Deutschtum in Not! Die Schicksale der Deutschen in Europa außerhalb des Reiches,
besonders das Kapitel "Danzig."

Die Entstehung der Freien Stadt Danzig

Das Grenzlanddeutschtum, besonders das Kapitel "Die Freie Stadt Danzig."

Der neue Reichsgau Danzig-Westpreußen:
Ein Arbeitsbericht vom Aufbauwerk im deutschen Osten

Polnische Netze über Danzig

Zeugnisse der Wahrheit: Danzig und der Korridor im Urteil des Auslandes

Gebiets- und Bevölkerungsverluste des Deutschen Reiches und Deutsch-Österreichs nach dem Jahre 1918

Das Versailler Diktat. Vorgeschichte, Vollständiger Vertragstext, Gegenvorschläge der deutschen Regierung

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Zehn Jahre Versailles
in 3 Bänden herausgegeben von
Dr. Dr. h. c. Heinrich Schnee und Dr. h. c. Hans Draeger