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Bd. 1: Teil 1: Die wirtschaftlichen Folgen des Versailler Vertrages

I. Die Verminderung der deutschen Wirtschaftskraft

Wilhelm Schaer

1. Deutschlands Stellung in der Weltwirtschaft

Die wirtschaftliche Organisation der Welt kann nach zwei einander entgegengesetzten Gesichtspunkten erfolgen:

1. Jeder politisch selbständige Staat bildet ein geschlossenes Wirtschaftsgebiet, einen geschlossenen Handelsstaat, der im wesentlichen die Bedürfnisse seiner Bewohner deckt und mit den Auslandsstaaten nur mit den Spitzenleistungen seiner Wirtschaft in Verbindung tritt;

2. die Staaten stehen im wirtschaftlichen Austauschverkehr zueinander, ergänzen und befriedigen gegenseitig die Bedürfnisse ihrer Bewohner.

Das erste Prinzip ließ sich in der modernen Wirtschaft nicht durchführen, weil die Bedarfsbefriedigung der rasch wachsenden Bevölkerung der europäischen Industrieländer nur auf der Grundlage einer internationalen Arbeitsteilung gesichert werden konnte. Eine solche Arbeitsteilung bildete sich einmal zwischen den Industrieländern und den Rohstoffländern heraus, sodann entwickelte sich bei Spezialprodukten ein reger Warenaustausch auch zwischen den Industrieländern. Es entstand eine Weltwirtschaft, in deren Rahmen in immer zunehmenden Umfange die einzelnen staatlichen Volkswirtschaften trotz aller nationalen und ökonomischen Schranken zwangsläufig eingegliedert wurden. Diese internationalen Wechselbeziehungen schufen ihrerseits auch unter Zurückdrängung nationaler und politischer Bestrebungen ein auf geschriebenem oder ungeschriebenem Recht und Gesetz fußendes internationales Wirtschaftsrecht.

In dieses weltwirtschaftliche System wuchs die deutsche Wirtschaft in wenigen Jahrzehnten mit Riesenschritten hinein. Der Kriegsausbruch sah sie auf dem Gipfelpunkt ihrer Kräfteentfaltung, mit Rekordziffern auf dem Gebiete der Warenerzeugung und des Warenabsatzes, des Transport- und Verkehrswesens, des Binnen- und Außenhandels, der Kapitalübertragungen und Kapitalanlagen in der Heimat wie außerhalb derselben. Aus dem noch bis Ende des vorigen Jahrhunderts bestehenden überwiegenden Agrarstaat war ein Industrie- und Handelsstaat ersten Ranges geworden, der selbst das allmächtige Großbritannien binnen kurzem zu überflügeln drohte, [206] nicht in dem Verlangen nach wirtschaftlichem Imperialismus, sondern unter dem Druck einer starken Bevölkerungsbewegung, die uns zwang, "entweder Menschen oder Waren auszuführen". Der Kern dieses Problems bestand in der Frage, ob die nicht einzudämmende Ausdehnung Deutschlands durch Auswanderung oder Ausfuhr, durch die Gewinnung von Siedlungsländern oder durch die Stärkung von Industrie, Handel und Gewerbe zu fördern sei. Andere Staaten hatten beides fertig gebracht, sich neben breiten eigenen, territorialen Grundlagen dienenden Gebieten ausgedehnten Kolonialbesitz angeeignet und sich dadurch sowohl Ventile für ihre überschüssige Bevölkerung, Rohstoff- und zum Teil auch Absatzgebiete für ihre einheimische Wirtschaft als auch eine überseeische politische Macht geschaffen. Das deutsche Reich war durch das dauernde Wachstum seiner Bevölkerung, zu deren Ernährung die landwirtschaftliche Basis nicht mehr ausreichte, durch seine zu spät einsetzenden kolonialen Bestrebungen in eine Zwangslage geraten, die ein Wachstum jener drei Wirtschaftsfaktoren nicht nur erlaubte, sondern zwingend forderte.

Wie diese Weltgeltung und insbesondere die europäische Geltung der deutschen Wirtschaft auch für die andern eine dauernd wiederkehrende Befruchtung, eine Bereicherung war, hat mit am besten Keynes in seinem Buch über Die wirtschaftlichen Folgen des Friedensvertrages auseinandergesetzt.

Hand in Hand mit dieser wirtschaftlichen Expansion, durch sie hervorgerufen und zu ihrem Schutze, gingen eine Ausdehnung und Stärkung der politischen Macht des Reiches im Innern wie nach außen. Das mächtige Reich und seine gesunde Wirtschaft stützten und unterstützten sich gegenseitig, leider ohne sich immer der tiefer liegenden, untrennbaren und gemeinsamen Interessen voll bewußt zu sein, ohne Erkenntnis der Wechselbeziehungen zwischen Staat und Wirtschaft. Der politischen Einheit des Reiches war im Zollverein die wirtschaftliche vorausgegangen und hatte zweifellos der ersteren die Wege geebnet. Diese Tatsache durfte aber die Erkenntnis nicht trüben, daß nunmehr diese politische Einheit Voraussetzung geworden war für die weitere Entwicklung, für den Bestand der wirtschaftlichen Einheit. Gerade die Ereignisse der Nachkriegszeit haben gezeigt, daß in einem zusammengebrochenen Staatswesen, das in seinem politischen Zusammenhang nicht einmal gänzlich zerstört, sondern nur bedroht wird, eine Entwicklung und Weiterbildung der staatlichen wie privaten Wirtschaft nur mühsam, unter gefährlichen Erschütterungen, in manchen Zweigen überhaupt nicht durchgeführt werden kann. Diese Ereignisse haben die Auffassung entkräftet, Staat und Wirtschaft seien zwei getrennte Kreise, zwei gleichberechtigte Faktoren. Sie haben gezeigt, daß die Wirt- [207] schaft zwar dem Staatskörper den größten Teil der ihn fördernden und erhaltenden Blutströme zuführt, daß sie aber selbst in ihrer Entfaltung wiederum bedingt wird durch die Politik und die politische Gewalt. Es hat sich gezeigt, daß der Staat als Vertretung und Organisation der Gesamtheit das Primäre, die Vormacht ist, daß die Interessen der Wirtschaft nur gewahrt werden können, wenn dem Staat seine politische Einheit erhalten bleibt, daß jede Wirtschaftsgestaltung ohne die stützende und schützende Macht des Staates unsicher bleiben muß, daß schließlich ohne einen starken Staat kein wirtschaftliches Leben gedeihen und sich fortentwickeln kann.

Jene vielleicht allzu stürmisch vorwärtsschreitende wirtschaftliche Expansion und politische Machtentfaltung mußten räumlich auf die Macht stoßen, der sich bisher in ihrem Ausdehnungsdrang keine unüberwindlichen Hindernisse entgegengestellt hatten und die sich in ihrem Weltreich ungestört und unbelästigt fühlte: auf das meer- und damit die Welt beherrschende Großbritannien. Durch den meteorgleich an seinem Himmel auftauchenden jungen Rivalen in seiner Ruhe aufgescheucht, begann es sofort, langsam, aber zielsicher die Maßnahmen zu seiner Abwehr vorzubereiten. Es fand willige Helfer in dem revanchedurstigen Frankreich und in dem um die Verwirklichung seiner imperialistischen Ziele im nahen Osten besorgten Rußland.


2. Die deutsche Wirtschaft im Kriege

In diese Blüte der Weltwirtschaft, in diese weltwirtschaftlichen Beziehungen mit ihren engsten feingegliederten Verflechtungen der nationalen Volkswirtschaften, aber auch in eine auf das höchste gespannte Konkurrenz auf dem Weltmarkte brach der Weltkrieg hinein und zeitigte - eine Deutung seiner wirtschaftlich tiefer liegenden Ursachen - eine ganz neue Form der Kriegführung, die für Deutschland eine Überraschung bedeutete. Nicht mit militärischen Mitteln allein suchte man den Gegner niederzuringen, sondern ging sofort planmäßig und zielbewußt darauf hinaus, ihn an seiner empfindlichsten Stelle, an seinem Wirtschaftsleben zu treffen. Parallel neben dem militärischen lief der Wirtschaftskrieg, in dem England geistig wie tatsächlich die Führung übernahm, nicht nur zu dem Nebenzweck, dadurch den militärischen Sieg zu erleichtern und zu beschleunigen, sondern zu dem Haupt- und Selbstzweck, die deutsche Volkswirtschaft zu schädigen, den gefährlichen Konkurrenten zu schwächen, unschädlich zu machen. So wurden mit einem Federstrich durch das Handelsverbot vom 5. August 1914 die engen deutsch-englischen Handelsbeziehungen zerschlagen. Auf das Handelsverbot folgte ein ebenso rigoroses Zahlungsverbot. Dann schritt man zur Zwangsverwaltung und, als Gipfel drakonischer Maßnah- [208] men und Methoden, zur Zwangsliquidation deutscher Unternehmungen. In Ergänzung zum Handels- und Zahlungsverbot wurden später noch die sogenannten schwarzen Listen aufgestellt und jeder Verkehr mit den auf diesen Listen stehenden deutschen Firmen unter Androhung schwerster Strafe verboten. Dieses Listensystem wurde immer mehr ausgebaut, so daß schließlich fast alle bedeutenden Firmen im neutralen Auslande auf diesen Listen verzeichnet waren und auch hier jede Geschäftsbeziehung, ja jeden gesellschaftlichen Verkehr zum Teil unmöglich machten. Um die wirtschaftskriegerischen Maßnahmen von den Neutralen nicht durchkreuzen zu lassen, mußten diese in dieselben einbezogen werden und um dieses Ziel zu erzwingen, scheute man auch ihnen gegenüber vor keinem Mittel zurück, von der bloßen Überwachung der Ausfuhr und des Rohstoffbezuges bis zur Blockade ihrer Häfen. Die mitteleuropäischen Länder wurden durch diese wirtschaftlichen Zwangsmaßnahmen zur Autarkie gezwungen. Sie wurden geschlossene Handelsstaaten mit einer Überschußbevölkerung, für die nach der Zerreißung des Weltwirtschaftsverkehrs die Agrar- und Rohstoffgrundlage fehlte. Es begann das Darben und Sterben der Zivilbevölkerung.

In den Dienst dieses Wirtschaftskrieges wurde dann auch die Rechtssprechung gestellt durch die Aufhebung oder Beschränkung des Patentrechtes, des gewerblichen Rechts, des Musterschutzes. Die durch Patent geschützten Waren wurden so ein gierig verfolgtes Freiwild.

Schließlich stellte England noch seine gewaltige Seemacht und Seeherrschaft in den Dienst des Wirtschaftskrieges, sagte sich von allen internationalen Vereinbarungen auf dem Gebiete des Seerechts los, führte auch hier zur Vernichtung des Handelsverkehrs eine neue Form der Kriegführung ein, den verschärften Seehandelskrieg mit seinen neuen Begriffen der Konterbande, der Blockade, kurz des politischen Seerechts mit seiner Nachrichten- und Verkehrssperre.

Gleichfalls ein Bruch internationaler Abkommen und namentlich eine schwere Verletzung der von Deutschland, England, Frankreich und Belgien unterzeichneten Kongoakte, durch die eine Übertragung der Feindseligkeiten auf die also neutralisierten Kolonialgebiete sowie ihre Benutzung als Basis für kriegerische Operationen ausgeschlossen war, bedeutete die Ausdehnung der Kriegsmaßnahmen in den ersten Tagen des Kriegsausbruches auf den deutschen Kolonialbesitz, den die Alliierten als leichte Kriegsbeute betrachteten und sich nicht entgehen lassen wollten.

Zu diesen Maßnahmen auf dem Gebiete des Wirtschafts-, Handels- und Kolonialkrieges trat dann noch als letzte eine moralische Kriegführung, eine Ächtung des deutschen Ansehens, der deutschen Ehre durch die Verbreitung der Lüge von der deut- [209] schen Kriegsschuld in dem Bestreben, immer mehr Staaten zum Abfall von ihrer Neutralität zu bewegen.

Deutschland wurde in seinen Gegenmaßnahmen stets in die Defensive gedrängt und konnte infolge seiner lückenlosen Absperrung, abgesehen von der U-Bootswaffe, zu gleichgearteten Methoden nur in mehr oder weniger starkem Ausmaße greifen.

Die deutschen Ansichten über Krieg, Kriegsführung und danach die deutschen Kriegsmittel waren im Einklange mit dem, was kontinentaler Anschauung, den Lehren des modernen Völkerrechts und deutschem kriegsrechtlichem Brauche entsprach und was, wie man bis zum März 1911 annehmen konnte, in dem Haager Abkommen vom 17. Oktober 1907 seinen Niederschlag gefunden hatte: daß nämlich der Krieg sich nur auf das Verhältnis von Staat zu Staat erstrecke, die einzelnen Staatsangehörigen aber davon nur soweit betroffen und in Mitleidenschaft gezogen werden dürfen, als sie selbst, sei es als Teil der bewaffneten Macht, sei es auf eigene Faust und Verantwortlichkeit (Franktireur) daran teilnehmen. Die entgegengesetzte Meinung, ein "Überrest alter Unkultur" nannte sie Kohler, wurde eigentlich nur noch in England vertreten und war auch hier noch in Übung. Denn nach englischem Rechte werden auch die einzelnen Volksgenossen "Feinde", setzt der Krieg auch die Schuldverhältnisse außer Kraft, die zwischen den der englischen Staatshoheit unterstehenden Personen - nicht nur den eigentlichen englischen Staatsangehörigen - und einem "alien enemy" bestehen. Diesen Satz glaubte man durch den Artikel 23h der Haager Landkriegsordnung beseitigt. Ein fast vergessenes Wort Napoleons I. kennzeichnet die kontinentale Rechtsauffassung und schildert mit bewundernswerter Schärfe und prophetischer Klarheit die Gefahren, die man von dem in einem europäischen Kriege dominierenden England zu gewärtigen hatte. In seinem Buche: Napoleons Leben. Von ihm selbst erzählt weist er darauf hin, daß im Landkriege Privateigentum und Nichtkombattanten unbehelligt bleiben, daß aber im Seekriege, wo England die Gesetze vorgeschrieben habe, das Privateigentum nicht nur unter feindlicher, sondern sogar unter neutraler Flagge verfolgt werde. Es sei daher anzunehmen, daß, wenn England im Landkriege eine maßgebende Rolle zu spielen gehabt hätte, es die gleichen Grundsätze aufgestellt hätte wie für den Seekrieg. Napoleon sagt dann wörtlich: "Europa würde also in den Zustand der Barbarei zurückgefallen sein, und man hätte sich feindliches Privateigentum so gut angeeignet wie feindliches Staatseigentum." Hundert Jahre später handelte England so.

Ein wirklicher "Kriegswille" auf diesem Kampfgebiete war bei der deutschen Regierung nicht vorhanden. Nicht nur weil diese Art der Kriegführung der deutschen Auffassung des Krieges, als eines [210] Waffenganges, und der deutschen Kulturgesinnung fern lag. Man erkannte vielmehr nicht sogleich die Bedeutsamkeit der wirtschaftlichen Kampfmittel; man unterschätzte ihre Wirksamkeit in Überschätzung der wirtschaftlichen Stärke Deutschlands, seiner militärischen Leistungsfähigkeit. Soweit Deutschland dann einen Wirtschaftskrieg führte - es bedurfte einer gewissen Mühe, die Reichsregierung dazu zu veranlassen - geschah es nur im Wege der Abwehr, der Vergeltung. Aggressiv ging Deutschland hierbei nicht vor. Dies muß nachdrücklichst betont und für alle Zeiten festgehalten werden. Die deutsche Rechtsauffassung und die wirkliche Rechtslage in Deutschland kennzeichnet am besten das Urteil des Reichsgerichts vom 26. Oktober 1914, das ewig ein stolzes Ruhmesblatt in der Geschichte der deutschen Kultur und Rechtspflege sein wird. Das Reichsgericht führt darin wörtlich aus:

      "Dem deutschen Völkerrechte liegt die Anschauung gewisser ausländischer Rechte fern, daß der Krieg unter möglichster wirtschaftlicher Schädigung der Angehörigen feindlicher Staaten zu führen ist und daß diese daher in weitem Umfange der Wohltaten des gemeinen bürgerlichen Rechts zu berauben sind. Vielmehr gilt der Grundsatz, daß der Krieg nur gegen den feindlichen Staat als solchen und gegen dessen bewaffnete Macht geführt wird und daß die Angehörigen der feindlichen Staaten in bezug auf das bürgerliche Recht den Inländern in demselben Maße gleichgestellt sind, wie dies vor dem Kriege der Fall war."

Dem gegenübergestellt sei das am 21. Dezember 1915 in Sachen Zink Corporation contra Hirsch gefällte Urteil eines der höchsten englischen Gerichte, des Appellhofs beim Supreme Court of Judicature:

      "Wenn die Klägerin, wie es der Vertrag bezweckt, die zu liefernde Ware für die Beklagten zurückstellte, so würden diese in der Lage sein, bei Friedensschluß ihren Handel so schnell und in so großem Umfange wie möglich wieder aufzunehmen: damit würden aber die Wirkungen des Kriegs auf die kommerzielle Blüte des feindlichen Landes abgeschwächt, deren Zerstörung das Ziel unseres Landes während des Krieges ist. Einen solchen Vertrag anzuerkennen und ihm Wirksamkeit zu geben durch die Annahme, daß er für die Vertragsteile rechtsverbindlich sei, hieße das Ziel dieses Landes, die Lähmung des feindlichen Handels, vereiteln. Es hieße durch britische Gerichte das Werk wieder ungeschehen machen, das für die Nation von ihren See- und Landstreitkräften vollbracht worden ist."

Die Ziele und Methoden dieser wirtschaftlichen Kriegführung fanden ihre programmatische Festlegung in den auf der Pariser Wirtschaftskonferenz vom 14.-17. Juni 1916 aufgestellten Beschlüssen, deren gradlinige Fortsetzung die wirtschaftlichen Bestimmungen des Diktats geworden sind. Diese Ziele finden ihre beste Deutung in dem Satz des französischen Deputierten Tournade, den dieser am 1. Dezember 1915 schrieb und in dem ein Grundgedanke des späteren Friedens ausgesprochen wurde:

[211] "Vernichtung des deutschen Handels ist vielleicht nicht der richtige Ausdruck. Der Handel soll ruhig weiter geführt werden, aber wir müssen Herren seiner Entwicklung bleiben. Das ist der richtige Standpunkt. Wir sind in der Tat nicht der Meinung, daß wir uns für unsere Kriegskosten schadlos halten können, aber wir werden von Deutschland sicherlich schwere Abgaben fordern, um seinen kommerziellen, industriellen, agrarischen und finanziellen Reichtum zu untergraben."

Sie fanden ferner eine Festlegung in dem Geheimabkommen vom 14. Februar 1917 zwischen Rußland, Frankreich und England über Elsaß-Lothringen, Rheinland und Saargebiet, vom 11. März 1917 zwischen denselben Mächten über Annexionen Rußlands an der deutschen Ostgrenze, vom 26. April 1915, 24. März und 11. April 1916, sowie vom März 1917 zwischen den Alliierten über die Verteilung der deutschen Kolonien.

      "Die französische Politik war seit langem klar... Die Franzosen waren fest entschlossen, bis zum letzten jeden Vorschlag zu bekämpfen, der auf einem Wiederaufbau von Deutschlands Wirtschaftsleben und Handelsmacht abzielte." (Baker, Wilsons Memoiren Band II S. 271 und 276 ff.)

Die britische Einstellung hatte sich sowohl 1914 als 1918 nicht im geringsten von derjenigen unterschieden, wie sie schon vor 1900 in dem berühmten Ausruf des "Delenda Germania" sowie in der Auffassung Ausdruck fand, daß, "wenn Deutschland vernichtet wäre, es keinen Engländer gäbe, der nicht reicher sein würde als zuvor".

Kennzeichnend ist hierfür die Bemerkung des britischen Ministerpräsidenten Bonar Law auf der Pariser Reparationskonferenz vom 2. Januar 1923: "If an earthquake took place, which swallowed up Germany, and the rest of the world remained as before, Great Britain would be the gainer for the reason that Germany was so formidable a rival in trade and industry" (Engl. Blaubuch Nr. 3/1923, S. 77).

Neben dieser Einstellung der für die Leitung der Politik verantwortlichen Faktoren darf diejenige der alliierten Wirtschafts- und namentlich der Unternehmerkreise nicht zu gering eingeschätzt werden. Neben dem wirtschaftlichen Großkampf der Regierungen spielten sich nicht minder bedeutungsvolle Einzelgefechte dieser Kreise ab, gleichfalls mit dem Ziele, die deutsche Konkurrenz so weitgehend wie möglich zu schwächen. Angriffsobjekte waren hier insbesondere: die Schwerindustrie, die Rheinschiffahrt, die chemischen und Farbstoffindustrien, die Handelsflotte, die zivile Luftfahrt, die deutschen Wirtschaftsstützpunkte im Auslande sowie der Ausbau des deutschen Kabelnetzes. Daß diese Kreise sich bei ihren Bestrebungen weitgehend die amtliche Politik zunutze machten, liegt auf der Hand. Bei dieser Einstellung waren die wenigen Stimmen der Einsicht und Vernunft in Versailles zur Ohnmacht verurteilt.

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3. Die deutsche Wirtschaft im Zeichen von Versailles

Als die deutsche Heimat und mit ihr die deutsche Front zusammenbrachen, legte im Vertrauen auf das von allen Kriegführenden durch die Lansing-Note vom 5. November 1918 angenommene Friedensprogramm des Präsidenten Wilson das deutsche Volk die Waffen nieder. Aus diesem Programm sind wegen ihrer wirtschaftspolitischen Natur folgende Festlegungen hervorzuheben:

      Punkt 3 des Kongresses vom 8. Januar 1918 fordert:
      Beseitigung, soweit als möglich, aller wirtschaftlichen Schranken und Herstellung gleicher Handelsbedingungen unter allen Staaten, die dem Frieden zustimmen und sich zu seiner Aufrechterhaltung vereinigen.

Aus den "späteren Ansprachen" ist besonders der zweite Punkt der Rede bedeutungsvoll, die Wilson zu Mount Vernon am Grabe Washingtons am 4. Juli 1918 hielt. Er fordert:

"die Regelung aller Fragen, mögen sie Staatsgebiet, Souveränität, wirtschaftliche Vereinbarungen oder politische Beziehungen betreffen, auf der Grundlage der freien Annahme dieser Regelung seitens des betroffenen Volkes, und nicht auf der Grundlage des materiellen Interesses oder Vorteiles irgendeiner anderen Nation oder irgendeines anderen Volkes, das um seines äußeren Einflusses oder seiner Vorherrschaft willen eine andere Regelung wünschen könnte".

Aber schon mit den Bedingungen des Waffenstillstandes vom 11. November 1918 setzten die Sieger ihr Vernichtungswerk an der deutschen Wirtschaft mit brutalster Energie fort. Mit der völligen Entwaffnung des Volkes zerstörten sie zunächst die Grundlage der Wirtschaft, die Macht des Reiches, indem sie die Wehrlosmachung weit über das militärisch notwendige Maß betrieben. Entgegen dem Geist und Wesen eines Waffenstillstandes waren die Verhandlungen inhaltlich zum Teil bereits antizipierte Friedensverhandlungen, waren die in den Waffenstillstandsverträgen enthaltenen Bedingungen bereits antizipierte Friedensbedingungen. Sie trugen in den deutschen Wirtschaftskörper die Keime des vorangegangenen Wirtschafts- und Handelskrieges tiefer hinein und arbeiteten weiter an der systematischen Vernichtung der Hauptfaktoren des deutschen Wirtschaftssystems: an der Arbeitskraft der Bevölkerung durch Fortdauer und Erweiterung der Blockade und Auslieferung großer Mengen von Vieh, am Verkehrswesen durch Auslieferung gewaltiger Bestände an rollendem Eisenbahnmaterial und an Fahrzeugen der Binnenschiffahrt, am Außenhandel durch Wegnahme der Handelsflotte, am Nahrungsmittel- und Rohstoffbezug durch Zerstückelung seines Wirtschaftsgebietes, am Zollsystem durch Abschnürung der besetzten Gebietsteile, am Finanzwesen durch eine Reihe rigoroser, "aus Sicherheit [213] für die Deckung der Kriegsschäden" erlassener Bestimmungen. Das Diktat von Versailles vollendete dann das Werk.

In dem knappen Rahmen dieser Arbeit ist es natürlich nicht möglich, die unendlichen zahlreichen Eingriffe in das deutsche Wirtschaftsleben zu behandeln. Ich beschränke mich nachstehend auf die hauptsächlichsten und in ihren Folgeerscheinungen verhängnisvollsten.

Zunächst wurden der Wirtschaft durch die territorialen Veränderungen empfindliche Verluste sowohl an Bevölkerung als auch an Siedlungsflächen beigebracht. Besonders wichtige landwirtschaftliche Überschußgebiete wurden weggenommen und dadurch die industrielle und großstädtische Bevölkerung verstärkt. Gleichzeitig wurden für die Industriebevölkerung durch Zerstörung der Erzbasen und durch Schmälerung der Kohlenbasis die Arbeitsmöglichkeiten verengert. In diese Kategorie fällt auch der Raub der Kolonien und mit ihnen der Verlust von Möglichkeiten kolonialer Betätigung für einen Teil der zunehmenden, überschüssigen Bevölkerung, der Verlust von wirtschaftlichen Hilfsquellen für die Rohstoffversorgung des Mutterlandes und schließlich der Verlust von Stützpunkten im System des Weltverkehrs. Die unvermeidlichen Folgen dieser Veränderungen waren eine Steigerung der industriellen Überschußbevölkerung bei gleichzeitiger Beeinträchtigung ihrer Nahrungsversorgung, ihrer Arbeits- und Erwerbsmöglichkeiten andererseits. Deutschland, das schon vor dem Kriege in bedenklichster Weise zur Industrie- und Großstadtentwicklung übergegangen war, hat durch das Versailler Diktat eine noch schmälere tellurische Grundlage erhalten. Die Großstädte mit den zu Millionen auf engster Fläche zusammengeballten Menschenmassen hat man ihm gelassen, dagegen die weiten Fluren und die Rohstoffschätze, auf denen ein wertvoller Teil des wirtschaftlichen Wiederaufbaues hätte beginnen können, ihm zum größten Teil entrissen. Dadurch ist die schon vor dem Kriege in großem Umfange erforderlich gewesene, durch die Ausfuhr von industriellen Erzeugnissen aber ausgeglichene Einfuhr von Nahrungsmitteln noch bedeutend verschärft worden, ohne daß jetzt ein Äquivalent in der Ausfuhr vorhanden wäre, eine ungeheure Belastung der Handelsbilanz.

Durch den Verlust Elsaß-Lothringens, durch das Frankreich zur wirtschaftlichen Ausnutzung überlassene und dem französischen Zollsystem angegliederte Saarbecken, durch das Ausscheiden des Großherzogtums Luxemburg aus dem deutschen Zollgebiet zerbrach der gewaltige schwerindustrielle Block, der deutsche, lothringische, luxemburgische, saarländische und rheinisch-westfälische Werke in einer großartigen, vertikal gegliederten Gemeinschaft vereinte und dessen Erzeugnisse einer der wichtigsten Aktivposten unserer Handelsbilanz waren.

[214] Durch die in ihr Gegenteil verkehrte Kohlenlage trat an Stelle eines bisherigen Überflusses und einer starken Ausfuhr ein empfindlicher Mangel mit der Notwendigkeit einer beträchtlichen Kohleneinfuhr, was sowohl die ganze Wirtschaft, namentlich die Eisenindustrie, die Maschinenindustrie, das Baugewerbe, das innere Verkehrsgewerbe, die chemische Industrie, in schwerste Mitleidenschaft zog, dann aber auch zusammen mit dem Ausfall an Erzeugnissen der chemischen und Farbstoffindustrien den notwendigen Ausgleich für den Bezug ausländischer Waren und Rohstoffe verhinderte.

Die Kohlenausfuhr, die Deutschland vor dem Kriege rund 300 Millionen Goldmark einbrachte, wurde unter gewaltsamer Auslegung des § 10 der Anlage V des Teil VIII des Vertrages von Versailles unter die Kontrolle der Reparationskommission gestellt und fast vollständig in eine Gratisleistung an die Alliierten umgewandelt in einem Augenblick, wo der Raubbau während des Krieges die Kohlenbasis erheblich geschwächt hatte, die Saar- und die lothringischen Gruben abgetreten werden mußten und die deutsche Wirtschaft des starken Antriebes billiger Kohle so außerordentlich bedurfte. Auch auf diesem Gebiet war die Tendenz durchschlagend, durch Kohlenentzug die deutsche Industrie zu schwächen und dadurch den Industrien der Sieger, insbesondere deren Schwerindustrie, von vornherein den Vorrang zu sichern. Auch auf dem Gebiet der chemischen Industrie, sowohl derjenigen der Kohlennebenprodukte wie derjenigen der Farbstoff- und pharmazeutischen Produkte, herrschte das Bestreben vor, die Zwangslieferungen, die den Überfluß der deutschen Produktion möglichst restlos erfassen und damit für den Weltmarkt ausscheiden sollten, nicht etwa den Empfängern unmittelbar zuzuführen und dadurch Verbindungen zwischen den deutschen Produzenten und den Konsumenten in den Gläubigerländern zu ermöglichen.

Die deutsche Farbstoffindustrie (von einem Gesamtexport der chemischen Industrie in Höhe von 860 Millionen Goldmark belief sich allein der Export der Teerfarbenindustrie auf 230 Millionen Goldmark) war vor dem Kriege bekanntlich die Exportindustrie par excellence. Vier Fünftel ihrer Produktion wurde exportiert, 75% des Welthandels in Farben wurden von ihr kontrolliert. Darüber hinaus wurden noch 13% der im Ausland hergestellten Farbstoffe aus deutschen Zwischenerzeugnissen gewonnen. Der Weltkrieg und die Reparationsfrage schufen der Gegenseite die Möglichkeit, das deutsche Monopol zu brechen.

Geht schon aus den vorstehenden Amputationen und Eingriffen am deutschen Wirtschaftskörper die Absicht hervor, den Wirtschaftskrieg auch im sogenannten Frieden fortzusetzen, so wird sie offenbar durch [215] die im Versailler Diktat bewußt mit allen Mitteln durchgeführte Knebelung des deutschen Handelsverkehrs, die sich im einzelnen in den Zollbestimmungen, in den Bestimmungen über Ein- und Ausfuhrverbote, über die Behandlung der Angehörigen der gegnerischen Mächte in Deutschland und der deutschen Staatsangehörigen in jenen, in den Bestimmungen über unlauteren Wettbewerb, über die Auflösung bzw. Wiederanknüpfung der deutschen Handelsbeziehungen mit den am Abschluß des Versailler Vertrages nicht beteiligten Staaten sowie schließlich in den Einwirkungen auf die Privatrechte ausdrückte. Eine der schlimmsten Gewaltmaßnahmen war hier die Regelung der neuen Rechtsgrundlagen, die künftig für den Verkehr und den Güteraustausch zwischen Deutschland und den gegnerischen Staaten geschaffen wurden. Diese vertragsmäßig geregelten Zustände waren durch den Wirtschaftskrieg zerstört worden. Die neue Rechtsregelung lief darauf hinaus, den Raub des deutschen Privatbesitzes im Kriege durch internationales Recht sicherzustellen und den gegnerischen Mächten alle die Rechte gegenüber Deutschland einzuräumen, die sonst auf der Grundlage der Gegenseitigkeit in Handelsverträgen begründet zu werden pflegten. Unter diesen willkürlichen und gewalttätigen Maßnahmen nimmt die einseitige Meistbegünstigung die erste Stelle ein. Nachdem in Verträgen aus den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts erstmalig sich europäische Staaten wechselseitig die Meistbegünstigung eingeräumt hatten, war dieses Verhältnis in schneller Folge zur wichtigsten Grundlage nicht nur des europäischen, sondern des Welthandels geworden. Dieses Recht vertritt den Grundsatz, in bestimmter Hinsicht nicht schlechter behandelt zu werden als die Angehörigen anderer Staaten oder deren Erzeugnisse, und weiter, alle Begünstigungen dritter Staaten mit genießen zu können. Der Umfang des Meistbegünstigungsrechts regelte sich allgemein durch einzelne Verträge oder durch die in Betracht kommende autonome Gesetzgebung. Es umfaßte nicht nur die Behandlung der Waren, die Erzeugnisse der vertragschließenden Staaten sind, sondern mehr oder weniger vollständig die gewerbliche und Handelstätigkeit der Staatsangehörigen des einen Teils im Gebiete des anderen, also den Betrieb von Handel, Gewerbe und Schiffahrt, die Rechts- und Prozeßfähigkeit, die Tätigkeit des Handelsreisenden, den Eisenbahnverkehr und ferner die notwendigen Voraussetzungen für die gewerblichen Betätigungen, insbesondere Erwerb und Veräußerung von Grundeigentum. Neuere Verträge gingen sogar noch über die Meistbegünstigung hinaus zu unmittelbarer Gleichstellung des anderen Staatsangehörigen mit dem Inländer.

Für Deutschland hat die Meistbegünstigung bis zum Kriegsausbruch eine außerordentliche Bedeutung erlangt und wurde zum eisernen Be- [216] stande seines früheren Handelsverkehrs. Wo keine Handelsverträge abgeschlossen waren, fand mehrfach eine autonome Einrichtung der Meistbegünstigung statt. Diese Handelspolitik entsprach durchaus unserer wirtschaftlichen Entwicklung, von der sie bedingt wurde und welche sie nicht zum geringsten und im vollen Einklang mit den natürlichen Grundlagen unserer Produktion beeinflußt hat. So brachte das Meistbegünstigungsrecht dem deutschen Außenhandel und dem Exporteur einen Schutz und eine Sicherheit in seinen Beziehungen zum Auslande. In direktem Gegensatz steht die einseitige Meistbegünstigung, wie sie uns durch das Diktat auferlegt wurde und jeder Willkür gegen den deutschen Handel und gegen die deutsche Betätigung im Auslande Tür und Tor öffnete, soweit die feindlichen Mächte in Frage kamen, indem die auf ihr beruhende zoll- und handelspolitische Knebelung zum Schutze ihrer Waren und Handeltreibenden neben der Niederhaltung der deutschen Konkurrenz noch den Ausverkauf Deutschlands und die Überfremdung seiner Wirtschaft begünstigten, auf der Gegenseite durch Errichtung von Zollschranken, durch Erschwerung der Einwanderung und Einreise deutscher Staatsangehöriger jedes Eindringen des deutschen Marktes gewaltsam verhinderte. Diese Regelung war viel schlimmer, als wenn jegliche Rechtsgrundlage für den Handelsverkehr beiderseits fehlte, denn dann konnten wir uns wenigstens durch gleichartiges Vorgehen schützen, wogegen das Diktat uns jedes Recht der Abwehr abschnitt. Einen größeren Schaden konnte der Feindbund unserem Wirtschaftsleben nicht antun, als es durch die einseitige Meistbegünstigungsklausel geschehen ist, deren Wirkung sich noch weit über die Ententestaaten selbst hinaus ausdehnte, indem sie uns jede handelspolitische Betätigung, insbesondere den Abschluß neuer Handelsverträge aufs äußerste erschwerte, wenn nicht unmöglich machte. Unsere Ausfuhr schwebte in ständiger Unsicherheit und Gefahr, ebenso jede gewerbliche Tätigkeit, soweit sie der Ausfuhr diente oder indirekt mit ihr zusammenhing. Dabei war und ist auch mehr denn je für uns die Wiederaufnahme und die Förderung der Wiederausfuhr nicht nur eine der wichtigsten Aufgaben unserer Wirtschaftspolitik, sondern eine Lebensfrage des deutschen Volkes überhaupt.

Die durch den Krieg zerstörten Rechtsgrundlagen des deutschen Außenhandels gegenüber den gegnerischen Staaten wurden aber noch weiter in einer für Deutschland ungünstigen Weise geordnet durch die Regelung des Schutzes gewerblichen Eigentums, des Patentschutzes. Sie ist von dem Gedanken beseelt, den strebenden neuschaffenden Geist der deutschen Nation zu vernichten, die auf diesem Gebiet früher geschaffene Internationalität aufzuheben, nicht mehr wiederkehren zu dem, was einst gewesen war, nicht mehr fortzusetzen das Hand in Hand gehen der wirtschaftlich und tech- [217] nisch schaffenden Kräfte, zu brechen mit dem Einheitsgedanken weltwirtschaftlichen Fortschritts.

Eine besondere Stellung im Diktat von Versailles nimmt die deutsche Seeschiffahrt ein, das Fundament unseres Außenhandels. Ich habe bereits von den Einwirkungen des Seehandelskrieges auf ihre Lage gesprochen. Sie wären immerhin zu überwinden gewesen, wenn nicht das Diktat und namentlich die mit ihm zusammenhängenden anderen Diktate des Waffenstillstandes und der Zusatzabkommen auf die völlige Erdrosselung hinausgegangen wären. Mit der hierdurch vernichteten "uneingeschränkten Freiheit der Meere" begannen die Verbündeten die Untergrabung des Wilson-Programms, indem sie, wie aus der Note des Staatssekretärs Lansing vom 5. November 1918 hervorgeht, zu Punkt 2 dieses Programms den nachstehenden Vorbehalt setzten:

      "Sie (die Mächte) müssen jedoch darauf hinweisen, daß der gewöhnlich sogenannte Begriff der Freiheit der Meere verschiedene Auslegungen zuläßt, von denen sie einige nicht annehmen können. Sie müßten sich deshalb über diesen Gegenstand beim Eintritt in die Friedenskonferenz volle Freiheit vorbehalten."

Es unterliegt keinem Zweifel, daß schon damit der deutschen Seeschiffahrt ein Schicksal zwischen Lähmung und Tod angesagt war. Der Wille, sie zu vernichten, wurde damit bereits vor Beginn der Waffenstillstandsverhandlungen kundgegeben und im Laufe derselben etappenweise durchgeführt. Das Abkommen von Trier vom 16. Januar 1919 stellte zunächst das Instrument der wirtschaftlichen Seegeltung, die deutsche Handelsflotte unter die Kontrolle der Alliierten, um "die Versorgung Deutschlands sicherzustellen, ohne daß das deutsche Eigentum an den Schiffen oder die deutsche Besatzung ausgeschlossen, sogar für die Benutzung der Schiffe eine angemessene Gebühr bezahlt werden sollte". In diesen Sätzen mit ihrer Erzwingung der Entziehung der Handelsflotte zum Zweck der Versorgung des deutschen Volkes mit Lebensmitteln steckt die ganze Raffiniertheit, eine abstoßende Heuchelei, wie sie auch an so manchen anderen Stellen des Diktats zur Verschleierung der Ziele zum Ausdruck kommt.

Auch in dem Sonderabkommen vom 15. Januar 1919 über die Einzelbestimmungen für die Flottenablieferung wurde das deutsche wirtschaftliche Bewußtsein noch geschont, wenn es den Alliierten auch schon die Möglichkeit gab, durch Flaggenwechsel, Unterstellung der Gesetze der Übernahmeländer, durch das Recht zur teilweisen oder völligen Ablösung der Besatzung die Flotte in ihren Besitz zu bringen. Zur Beruhigung heißt es auch hier wieder, daß "das Übereinkommen der endgültigen Verfügung über die Schiffe nicht vorgreife".

[218] Was aber brachte diese endgültige Verfügung?

Eine Wegnahme der für den überseeischen Verkehr geeigneten Betriebsmittel der Seeschiffahrt, der Handelsflotte und Seekabel, nachdem man wohlweislich erst die machtvolle Stütze der wirtschaftlichen Seegeltung, die Kriegsflotte, unschädlich gemacht hatte.

Aber nicht nur die Seeschiffahrt sollte in ihrem Wiederaufbau geschädigt und erschwert werden, sondern auch die Binnenschiffahrt, in deren Verhältnisse das Diktat nicht nur für die Gegenwart tief einschneidende Veränderungen brachte, sondern auch die Ausgestaltung zukünftiger Projekte erheblich beeinflussen muß, und dadurch eine außerordentliche Erschwerung der Aufgabe mit sich bringt, welche die Binnenschiffahrt im Wirtschaftsleben Deutschlands zu erfüllen hat. Abgesehen von der Forderung auf Ablieferung ungeheurer Mengen von Schiffsmaterial ist namentlich durch die Internationalisierung der deutschen Ströme, mit Ausnahme der Weser und Ems, und durch alle sonstigen die internationale Schiffahrt begünstigenden, die nationale Schiffahrt schädigenden Bedingungen des Diktats die künftige Entwicklung der deutschen Binnenschiffahrt in außerordentlichem Umfange erschwert worden; denn diese Bestimmungen bedeuten weiter nichts als die Aufrichtung einer Fremdherrschaft auf diesen Flüssen und auf den an sie anschließenden schiffbaren Wasserstraßen.

Neben der Binnenschiffahrt, den aufblühenden Seehäfen, einer kräftigen Handelsflotte hatte namentlich noch die technische und finanzielle Leistungsfähigkeit des deutschen Eisenbahnwesens mit seinem Tarifsystem zu dem wirtschaftlichen Aufschwung Deutschlands, seines Außenhandels und namentlich seines Transithandels beigetragen. Auch hier haben Waffenstillstand und Friedensdiktat erst durch unerhört rigoros und schikanös gehandhabte Ablieferungsforderungen von rollendem Material, dann aber durch ebenfalls einseitige Eingriffe in die Tarif- und Verkehrshoheit des Reiches einmal den Wiederaufbau des durch den Krieg bereits zerrütteten Verkehrswesens zu verhindern und zu erschweren gesucht, dann aber für die Wirtschaft der feindlichen Mächte Vergünstigungen unerhörter Art erzwungen.

In diese Behinderung des deutschen Verkehrswesens gehört endlich noch die Knebelung der deutschen Luftfahrt. Ihre Entwicklung wurde gehemmt nicht nur durch die im Teil IX des Vertrages bis 1. Januar 1923 ausgesprochene Forderung nach einseitiger Meistbegünstigung fremder Flugzeuge in Deutschland, sondern ebenso sehr durch den späteren Kampf um die im Londoner Ultimatum festgesetzten Begriffsbestimmungen.

In die Reihe der Maßnahmen, die die Weltgeltung des deutschen Außenhandels vernichten sollten, gehört dann schließlich noch die [219] Inanspruchnahme des deutschen Auslandsbesitzes. Ich habe auch hier bereits hervorgehoben, daß, nachdem der Krieg sehr schnell auf die Initiative Englands hin auf das wirtschaftliche Gebiet übergegriffen hatte, sich die feindlichen Maßnahmen sehr bald gegen den deutschen Privatbesitz richteten, der sich in ihrem Machtbereich befand. Die einzelnen greifbaren Vermögensstücke deutscher Staatsangehöriger wurden nicht nur beschlagnahmt und unter Zwangsverwaltung gestellt, sondern im Wege der Liquidation einfach den Eigentümern entzogen. Dem vom Präsidenten Wilson verheißenen Rechtsfrieden hätte es entsprochen, wenn diese kriegerischen Gewaltmaßregeln mit dem Friedensschlusse außer Kraft gesetzt und, soweit ihre Wirkungen nicht beseitigt werden konnten, die den einzelnen entstandenen Schäden auf der Grundlage der Gegenseitigkeit nach Möglichkeit geheilt worden wären. Stattdessen war bei Regelung dieser Verhältnisse keine Spur von einer Behandlung auf dem Fuße der Gegenseitigkeit, keine Spur von Gerechtigkeit und Rechtsfrieden zu spüren, vielmehr eine Vergewaltigung der deutschen Privatrechte, wie sie bisher im Laufe der Weltgeschichte noch nicht vorgekommen ist. Deutschland wurde verpflichtet, alle Maßnahmen seiner Kriegsgesetzgebung, die sich als Vergeltung für das feindliche Vorgehen gegen private Rechte gerichtet hatten, unverzüglich aufzuheben und den früheren Zustand wieder herzustellen unter voller Ersatzleistung für die Geschädigten. Demgegenüber wurden die entsprechenden Kriegsmaßnahmen der Gegner nicht nur allein aufrecht erhalten, sondern es wurde ihnen noch das Recht vorbehalten, sie fortzusetzen, auf bisher nicht ergriffene Vermögensstücke auszudehnen und sogar Vergewaltigungsvorschriften, die während des Krieges nicht erlassen worden waren, auch noch nach dem Friedensschlusse neu einzuführen. Wie bei so vielen anderen Gewaltmaßnahmen des Diktats haben sie auch hier ihrem Vorgehen eine andere Begründung gegeben, um das Ziel zu verschleiern, den erfolgreichen Wettbewerb deutschen Handels- und Gewerbefleißes durch Entziehung seiner ausländischen Stützpunkte und Beziehungen zurückzudrängen und auszuschalten. Sie rechtfertigten es damit, daß Besitz und Hilfsmittel des Deutschen Reiches zur Befriedigung der aus dem Kriege hergeleiteten finanziellen Ansprüche der Gegner nicht ausreichen und es Deutschland deshalb zugemutet werden müsse, kraft seines Souveränitätsrechts auf das Vermögen seiner Untertanen zurückzugreifen und dieses zur Erfüllung der Wiedergutmachungsforderungen verfügbar zu machen. Trotzdem aber nicht alle Signatarmächte des Friedensvertrages an den von Deutschland zu zahlenden Wiedergutmachungen Anteil hatten und trotzdem für sie daher die Gründe nicht vorlagen, auf die die Gegner den Raub des deutschen Privatvermögens stützten, wurde das in deren Gebieten befindliche Vermögen nicht etwa von der Liquidation verschont, was [220] für den wahren Geist und die wahre Absicht bezeichnend ist. Die gegnerischen Staaten haben sich mit der Inanspruchnahme des in ihren Gebieten befindlichen deutschen Privatvermögens noch nicht einmal begnügt, sondern darüber hinaus wertvollen deutschen Besitz auch in anderen Gebieten ihrem Zugriffe unterworfen.

So stellen die Vorschriften über die Behandlung des deutschen Privateigentums eine der schlimmsten Vergewaltigungen dar, einen Gewaltakt, der sich zu den bei Abschluß des Waffenstillstandes vereinbarten Grundlagen des künftigen Friedens als eines Rechtsfriedens in den schärfsten Gegensatz stellt. Das Ziel, den Wiederaufbau Deutschlands zu hemmen, und sich dadurch wenigstens für einen längeren Zeitraum von seinem Wettbewerbe zu befreien, ist erreicht worden, denn der Verlust des deutschen Auslandsvermögens und damit der Kreditgrundlage für den deutschen Außenhandel war für die Wiedergewinnung der Außenhandelsbeziehungen ein Schlag, dessen Wirkungen auch bei angestrengtester Arbeit nur in einem langen Zeitraume überwunden werden können.

Machte die außerordentliche Kapitalvernichtung von rund 83 Milliarden Goldmark ausländische Kredite dringend erforderlich, so wurde deren Hereinnahme durch die im Artikel 248 ausgesprochene erstrangige Generalhaftung allen Besitzes und aller Einnahmequellen des Reiches wie der Länder für die Reparationsverpflichtungen außerordentlich behindert. § 18 der Anlage II zu Teil VIII bedrohte jedes im bisher feindlichen Ausland neu entstehende deutsche Guthaben mit sofortiger Beschlagnahme. Während erst die späteren Handelsvertragsabschlüsse diese jeder wirtschaftlichen Vernunft hohnsprechende Bestimmung beseitigen konnten, ist der Streit um die Priorität der Auslandsanleihen und der Reparationsverpflichtung auch heute noch nicht beendigt und behindert natürlich nach wie vor die Erlangung völliger Kreditfähigkeit.

Eine Sonderbelastung des deutschen Außenhandels und damit auch der Zahlungsbilanz stellen schließlich noch die 26prozentige Ausfuhrabgabe der reparation recovery acts sowie die sogenannten Sachlieferungen dar. Bedeuten erstere nichts weiter als eine Wegnahme eines Teils unserer Exportdevisen, eine Schutzmaßnahme gegen die deutsche Einfuhr, ein neues "made in Germany", so die letzteren als Gratisleistung eine Schädigung des Warenaustausches und damit der Zahlungsbilanz. Beide dürften eben nur von der zusätzlichen Ausfuhr gefordert werden, die über die Bedürfnisse der Mindesteinfuhr und dem zum Ausgleich der Handelsbilanz notwendigen Export hinausgeht.

Die verhängnisvollsten Wirkungen auf die Nachkriegsgestaltung der deutschen Wirtschaft übte schließlich das in Versailles ungelöste Reparationsproblem [221] und seine hierdurch ermöglichte Verquickung mit politischen Interessen aus. An dem Verlauf der über 5 Jahre sich hinausziehenden Reparationstragödie, deren wehrloses Opfer in erster Linie die deutsche, dann aber auch die europäische und Weltwirtschaft wurde, interessiert daher vielleicht nicht so sehr das wirtschaftliche Moment, als der politische Hintergrund. Hatte England sein Ziel erreicht, oder glaubte es wenigstens es erreicht zu haben, so trat nunmehr Frankreich auf den Plan. Wie wir aus den Enthüllungen über die Vorgänge auf der Pariser Friedenskonferenz wissen, war sein Ziel damals schon in erster Linie auf die Vernichtung der politischen Machtstellung Deutschlands gerichtet, der, wie es ganz richtig voraussetzte, entweder die Unterwerfung oder aber die Zerstörung seiner Wirtschaft ohne weiteres folgen mußte. Mit einer Hartnäckigkeit und Zielsicherheit sondergleichen wurde die Verwirklichung dieses "Programms der Panik", wie Wilson es in seinen Memoiren bezeichnet, das in der Denkschrift des Marschalls Foch vom 10. Januar 1919, in dem Völkerbundsentwurf von Léon Bourgois und in dem Memorandum Loucheurs vom 7. Februar 1919 seinen Niederschlag fand und die militärisch-politische und wirtschaftliche Unterdrückung Deutschlands zum Ziel hatte, immer wieder in den monatelangen Verhandlungen versucht. Als dies nicht gelang, suchte Frankreich es auf dem Umweg über die Reparationen unter mißbräuchlicher Ausnutzung der Sanktionsbestimmungen zu erreichen. Die Methoden waren bereits in jenen Denkschriften von Foch und Loucheur enthalten. Sie wurden ergänzt durch diejenigen der Pfalz- und Rheinlandgenerale Gerard und Mangin aus den Jahren 1919 und 1920 und in der Hauptsache durch den bekannten Geheimbericht Dariacs vom 28. Mai 1922. Wie die Verwirklichung aller dieser Ziele unter unzähligen Vergewaltigungen der Bestimmungen des Versailler Diktats selbst durch den Einbruch in das Ruhrgebiet mit seiner politischen und wirtschaftlichen, nicht nur für Deutschland, sondern für ganz Europa verhängnisvoll gewordenen Katastrophenpolitik ihrem Abschluß zugeführt werden sollte, wird beim ganzen deutschen Volk in unvergeßlicher Erinnerung bleiben.

Die Beendigung des Weltkrieges bot die Möglichkeit, in geradezu riesenhaftem Ausmaße eine Befriedigung der Welt zu verwirklichen. Man hätte annehmen müssen, daß angesichts des erschütternden Kapitalverlustes und der Zerstörungen in der Weltwirtschaft alle früher vorhanden gewesenen internationalen Kräfte wieder lebendig werden müßten, um einen Abbau des Hasses herbeizuführen, um gleichzeitig der weiteren Ausdehnung der wirtschaftlichen und finanziellen Katastrophe entgegenzutreten und die europäische Welt möglichst bald wieder in die Friedensarbeit zurückzuführen. Nichts von alledem erfolgte. Vielmehr leiteten die Pariser Verträge und namentlich der [222] Vertrag von Versailles den gewalttätigen Kampf in den kaum weniger furchtbaren der wirtschaftlichen Mittel über. Er bediente sich hierbei einer besonders widerlichen Heuchelei, indem er das Schwert der Gewalt in die Toga des Richters hüllte.


Inzwischen sind eine Reihe von Eingriffen in das deutsche Wirtschaftsleben durch Fristablauf wieder aufgehoben worden (nachdem sie aber erst am weiteren Zusammenbruch bzw. an der Niederhaltung der deutschen Wirtschaft kräftig mitgearbeitet hatten). Hierunter fallen namentlich: die fünfjährige Zollfreiheit für alle Waren, die aus Elsaß-Lothringen, die dreijährige für alle Waren, die aus Polen stammen und nach Deutschland ausgeführt werden (Art. 68 und 268), die weiteren Einschränkungen der Zollautonomie durch die Bindung der Tarife und Zölle an günstige Vorkriegssätze und für bestimmte Warengattungen auf die Dauer von drei Jahren (Art. 269), die fünfjährige Dauer der einseitigen Meistbegünstigung (Art. 264 bis 267, 280), die Verpflichtung zur Einräumung einer einseitigen Vorzugsstellung der Staatsangehörigen der alliierten und assoziierten Mächte (Art. 276, 280). Manche Eingriffe sind auch unter den zwangsläufigen Folgen auf die außerdeutschen Wirtschaften (die allerdings dem Feindbunde unerwartet kamen) ausgeschaltet worden, ohne daß dies jedoch etwa die Absichten und Ziele der Gegner irgendwie mildern könnte. Diese Eingriffe waren eben brutale Vergewaltigungen der elementarsten ökonomischen Gesetze, die nicht ungestraft erfolgen konnten. Diese Erkenntnis hat sich im Laufe der Nachkriegsentwicklung mehr und mehr durchgesetzt. Die Resolutionen der Gewerkschaftsinternationale, die Beschlüsse der Internationalen Handelskammer, die Bemühungen der Interparlamentarischen Union und der Völkerbundgesellschaften sowie zahlreiche andere Organisationen von Interessenten und Sachverständigen, die trotz mancher Mißerfolge immer wieder fortgeführten Einigungsverhandlungen deutscher und alliierter Wirtschaftsführer, die zahlreichen Wirtschafts- und Finanzkonferenzen in Brüssel, Paris, Genua und anderen Orten, namentlich aber die Bemühungen zur Entpolitisierung des Reparationsproblems, die Versuche seiner wirtschaftlichen Lösung durch den Dawesplan und die augenblicklichen Pariser Sachverständigenverhandlungen sowie endlich das Bestreben des Völkerbundes, die seiner Betätigung auch auf wirtschaftlichem Gebiet bisher auferlegten Fesseln abzustreifen, haben auf wirtschaftlichem Gebiete eine Reihe von Tatsachen gezeitigt, die beweisen, daß man die Abkehr von den in Versailles geborenen wirtschaftlichen Zwangsmaßregeln immer stärker ersehnt und die Wiederherstellung normaler wirtschaftlicher Beziehun- [223] gen und des natürlichen Wirtschaftsausgleichs herbeizuführen bemüht ist.

Im Gegensatz zur Einstellung von Versailles beginnt sich wieder die Erkenntnis einzuprägen, daß das Gedeihen eines Landes durchaus geknüpft ist an das Wohlergehen des Nachbarn, daß ein Staat sich nicht zu bereichern vermag durch Verarmung eines anderen. Wenn auch oft genug rein politische Maßnahmen, Eroberungen und Machtgebote wirtschaftliche Zwecke herbeiführen sollen, wie dies besonders während des Weltkrieges und in seinen Abschlußverträgen deutlich hervortrat, so wird die Abhängigkeit selbst, die auf stärksten immanenten Tatsachen der Wirtschaft beruht, dadurch nicht gemindert, so wenig wie die Tatsache, daß nur die Entfaltung der anderen Volkswirtschaft auch das eigene Gedeihen entwickeln kann. Die Arbeit keines der Völker, das einmal in die Weltwirtschaft einbezogen war, kann entbehrt werden. Bei allen Gegensätzlichkeiten bleibt der Gedanke der weltwirtschaftlichen Solidarität eine regulative Idee von grundlegender Bedeutung für das Nebeneinanderleben der Nationen. Ein Wort Jakob Burckhardts mag in diesem Sinne geändert werden: Mögen die Völker sich gegenseitig hassen... zu ihrem Glücke können sie einander weder kulturell noch wirtschaftlich entbehren.

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Zehn Jahre Versailles
in 3 Bänden herausgegeben von
Dr. Dr. h. c. Heinrich Schnee und Dr. h. c. Hans Draeger