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Teil VIII - Wiedergutmachungen

Abschnitt I - Allgemeine Bestimmungen

Anlage IV

§ 1.

      Die alliierten und assoziierten Mächte fordern und Deutschland sagt zu, daß es in teilweiser Erfüllung seiner durch diesen Teil festgesetzten Verpflichtungen entsprechend den nachstehenden näheren Bestimmungen seine wirtschaftlichen Hilfsmittel unmittelbar der Wiederherstellung in Natur der mit Krieg überzogenen Gebietsteile der alliierten und assoziierten Mächte dienstbar macht, und zwar in dem von diesem Mächten zu bestimmenden Ausmaß.


§ 2.

      Die Regierungen der alliierten und assoziierten Mächte behändigen dem Wiedergutmachungsausschuß Verzeichnisse, enthaltend:
      a) die Tiere, Maschinen, Montierungsteile, Maschinenspiele [engl. Text: "Werkzeuge" statt "Maschinenspiele"] und alle ähnlichen im Handel erhältlichen Gegenstände, die von Deutschland beschlagnahmt, verbraucht oder zerstört worden sind oder die unmittelbar durch militärische Maßnahmen zerstört worden sind und die die genannten Regierungen zur Befriedung unmittelbarer und dringender Bedürfnisse durch gleichartige Tiere oder Gegenstände ersetzt zu sehen wünschen, die auf deutschem Gebiete bei Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags vorhanden sind;
      b) die Stoffe zum Wiederaufbau (Steine, Backsteine, feuerfeste Steine, Dachziegel, Bauholz, Fensterglas, Stahl, Kalk, Zement usw.), Maschinen, Heizeinrichtungen, Möbel und alle im Handel erhältlichen Gegenstände, die die genannten Regierungen in Deutschland erzeugt und hergestellt und an sie zur Wiederherstellung der mit Krieg überzogenen Gebietsteile geliefert zu sehen wünschen.


§ 3.

      Die Verzeichnisse der in § 2 a) oben erwähnten Gegenstände werden binnen sechzig Tagen nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags zugestellt.
      Die Verzeichnisse der oben in § 2 b) erwähnten Gegenstände werden spätestens am 31. Dezember 1919 zugestellt.
      Die Verzeichnisse enthalten alle in den Verträgen des Handels üblichen Einzelheiten über die betreffenden Gegenstände einschließlich genauer Beschreibung, Lieferfrist (höchstens vier Jahre) und Lieferungsort, aber weder Preise noch veranschlagten Wert, diese werden, wie weiter unten ausgeführt, vom Ausschuß festgesetzt.


§ 4.

      Unmittelbar nach Eingang der Verzeichnisse prüft der Ausschuß, inwieweit die Lieferung der in ihnen aufgeführten Stoffe und Tiere von Deutschland gefordert werden kann. Bei seiner Entscheidung trägt der Ausschuß den inneren Bedürfnissen Deutschlands soweit Rechnung, wie es zur Aufrechterhaltung des sozialen und wirtschaftlichen Lebens Deutschlands notwendig ist; er berücksichtigt ferner die Preise und die Zeiten, zu denen gleiche Gegenstände in den alliierten und assoziierten Ländern erhältlich sind und vergleicht sie mit denen, die für die deutschen Gegenstände gelten sollen; er berücksichtigt schließlich das allgemeine Interesse der alliierten und assoziierten Regierungen daran, daß das gewerbliche Leben Deutschlands nicht soweit zerrüttet wird, daß seine Fähigkeit, seinen anderen Wiedergutmachungsverpflichtungen zu genügen, in Frage gestellt wird.
      Jedoch dürfen von Deutschland Maschinen, Montierungsteile, Maschinenspiele [engl. Text: "Werkzeuge" statt "Maschinenspiele"] und ähnliche im Handel erhältliche Gegenstände, sofern sie augenblicklich in gewerblichen Betrieben verwendet werden, nur gefordert werden, wenn kein Vorrat von diesen Gegenständen verfügbar oder verkäuflich ist; zudem dürfen Forderungen dieser Art dreißig v. H. der Mengen jeden Gegenstandes nicht überschreiten, die in einem deutschen Unternehmen oder Betrieb verwendet werden.
      Der Ausschuß gibt den Vertretern der deutschen Regierung Gelegenheit, sich binnen bestimmter Frist darüber zu äußern, wieweit es ihr möglich ist, die genannten Stoffe, Tiere und Gegenstände zu liefern.
      Die Entscheidung des Ausschusses wird dann möglichst schnell der deutschen Regierung und den verschiedenen beteiligten alliierten und assoziierten Regierungen bekanntgegeben.
      Die deutsche Regierung sagt zu, die in dieser Mitteilung näher bestimmten Materialien, Gegenstände und Tiere zu liefern, und die beteiligten alliierten und assoziierten Regierungen sagen, jede für ihren Teil, zu, diese Lieferungen anzunehmen, sofern sie der gegebenen näheren Beschreibung entsprechen und nach Ansicht des Ausschusses zur Verwendung beim Wiederaufbau nicht ungeeignet sind.


§ 5.

      Der Ausschuß bestimmt den Wert der Materialien, Gegenstände und Tiere, die, wie oben bestimmt, geliefert werden, und die alliierten und assoziierten Regierungen, welche diese Lieferungen empfangen, sind damit einverstanden, daß sie mit derem Wert belastet werden und erkennen an, daß die entsprechende Summe als eine von Deutschland geleistete Zahlung gilt, die entsprechend Artikel 237 dieses Teiles des gegenwärtigen Vertrags zu verteilen ist.
      In den Fällen, wo das Recht ausgeübt wird, Wiederherstellung in Natur zu den oben festgesetzten Bedingungen zu fordern, hat sich der Ausschuß zu vergewissern, daß die Deutschland gutgeschriebene Summe den normalen Wert der von ihm geleisteten Arbeit oder der von ihm gelieferten Stoffe darstellt, und daß unter Berücksichtigung der teilweisen Wiedergutmachung der Schadensersatzanspruch der beteiligten Macht im Verhältnis des so gelieferten Beitrags zur Wiedergutmachung sich mindert.


§ 6.

      Als unmittelbare Abschlagslieferung auf die in § 2a) obenerwähnten Tiere sagt Deutschland zu, binnen drei Monaten nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags die nachstehenden Mengen an lebenden Tieren zu liefern, und zwar monatlich ein Drittel von jeder Art:

1. An die französische Regierung:
       500 Zuchthengste von 3 bis 7 Jahren;
  30 000 Stutfüllen und Stuten von 18 Monaten bis 7 Jahren von Ardenner, Boulonnaiser oder belgische Rasse;
    2 000 Stiere von 18 Monaten bis 3 Jahren;
  90 000 Milchkühe von 2 bis 6 Jahren;
    1 000 Böcke;
100 000 Schafe;
  10 000 Ziegen.

2. An die belgische Regierung:
     200 Zuchthengste von 3 bis 7 Jahren, schwere belgische Rasse;
  5 000 Stuten von 3 bis 7 Jahren, schwere belgische Rasse;
  5 000 Stutfüllen von 18 Monaten bis 3 Jahren, schwere belgische Rasse;
  2 000 Stiere von 18 Monaten bis 3 Jahren;
50 000 Milchkühe von 2 bis 6 Jahren;
40 000 Färsen;
     200 Böcke;
20 000 Schafe;
15 000 Mutterschweine.

      Die gelieferten Tiere müssen gesund und von normaler Beschaffenheit sein.
      Der Wert der so gelieferten Tiere wird, entsprechend den Bestimmungen des § 5 dieser Anlage, auf Deutschlands Wiedergutmachungsschuld angerechnet, es sei denn, daß von den Tieren festgestellt wird, daß sie zu den weggeführten oder beschlagnahmten gehören.


§ 7.

      Ohne die Entscheidungen des Ausschusses, wie sie in § 4 dieser Anlage vorgesehen sind, abzuwarten, hat Deutschland die Lieferungen landwirtschaftlichen Geräts an Frankreich fortzusetzen, die im Artikel III des Vertrags vom 16. Januar 1919 über die Verlängerung des Waffenstillstands vorgesehen sind.