[14]
2. Teil:
Der Korridor und die polnische
Propaganda
"Eine überlegte Behandlung der europäischen Probleme hätte
damals im Osten ohne weiteres eine Lösung finden können, die den
verständlichen Ansprüchen Polens genau so wie den
natürlichen Rechten Deutschlands entgegengekommen wäre."
Diese Worte aus Adolf Hitlers berühmter Reichtagsrede vom 17. Mai 1933 zeigen,
daß Polens staatliche Existenz für uns nicht zur Diskussion
steht, wenn wir die Revision der deutsch-polnischen Grenze verlangen. Was an
unvermeidlichen Folgen aus der Neugründung Polens entstehen
mußte, nehmen wir auf uns. Dagegen wenden wir uns gegen die
vermeidbaren Ergebnisse der Versailler Siegerpolitik, die Polen falsche Grenzen
gab, es in ein Bündnis gegen Deutschland einspannte und zugleich das
Deutsche Reich zu einseitiger Abrüstung zwang.
Was Bismarck vorausgesehen
hat.
1863, als die Polen einen aussichtslosen Aufstand gegen Rußland
unternahmen, äußerte Bismarck in einem Brief an den
preußischen Gesandten in London:1
"Polens Unabhängigkeit ist gleichbedeutend mit einer starken
französischen Armee in der Weichselposition."
1848, als das deutsche Publikum für die Freiheit der Polen
schwärmte, schrieb er:1
"Man kann Polen in seinen Grenzen von 1772 herstellen wollen, ihm ganz Posen,
Westpreußen und Ermland wiedergeben; dann würden
Preußens beste Sehnen durchschnitten und Millionen Deutscher der
polnischen Willkür überantwortet sein, um einen unsicheren
Verbündeten zu gewinnen, der lüstern auf jede Verlegenheit [15] Deutschlands wartet, um
Ostpreußen, 'Polnisch'-Schlesien, die 'polnischen' Bezirke von
Pommern für sich zu gewinnen."
Schon vor 85 Jahren konnte also ein Kenner der polnischen Geschichte und
Denkweise voraussagen, daß ein wiederaufgerichtetes Polen ein Element
der Unruhe in Europa und ein Feind Deutschlands sein würde. Erst recht
hätte man es vor 17 Jahren voraussehen können, als die
Mittelmächte das "Königreich Polen" proklamierten. Auf drei
Gründe konnte sich eine solche Prognose berufen.
Es lag erstens nahe, daß ein temperamentvolles Volk in extreme Neigungen
verfallen würde, wenn es nach mehr als hundertjährigem
Verschwinden seines Staates wieder ein eigenes Staatswesen erhielt. Schon die
Geschichte Polens läßt starke romantische Neigungen, aber keinen
besonderen Hang zum Maßhalten erkennen. Um so mehr war
vorauszusehen, daß sich in einem wiederhergestellten Polen eine lange
aufgespeicherte Lebensgier, ein hochgesteigerter Geltungsdrang und eine
mißtrauische Existenzangst geltend machen würden.
Zweitens war zu erwarten, daß die Polen die geschichtliche Entwicklung der
Neuzeit seit der Aufteilung ihres früheren Königsreichs ignorieren
und in ihrer Zielsetzung an die Verhältnisse des 17. und
18. Jahrhunderts anknüpfen würden. Nun hat sich aber in dem
Jahrhundert, in dem Polen von der Landkarte verschwunden war, eine
entscheidende Wendung vollzogen: die Wendung vom
Nationalitätenstaat des Mittelalters und des Absolutismus zum
Nationalstaat des demokratischen Zeitalters. Als
Nationalitätenstaat ist Polen untergegangen; sein Staatsgebiet
umfaßte im 18. Jahrhundert fast das Vierfache des polnischen
[16]
Abb. 5: Polens Appetit auf deutsches Land.
(Abgrenzung Polens nach Westen in dem
"Geographisch-Statistischen Atlas von Polen" des polnischen Professors E. v.
Romer, Warschau und Krakau 1916.)
|
Sprachgebiets. Und als Nationalitätenstaat ist
Polen - im Namen des nationalen
Prinzips! - wiedererstanden. Führende Polen fühlen diesen
Widerspruch. Sie sind sich bewußt, daß ihr neuer Staat, der zu
mindestens einem Drittel Minderheitsvölker umfaßt, ein
Anachronismus ist. Aber sie ziehen daraus nicht etwa die Folgerung einer
föderalistischen Gliederung. Sie suchen vielmehr durch Ausrottung der
Minderheiten nachträglich einen Nationalstaat zu schaffen.
Drittens mußte man mit der alten Abneigung der Polen gegen die
Deutschen rechnen. Sie entspricht einem historischen
Minderwertigkeitsgefühl und ist fast so alt wie die
Gründung von Städten wie Krakau, Warschau, Posen und Lodz
durch deutsche Einwanderer, die die polnischen Könige im Mittelalter als
Kulturträger ins Land gerufen hatten. In der Rota,2 einem vielgesungenen Liede [16-17=Karten] [18] der
Polen, heißt es: "Der Deutsche wird uns nicht mehr ins Gesicht spucken."
Die Polen haben stets nur mit Widerwillen und Ärger die deutsche
Überlegenheit anerkannt. Darum versteigen sich polnische Schriftsteller
z. B. zu der Behauptung, die Kultur sei den Polen von den Deutschen
[17]
Abb. 6: Was Polen erreicht hat.
(Dem Deutschen Reich verbliebene Reste von Westpreußen, Posen und
Oberschlesien sind punktiert.) [Vergrößern]
|
gestohlen und dann in ein System gebracht worden. Der polnische Professor
Rudnicki will sogar die Entdeckung gemacht haben, daß die deutsche Hansa
auf slawischer Tradition beruhe - womit es ihm allerdings noch immer
nicht gelungen ist, die Polen zu einer Nation kühner Seefahrer zu
stempeln.
Überschwang der nationalen Befreiung, Ignorierung der Teilungsepoche,
eingewurzelte Mißgunst gegen die Deutschen: dies alles ließ ein
Nationalgefühl entstehen, das zu Auswüchsen wie Geltungssucht,
Expansionsdrang und Gehässigkeit neigt. Aber zur Erklärung des
heutigen polnischen Phänomens reicht das noch nicht aus: zur
Erklärung eines oft ins Krankhafte verbogenen Nationalismus, ja einer
chauvinistischen Psychose; zur Erklärung eines Tatendranges, der sich
sogar auf die Angliederung weiterer deutscher Gebiete richtet. Hier
haben wir die Psychose eines Volkes von mittlerer Größe vor uns,
das man zu einer - seiner Lage und seinen Kräften nicht
entsprechenden - Großmachtpolitik verleitet hat: die Psychose, die
sich mit soziologischer Notwendigkeit aus den Geburtsfehlern des neuen
Polen ergibt; sie liegen in der übermäßigen Ausdehnung des
Staatsgebiets - Polen steht gewissermaßen auf den Zehen fast aller
Nachbarn - und in der daraus erwachsenen Zweifrontenfeindschaft gegen
Deutschland und Rußland, vor allem aber in der Versailler
Korridorregelung.
Die Korridorpsychose.
Da liegt ein Staat von 32 Millionen Menschen, von denen noch dazu mindestens
ein Drittel fremden Volksgruppen angehört, zwischen zwei Nachbarstaaten
von fast 70 und 160 Millionen. Mit beiden war Polen bisher gleichzeitig
verfeindet, weil es beiden große Teile ihres Volksgebietes genommen hat.
Polen lebt nicht von der wohlwollenden Duldung seiner beiden großen
Nachbarn, sondern von ihrer vorübergehenden Schwäche. Aus dieser
Lage entstand eine Geistesverfassung, die sich in vieler Hinsicht als
Angstpsychose kennzeichnen läßt. Was bleibt den Polen in
ihrer Lage übrig? Nach ihrer Meinung nicht die Aussöhnung mit den
Nachbarn, sondern nur die Aktivität eines überhitzten und
fehlgeleiteten Chauvinismus. Sie legen eine Rüstung an, die dem Lande zu
schwer ist. Sie peitschen eine nationale Leidenschaft, die an sich Achtung
verdient, [19] zum Irrsinn auf. Mit Gewalt suchen
sie die Fremdvölker in ihren Grenzen zu polonisieren, damit aus
zwanzig Millionen Polen einmal dreißig werden. Rasch, solange die
großen Nachbarn noch schwach sind, möchten sie ihren Staat durch
Eroberungen abrunden und stärken und damit die letzten, sogar in
Versailles nicht erreichten Wünsche durchsetzen.
Aber ist das nicht alles Utopie und Wahnwitz? Dem polnischen Nationalismus
scheint es nicht so. Polen ist doch eine europäische Großmacht, als
Hüter der Versailler Ordnung von Frankreich gestützt und jahrelang
mit Geldmitteln für gewaltige Rüstungen versorgt! Es war doch
immer das verwöhnte Schoßkind der Westmächte, als Besieger
Rußlands und Bollwerk gegen den Bolschewismus gefeiert, vom
Völkerbund in allen Streitfragen mit Nachsicht behandelt. Man hat ja Polen
sogar einen Korridor quer durch deutsches Land gegeben: einen freilich nach
polnischer Ansicht sehr unzulänglichen Zugang zur See, der erst durch
weiteres deutsches Gebiet ausgebaut und gesichert werden könnte. Also
vorwärts! "Durch den Krieg mit Deutschland werden wir die Welt in
Erstaunen setzen."
Der letzte Satz, der für die polnische "grandomanie" kennzeichnend ist,
steht in folgendem Zusammenhang (Zeitschrift Mocarstwowiec, Oktober
19303):
"Wir wissen, daß der Krieg
zwischen Polen und Deutschland nicht zu vermeiden ist. Wir müssen uns
zu diesem Krieg systematisch und mit aller Energie vorbereiten. Die heutige
Generation ist dazu berufen, in die Geschichte Polens einen neuen Sieg bei
Grunwald4 einzutragen.
Dieses Grunwald werden wir aber in den Vororten von Berlin
erkämpfen. Unser Ideal ist, Polen im Westen durch die
Odergrenze und die Lausitzer Neiße abzurunden und wiederum
uns Ostpreußen einzuverleiben, von dem Pregel bis zur Spree. In
diesem Kriege wird es keine Gefangenen geben und wird kein Platz
für menschliche Regungen sein. Durch den Krieg mit Deutschland
werden wir die Welt in Erstaunen setzen."
Man könnte polnische Äußerungen dieser Art, getan von
einflußreichen und autoritativen Stellen, beliebig häufen.5 Die
Geistes- [20] verfassung, die aus
ihnen spricht, läßt sich nicht nur als Angstpsychose, sondern auch als
Ausfluß schlechten Gewissens erklären. Einzelmenschen
wie Völker haben das Bedürfnis, den herabzusetzen und zu hassen,
dem sie Schaden zugefügt haben oder künftig Unrecht tun wollen.
Der Angreifer steht vor sich selbst eher gerechtfertigt da, wenn sein Opfer
minderwertig und hassenswert erscheint, wenn es keine bessere Behandlung zu
verdienen scheint. Wie der Propagandapsychologe Baschwitz überzeugend
darlegt, hat vor dem Kriege die Einkreisung den Haß gegen Deutschland
gefördert; und wenn im Kriege auch neutrale Völker der antideutschen
Propaganda völlig erlagen und das Bedürfnis hatten, alle
Greuelmärchen zu glauben, dann lag dieser Massenwahn daran, daß
sie
sich zu Helfern der Hungerblockade hatten pressen lassen. Ähnlich ist
offenbar der polnische Deutschenhaß zum großen Teil nichts anderes
als das Spiegelbild des unberechtigten polnischen Korridorbesitzes und der
polnischen Absichten auf Ostpreußen und andere deutsche Gebiete.
Aus der Diagnose ergibt sich die Therapie. Es leuchtet ein, daß
Nachgiebigkeit gegen die polnischen Wünsche die Erkrankung nur
verschlimmert.
Haben wir es mit einer Angstpsychose zu tun, dann muß der
Grund der polnischen Ängste beseitigt werden. Man wird also durch die
Revision der deutschen Ostgrenze eine Lage schaffen müssen, in der Polen
von einem versöhnten Deutschland nichts mehr zu fürchten
braucht.
Eine Schuldpsychose ist zu heilen, wenn man in drastischer Form dem
Schuldgefühl den Nährboden entzieht. Man nehme also den Polen
durch Neuregelung der Grenzen das Bewußtsein, das deutsche Land
zerstückelt zu haben, und bringe sie dadurch in eine Lage, in der sie alle
weiteren Absichten auf deutsche Gebiete als aussichtslos endlich aufgeben
müssen!
Befreit von dem Albdruck der Zweifrontenfeindschaft wird Polen sein inneres
Gleichgewicht finden. Es wird nicht mehr alle Kräfte auf die Mühlen
des Chauvinismus zu leiten brauchen. Es wird Energien für seine
große, vielleicht übergroße, säkulare Aufgabe
freibekommen: seine übrigen Landesteile auf europäisches
kulturelles und wirtschaftliches Niveau zu heben. Polen wird dann durch
Kulturarbeit seine Geltung unter den Völkern erhöhen können.
Es wird vielleicht sogar die Besinnung und den Mut finden, seine
Minderheitenpolitik umzustellen.
[21] Aber kann denn Polen
ohne den Korridor leben? Ein Franzose urteilt hierüber: "Wenn
Pommerellen an Deutschland zurückgegeben wird, kann Polens Lage nicht
schlimmer sein. Sie wird klarer und entschiedener sein".6
Inzwischen kämpft Polen, und zwar vor allem mit einer äußerst
rührigen Propaganda, für die Verwirklichung seiner irrealen
Ziele.
Ziele der polnischen
Korridorpropaganda.
Aus dem Zusammenbruch dreier Kaiserreiche gewannen die Polen einen Staat,
doppelt so groß wie das polnische Sprachgebiet. Aber sie blieben hinter
ihren Zielen weit zurück. Ein italienischer Teilnehmer der
Friedensverhandlungen, Graf Sforza, berichtet:7
"Diese Polen waren fürchterlich
unlogisch und hartnäckig mit dem Erfolg, daß jedem übel wurde
von ihren ewigen Ansprüchen. Wenn es nach ihnen gegangen wäre,
so wäre halb Europa ehemals polnisch gewesen und hätte wieder
polnisch werden müssen. So kam es z. B., daß das
diplomatische Europa, als Dmowski die Abtretung Ostpreußens an
Polen verlangte, um - wie er sehr folgerichtig
sagte - den Widersinn des Danziger Korridors zu vermeiden,
dermaßen ergrimmte über diese uferlos wachsenden Forderungen,
daß wir vielleicht, wenn es nur nach Lloyd George gegangen wäre,
zuguterletzt noch eine vierte Teilung Polens erlebt
hätten."
Der polnische Unterhändler in Versailles, Roman Dmowski, hat
seine Gedanken über den Korridor und Ostpreußen mit klassischer
Logik in seiner Denkschrift an Wilson vom 8. Oktober 1918 dargelegt:8
"Wenn Ostpreußen ein
zusammenhängender Teil des deutschen Gebiets bleiben soll,
muß auch das polnische Westpreußen im Besitz Deutschlands
bleiben. Wenn Ostpreußen als gesonderter preußischer Besitz,
von der Hauptmasse des Landes durch die dazwischenliegenden polnischen
Gebiete abgeschnitten, in deutscher Hand bleibt, wird es eine dauernde
Quelle nie endenden Streites zwischen Polen und Deutschland sein, das
beständig bemüht sein wird, sich auf Kosten Polens eine Verbindung
zu schaffen."
[22] Hätte man in
Versailles bewußt ein Pulverfaß schaffen wollen, man hätte es
nicht besser machen können. Foch hat bekanntlich zu der
Versailler Korridorregelung erklärt, hier liege die Wurzel des
nächsten Krieges. Die Versailler Karikatur einer Lösung ist ein
Unsegen für Deutschland, Polen und Europa. Die Deutschen
können sich mit der Zerreißung ihres Gebiets niemals abfinden. Es
erhöht ihre Verbitterung, daß die deutsche Korridorwunde nicht
einmal ein befriedigtes Polen geschaffen hat, daß Deutschland also einem
rein zerstörerischen Akt zum Opfer gefallen ist. Die Korridorregelung ist
für Polen eine ständige Verführung zur
Maßlosigkeit, denn der Korridor ist gewissermaßen ein sich
selbst vorwärtstreibender Keil. Der Korridorbesitz bestärkt
Polen darin, nach weiteren deutschen Gebieten zu streben. Der Korridor endet in
einem dünnen Flaschenhals. Nur 31 km ist der Hafen Gdingen von
der deutschen Grenze entfernt. "Überflüssig im Frieden, nicht zu
verteidigen im Kriege", lautet das Urteil des französischen Generals
Weygand über den Korridor.
Wertvoller - so glaubt Polen - würde der Seezugang erst sein,
wenn er im Osten durch Danziger und ostpreußisches, im Westen durch
pommersches Gebiet erweitert und seines Korridorcharakters entkleidet
würde. So bekommt die polnische Korridorpropaganda zwangsläufig
ein doppeltes Ziel:
- das defensive der Rechtfertigung des Korridorbesitzes;
- das offensive, die Erweiterung des Korridors nach Westen und
Osten durch Danzig, Ostpreußen und Hinterpommern
vorzubereiten.
In der propagandistischen Bearbeitung des eigenen Landes werden noch
weitere deutsche Gebiete beansprucht: möglichst das ganze
Stromgebiet der Oder von Oberschlesien bis Stettin. In dem vielgerühmten
Buche des Oberstleutnants im polnischen Kriegsministerium,
Baginski,9 ist die polnische Ländergier
besonders hübsch zum Ausdruck gebracht:
"Solange wird nicht Friede in Europa
herrschen, bis nicht die polnischen Länder10
vollkommen an Polen zurückgegeben sein werden, solange nicht der
Name Preußen, da er ja der Name eines schon nicht mehr
vorhandenen Volkes ist, von der Karte Europas [23] getilgt sein
wird, und solange nicht die Deutschen ihre Hauptstadt von Berlin weiter nach
Westen verlegen."
Die innerpolnische
Propaganda.
Die Propaganda der Polen hat dreierlei Arbeitsgebiete: das Inland, die
deutschen Grenzbezirke, das Ausland. Die Tonart und die Argumente werden
überall verschieden abgestimmt. Man spricht im Auslande
europäisch und pazifistisch und peitscht im Innern den Hunger nach
fremdem Lande auf. Die Polen können sich diese
Doppelzüngigkeit leisten, weil ihre Sprache nur wenig verstanden
wird. Selbst große angelsächsische Weltblätter sind in
Warschau nicht durch Berichterstatter ihres eigenen Volkes, sondern durch
Nationalpolen vertreten.
Immer wieder wird Polens Ehe mit dem Meere gefeiert; ihr werden geradezu
mystische Kräfte zugeschrieben. Eifrig wird für eine Kriegsflotte und
Kolonien geworben. Vor allem wird das Volk auf den Krieg mit Deutschland
innerlich vorbereitet und die territoriale Expansion gepredigt. Der Franzose
Valmigère, der diese Erscheinungen an Ort und Stelle studiert
hat, faßt seinen Eindruck folgendermaßen zusammen:11
"Weiß Frankreich, daß
dieses Polen noch nicht zufrieden mit seinen 40 Prozent Fremdstämmigen
ist und daß es Großmannssucht und den Kilometerwahnsinn so weit
treibt, Schlesien von Beuthen bis Oppeln, die ganze Ukraine, Danzig und
Ostpreußen aufsaugen zu wollen?... Ich habe hier die Reden seiner
Staatsmänner, seine Zeitungen und Bücher vor mir liegen. Niemals
ist in der Geschichte der Heißhunger nach Land bis zu einem derartigen
Wahnsinn getrieben worden. Die Völker, deren es sich bemächtigt,
tyrannisiert es, beleidigt es und zermürbt es."
Die leitenden Staatsmänner legen sich natürlich in der
innerpolnischen Annexionspropaganda Zurückhaltung auf. Hohen
polnischen Beamten und Offizieren dagegen wird es nicht verwehrt, sich weiter
hervorzuwagen.12 Auch die hohe und niedere
Geistlichkeit spielt in der nationalistischen Propaganda eine bedeutende
Rolle. Vor allem betätigen sich darin zahlreiche Verbände,
besonders der [24] amtlich finanzierte
Westmarkenverein ("OKZ."). Auch die Wissenschaft widmet sich
weitgehend chauvinistischen Zielen. Mit eifrigen prähistorischen
Forschungen zum Beispiel will man die Behauptung erhärten, daß
niemals Germanen im Korridor gesessen hätten. Das "Westslawische
Institut" an der Universität Posen will "den urpolnischen Charakter aller
Gebiete östlich der Elbe" nachweisen; das "Baltische Institut" bearbeitet die
Probleme des "Polnischen Meeres" - ein auch auf polnischen Landkarten
vorkommender Ausdruck für die
Ostsee - und entfaltet eine große Publikationstätigkeit. Unter
den propagandistisch tätigen studentischen Korporationen seien nur
genannt: die "Silesia", die "das Polentum in Schlesien wecken" will, und die
"Masovia", die "tätig Anteil nimmt an der nationalen
Aufklärungsarbeit unter den Masuren". Auch die polnischen Pfadfinder
widmen sich nationalistischer Propaganda.
Wer Wind sät, wird Sturm ernten. In einem
hochgerüsteten
Lande kann eines Tages die nationalistische Welle der Regierung über den
Kopf wachsen. Die Deutschland aufgezwungene Abrüstung
wirkt wie ein Freibrief für kriegerische Unternehmungen. Im
Frühling 1932 wurde die Gefahr einmal wieder brennend. Auf einer
polnischen Studentenkundgebung in Danzig erklärte am 2.
Februar der Oberst Landau vom Korpsstab in Thorn, er werde vielleicht
eher nach Königsberg in Uniform kommen als zum zweiten Male in Zivil
nach Danzig; Danzig nehme man im Vorbeigehen. Auf der gleichen Tagung
erklärte Legationsrat Lalicki, der Stellvertreter des polnischen
diplomatischen Vertreters in Danzig:
"Wir können heute den Tag und
die Stunde nicht nennen, an welchen der Versailler Friedensvertrag korrigiert
wird. Nicht nur die Polen aus Danzig, sondern auch die von
germanischem Haß geknechteten Brüder in
Ostpreußen kehren wieder in den Schoß des Vaterlandes
zurück. Es kommt der Tag - ja, er ist schon
angebrochen -, daß Danzig dem Vaterlande zurückgegeben
wird."
Im Mai 1932 alarmierten englische Zeitungen die Welt mit der Nachricht, in
Polen stände alles bereit zum Einmarsch in Danzig. Vielleicht ist ein
großes Unheil durch die Wachsamkeit der englischen Journalisten
verhütet worden. Leider ist es inzwischen nicht ruhiger geworden. Im
März 1933 sind widerrechtlich polnische Truppen auf Danziger Staatsgebiet
(Westerplatte)13 gelandet
und erst nach schärfstem Druck des Völkerbundes
zurückgezogen worden. Europa [25] und Deutschland tun gut
daran, sich für die Zukunft auf alle Möglichkeiten einzurichten.
Propaganda in den Grenzgebieten des Deutschen
Reichs.14
Bei der Bevölkerung der deutschen Grenzgebiete hat der
großpolnische Gedanke keine Werbekraft. Sie hat sich fast durchweg ohne
Rücksicht auf sprachliche Verschiedenheiten endgültig dem
deutschen Kulturkreis angeschlossen. Polen versucht, sie aus dieser Bindung zu
lösen. Es will den Anschein erwecken, als schmachteten große,
polnisch bevölkerte Gebiete unter deutscher Herrschaft. Es will so der Welt
vortäuschen, daß es in Versailles noch zu kurz gekommen
sei, daß also eine Grenzrevision höchstens zugunsten Polens
vorgenommen werden dürfe.
Mißbrauch der Religion, wirtschaftliche Lock- und Druckmittel, soziale
Verhetzung: das sind die wichtigsten Mittel der polnischen Grenzpropaganda. Mit
diesen Mitteln, insbesondere mit der Losung: "Du bist katholisch, also bist Du
Pole!" wird für die polnischen Minderheitsschulen geworben. So werden
manche Eltern gegen ihren Wunsch dazu gedrängt, ihre Kinder in diese
Schulen zu schicken, obwohl sie dort eine Sprache lernen, die ihnen in
Deutschland außerhalb der schmalen gemischtsprachigen Bezirke nichts
nützt. Neben diesen Schulen, die nicht aus dem Willen der
Erziehungsberechtigten geschaffen worden sind, sollen Vereine,
Genossenschaften und Banken dazu dienen, ein großpolnisches
Gemeinwesen als Fremdkörper im Reich zu schaffen. Künstlich
werden Zwischenfälle hervorgerufen, die dann von der polnischen
Propaganda aufgebauscht und ausgewertet werden. Deutsche
Reichsangehörige polnischer Nationalität werden laufend in Polen in
dieser Kunst geschult.
Alle diese Bemühungen haben aber keinen dauernden Erfolg
gehabt. Bei den beiden Reichstagswahlen des Jahres 1932 ist die Zahl der
polnischen Stimmen im ganzen Reich auf 33 000 zurückgegangen,
gegenüber 100 000 im Jahre 1924.15 Zahlreiche Minderheitenschulen im
deutschen Grenzgebiet mußten wegen Mangels an Schulkindern
geschlossen werden - trotz großzügiger finanzieller und
personeller Unterstützung von jenseits der Grenze.
[26]
Propaganda im Ausland.
Die öffentliche Meinung des Auslands wird mit außerordentlichen
Geldmitteln und großem Geschick bearbeitet, besonders in Frankreich,
England und den Vereinigten Staaten. Maßgebende
Ausländer werden zu Reisen nach Polen veranlaßt,
gastfreundlich aufgenommen, geschickt geführt und bereitwillig mit
Material und Vergünstigungen bedient. Den Polen, die ins Ausland reisen,
wird in einer gedruckten Anweisung17 gesagt,
was sie im Auslande zu erzählen haben, z. B. daß Polen seine
Minderheiten einwandfrei behandle oder daß es für Polen keine
Korridorfrage gäbe. Außerhalb Polens werden massenweise
Propagandaschriften verbreitet, gewichtige Werke und leichte
Broschüren, die mit Schaubildern und Karten den Leser in wenigen
Minuten für den polnischen Standpunkt einfangen sollen. Rundfunk
und Presse des Auslands werden eifrig und geschickt von den polnischen
diplomatischen Vertretungen und anderen Stellen bearbeitet.
Einflußreichen ausländischen Journalisten wird in polnisch
geleiteten Auslandszeitschriften Gelegenheit gegeben, sich sehr hohe
Artikelhonorare zu verdienen. Man veranstaltet zahlreiche
Propagandavorträge.
Die wirtschaftlich an Polen interessierten Kreise des Auslands werden zur
propagandistischen Mitarbeit herangezogen. In Frankreich, das ja
für Polen eine einzigartige Bedeutung besitzt, haben die Polen es
verstanden, durch Gründung einer "Association
France-Pologne" die maßgebenden Wirtschaftskreise, insbesondere die
Rüstungsindustrie an der Finanzierung der Propaganda zu beteiligen. Bei
den großen Nachrichtenbüros werden Tendenzmeldungen
untergebracht. Durch ein umfangreiches Netz von Beziehungen zu allen Kreisen,
die in Frankreich die öffentliche Meinung machen und die Politik
bestimmen, suchen die Polen das auf vielfacher Enttäuschung beruhende
Abebben jener polenfreundlichen Stimmung zu verhindern, in der das
französische Volk seine Interessen mit den polnischen gleichsetzt.
Daß Genf, das große internationale Propagandaforum,
besonders intensiv bearbeitet wird, versteht sich von selbst, denn hier muß
sich ja Polen ständig gegen seine Diskreditierung durch die
unaufhörlichen Minderheiten- und
Danzig-Streitfälle zur Wehr setzen, deren
Tatsachen deutlich vor der Welt gegen Polen sprechen. Wie auch solche
internationalen Konferenzen, die Polen an sich wenig angehen, zur
Propaganda ausgenutzt werden, das zeigt eine polnische [27] Denkschrift für
die Pariser Young-Konferenz von 1929. In dieser wird mit großem
Geschick jeder scheinbar schwache Punkt der deutschen Gesamtposition
ausgewertet und unter anderem dargelegt, daß Deutschlands Ostgebiete
bevölkerungspolitisch ein verlorener Posten seien.18
Dialektische Methoden.
Die Polen sind alte Propagandisten. Als es keinen polnischen Staat gab,
war die Propaganda ihre einzige Waffe. Die polnischen Emigranten haben sie
angewandt, um Napoleon I. für die Wiederherstellung Polens zu
gewinnen und um bei den späteren polnischen Aufständen gegen
Rußland die Westmächte zum kriegerischen Eingreifen zu
veranlassen. Vor dem Weltkrieg haben polnische Propagandisten eifrig
mitgewirkt, um die französisch-russische Entente zu festigen. Das
preußische Enteignungsgesetz von 1908, das praktisch
kaum - gegenüber vier Gütern mit
1656 ha - angewandt worden ist, gab dem Dichter
Sienkiewicz Gelegenheit zu einem Propagandafeldzug gegen
Deutschland. Ihr Meisterstück hat die polnische Propaganda
schließlich im Weltkrieg
geleistet - im Weltkrieg, um den achtzig Jahre vorher Polens
Nationaldichter Mickiewicz gebetet hatte: "Um den allgemeinen Krieg
bitten wir Dich, o Herr, für die Freiheit der Völker!"19 Ein geschliffenes geistiges
Rüstzeug war lange fertig. Ein Häuflein fanatischer und skrupelloser
Propagandisten ersetzte Polen die fehlende Armee.
Die polnische Werbung spricht eine eindrucksvolle, bilderreiche
Sprache. Ostpreußen z. B. ist das "Schlangennest der
preußischen Reaktion" und "die schwere deutsche Faust im polnischen
Nacken". Die Polen erfinden unter Verdrehung der Streitfragen bestechende
Formulierungen. Sie fragen beispielsweise: "Sollen 30 Millionen Polen vom
Meere abgeschnitten werden, damit 2 Millionen Ostpreußen einen Korridor
nach Deutschland bekommen?" (Vgl. S. 47 f.)
Sie passen sich geschickt der Denkweise fremder Völker an.20 Sie appellieren an die eigenartigen
geschichtlichen Auffassungen der Franzosen, an die Bolschewistenfurcht der
Angelsachsen, an das Mitgefühl alter seefahrender Nationen, an die
slawische Gesinnung und die Seehandelsinteressen der Tschechen. In Italien
vergleichen [28] sie den Korridor mit
Südtirol und Triest, in Frankreich mit
Elsaß-Lothringen. Vor allem nutzen sie das allgemeine Bedürfnis
nach Ruhe, Frieden und Bequemlichkeit; sie behaupten deshalb, daß jeder
Versuch zur Grenzrevision zu Krieg und Chaos führen müsse.
Wer stark ist, bekommt leicht recht. Darum erklären die Polen, sie
seien eine Großmacht, die niemand zu Gebietsabtretungen zwingen
könne, zumal da Polen um den Korridor bis zum Äußersten
kämpfen werde. (Vgl. S. 65 f.)
Wer Sympathie genießt, findet leicht Glauben. Deshalb stellen
sich die Polen als ein altes, großes Kulturvolk hin, von der Geschichte
mißhandelt, mit großen Wiederaufbauleistungen, vorbildlicher
Minderheitenpolitik, wahrhaft demokratischen Zuständen. Die Deutschen
dagegen werden oft als ein gefährliches Volk von intelligenten
Gewaltmenschen ohne echte Kultur beschrieben.
Zuweilen - so in Amerika von dem
Klavier- und Propagandakünstler
Paderewski - wird ein Gegensatz zwischen
Preußen und den anderen deutschen Ländern konstruiert
und der Korridor als Angelegenheit des gefährlichen Preußentums
hingestellt, dem man kein Entgegenkommen zeigen dürfe.
Mit scharfem Blick werden alle Blößen, die sich Deutschland gibt,
festgestellt und in der Auslandspropaganda ausgewertet. Mit Vorliebe werden
deutsche Äußerungen zitiert, die aus dem Zusammenhang gerissen,
polnische Argumente stützen könnten, und seien es selbst Artikel
von Foerster oder Karl Marx. Sogar in einer
Aufklärungs- und Werbeschrift der Reichsbahndirektion Königsberg
haben sie einige Sätze gefunden,
die - aus dem Zusammenhang
gerissen - für ihre Propaganda geeignet sind und daher seit mehr als
10 Jahren immer wieder zitiert werden (vgl. S. 50).
Mißbrauch von Geschichte, Erd- und
Volkskunde.
Ein umfangreicher Mißbrauch wird mit Geschichte und
Volkskunde getrieben. Wenn auf dem polnischen Geographentag in Gdingen
(24. - 26. Mai 1931) von den "deutschen Banditen" gesprochen
wurde, die Polen die ganze Küste von Hamburg bis Memel geraubt
hätten, so liegt darin eine häufig gebrauchte Methode. Jedes Gebiet,
in dem einmal vor tausend Jahren zwischen Wäldern und Sümpfen
einige Stammesverwandte der Polen gesessen haben, wird als "urpolnisch"
beansprucht. Und was einmal unter polnischer Herrschaft gestanden
hat - und sei es auch nur kurze Zeit um 1000 unter dem großen
König Boleslaw
Chrobry -, das muß künftig [29] wieder polnisch werden.
Auf Karten des alten polnischen Reichs wird Ostpreußen als polnisch
gezeichnet, weil es eine Zeitlang in einem lockeren Lehnsverhältnis zu
Polen gestanden hat. Gleichzeitig sucht man zu beweisen, daß alle
Rückschläge in der polnischen Geschichte seit tausend Jahren mit
der Vernachlässigung oder dem Verlust der Seeküste, des "Talismans
im Leben des polnischen Volkes"22
zusammengehangen hätten.
Ähnlich wird die Geographie ausgewertet. Schon die Natur soll
Polen zur Landbrücke zwischen der Ostsee und dem Schwarzen Meer
bestimmt haben. Oder, Weichsel, Memel, Düna, Dnjestr und Dnjepr
werden als polnisches Flußnetz beansprucht. Bis auf die Eiszeit gehen
solche Betrachtungen zurück, ähnlich wie die historische
Beweisführung erst bei der Steinzeit Halt macht.
Am erstaunlichsten aber ist der Mißbrauch, der mit der Religion
für weltliche Machtzwecke getrieben wird.
Mißbrauch der
Religion.
Die Polen behaupten gelegentlich katholischen Ausländern
gegenüber, sie dürften den Korridor nicht aufgeben, weil sie als
einziges katholisches Volk an der protestantischen Ostsee eine Mission zu
erfüllen hätten. Worin eine solche religiöse Mission bestehen
könnte und warum sie den polnischen Besitz von Pomerellen zur
Voraussetzung haben soll, das ist nicht einzusehen.
Betonen die Polen so die katholische Solidarität, so sind sie andererseits
schon seit dem Mittelalter bestrebt, selbst als bevorzugtes Glied der Kirche zu
gelten. In ihrer Propaganda im Inneren und im deutschen Grenzgebiete stellen sie
die deutschen Katholiken - in Deutschland und Österreich leben
absolut mehr Katholiken als in Polen - als minderwertig, als halbe
Protestanten hin. Noch heute heißt es: Wen Gott zu einem guten Katholiken
machen wolle, dem gebe er eine polnische Zunge mit; ja katholisch sei
gleichbedeutend mit polnisch, und die Muttergottes verstehe nur polnisch. Ein
Beispiel für die krankhafte Vermischung von Religion und Chauvinismus
aus einer Schrift, die das Imprimatur des Bischofs von Kulm erhalten hat:23
[30] "Die Ostsee und das
Schwarze Meer mit Oder und Dnjepr wirst Du, Gott, uns zurückgeben!...
Christus und Polen von Meer zu Meer: Das ist die Losung des Polen!"
Es ist noch heute das Gebet vieler einfacher, der Politik an sich fernstehender
Leute: "Lieber Gott, hilf Polen, strafe die Deutschen!"
Fälschungen.
Regelrechte Fälschungen sind in der polnischen Propaganda nicht selten.
Namentlich in der Zeit vor Versailles sind gefälschte Karten ausgiebig
verwandt worden, wie überhaupt die Korridorregelung zum großen
Teil auf einer Täuschung der Ententestaatsmänner durch die Polen
beruht. Eine der folgenreichsten Fälschungen der Weltgeschichte ist die
sogenannte Spettsche Karte,25 eine teils
irreführende, teils falsche Wiedergabe der deutschen Sprachenstatistik von
1910. Es ist den Polen 1918 durch einen Wiener Mittelsmann mit Hilfe eines
feinen Täuschungsmanövers gelungen, diese Karte bei dem
weltberühmten deutschen Kartenverlag Perthes als Druckauftrag herstellen
zu lassen und sie bei den entscheidenden Verhandlungen als deutsches
Beweismaterial für die polnischen Ansprüche zu verwenden.
Neueren Datums ist eine Kunstmappe,26 in der Danziger Bauten,
geschaffen von deutschen und niederländischen Baumeistern, als
"Motive polnischer Architektur" mit dreisprachiger Beschriftung dargestellt
werden.
Deutschlands Position.
Auf diese eben beschriebenen Kunstgriffe kann die deutsche
Aufklärungsarbeit in der Korridorfrage verzichten. Wir brauchen nicht zu
Fälschungen zu greifen. Wir haben es nicht nötig, weit hergeholte,
gewaltsame Argumente anzuführen. Wir lassen uns ja auch nicht einfallen,
etwa die Grenzen des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation
wiederherstellen zu wollen oder auf Grund der Germanenherrschaft
während der Völkerwanderung fast ganz Europa nebst Teilen Afrikas
zu beanspruchen.
[31] Doch die gute Sache
setzt sich nicht immer von selbst
durch - im politischen ebensowenig wie im geschäftlichen Leben.
Erst wenn für sie geworben wird, und zwar im gleichen Umfang
und mit dem gleichen Geschick wie für die schlechte Sache, erst dann
erweist sie sich als die stärkere.
Wenn nicht der Deutsche als der Nächstbeteiligte die Welt über den
Ernst der Korridorfrage und den wahren Charakter Polens aufklärt: wer in
der Welt soll es sonst tun? Deutschland kann es gar nicht verantworten, zur
Korridorfrage zu schweigen, denn es würde damit im Auslande einem
gefährlichen Irrtum Vorschub leisten, nämlich der falschen
Auffassung, daß das deutsche Volk sich jemals mit der Zerreißung
seines Gebietes abfinden könne und daß Polen sich mit seinem
jetzigen Gebietsstand begnügen werde: daß es also nur darauf
ankomme, mit einigen kleineren Verbesserungen die Atmosphäre
zu entgiften. Aus diesem Wahn heraus entstehen dann Projekte von neuen
Verkehrswegen durch den Korridor über und unter der Erde; auf Grund
eines solchen bequemen Selbstbetruges werden als
End- und Gesamtlösung lokale Berichtigungen an Stellen
besonders grotesker und bösartiger Grenzführung empfohlen, wie
etwa die Verlegung der Weichselgrenze in die
Flußmitte27 - Grenzberichtigungen, die das
eigentliche Korridorproblem gar nicht berühren.
Die notwendige radikale Beseitigung des ganzen Korridors wird
Deutschland erst erreichen, wenn es die Welt davon überzeugt, daß
hier ein brennendes europäisches Problem vorliegt, welches auf andere
Weise nicht gelöst werden kann. Und hier liegt die entscheidende
Stärke der deutschen Position. An sich gilt die Änderung
bestehender Grenzen als Quelle unliebsamer Konflikte, Wagnisse und
Schwierigkeiten. In der Korridorfrage aber kann Deutschland nachweisen,
daß hier das Gegenteil richtig ist: hier ist gerade die Duldung des
Bestehenden das große Wagnis, hier bildet der gegenwärtige Zustand
die zwangsläufige Quelle der Unruhe und Gefahr. Ruhe, Entspannung und
Sicherheit kann erst die radikale Revision bringen. Das Chaos wird leicht
eintreten, wenn man abwartet und den Dingen ihren Lauf läßt; es
wird dagegen vermieden, wenn man entschlossen zur gründlichen
Änderung schreitet. Der bestehende Zustand hat keine Aussicht auf Dauer.
Er ist es ja gerade, der bei Polen immer neue, nur mit Gewalt zu verwirklichende
Ansprüche weckt und auch deshalb bei den Deutschen eine ständig
[32] wachsende Verbitterung
und Unruhe erzeugt, zumal bei der heranwachsenden Generation.
Die Beseitigung des Korridors, des größten Explosionsherdes
Europas, ist das Mittel, um einem vernichtenden Brand vorzubeugen. Sie schafft
zugleich erst die Möglichkeit einer gedeihlichen Entwicklung des
ganzen Küstenraumes zwischen Oder und Memel. Immer in der
Geschichte ist es der deutsche Mensch gewesen, der diesem Gebiete Wohlstand
und Kultur gebracht hat. Unter Polen dagegen ist das Korridorgebiet schon einmal
in früheren Jahrhunderten und jetzt von neuem wirtschaftlich, sozial und
kulturell zurückgegangen. Die Wiederherstellung der Ruhe, des
Wohlstandes und der Kaufkraft dieser Landstriche wird auch auf weitere
mittel-und osteuropäische Bezirke ihre wohltätigen Wirkungen
ausstrahlen. Darüber hinaus wird erst ein an seiner empfindlichsten Stelle
beruhigtes und gesichertes Deutschland in vollem Maße als
aufbauender europäischer Faktor wirken.
Damit ist die entscheidende Frage für Europa klar und
eindringlich gestellt. Entscheidet es sich dafür, durch Wiederherstellung der
räumlichen Geschlossenheit des Deutschen Reiches den
größten Gefahrenpunkt Europas zu beseitigen und den Weg für
aufbauende Arbeit freizumachen, dann wird damit zugleich das erfüllt, was
stets die Aufgabe echter Staatskunst ist: nämlich das rechtzeitig zu
verwirklichen, was doch kommen muß. Kommen muß, weil es
den Notwendigkeiten und Machtverhältnissen der Zukunft entspricht. Versailles ist
ein geschichtswidriger, aberwitziger Versuch, den Augenblick der deutschen
Ohnmacht von 1919 zu verewigen. Er ist nach den Gesetzen der Geschichte zum
Scheitern verurteilt, ebenso wie die Bemühungen Polens, sich als
führende Großmacht des Ostens zu stabilisieren.
Das neue Polen ist gewissermaßen eine Pyramide, die auf der Spitze
steht; auf einer schmalen Basis an Volkskraft und wirtschaftlichem Potentiel
erhebt sich ein gewaltiges Machtgebäude. Deutschland umgekehrt ist eine
verstümmelte, eine abgestumpfte Pyramide: auf einer sehr breiten Basis an
tüchtigen Menschen und an technisch-wirtschaftlichen Hilfsmitteln, an
geistigen Energien und sittlichen Kräften steht zur Zeit kein entsprechender
machtpolitischer Überbau. Oder, um ein anderes Bild zu gebrauchen: hier
ein kleines, aber gefährlich übertakeltes Schiff:
Polen - und dort ein großes, das nur wenige Segel gesetzt hat:
Deutschland. Deutschland wird im Laufe der Zeit dahin gelangen, durch
Auswertung [33] seiner friedlichen
geistigen und wirtschaftlichen Einflußmöglichkeiten ein
stärkerer politischer Faktor zu werden. Dann wird es das nötige
Gewicht haben, um, gestützt auf die Einsicht der Großmächte,
im Osten auch ohne Schwertstreich seine gerechten Ansprüche zu
verwirklichen. Wenn dann das Korridorgebiet in die Hände des Volkes
kommt, das auf die Dauer das größere, stärkere und ruhigere
von beiden ist, dann erst wird damit der Friede an der Weichsel gesichert, die
Korridorgefahr beseitigt sein.
Inzwischen muß Deutschland die Welt von seiner guten Sache
überzeugen. Es darf nicht müde werden, nachzuweisen: das Unrecht,
den Widersinn, das Verhängnis und die Gefahr des polnischen Korridors
und die Gerechtigkeit, die geschichtliche Notwendigkeit und den
schöpferischen Charakter des deutschen Revisionsanspruches.
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