Polnische Thesen und deutsche Antworten
[94]
E. Polnische Thesen zur
Bevölkerungsbewegung1
(Vgl. These 25 auf S. 91.)
56. Polenthese:
Die Volkszahl im deutschen
Osten
Die Polen sagen: Deutschland könne keine Gebietserweiterung an
seiner Ostgrenze beanspruchen, denn die ihm verbliebenen Ostgebiete seien
entvölkert.
Antwort: Obwohl der deutsche Osten jahrzehntelang einen Teil seiner
Menschen an das übrige Deutschland abgegeben hat, ist er nicht
entvölkert worden; die Volkszahl ist dort vielmehr langsam
gestiegen.
In Ostpreußen z. B. 1875 1,86, 1910 2,06
Millionen; auch seit 1910 langsames Steigen trotz großer Kriegsverluste:
nach dem heutigen Gebietsstand 1910 2,15, 1925 2,26 Millionen. Gleiche
Entwicklung in den anderen Ostprovinzen. Seit etwa 2 Jahren ist in
Ostpreußen die Zuwanderung stärker als die
Abwanderung.
|
|
57. Polenthese:
Wanderung und Siedlung
Die Polen sagen: Die deutsche Wanderung vom Osten nach dem
Westen, vom Lande in die Großstädte, von der Landwirtschaft
in die Industrie sei ein endgültiger geschichtlicher Vorgang; er
entspreche dem Charakter des Deutschen und sei daher nicht
rückgängig zu machen.
Antwort: Alles spricht dafür, daß die deutsche
Industrie- und Großstadtentwicklung ihren Höhepunkt hinter sich hat.
Deutschland steht in einer geschichtlichen Wende. Mit der Nationalen
Revolution ist in Deutschland eine neue Gesinnung zum Durchbruch
gekommen, gekennzeichnet durch Opferwillen und Sinn für das Echte,
Einfache und Gesunde. Zahlreiche Menschen, die ein gesundes, mit dem Boden
verbundenes Leben führen wollen und vor Entbehrungen nicht
zurückschrecken, werden im deutschen Osten als lebendiger Wall vom
neuen Deutschland angesiedelt werden.
[95] Und gerade
für dieses - aus den verschiedensten Gesichtspunkten
notwendige - Siedlungswerk verlangt das deutsche Volk die
Wiederherstellung eines einheitlichen und gesicherten Gebiets im
Nordosten.
a) Wirtschaftliche und geistige Wandlungen wirken
zu einem unwiderstehlichen Zwang zur Ostsiedlung zusammen. Die
wirtschaftlichen Wandlungen sind: dauernde Überkapazität
großer Industrien; Massenarbeitslosigkeit, die zum großen Teil nicht
konjunkturell, sondern strukturell, also chronisch ist; Erschwerung des
Industrieexports in aller Welt; Freiwerden großer Landflächen infolge
des Niedergangs vieler großer Güter; aus dieser Situation heraus
Streben nach möglichster Unabhängigkeit von
Nahrungsmitteleinfuhr und industriellem Auslandsabsatz. Die geistigen
Wandlungen sind: elementares Wachsen des nationalen
Selbstbehauptungswillens, wachsendes Interesse namentlich der Jugend an den
Ostfragen, insbesondere an der Siedlung. Besinnung auf die natürlichen
Lebensgrundlagen, Überdruß an der Künstlichkeit des
Großstadtlebens, geringere Einschätzung des
Großstadtkomforts, Bereitschaft zu Opfer und Entbehrung.
b) Geschichtlicher Rhythmus: Nach der Völkerwanderung
slawische Überflutung, dann deutsche Welle nach Osten im Mittelalter,
dann Abbröckeln deutscher Positionen; jetzt beginnt eine neue deutsche
Welle nach Osten - eine Welle der Siedlung, nicht aber eine imperialistische
Welle (vgl. S. 59).
c) Polnische Parallele zu der hinter uns liegenden deutschen Periode.
Nach dem Kriege Massenwanderung nach Westen in die ehemals deutschen
Gebiete, und zwar besonders in die Städte.
|
|
58. Polenthese:
Die polnische
Volksvermehrung
Die Polen sagen: Die Geschichte werde letzten Endes durch die
Vermehrungskraft der Völker entschieden; hierin aber ständen in
Europa die Polen fast an der Spitze, die Deutschen fast an letzter Stelle.
Antwort: Die geschichtlichen Entscheidungen über
Gebietsansprüche hängen viel mehr von der inneren Kraft und
der schöpferischen Leistung der Völker ab als von ihrer
Volkszahl und Volksvermehrung.
Und auch in der Volksvermehrung ist noch nichts entschieden. Wenn selbst das
liberale Frankreich durch eine entschlossene Familienpolitik seinen
Geburtenrückgang zum Stehen gebracht hat, dann ist das von dem
neuen Deutschland erst recht zu erwarten.
a) Käme es allein auf die Volksvermehrung an, so
müßten die Ukrainer über die Polen, die
Iren über die Engländer, die Schwarzen in U.S.A.
oder Südafrika über die dortigen Weißen herrschen.
[96] b) Polens
Volksvermehrung und die Fremdvölker. Polen verdankt sein rasches
Bevölkerungswachstum zum großen Teil den Fremdvölkern;
höchste Geburtenziffer in den ukrainischen und weißrussischen
Ostgebieten Polens, besonders hohe auch bei den polnischen Juden.
c) Polens Geburtenziffer sinkt. Lebendgeborene pro 1000 Einwohner
jährlich2
1909-12 37,4,
1921-25 34,9, 1926-28 32,7, 1931 30,3.
d) Die deutsche Volksvermehrung.3 Polens Geburtenüberschuß
ist heute höher als der des Deutschen Reiches (1931 Polen 471 000,
Deutsches Reich ohne Saargebiet 305 000). Deutschland hat das
Geburtenproblem bisher vernachlässigt. Der deutsche
Familienvater ist bisher steuerlich höher belastet und in der Wohnungsfrage
sowie zum Teil auch im Berufe ungünstiger gestellt als der Ledige; seine
Leistung für die Allgemeinheit findet wenig Anerkennung. Von der
neuen Regierung, die ihre Verantwortung für das Volksschicksal
der nächsten Jahrzehnte und Jahrhunderte betont, ist eine entschlossene
qualitative und quantitative Bevölkerungspolitik zu
erwarten. Die polnische Hoffnung, daß Polen 1975 ebensoviel
Einwohner wie Deutschland haben werde,4 ist trügerisch. Anfang 1932
Polen 32 Millionen (davon ein Drittel Fremdvölker), Deutsches Reich
65,6 Millionen, die drei deutschen Staaten Deutsches Reich,
Österreich und Danzig zusammen ca. 73 Millionen.
|
|
1Besonders ausführlich in einer
geheimen amtlichen polnischen Denkschrift, die von den Polen 1929 der Pariser
Sachverständigenkonferenz
(Young-Konferenz) vorgelegt worden ist.. ...zurück...
2Stat. Jb. f. d. Dt. Reich; Czech,
Die Bevölkerung Polens, Breslau, 1932.. ...zurück...
3Näheres siehe Harmsen,
Praktische Bevölkerungspolitik, Berlin 1931. ...zurück...
4Smog., S. 166. ...zurück...
100 Korridorthesen:
Eine Auseinandersetzung mit Polen
Dr. Arnold Zelle
|
|
|