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Teil VIII - Wiedergutmachungen

Abschnitt I - Allgemeine Bestimmungen

Anlage V

§ 1.

      Deutschland sagt zu, auf jeweiliges Erfordern den nachstehend bezeichneten Signatarmächten des gegenwärtigen Vertrags die im folgenden näher bestimmten Mengen von Kohlen und Kohlennebenprodukten zu liefern.


§ 2.

      Deutschland liefert an Frankreich zehn Jahre lang sieben Millionen Tonnen Kohlen jährlich. Außerdem liefert Deutschland jedes Jahr an Frankreich eine Kohlenmenge gleich dem Unterschied zwischen der Jahresförderung der durch den Krieg zerstörten Bergwerke des Nordens und des Pas-de-Calais vor dem Kriege und der Förderung der Bergwerke dieses Beckens in dem in Betracht kommenden Jahre [engl. Text: "in den in Betracht kommenden Jahren"]. Letztere Lieferung erfolgt zehn Jahre lang; ihre Höchstmenge beträgt indes nicht mehr als zwanzig Millionen Tonnen jährlich während der ersten fünf Jahre und acht Millionen Tonnen jährlich während der fünf folgenden Jahre.
      Als selbstverständlich wird hierbei vorausgesetzt, daß die Wiederinstandsetzung der Bergwerke des Nordens und des Pas-de-Calais mit allem Nachdruck betrieben wird.


§ 3.

      Deutschland liefert an Belgien zehn Jahre lang acht Millionen Tonnen Kohlen jährlich.


§ 4.

      Deutschland liefert an Italien nachstehende Höchstmengen an Kohle:
Juli 1919 bis Juni 1920:      4½ Millionen Tonnen
  "   1920  "    "    1921:      6         "            "    
  "   1921  "    "    1922:      7½      "            "    
  "   1922  "    "    1923:      8         "            "    
  "   1923  "    "    1924:      8½      "            "
und in jedem der fünf folgenden Jahre 8½ Millionen Tonnen.
      Wenigstens zwei Drittel der Lieferungen müssen auf dem Landweg erfolgen.


§ 5.

      Deutschland liefert an Luxemburg, wenn der Wiedergutmachungsausschuß ein entsprechendes Verlangen stellt, eine jährliche Kohlenmenge gleich derjenigen, die Luxemburg vor dem Kriege an deutscher Kohle jährlich verbraucht hat.


§ 6.

      Die Preise für die auf Grund des vorstehenden Bezugsrechts gelieferten Kohlenmengen sind folgende:
      a) Lieferung mit der Bahn oder zu Wasser. Der Preis stellt sich wie der deutsche Preis frei Grube, den die deutschen Reichsangehörigen zahlen, unter Hinzurechnung der Fracht bis zur französischen, belgischen, italienischen oder luxemburgischen Grenze; doch darf der Preis frei Grube den Preis frei Grube der britischen Ausfuhrkohlen nicht übersteigen. Falls es sich um belgische Bunkerkohle handelt, darf der Preis nicht höher sein als der für holländische Bunkerkohle.
      Die Tarife für die Beförderung mit der Eisenbahn oder auf dem Wasserwege dürfen nicht höher sein als die niedrigsten Tarife für gleichartige Beförderungen in Deutschland.
      b) Lieferungen auf dem Seewege. Der Preis ist entweder der deutsche Ausfuhrpreis frei an Bord in den deutschen Häfen oder der englische Ausfuhrpreis frei an Bord in den englischen Häfen, und zwar immer der niedrigere von beiden.


§ 7.

      Die beteiligten alliierten und assoziierten Regierungen können die Lieferung von Hüttenkoks an Stelle der Kohle verlangen, und zwar zum Satz von drei Tonnen Koks statt vier Tonnen Kohle.


§ 8.

      Deutschland sagt zu, folgende Erzeugnisse an Frankreich jährlich drei Jahre lang nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags zu liefern und mit der Bahn oder zu Wasser an die französische Grenze zu befördern.
Benzol ...................................  35 000 t,
Steinkohlenteer ......................  50 000 t,
schwefelsaures Ammoniak .....  30 000 t.
      An Stelle des Steinkohleteers treten nach Wahl der französischen Regierung ganz oder zum Teil entsprechende Mengen von Destillationserzeugnissen, wie leichte Öle, schwere Öle, Anthrazen, Naphthalin oder Teerpech.


§ 9.

      Der Preis für den Koks und für die in § 8 genannten anderen Erzeugnisse ist derselbe, den die deutschen Reichsangehörigen zahlen. Die Berechnung der Verpackung und der Fracht bis zur französischen Grenze oder bis zu den deutschen Häfen erfolgt zu den vorteilhaftesten Bedingungen, die für gleiche Erzeugnisse deutschen Reichsangehörigen gewährt werden.


§ 10.

      Die Bezugsrechte auf Grund dieser Anlage werden durch Vermittlung des Wiedergutmachungsausschusses geltend gemacht. Der Ausschuß ist ermächtigt, zwecks Durchführung obiger Bestimmungen [engl. Text: "vorbehaltlich der vorliegenden besonderen Bestimmungen" statt "zwecks Durchführung obiger Bestimmungen"] über alle Fragen, betreffend das Verfahren sowie betreffend die Beschaffenheit und die Menge der Lieferungen, die Menge des an Stelle der Kohle zu liefernde Koks, die Fristen und die Art der Lieferung und Zahlung zu befinden. Die Anforderungen, welchen die zweckdienlichen Einzelangaben beizufügen sind, müssen Deutschland hundertzwanzig Tage vor dem Lieferungstermin bekanntgegeben werden, soweit es sich um Lieferungen  vom 1. Januar 1920 an handelt, und dreißig Tage bei Lieferung zwischen dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des gegenwärtigen Vertrags und dem 1. Januar 1920. Bis Deutschland die in diesem Paragraphen vorgesehenen Anforderungen erhalten hat, bleiben die Bestimmungen des Protokolls vom 25. Dezember 1918 (Ausführung des Artikels VI des Waffenstillstandsvertrags vom 11. November 1918) in Kraft. Die Anforderungen bezüglich der in den §§ 7 und 8 vorgesehenen Ersatzlieferungen sind der deutschen Regierung mit einer von dem Ausschuß für ausreichend erachteten Frist bekanntzugeben. Wenn der Ausschuß sich dahin schlüssig wird, daß die vollständige Erfüllung der Anforderungen die deutschen eigenen gewerblichen Bedürfnisse übermäßig beeinträchtigen würde, so kann er Fristen für die Anforderungen bewilligen oder sie völlig fallen lassen und auf diese Weise zugleich die Reihenfolge der Lieferungen bestimmen; doch hat die als Ersatz für Kohle aus zerstörten Bergwerken zu liefernde Kohle den Vorrang vor allen übrigen Lieferungen.