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[439-440]
XXII. Verwendung von Kriegsgefangenen zu nicht zulässigen Arbeiten.

("Rapport", Uebersicht 30.)

Bei den ungeheuren Ausmaßen, die der Weltkrieg angenommen hatte, wurden auf beiden Seiten der kriegführenden Mächte Kriegsgefangene auch zu militärischen Arbeiten herangezogen. Auch die Engländer, Russen, Franzosen und Belgier haben ihre deutschen Kriegsgefangenen in weitgehendstem Maße zu solchem militärischen Arbeitsdienst verwendet.

Insofern liegt eine ausgesprochene Einseitigkeit darin, aus dieser allgemein durchgeführten Maßnahme jetzt der deutschen Heeresleitung einen Vorwurf machen zu wollen.

Im übrigen müssen die im Abschnitt A 1 Deutschland gemachten Vorwürfe erst noch bewiesen und rechtskräftig erhärtet werden. Die deutschen Feststellungen lauten jedenfalls anders. So sei z. B. auf den Fall Dixmuiden näher eingegangen:

Die "Verwendung von Gefangenen zu Schanzarbeiten in der Feuerlinie" wird allseitig abgestritten. (Auch eidliche Aussagen der Teilnehmer.) Durchweg wird angegeben, daß die Gefangenen aus der Feuerlinie bei erster Gelegenheit nach rückwärts abgeschoben worden seien.

Vor dem Sturm sind keine Gefangenen in den Bereitstellungs- oder Sturmgräben gewesen, dieses wird durch zahlreiche Aeußerungen erhärtet.

Im ganzen ist noch zu betonen, daß die am 10. November 1914 vor Dixmuiden eingesetzte Truppe sich aus moralisch besonders hochwertigen Männern zusammensetzte. (Hochschüler, Studenten, Gardeersatz.)

Ist es ferner gerecht und ehrlich, uns vorzuwerfen, die Kriegsgefangenen der Entente zu unzulässigen Arbeiten herangezogen zu haben, wenn unsere unglücklichen Soldaten auf feindlicher Seite oft das Härteste im Arbeitsdienst erdulden mußten? Die Entente hat sie in zahlreichen [441-442] völlig beglaubigten Fällen gezwungen, an Kampfhandlungen wider die eigenen deutschen Truppen teilzunehmen. Sie mußten sogar in der Feuerlinie Munition heranschleppen und dort Schanzarbeiten vornehmen. Ob dabei Dutzende unter dem deutschen Artilleriefeuer fielen, war der Entente völlig gleichgültig.

Auch in dieser Frage ist das Schuldkonto der Entente so schwer belastet, daß sie mit heuchlerischem Geschrei gegen die deutschen Barbaren zu Felde ziehen muß, um so die deutschen, viel schwereren Anklagen nicht aufkommen zu lassen oder zum Schweigen zu bringen.

[443-444]
Anlage zu XXII

A 1.
Deutschen Truppen vorgeworfene Vergehen.

25. 9. 14 Champagnefront. 10. 11. 14 Dixmuiden. Deutsche Truppen:
      Sofortige Verwendung von entwaffneten französischen Kriegsgefangenen zum Bau von Schützengräben an der Front.

1917/18 französische Front. Deutsche Truppen:
      Verwendung italienischer Kriegsgefangener zu militärischen Arbeiten an der französischen Front.

A 2.
Gleichgeartete von den Truppen der Entente begangene Vergehen.
Vor dem Weltkriege.

Bevor die Haager L. K. O. die Verwendung von Kriegsgefangenen zum Arbeitsdienst regelte und dabei einschränkende Bestimmungen gab, wurden Kriegsgefangene fast allgemein zu jedem Arbeitsdienst verwendet.
      Es erübrigt sich, hierfür besondere Beispiele zu geben.

A 3.
Gleichgeartete von den Truppen der Entente begangene Vergehen.
Während des Weltkrieges.

5. 9. 14 Chilly. Französische Behörden:
      Gefangene Sanitätsmannschaften müssen von 2–3 km hinter der Front bis zum zweiten französischen Graben Wasser schleppen und beim Rückwege Tote und Verwundete zurückschaffen, alles im deutschen Feuer. Dies geschah bereits am 5. 9. 14.

Planmäßig sind deutsche Kriegsgefangene von den englischen, französischen und belgischen Kommandobehörden zu unzulässigen militärischen Arbeiten herangezogen worden und, was besonders erschwerend ins Gewicht fällt, in der Feuerzone im deutschen Feuer.
      Hier sollen aus der Fülle der Fälle nur einzelne Beispiele angeführt werden, die hinreichend beweisen, daß deutsche Kriegsgefangene ganz allgemein
      a) zu Schanzarbeiten an der Front,
      b) zum Verwundetentransport und zur Beerdigung von Toten in der Feuerzone,
      c) zu Material- und Munitionstransporten im Feuerbereich Verwendung fanden, alles Arbeiten, die gegen das Völkerrecht kraß verstoßen.

September/Dezember1915 Tahure. Französische Behörden:
      Bei Tahure wurden Ende September bis Ende Dezember 1915 gegen 70 deutsche Gefangene in Frankreich mit Ausheben von Gräben beschäftigt. Bei einsetzendem deutschen Feuer nahmen die Bewachungsmannschaften in den Unterständen Deckung, verhinderten aber mit vorgehaltener Waffe die Gefangenen, ebenfalls Schutz zu suchen, so daß zahlreiche Gefangene verwundet wurden.

1915 Champagne. Französische Behörden:
      In der Champagne wurde Ende Oktober bis Ende November der Kriegsgefangene Pf. mit zahlreichen Kameraden in der zweiten französischen Linie festgehalten und mußte im deutschen Artilleriefeuer Aufräumungsarbeiten leisten und Unterstände bauen. Unter den Mitgefangenen traten Verluste an Toten und Verwundeten ein.

1915 Sailly. Französische Behörden:
      Bei Sailly mußten Ende Oktober 1915 Gefangene im deutschen Artilleriefeuer unter Peitschenhieben Stellungen ausheben und Wege bauen.

1916 Somme. Französische Behörden:
      An der Somme wurden August 1916 Gefangene zu Wege- und Bahnarbeiten im deutschen Feuer verwendet. Verluste: tot 16, verwundet 30 Mann.

1916 Marreau. Französische Behörden:
      Im Pionierpark von Marreau arbeiteten Dezember 1916 auf französischen Armeebefehl 150 Deutsche im deutschen Feuer, wobei wiederholt Verluste eintraten.

[445-446] 1916/17 Souilly. Französische Behörden:
      Bei Souilly wurden Ende Dezember 1916 bis Mitte Januar 1917 900 Gefangene mit Artillerie-Stellungsbau und Straßenarbeiten beschäftigt. Gegen 100 Mann Verluste.

1917 Souilly. Französische Behörden:
      Von der Gefangenensammelstelle Souilly wurden ferner deutsche Arbeitstrupps an verschiedene Stellen der Front gesandt, z. B. 1917 nach Verdun. Hier wurden die deutschen Gefangenen zu rein militärischen Arbeiten, wie Heranschaffen von Lebensmitteln und Munition und zu Arbeiten im Stollenbau verwandt.
      Wer sich weigerte zu arbeiten, wurde mit Erschießen bedroht.
      Da die Arbeiten im Geschützfeuer der Deutschen stattfanden, waren die Verluste häufig und beträchtlich.
      Eine Gefangenen-Kompagnie hatte allein in 4 Wochen etwa 200 Mann Verluste an Toten und Verwundeten.

1918 Paschendaele. Belgische Behörden:
      Nach der Schlacht bei Paschendaele am 28. 9. 18 gefangengenommene Deutsche wurden auf Befehl belgischer Offiziere zu Aufräumungsarbeiten in vorderster Feuerlinie verwendet.

Auch die englischen Behörden verfuhren in gleicher Weise.

1915 Neuve Chapelle. Englische Behörden:
      Bei Neuve Chapelle wurden März 1915 deutsche Gefangene gezwungen, die englischen Schützengräben der vordersten Linie auszubauen.

1917 Poperinghem. Englische Behörden.
      Anfang 1917 wurde etwa eine halbe Kompagnie Kriegsgefangener in das Lager Poperinghem, etwa 1–2 km hinter der vordersten Linie, gebracht und mußten hier in deutschem Feuer Feldbahngleise anlegen, von den Engländern mit Gewehren bedroht.

1918 Kemmel. Englische Behörden:
      Ende 1918 mußten ca. 700–800 deutsche Gefangene in der ersten englischen Stellung am Kemmel in deutschen Artilleriefeuer Arbeiten verrichten.
      Vielfach wurden die Kriegsgefangenen, sogar Offiziere, gezwungen, feindliche Verwundete aus der Feuerlinie zu holen und Tote im Feuerbereich zu beerdigen. Protestierten sie hiergegen, wurden sie mit der Waffe gezwungen, die Befehle auszuführen.

1915 St. Souplet. Französische Behörden:
      Bei St. Souplet mußten gefangene Deutsche 3 Tage lang in heftigem deutschen Artilleriefeuer Verwundete bergen.

1915/16 Champagne. Französische Behörden:
      In der Champagne wurden Gefangene durch die Franzosen Oktober 1915 bis Anfang 1916 mit vorgehaltenem Revolver gezwungen, im deutschen Artilleriefeuer Tote zu beerdigen.

1916 Somme. Französische Behörden:
      An der Somme mußten Gefangene Ende Juli 1916 Verwundete, aber nur Franzosen, aus dem Artilleriefeuer zurückschaffen, wobei 10 Gefangene ums Leben kamen, mehrere verwundet wurden.

1917 Winterberg. Französische Behörden:
      Mai 1917 wurden am Winterberg 12 Gefangene 11 Tage zum Bergen von Verwundeten aus der Feuerzone verwendet, wobei mehrere fielen.

1918 Poelkapelle. Belgische Behörden:
      Nach der Schlacht bei Poelkapelle am 28. 9. 18 gefangene Deutsche wurden von den Belgiern zum Transport belgischer Verwundeter aus der Feuerzone verwendet.

1916 Kl.-Bazentin. Englische Behörden:
      Ebenso wurden bei Kl.-Bazentin Juni 1916 gefangene Deutsche zum Fortschaffen von Verwundeten aus der Feuerlinie durch englische Truppen gezwungen.

1917 Loos. Englische Behörden:
      Bei Loos mußten August 1917 Deutsche 3 Tage lang die gleiche Arbeit verrichten.

1918 Cambrai. Englische Behörden:
      Ebenso wurden bei Cambrai September 1918 deutsche Offiziere und Mannschaften gezwungen, englische Verwundete aus der Feuerlinie zurückzuschaffen.

Alle diese Beispiele beweisen, daß dieser Zwang die ganzen Jahre des Weltkrieges hindurch andauerte.

Schließlich seien noch einige Fälle für die Verwendung von Gefangenen zu Material- und Munitionstransporten angeführt.

1915 Lingelkopf. Französische Behörden:
      Am Lingelkopf mußten Juli 1915 Gefangene unter Todesandrohung Munition und Stacheldrahtrollen in die vorderste Linie tragen.

September 1915 St. Souplet. Französische Behörden:
      Bei St. Souplet wurde ein gefangener deutscher Offizier unter Mißhandlungen zum Transport von Munition zu den französischen Geschützen gezwungen.

[447-448] Januar 1916 Verdun. Französische Behörden:
      Bei Verdun Januar 1916 mußte ein Kommando von 250 deutschen Gefangenen 3 Wochen lang Material und Lebensmittel an die Front schaffen, wobei 23 Mann Verluste eintraten.

1917 Chemin des Dames. Französische Behörden:
      Auch April 1917 wurden am Chemin des Dames Deutsche zum Munitions- und Verpflegungstransport in vorderster Stellung verwendet.

1918 Kortemark. Belgische Behörden:
      Durch Belgier bei Kortemark Oktober 1918 gefangene Deutsche wurden unter Mißhandlungen gezwungen, belgische Maschinengewehre in die Kampfstellung zu bringen.
      Das gleiche geschah am 28. 9. 18 im Houthoulster Wald.

1916 Fureaux-Wäldchen. Englische Behörden:
      Durch englische Truppen wurden am Fureaux-Wäldchen Gefangene gezwungen, am 15. 9. 16 Munition zu den feindlichen Geschützen zu tragen.

1917 Cambrai. Englische Behörden:
      In der Tankschlacht bei Cambrai 20. 11. 17 mußten Gefangene Maschinengewehre und Munitionskasten nach der vorderen Stellung tragen.

1918 Peronne. Englische Behörden:
      Bei Peronne mußten am 31. 8. 18 gefangene Deutsche unter Bedrohung mit Erschießen Munition in die vorderste Linie der Engländer tragen.

Alle diese Beispiele entstammen eidlichen Aussagen.

Auch zu Arbeiten in Munitionsfabriken wurden deutsche Kriegsgefangene herangezogen!
      Hierüber berichtet der Pionier W. folgendes:
      "Aus dem Lager 83 wurde ich nach dem Lager in Moyenville transportiert. Dort wurden wir zunächst aufgefordert, uns für französische Munitionsfabriken zu melden. Es meldeten sich hauptsächlich Polen und Elsässer.
      Anfangs Juni wurde ich der Arbeitskompagnie 53 zugeteilt. Ein Kommando dieser Kompagnie arbeitete in der Munitionsfabrik in Chantilly bei Paris. Dieses Kommando mußte in der Fabrik Raffianetze zum Abdecken der Geschütze gegen Fliegersicht herstellen. Gefragt wurden wir nicht, ob wir diese Arbeit machen wollten. Im Juli wurde ich zum Aufmontieren von Maschinengewehrständen und Beobachtungsständen für Sappenposten kommandiert. Ich erklärte dort dem französischen Monteur, daß ich diese Arbeit nicht machen wollte, da ich mich zur Herstellung von Werkzeugen für die Kriegführung gegen Deutschland nicht hergeben wolle. Ich blieb auch in einer Unterredung mit dem französischen Kapitän, dem ich unterstand, auf diesem Standpunkt beharren, obwohl mir der Kapitän mit dem Kriegsgericht und der Reitpeitsche drohte.
      Ich mußte zunächst die Arbeit noch weiter verrichten.
      Eines Tages blieb ich jedoch, als es zur Arbeit gehen sollte, einfach im Lager zurück. Daraufhin wurde ich einem anderen Kommando zugeteilt."

1915–17 Bergerac. Für schlechte Behandlung der Gefangenen: Leutnant Ymonet, Adjutant de la Coste.
      Im Lager La Lande mußten Kriegsgefangene (Groupe 09) den Bau der Munitionsfabrik zu Bergerac ausführen. In ihren Briefen durften sie Bergerac nicht als ihren Aufenthaltsort erwähnen, ebensowenig ihre dortige Beschäftigung. 2mal täglich mußten sie etwa 5 km zur Arbeitsstelle hin- und zurückmarschieren, wobei sie von der Bevölkerung beschimpft, bespien und mit Steinen beworfen wurden.
      Sie mußten 10½ Stunden arbeiten, von morgens 6½–10½, nachmittags von 12–6½ Uhr, dazu kam noch der weite Anmarsch.
      Die Aufsicht bei der Arbeit hatten Zivilisten, die die Gefangenen dauernd antrieben. Schimpfworte wie "Boches" und "Cochons" waren der übliche Verkehrston. Wer nach Meinung der Zivilisten nicht genügend gearbeitet hatte, wurde gemeldet und erhielt, durchweg, außer einer körperlichen Züchtigung, 8 Tage Arrest. Es kam vor, daß Fieberkranke, die bei der harten Arbeit umfielen, liegen gelassen wurden, da kein Arzt zur Stelle war.

Entgegen der Genfer Konvention wurde deutsches Sanitätspersonal in zahllosen Fällen mit gewöhnlichen und schweren Arbeiten beschäftigt.
      So sind sehr viele deutsche Sanitätspersonen bei Kanalisations- und Entwässerungs-, bei Erd-, Bau-, Maurer- und sonstigen Arbeiten, insbesondere in der Landwirtschaft, in Zuckerfabriken und Sägewerken verwendet worden, auch in Stein- und Kiesgruben, [449-450] bei Holzfällkommandos, als Steineklopfer, Steineleser und Straßenpflasterer, und selbst in Bergwerken mußten deutsche Sanitätspersonen gegen ihren Willen arbeiten. Sogar zu den schwersten Beschäftigungen, wie dem Ein- und Ausladen von Schiffen in den französischen Hafenstädten sowie zu Straßen- und Bahnbauarbeiten – zum Teil selbst in der Gluthitze Afrikas – zwangen die Franzosen deutsches Sanitätspersonal. Als besondere Schikane sei noch erwähnt, daß in mehreren Fällen in französischen Gefangenlagern gerade deutsche Sanitätspersonen, einmal sogar 2 Feldunterärzte, zu den schmutzigsten Lagerarbeiten, wie Latrinen- und Ställereinigen, herangezogen wurden.

Die französischen Militärbehörden haben aber auch nicht davor zurückgeschreckt, deutsche Sanitätspersonen mit Arbeiten, die mit den Kriegshandlungen in Beziehung stehen, zu beschäftigen, also mit Arbeiten, zu denen nach Artikel 6 der Haager Landkriegsordnung auch gewöhnliche Kriegsgefangene, geschweige denn Sanitätspersonen, nicht gezwungen werden durften. So mußten zahlreiche gefangene deutsche Sanitätspersonen in Frankreich beim Bau von Munitionsfabriken und Kasernen mithelfen, aber auch zu unmittelbaren Arbeiten in französischen Munitionsfabriken, Kraftwagenfabriken, in militärischen Arsenalen und Magazinen, wie Zu- und Abtragen von Munitionsmaterial, Stacheldraht, Kupfer- und Messingbarren, Herstellen von Granaten und Artillerie-Protzkästen und dergl. zwang man im weitesten Umfange deutsches Sanitätspersonal. In den französischen Hafenstädten mußten vielfach auch deutsche Sanitätssoldaten Munition, Erze und Schießbaumwolle aus Schiffen ausladen, ja sogar zum Transport von Geschützen mißbrauchte man sie.

Den schwersten Verstoß gegen die internationalen Verträge stellt aber die Tatsache dar, daß deutsches Sanitätspersonal auch in der französischen Front und unmittelbar hinter derselben mit Kriegsarbeiten beschäftigt worden ist.

Zahllose deutsche Sanitätsunteroffiziere und Sanitätssoldaten sowie Krankenträger wurden nicht bloß in Steinbrüchen direkt hinter der Front, sondern auch unmittelbar in der Front mit Arbeiten beschäftigt, die sonst französisches Militär hätte erledigen müssen; daß auch zahlreiche deutsche Sanitätspersonen bei dieser Verwendung im Feuerbereich der deutschen Artillerie gefallen sind, sei noch besonders erwähnt. Als solche Arbeiten sind hervorzuheben: Erdarbeiten in der Front, wie Anlegung und Zudeckung von Gräben, Anlegung und Ausbesserung von Anmarschwegen für Infanterie und Artillerie, Ausheben von Massengräbern, Bauen von Unterständen und Herstellung von Kleinbahnen, Transporte von Kriegsmaterial, Munition, Gewehren, Maschinengewehren, Holz und Eisen bis in die ersten französischen Linien. Deutsches Sanitätspersonal wurde auch in zahlreichen Fällen nach der Gefangennahme tage- und wochenlang gezwungen, wiederholt mit Tragbahren in die vordersten französischen Linien zu gehen und dort im deutschen Artilleriefeuer Verwundete zu sammeln und zu verbinden. Vielfach war ihnen dabei ausdrücklich befohlen, nur französische Verwundete aufzuheben, nicht dagegen deutsche Verwundete, ein Befehl, der ganz besonders schwer gegen den Geist der Genfer Konvention verstieß, die gleiche Pflege und Fürsorge für alle Verwundeten ohne Rücksicht auf ihre Heereszugehörigkeit als obersten Grundsatz verkündet hat.

Nicht unerwähnt soll endlich bleiben, daß die Franzosen das deutsche Sanitätspersonal, wenn es sich weigerte, solche Arbeiten zu verrichten, oder sich unter Berufung auf die Genfer Konvention über eine derartige Beschäftigung beschwerte, in zahlreichen Fällen durch Drohungen, Mißhandlungen und Strafen, ja sogar durch Hungerkuren dennoch zu diesen Arbeiten zu zwingen versucht haben.

Man lese über diese Vorgänge die amtliche Denkschrift "Frankreich und die Genfer Konvention", in der in Hunderten von eidlichen Aussagen derartige Verstöße bestätigt sind.

Aber auch das Aeußerste ließen die Franzosen nicht unversucht: sie haben sogar in einzelnen Fällen gefangengenommene Deutsche, auch Angehörige des deutschen Sanitätskorps zu direkten Kampfhandlungen gegen die eigenen Truppen gezwungen.
      So wurde am 15. 12. 16 bei Verdun ein deutscher Krankenträger, der gerade einen französischen Verwundeten tragen half, als er an einer 15.5.cm-Batterie vorbeikam, weggeholt und aufgefordert, einen Schuß abzuziehen. Als er sich mit den Worten wehrte, er schieße nicht auf Kameraden, hielt ihm ein Sergeant-Major den Revolver vor die Stirn, da zog er ab.

[451-452] 1915[?]. Sèvre. Französische Behörden:
      Bei Sèvre, 8. 6. 1918[?], wurden 20 Mann deutscher Gefangener gezwungen, mit den französischen Sturmkolonnen gegen die deutschen Linien vorzugehen, wobei 8 Gefangene fielen.

1917. Fme. Malmaison. Französische Behörden:
      Bei Fme. Malmaison wurde Oktober 1917 der Assistenz-Arzt A. unter Todesandrohung genötigt, im vordersten Graben eine deutsche Besatzung zur Uebergabe zu veranlassen.

1918. Peronne. Englische Behörden:
      Australier zwangen am 1. 9. 18 den bei Peronne gefangengenommenen Leutnant M. unter Bedrohung mit dem Revolver, in die Kampflinie zu kommen und die Maschinengewehre zu verraten. Bei seiner Weigerung wurde er ein Stück nach vorn geschleift.

1914. Belgien. Entente:
      Ein Gefangener mußte sogar bereits Oktober 1914 in der Gegend von Merkem 4 mal im Flugzeug mitfliegen, um im Feuer über die deutsche Lage zu unterrichten. Bei diesen Flügen wurden Bomben abgeworfen.

1914/1918 Deutsch-Ostafrika. Engländer:
      Im Kolonialgebiet mißbrauchten die Ententemächte entgegen dem Artikel 52 der Landkriegsordnung die schwarze Bevölkerung als Träger, ja sogar als Kämpfer gegen ihre rechtmäßigen deutschen Herren. Mit welcher Brutalität hier an den Negervölkern gesündigt worden ist, erhellt allein daraus, daß der Trägerverbrauch der in Ostafrika operierenden Ententetruppen auf 30 000 tote Träger im Monat geschätzt wird. Die ungezählten, für Lebenszeit verseuchten, zu Krüppeln gewordenen Träger sind in dieser Zahl nicht einbegriffen. Einen großen Teil dieser Trägermassen haben die Stämme Deutsch-Ostafrikas stellen müssen.

Schließlich darf noch darauf hingewiesen werden, daß England sogar die indische Bevölkerung gegen deren Willen zum militärischen Arbeitsdienst in Europa zwang. (Siehe Uebersicht VII, Abschnitt A 3.)

A 4.
Gleichgeartete von den Truppen der Entente begangene Vergehen.
Nach dem Waffenstillstand.

Deutsche Kriegsgefangene wurden nach dem Waffenstillstand von den englischen Behörden häufig zum Ausgraben von Blindgängern verwendet.

1. 3. 19 Quatrecht. Englische Behörden:
      Am 1. 3. 19 kamen 14 deutsche Kriegsgefangene bei Quatrecht bei einer Munitionssprengung um.

Deutscherseits wurde im Februar 1919 in einer Note gegen diese Beschäftigung von Kriegsgefangenen Protest erhoben. Seitens der englischen Waffenstillstandskommission wurde hierauf trotz der zahlreichen von ihr zugegebenen Todesfälle und Verwundungen erklärt, daß von der Verwendung der Kriegsgefangenen zu diesen Arbeiten kein Abstand genommen werden könne, da auch englische Arbeitsabteilungen dazu herangezogen würden.

Durch Artikel 4, Absatz 3 der Haager Landkriegsordnung wird den feindlichen Regierungen eine menschliche Behandlung der Kriegsgefangenen zur Pflicht gemacht.
      Die englische Waffenstillstandskommission wurde ersucht, alle denkbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Wiederholung von Unfällen zu vermeiden, da andernfalls die schwere Gefährdung des Lebens und der Gesundheit deutscher Kriegsgefangener eine Verletzung des Völkerrechts und der geschlossenen internationalen Verträge bedeuten würde.

1919. St. Loubes. Amerikanische Truppen:
      Auch seitens der Amerikaner wurden die Gefangenen teilweise zu den gefährlichsten Arbeiten herangezogen, ohne daß die notwendigen Schutzmaßnahmen getroffen wurden. So wurde Juli 1919 eine Gruppe von Mannschaften der 98. Gefangenenarbeitskompagnie im Lager von St. Loubes mit dem Verbrennen von Pulver und Schießbaumwolle beschäftigt. Die Vorkehrungen zum Schutze der Mannschaften gegen Explosionsgefahren waren nicht ausreichend, denn als tatsächlich eine größere Quantität der Explosivstoffe in Brand geriet, wurden die bei der gefährlichen Arbeit beschäftigten Gefangenen durch Stichflammen furchtbar verbrannt. 26 von den Unglücklichen sind gestorben, und kaum 3 bis 4 dürften mit dem Leben davongekommen sein. Als die 98. Kompagnie später von der 101. Gefangenenkompagnie abgelöst wurde, weigerten sich die Leute erklärlicherweise, diese gefährliche Arbeit zu verrichten. Sie wurden dafür zunächst bei Wasser und Brot eingesperrt und als sie sich dennoch weigerten, zur Arbeit zu gehen, erhielten sie nichts zu essen. Drei Tage hindurch wurde ihnen tatsächlich die Nahrung entzogen. Dann
[453-454] erhielten die Gefangenen wieder 450 g Brot für den Tag, aber es wurde ihnen gedroht, daß sie wegen Meuterei bestraft werden würden, falls sie weiterhin die Arbeit verweigerten. Schließlich gaben die Gefangenen, durch Hunger gezwungen, ihren Widerstand auf, und nun wurden die entkräfteten Leute gezwungen, beim Verladen von Munition die schwersten Anstrengungen auf sich zu nehmen. Jeder von ihnen hatte mindestens 100 Zentner täglich zu verladen.
      Bei der 100. Gefangenenkompagnie zogen sich die Leute beim Verladen von Gasflaschen schwere Gasvergiftungen zu, denen 4 oder 5 Mann erlagen. Als daraufhin Angehörige benachbarter Kompagnien sich weigerten, die gefährliche Arbeit zu verrichten, wurden sie gleichfalls durch Hunger zur Wiederaufnahme der Arbeit gezwungen.

6. 5. 19 Groenendael. Belgische Behörden:
      Am 6. 5. 19 flog das Munitionslager zu Groenendael in die Luft, die Kriegsgefangenen mußten die durch die Explosion in die Erde getriebenen Geschosse und Geschoßteile ausgraben und von neuem aufstapeln. Diese Arbeit ist deshalb sehr gefährlich, weil die explodierten Geschosse die anderen Geschoßteile mit ihrem Gase überzogen haben. Werden solche Teile angefaßt, so entstehen Verbrennungen an der Haut, die sich über den ganzen Körper verbreiten. Viele Kriegsgefangene haben infolge dieser Arbeiten schwere Brandblasen davongetragen, einige sind auch gestorben. In der Zeit vom Januar bis Oktober 1919 haben sich von den Gefangenen des Lagers 30 schwere Verbrennungen zugezogen. Im September sind zwei infolge Explosion einer Mine getötet.
      Infolge dieser Vorkommnisse weigerten sich die Gefangenen, die Munitionsarbeiten fortzuführen. Sie wurden infolgedessen von dem Premiersergeanten mit der Peitsche geschlagen, mit Füßen getreten und mit dem Revolver bedroht.

November 1918 an verschiedenen Orten. Belgische Gendarmen und belgische Behörden:
      Den Sanitätsmannschaften wurden von den Belgiern die Ausweise und die Rotekreuzbinden abgenommen; sie wurden dann zu anderen als zu Sanitätsarbeiten gezwungen.

Ende Oktober 1918 bis Juli 1919 Calais. Lagerkommandant und belgischer Sergeant:
      Sanitätsmannschaften bis einschließlich Sanitätsunteroffiziere wurden zu schwerer Arbeit unter Strafandrohung und Stockschlägen gezwungen.

1919 Lager 251. Englische Behörden:
      Die in englischer Gewalt im 251. Gefangenlager in Frankreich befindlichen deutschen Krankenträger wurden, obwohl sie im Besitz eines Ausweises sind, zu schweren und schwersten Arbeiten herangezogen, z. B. zum Beladen von Schiffen mit Kohle.

1919 Battishall. Englische Behörden:
      Der Krankenträger M. K., 10. Komp., I.-R. 68, im Gefangenlager Battishall Toweester Kut 900, mußte wie ein Kriegsgefangener auf Stundenlohn arbeiten, obwohl er der englischen Regierung ausdrücklich als Angehöriger des Sanitätspersonals bezeichnet war.

1919 Laon. Französische Behörden:
      Der seit dem 20. 8. 18 in französischer Gewalt befindliche Sanitätsunteroffizier A. B. (4. Komp., R.-I.-Regt. 24) wurde in der Cie P. G. R. L. 241 Laon mit Munitionsarbeiten entgegen Artikel 9 und 12 des Genfer Abkommens beschäftigt. Auf die deutsche Protestnote war bis 1. 9. 19 keinerlei Antwort erfolgt.

1919. Brocton. Englische Behörden:
      Der Krankenträger A. W., 9. Kompagnie, Reserve-Infanterie-Regiments 104, wurde zu landwirtschaftlichen Arbeiten vom Lager Brocton aus nach Rippingate-Fen bei Bourne in Lincolnshire kommandiert. Die gemäß Artikel 13 des Genfer Abkommens ihm zustehende Sanitätslöhnung wird ihm vorenthalten.
      Er bleibt auch 1919 noch in Gefangenschaft, obwohl die deutsche Regierung im August 17, Dezember 17 und August 18 seine Auslieferung beantragt hatte.

Diese einzelnen Beispiele genügen bereits, um nachzuweisen, daß die englischen, französischen und belgischen Behörden auch nach dem Waffenstillstand das kriegsgefangene Sanitätspersonal zu unzulässigen Arbeiten herangezogen und damit sich einen schweren Verstoß gegen das Genfer Abkommen haben zuschulden kommen lassen.






Die Wahrheit über die deutschen Kriegsverbrechen:
Die Anklagen der Verbandsmächte
in Gegenüberstellung zu ihren eigenen Taten.

Otto v. Stülpnagel