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Anmerkungen

Anmerkung 1. Durch die auf Seite 10 und 11 angegebenen Deutschtumszahlen - 1022000 - werden die vom Verfasser in seinem Aufsatz: "Die Lebensformen des Deutschtums in Polen" (Der Aufbau Jg. 1939 II. S. 97-116) gebrachten (1010000) unwesentlich berichtigt. Alle von berufener volksdeutscher Seite für die dreißiger Jahre angestellten Berechnungen kommen auf etwas über eine Million: Dr. Lück 1936 auf 1049000, Dr. W. Kuhn 1937 auf 1140000, Otto Heike 1951 auf 1030000. Die für die einzelnen Siedlungsgebiete bei Kauder: Das Deutschtum in Polen 1937/1939 angegebenen Zahlen ergeben zusammen 1010000. Die Abweichungen bei den Siedlungsgebieten zwischen den eben angeführten, auf 1935 zurückgehenden Berechnungen und denen des Verfassers sind darauf zurückzuführen, daß von ihm sowohl die für Westpolen kennzeichnende, 1937/38 verstärkte Abwanderung als auch der in Mittelpolen und Wolhynien starke Bevölkerungszuwachs (1,2% und 2,0%) zum 1. 1. 1939 berücksichtigt worden sind. Für Posen-Westpreußen hat die Zählung der Deutschen Vereinigung 1934/35 nur 321690 ergeben (s. Dr. Kohnert in Landwirtschaftlicher Kalender für Polen 1938 S. 55). Diese Zahl hat Dr. Lattermann bei Kauder a. a. O. T. 3 auf 325000 erhöht, doch ist hiervon für den 1. 1. 1939 die Abwanderung abzuziehen. (Siehe auch Schubert, E: Die deutsche evangelische Kirche in Polen S. 10.) Wenn die Zahlen für das Teschener Schlesien und für Galizien manchmal variieren, so hängt das u. E. vor allem mit den Bialaer Deutschen zusammen, die mal hier, mal dort, [373] manchmal vielleicht sogar in beiden Gebieten mitgezählt werden. So z. B. zählt L. Schneider bei Kauder, T. 2 S. 8, zu den 30000 Evangelischen Galiziens die 18000 Katholiken der "jungen Sprachinseln" und dann die 12000 Bialaer hinzu. Dabei sind die evangelischen Bialaer bereits bei den zuerst genannten 30000 enthalten.

Anmerkung 2. Die auf S. 166, 167 und 172 gemachten Angaben über die Zahl der schulpflichtigen deutschen Kinder beruhen für Mittelpolen zum großen Teil auf den Mitteilungen von Adolf Meisner, dem seinerzeitigen Leiter der Schulabteilung des Deutschen Volksverbandes (DVV). Er hatte aber a. a. O. nur 36961 Kinder erfasst, obwohl man für Mittelpolen im allgemeinen mit 50000 Schulkindern rechnete, (so z. B. OE XI, S. 803 f. und Türcke a. a. O., der schon für 1932/33 29000 Kinder ohne Deutschunterricht angibt.) Die bei Meisner fehlenden rund 13000 Kinder gingen zum kleinen Teil überhaupt nicht zur Schule bzw. in rein polnische Anstalten, die niemals deutsch gewesen waren und über welche Meisner die Unterlagen fehlten. Diese 13000 Kinder sind daher zweifelsohne den von Meisner angegebenen 17730 ohne muttersprachlichen Unterricht zuzuschlagen. Der DVV hatte übrigens schon am 2. 2. 1935 öffentlich festgestellt, daß 2/3 aller deutschen Schulkinder Mittelpolens keinen Deutschunterricht hatten (Nation und Staat Jg. VIII, S; 390 für Osteuropa XI. S. 804). Wiesners Angaben im Senat im März 1938 von 40500 deutschen Schulkindern in Mittel- und Ostpolen (Breyer, R., a. a. O. S. 329) sind entschieden zu niedrig. Bei seinen 1400 Kindern mit Deutschunterricht fehlen schon die wolhynischen Kinder. Albert Breyer gibt bei Kauder, a. a. O. T. 4, für Mittelpolen ohne das Cholmer und Lubliner Land 41500 Kinder an. Auf letztere Landschaft dürften aber mindestens 3600 Kinder entfallen. [374] Die Zahl von 50000 Kindern in Mittelpolen entspricht auch dem Hundertsatz der schulpflichtigen Kinder bei den evangelischen Deutschen Galiziens (14% der Gesamtbevölkerung), deren bevölkerungspolitische Verhältnisse denen Mittelpolens entsprachen. (S. auch O. Heike im, Osten des Warthelandes S. 109). Die Schulkinderangaben für Posen-Westpreußen (S. 167) gehen auf die in Osteuropa, Jg. XIII, S. 551 f., mitgeteilten, von Friedrich Mielke, dem Leiter der Schulabteilung der DV in Bromberg, stammenden Zahlen zurück. Mielke hatte allerdings auch nicht alle 34000, sondern nur 31243 Kinder erfasst. Das eben für Meisner Gesagte gilt sinngemäß ebenso für Mielke. Lattermann gibt bei Kauder, a. a. O. T. 3 S. 8, über 33000, Türcke 36150 deutsche Kinder in Posen-Westpreußen an (S. 180 / 18-28 /ff.). Laut Dr. Kohnerts Angaben über den Altersaufbau des Deutschtums (Landwirtschaftl. Kalender 1938, S. 57) ergaben sich für 1935/36 11,34%, d. s. 35412 schulpflichtige Kinder. Wiesner gab im Staat 33900 Kinder an (Breyer R., a. a. O. S. 329) Bei unserer Zahl von 34000 handelt es sich also wiederum um eine gesicherte Mindestzahl. Die für Wolhynien allgemein angegebene Kinderzahl von 7500 (Osteuropa XV S. 699, Kauder, a. a. O. T. 5 S. 32) trägt u. E. der hohen Geburtsziffern dieses Gebietes nicht genügend Rechnung. (Vielleicht bezieht sich diese Zahl auch nur auf die eingeschulten Kinder.) Der natürliche Bevölkerungszuwachs dieser Gruppe belief sich auf 2,0 - 2,2%, die Geburtenziffer auf 3,0 - 3,6%. Schon wenn man von dem Bevölkerungszuwachs allein ausgeht, ergibt sich für Wolhynien einschl. Polesien und Wilna die von uns genannte Zahl von 9200 schulpflichtigen Kindern als gesicherte Mindestzahl.

Anmerkung 3 (zu S. 352 f.). "Osteuropa, Nation und Staat sowie Ostland (dieses besonders ausführlich) bringen im [375] allgemeinen über die behördlichen Maßnahmen als auch über verschiedene Ausschreitungen im Jahre 1939 durchaus zuverlässige Angaben. Verschiedene Fälle davon sind schon in der Literatur enthalten, weitere Fälle und viele der in Ostland namentlich genannten Personen aus Ostoberschlesien, Posen-Westpreußen, Mittelpolen waren bzw. sind dem Verfasser persönlich bekannt. Über behördliche Maßnahmen ist nicht einmal erschöpfend genug berichtet worden. So sind z. B. aus persönlicher Kenntnis hinzugefügt worden: Amtsenthebung des Pastors Triebe, Nichtordinierung der Theologen Friedrich und Fuhr, Verhaftung der Volksverband-Amtswalter, die Freilassung der Warschauer Studenten S. 317, Verhaftung und Freilassung von Rudolf Wiesner u. a. Trotzdem wird auf die Globalangaben: Ostland XX, S. 363 - 26 umgebrachte Deutsche von März bis Anfang August - sowie Nation und Staat XIII. S. 7 - 66 umgebrachte Deutsche von Mitte Mai bis 31. 8. 1939, ferner auf die im Ostland S. 411 - 414 aufgeführten 12 Überfalle mit tödlichem Ausgang auf namentlich genannte Deutsche innerhalb von zwei Augustwochen - nur an dieser Stelle verwiesen. Die Angaben bei Loesch: Verlustliste des Deutschtums, S. 67, sind unvollständig z. T. ungenau, in Verallgemeinerungen unrichtig. Er berichtet für zwei Monate (bis zum 15. 8. 1939) über 127 Verhaftungen und 12 Ermordete. Die Zahl der Verhafteten dürfte entschieden zu niedrig sein. Eine Nachprüfung aller dieser Angaben über die Ausschreitungen im Frühjahr und Sommer 1939 war dem Verfasser wegen der kurzen, ihm für diese Darstellung zur Verfügung stehenden Zeit leider nicht möglich. Forschungsergebnisse liegen m. W. nicht vor, da man sich nach dem Polenfeldzug vor allem den Septembermorden widmete und weil wohl die in der Tagespresse und im politischen Kampf gebrachten Übertreibungen nicht richtiggestellt werden durften.

[376] Anmerkung 4 (zu S. 362). So war ein Absolvent eines deutschen Privatgymnasiums, Sohn deutscher Eltern, der auch selber in der Schule durchaus deutschgesinnt war, beim Studium an polnischen Universitäten so ins polnische Fahrwasser geraten und hatte sich in diesem derart bewährt, daß er in der Berichtszeit in den gemischten Danzig-Polnischen Hafenausschuss als einer der polnischen Vertreter hineingekommen war. Ein anderer, ein ehemaliger deutscher Volksschullehrer, dem das Universitätsstudium mit Stipendien des Bromberger "Kantvereins" ermöglicht worden war, der einem "Verein deutscher Hochschüler" angehört hatte und sogar ein halbes Jahr lang dessen Vorsitzender gewesen war, schlug sich nachher eindeutig auf die polnische Seite und denunzierte seine Kollegen wegen angeblich antipolnischer Haltung! Ein dritter, gleichfalls Abiturient eines deutschen Gymnasiums, der im Reich voller Begeisterung für alles Deutsche acht Semester Theologie studiert hatte und nur zum Studienabschluss nach Warschau gekommen war, stellte sich dort sofort ganz auf die so betont polnische Kirchenleitung ein und wurde selber übereifriger Pole, so daß Bischof Bursche ihn dann in eine bereits zur Hälfte polonisierte Kirchengemeinde - zur Vollendung dieses Werkes geben konnte.
      Diese sich auf Mittelpolen beziehenden und aus persönlicher Kenntnis des Verfassers stammenden Einzelfälle von Volkstumsaufgabe um der Karriere willen trotz genossener guter deutscher Erziehung könnten um viele Beispiele der Umstellung aus Geschäftsgründen vermehrt werden, und das auch aus Gegenden mit verhältnismäßig starkem deutschem Einschlag. Für Posen-Westpreußen berichten Heidelck a. a. O. S. 554, daß "einzelne Inhaber größerer Firmen ins polnische Lager übergegangen" wären, und Hans Hein (Glodny) aus dem Jahre 1938 in Der Aufbau II, S. 16, "daß ein großer Besitzer in wenigen Wochen sein deutsches Personal gegen polnisches [377] auswechselt und in seinem Hause die deutsche Sprache verbietet". Und schon 1932 hat man in westpolnischen Städten mit geringerem deutschen Anteil bemerken können, daß sich deutsche Jugendliche untereinander der polnischen Sprache zu bedienen begannen.

Anmerkung 5 (zu S. 363). Es sei hier zuerst Noels Kenntnis des Deutschtums in Polen beleuchtet. In einer Stelle (S. 39) schreibt er, daß die Deutschen "im Korridor ohne Bedeutung" gewesen wären, um dann auf S. 43 zu behaupten: "Es gab überhaupt keine Deutschen im Korridor seit Deutschlands Niederlage, da die Beamten und Militärs verschwunden waren". Obwohl letzterer Nachsatz der polnischen Propaganda entlehnt ist, widerspricht die erste Behauptung sogar dem Grundgedanken der polnischen Westpreußenpropaganda, die bekanntlich in der Bekämpfung der angeblich übergroßen und gefährlichen Bedeutung des Deutschtums in Westpreußen gipfelte. An einer anderen Stelle heißt es, die Deutschen erreichten in keiner Gemeinde Polens die 10%-Grenze. Wenn er schon die zweitgrößte Stadt Polens, Lodz, mit ihren 11% Deutschen nicht berücksichtigen wollte, weil die polnische Zählung im Jahre 1931 dort nur 8,85% Deutsche ermittelte, dann hätte er zumindest Bielitz und Königshütte, die bekanntlich noch 1934 ganz offenkundig über 50% Deutsche aufwiesen, nicht übersehen dürfen und ebenso wenig die Stadt Alexandrow bei Lodz mit 40% Deutschen oder die Kreise Kolmar und Zempelburg, von denen sogar polnische Journalisten (wie Winiewicz) in der Berichtszeit ganz schamhaft berichteten, daß diese über 25% Deutsche zählten (im Kreise Zempelburg waren es in Wirklichkeit an 40%); von den vielen Kreisen mit über 10% Deutschen nach polnischer Statistik ganz zu schweigen. Ferner weiß Noel (S. 39), daß "ein deutsches Dorf vor den Toren Warschaus bestand". Wenn er, [378] der jahrelang in Warschau gelebt hat, bei den über dreißig deutschen Dörfern in der Warschauer Weichselniederung nur von einem Kenntnis erhalten hat, dann dürfte er sich wohl kaum eingehender mit dem deutschen Problem in Polen befasst haben. Für seine Wahrheitsliebe bzw. Genauigkeit ist die Behauptung kennzeichnend (S. 370 f.), die im deutschen Weißbuch Nr. 2 unter der Rubrik "Vernichtungsfeldzug gegen die deutsche Minderheit" zusammengestellten Klagen stützten sich auf "keinerlei genaue Feststellungen. Namen der angeblichen Opfer sind nicht genannt". Dabei sind in dieser Rubrik im DWB II (Nr. 349-411, S. 337-381) 74 Namen von misshandelten oder getöteten Deutschen enthalten, und fast alle entweder mit Vornamen, mit Orts- oder Berufsangaben, z. T. sogar mit noch genaueren Personalien.
      Auf S. 379 behauptet Noel: "Absolute Ruhe und völlige Ordnung herrschten in Polen bis zum 1. September", obwohl er auf S. 371 zugeben musste: "Seit Mitte August vermehrten sich die Zwischenfälle" (wenngleich er die Verantwortung hierfür den Deutschen in die Schuhe schieben will).
      Zur Abrundung des Bildes sei noch auf die Behauptungen Noels eingegangen, die sich auf die Zeit nach dem 31. 8. 1939 beziehen, so daß sie, selbst wenn sie zuträfen, den polnischen Behörden trotzdem keine Berechtigung zu ihrem Verhalten dem Deutschtum gegenüber vor Kriegsaufbruch gegeben hätten. Auf S. 453 behauptet Noel ganz allgemein: "Hinter der Front arbeiten in allen Grenzgebieten, wo Deutsche wohnen, viele Saboteure einzeln oder in bewaffneten Haufen mit den Truppen zusammen." Gemeint sind die deutschen Truppen; wie bei diesem Blitzfeldzug die Zusammenarbeit über die kämpfende Front hinweg erfolgt sein soll, wird nicht erklärt, wo und von wem diese "bewaffneten Haufen" gesichtet wurden, wird nicht [379] verraten. Ins einzelne gehende Angaben macht Noel nur zwei. Erstens heißt es: "In Bromberg z. B. griffen deutsche Zivilpersonen die polnische Truppe an, diese, vielleicht unterstützt von polnischen Zivilpersonen, erwiderte scharf den Angriff, und nach Einnahme der Stadt ergriff die Wehrmacht Vergeltungsmassnahmen..." Wieso und zu welchem Zweck deutsche Zivilisten in der damals zu etwa 88% polnischen Stadt polnische Truppen angegriffen haben sollten, obwohl die führenden und aktiven Persönlichkeiten des Deutschtums bereits am 1. September interniert sowie verschleppt und blutige Ausschreitungen den Bromberger Deutschen schon seit Mai 1939 in Aussicht gestellt worden waren, bleibt unerfindlich. Kennzeichnend ist aber, daß Noel die vielen hundert (an 1000) nachgewiesenermaßen am Bromberger Blutsonntag (3. 9. 39) ermordeten Deutschen mit keinem Worte erwähnt.
      Weiter heißt es: "Im Korridor griff ein von einem deutschen Pfarrer befehligter Zivilverband am Morgen des 1. September die polnischen Soldaten an. Vorfälle dieser Art gaben an manchen Orten dem Kriege den Charakter eines Bürgerkrieges, da die beiden Elemente der Bevölkerung gegeneinander kämpften." (Im Korridor, wo es Noel zufolge keine Deutschen mehr gab?) Da Orts- und Namensangabe fehlen, ist die Nachprüfung dieser vagen Behauptung sehr schwer. Da aber "Vorfälle dieser Art" überhaupt nicht vorgekommen sind, könnte es sich nach Kenntnis des Verfassers hier höchstens um den seinerzeitigen lutherischen Pfarrer Hoffmann in Neutomischel handeln, der in diesem Städtchen nach Abzug der polnischen Truppen am Abend des 1. September eine Bürgerwehr organisierte, um bis zum Eintreffen der deutschen Wehrmacht Ruhe und Ordnung aufrechterhalten zu können, was ihm auch ganz ohne Gewaltanwendung [380] gelang. Daß Neutomischel außerhalb des Korridors liegt, schließt diese Deutungsmöglichkeit nicht aus, da aus dem ganzen Werk hervorgeht, daß Noel sich über den Umfang des "Korridors" nicht im klaren war und daß er manchmal ganz Posen-Westpreußen darunter zu verstehen scheint. Jedenfalls stellte das Vorgehen Pfarrer Hoffmanns überhaupt keinen Angriff auf die polnischen Truppen bzw. auf Polen dar. Da aber das Noelsche Buch weitere Einzelheiten über die deutsche angebliche Partisanentätigkeit nicht enthält, sind diese allgemein von polnischer Seite aufgestellten bzw. wiederholten Beschuldigungen (so z. B. in der Broschüre Z pierwszej linii frontu "Aus vorderster Front") zumindest durch Noel nicht bewiesen worden. Darüber hinaus sind sie schon deswegen äußerst unwahrscheinlich und unglaubwürdig, weil - wie bereits in Bezug auf die Bromberger Vorfälle erwähnt - die deutschen waffenfähigen Männer in ganz Polen entweder zum polnischen Heer eingezogen oder, wenn sie sich auf politischem, kulturellem oder wirtschaftlichem Gebiete nur irgendwie etwas betätigt hatten, ohne Rücksicht auf ihr Alter und ihren Gesundheitszustand spätestens bis zum 2. September interniert worden waren und sich an den fraglichen Tagen bereits in Verschlepptenzügen nach Lowitsch oder Bereza Kartuska befanden. Diese aus der Luft gegriffenen und nur zur Entschuldigung der eigenen polnischen Übergriffe vorgebrachten Vorwürfe sind daher nicht ernst zu nehmen.
      Noch weniger ernst zu nehmen ist die vollkommen verzerrte Darstellung, die Fritz Hesse in seinem 1953 erschienenen Buch Spiel um Deutschland in dieser Hinsicht gibt. Auf S. 207 behauptet er nämlich - sämtliche diesbezüglichen polnischen, französischen Anklageschriften bei weitem übertrumpfend -, "die deutschen Minderheiten in Polen" hätten sich schon um Mitternacht am 26. 8. 1939 (!), "bewaffnet und [381] bestimmte strategische Punkte in Polen besetzt". Darauf sei es zu örtlichen Kämpfen und zu Massenevakuierungen der Deutschen gekommen, "bei denen... insgesamt 4850 deutsche Männer und Frauen sowie Kinder tatsächlich getötet worden sind". Diese Vorfälle seien "der Anlass für den zweiten Einmarschbefehl Hitlers (in der Nacht vom 31. 8. zum 1. 9. 1939) gewesen".
      Diese Schilderung ist schon deswegen vollkommen falsch, weil die Massenevakuierungen und Massenermordungen erst bei Kriegsausbruch am 1. 9. begannen und den Höhepunkt in dem bereits genannten Bromberger "Blutsonntag" am 3. 9. fanden. Die Zahl der Toten vor dem 1. 9. ist heute noch nicht genau zu bestimmen, sie dürfte - wie aus dieser Darstellung ersichtlich ist - zwischen 30 und 50 gelegen haben. Nach Kriegsausbruch wurden nun tatsächlich Tausende von Volksdeutschen (Männer, Frauen und Kinder) von fanatisierten Polen umgebracht. Wenn auch die von der deutschen Propaganda im Kriege gebrauchte Zahl von 58000 Toten übertrieben war, so waren schon im November 1939 zwar nicht 4850, aber 5437 Tote vorläufig festgestellt worden. Das erste diesbezügliche vom Auswärtigen Amt veröffentlichte Dokumentenwerk Die polnischen Greueltaten an den Volksdeutschen in Polen, Berlin 1940, nennt als vorläufige Feststellung diese 5437 Toten, dessen zweite Auflage - Berlin 1940 - bringt als bis zum 1. Februar 1940 ermittelte Zahl 12857 Tote, zu der 45000 Vermisste hinzugezählt wurden (S. 5). Lediglich letztere Zahl ist Propagandawerk, dagegen ist die Zahl der 12857 Toten urkundlich einwandfrei erhärtet, diese 12857 wurden identifiziert. Nach Feststellungen der seinerzeitigen "Gräberzentrale Posen" unter Leitung von Pastor Lic. Berger und Ing. Hans Schmidt hat sich die zuletzt genannte Zahl noch auf über 15000 Tote erhöht.
[382]   Von einem deutschen Aufstand in Polen - noch dazu vor Kriegsausbruch - ist aber niemandem etwas bekannt geworden, der während dieser Zeit in Polen gelebt hat, was hier ausdrücklich festgestellt werden soll. Eine derartige Behauptung ist auch nirgends in der einschlägigen polnischen Literatur erhoben worden. Auch das 1951 erschienene polnische Generalstabswerk: Die polnischen Streitkräfte im 2. Weltkriege: Band I, T. 1, enthält keinen einzigen Hinweis auf einen derartigen Aufstand. Der ehemalige Schriftleiter der Kattowitzer polnischen Zeitung Polonia; Stanislaw Sopicki, hat sogar in der in London erscheinenden polnischen Zeitschrift Wiadomosci, Nr. 390 vom 20. 8. 1953 gegen Hesses Behauptungen nachdrücklichst wie folgt Stellung genommen: "Tatsächlich hat es einen deutschen Aufstand in Polen vor Kriegsausbruch nicht gegeben. Ich war bis zum 3. 9. 1939 in Oberschlesien als Redakteur der Polonia. Ich stelle fest, daß dort bis zum letzten Augenblick Ruhe und Ordnung geherrscht haben". Letztere Feststellung ist auch schon von Noel (S. 379) getroffen worden. Die Behauptungen, die Hesse gebracht bzw. wiedergegeben hat, müssen daher als Phantasieprodukt abgetan werden.



Quellennachweis

[Anm. d. Scriptorium: die Quellennachweise befinden sich im unteren Teil einer jeden Seite dieser Internet-Veröffentlichung und sind verlinkt mit den Textstellen, auf die sie sich beziehen. Eine zweite Auflistung hier würde der Dokumentation nichts wesentliches hinzufügen, darum verzichten wir an dieser Stelle darauf, die Quellenangaben doppelt aufzuführen.]



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Deutsche Monatshefte in Polen. Jg. I-Vl Kattowitz 1934/39 (auch zitiert als DMP).

Deutsche Wissenschaftliche Zeitschrift im Wartheland. Heft 1-2, Posen 1940.

Deutscher Heimatbote in Polen. Jahrbuch für 1938. Bromberg.

Die evangelische Diaspora. Leipzig 1936 und 1939.

Grenzmärkische Heimatblätter. Jg. XV-XVI. Schneidemühl 1939/40.

Landwirtschaftlicher Kalender für 1940. Posen.

Landwirtschaftlicher Kalender für Polen. 1934-1939, Posen.

Nation und Staat. Wien 1934/40 Jg. VII.- XIII.

Osteuropa. Königsberg/Pr. 1934/39, Jg. IX-XIV.

Osteuropäische Lageberichte. Königsberg 1934/37.

Ostland. (Wochen- bzw. Halbmonatsschrift 1920-43 erschienen; Hrsg.: Deutscher Ostbund [Bund deutscher Osten]) Jg. XX, S. 99, Berlin 1939.

Ostland-Berichte. Danzig 1937/39.

Volk und Reich. Jg, XV. Berlin 1939.

Volksfreundkalender für Stadt und Land 1938. Lodz.

Warschauer Kulturblätter. Warschau 1940-1943.

Zeitschrift für Ostforschung. Jg. I-III. Marburg/Lahn 1952/54.

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Die deutsche Volksgruppe in Polen 1934-1939