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[455-456]
XXIII. Mißbrauch der Weißen Flagge.

("Rapport", Uebersicht 32.)

Der "Rapport" ist nicht in der Lage, dem deutschen Heere den Mißbrauch der weißen Flagge nachzuweisen, ein Zeichen, wie sehr sich das deutsche Heer bemühte, die völkerrechtlichen Abmachungen streng zu achten.

Die Fälle, die den verbündeten österreichischen Truppen vorgeworfen werden, können deutscherseits in der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit nicht nachgeprüft werden.

Was aber nach gewiesen werden kann, ist, daß der Mißbrauch der weißen Flagge seitens der französischen Armee nicht nur im Kriege 1870/71 gang und gäbe war, sondern daß dieser nichtswürdige, gegen jedes Recht verstoßende Brauch auch im Weltkriege seitens der Ententetruppen fortgesetzt wurde, daß England sogar nach Abschluß des Waffenstillstandes die weiße Flagge nicht geachtet hat.

Bei dieser Sachlage springen die einseitigen, das Recht völlig verdrehenden Absichten der Entente, die der "Rapport'' zum Ausdruck bringt, auch dem Urteilslosesten deutlich in die Augen. Es ist klar, daß alle diese mit Mühe und Not zusammengefundenen Beispiele des "Rapports" lediglich den Zweck verfolgen,

die durch nichts gerechtfertigten Grausamkeiten und Härten des Friedensvertrages zu decken.

Bismarck schrieb in seiner Note vom 9. Januar 1871 an die französische Regierung:

"Es kann nicht befremden, daß Machthaber, welche für Gesetz und Vertrag so wenig Achtung haben, noch weniger Anstand nehmen, sich von der Sitte der heutigen Völker loszusagen und zu Verfahrungsweisen längst vergangener Kulturperioden zurückkehren, ja Dinge billigen, die in allen Zeiten und bei allen Völkern, welche irgend einen, wenn auch noch so eigentümlichen Begriff von Ehre haben, für besonders schimpflich gehalten worden sind.
      Wenn wir Deutsche dieser Erscheinung gegenüber zur Handhabung des Kriegsrechts in einer Strenge genötigt sind, welche wir bedauern und welche weder in dem deutschen Volkscharakter, noch nach Ausweis der Kriege 1864 und 1866 in unserer Tradition liegt, fällt die [457-458] Verantwortung dafür auf die Personen, welche ohne Beruf und ohne Berechtigung die Fortsetzung des Napoleonischen Krieges gegen Deutschland unter Lossagung von den Traditionen europäischer Kriegführung übernommen haben."

Diesen Schandfleck französischer Kriegführung scheint Herr Clémenceau völlig vergessen zu haben, und wenn er jetzt, in seiner Antwort auf die die Heimschaffung der deutschen Kriegsgefangenen fordernde Note vom 27. November 1919 sich erdreistet, zu schreiben:
      "Solange das deutsche Gewissen nicht, wie die ganze Welt, begreift, daß das Unrecht wieder gutgemacht werden muß und die Verbrecher ihre Strafe finden müssen, darf Deutschland nicht erwarten, daß es in die Gemeinschaft der Völker wieder eintreten, noch bei den Alliierten Verzeihung für seine Vergehen und Milderung der gerechten Friedensbedingungen erlangen werde",
      so werden wir Deutsche diese Worte in der klaren Erinnerung an die französische Kriegführung aller Zeiten kühlen Blutes als das auffassen, was sie in Wirklichkeit sind, als den Ausdruck unerhörter, mannesunwürdiger Heuchelei!

[459-460]
Anlage zu XXIII

A 1.
Deutschen Truppen vorgeworfene Vergehen.

15. 6. 15 italienische Front. Oesterreichische Truppen:
      Obwohl die weiße Flagge auf einer österreichischen Redoute gehißt war, wurde auf die vorgehenden italienischen Alpenjäger starkes Maschinengewehrfeuer gerichtet.

16. 6. 15 italienische Front. Oesterreichische Truppen:
      An einer anderen Stelle wurde dasselbe Mittel angewandt, um die Italiener auf ein Minenfeld zu locken.

A 2.
Gleichgeartete von den Truppen der Entente begangene Vergehen.
Vor dem Weltkriege.

1871. Französische Truppen:
      Deutsche Note an die französische Regierung vom 9. 1. 1871:
      "Unter Umständen, welche die Annahme eines Zufalls oder eines Irrtums auf Seiten der französischen Truppen völlig ausschließen, ist auf Parlamentäre, welche eine weiße Fahne und einen blasenden Trompeter mit sich hatten, bei 21 Gelegenheiten geschossen worden. (Diese 21 Gelegenheiten werden in einer Anlage der Note unter Angabe von Ort, Datum und Namen der Parlamentäre angeführt.) Teils mit Granaten, zuweilen von einzelnen Schützen, zuweilen in Salven. Einige Trompeter sind dabei getötet, Fahnenträger verwundet worden. Die gerichtlichen Protokolle, durch welche diese Fälle konstatiert sind, liegen mir vor..."

Einzelne Beispiele dieser Anlage seien aufgeführt: Auf nachstehende Parlamentäre wurde geschossen:

19. 8. 1870 vor Metz. Französische Truppen:
      Oberstleutnant v. Verdy und Hauptmann v. Winterfeld, wobei der Trompeter verwundet wurde.

24. 8. 1870 vor Verdun:
      Premier-Leutnant v. Schimpf, wobei der Trompeter getötet wurde.

30. 9. 1870 vor Montmedy:
      Premier-Leutnant v. Jagow, wobei der Trompeter getötet wurde.

1. 10. 1870 vor Paris:
      Leutnant v. Rissing, wobei der Fahnenträger verwundet wurde.

4. 12. 1870 Péronne:
      Die Parlamentäre Rittmeister Jouanne, Leutnant Liegniez, ein Trompeter wurden gefangen genommen.

A 3.
Gleichgeartete von den Truppen der Entente begangene Vergehen.
Während des Weltkrieges.

22. 10. 14 Violaine. Englische Truppen:
      Bei Violaine zeigte ein voll besetzter englischer Schützengraben die weiße Flagge. Als die Deutschen sich, ohne zu schießen, dem Graben auf 50 m genähert hatten, wurden sie aus dem Graben mit heftigem Gewehrfeuer beschossen.

23. 10. 14 Polygonwald. Englische Truppen:
      Weiße Flaggen, weiße Tücher, am Gewehr befestigt, wurden aus englischem Graben gehalten. Oberleutnant G. gab Befehl, Feuer einzustellen, auch Artillerie stellte Feuer ein. 3 Engländer kamen auch aus dem Graben. Unterdessen erhielten Engländer Verstärkungen. Nachdem diese angekommen, eröffneten die Engländer wieder das Feuer.

7. 11. 14 Petrikau. Russische Truppen,
17. 1. 15 Laszewo. Russische Truppen:
      Auch die Russen machten vielfach von dieser verbotenen Kriegslist Gebrauch. So am 7. 11. 14 in Petrikau, am 17. 1. 15 bei Laszewo.
      Sie benutzten weiße Flaggen, die auf der Rückseite gelbrot waren – das Zeichen für Sperrfeuer –, so daß die ahnungslos vorgehenden Truppen in das Sperrfeuer hineinliefen.

In das gleiche Gebiet schlägt die Verwendung neutraler Flaggen durch englische und französische bewaffnete [461-462] Handelsschiffe. Unter dem Schutz dieser Flaggen wurden die deutschen Unterseeboote angelockt und dann hinterlistig unter Feuer genommen.

24. 9. 15 Scilly-Inseln. Englische Flotte:
      So wurde "U 41" bei den Scilly-Inseln von einem englischen Dampfer unter amerikanischer Flagge in den Grund gebohrt.

19. 8. 15 70 Meilen südlich Queenstown. Englische Flotte:
      Ebenso ein deutsches U-Boot durch den englischen Hilfskreuzer "Baralong", der die amerikanische Flagge und amerikanische Neutralitätsabzeichen trug.

Ein Vergehen gleicher Art, das die Ententetruppen sich gleichfalls häufig zuschulden kommen ließen, war die Anwendung verbotener Kriegslisten.
      Um die Deutschen zu täuschen, wandten die Feinde z. B. häufig die List an, deutsche Uniformstücke zu tragen, um so geschützt, Schanzarbeiten vorzunehmen und Maschinengewehre in Stellung zu bringen.
      Angreifende Engländer trugen deutsche Helme und Tornister und riefen den Deutschen, die sich verteidigen wollten, zu: "Kamerad! Nicht schießen, 8/56."

10.–14. 3. 15 Schlacht bei Neuve Chapelle, April/Mai 1915 La Bassée. Englische Soldaten:
      Engländer trugen deutsche Uniformen, Mäntel, Waffenröcke, Helme, Feldmützen und Tornister.

12. 3. 15 Neuve Chapelle. Engländer:
      Engländer versuchten Maschinengewehr unter Bedienungsmannschaft in deutschen Uniformen vorzubringen und schossen später aus ihm auf deutsche Stellung.

A 4.
Gleichgeartete von den Truppen der Entente begangene Vergehen.
Nach dem Waffenstillstand.

Scapa Flow. Englische Behörden:
      Torpedoboot "B 98" kam am Tage der Versenkung der internierten deutschen Flotte nach Scapa Flow.
      Es führte Post und Lebensmittel im Werte von ¼ Million Mark mit sich.
      Trotzdem das Schiff durch die Parlamentärflagge gedeckt und seine Sicherheit durch bindende Abmachungen gewährleistet worden war, lockten es die Engländer in den Hafen, um es dort mit Waffengewalt zu nehmen.






Die Wahrheit über die deutschen Kriegsverbrechen:
Die Anklagen der Verbandsmächte
in Gegenüberstellung zu ihren eigenen Taten.

Otto v. Stülpnagel