Polnische Thesen und deutsche Antworten
D. Volkliche und sprachliche Thesen zur
Verteidigung des Korridorbesitzes
Vorbemerkung zu den
volklich-sprachlichen Polenthesen
1. Ohne Rücksicht auf das Selbstbestimmungsrecht der
Bevölkerung ist das Korridorgebiet den Polen gegeben worden; eine
Volksbefragung hätte eine Mehrheit gegen Polen ergeben.
2. Auch wenn es umgekehrt wäre, so wäre das in der Korridorfrage
nicht entscheidend, denn man muß außer der Zahl auch die kulturelle
Leistung berücksichtigen. Vor allem darf man das Selbstbestimmungsrecht
der Völker nicht dazu mißbrauchen, um widersinnige und unheilvolle
Grenzen zu ziehen. "Das Selbstbestimmungsrecht ist ein demokratisches
Recht, das den Gesetzen des einheitlichen Raums unterworfen ist"
(Schiemann). Das heißt: man darf das Selbstbestimmungsrecht nicht dazu
mißbrauchen, um einheitliche
Staats- und Wirtschaftsgebiete so zu zerreißen, daß daraus
wirtschaftlicher Niedergang und ernste Kriegsgefahr entsteht. Wenn also, wie
vielfach im östlichen Europa, Volksgruppen durcheinander in Gemengelage
wohnen, dann darf man nicht aus einem einheitlichen
Staats- und Wirtschaftsgebiet einen Zipfel willkürlich herausschneiden
und ihn durch Volksabstimmung zu einer Enklave oder einem Staatssplitter
machen. "Für die Ausübung des Selbstbestimmungsrechtes kommt
daher in keinem Fall nur die Bevölke- [81] rung des
willkürlich umrissenen Korridorgebiets in Frage, sondern die der beiden
alten preußischen Provinzen" (Schiemann).
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41. Polenthese:
Wilson-Programm und
Volksabstimmung
Die Polen sagen: Polen habe nach dem
Wilson-Programm den Zugang zum Meere auch ohne Volksabstimmung
bekommen müssen, denn Polen habe erhalten sollen: 1. die
Gebiete mit unbestreitbar polnischer Bevölkerung, und 2. einen
Zugang zum Meere.
Antwort: Die Abtretung des Korridorgebiets widersprach Wilsons Grundsätzen und damit der
vereinbarten Friedensgrundlage. Denn über dem speziellen
Punkt 13 (betr. Polen) steht der allgemeine Grundsatz Wilsons vom
Selbstbestimmungsrecht der Völker.
Das bedeutet für Punkt 13 (betr. Polen): Polen durfte nur Gebiete mit
unbestreitbar polnischer Bevölkerung erhalten. Ein solches Gebiet war das
Korridorland nicht. Also mußte Polens Seezugang nicht durch
Gebietsabtretungen, sondern auf andere Weise gesichert werden.
Dementsprechend hat Wilson selbst nach polnischen Zeugnissen bis
Mitte 1919 nicht an einen polnischen Landkorridor, sondern nur an die
Internationalisierung der Weichsel und an polnische Freihafenrechte in
Danzig gedacht.
a) Das Wilson-Programm als vertragliche
Friedensgrundlage:
Lansing-Note: Verständigungsfriede auf der Grundlage der Wilsonschen
Kundgebungen; im Versailler Frieden verfälscht; daher Revisionsanspruch.
Vgl. S. 71 f.
b) Das Selbstbestimmungsrecht der Völker: Wilson sagt,
daß "jede durch diesen Krieg aufgeworfene territoriale Regelung im
Interesse und zugunsten der beteiligten Bevölkerung getroffen werden
muß" und daß "Völker und Provinzen nicht von einer
Souveränität zur ändern verschachert werden
dürfen, gerade als ob sie bloße Gegenstände oder Steine in
einem Spiel wären" (Punkt 3 und 2 der vier Punkte vom 11. Februar
1918), und daß alle Fragen "auf der Grundlage der freien
Annahme dieser Regelung seitens des unmittelbar betroffenen Volkes" zu
regeln seien (Punkt 2 der vier Punkte vom 4. Juli 1918).1
c) Der Punkt 13 der 14 Punkte (Wilson-Rede vom 8. Januar 1918)
lautet: "An independent Polish state should be erected which should include
the territories inhabited by indisputably Polish populations, which
should be assured a free and secure access to the sea, and whose [82] political and
economic independence and territorial integrity should be garanted by
international covenant."
d) Wilsons Auslegung dieses Punktes siehe S. 148;
von Loesch in Deutschland und der Korridor,
S. 385. ***[Scriptorium merkt an: bitte Zusatz zu Teil 1 Anm. 1
beachten!] - Ansprache Wilsons an den Senat vom
22. Januar 1917: Meereszugang möglichst für alle Staaten. "Wo dies
nicht durch Abtretung von Territorium geschehen kann, kann es
zweifellos durch die Neutralisierung direkter Wegerechte unter der
allgemeinen Friedensbürgschaft geschehen."
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42. Polenthese:
Die Deutschen jetzt in der
Minderheit
Die Polen sagen: Im Korridor lebe nur ein kleiner Prozentsatz
Deutscher.
Antwort: Wenn Polen so fortfährt wie bisher, werden
schließlich überhaupt keine Deutschen mehr im Korridor sein (in
diesem Sinn hat nach Zeitungsmeldungen der amerikanische Senator
Borah im Sommer 1931 dem polnischen Gesandten auf diese These
geantwortet). Auf diese Weise könnte man jedes Gebiet polnisch
machen. Aber Gewalt, Schikane und Verletzung der Minderheitenverträge
schaffen kein polnisches Recht auf den Korridor. Deutschland wird den
Korridor auch dann zurückfordern, wenn Polen den letzten Deutschen
vertrieben haben sollte. (Näheres siehe nächste These.) Deutschland kann diese
Forderung mit dem 1919 verletzten Selbstbestimmungsrecht und mit
durchschlagenden politischen, wirtschaftlichen und geschichtlichen Argumenten
begründen.
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43. Polenthese:
Die Abwanderung der
Deutschen
Die Polen sagen: Die Deutschen seien freiwillig aus dem
Korridorgebiet abgewandert.
Antwort: Wenn das richtig wäre: um so schlimmer für den
polnischen Standpunkt. Denn wenn Hunderttausende die Heimat verlassen, so ist
das der denkbar schärfste Protest der Bevölkerung gegen
eine Grenzänderung.
a) Die Völkerwanderung aus dem deutschen
Osten. Insgesamt sind nach deutschen und polnischen Quellen etwa 1
Million Menschen aus dem heutigen polnischen Staatsgebiet nach Deutschland
abgewandert. Hiervon stammt etwa eine halbe Million aus dem Korridorgebiet (den
heute polnischen Teilen Westpreußens und des Netzegaus).
(Vgl. Golding in Deutschland und der Korridor,
S. 179 ff. ***[Scriptorium merkt an: bitte Zusatz zu Teil 1 Anm. 1
beachten!])
[83] b)
Verdrängung der Deutschen seit 1920. Abwanderung von
Beamten und Militärpersonen ist zahlenmäßig nicht
entscheidend (sie stammten außerdem zum großen Teil aus dem
Lande),2 wohl aber
Enteignung des
deutschen Grundbesitzes und Verwaltungsschikanen. Deutscher Grundbesitz
vermindert durch Liquidation, Annullierung von Ansiedlern, Mißbrauch der
Bodenreformgesetzgebung zur Entdeutschung, schikanöse
Herbeiführung von Angstverkäufen u. a. m.
Berufsbeschränkung in den Städten durch Entziehung von
Schankkonzessionen bei Gastwirten, Boykott, strafrechtliche
Verfolgung u. a.
Das Deutschtum im Korridor ist von etwa
650 000 auf weniger als ein Drittel vermindert worden.
Außerdem sind zahlreich Deutschgesinnte kaschubischer und polnischer
Muttersprache abgewandert. Dafür Einwanderung von Hunderttausenden
aus Galizien, Kongreßpolen und den Ostgebieten, sehr zum Mißfallen
der eingesessenen, kulturell höherstehenden Kaschuben und Polen, die
vielfach über die "Kongressowskis" (Kongreßpolen) und "Asiaten"
schimpfen.
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44. Polenthese:
Gewaltsame
Germanisierung?
Die Polen sagen: Das Deutschtum im "Korridor" sei nicht im Lande
verwurzelt gewesen, sondern sei nur ein Kunstprodukt gewaltsamer
Germanisierung.
Antwort: Das Deutschtum im Korridor stammt größtenteils
aus der Zeit vor den polnischen Teilungen, zum Teil sogar aus der Zeit vor dem
Deutschen Orden. Der Anteil der Deutschen im Korridorgebiet war 1772
schon ebensogroß wie 1919.
a) Gewaltsame Germanisierung? Dmowski schreibt:
"In der Zeit, als Preußen (gemeint ist Westpreußen) noch zur
Republik Polen gehörte, war die Hälfte seiner Bewohner
deutsch".3
Westpreußen war 1772
mindestens zur Hälfte, der Netzegau zu mehr als der Hälfte
deutsch.4
Friedrich der Große
siedelte nur 11 - 12 000 Menschen an, darunter zahlreiche
Polen. Nach ihm ein Jahrhundert fast ohne staatliche Kolonisation.
Vordringen der Polen; seit 1886 staatliche deutsche Kolonisation im
Wege freihändigen Ankaufs deutscher und polnischer Güter, der die
polnische private Kolonisation ungefähr die Wage hielt. Erst 1908
preußisches [84]
Enteignungsgesetz, nur gegen vier Güter mit 1656 ha
angewandt,5
und zwar gegen volle
Entschädigung. Die Polen konnten bei ihrer Kolonisation zum Teil auf
deutsche öffentliche Kredite zurückgreifen.6
Gegen rechtswidrige Übergriffe
der Verwaltung im alten Preußen und Deutschland starke
Rechtsgarantien. - Vgl. Dtschl. u. d. Korr.
S. 425-432. ***[Scriptorium merkt an: bitte Zusatz zu Teil 1 Anm. 1
beachten!]
b) Das Deutschtum im Korridor älter als das Polentum: siehe folgende These.
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45. Polenthese:
Immer polnische Mehrheit?
Die Polen sagen: Der "Korridor" habe immer eine überwiegend
polnische Bevölkerung gehabt, trotz der beiden deutschen
Okkupationen.
Antwort: Bis 1919 waren die Polen stets in der Minderheit. Der
Hauptteil der Polen ist erst spät eingewandert: nach der
Ordenszeit, zum Teil erst in der preußischen Zeit.
a) In prähistorischer Zeit waren Germanen vor
den Slawen im Korridor (vgl. S. 73), im Mittelalter
saßen dort die Vorfahren der Kaschuben, die nichtpolnischen
Pomoranen; unter den pomoranischen Herzögen Einwanderung von
Deutschen in das menschenarme Land.
b) In der Ordenszeit starke deutsche Kolonisierung, aber auch
Hereinziehung von polnischen Siedlern. Deutsche auf den schweren
Niederungsböden, die die Slawen mit ihren leichten Pflügen nicht
bearbeiten konnten. Überwiegend Slawen in den dünn besiedelten
Heideflächen und im Kulmer Land im südöstlichen
Grenzgebiet.
c) Unter den polnischen Königen polnische, aber auch deutsche
und niederländische Einwanderung.
d) Am wenigsten polnisch besiedelt war erstens das
nördliche, nach der See zu gelegene Gebiet (nur Deutsche und
Kaschuben), zweitens die Weichselniederung und drittens der
südliche Teil, der Netzegau; obwohl dieser nicht zum
Ordensland gehört hatte, hatte er 1772 eine deutsche Mehrheit, und zwar
zum Teil infolge deutscher Einwanderung aus Pommern und Brandenburg;
weitgehende Urbarmachung der
Niederungs- und Waldwildnisgebiete durch deutsche Kolonisten.7 Die dortige deutsche
Volksbrücke im Süden des Korridors seit Friedrich dem
Großen durch weitere Urbarmachung und Besiedlung verstärkt (im
Netzegau 1772 rd. 170 000 Einwohner,8 dagegen 1910
rd. 420 000, davon rd. 360 000 im abgetretenen
Teil.
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[85]
46. Polenthese:
Die kaschubische
Nationalität
Die Polen sagen: Die Kaschuben müsse man den Polen
zurechnen; es gebe keine kaschubische Nationalität.
Antwort: Die Kaschuben sind sprachlich keine Polen, sie haben sich auch nie
als Polen gefühlt. Sie werden von den Polen geringschätzig
behandelt und sind heute Gegner der polnischen Herrschaft. Das Wort
"Kongressowski" (Mann aus Kongreßpolen) benutzen heute die
Kaschuben als starkes Schimpfwort.
a) Das kaschubische Volkstum. Die Kaschuben sind
ein Volk von 100 - 140 000 Köpfen im
nördlichen Teil des Korridors. Ihre Vorfahren, die Pomoranen, reichten bis
zur Netze; sie haben sich erfolgreich gegen die Unterwerfung durch die Polen
gewehrt. Wie auch polnische Propagandisten (z. B. Augur,
Rudnicki10) zugeben, ist das Kaschubische der
Rest der pomoranischen Sprache; es ist ein besonderer slawischer
Zweig neben dem Polnischen, also kein polnischer Dialekt. Die Kaschuben
haben jetzt auch Zeitschriften und Bauernkalender in ihrer Sprache.
Die kaschubische Sprache ist stark mit deutschen
Lehnworten durchsetzt. Siehe z. B. den Titel der im Korridor in
Karthaus (heute Kartuzy) erscheinenden Zeitschrift Bene e buten
(plattdeutsch "binnen un buten" = hochdeutsch "drinnen und
draußen"). Vgl. Verzeichnis der wichtigsten Worte des
täglichen Lebens in Nowack, Vom Wortschatz des
Kaschubischen im Kreise Bütow (Pommern), Halle (Saale).
b) Weitere Literatur: Martel, S. 110 und 131 ff. der deutschen Ausgabe;
Harmsen in Deutschland und der Korridor,
S. 133 f.; ***[Scriptorium merkt an: bitte Zusatz zu Teil 1 Anm. 1
beachten!] Lorentz in Der Kampf um die
Weichsel, S. 55 ff.; Lorentz, Geschichte der
Kaschuben, Berlin 1926. Als besondere Sprache wird das
Kaschubische auch angesehen von dem polnischen Forscher Ramult,
dessen Hauptwerk (Statystica Ludnosci Kaszubskiej, Krakau 1899)
planmäßig von der großpolnischen Agitation aufgekauft und
vernichtet wird, von Niederlé (La race slave, S. 88),
Beaudoin de Courtenay, Zubaty, Hilferding u. a.
c) Die Kaschuben nach dem Kriege. Während des deutschen
Zusammenbruchs im Winter 1918/19, als jede deutsche Aufklärungsarbeit
fehlte, war es zwar der großpolnischen Agitation gelungen, in
kaschubischen Dörfern Entschließungen zugunsten Polens
hervorzurufen; als aber die ersten polnischen Truppen und Beamten erschienen,
verflog die Polenfreundschaft rasch.
Die Unzufriedenheit der Kaschuben mit der
polnischen Herrschaft, besonders genährt durch das Ausbleiben der
erhofften Autonomie und die Überschwemmung der Kaschubei
mit Landfremden, führte z. B. 1924 zu folgender
Äußerung des Kurjer Warzawski: "Die Kaschuben sind
undankbare Menschen und Dummköpfe: sie trauern der deutschen
Herrschaft nach, und ihre Bauern gehen so weit, zu sagen: selbst der Regen
war besser unter der Herrschaft der Deutschen".11
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[86]
47. Polenthese:
Polnische Reichstagsabgeordnete der
Kaschuben
Die Polen sagen: Die Kaschuben hätten vor dem Kriege polnische
Abgeordnete in den Reichstag geschickt und damit ihre Zugehörigkeit zum
Polentum bewiesen.
Antwort: Die Wahl polnischer Abgeordneter war niemals mehr als ein
Akt innerpolitischer Opposition; die Kaschuben haben die polnische Partei
als katholische Partei gewählt (vgl. auch 49. These).
Die Kaschuben sind nach 1772 rasch regierungstreue
Preußen geworden. Der General York zum Beispiel stammte aus
kaschubischem Adel. Als strenge Katholiken kamen sie durch den Kulturkampf
der siebziger Jahre in Opposition zur Regierung. Sie wählten die polnische
Partei als die einzige katholische Oppositionspartei, die es dort gab, denn das
deutsche Zentrum hat niemals in Westpreußen eigene Kandidaten
aufgestellt.
Da die Deutschen in jener Gegend meist Protestanten, war für die
Kaschuben die katholische Kirche die "polnische" ("polskji")
Kirche; dagegen lehnten sie es ab, sich als Menschen polnischer
Nationalität ("Poloch") zu bezeichnen.12
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48. Polenthese:
Die Städte im
Korridorgebiet
Die Polen sagen: "Kein Bezirk, keine Stadt, kein Marktflecken mit
deutscher Mehrheit sei dem wiederhergestellten polnischen Staat zugeteilt
worden."13
Antwort: Fast alle größeren Orte im Korridor hatten
deutsche Mehrheiten. Um die wichtigsten zu nennen: Bromberg hatte 1910
77 Prozent, Thorn 66 Prozent und Graudenz 85 Prozent
Deutsche.
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49. Polenthese:
Die polnischen Abgeordneten der
Vorkriegszeit
Die Polen sagen: Das Korridorgebiet habe immer nur polnische
Abgeordnete in den Deutschen Reichstag geschickt.
Antwort: Im letzten Reichstag kamen vier polnische auf acht
deutsche Abgeordnete (ohne Danzig sechs deutsche Abgeordnete). Dabei
bedeutete eine polnische Wahlstimme noch längst kein Bekenntnis zu
einem polnischen Staat.14
[87] a) Ständiger
Rückgang des Anteils der polnischen
Stimmen. In den 12
Korridor- und Danzig-Wahlkreisen wurden 1912 173 000 deutsche und
115 000 polnische Stimmen abgegeben, so daß die deutsche
Stimmenzahl um 50 Prozent größer war als die polnische.
1903 waren es entsprechend nur 38 Prozent, 1890 29 Prozent, 1881
12 Prozent, 1871 4 Prozent.
b) Deutsche Majoritäten: In den 12 Wahlkreisen ist 13 mal
gewählt worden. Das ergibt 156 Wahlen. Lassen wir die 2.
Wahlgänge (Stichwahlen) außer Betracht, so ergaben sich bei den
156 Wahlen 103 deutsche und 53 polnische Mehrheiten (ohne Danzig: 130
Wahlen mit 77 deutschen und 53 polnischen Mehrheiten).
c) Stichwahlen fanden statt, wenn kein Kandidat eine absolute Mehrheit
erreicht hatte. Stand dabei ein Pole gegen einen Deutschen, dann gaben viele
Deutschen dem Polen ihre Stimme, wenn er ihnen konfessionell oder
parteipolitisch näherstand als der deutsche Gegenkandidat. Die polnische
war dort zugleich die katholische Partei (vgl. S. 86). Ein polnischer Abgeordneter mehr
galt nicht als eine Gefahr für das Deutsche Reich; denn ein polnischer Staat
war weder vorhanden noch in Sicht. So kam es, daß im ganzen in den 156
Wahlen auf 62 polnische nur 94 deutsche Abgeordnete kamen.
d) "Danziger Korridor" (s. S.
13): Es ist berechtigt, bei diesen Betrachtungen Danzig mit
einzubeziehen, denn Danzig wurde mit vom Reiche losgerissen und wird mit von
Deutschland beansprucht.
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50. Polenthese:
Sprache und Volkswille 1919,
Sprachenzählung von 1910
Die Polen sagen: In Pommerellen waren die Polen 1919 in der
Mehrheit. Das beweise sogar die deutsche Sprachenzählung
von 1910.
Antwort: Wenn es so wäre: warum hat man dann 1919 keine
Abstimmung veranstaltet? Warum haben die Polen nicht gewagt, eine
Abstimmung vorzuschlagen? Weil sich dann eine Mehrheit gegen die
Heraustrennung aus dem Deutschen Reich ergeben hätte!
Die Mehrheit wäre besonders groß gewesen, weil sich Sprache
und Gesinnung nicht decken. Das beweisen die Abstimmungen von
1920 östlich der Weichsel mit ihren deutschen Mehrheiten von
92 Prozent und 98 Prozent. Dort stimmte für Deutschland
die Gesamtheit der nichtpolnischen Slawen und die Hälfte der Polen.
Diese Fremdsprachigen rechneten sich zur deutschen
Staats-, Kultur- und Wirtschaftsgemeinschaft; die slawisch sprechenden
Deutschen bilden damit ein Gegenstück zu den französisch
sprechenden Kanadiern, den gälisch (wallisisch) sprechenden
Engländern, den englisch sprechenden Iren.
[88] Im deutschen Osten
waren die Deutschen kulturell und wirtschaftlich führend und
hatten den entscheidenden lebendigen Anteil an dem Aufschwung des
Landes.
a) Sprachenverteilung in Ostpreußen,
Westpreußen und Posen. Vor dem Kriege 7 Regierungsbezirke; davon
nur in einem (Regierungsbezirk Posen in der Provinz Posen) nach der
Sprachenstatistik von 1910 eine fremdsprachige Mehrheit. In den drei Provinzen
hat man ohne Abstimmung vom Reich abgetrennt 1,5 Millionen
Deutsche, bei Deutschland ohne Abstimmung belassen 51 000
Fremdsprachige.15
b) Die Abstimmungen. Auf Wunsch der
Polen, die sich davon neue Gebietserweiterungen versprachen, fanden im
südlichen Teil Ostpreußens und in deutsch gebliebenen (jetzt zu
Ostpreußen gehörigen) Teilen Westpreußens rechts der
Weichsel Abstimmungen statt, und zwar unter Aufsicht alliierter Truppen und
Beamten. Das Ergebnis
war in beiden Abstimmungsgebieten:
Allenstein (Ostpreußen) :
8000 polnische Stimmen, 363 000
deutsche Stimmen = 98%.
Marienwerder (Westpreußen, heute Teil
der Provinz Ostpreußen):
8000 polnische Stimmen, 97 000
deutsche Stimmen = 92%.
Im westpreußischen Bezirk Marienwerder brachte
der Kreis Stuhm 19% polnische Stimmen, während diese in den
anderen Kreisen weit unter 10% blieben. Der Kreis Stuhm ist dem Korridor
benachbart, war vor 1772 polnisch, hatte 1910 43% polnisch und kaschubisch
Sprechende. Die Abstimmung dort ist als "Test case" für
die unterlassene Abstimmung im Korridor anzusehen.16
c) Die polnische sprachliche Minderheit: Die Bevölkerung mit
polnischer Muttersprache betrug nach der Sprachenzählung von 1910
nur 34% im Danziger Korridor (polnischer
Korridor i. e. S. und Freistaat Danzig),
nur 42% im polnischen Korridor i. e. S. (mit
Netzegau,17
vgl. S. 12).
Im einzelnen:
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a) Gesamt-
bevölkerung |
b) polnisch-
sprachige |
c) deutsch-,
doppelspr.,
Kaschuben,
Masuren |
d) davon
nur
deutsch-spr. |
Freie Stadt Danzig |
330 600 |
9 500 |
320 300 |
315 000 |
Korridor i. e. S. |
1 313 200 |
555 200 |
747 000 |
624 200 |
|
|
zusammen: |
1 643 800 |
564 700 |
1 077 300 |
939 200 |
insbes. poln. Westpr. |
964 700 |
433 300 |
531 000 |
411 600 |
"
Netzegau17 |
323 700 |
116 600 |
206 700 |
203 400 |
" ostpr. Teil |
24 800 |
5 300 |
5 300 |
9 200 |
[89] Die Polen waren also
schon sprachlich in der Minderheit; da ein Teil nach den Erfahrungen der
Abstimmungen von 1920 gegen die Abtrennung vom Deutschen Reich gestimmt
haben würde, wären bei einer Abstimmung die polnischen
Stimmen erst recht in der Minderheit geblieben.
d) Wenn in Westpreußen eine Abstimmung stattgefunden
hätte, so hätten sich etwa folgende Mehrheiten für das
Verbleiben beim Deutschen Reich ergeben: in ganz Westpreußen
ein Vierfünftelmehrheit, im abgetretenen Teil der Provinz eine
Dreiviertelmehrheit, im an Polen abgetretenen Teil eine
Zweidrittelmehrheit. Das ist das Hauptergebnis einer sorgfältigen
statistischen Untersuchung, die Dr. Werner Horn
(Königsberg) angestellt hat und demnächst veröffentlichen
wird. Er verwendet in einleuchtender Weise die Ergebnisse der Wahlen zur
deutschen Nationalversammlung (bei denen die Polen Wahlenthaltung
proklamiert hatten) in Westpreußen und die Abstimmungsergebnisse im
Gebiet von Marienwerder. - Im Netzegau lagen die Verhältnisse
für die deutsche Sache noch günstiger als in Westpreußen.
e) Die Sprachenzählung von 1910. Bevölkerung trug sich
selbst in Listen ein. Gefragt wurde nicht nach Nationalität, sondern nach
Muttersprache. Wenn Beeinflussung der Einzeichnenden durch mitwirkende
Lehrer und andere Beamte vorgekommen sein sollte, dann höchstens
zugunsten der Polen, denn die damals den deutschen Beamten
gewährte Ostmarkenzulage war von einer polnischen Mehrheit des
betreffenden Bezirks abhängig.
f) Die polnische Sprachinsel. Das polnische Sprachgebiet im Korridor
war vor der Deutschenverdrängung rings von deutschem Sprachgebiet
umgeben: Im Osten Deutsche längs der Weichsel, im
Süden Deutsche von Schneidemühl über Bromberg
bis an die russische Grenze bei Thorn (hauptsächlich Netzegau), im
Westen desgleichen, im Norden Deutsche
(hauptsächlich Danziger Gebiet) und Kaschuben, durch deren Sprachgebiet
im Norden ein deutscher
Ost-Westriegel ging.
g) Irreführende Sprachenkarten. Erstens:
Sprachenkarten sind nicht Nationalitätenkarten.
Zweitens: für den Korridor gibt die ältere Methode
(Flächenfärbung) ein falsches Bild, da die Deutschen
dichter siedelten (Niederungen und Städte) als die Slawen. Wenige
polnische Arbeiterfamilien in einem Waldgebiet geben eine große polnische
Farbfläche, Zehntausende von Deutschen in einer Stadt nur einen
Punkt mit deutscher Farbe. Daher alle Karten mit
Flächenfärbung für Korridorgebiet unbrauchbar.
Geeignet sind nur das moderne Punktsystem und ähnliche Systeme, die die
Bevölkerungsdichte berücksichtigen. Drittens färbt
man vielfach größere Bezirke, z. B. Kreise,
einheitlich, statt die Zählungsergebnisse gemeindeweise
auszuwerten. Viertens verwendet z. B. der von den Polen
ständig zitierte Putzgersche Schulatlas für verwandte
Sprachen die gleiche Farbe, z. B. eine gemeinsame Farbe für
Tschechen, Slowaken, Polen, Wenden, Kaschuben und andere
Westslawen. Alle diese ungeeigneten Methoden verwendet die Vorkriegskarte des
Ostmarken-Vereins18 und wertet außerdem die
Statistik zum Teil fehlerhaft aus: [90] slawische statt deutscher
Mehrheit im Kreise Neustadt unweit der heutigen Korridorküste.
Auch die beste, moderne Sprachenkarte
(Penck-Heyde, Die Deutschen im Korridor, Berlin 1921) gibt
noch kein richtiges Bild: 20 000 Bewohner einer Stadt geben nicht
hundertmal so viel Farbfläche wie 200 Personen, sondern nur achtmal so
viel.
Schon erwähnt wurde die "Spettsche
Karte",19 die bei den Friedensverhandlungen
maßgebenden Einfluß gehabt hat. Im Kriege durch einen
Ministerialbeamten des verbündeten Österreich bei Justus Perthes in
Gotha in Druckauftrag gegeben, was dann als "Verlag" zugestutzt wurde.
Gekennzeichnet durch Gleichstellung von Kaschuben und Masuren mit den Polen,
Flächenfärbung (aber eine wichtige Stelle mit deutscher
Bevölkerung bei Thorn als "Waldgebiet" weiß gelassen),
außerdem regelrechte Fälschungen zugunsten des
Polentums. Der Einfluß dieser gefälschten Karte ist in der Note der
a. und a. Mächte vom 16. Juni 1919 an Deutschland deutlich
erkennbar.
h) Bei den Wahlen in Polen war gewöhnlich die Zahl der
deutschen Stimmen erheblich größer als die Zahl der
Deutschsprachigen.
i) Die Deutschen wirtschaftlich und kulturell führend. Vor der
Abtretung waren in deutschen Händen: der größere Teil des
Grundbesitzes und der städtischen gewerblichen und Handelsbetriebe; weit
überlegene Steuerleistung des deutschen Volksteils. (Vgl.
Rauschning in Deutschland und der Korridor
S. 117. ***[Scriptorium merkt an: bitte Zusatz zu Teil 1 Anm. 1
beachten!])
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51. Polenthese:
Die
Abstimmungen von 1920
Die Polen sagen: Die Teilabstimmungen östlich der Weichsel von
1920 seien nicht maßgebend für den Korridor, denn sie
seien durch deutschen Terror und den Eindruck der russischen Invasion in Polen
verfälscht.
Antwort: Von deutschem Terror konnte während
alliierter Besatzung und Verwaltungskontrolle keine Rede sein. Und was
den russisch-polnischen Krieg betrifft, so hatte sich die große
Mehrheit der Bevölkerung in den Abstimmungsgebieten bereits in
deutschen Abstimmungsvereinen organisiert, als Polen noch vom
Kriegsschauplatz glänzende Erfolge wie die Einnahme von Kiew melden
konnte.
Terror und Propaganda: Die deutsche
Aufklärungs- und Organisationsarbeit setzte erst ein, als Polen längst
in größtem Stile am Werke war. Die Polen hatten es leicht, das junge,
aufstrebende, von den Großmächten begünstigte, durch
Frankreich gegen alle Wechselfälle gesicherte Polen auszuspielen gegen
das Deutschland jenseits des Korridors, jenes verarmte, geknechtete, entwaffnete,
vom Bürgerkrieg zerrissene, von der Inflation heimgesuchte Land. Der
russisch-polnische Krieg und die polnische Bedrängnis hatte nur
eine Wirkung: es unterblieb der von Polen [91] vorbereitete Einmarsch
einer polnischen Terrortruppe, die einen Aufstand in Masuren vortäuschen
und vollendete Tatsachen schaffen sollte. (Das gleiche Rezept ist später
durch die "Aufständischen" in Oberschlesien ausgeführt worden.)
Vgl. v. Loesch u.
Boehm, S. 170 ff.; von Loesch in Deutschland und der
Korridor, S. 78 ff. ***[Scriptorium merkt an: bitte Zusatz zu Teil 1 Anm. 1
beachten!]
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52. Polenthese: (Vgl. S. 94 ff.)
Volksvermehrung und Entdeutschung im
Korridor
Die Polen sagen: Die heutige polnische Mehrheit sei nicht die Folge
politischer Machenschaften, sondern einer Naturkraft: der überlegenen
polnischen Volksvermehrung.20
Antwort: Wenn Galizier und Kongreßpolen dahin strömen,
wo Deutsche unter polnischem Druck abgewandert sind: ist das die Wirkung einer
"polnischen Naturkraft"? Nein, darin zeigt sich nur die Anziehungskraft des
reicheren Gebiets auf die Bewohner ärmerer Gebiete; zugleich zeigt
sich darin das Streben, von der vorhergegangenen Kulturarbeit eines anderen
Volkes Nutzen zu ziehen.
Die Abwanderung der Deutschen unter polnischem
Druck siehe S. 83. - Die
polnische Zuwanderung ging hauptsächlich in die Städte;
diese haben heute wesentlich mehr Einwohner als vor dem Krieg; gerade in den
Städten ist der Prozentsatz der Polen besonders stark
gestiegen.
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53. Polenthese:
Die Behandlung der Deutschen in
Polen
Die Polen sagen: Die deutsche Minderheit genieße alle Freiheiten
und Rechte, die ihr in der polnischen Verfassung und den
Minderheitenverträgen garantiert sind.
Antwort: Wenn das so wäre, wäre dann eine Million aus
dem polnischen Staatsgebiet abgewandert, in ein übervölkertes und
verarmtes Deutschland, hinein in das Elend der Flüchtlingslager? Kein
Staat der Welt hat sich so häufig vor dem Völkerbund und dem
Haager Gerichtshof zu verantworten wie Polen. Die ganze Welt weiß
aus diesen Verhandlungen, daß Polen die Minderheitenverträge
immer wieder verletzt. Da diese Verträge eine wichtige
Voraussetzung für die Grenzänderung waren, ist ihre
dauernde Verletzung ein Grund mehr für die Rückgabe des
Korridors.
a) Verdrängungspolitik: Näheres S. 83 und S. 151 ff.
[92] b) "Polen, das
Gefängnis der Völker."21 Die krassesten Fälle der
Minderheitenmißhandlung sind der oberschlesische Wahlterror von 1930
und die ukrainischen Greuel, die besonders 1930 und 1932 bekanntgeworden
sind; Näheres S. 152 f.
c) Minderheitenverträge als Voraussetzung für die Abtretung
deutschen Gebiets an Polen: vgl. Brief Clemenceaus an Paderewski vom 24.
Juni 1919. Zitiert durch von Loesch in Deutschland und der Korridor
S. 93 f. ***[Scriptorium merkt an: bitte Zusatz zu Teil 1 Anm. 1
beachten!]
d) Polen als bester Klient des Völkerbunds. Kein Staat so
häufig als Beklagter vor dem Völkerbund und insbesondere vor
dessen Haager Gerichtshof wie Polen: im Haag allein 18mal, davon l6mal
verurteilt.
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54. Polenthese:
Vergleich des
Minderheitenschulwesens
Die Polen sagen: Das polnische Minderheitenschulwesen in Deutschland
sei klein im Vergleich zu dem deutschen Schulwesen in Polen. Das sei ein Beweis
für die weitherzige polnische Minderheitenpolitik und die
Unterdrückung der Minderheiten in Deutschland.
Antwort: Solche Zahlenvergleiche beweisen gar nichts. In ihnen spiegelt
sich nur eines wider, nämlich daß die Polen in Deutschland
keinen Wert auf polnischen Schulunterricht legen und daß im
Deutschen Reich die polnische Minderheit viel kleiner ist, als die Polen
sie ausgeben.
a) Deutschlands Stellung zum Problem der fremden
Volksgruppen (der sog. Minderheiten) in der ganzen Nachkriegszeit hat
Reichskanzler Adolf Hitler in seiner berühmten
Reichstagsrede vom 17. Mai 1933 klar umrissen: "Indem wir in
grenzenloser Liebe und Treue an unserem eigenen Volkstum hängen,
respektieren wir die nationalen Rechte auch der anderen Völker aus dieser
selben Gesinnung heraus und möchten aus tiefinnerstem Herzen mit ihnen
in Frieden und Freundschaft leben. Wir kennen daher auch nicht den Begriff
des 'Germanisierens'" (Völk. Beob. 18. 5. 1933).
b) Deutschlands Minderheitenschulwesen. Nach der preußischen
Minderheitenschulordnung von 1928 ist der Besuch von polnischen Schulen
lediglich vom Willen der Erziehungsberechtigten abhängig. Geringe Zahl
von Schulkindern genügt; von den 59 privaten polnischen Volksschulen in
Preußen23 hatten Anfang 1932 elf weniger als
zehn Kinder; von 76 Lehrern hatten 73 die polnische Staatsangehörigkeit.
Die polnische Presse konnte bisher nicht von einer Ablehnung begründeter
Anträge auf Errichtung von Minderheitenschulen berichten.
[93]
Solche Anträge sind nur in den Grenzbezirken gestellt worden (außer
Niederschlesien), niemals aber in Berlin oder im Rheinland, wo Polen in
großer Zahl vertreten. Eltern polnischer Muttersprache schicken ihre
Kinder nur selten in polnische Schulen, weil Polnisch nur in schmalen Bezirken in
Deutschland verstanden wird; dabei intensive polnische Propaganda
für die Minderheitenschulen und finanzielle und moralische
Unterstützung des polnischen Schulwesens von jenseits der Grenze.
Näheres bei Rathenau S. 22 ff.
c) Deutsches Schulwesen in Polen. Von dem deutschen Schulwesen, das
Polen übernahm, ist nur noch ein verschwindend kleiner Teil vorhanden,
obwohl die Deutschen in Polen den größten Wert darauf legen,
daß ihre Kinder in der höheren deutschen Kultur erzogen werden und
mit allen legalen Mitteln für die Erhaltung ihres Schulwesens
kämpfen. Polen arbeitet gerade in der letzten Zeit mit den verschiedensten
Mitteln an der Zerstörung der Reste des deutschen Schulwesens;
vgl. S. 152.
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55. Polenthese:
Die Behandlung der polnischen Minderheit in
Deutschland
Die Polen sagen: Die Grenzen des Korridors seien noch zu klein, denn
jenseits schmachte eine große polnische Minderheit unter deutschem
Terror.
Antwort: Den Gegenbeweis liefert schon der ständige
Rückgang der polnischen Wahlstimmen bei den Reichstagswahlen bei
unverändertem Wahlrecht: Mai 1924 100 000, 1930 72 000,
bei den Wahlen von 1932 33 000 Stimmen (davon 1932 in Oberschlesien
rund 12 - 15 000, im übrigen deutschen Osten nur
rund 8000, der Rest in
Rheinland-Westfalen und dem sonstigen Binnendeutschland verstreut).
a) Wahlstimmen und polnisch Sprechende: Nur
33 000 polnische Wahlstimmen wurden 1932 abgegeben, während
die Statistik von 1925 214 000 polnisch sprechende und 508 000
deutsch und polnisch sprechende Reichsangehörige ergibt; von diesen
beiden Gruppen entfällt allerdings der Hauptteil auf die oberschlesischen
"Wasserpolen", die nicht einmal der Sprache nach echte Polen sind. Als man 1933
zur Beseitigung der Vielzahl der deutschen Splitterparteien (vorher zeitweise
über 30) bei den Reichstagswahlen die Aufstellung einer Liste von
60 000 Unterschriften in einem Wahlkreisverband (das heißt einem
Gebiet von etwa 5 Millionen Einwohnern) abhängig machte, konnte
die polnische Partei nicht die nötige Zahl von Unterschriften
beibringen. - Geringes Bedürfnis nach polnischen Schulen
siehe vorige These.
b) Polnische Propaganda in Grenzgebieten des Deutschen Reiches siehe
S. 25.
c) Deutschlands Bekenntnis zu einer vorbildlichen Minderheitenpolitik
siehe S. 92.
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1Engl. Text s. Laubert,
Nationalität, S. 7 f.;
Kraus-Rödiger, Bd. I, S. 1 ff. ...zurück...
2Laubert (Nationalität, S.
66) berechnet den landfremden, importierten Bevölkerungsteil an Beamten
und Militärpersonen mit Familien auf 60 000 Köpfe in Posen
und Westpreußen. ...zurück...
3In La question polonaise,
1909, S. 10. Vgl. Laubert, Deutsch oder slawisch, S. 60. ...zurück...
4Nach Laubert, Deutsch oder
slawisch, S. 60. Grundlegend die Forschungen von J. Rhode: Das
Nationalitätenverhältnis in Westpreußen und Posen zur Zeit
der polnischen Teilungen. Posen 1926 (Wissenschaftliche Zeitschrift). Vgl.
auch Deutschland und
der Korridor, S. 319. ***[Scriptorium merkt an: bitte Zusatz zu Teil 1 Anm. 1
beachten!] ...zurück...
5Bestätigt z. B. durch das Werk
des Wilnaer Universitätsprofessors Sukienniki über die
"preußische Ansiedlungspolitik in den polnischen Gebieten
1886 - 1919". ...zurück...
6L. Bernhard, Zur Polenpolitik des
Königreichs Preußen, Berlin
1925. - Deutschland und der Korridor,
S. 57. ***[Scriptorium merkt an: bitte Zusatz zu Teil 1 Anm. 1
beachten!] ...zurück...
7Ziegfeld in Deutschland und der
Korridor, S. 314 ff. ***[Scriptorium merkt an: bitte Zusatz zu Teil 1 Anm. 1
beachten!] ...zurück...
8Bär, Westpreußen
unter Friedrich dem Großen (Leipzig 1909), I, S. 83. ...zurück...
[Anm. 9 fehlt.]
10Vgl. Ostland-Berichte,
Jahrg. V, Nr. 1. ...zurück...
11Zitiert nach Martel, S. 132 der
deutschen Ausgabe. ...zurück...
12Lorentz in Volz, Der
ostdeutsche Volksboden (Breslau 1926), S. 252. ...zurück...
13Smog., S. IX. ...zurück...
14Vgl. zum Folgenden A. Schmidt,
Korridor, S. 27 ff. ...zurück...
15Laubert, Nationalität,
S. 32 f. ...zurück...
16Vgl. v. Kries in Deutschland und der
Korridor, S. 421. ***[Scriptorium merkt an: bitte Zusatz zu Teil 1 Anm. 1
beachten!] ...zurück...
17Zugrunde gelegt sind folgende
Kreise, soweit sie an Polen abgetreten: Filehne, Czarnikau, Kolmar, Wirsitz,
Bromberg Stadt, Bromberg Land, Schubin (teilweise), Hohensalza (teilweise).
Quellen: Statistisches Jahrbuch für den Freistaat Preußen,
19. Band; ferner das Gemeindelexikon 1910. ...zurück...
18In Die deutsche Ostmark,
herausgegeben vom Deutschen Ostmarkenverein, Lissa i. P., 1913;
verkleinert abgebildet bei Smog. ...zurück...
19S. 30. ...zurück...
20Smog., S. X. ...zurück...
21Titel eines tschechischen Buches;
vgl. Deutschland und
der Korridor, S. 241. ***[Scriptorium merkt an: bitte Zusatz zu Teil 1 Anm. 1
beachten!] ...zurück...
[Anm. 22 fehlt.]
23Dazu weitere Schulen im
Geltungsgebiet des Genfer
Oberschlesien-Abkommens. Vgl. Rathenau, S. 23. ...zurück...
100 Korridorthesen:
Eine Auseinandersetzung mit Polen
Dr. Arnold Zelle
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