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[45-46]
II. Zivilpersonen auferlegte Qualen.

("Rapport", Uebersicht 3.)

Der "Rapport" wirft (Vergl. Abschnitt A 1 dieser Uebersicht) den deutschen Truppen vor, belgische Einwohner mit dem Tode durch Erschießen bedroht zu haben, falls auf die deutschen Truppen geschossen würde.

Man muß sich erstaunt fragen, ob den militärischen Mitarbeitern des "Rapports" denn nicht die Schlußakte Nr. 2 Internationale Friedenskonferenz (1917) bekanntgewesen ist.

In der Anlage zu dem Abkommen, 1. Kapitel "Begriff der Kriegführenden", heißt es:

Artikel 1. Die Gesetze, die Rechte und die Pflichten des Krieges gelten nicht nur für das Heer, sondern auch für die Milizen und Freiwilligen-Korps, wenn sie folgende Bedingungen in sich vereinigen:
1. daß jemand an der Spitze steht, der für seine Untergebenen verantwortlich ist,
2. daß sie ein bestimmtes aus der Ferne erkennbares Abzeichen tragen,
3. daß sie die Waffen offen führen, und
4. daß sie bei ihren Unternehmungen die Gesetze und Gebräuche des Krieges beobachten.

Artikel 2. Die Bevölkerung eines nicht besetzten Gebietes, die beim Herannahen des Feindes aus eigenem Antriebe zu den Waffen greift, um die eindringenden Truppen zu bekämpfen, ohne Zeit gehabt zu haben, sich nach Artikel 1 zu organisieren, wird als kriegführend betrachtet, wenn sie die Waffen offen führt und die Gesetze und Gebräuche des Krieges beobachtet.

Wenn sich Zivilpersonen bewußt über diesen allseitig anerkannten und bekannten Grundsatz hinwegsetzen, dann müssen sie auch ohne Murren die schweren Strafen hinnehmen, die das Kriegsrecht für so hinterlistige Vergehen festsetzt.

Man vergleiche doch nur mit diesem Vorwurf der Entente die im Abschnitt A 2 wiedergegebenen Maßnahmen, die Napoleon für nötig hielt, um die Zivilbevölkerung seinem Willen gefügig zu machen. Sie sind rechtlich noch nicht einmal so begründet, wie das deutsche Vorgehen in Belgien.

[47-48] "Denn der belgische Franktireurkrieg ist eine geschichtliche Tatsache, an der nichts zu drehen und zu deuteln ist. Aus dieser Tatsache des grausamen Kampfes aus dem Hinterhalt heraus, von Leuten, die nicht zur kriegsrechtlich anerkannten, bewaffneten Macht gehörten, müssen die traurigen Ereignisse in Belgien beurteilt werden."

Wenn in der hinterlistigsten Weise im Dunkel der Nacht und unter der Maske des friedlichen Bürgers meuchlings auf durchmarschierende deutsche Truppen geschossen wurde (vergl. Uebersicht I), wenn Offiziere hinterrücks in ihren Quartieren getötet und unglückliche Verwundete wie in Frankreich in Orchies (Uebersicht XXI, Abschnitt A 3) in bestialischer Weise ermordet wurden, dann hatte die deutsche Führung nicht nur das Recht, sondern die heiligste Pflicht, ihre ehrenhaft kämpfenden Truppen vor solchem lichtscheuen Tun mit allen Mitteln zu schützen.

Wenn in solchen Fällen scharfe Strafen verhängt werden mußten, so hat sich dies die belgische Bevölkerung und deren Regierung, die diesen Kampf unverhohlen billigte, selbst zuzuschreiben. Insofern fällt jeder diesbezügliche Vorwurf der Entente von selbst in sich zusammen.

Was nun die grausame Behandlung von Zivilpersonen anbetrifft, die der "Rapport" in den im Abschnitt C 1 und D 1 dieser Uebersicht wiedergegebenen 2 Beispielen zu schildern sucht, so vergleiche man diese deutscherseits noch nachzuprüfenden Vorfälle mit dem Verhalten der Ententetruppen vor und während des Weltkrieges, wie es in den Abschnitten C 2 und 3, D 2 und 3 geschildert ist. Schon diese wenigen Beispiele sprechen beredte Sprache.

Läßt sich wohl das Verhalten des russischen Heeres, für das die Entente mit die Verantwortung trägt, die Behandlung der in Frankreich und Belgien bei Kriegsausbruch ansässig gewesenen deutschen Bevölkerung und des Konsuls B. noch an Unmenschlichkeit übertreffen? Vergißt die Entente völlig die jeder Menschlichkeit hohnsprechende Behandlung, die sie den unglücklichen, wider jedes Recht verschleppten und rücksichtslos aus ihrem Hab und Gut gerissenen deutschen Kolonisten angedeihen ließ? Ist sich die französische Regierung nicht der scheußlichen Begleitumstände bewußt, unter denen ihre Behörden die altdeutsche Bevölkerung aus ihrem bisherigen Vaterlande rücksichtslos vertrieben hat?

Wenn je eine Regierung das Recht verwirkt hat, gegen das deutsche Volk den Vorwurf zu erheben, Zivilpersonen gequält zu haben, so sind es die Regierungen der Entente. Wer in der Behandlung der Zivilbevölkerung sich über das Recht, jede Menschlichkeit und Sitte in einem Maße hinwegsetzt, wie es jetzt die Truppen und Behörden Englands, Belgiens und Frankreichs im besetzten deutschen Gebiete fortgesetzt tun, jetzt, obwohl doch seit langem bereits der Waffenstillstand abgeschlossen ist, der

soll nicht noch mit Steinen nach anderen werfen!

[49-50]
Anlage zu II

A 1.
Deutschen Truppen vorgeworfene Vergehen.

17. 8. 14 Hassel. Deutsche Behörden:
      Die Stadt wurde gezwungen, folgende Bekanntmachung anzuschlagen:
"Wenn die Einwohner auf die Soldaten der deutschen Armee schießen, wird ein Drittel der Bevölkerung erschossen."

A 2.
Gleichgeartete von den Truppen der Entente begangene Vergehen.
Vor dem Weltkriege.

1864 Amerika. Amerikanische Truppen.
      General Sheridan gab 1864 folgenden Befehl:
      "Die kommandierenden Generale sind berechtigt, Mühlen pp. zu zerstören. Als allgemeiner Grundsatz gilt: Sollten Landeseinwohner und Heckenschützen unseren Marsch stören, oder sollten Einwohner Brücken abbrennen, Wege unterbrechen oder sonst örtlichen Widerstand leisten, dann haben die Oberbefehlshaber eine mehr oder weniger schonungslose Zerstörung nach Maßgabe der Feindseligkeiten anzuordnen."

Napoleon scheute sich nicht, zur Erreichung militärischer Ziele oder politischer Sicherungen zu den härtesten Maßnahmen gegen Land und Bevölkerung zu greifen.

1807 Westdeutschland. Napoleon:
      1807 wies er seine Generäle in Westdeutschland an, als Entgelt für die Beleidigung von 60 französischen Soldaten die Stadt Hersfeld von oben bis unten ausplündern zu lassen. Aehnliche Maßnahmen ordnete er für Schmalkalden und Eschwege an.

1813 Preußen. Napoleon:
      1813 schreibt Napoleon an den Prinzen Beauharnais: "Zeigt eine preußische Stadt, ein preußisches Dorf die geringste Neigung zur Widersetzlichkeit, so lassen Sie es niederbrennen, selbst Berlin soll dieses Schicksal treffen, wenn es sich schlecht beträgt."

A 3.
Gleichgeartete von den Truppen der Entente begangene Vergehen.
Während des Weltkrieges.

Die Provinz Ostpreußen wurde im Weltkriege im Jahre 1914 gezwungen, nachstehende Bekanntmachung des russischen Generals v. Rennenkampff anzuschlagen:
      "1. Jeder von seiten der Einwohner dem Kaiserl. russischen Heere geleistete Widerstand wird schonungslos und ohne Unterschied des Geschlechts oder Alters bestraft werden.
      2. Orte, in denen auch der kleinste Anschlag auf das russische Heer verübt oder in denen den Verfügungen desselben Widerstand geleistet wird, werden sofort niedergebrannt."

1914 Ostpreußen. Russische Behörden:
      Dieser Verfügung entsprechend wurden auf den bloßen Verdacht hin, daß aus dem Dorfe Alschwangen geschossen sei – es stellte sich hinterher heraus, daß es eine deutsche Kürassier-Patrouille gewesen war –, etwa 50 Zivilbewohner ohne jede Untersuchung niedergeschossen oder niedergemacht.
      Das Blutbad erfolgte in Gegenwart und auf Geheiß höherer russischer Offiziere.

A 4.
Gleichgeartete von den Truppen der Entente begangene Vergehen.
Nach dem Waffenstillstand.

15. 11. 19 Belgien. Belgische Behörden:
      Funkspruch vom Ministerium des Auswärtigen, Brüssel, an belgischen Bevollmächtigten in Paris:
     
[51-52] "Jeder deutsche und österreichisch-ungarische Untertan, der seinerzeit in die Armee eingereiht war oder der deutschen politischen Polizei Dienste geleistet hat, soll verhaftet und eingesperrt werden. Dasselbe für diejenigen, welche mit dem Feinde Handel getrieben haben."

In einer Note des Generalleutnants Michel vom 1. 12. 18 an die Bewohner des besetzten Rheinlandes heißt es:
      "Jedes Verbrechen und Vergehen, überhaupt jeder Akt oder jede Kundgebung gegen die verbündeten Armeen, deren Führer oder Abzeichen werden mit äußerster Strenge durch die Kriegsgerichte bestraft werden.
      Jede Zuwiderhandlung gegen Verordnungen, die in Ausführung meiner Befehle durch militärische Dienststellen gegeben sind, wird streng bestraft."

 
B 1.
Deutschen Truppen vorgeworfene Vergehen.

Der "Rapport" wirft in dieser Uebersicht den deutschen Behörden vor, die Zivilbevölkerung gequält zu haben. Man sollte meinen, die Entente wüßte sich völlig frei von solchem Tun. Denn anders müßten diese Anklagen als eine ungeheure Heuchelei bezeichnet werden.

Wie aber behandelt sie die deutsche Bevölkerung?

B 2.
Gleichgeartete von den Truppen der Entente begangene Vergehen.
Vor dem Weltkriege.

Ganz ohne jeden Grund wurde eine völlig friedfertige Bevölkerung planmäßig und in der unerhörtesten Weise gequält, gemordet und in der schändlichsten Weise terrorisiert.

1810 Pyrenäenhalbinsel. Französische Truppen:
      So schreibt der Generalstabsoffizier F. X. Rigel über die Tätigkeit französischer Streifkorps beim Kampf auf der Pyrenäenhalbinsel:
      "Tausende von geflüchteten Portugiesen ohne Unterschied des Standes, Geschlechts und Alters fielen auf diesen Wanderungen der unersättlichsten Beutegier. Jeder, den sie in verborgensten Schlupfwinkeln aufgespürt, mußte hangen, nachdem ihm das Geständnis des Orts, wo seine Habseligkeiten versteckt lagen, durch die schrecklichsten Martern abgepreßt war. Weder Soldaten noch Offiziere schämten sich, zu diesem schändlichen Behufe Stricke mit sich zu führen und sich auf solch empörende Weise zu bereichern."

1830/44 Algerien. Franz. Truppen:
      Mit ausgesuchter Grausamkeit gegen die Bewohner verfuhren die Franzosen in ihren Feldzügen zur Besitznahme Algeriens 1830/44:
      Der französische Hauptmann Leblanc schreibt hierüber:
      "Mit Tagesanbruch fällt man über einen Stamm her, ohne auf Widerstand zu stoßen.
      Einige hundert Weiber und Greise, in Lumpen gehüllt, nackte Kinder, viele noch an der Mutter Brust, werden überfallen und wie eine Herde Vieh zusammengetrieben. Hierbei geht es ohne Leichen nicht ab. Man tritt den Rückmarsch an und schleppt die unglücklichen Frauen mit, die vielleicht 2 oder 3 Kinder auf den Schultern tragen und andere an der Hand führen.
      Hat man wohl unrecht, diese Razzien ein unwürdiges, monströses Verfahren zu nennen, wodurch die Armee statt mit Ruhm nur mit Unehre bedeckt wird?!"

Auch die Engländer scheuten sich nicht, gegen friedliche Bewohner mit unmenschlicher Grausamkeit vorzugehen.

[53-54] 15. 8. 1900 Oranje Freistaat. Englische Truppen:
      Brief des Präsidenten Steyn an Lord Kitchener: "Sind sich Ew. Exzellenz bewußt, daß sich Ihre Truppen nicht schämen, mit Geschützen und Handfeuerwaffen in voller Erkenntnis dessen, was sie tun, auf unsere hilflose Bevölkerung zu feuern, wenn diese, um der Gefangenschaft zu entrinnen, allein oder in ihren Wagen die Flucht ergriff? Auf diese Weise sind viele Frauen und Kinder getötet worden. Ich kann hunderte dieser Fälle aufführen."

B 3.
Gleichgeartete von den Truppen der Entente begangene Vergehen.
Während des Weltkrieges.

Bei den Russeneinfällen 1914 wurde die Bevölkerung, darunter auch Frauen und Kinder, unter nichtigen Vorwänden, oder ohne jeden Grund mißhandelt, obwohl sie alles tat, um die Wünsche der russischen Soldaten wegen Unterkunft und Verpflegung zu befriedigen. Diese Mißhandlungen waren zum Teil ausgesuchter Grausamkeit.

9. 9. 14 Heinrichswalde. Russ. Truppen:
      So wurde in Heinrichswalde ein großer Teil der männlichen Bewohner des Orts, darunter der Amtsrichter, unter gleichzeitiger Bedrohung mit dem Tode ausgepeitscht.

Aug./Sept. 1914 Lemkendorf, Heinrichsdorf, Schillgallen pp. Russ. Truppen:
      In jeder denkbaren Art wurde die bewegliche Habe der Armen wie der Reichen gestohlen, geraubt, geplündert oder mutwillig zerstört.

Sept./Dez. 1914 Angerburg, Weszkallen. Russische Truppen:
      Männer und Frauen mußten den geldgierigen Soldaten ihren letzten Groschen geben. (Siehe auch
Uebersicht VIII.)
      Sinn- und zwecklos wurden Häuser, Wirtschaftsgebäude und Vorräte in Brand gesteckt und vernichtet. (Uebersicht XII.)

Aug./Sept. 1914 Schwiegupönen, Schillgallen. Russische Truppen:
      Auf Flüchtlinge wurde ohne weiteres geschossen.

Aug. 14 Lehmbruch, Radzienen. Russ. Truppen:
      Junge Leute, die nichts begangen hatten, wurden, nur weil sie militärpflichtig waren, erschossen.

August 1914 Schwiddern, Radzienen. Russische Truppen:
      Selbst vor Greisen, Frauen und Kindern machte die brutale Mordwut der russischen Soldaten nicht halt. (Siehe auch Uebersicht I.)

Zahllos sind die Fälle bestialischer Vergewaltigungen von Mädchen und Frauen.

Dezember 1914 Friedrichswalde. Russische Truppen:
      Hochschwangere Frauen fielen den viehischen Lüstlingen zum Opfer.

September 1914 Laszeningken. Russische Truppen:
      Selbst Greisinnen über 70 Jahre wurden nicht geschont. (Siehe auch Uebersicht IV.)

(Aus der Denkschrift "Greueltaten russischer Truppen gegen deutsche Zivilpersonen.")

Fast in der gleichen unerhört brutalen Weise wurden die bei Kriegsausbruch in Belgien und Frankreich ansässig gewesenen deutschen Zivilisten von der belgischen und französischen Bevölkerung unter stillschweigender Duldung oder sogar unter aktiver Beihilfe der Behörden behandelt.
      In der rüdesten Weise wurden sie wie Jagdwild aufgestöbert, zusammengetrieben, wie Verbrecher ins Gefängnis geworfen, oder, wie allgemein in Belgien, in der rücksichtslosesten Form aus dem Lande gejagt.
      Im Abschnitt C 3 werden hierfür einige Beispiele gegeben werden. Weiteres Material enthalten die Uebersichten V und VI.
      Die fanatisch erregte, tagtäglich durch die Presse und Regierung neu aufgestachelte Volksmenge verlor jede Haltung. Ihr Auftreten ist fast schlimmer zu nennen als es jemals in der Geschichte, selbst von Kulturvölkern niederer Stufe, erlebt wurde.
      Die unglücklichen Deutschen wurden mit Steinen beworfen, mit Messern gestochen, mit Stöcken geschlagen, beschossen, ermordet. (Vergl. Uebersicht VI.)
      [55-56] Frauen und Mädchen wurden die Kleider vom Leibe gerissen und – ein Ausdruck sadistischer Neigungen – völlig nackend auf der Straße der Volksmenge zur Schau gestellt. (Abschnitt C 3 dieser Uebersicht.)
      Greise wurden an den Beinen auf die Straße geschleift, Mädchen an den Haaren (Uebersicht VI), Frauen und Kinder wurden gehetzt, bis sie zusammenbrachen.
      In den Gefängnissen und Internierungslagern wurden die Unglücklichen in der rohesten Weise behandelt, teilweise menschenunwürdig untergebracht, ungenügend verpflegt. (Uebersicht VI.)
      Das Hab und Eigentum der Deutschen wurde verwüstet und geplündert, oft ihnen ihr gesamtes Geld, ihr letzter Koffer mit den wenigen Habseligkeiten, die sie in der Eile zusammenraffen konnten, gestohlen, ja sogar mit Gewalt entrissen. (Uebersichten VIII und XII.)
      Ueberall zeigte sich nur rücksichtsloseste Brutalität, nirgends ein Funken von Menschlichkeit oder Gerechtigkeit, nirgends Mitleid, in den seltensten Fällen Schutz und Beistand bei Polizei und Behörden.
      In gleicher Weise
wurden die 1914 aus dem Elsaß verschleppten Deutschen behandelt. (Abschnitt C 3 dieser Uebersicht und Uebersicht VI.)

Franzosen, Belgier, Engländer zeigten eine ähnliche Gesinnung der deutschen in den Kolonien wohnhaften Bevölkerung gegenüber.
      Fast restlos wurde diese von ihren Wohnsitzen vertrieben und in fremde Gegenden verschleppt. (Uebersicht V.)
      Auch ihnen wurde Hab und Gut in rücksichtslosester Form fortgenommen, verwüstet und geplündert. Auch sie erduldeten bei der Abführung, Internierung oder Ueberfahrt nach Europa außerordentliche Qualen. Ja sogar mittelalterliche Folterinstrumente kamen zur Anwendung. Die Uebersichten V und VI werden hierüber kurz Aufschluß geben.

Mit dieser Handlungsweise der Feindmächte ist das deutsche Auftreten in den besetzten Gebieten gar nicht zu vergleichen. Deutsche Behörden und Truppen verfuhren streng nach Kriegsbrauch und den schweren Umständen entsprechend, aber unter Wahrung des Rechts, der Menschlichkeit und Billigkeit. Außergewöhnliche Strenge zeigte sich nur als Repressalie, als alle anderen Vorstellungen bei den Feindmächten, eine menschenwürdigere Behandlung der Deutschen zu erzielen, nichts fruchteten.

Wenn also, wie es nach Abschnitt A 1 dieser Uebersicht im "Rapport" geschieht, die deutscherseits in Belgien angedrohte Maßnahme, Zivilbewohner zu erschießen, wenn sie widerrechtlich auf deutsche Truppen schießen, jetzt anklagend hervorgehoben wird, so ist das nichts anderes, als ein armseliges Suchen nach Anklagematerial, das überall mit Mühe an den Haaren herbeigezogen wird.

B 4.
Gleichgeartete von den Truppen der Entente begangene Vergehen.
Nach dem Waffenstillstand.

Die blutigen Ausschreitungen (vgl. Uebersicht 1, Abschnitt A 4) gegen die friedliche Zivilbevölkerung mehren sich von Tag zu Tag, ohne daß die Besatzungsbehörden mit dem nötigen Nachdruck einschreiten.

In vielen Fällen wird eine Aufklärung von Morden und Totschlägen geradezu verhindert.
      Im Frühjahr 1919 fand man in in seiner Wohnung in Saarbrücken den Architekten L. erschossen auf. Man mutmaßte Selbstmord aus Gram über seine pflichtvergessene Ehefrau, die mit einem bei Lemnitz wohnenden französischen Offizier intime Beziehungen unterhielt. Man fand neben dem Toten den Dienstrevolver des betreffenden Offiziers. Zwei Tage später wurde die Frau des Erschossenen wegen dringenden Verdachts der Beihilfe an dem Mord ihres Ehemanns verhaftet. Selbstmord konnte nach dem Ergebnis der Ermittlungen nicht in Frage kommen. Die Frau befindet sich heute noch in der Haft, während der Mörder sich noch immer voller Freiheit erfreut. Die deutschen Kriminalorgane können zur Festsetzung des Mörders nichts tun.
      Im Dezember 1919 fand man an der Straße zwischen Elversburg und [57-58] Heinitz die Seminaristin S. aus Heinitz als Opfer eines Lustmordanschlages in ihrem Blute auf. Zeugen bekundeten, daß sie beobachtet hatten, daß das unglückliche junge Mädchen von einem französischen Soldaten eingeholt und angesprochen wurde. Kurze Zeit darauf wurde das Mädchen, vergewaltigt, sterbend aufgefunden. Seinem Bruder konnte es noch angeben, daß als Täter ein französischer Soldat in Frage komme. Dann starb es. Deutsche Kriminalbeamte mußten die Ermittlungen einstellen, die französische Militärbehörde hat zur Aufklärung des Mordes und Feststellung des Täters nichts getan. Doch zwang sie den Landrat des Kreises Saarbrücken zu der öffentlichen "Berichtigung": "In Saarbrücken gibt es keine Lehrerin S., also kann an ihr auch kein Mord durch französische Soldaten verübt worden sein!" Diese Berichtigung diente lediglich zur Irreführung der öffentlichen Meinung im unbesetzten Gebiet, wo Fräulein S. statt als Seminaristin als Lehrerin bezeichnet und als Tatort Saarbrücken statt Heinitz bei Saarbrücken angegeben worden war.
      Eine Gesellschaft junger Kaufleute aus Frankfurt a. M. unternahm im November 1919 einen Ausflug in das besetzte Gebiet. Als sie an einem Posten, der mit schwarzen Franzosen besetzt war, vorbeikamen, wurde der 19jährige Kaufmann Alfred B. aus Frankfurt ohne ersichtlichen Grund von einem Schwarzen erschossen. Seine Gefährten wollten die Leiche nach dem nächsten Ort mitnehmen, wurden aber durch die drohende Haltung der Schwarzen daran gehindert. Erst mit Hilfe französischer Offiziere konnte der Tote in das Dorf gebracht werden. Die von den Freunden verlangte Anzeige der grundlosen Erschießung des B. bei dem Amtsgericht Groß-Gehrau und der Staatsanwaltschaft zu Mainz wurde von der französischen Behörde abgelehnt.

Gegen überführte Täter werden Strafen verhängt, die zu der Schwere des Vergehens in keinem Verhältnis stehen.

Am 17. 10. 19 wurde in Ludwigshafen die 17jährige K. A. von einem französischen Soldaten grundlos erschossen. Das Mädchen war in Begleitung seines Schwagers auf dem Nachhauseweg begriffen, als französische Soldaten, die an ihm vorübergegangen waren, einige Schüsse abgaben, von denen einer tödlich war.
      Der Täter wurde nur zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt.

Das Kriegsgericht der französischen X. Armee verurteilte die beiden französischen Soldaten Renné und Bertram, die am 19. 10. 19 in Weyler sinnlos mit ihren Gewehren um sich schossen und dabei die 50jährige K. G. erschossen, zu 3 und 2 Jahren Gefängnis.
      Der Anklagevertreter hatte die Todesstrafe beantragt.

Das französische Kriegsgericht zu Völklingen sprach den Korporal Cassot, der am 21. 10. 19 in der Pirmasenser Straße den Kaufmann M. erschoß, frei.
      Da M. in Begleitung eines Freundes zwei Kaiserslauterer "Damen", die in Gesellschaft eines Franzosen waren, angerempelt und "deutsche S..." geschimpft hatte, machte der nach Ansicht des Kriegsgerichts dadurch mitbeleidigte Korporal von seiner Waffe berechtigten Gebrauch.

In zahlreichen Fällen sind Mordtaten trotz deutschen Protestes noch bis heute ungesühnt.
      So hat z. B. die Mordtat an den drei deutschen Postbeamten in Ludwigshafen bis heute noch keinerlei Sühne gefunden, ebenso die Erschießung des jungen Mädchens aus Frankenthal in der Pfalz.
      Als in einem Kino in Saarbrücken im November 1919 die Buchhalterin Helene K. während der Unterhaltung mit Freundinnen lachte, zog ein in ihrer Nähe sitzender farbiger Franzose den Revolver und brachte ihr eine Schußwunde bei, an der sie schwerverletzt lange Zeit im Krankenhaus darniederlag. Der Täter wurde ermittelt, doch ist von einer Bestrafung bisher nichts bekannt geworden.

[59-60]
C 1.
Deutschen Truppen vorgeworfene Vergehen.

7. 9. 14 Lompuis. Deutsche Offiziere und deutsche Soldaten:
      Gefangennahme und grausame Behandlung von Zivilisten, so daß einige starben. Der Abbé Oudien, Pfarrer von Lompuis, wurde festgenommen, weil er einen Brief empfangen hatte, der sich hart über die Deutschen äußerte. Obwohl asthmatischer Greis von 60 Jahren, wurde Oudien mit seiner 67jährigen Köchin abgeführt, während der Reise und ihres Aufenthalts in Vouziers vom 7.–14. wurden sie grausam behandelt. Am 13. spuckten Soldaten und besonders Offiziere dem Pfarrer ins Gesicht, schlugen ihn mit der Reitpeitsche, warfen ihn in die Luft und traten ihn mit Füßen. Er starb am 15. in Sedan infolge dieser Behandlung. Einer der Beteiligten, der ebenso zahlreiche Schläge empfangen und mehrere Rippen gebrochen hatte, starb ohne ärztliche Hilfe in der Kaserne Fabert. Die alte Dienerin wurde in den Schmutz geworfen, brutal geschlagen und an den Haaren gezogen. In der Kirche warfen sie 4 Soldaten auf den Boden und dann unter die Bänke.

C 2.
Gleichgeartete von den Truppen der Entente begangene Vergehen.
Vor dem Weltkriege.

1776 Nordkarolina. Engl. Truppen:
      John Bigelow schreibt über die englische Unternehmung gegen Nordkarolina:
      "Familien wurden getrennt, Patrioten wurden für vogelfrei erklärt und ermordet, Häuser niedergebrannt und Frauen und Kinder schutzlos in die Wälder gejagt."
      Maranlay schreibt über den Krieg der Engländer in Indien gegen die Rohillas:
      "Mit der Besiegung des bewaffneten Widerstandes endeten Hastings Pflichten, und er hatte nun nichts mehr zu tun, als zuzusehen, wie die Dörfer der Rohillas in Asche gelegt, ihre Kinder geschlachtet, ihre Frauen geschändet wurden."
      Und weiter:
      "Jetzt wurden alle Schrecken eines indischen Krieges auf die schönen Täler und Städte des Rohilkund losgelöst. Das ganze Land war eine Feuersbrunst, mehr als 100 000 Menschen flohen in die pesthauchenden Sumpfdickichte, weil es ihnen ein erträglicheres Los schien, von Hunger und Fieber verzehrt, in der Höhle des Tigers zu wohnen, als die Tyrannei derer zu erdulden, welchen eine englische und christliche Regierung in schmachvoller Gewinnsucht ihr Vermögen und Leben, die Ehre ihrer Frauen und Töchter verkauft hatte."

1896 Südafrika. Engl. Behörden:
      Adlerson schreibt über die Niederwerfung des Matabele-Aufstandes:
      "Die Engländer sprengten Felshöhlen mit Dynamit, in denen sich Eingeborene – unter ihnen Frauen und Kinder – befanden."

1900 Südafrika. Engl. Behörden:
      Im Burenkriege wurden in und um Totschefostroom eine Anzahl von Frauen gefangen und nach Station Welverdiend gebracht, 4 Reitstunden entfernt. Die Burenfrauen mußten zu Fuß laufen und wurden durch Kaffern angetrieben.
[61-62] Unterwegs starben einige Frauen.
      Bei dieser Gefangennahme wurden Kaffern verwendet, die es an Grausamkeit und Barbarei den englischen Truppen gleichtaten. Die Frauen fielen vor den Kaffern auf die Knie und baten um Erbarmen, aber in roher Weise wurden sie mitgezerrt, rohe Worte und noch rohere Behandlung wurden ihnen zuteil. Selbst die Kleider wurden ihnen vom Leibe gerissen. Noch mehr: In diesem Falle wurden die Mütter von ihren Kindern getrennt, und diese kleinen Kinder, von denen einige krank zu Bett lagen, mußten zurückbleiben. Den Müttern wurde nicht einmal erlaubt, von diesen teuren Pfändern ihrer Liebe Abschied zu nehmen. Als sie um Erbarmen für ihre Kinder baten, wurde ihnen zur Antwort: "Lauft, sie müssen alle verrecken." (Brief aus dem Frauenlager Klerksdorp an den Vorsitzenden des Kongresses zu Worcester.)

Ganz allgemein wurden im Burenkriege die Frauen und Kinder von ihren angezündeten Farmen vertrieben und in Konzentrationslager verbracht, wo sie bittersten Mangel litten. (Vgl. hiermit die Uebersicht III.) Hierüber schreibt der Präsident des Oranje-Freistaats Steyn an Lord Kitchener:

15. 8. 1900 Oranje-Freistaat. Englische Truppen:
      "Unser Land ist ruiniert. Haus und Hof sind verwüstet, das Vieh zu tausenden weggetrieben und erschlagen, unsere Frauen und Kinder sind von den Truppen und bewaffneten Kaffern gefangen, geschmäht und fortgeschafft."

5. 1. 1901 Klerksdorp. Engl. Truppen:
      Ein Beispiel sei zum Schluß etwas breiter ausgeführt: Es ist dem Briefe der Burenfrauen aus dem Lager Klerksdorp an den Vorsitzenden des Kongresses zu Worcester entnommen:
      "Die Sympathie, die ihr gezeigt habt, gibt uns die Freimütigkeit, auch über die grausame und barbarische Weise, in der britische Offiziere und Truppen wehrlose Frauen und Kinder behandeln, Näheres mitzuteilen.
      Ueberall, wo der Feind durchgekommen ist, starren uns Elend und Verwüstung in die Augen. Anfangs hat der Feind gedacht, diese grausame Bedrückung von Frauen und Kindern würde nach der Vernichtung unseres Eigentums genügen, unsere kämpfenden Männer zu entmutigen und sie zum Niederlegen ihrer Waffen zwingen. Aber er hat verkehrt gerechnet. Und so begann man denn mit dem Abbrennen unserer Wohnungen und dem Vernichten allen anderen Eigentums. Alle notwendigen Lebensmittel wurden uns geraubt, und alles, was nicht sofort mitgenommen werden konnte, wurde draußen im Felde umhergestreut. Alle Wagen, die sie nicht mitnehmen konnten, wurden verbrannt. Bilder, Möbel und Hausgerät wurden in den Wohnungen kurz und klein geschlagen und danach die Wohnungen selbst in Brand gesteckt. Selbst nicht einmal ein Kleidungsstück oder eine Decke für uns und unsere Kinder mitzunehmen wurde uns vergönnt. Alles wurde den Flammen zur Beute. Die Kleider unserer Männer wurden für den Gebrauch der englischen Truppen weggeschleppt, in einzelnen Fällen wurden selbst Kinder ihrer Kleider beraubt. So standen wir dann unter freiem Himmel, ohne Wohnung, ohne Lebensmittel, dem Regen und der Hitze preisgegeben. O, diese Greuel können nicht beschrieben werden!"

C 3.
Gleichgeartete von den Truppen der Entente begangene Vergehen.
Während des Weltkrieges.

Bei den Russeneinfällen in Ostpreußen 1914/15 wurden über 10 000 Männer, Frauen und Kinder gefangen genommen und unter beispiellosen Quälereien ins Innere Rußlands verschleppt.
      Die Gefangennahme erfolgte ohne Rücksicht auf Geschlecht und Alter und geschah meist so unvermittelt, daß sich die Festgenommenen weder mit Kleidung noch mit Lebensmitteln versorgen konnten. Man gestattete ihnen nicht einmal, sich Mäntel zu holen. In Holzschuhen und Unterjacken wurden sie von der Arbeit fortgeschleppt. Kleine Kinder und Greisinnen von 78 Jahren mußten mit.
      Auf dem Transport waren die Unglücklichen den größten Leiden ausgesetzt. Oft mußten sie eine 2–4wöchige Fahrt in Vieh- oder Sträflingswagen bei schärfster Kälte zurücklegen. Oft wurden sie
[63-64] auch zu langen Fußmärschen (bis 60 Kilometer) gezwungen und dabei mit Kolbenstößen angetrieben. Die mangelhafte Ausrüstung, in der sie aus ihren Wohnsitzen urplötzlich fortgerissen wurden, machte sich bei diesen Transporten besonders nachteilig fühlbar.
      In welch geradezu schmachvoller Weise Gefangennahme, Abtransport und Unterbringung dieser Unglücklichen erfolgte, wird in der Uebersicht VII und VIII näher geschildert werden.
      Hier soll nur kurz erwähnt werden, daß an den Folgen dieser Leiden eine außergewöhnlich hohe Zahl der Verschleppten starb. In Simbirsk allein bis zum Herbst 1915 von 3500 Internierten 600! Welche Qualen die ostpreußischen Zivilbewohner unter der russischen Besetzung erduldeten, ist bereits in der Uebersicht I, Abschnitt A 3 kurz angedeutet worden.

Afrika. Engl.-franz.-belg. Truppen:
      Die englisch-französischen Truppen führten in Togo und Kamerun im Widerspruch mit Artikel 43 der Haager Landkriegsordnung fast die gesamte friedliche, am Kampf unbeteiligte weiße Bevölkerung der von ihnen besetzten Gebiete unter Bewachung schwarzer Soldaten kriegsgefangen weg. So wurden, ohne Rücksicht auf ihre Stellung, die Beamten der Kolonien, angesehene, seit vielen Jahren in den Tropen tätige Kaufleute und Pflanzer, die Missionare sowie Frauen und Kinder gefangen genommen und entfernt. Davon blieben auch Frauen mit Säuglingen und Schwangere nicht verschont.
      Das Abführen in die Gefangenschaft erfolgte in einer Weise, die den Grundsätzen der Menschlichkeit ebenso wie den Anschauungen über die Stellung der weißen zur schwarzen Rasse widersprach. Die Gefangenen wurden gerade an den Plätzen und Orten erniedrigt, die vorher das Feld ihrer beruflichen Tätigkeit gewesen waren.
      Englische und französische Offiziere und Beamte und ihre weißen Untergebenen haben dabei Beschimpfungen und Mißhandlungen der Gefangenen durch schwarze Soldaten nicht nur geduldet, sondern sie haben sich an ihnen beteiligt.

Oktober 14 Lobethal. Engl.Truppen:
      Ende Oktober 1914 wurde das Baseler Missionshaus in Lobethal am unteren Sanaga von schwarzen englischen Soldaten umstellt. Einer von ihnen sprang, während die anderen auf einen Missionar, der zu seinem Wohnhaus gehen wollte, anlegten, auf diesen zu und packte ihn. Sodann rissen sie ihm die Jacke vom Leibe und führten ihn vor einen englischen Offizier, nachdem sie ihm Uhr, Geld und Schlüssel geraubt hatten. Zwei Missionarsfrauen und ein anderer Missionar wurden ebenfalls durch schwarze Soldaten vor diesen Offizier geschleppt, nachdem ihnen alles, was sie in den Taschen hatten, abgenommen worden war. Den Frauen wurden sogar die Eheringe von den schwarzen Soldaten gewaltsam vom Finger gerissen. Hierauf wurden die Missionare und Frauen von dem englischen Offizier mit 4 schwarzen Soldaten ein Zimmer eingeschlossen.

Eine besonders erniedrigende Behandlung wurde dem stellvertretenden Gouverneur von Togo zuteil. Die Deutschen wurden bei glühender Sonnenhitze unter Bewachung schwarzer Soldaten zu Fuß von Kamina nach Atakpame abgeführt, unter ihnen der stellvertretende Gouverneur, Militärärzte, die unter Verletzung der Genfer Konvention festgenommen waren und sogar Frauen. Die Gefangenen mußten auf diesem Marsche zum Teil ihr Gepäck selbst tragen. Der Rest des Gepäcks war auf einen Lastwagen verpackt, den Deutsche unter dem Hohngelächter der Schwarzen zu ziehen gezwungen waren. Der stellvertretende Gouverneur von Togo mußte, nachdem er von Kamina nach Atakpame marschiert war, von dort zu Fuß nach Kamina zurückgehen und sodann dort längere Zeit in der Tropensonne stehen und warten.

Noch brutaler wurden etwa 100 gefangene Deutsche behandelt, die nach dem 29. 8. 14 aus Atakpame abfuhren. In zwei Tagen erhielt jeder nur eine einzige Flasche Wasser. Essen gab es überhaupt nicht. Die Gefangenen kamen infolgedessen halb verhungert und verdurstet an Bord der "Obuasi" in Lome an.

Schließlich sei noch an das in der Uebersicht I wiedergegebene Beispiel erinnert, das die ungeheure Brutalität der Engländer gegen die deutschen Zivilisten erhellt, der Mord an den deutschen Kaufleuten L. und A.

[65-66] Derartige Beispiele, wie hier wiedergegeben sind, können beliebig vermehrt werden. Man lese hierüber die Denkschrift des Reichs-Kolonialamts: "Verhalten der englischen und französischen Truppen gegen die weiße Bevölkerung der deutschen Schutzgebiete Kamerun und Togo" und die Uebersicht I.

Ebenso verfuhren die Franzosen bei ihrem Einfall in Elsaß-Lothringen 1914, der einzigen Gelegenheit, bei der sie in Europa ihre angebliche, von ihnen selbst vielgepriesene humane Gesinnung der deutschen Zivilbevölkerung gegenüber hätten betätigen können.

Bei dieser Gelegenheit wurden über 2000 Zivilpersonen gefangen fortgeführt, im wesentlichen solche Personen, die als deutschfreundlich denunziert waren.

Nur einige Beispiele seien hier wiedergegeben:

1. 9. 14 Wesserling. Franz. Behörden:
      Am 1. 9. 14 wurde der Postsekretär D. in Wesserling grundlos nach Frankreich verschleppt. Vom 5.–7. 9. 14 wurde er mit 300 anderen Gefangenen, darunter 50 Frauen, in Güterwagen ohne genügende Luftzufuhr von Remiromont nach Montelimar verbracht, ohne jegliche Verpflegung. Die Wagen waren mit der französischen Inschrift "Leichenräuber" versehen. Am 8. 9. 14 trafen die Gefangenen nachts in Marseille ein und wurden auf Leiterwagen durch die Stadt nach dem Fort St. Nicolas verbracht. Die rasende Volksmenge, darunter Marinesoldaten, erkletterte die Leiterwagen und hieb und stach auf die Gefangenen ein. Bei einem Neubau wurden große Steine auf sie geworfen. Etwa 30 Gefangene wurden schwer verletzt. Sie wurden auch mit Reitpeitschen geschlagen, auch sonst schwer mißhandelt. Vom 11. 9. 14 bis 19. 9. 14 waren die Gefangenen in Chateau d'If auf Stroh in dumpfen Gewölben bei ungenügender Nahrung untergebracht.

10. 8. 14 Mülhausen. Französische Behörden:
      Am 10. 8. 14 wurde der Händler B. aus Mülhausen, als er für die Stadt Milch besorgen wollte, von den Franzosen festgenommen und in Ketten nach Frankreich verschleppt.

19. 8. 14 Rufach. Französische Behörden:
      Am 19. 8. 14 wurde der Hauptlehrer B. aus Rufach grundlos nach Frankreich verschleppt. Er wurde mit 21 Gefangenen, an Händen und Füßen gefesselt, auf einem Lastauto, in dem die Leute neben- und übereinander lagen, nach Geradmer verbracht. Auf der zweitägigen Fahrt Remiremont – Besançon erhielten die Gefangenen keine Verpflegung, ebensowenig auf der Fahrt Besançon – Inoire vom 21.–23. 12. 14, auf der sie zu zwei mit schweren Ketten am rechten Arm gefesselt waren. In Besançon war die Verpflegung so schmutzig und ekelhaft, daß B. seitdem ein schweres Darmleiden hat.

21. 8. 14 Gebweiler. Französische Behörden.
      Am 21. 8. 14 wurde der Betriebsleiter des Elektrizitätswerks in Gebweiler, E., grundlos nach Frankreich verschleppt. Auf sämtlichen Transporten in Frankreich warf die Volksmenge mit Steinen und Straßenkot nach den Verschleppten. Im Gefängnis zu Belfort wurde E. geschlagen. Auf dem Transport nach Besançon wurde er schwer gefesselt. In Isle longue, wohin er am 18. 10. 15 kam, fanden die Verschleppten im Brot eingebacken Mäuse, Holz, Bleiplomben, Schnüre, Kautabak und dergl.

1914 Niedersulzbach. Französische Behörden:
      Einem aus Niedersulzbach im Elsaß verschleppten 74jährigen(!) Posthalter wurden, als er nicht mehr marschieren konnte, die Rippen eingetreten und Bajonettstiche beigebracht. Im Belforter Gefängnis wurde er schließlich die Treppe hinuntergeworfen, so daß er, aus Mund, Nase und Ohren blutend, zu Tode gemartert, am gleichen Tage starb.

Unter welch' nichtigen Vorwänden und in welch' brutaler Weise die Verschleppung der Elsaß-Lothringer erfolgte, wie unmenschlich sie in den Internierungslagern behandelt und versorgt wurden, wird in den Uebersichten VII und VIII geschildert werden.

In der gleichen Form wurden ganz allgemein sämtliche in Belgien und Frankreich ansässig gewesenen Deutschen behandelt. In Uebersicht l, Abschnitt E 3 ist bereits geschildert, wie sie rücksichtslos ausgewiesen oder unter den härtesten Bedingungen verhaftet und ins Gefängnis geworfen wurden. Die Uebersicht VIII wird diese Schilderung kurz fortsetzen.

[67-68] Drei Beispiele sollen hier zeigen, wie die belgische und französische Bevölkerung sich den Deutschen gegenüber verhielt.

August 14 Antwerpen. Belgische Bevölkerung und Behörden:
      Belgien. Der Matrose G. fuhr seit Juli 1914 auf belgischen Schiffen der Red Star C. Am 3. 8. 14 suchte er Deutschland zu erreichen. Er ging in Antwerpen an diesem Tage den Kai entlang. Dort begegneten ihm etwa 15 bis 20 Schauerleute. Sie fielen über ihn her, schlugen ihn mit Ladehaken, wodurch er tiefe Fleischwunden im Gesicht und am Arm erhielt und schleiften ihn ca. 20 Meter über die Straße. Von belgischen Schutzleuten wurde er sodann zur Wache gebracht und dort von diesen mißhandelt. Sie schlugen ihn mit Polizeiknüppeln über den Kopf und Rücken, bis er zusammenbrach.

Frankreich.
      Frl. L. J. berichtet:
      "Bei Kriegsausbruch habe ich bei 15 bis 20 verschiedenen Gelegenheiten in Paris gesehen, daß vorübergehende Deutsche vom Pöbel überfallen und geschlagen wurden. Bei vielen habe ich gesehen, daß sie im Gesicht ganz blutig waren, 2 oder 3 lagen wie leblos da, einer, der an den Haaren auf der Straße fortgeschleift wurde, sah wie leblos aus und stöhnte heftig. Der Mob schrie mehrfach: "Hier haben wir wieder einen Deutschen." Vielfach kamen Polizisten in Uniform herzu, ohne die Ausschreitungen zu verhindern."
      In Paris wurde am 2. 8. 14 auf dem Boulevard des Italiens ein junges Mädchen von 20 Jahren von der Volksmenge vollständig entkleidet und ihre Sachen an einem Laternenpfahl aufgehangen. Wohl an 10 Schutzleute standen dabei, ohne eine Hand zu rühren. Aufforderungen, der Unglücklichen zu helfen, blieben zunächst erfolglos. Erst später gelang es, einen Kutscher zu bewegen, das Mädchen mit einer Decke zu umhüllen und fortzufahren.
      In dieser Weise wurden Tausende von Deutschen in Belgien und Frankreich behandelt. Dutzende von Menschen blieben infolge der Mißhandlungen wie tot am Platze liegen. Unerhört waren die Mißhandlungen, Schmähungen, Ausplünderungen, denen die Armen unterworfen waren. In den Uebersichten V und XII werden hierfür noch einige Beispiele gegeben werden.

Die Brutalität der Bevölkerung und Behörden zeigte sich hier in ihrem ganzen, wahren, hellsten Lichte.

Schließlich sei noch ein Beispiel angeführt, wie die Franzosen den Deutschen in Marokko gegenübertraten.

Aug. 14 Casablanca. Franz. Behörde.
      Der Konsul B. in Casablanca wurde geradezu grauenvoll behandelt. Dem 60jährigen Herrn wurde zur Last gelegt, daß er in den Jahren 1907 bis 1908 eine gegen Frankreich feindliche Stellungnahme gezeigt habe. Im August 1914 wurde er deshalb in Casablanca verhaftet und ihm hierbei 15 000 Fr. abgenommen. Auf den verschiedenen Fahrten zu den Gerichtsverhandlungen mußte er die qualvollsten Leiden erdulden. So wurde er auf einem Schiffstransport zusammen mit 11 anderen Leuten gefesselt und in einen winzigen Raum eingeschlossen. Infolge jeglicher Luftzufuhr waren die Insassen bald dem Ersticken nahe. Auf einem anderen Schiffstransport im Februar 15 wurde der Konsul in einen Raum mit Schwerverbrechern gesperrt, zusammen mit dem Abschaum der Menschheit, mit Tuberkulösen und mit an venerischen Krankheiten leidenden Menschen, die ihren perversen Lastern ganz offen untereinander frönten.
      Im März 1915 wurde er wegen der angeblichen Vergehen zu 10 Jahren Zuchthaus verurteilt. 1½ Jahr mußte er nunmehr im Zuchthaus zu Berrouaghia (Nordafrika) unter der denkbar schlechtesten und unwürdigsten Behandlung schmachten, bis er im November 1916, körperlich und geistig völlig gebrochen, in Freiheit gesetzt wurde.

C 4.
Gleichgeartete von den Truppen der Entente begangene Vergehen.
Nach dem Waffenstillstand.

Die Angriffe von Soldaten auf friedliche Bürger mehren sich im besetzten Gebiet in geradezu erschreckender Weise.

Im Oktober 1919 wurde in Flörsheim ein Gastwirt in seiner Behausung blutig geschlagen. Verschiedene andere Leute wurden auf der Straße schwer mißhandelt, so daß sie blutüberströmt [69-70] liegen blieben. Beschwerden bei den Offizieren – es handelte sich um das französische 82. Artillerie-Regiment – hatten nicht den geringsten Erfolg.

Belgische Soldaten mißhandelten und quälten unter den Augen ihres Kommandanten die Bevölkerung von Cleve. Die Landwirte R. und v. d. B. (60 J. alt) aus dem Orte Weyler wurden mit Füßen getreten, der letztgenannte wurde mit der Peitsche grundlos blutig geschlagen. (28. 3. 19.)

In Bonn befanden sich am 8. 1. 19 abends der Stadtschulrat Dr. B. mit dem Fabrikanten J., Kreistierarzt F. und stud. jur. L. auf dem Heimweg.
      Ihnen entgegenkommende britische Soldaten stürmten ohne jeden Grund auf L. und J. ein, schlugen L. mit dem Seitengewehr über den Kopf und warfen J. zu Boden. Dann stürzten sich die Angreifer auf L. und F. und schlugen sie, daß sie blutüberströmt ihren Weg fortsetzen mußten.

In der Nacht vom 15./16. 4. 19 fielen in Mainz in der Gärtnerstr. 6–7 französische Offiziere über die Gebrüder M. her. Sie fragten zuerst nach dem Ausweis. Der eine Offizier versetzte dem O. M. einige heftige Ohrfeigen, so daß er zu Boden stürzte, wo er weiter mit Fäusten und Stöcken geschlagen wurde. Auch der andere M. wurde zu Boden geworfen, aufs schwerste mißhandelt und verletzt, so daß sie ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen mußten.

Unter grundlosem Vorwande oder bei den geringsten Vergehen werden die Zivilbewohner der besetzten Gebiete auf das härteste bestraft oder grundlos verhaftet.
      Ein Saarbrücker Bürger läßt im Café die Bemerkung fallen: "Wenn die Amerikaner nicht gekommen wären, wäre die Sache für die Franzosen doch wohl schief gegangen." Der französischen Behörde wird die Aeußerung durch einen Spion bekannt. Der Bürger wird mit 5000 Fr. = rund 25 000 Mk. Geldstrafe bestraft.
      Ein anderer Saarbrücker Bürger macht eine abfällige Bemerkung über das französische Pferdematerial. Strafe 2000 Fr. = rund 10 000 Mk.
      Verlust des Passes – wenn auch ohne Schuld – wird mit 3 Tagen Gefängnis bestraft.
      Französische Patrouillen halten in der Nacht die Passanten an. Ein Mann läßt sich den Paß aushändigen und verschwindet mit ihm. Der zweite Soldat gibt dem Bürger sodann zu verstehen, daß er ihm gegen eine Entlohnung von 50–100 Fr. den Paß wieder zustellen würde. Geschieht das nicht, läuft der Beraubte Gefahr, von der nächsten Patrouille verhaftet zu werden.
      Lebensmitteleinkäufe von französischen Soldaten oder lothringischen Schmugglern werden mit Zwangsarbeit bestraft!
      Der Redakteur L. des Saarlouiser Z.-Organs wurde zu 2 Monaten Gefängnis und 4000 M. Geldstrafe verurteilt, weil er der französischen Zensur andauernd angeblich aufhetzerische Artikel vorgelegt hatte, also Artikel, deren Veröffentlichung oder Nichtveröffentlichung noch völlig in der Hand der französischen Behörden lag.
      Welch' ungeheurer Druck nach dieser Richtung auf der Bevölkerung liegt, beweist die Tatsache, daß für den Kreis Saarbrücken lediglich in einem Zeitraum von 14 Tagen 221 Personen zu insgesamt 179 500 M. Geldstrafen und 241½ Monaten Gefängnis verurteilt wurden.

Beim Vergleich gegenüber der amerikanischen Besatzungszone muß festgestellt werden, daß die Franzosen weitaus schärfer, rücksichtsloser und willkürlicher vorgehen als die Amerikaner.

Raubüberfälle, Plünderungen und Diebstähle sind an der Tagesordnung.
      In der von Belgiern besetzten Zone in Aachen wurden beispielsweise in einem kurzen Zeitraum 60 Läden geplündert. In Düren sind in gleich kurzer Zeit 70 Fälle von Plünderungen bekannt geworden.
      In der englischen Zone wurden im Brückenkopfgebiet Köln Mitte Dezember 1918 bis Februar 1919 den deutschen Behörden allein 600 grobe Ausschreitungen gemeldet. (Raubüberfälle, Erpressungen, Diebstähle.)
      Die Uebersicht VIII wird hierüber näheren Aufschluß geben.

Infolge der Disziplinlosigkeit der Truppen entstehen schwere Schäden. Häuser werden rücksichtslos zerstört.
      So wurde das Schloß Brühl von belgischen Soldaten geplündert und demoliert. Polsterungen wurden aufge- [71-72] schnitten, Möbel, Porzellane, Kristalle, Kronleuchter, Spiegel usw. zerschlagen, sämtliches Silber gestohlen.
      In der Schröderschen Seidenfabrik in Moers wurden am 23. 6. 19 Webstühle im Werte von 150 000 Mark zerstört und die Bureaumöbel und wertvolle Garne vernichtet.
      Französische Truppen zerstörten und verwüsteten das Schloß Braunshardt, in dem mehrere Monate Brigadestäbe einquartiert waren, fast völlig.
      Mit welcher Brutalität hier vorgegangen wurde, wird die Uebersicht XII zeigen.

Durch rücksichtslose Beschlagnahme besten Ackerbodens – von dem bei der allgemeinen Hungersnot jeder Fleck dringend gebraucht wird – für Spielplätze, Reitbahnen usw. wird der Landwirtschaft schwerster Schaden zugefügt.
      So wurden an der holländischen Grenze Waldungen in größerem Umfange ohne Grund abgeholzt. Junge Anpflanzungen wurden von französischen Soldaten mutwillig zerstört.
      Die Uebersicht XII wird auch hierüber Aufschluß geben.

Geradezu schamlos ist das Verhalten der Besatzungstruppen den deutschen Frauen und Mädchen gegenüber.
      Zahlreich sind die Fälle bestialischer Vergewaltigungen.
      Französische Soldaten zeichnen sich hierbei ganz besonders aus. Sie scheuen, um ihren Lüsten zu frönen, sogar nicht davor zurück, ihre unglücklichen Opfer mit der Waffe willfährig zu machen. Ja sogar der Mord ist ihnen für diese Zwecke ein geeignetes Mittel. Die Verfolgung dieser Verbrecher wird von den französischen Behörden ohne jeden Nachdruck betrieben. Eine Anzahl der Täter ist noch heute unbestraft oder nicht ausfindig gemacht.
      Ohne Scheu werden in den lebhaftesten Gegenden der Städte Bordelle eingerichtet (Wiesbaden) und dazu Privatwohnungen rücksichtslos geräumt.
      In der Uebersicht IV sind einzelne solcher Notzuchtsvergehen näher ausgeführt.

Ganz unerhört aber ist das Vorgehen gegen das Deutschtum an sich. Eine planmäßige Willkürherrschaft, im besonderen in der französischen Besatzungszone, unterdrückt jede Freiheit und jedes nationale Leben.
      Den Besatzungsbehörden mißliebige Beamte werden grundlos abgesetzt oder ausgewiesen. So wurde der Oberbürgermeister G. von Wiesbaden ausgewiesen, nur aus dem Grunde, weil er den offenen Französierungsbestrebungen der Besatzungsbehörden mit starkem Willen entgegentrat.
      Wie im Saargebiet gegen die Beamten und Vertreter des politischen Lebens verfahren wird, wie in Elsaß-Lothringen das Deutschtum planmäßig mit rücksichtslosester Härte ausgerottet wird, zeigen andeutungsweise die Uebersichten V und VI.
      Während in den von den Engländern und Amerikanern besetzten Gebieten Versammlungs-, Verkehrs- und in beschränkem Maße auch Preßfreiheit herrscht, wird in den von den Franzosen besetzten Gebieten der Post- und Eisenbahnverkehr zeitweise fast gänzlich abgeschnitten.
      Versammlungen werden verboten, die Zensur in dem Sinne geleitet, daß alle kritischen Aeußerungen über die Entente unterdrückt werden. Oft werden die Zeitungen gezwungen, Hetzartikel gegen die deutsche Reichsregierung zu bringen.
      Dabei brüstet sich die französische Republik stets ganz besonders, der Welt Freiheit, Demokratie und Menschenrechte zu bringen. In den besetzten deutschen Gebieten sieht man tagtäglich, wie himmelweit französische Theorie und Praxis sich entgegenstehen.
      Ueber alle Maßen unwürdig ist die Behandlung der Beamten, besonders der Landräte und Bürgermeister. Einem Landrat wurden sämtliche Zimmer seiner Dienstwohnung abgenommen. Er war gezwungen, mit seiner schwerkranken Frau in einem Dachzimmer zu hausen.
      Ein anderer Landrat fand bei der Rückkehr von einer Dienstreise seine sämtlichen Räume von 26 französischen Offizieren mit ihren Frauen besetzt. Er darf seine Küche nicht benutzen und muß seine Speisen von auswärts beziehen. Aus seinem Garten werden ihm sämtliche Kartoffeln und alles Gemüse ohne weiteres fortgenommen.

Gegen die arbeitende Bevölkerung wird mit der größten Strenge und Rücksichtslosigkeit verfahren. Es herrscht der reine Arbeitszwang. [73-74] Der französische General Andlauer, der Verwalter des Saargebiets, spricht einfach eine Requisition aller Belegschaften der Gruben zur Arbeit aus. Er verhaftet Arbeiter, die die Arbeit nicht wieder aufnehmen, bestraft sie mit 2–5 Jahren Gefängnis und weist sie aus.
      Schon jetzt werden die Bewohner der besetzten Gebiete als völlige Heloten betrachtet. Das Unerhörteste auf diesem Gebiete ist der Grußzwang, die Institution des mittelalterlichen Geßlerhutes in leibhaftiger Gestalt. Die Uebersicht VII wird einige Beispiele hierfür bringen.

Eine besondere Seite der politischen Beeinflussung ist die Einmischung in die Schulangelegenheiten. Der französische Sprachunterricht wurde beispielsweise in vielen Teilen der Besatzungszone zwangsweise in allen Schulen eingeführt. Eine größere Zahl bisher in Deutschland allgemein eingeführter Schulbücher gänzlich harmloser Art wurde verboten.

Die Loslösungsbestrebungen absolut verschwindender Minderheiten in der Pfalz und an anderen Stellen werden von den französischen Behörden im schroffsten Widerspruch zu den von ihnen übernommenen gesetzlichen und vertraglichen Verpflichtungen planmäßig gefördert, obwohl der überwiegende Teil der Bevölkerung treu zu Deutschland halten will.
      Versammlungen der Angehörigen des abtrünnigen Bundes "Freie Pfalz" werden gestattet, solche der Reichstreuen verboten. Die Presse der Abtrünnigen wird sorgsamst unterstützt. Protestbewegungen der Reichstreuen werden dagegen rücksichtslos unterdrückt, die unerschrocken den Sonderbestrebungen entgegentretenden deutschen Männer verhaftet.
      Ueber dieses unerhörte, unter Hintansetzung aller Verträge lediglich auf die brutale Gewalt pochende Verfahren wird in einem später herauszugebenden Nachtrag der "französischen Entnationalisierungsversuche der besetzten Gebiete" noch eingehend eingegangen werden.

Zu welcher gereizten Stimmung es infolge der fortgesetzten französischen Uebergriffe und planmäßigen Bedrückung der deutschen Bevölkerung bereits gekommen ist, zeigen klar die Streiks und Unruhen im Saargebiet, in der Pfalz, in Birkenfeld, – das man bereits zu einer französischen Sonderrepublik machen wollte, – und in Rheinhessen.

Nachstehender Aufruf der unterdrückten Bevölkerung des Saargebiets kennzeichnet die Lage. Es werden darin u. a. gefordert:

Rückgängigmachung aller erfolgten Ausweisungen; Wiederherstellung der freien Meinungsäußerung in Wort und Schrift, der vollen Versammlungs- und Pressefreiheit. Ausweisungen, Aufenthaltsbeschränkungen oder Maßregelungen irgendwelcher Art von Angehörigen des Deutschen Reiches haben in Zukunft unter allen Umständen zu unterbleiben, weshalb die deutsche Reichsverfassung Anwendung auch auf das Saargebiet zu finden hat.

Sofortige Rückführung aller Kolonialtruppen.

Sofortige Aufhebung des Erlasses des Generals Mangin über die Grußpflicht gegenüber französischen Fahnen usw. und beim Spielen der Nationalhymnen der Alliierten.

Schutz vor Uebergriffen französischer Behörden und Einzelpersonen, strengste Bestrafung aller Schuldigen und Rückführung derselben nach Frankreich. Veröffentlichung der Namen dieser Personen unter Angabe der Schulddelikte und des Strafmaßes.

Sofortige Aufklärung der Morde an der Studentin Schnur und dem Architekten Lemnitz in Saarbrücken. Nennung der Schuldigen und Aburteilung nach dem geltenden Gesetz.

Diese Schilderung ist nur Fragment. Es wird einer späteren Abhandlung vorbehalten, die Leiden der Bevölkerung der besetzten Gebiete ausführlich der Welt vor Augen zu führen. Dann wird sie einsehen, daß der Deutschland gemachte Vorwurf, im besetzten belgischen und französischen Gebiet eine planmäßige Schreckensherrschaft geführt zu haben, ein lächerliches Lügenmärchen ist.

[75-76]
D 1.
Deutschen Truppen vorgeworfene Vergehen.

6. 8. 14 Lüttich. Deutsche Truppen:
      300 Einwohner wurden zu 4 auf die Brücken gestellt, um die belgische Artillerie an deren Zerstörung zu hindern.

26. 9. 14 Kl.-Antwerpen. Deutsch. Offiz.:
      Ein deutscher Infanteriehauptmann umgibt sich mit 3 Kindern, um sich vor dem belgischen Feuer zu schützen.

D 2.
Gleichgeartete von den Truppen der Entente begangene Vergehen.
Vor dem Weltkriege.

1901 Grandpan. Englische Truppen:
      Brief des Staatspräsidenten Steyn an Lord Kitchener:
      "Bei Grandpan beschossen Engländer ein Frauenlager, wobei Frauen und Kinder getötet wurden. Später nahmen Engländer gegen das Feuer der Buren Deckung hinter den Burenfrauen."

D 3.
Gleichgeartete von den Truppen der Entente begangene Vergehen.
Während des Weltkrieges.

8. 9. 14 Alt-Thann. Franz. Behörde:
      Am 8. 9. 14 wurden elsässische Zivilbewohner während der Beschießung in das oberste Stockwerk des Gemeindehauses in Alt-Thann eingesperrt mit der Begründung, falls eine deutsche Granate einschlüge, sollten sie das erste Opfer sein.

1915 Gegend von Pinsk. Russ. Truppen:
      Als sich 1915 die deutschen Truppen auf der Verfolgung der Russen dem Sumpfgebiet von Pinsk näherten, trieben die russischen Nachhuten einen Teil der vertriebenen Einwohner den Deutschen entgegen. Sie hofften, durch diese grausame Maßnahme dem deutschen Feuer zu entgehen, da sie annahmen, daß deutsche Truppen auf friedliche Einwohnern nicht schießen würden.

Im übrigen vergleiche den Befehl der russischen Kommandobehörden, planmäßig die friedliche Zivilbevölkerung als Sturmbock zu benutzen, wie in der Uebersicht I geschildert ist.
      Wie die Engländer die deutschen Soldaten als Schutz gegen das feindliche Feuer ausnützten, zeigt die Uebersicht XXI, Abschnitt A 3.

D 4.
Gleichgeartete von den Truppen der Entente begangene Vergehen.
Nach dem Waffenstillstand.

Nach dem Waffenstillstand bot sich für derartige Vergehen keine Gelegenheit mehr.






Die Wahrheit über die deutschen Kriegsverbrechen:
Die Anklagen der Verbandsmächte
in Gegenüberstellung zu ihren eigenen Taten.

Otto v. Stülpnagel