G 2.
Gleichgeartete von den Truppen der Entente begangene Vergehen.
Vor dem Weltkriege.
1914/16 Corsica. Französische Behörden: Lagerarzt Dr. Marcantoni.
Eine große Anzahl von Gefangenen wurde an der Ostküste von Corsica ins Zuchthaus von Aleria gebracht. Diese Gegend ist als
Typhus- und Fieberherd aus den Kammerdebatten in ganz Frankreich berüchtigt und gilt als Todesherd. Das Zuchthaus wurde seinerzeit von der französischen Regierung aus Gesundheitsgründen aufgelöst, da die Sterblichkeit unter den Sträflingen 10 v. H. betrug. Von den Beamten der in dieser Gegend liegenden Eisenbahn
Bastia-Chisonnaccia starben in den Jahren vor dem Kriege 23 v. H., vom September 1914 bis Februar 1915 fallen 8 deutsche Kriegsgefangene einer Epidemie zum Opfer. Die französische Regierung bringt die Kriegsgefangenen bewußt in diese Todesgegend. Trotz der deutschen Proteste ließ sie noch im Jahre 1915/16 deutsche Kriegsgefangene im Sommer in den fiebergefährlichen Niederungen
Ost-Corsicas arbeiten.
Mai 1915. Djeltal. Urheber: Französische Behörden. Kommandant von Biskra. Kapit. Fort oder Kommand. superieur Velnot:
300 Mann mußten am 14. 5. 1915 den Marsch nach Djeltal durch die Wüste antreten. Fieberkranke und Verwundete mußten außer ihrem Gepäck noch Decken und Zelte tragen. Auf dem Marsch von Ain Naga bis Wiribel Onet wurde auf 44 Kilometer keine Wasserstelle angetroffen. Infolge der glühenden Hitze im heißen Wüstensande waren viele Gefangene dem Wahnsinn nahe. Stundenweit hinter dieser Trauerkolonne wurden Besinnungslose mit verglasten Augen von den Spahis aufgesammelt.
Der Transport der Gefangenen nach Corsica wurde 1914/15 dauernd in unmenschlicher Weise durchgeführt. Die Gefangenen wurden zu Hunderten im dunklen Laderaum schlechter Dampfer zusammengepfercht.
Juni/Juli 1915. Kangha-Sidi Nadgi. Französische Behörden:
Empörend war die Behandlung im Juni/Juli 1915 in Kangha Sidi Nadgi. Zur Mittagszeit stieg die Hitze auf
40–45 Grad. Wegen der gräßlichen Fliegenplage war der Aufenthalt in den kleinen Zelten kaum möglich. Weder im Lager noch bei der Arbeitsstätte ein Baum oder Strauch, der Schatten gab.
Die Zahl der Kranken stieg in den ersten 4 Wochen auf
60–100 von 300 Mann. Ein Arzt war nicht zur Stelle. Medikamente waren nicht vorhanden. Die Kranken wurden von einem französischen Sanitätssoldaten behandelt, der Student war. Trotz Blutdurchfalls wurden Gefangene nie krank geschrieben.
1914/18 Nord Afrika. Franz. Behörden:
In Nord-Afrika wurden die Strafen unter unmenschlichen Bedingungen verbüßt. Im Lager Tigzirt mußte der Arrestant in ein rundes Loch von 60 Zentimeter Tiefe kriechen. Das Loch hatte einen Durchmesser, daß er gerade darin kauernd sitzen konnte. Darüber wurde eine Zeltbahn gespannt.
Cocq Klaba. Französische Behörden:
Beim Arbeitskommando Cocq Klaba wurden als Strafe mittelalterliche Daumschrauben angewandt. (Vergl. auch das Beispiel über Kangha Sidi Nadgi.)
Aleria auf Corsica:
Die ärztliche Behandlung war denkbar schlecht. Die besichtigende amerikanische Kommission bat infolge der Uebelstände um Abberufung der Arztes Marcantoni. Die Gefangenen wurden ausgepeitscht. Man lese hierüber die eingehenden Berichte der Schrift: "Deutsche Gefangene in Feindesland. Frankreich".
Schließlich soll noch ein Beispiel aus Europa gegeben werden:
Die englische Regierung stellte zu Beginn 1916 3000 deutsche Kriegsgefangene zu Arbeitszwecken der französischen Regierung zur Verfügung und verschickte sie nach den Hafenplätzen von Le Havre und Rouen. Dort erfuhren sie eine besonders harte Behandlung und wurden geradezu menschenunwürdig untergebracht. Viele von ihnen waren verwundet in Gefangenschaft geraten und wurden noch als Rekonvaleszenten aus ihren englischen Stammlagern nach Le Havre und Rouen geschickt, wo sie sofort zu schweren körperlichen Arbeiten herangezogen wurden, was naturgemäß auf den Gesundheitszustand sehr ungünstig einwirkte. Abgesehen von den verschiedenen Unglücksfällen bei den zu verrichtenden Arbeiten kam eine ganze Anzahl Fälle von Selbstmordversuchen und Geisteskrankheiten vor.