Bd. 3: Der deutsche Landkrieg, Dritter Teil:
Vom Winter 1916/17 bis zum Kriegsende
Kapitel 3: Die Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht von
Bayern
im Jahre 1917 (Forts.)
Generalmajor Rudolf v. Borries
11. Die Cambraischlachten.
Hierzu Skizze 5
(S. 147).
Die Vorbereitungen der Engländer für den Stoß auf Cambrai
wurden mit größter Heimlichkeit betrieben. Man nahm sich die
deutsche Operation gegen Riga im September 1917 zum Vorbild, die durch
Überraschung große Erfolge erzielt hatte. Alle Mittel wurden
angewendet, die Ort und Zeit des Stoßes, auch unter den eigenen Truppen,
möglichst lange unklar zu erhalten versprachen; den Deutschen wurde mit
Bewußtsein nichts von Verstärkungen, von neuen Batterien, Lagern
und Zufuhrstraßen gezeigt. Die Cambraifront war gewählt worden,
weil in dieser Gegend die Kampfbetätigung seit Monaten keine Steigerung
erfahren hatte, und weil man wußte, daß hier in der Regel
abgekämpfte deutsche Divisionen standen.
Das Hauptmittel der Geheimhaltung war der Verzicht auf jede ausgiebige
Artillerievorbereitung. An ihre Stelle traten die Tanks, die zum erstenmal in
großen Massen zur Einleitung und Ermöglichung des Sturmes
eingesetzt werden sollten. Sie hatten die Hindernisse niederzuwalzen und der eng
an sie angeschlossenen Infanterie den Weg zu öffnen. Erst nach Beginn des
Sturmes durfte sich ein Teil der Batterien gegen die deutsche Artillerie wenden,
um sie niederzuhalten; ein anderer Teil hatte die Feuerwalze zum Schutz der
Sturminfanterie zu bilden, nachdem die Tanks ihre Aufgaben erfüllt hatten.
Hinter der Infanterie sollte starke Kavallerie bereit sein, um durch die
gebrochenen Breschen durchzustoßen und den Einbruch zum Durchbruch
zu machen.
Dieses Programm war die Verleugnung der bisherigen Angriffsart der Entente, die
ihre Ziele durch Massierung der Feuermaschinen mit ihren kolossalen Wirkungen
zu erreichen versuchte. Ohne Maschinen aber glaubte man des Erfolges nicht
sicher zu sein und massierte daher jetzt die Tanks. Das Mittel der Geheimhaltung
allein, das deutschen Angriffen zum Siege verholfen hatte, genügte der
Entente nicht.
Die Vorbereitungen leitete General Byng, Führer der 3. Armee, der die
Angriffsfront zwischen die Orte Moeuvres und Banteux legte, um den Wald
südlich Havrincourt zum Aufbau seiner Verstärkungen nutzen zu
können. Nach dem großen Kräfteverbrauch in der
Flandernschlacht konnte ihm nur eine beschränkte Zahl von Divisionen zur
Verfügung gestellt werden. Er nahm für [147] die Angriffsbreite von
10 km sieben Divisionen in die vordere Linie, denen fünf
Kavallerie-Divisionen folgen sollten. Dazu traten 360 Tanks, während 1000
Geschütze, davon 300 schwere, zur Feuerunterstützung bereit waren.
Drei englische Divisionen standen bei Bapaume zum Nachziehen gerüstet,
während die erst spät benachrichtigten Franzosen zwei
Infanterie- und zwei Kavallerie-Divisionen schleunigst bei Péronne
versammelten, die die Verfolgung übernehmen sollten.
Im Befehl wurde als Zweck des Angriffs bezeichnet:
"Der allgemeine Operationsplan ist,
durch die feindliche Hindenburglinie zwischen Gonnelieu und Havrincourt auf
einer Frontbreite von zwei Korps mit Hilfe von Tanks durchzubrechen und durch
das Verteidigungssystem einen Weg [148] zu öffnen, durch
den Kavallerie hindurch kann, um den von der Infanterie erzielten Erfolg
ausnutzen zu können."
In der bedrohten Frontstrecke stand die Gruppe Caudry der 2. Armee, die vom
Kommandierenden General des XIII. Armeekorps, General Frhrn.
v. Watter, befehligt wurde. Sie hatte von Moeuvres bis Bellicourt vier
Divisionen in vorderer Linie, die sämtlich in der Flandernschlacht gewesen
waren. Auf dem rechten Flügel, gegen den sich der Stoß richtete,
standen ein Teil der 20. Landwehr-Division (General Frhr. v. Hanstein) von
Moeuvres bis nördlich Havrincourt in einer Ausdehnung von 7 km
und die 54. Infanterie-Division (General Frhr. v. Watter) bis nördlich
Villers Plouich in einer Ausdehnung von 6 km; dann folgte die 9.
Reservedivision (General Hildemann) über Banteux bis Honnecourt. Die
linke Flügeldivision, die 183., blieb an den Hauptkämpfen
unbeteiligt. An Reserven hatte die Gruppe Caudry nur die 107.
Infanterie-Division, die gerade aus dem Osten eingetroffen war. Die deutsche
Stellung durchschnitt nördlich Havrincourt flaches Land mit
mäßigen Erhebungen, von denen die Höhen um Bourlon am
bedeutendsten sind; südlich davon ist das Gelände stärker
bewegt. Der Wald südlich Havrincourt ragte mit der Nordwestspitze in die
deutschen Linien hinein. Die Stadt Cambrai lag von Havrincourt aus 13 km
hinter der Front.
[147]
Skizze 5: Gelände der Cambraischlachten.
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Der Umstand, daß die Engländer nach Italien nur geringe
Kräfte abgegeben hatten, hielt nach dem Abflauen der Flandernschlacht auf
deutscher Seite die Besorgnis vor neuen Angriffen an neuen Stellen wach. Die 2.
Armee sah die Gegend von Riencourt bei der Gruppe Arras und von Havrincourt
bei der Gruppe Caudry für gefährdet an; diese besonders deshalb,
weil im Walde südlich Havrincourt viele neue Batterien erkannt waren,
starker Verkehr festgestellt wurde und englische Gefangene am 18. November
von bevorstehenden Angriffen und vom Vorhandensein einiger Tanks berichteten.
Völlig dicht war also die englische Verhüllung nicht geblieben. Die
Feststellungen kamen aber zu spät, als daß der Schlag am 20.
November nicht doch zur Überraschung geworden wäre.
Am 19. November abends war das englische Feuer sehr lebhaft auf Riencourt und
Quéant bei der Gruppe Arras und auf Vendhuille und die Höhen
südlich davon bei der Gruppe Caudry; die dazwischen liegende
Einbruchsfront wurde weniger betroffen. Einzelne Schüsse aus dem Walde
von Havrincourt machten den Eindruck des Einschießens und
bestärkten den Glauben an die Möglichkeit örtlicher Angriffe.
Man sah ihnen mit Ruhe entgegen, da die breiten Hindernisse des Siegfriedbaues
unverletzt waren.
Am 20. November, 7 Uhr morgens, ergoß sich plötzlich heftiges
Feuer auf die deutschen Stellungen bei Riencourt, beiderseits Havrincourt und auf
die Höhen südlich Vendhuille. Dem kurzen Artillerieschlage folgte
der Stoß, der mit der Hauptwucht die Linie
Moeuvres - Banteux erfaßte, während es sich bei
Riencourt und Vendhuille nur um Nebenangriffe handelte. Bei Riencourt [149] gelang es dem Feinde,
sich in einem Nest festzusetzen und zu halten, südlich Vendhuille wurde er
abgewiesen. Gegen die Front Moeuvres - Banteux rollte mit 30 bis
50 Schritt Zwischenräumen eine unübersehbare Linie von Tanks an,
der eine zweite Welle und starke Infanterie folgten. Unter dem Gewicht der
Stahlmassen knickten die Hindernisse wie Grashalme zusammen; die
stürmenden Engländer überrannten die schwachen und
überraschten deutschen Verteidiger, kamen in der Richtung auf Cambrai
über die erste deutsche Stellung hinaus und machten die Lage so kritisch,
daß bereits englische Kavallerie durchstieß und sich den
Vorstädten von Cambrai näherte. Die Engländer hatten sich
ihre Ziele anscheinend weit gesteckt; nachdem sie nach vorwärts Raum
gewonnen hatten, zogen sie auch ihre Artillerie nach.
In die klaffenden Lücken wurden von der Gruppe Caudry Truppen der 107.
Infanterie-Division hineingeworfen; ihnen gelang es, zusammen mit den
zersprengten Teilen der Frontbesatzungen, bis zum Abend eine neue Front hinter
der durchbrochenen Stellung zu bilden, die von Moeuvres über Anneur,
Cantaing, Noyelles, Rumilly nach Crèvecoeur und von dort am
Schelde-Kanal nach Banteux verlief. Hervorragende Verdienste um die Hemmung
des Feindes hatte eine deutsche Batterie bei Flesquières, die etwa zehn
Tanks zur Strecke brachte und tatkräftig wirkte, bis als letzter
Kämpfer ihr Führer fiel. Später leisteten Flugabwehrkanonen
Vortreffliches in der Bekämpfung der Panzerwagen.
Bei den schwachen deutschen Verteidigungsmitteln war es im wesentlichen aber
doch das schon bekannte englische Ungeschick, die günstige Lage taktisch
auszunutzen, durch das ein stärkeres Unheil verhütet wurde. Die 20.
Landwehr-Division war nur noch mit einem Drittel gefechtsfähig, die 54.
Infanterie-Division fast völlig zertrümmert; von der 9.
Reserve-Division hatte der rechte Flügel stark gelitten. Auch die 107.
Infanterie-Division war sehr mitgenommen. Es war ein Glück, daß
die Engländer in der Nacht zum 21. November ruhig blieben. Am Morgen
dieses Tages waren die Verhältnisse noch immer höchst
gefährlich, weil der rechte Flügel der neuen Linie nur durch wenige
Batterien gestützt werden konnte und die lose Zusammensetzung der vorn
fechtenden Verbände keinen nachhaltigen Widerstand
gewährleistete. Schon aber rollte von der 4. und der 7. Armee je eine
Verstärkungs-Division heran, und eine dritte, bisher Heeresgruppenreserve,
schob sich nach Cambrai vor. Auch ein umfassender Gegenangriff wurde bereits
erwogen.
Die Engländer erneuerten erst am 21. November mittags ihre Angriffe. Bei
Riencourt und südlich Vendhuille wurden sie abgewiesen;
südwestlich Cambrai aber glückte es ihnen, durch neuen
Masseneinsatz von Tanks die deutsche Linie noch weiter
zurückzudrücken, so daß sie nunmehr von Moeuvres
über den Südrand des Waldes von Bourlon und den Nordrand von
Fontaine-N. D. auf Noyelles verlief. Immer noch war die Lage bedenklich,
wenn auch neue [150] Verstärkungen
eingeschoben und abgekämpfte Teile abgelöst werden konnten. Die
Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht gab mittags an die 2. Armee den Befehl, die
verlorengegangenen Stellungen wiederzunehmen und die vorhandenen oder noch
heranzuführenden frischen Kräfte dazu von Norden und Osten
flankierend gegen den vorgedrungenen Feind einzusetzen. Gleichzeitig ward die
4. Armee angewiesen, von der entspannten Flandernfront Kräfte an die 6.
und 2. Armee abzugeben, damit ähnliche Schläge, wie der des 20.
November, zukünftig verhütet würden.
Um die Führung zu erleichtern, wurde auf dem rechten Flügel der
Gruppe Arras die Gruppe Lewarden (Generalkommando XVIII. Armeekorps;
General Albrecht), auf dem linken Flügel der Gruppe Caudry die Gruppe
Busigny (Generalkommando XXIII. Reservekorps; General v. Kathen) neu
eingeschoben. Auf der Einbruchsfront wurde am 22. November von früh
bis spät gekämpft. Die englischen Stöße richteten sich
hauptsächlich gegen die Front
Moeuvres - Bourlon - Fontaine-N. D. Insbesondere
schien die Eroberung der Höhen und des Waldes von Bourlon geplant zu
sein. Nur bei Moeuvres hatte der Feind geringe Erfolge, dagegen verlor er durch
deutschen Angriff das Dorf Fontaine-N. D. Auf Rumilly,
Crèvecoeur und Banteux setzten die Engländer nur
schwächere Kräfte an, die mühelos abgeschlagen wurden.
In den nächsten Tagen spitzten sich die Kämpfe mehr und mehr zum
Ringen um Bourlon zu, während die Engländer gleichzeitig
nördlich Moeuvres bei Inchy en Artois eine neue Einbruchsstelle zu
schaffen versuchten. Bei Bourlon wechselten Geländegewinne mit
erfolgreichen deutschen Gegenstößen, so daß im allgemeinen
der Besitzstand bis zum 26. November unverändert blieb. Am 27.
November stürmte der Feind Bourlon und noch einmal
Fontaine-N. D, vermochte sie aber gegen den offensiven deutschen
Widerstand nicht zu halten; dagegen verlieb ihm der größte Teil des
Bourlon-Waldes. Am 28. und 29. November kämpften hauptsächlich
die beiderseitigen Artillerien, wobei die deutschen Batterien dem Gegner den
Aufenthalt im Bourlon-Walde mit Gas zu verleiden suchten. Am 29. November
erfolgte noch ein schwächerer englischer Stoß östlich
Moeuvres, der abgewiesen wurde.
[142a]
Cambraischlacht. Im Angriff zerschossener englischer Tank.
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Die Tanks hatten bereits ihre Bedeutung eingebüßt; die deutsche
Artillerie verstand sie zu fassen und schoß sie in großer Menge
zusammen oder nötigte sie zur Umkehr. Am Abend des 23. November
lagen vor einem Wäldchen bei Cantaing allein über 30 zerschossene
Panzerwagen. Auch die Infanterie ging mit Handgranaten an sie heran.
Die Engländer waren schon nach wenigen Tagen nicht mehr im Zweifel,
daß ihnen bei Cambrai keine weiteren Erfolge beschieden sein
würden, nachdem sie versäumt hatten, ihre Reserven rechtzeitig
vorzuziehen. Wieder blieb eine aussichtsvoll erscheinende Gelegenheit zum
Durchbruch ungenutzt. Das [151] französische
Hilfskorps bei Péronne wurde entlassen. Dafür begann man die
Stadt Cambrai zu beschießen, nachdem sie dem überraschenden
Zugriff entgangen war.
Inzwischen waren die deutschen Pläne zum umfassenden Gegenangriff zur
Reife gediehen. Seit dem 20. November hatten die Bahnen ununterbrochen
Divisionen, schwere Batterien, Munitionskolonnen und
Flieger-Abteilungen an die Einbruchsstelle herangeführt, wie es schien,
ohne daß es den Engländern bemerkbar geworden wäre. Am
29. November waren die Kräfte aufgebaut, die den Schlag führen
sollten. Der auf Cambrai vorgetriebene Keil bedeutete eine dauernde Gefahr
für die deutsche Front nordwestlich Moeuvres; deshalb wollte man ihn von
zwei Seiten packen und aus dem deutschen Gebiet zurückdrücken.
Beteiligt waren an dem Angriff die Gruppen Arras, Caudry und Busigny der 2.
Armee.
Gruppe Arras sollte aus der Linie Moeuvres - Fontaine-N. D. mit 4 Divisionen
westlich des vergasten Waldes von Bourlon, mit 1 Division östlich von ihm
nach Süden angreifen, Gruppe Caudry mit 4 Divisionen über
Noyelles, Masnières, Crèvecoeur und Banteux in
südwestlicher und westlicher Richtung auf Metz en Couture
vorstoßen, Gruppe Busigny beiderseits von Honnecourt mit 2 Divisionen
die Richtung auf Fins einschlagen und die linke Flanke des Unternehmens
schützen. Der Stoß nach Westen und Südwesten sollte zuerst
erfolgen, der nach Süden erst dann, wenn sich der Druck nach Westen
fühlbar machte. In zweiter Linie folgten nur geringe
Reserven - 3 Divisionen; überhaupt war es die große
Schwierigkeit der Operation, mit beschränkten Mitteln in noch nicht
abgeschlossener und beruhigter Lage den Vergeltungsschlag zu führen.
Längeres Hinausschieben war aber unmöglich, da der Feind sich
zusehends verstärkte; auch die Ausladung von Kolonnen und
Sonderformationen sowie eines Teils der Munition durfte nicht mehr abgewartet
werden.
Am 30. November begannen die deutschen Batterien um 8 Uhr morgens ihr
kurzes Vorbereitungsfeuer, um 8 Uhr 50 Minuten morgens stürmte die
Infanterie aus der Front von Rumilly bis Vendhuille mit dem Hauptdruck auf
Gouzeaucourt, nahm Gonnelieu und Villers Guislains, kämpfte um
Gouzeaucourt, wo starke Gegenangriffe erfolgten, und setzte sich auf den
Höhen östlich La Vacquerie und westlich Vendhuille fest.
Mittags stürmte sie von Norden und drängte den Feind, indem sie
den Bourlon-Wald abschloß, gegen die Straße
Cambrai - Bapaume zurück. Nachdem noch am Abend ein
englischer Stoß mit Tanks und Kavallerie bei Gonnelieu abgeschlagen war,
verlief die vorderste deutsche Linie wie folgt: Straße
Cambrai - Bapaume von südlich Moeuvres bis östlich
des Bourlon-Waldes, Nordostteil von Cantaing,
Nord- und Ostrand von Masnières, östlich La Vacquerie,
westlich Gonnelieu, Villers Guislains und Vendhuille. 140 englische Offiziere
und 4000 Mann wurden als Gefangene eingebracht, zahlreiche Geschütze
genommen.
[152] Nächtliche
Versuche des Feindes, aus dem Bourlon-Walde zu entkommen, wurden
vereitelt.
Der 1. Dezember brachte stärkste englische Gegenangriffe, die offensiv
abgewehrt wurden. Das Gelände südöstlich Moeuvres,
Masnières, Gouzeaucourt, Villers Guislains und die Höhen
westlich Vendhuille waren die Brennpunkte erbitterter Kämpfe, in die von
Epéhy indische Kavallerie einzugreifen suchte. Die deutsche Front
änderte sich nur insofern, als es gelang, dem auf Marcoinq weichenden
Feinde Masnières zu entreißen, das am Morgen des 2. Dezember
fest in deutscher Hand war.
An diesem Tage suchte der Feind den im Bourlon-Walde eingeschlossenen Teilen
durch Stoß gegen die Höhe südwestlich des Dorfes Bourlon zu
helfen. Sein Mühen blieb vergeblich. Auf Marcoinq wurden deutscherseits
Fortschritte gemacht und der größte Teil von La Vacquerie
genommen. Am 3. und 4. Dezember ward wiederum hauptsächlich bei
Marcoinq und um La Vacquerie gerungen, bis dies Dorf ganz in deutsche
Hand fiel. Endlich brachte der 5. Dezember den Lohn für die
Anstrengungen. In frischem Anlauf gewannen die Deutschen südlich
Moeuvres Gelände; diesem Drucke weichend, räumte der Feind den
Bourlon-Wald, Anneux, Graincourt, Cantaing, Noyelles und am 6. Dezember
Marcoinq. So konnte die zweite Cambraischlacht mit einem
Geländegewinn von 10 km Breite und 4 km Tiefe
abgeschlossen werden. Mehr als die Hälfte des verlorenen Gebietes war
zurückerobert, neues Gelände im Süden dazu gewonnen. Die
neue deutsche Linie lief von südwestlich Moeuvres nördlich und
östlich an Flesquières vorbei, Marcoinq, La Vacquerie,
Gonnelieu und Villers Guislains umfassend, nach Vendhuille.
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Die Beute betrug mehr als 9000 Gefangene, 148 Geschütze, 716
Maschinengewehre und über 100 Tanks. Aus der ersten Cambraischlacht
rechnete sich der Feind 12 000 deutsche Gefangene und 136
Geschütze als Siegestrophäen zu. Die blutigen Verluste waren auf
beiden Seiten hoch.
Die Cambraischlachten waren für die deutsche Führung wichtige
Ereignisse. Die Überraschung als Vorbedingung des Erfolges, die schon
längst zum Rüstzeug der deutschen Kriegführung gehört
hatte, erwies sich in der ersten Schlacht auch beim Gegner als scharfe Waffe.
Rechnete man bei feindlichen Angriffen ohnehin mit einem unvermeidlichen
Anfangserfolge, so schien die Überraschung geeignet, ihn
außerordentlich zu vertiefen. Die Tanks waren durch ihre Massierung aus
einer Begleitwaffe eine Hauptwaffe geworden, und ihre niederzwingende
Wirkung zeigte sich, namentlich in den frühen Kampfstadien, weniger in
materiellem als in moralischem Sinne gefährlich. Überraschung und
Tanks zusammen ergaben eine wesentliche Steigerung der feindlichen
Angriffskraft, wenn man auch keineswegs geneigt war, die Panzerwagen zu
überschätzen.
Demgegenüber war es deutscherseits geboten, für eigene Angriffe an
dem Mittel der Überraschung festzuhalten und bei dem eigenen Mangel an
Tanks [153] die Gefahr dadurch
wesenlos zu machen, daß man früher als der Gegner die Initiative zur
Offensive ergriff.
Di zweite Schlacht lehrte, daß es möglich war, unbemerkt vom Feind,
mit den Bahnen in kurzer Zeit erhebliche Kräfte an gefährdeter Stelle
zu versammeln. Wurden doch in neun Tagen 730 Züge gefahren mit 13
Divisionen und mehr als 600 Einzelformationen, ein Beweis, wie tadellos die
Eisenbahnen als Mittel der deutschen Führung arbeiteten. Es zeigte sich
auch, daß es möglich war, aus unfertigen und dem Wechsel
unterworfenen Verhältnissen heraus überraschend mit Erfolg
anzugreifen. Freilich trug die erzwungene Unfertigkeit der Vorbereitung, vor
allem der Mangel an Truppen zweiter Linie, dazu bei, daß der Gewinn aus
der Schlacht beschränkt blieb.
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