Bd. 7: Die Organisationen der Kriegführung,
Zweiter Teil:
Die Organisationen für die Versorgung des
Heeres
Kapitel 5: Feldpost und
Etappentelegraphie (Forts.)
Oberpostrat Hermann Senger
A. Die Feldpost. Forts.
4. Die Feldpost im Stellungskrieg, ihr Ausbau im Westen, Osten,
Orient, in Kleinasien und in den Kolonien.
Erst nachdem die Truppen im Westen und Osten feste Stellungen bezogen hatten
und die Armee- und Etappengrenzen festgelegt worden waren, konnte der Ausbau
der Feldpost im Operations- und Etappengebiet der einzelnen Armeen zu einem
gewissen Abschluß gebracht werden. Die Postversorgung mußte
dabei auf zahlreiche neue Verwaltungsstellen, Fabrikbetriebe, landwirtschaftliche
Anlagen usw. ausgedehnt werden, die inzwischen eingerichtet worden
waren.
Auf allen wichtigeren Verkehrsstrecken in der Heimat verkehrten wieder
Schnellzüge, so daß die Beförderung der Feldpost in den
Bahnpostwagen der Schnellzüge erfolgen konnte. Einzelne
Schnellzüge mit heimatlichem Bahnpostpersonal fuhren sogar tief in das
Etappengebiet einzelner Armeen hinein. Von größter Bedeutung
für die gleichmäßige Beförderung der Feldpost,
besonders der Päckchenpost, wurden jetzt die von dem Feldoberpostmeister
von vornherein als notwendig angestrebten, in besonderem schnellen Fahrplan
verkehrenden Postsonderzüge, die, von den Leitpunkten ausgehend,
möglichst bis zu den vordersten Umschlagstellen der Armeepostdirekturen
vorgeführt wurden. Von dem regelmäßigen Eingang der
Eisenbahnzüge bei diesen Umschlagstellen war die pünktliche
Abfertigung der Anschlußposten nach den Frontpostanstalten [356]
naturgemäß abhängig. Größere
Verspätungen stellten die Ausgabe der Postsachen an die Truppen für
denselben Tag in Frage und zwangen ein zahlreiches Personal von Beamten,
Unterbeamten, Aushilfskräften an Soldaten oder Gefangenen, Begleitern,
Postillionen und Kraftwagenführern - oft
stundenlang - auf den schutzlosen Bahnhöfen mit den Gespannen
und Kraftwagen beschäftigungslos auszuharren. Um welche Mengen es
sich jedesmal handelte, zeigt eine Feststellung vom Ende 1915, wonach für
jede Armee durchschnittlich täglich zwölf volle
Eisenbahngüterwagen einliefen. Nachdem sich der Eisenbahnpostverkehr
eingespielt hatte, konnte schließlich erreicht werden, daß die
Beförderungsdauer der Briefsendungen nach dem Felde durchschnittlich
nur 2 - 3 Tage, für Päckchen nur
4 - 6 Tage betrug. Ein solches Ergebnis wäre nicht
möglich gewesen, wenn nicht entsprechend dem guten Verhältnis der
Eisenbahn zur Post in der Heimat, auch die Feldpost bei dem Chef des
Feldeisenbahnwesens, Exzellenz Gröner, und seinen Dienststellen
tatkräftige Unterstützung und Berücksichtigung gefunden
hätte.
Von den Armeepostdirektoren wurden auf den Eisenbahnlinien ihres Abschnitts
regelmäßige Schaffnerbahnposten, auf den Landstraßen
Feldpostkurse eingerichtet und neue Querverbindungen mit den Nachbararmeen
hergestellt, die, wie es am offenkundigsten bei der Schaffnerbahnpost
(Gent) - Thielt - Valenciennes - Charleville (Metz)
zutage trat, mit engem Anschluß zusammenhängend über die
ganze Westfront verliefen.
Von besonderer Wichtigkeit blieb die dauernde Verbesserung der schnellen und
zuverlässigen postalischen Verbindung zwischen den
Armee-Oberkommandos und zwischen diesen und dem Großen
Hauptquartier. Für den Feldoberpostmeister trat November 1916, als das
Große Hauptquartier von der Westfront nach Pleß verlegt wurde, ein
Feldoberpostinspektor West als sein unmittelbarer Vertreter für die
Westfront in Tätigkeit. Auf dem östlichen Kriegsschauplatz waren in
gleicher Eigenschaft die Feldoberpostinspektoren Ost, Südost und Balkan
eingesetzt worden.
Alle den Feldpostdienststellen amtlich bekanntgewordenen Veränderungen
mußten streng geheimgehalten werden, auch gegenüber allen
Heeresangehörigen. Das war besonders bei der Vorbereitung
größerer Operationen dringend geboten. Es ist der Postverwaltung
immer gelungen, dieser Notwendigkeit gerecht zu werden, ohne die Abwicklung
des Postverkehrs wesentlich zu beeinträchtigen. Den besten Beweis
dafür boten die von dem Armeepostdirektor der 5. Armee in aller
Heimlichkeit getroffenen weitgehenden Vorkehrungen vor der großen
Offensive gegen Verdun. Da der rege feindliche Nachrichtendienst bei
Briefsendungen aus dem Felde aus der Feldadresse in Verbindung mit der Angabe
des Aufenthaltsortes der Absender auf die Zusammensetzung der
Truppenteile usw. schließen konnte, wurde den
Heeresangehörigen allgemein verboten, in ihren Briefen und Postkarten vor
das Datum den Aufgabeort anzugeben.
[357] Im Oktober 1914
wurde für 7 Tage versuchsweise das Meistgewicht der Feldpostsendungen
nach dem Felde von 250 g auf 500 g (mit Verpackung 550 g)
erhöht und für diese schwereren Sendungen ("Päckchen") ein
Porto von 20 Pf. festgesetzt. Die Päckchen wurden nach weiteren
Versuchen vom Februar 1915 ab dauernd beibehalten, zunächst nur in der
Richtung nach dem Felde, Ende 1916 auch in der Richtung nach der Heimat.
Ebenfalls im Oktober 1914 und gleichfalls für 7 Tage wurde die
Einrichtung zugelassen, daß aus der Heimat über Aufgabepostanstalt
und Militärpaketdepot Pakete bis zum Gewicht von 5 kg gegen eine
Gebühr von 25 Pf. auf Gefahr des Absenders ins Feld gesandt
werden konnten, um die Angehörigen des Heeres mit kleineren
Bekleidungsstücken und Gebrauchsgegenständen zu versehen, die
ihres Gewichts wegen zur Beförderung mit der Feldpost nicht geeignet
waren. Die Beförderung und Ausgabe der Pakete war Sache der
Heeresverwaltung, die Feldpost leistete aber bei der Unterbringung der Sendungen
sehr nachdrückliche Hilfe, da es den Militärempfangsstellen
besonders an den nötigen Übersichten für die richtige
Weiterleitung der Pakete an die Truppen fehlte. Die bei dem Verfahren gemachten
Erfahrungen führten zur Wiederholung des Versuchs für die Zeit
vom 23. - 30. November 1914 (Weihnachtspakete) und zur
dauernden Einrichtung des Privatpäckereidienstes.
Besondere Maßnahmen erforderte die Zuführung der Feldpost an
Kranke und Verwundete in den Kriegslazaretten. In ihnen herrschte ein dauernder
Wechsel, viele Sendungen blieben deshalb unanbringlich. In Orten mit mehreren
Lazaretten mußten die Sendungen von Lazarett zu Lazarett gegeben werden.
Mit Unterstützung der Chefärzte wurde Abhilfe geschaffen, indem
die Krankentransportabteilungen oder ein bestimmtes Lazarett für
Postzwecke einen besonderen Nachweis der Kranken und die Bearbeitung und
Verteilung der Sendungen übernahmen. Umfangreiche Poststellen mit
Listen und Kartotheken für die Lazarettinsassen wurden angelegt und
Feldpostbeamte und Schaffner vorübergehend den Lazaretten zugeteilt. Die
Erfolge dieser Maßnahmen waren überraschend; mehr als 90% aller
Sendungen konnten schließlich untergebracht werden.
[360a]
Feldpost einer Kompanie wird vom Feldpostamt
abgeholt.
|
Mit welchen Schwierigkeiten technischer Natur die Postverwaltung zu
kämpfen hatte, sei an dem so unscheinbaren Beispiel der "Briefbeutel"
gezeigt. Die Beschaffung der für die Feldpost erforderlichen Briefbeutel
verursachte der Reichspostverwaltung dauernd erhebliche Kosten, die sich bis
März 1915 bereits auf über 3 Millionen Mark beliefen. Es trat ein
gewaltiger Verbrauch an Beuteln ein, so daß ihr Umlauf und Nachweis auch
bei der Feldpost besonders geregelt werden mußte. Die Briefbeutel wurden
vielfach nicht zurückgegeben, weil die Truppen sie zu allen
möglichen anderen Zwecken verwendeten. Es wurden damit Wände
bezogen, Türen und Fenster verhängt und Bettstellen gepolstert,
sogar bei den Landeseinwohnern wurden deutsche Briefbeutel
ent- [358] deckt. Gelegentliche
Quartierdurchsuchungen führten immer wieder zahlreiche zum Teil leider
aufgeschnittene Briefbeutel zutage.
Die Vermehrung der Postkraftwagen führte bald bei jeder Armee zur
Bildung eines Postkraftwagenparks mit Reparaturwerkstatt, für die
fachmännische Kräfte aus dem Personal entnommen wurden. Es
konnten nunmehr den Frontpostanstalten im Bedarfsfall Ersatzwagen gestellt und
kleinere Instandsetzungen ohne Inanspruchnahme der Werkstätte der
Kraftfahrtruppen ausgeführt werden. Diese erhielten übrigens von
dem Chef des Feldkraftfahrwesens, Oberst Meyer, der dem Kraftwagenverkehr
der Feldpost selbst ein lebhaftes Interesse zuwandte, die Weisung, die Feldpost in
jeder Beziehung - auch durch Hergabe von
Ersatz- und Aushilfswagen - zu unterstützen. Durch die
Umwandlung der Postkraftwagenparks in militärische Kraftwagenstaffeln
verloren die Armeepostdirektoren später leider die freie Verfügung
über die Kraftwagen.
Die deutschen Offensiven und die Abwehrmaßregeln bei großen
Angriffen der Feinde brachten einen dauernden Wechsel in der Stärke und
Zusammensetzung der einzelnen Armeen mit sich, dem die Feldpost auch in
ihrem Personalbestande und in ihren Verkehrseinrichtungen Rechnung zu tragen
hatte. Es wäre unwirtschaftlich und auch nicht durchführbar
gewesen, notwendige Verstärkungen der Feldpost aus der Heimat
heranzuholen, während bei einer anderen Armee vielleicht ein
vorübergehender Überfluß an Beamten und Material
vorhanden war. Es wurde deshalb vom Feldoberpostmeister ein dauernder
Ausgleich des Feldpostpersonals und des Materials an Pferden, Fuhrwerken und
Kraftwagen durchgeführt. Er beschränkte sich nicht auf denselben
Kriegsschauplatz; es fanden vielmehr im Lauf des Krieges zahlreiche und
umfangreiche Überweisungen vom Westen zum Osten und zum Balkan und
umgekehrt statt. Sie wurden von dem gewissenhaften Personal gewandt
ausgeführt. Selbst einzelne Postschaffner und Postillione haben dabei in
wochenlangen Transporten auf Eisenbahnen und Landstraßen ihre Pferde
und Wagen in fernem Lande wohlbehalten abgeliefert, nachdem sie in
zäher Beharrlichkeit alle Hindernisse, Verpflegungsschwierigkeiten und
sogar Angriffe auf ihre Person und auf das ihnen anvertraute Gut, selbst oft
tagelang hungernd und frierend, überwunden hatten.
Im Verlauf des Stellungskampfes trat mehr und mehr der Unterschied in der
Verwendung der Truppen der Armeekorps und Divisionen, welche die vordersten
Stellungen besetzt hielten und in wechselnden Zeiträumen
zurückgezogen oder abtransportiert wurden, und derjenigen Truppen
hervor, die in der Regel dauernd in ihrer Armee und in ihrem Kampfabschnitt
verblieben, wie es bei der Fußartillerie, den Fliegern, den
Fliegerabwehrbatterien, Armierungsbataillonen, Kolonnen, Parks usw.
meist der Fall war. Rückte die Division ab, so entstanden für die
Postversorgung der zurückbleibenden Truppen auch dann
Verzögerungen und Schwierigkeiten, wenn an die Stelle der alten sofort
[359] eine neue Division trat.
Selbst wenn der Armeepostdirektor sofort die Umschreibung der "Armeetruppen"
oder "bodenständigen Truppen", wie sie genannt wurden, auf die neue
Feldpostanstalt veranlaßte, liefen zahlreiche Sendungen
tage- und wochenlang zu der Feldpostanstalt der vielleicht sogar nach einem ganz
anderen Kriegsschauplatz abgerückten Division. Es war also notwendig,
den bodenständigen Truppen eine besondere Feldpostadresse zu geben. Das
geschah in der Weise, daß den Feldpostanstalten der Divisionen eine
Feldpoststation angegliedert wurde, die lediglich eine Nummer, wie
"Feldpoststation 1010", trug. Wurde die Division nun aus der Stellung
zurückgezogen, so verblieb die Feldpoststation in dem Abschnitt und trat
zu der Feldpostanstalt der neuen Division über.
In treuer Waffenbrüderschaft hat die deutsche Feldpost auf allen
Kriegsschauplätzen, wo deutsche Verbände an der Seite
österreichisch-ungarischer, bulgarischer oder türkischer Truppen
kämpften, die Verteilung und Beförderung auch der fremden Post
übernommen, wenn andere Feldpostanstalten fehlten. In
größerem Umfange erfolgte diese Vermittelung in den Karpathen und
in der Dobrudscha, in Mazedonien, am Doiransee und Vardar, im Cernabogen
für die türkischen Divisionen und Detachements, für die
bulgarischen Truppen und auch für die zuletzt an die Westfront
herangezogenen österreichisch-ungarischen Truppen bei der 5. Armee. In
der Dobrudscha wandten sich die türkischen Truppen im September 1916
zunächst an die bulgarische Landespost; dann trat auf Wunsch der
türkischen Kommandostellen die deutsche Feldpost ein. Zwischen Sofia
und Konstantinopel wurden besondere regelmäßige Briefversande
eingerichtet, und Ende 1917 wurde sogar ein von der deutschen Feldpost
unterhaltener Kurierdienst von Brest-Litowsk über Sofia nach
Konstantinopel für die Türkei und Bulgarien geschaffen. Die
Zuverlässigkeit der deutschen Feldpost wurde allgemein anerkannt.
Überall ergriff sie die Gelegenheit, wenn es galt, die Postverhältnisse
zu bessern. Auch die österreichisch-ungarischen Feldposten und die
bulgarische Post haben übrigens wiederholt die Beförderung
deutscher Feldpost übernommen.
Wie sich der Feldpostverkehr in Serbien, Mazedonien, Bulgarien,
Rumänien, Kleinasien usw. abgewickelt hat, soll wenigstens im
Umriß geschildert werden. Als die 11. Armee gegen Serbien eingesetzt
wurde, erfolgte im Oktober 1915 der Übergang über die Donau und
der Vormarsch die Morawa aufwärts ins Vardartal bis zur griechischen
Grenze. Dem Übergang über die Donau folgte ein wochenlanger,
mühseliger Marsch durch ganz Serbien. Der Nachschub auf der langen
Strecke Oderberg - Budapest - Belgrad -
Nisch - Üsküb -
Köprülü - Prilep - Monastir - Ochrida
blieb immer schwierig, da die notdürftig hergestellten Straßen,
Brücken und Eisenbahnen in Serbien dauernde Instandsetzungen
erforderten und Unterbrechungen und Entgleisungen an der Tagesordnung waren.
Die Züge verkehrten unregelmäßig, die
Land- [360] straßen waren
unsicher. Geordnete Verhältnisse traten erst ein, als die Verwaltung der
Eisenbahnen in deutsche Hände überging. Auf der 40 km
langen Paßstraße Drenowo - Prilep, die bis 900 m
ansteigt, waren die Wege lange Wochen vereist und an den Rändern bis zu
½ m tief versumpft, so daß die Lastwagen im Schlamm
stecken blieben, wenn sie auf dem Glatteis abgerutscht waren. Sie brauchten zu
der Fahrt über die Paßstraße oft mehrere Tage, Postfuhrwerk,
woran Mangel war, noch weit mehr Zeit, und den Truppen war eine
regelmäßige Abholung bei den in Prilep gelegenen Feldpostanstalten
wegen der großen Entfernungen und beschwerlichen Wege häufig
nicht möglich. Zur Beförderung mußten deshalb serbische
Gebirgswagen und Tragtierkolonnen herangeholt werden. Auch sie hatten mit den
größten Schwierigkeiten zu kämpfen. Obwohl die leichten
Wagen mit 4 Pferden bespannt wurden, blieben sie auf den verschlammten Wegen
häufig stecken und froren bei Eintritt des Frostes fest, so daß sie
während der Nacht unbeweglich auf der Straße beharren
mußten. Die Tragtierkolonnen wanderten auf schmalen Saumpfaden in
Höhe von mehr als 1200 m, wobei es wiederholt vorkam, daß
die Postsäcke durch Scheuern an den Felsblöcken und an
Dorngestrüpp aufrissen und Briefe und Päckchen in die tiefen
Schluchten herabfielen, aus denen sie nicht wieder herausgeholt werden konnten.
Menschen und Tiere hatten unter dem Klima und infolge der schlechten
Unterkunft schwer zu leiden. Während der Winter kalt und naß
gewesen war, setzte im Sommer eine trockene, erschlaffende Hitze mit
Malaria-, Fieber- und Darmkrankheiten ein.
Im Mai 1916 fand übrigens ein vorübergehender Briefaustausch
zwischen Deutschland, Österreich-Ungarn und Bulgarien einerseits und
Griechenland andrerseits durch Vermittlung der deutschen Feldpost statt. Die Post
nach Griechenland ging mit der Eisenbahn bis Gradsko, von da mit Kraftwagen
nach Monastir und weiter mit Pferdewagen nach Corca an der griechischen
Grenze. Dieser Verkehr mußte aber bald eingestellt werden, als serbische
Truppen über Florina hinaus nach Westen vorstießen.
An der bulgarischen Südfront übernahmen im Winter 1916/17
bulgarische Schaffnerbahnposten die Beförderung der deutschen Feldpost
an die daselbst kämpfenden deutschen Abteilungen und Stäbe, und
deutsche Feldpostschaffner beförderten die
Geld- und Wertsendungen in wöchentlichen Rundfahrten von Sofia aus,
dem Standort einer deutschen Feldpoststation.
Ähnlich waren die Einrichtungen für die über ganz Bulgarien
verstreuten deutschen Truppenabteilungen. Auf denjenigen Eisenbahnlinien, auf
denen regelmäßig eine größere Ladung an Feldpost
fortzuschaffen war, erfolgte die Beförderung durch deutsche
Feldpostschaffner im Packwagen, sonst durch die bulgarische Landespost. Wo
deutsche Formationen in größerer Zahl und Stärke vorhanden
waren, wurden deutsche Feldpoststationen eingerichtet. Zur Beförderung
und Annahme von Geld- und Wertsendungen waren auch hier
be- [361] sondere
Feldpostschaffner eingestellt, die wöchentlich zweimal
regelmäßige Rundfahrten unternahmen. Wenn sich an einem Orte die
Beschäftigung eines Beamten nicht verlohnte, wurden Postumschlagstellen
mit Annahme- und Ausgabebefugnissen unter der Leitung eines
Feldpostschaffners, sogenannte Feldposthilfsstationen, eingesetzt.
Als die deutschen Truppen aus Bulgarien über die Donau gingen, wurden
österreichische Donaudampfer zum Transport der Feldpost herangezogen
und, als die Truppen ostwärts bis über Bukarest hinaus
vorstießen, besondere Postkolonnen gebildet, bis die Eisenbahnen in
Rumänien wieder benutzt werden konnten.
Für das 4. griechische Korps, das nach Görlitz überführt
worden war, wurde durch die bulgarische Generaldirektion der Posten und
Telegraphen und die bulgarische Feldpost eine Beförderung von Briefen
der Angehörigen des Korps nach Mazedonien eingerichtet, wozu auch die
deutsche Feldpost ihre Unterstützung lieh.
Der Einfall der Rumänen in Siebenbürgen Ende August 1916
führte zur Aufstellung einer neuen deutschen (9.) Armee in
Südungarn. Der Armeepostdirektor 15 mußte zunächst
die Postversorgung der deutschen Truppen bei der 7.
österreichisch-ungarischen Armee in den Waldkarpathen sicherstellen.
Während die Feldpost auf den ungarischen Eisenbahnen bis dahin durch
ungarisches Postpersonal befördert worden war, konnten nun eigene
deutsche Schaffnerbahnposten eingerichtet werden, wodurch der Nachschub der
Post wesentlich gebessert wurde. Die Unbilden der Witterung machten sich bald
bemerkbar. Der harte Winter brachte hohen Schnee, Anschlußverfehlungen
und Zugentgleisungen häuften sich, so daß die Zuführung der
Post an die Truppen immer schwieriger wurde. Auf hohen Bergen mußten
Zweigstellen der Feldpostanstalten den ganzen Winter hindurch unterhalten und
versorgt werden. Wiederholt stürzten Fahrzeuge von den schmalen,
jäh zu den Flußtälern abfallenden Straßen in die Tiefe.
Tragtiere und Schneeschuhläufer brauchten oft
2 - 3 Tage, um die Post wenige Kilometer vorzubringen. In den
transsylvanischen Alpen mußten sich die Postkolonnen unter
Führung von Feldpostsekretären und Feldpostschaffnern in langem,
unübersehbarem Zuge auf den schmalen, mit Transporten aller Art
überfüllten Straßen mit Hilfe der großen
Divisionstragtierkolonnen zu den vorgeschobenen Feldpostanstalten
heraufarbeiten. Die Vorbringung von nur 420 Sack Post für ein
Jägerregiment erforderte beispielsweise die Mitwirkung von 50 Panjewagen
und 195 Tragtieren einer k. u. k. Tragtierstaffel. Die Anforderungen,
die dabei an die Verantwortung, Energie, Umsicht und Kräfte der
Führer gestellt werden mußten, waren sehr erheblich. Unter
ungemeinen Anstrengungen mußte auch die Überschreitung der
hohen, steil ansteigenden Paßstraßen bewerkstelligt werden. Auf die
Überwindung des Gebirges folgte der rasche Vormarsch in der Walachei,
wo die Eisenbahnen und Brücken [362] zerstört und
gebrauchsfähige Lokomotiven und Eisenbahnwagen kaum vorhanden
waren. In geradezu fürchterlichem Zustande befand sich die Straße,
die über Targu Jiu - Filiasu nach Craiova führt. Ihre
aufgewühlte und zerfahrene Decke war nur noch ein Morast, und mit ihren
vielen, äußerlich nicht sichtbaren Granattrichtern, den gesprengten
und notdürftig wieder hergerichteten Brücken und ihren
trügerischen Furten wurde die Straße ein Massengrab für
Fuhrwerke und Kraftwagen. Auf der Eisenbahnstrecke Targu
Jiu - Craiova konnte aber bald wenigstens ein Schienenautobetrieb
für die Postbeförderung nutzbar gemacht werden. Die
militärischen Kraftwagenkolonnen halfen auch hier, soviel sie konnten.
Auch sie kamen allerdings nur langsam vorwärts. Zum Beispiel erreichte
eine ihrer Division nachmarschierende Aushilfskolonne von 50 Proviantwagen,
der die Feldpost mitgegeben war, erst vier Wochen später ihre Division.
Eine Ochsenkolonne, die ein Postbegleiter zum Transport seiner Ladung requiriert
hatte, als die Autos steckengeblieben waren, erreichte die Feldpostexpedition erst
nach siebzehntägigem Marsche, ohne daß der Schaffner unterwegs
Gelegenheit erhielt, sich telegraphisch oder telephonisch mit seiner Dienststelle in
Verbindung zu setzen. Trotz aller Schwierigkeiten verzagten die Leute aber nicht
und führten ihre Aufträge mit der größten Beharrlichkeit
durch. In einem Falle nahm ein Feldpostschaffner kurz entschlossen die
Geldbriefbeutel mit wertvollem Inhalt auf den Nacken und marschierte zu
Fuß 150 km weit seiner Feldpostexpedition nach, die er auch
wohlbehalten erreichte.
Eine betrübliche Erscheinung bildete die Unzuverlässigkeit und das
Übelwollen der ungarischen Eisenbahner, auf deren Hilfe die deutsche
Feldpost in Ungarn leider angewiesen war. Besonders oft wurden die
Päckchenwagen, die von Dresden nach Bukarest 3 Wochen und
länger unterwegs waren, auf ungarischen Stationen unnötig
aufgehalten und beraubt, so daß den Güterwagen zur Sicherung gegen
Diebstahl schließlich Begleiter beigegeben werden mußten, die bei
strenger Kälte in ungeheizten Wagen tagelang auf kalte Kost angewiesen
blieben.
Im Gegensatz zu diesen unerquicklichen Verhältnissen hat sich die
Kameradschaft der österreichisch-ungarischen Feldposten und Truppen
vielfach bewährt. Immer waren sie bereit, zu helfen. Anfang August 1917
beförderte, um einen besonderen Fall zu nennen, ein
österreichisch-ungarisches Flugzeug die Briefpost für zwei von ihrer
Division abgekommene deutsche Regimenter, die auf anderem Wege nicht
erreichbar waren, auf dem Luftwege über das unwegsame Grenzgebirge
hinweg nach Focsani.
Der Vormarsch der deutschen Truppen in die Ukraine brachte der Feldpost ein
neues Wirkungsfeld und führte 1918 zur Einrichtung einer Postzentrale in
Kiew und zahlreicher Feldpoststationen in der Ukraine, am Nordufer des
Schwarzen Meeres und auf der Halbinsel Krim. Ihr Verkehr erhielt besondere
Bedeutung dadurch, daß nach Abschluß des Wirtschaftsabkommens
Deutschlands mit der [363] Ukraine zur Erfassung
der Ausfuhrgegenstände - Getreide, Lebensmittel und
Rohstoffe - eine Reihe von deutschen wirtschaftlichen Einrichtungen ins
Leben traten, die hinsichtlich des Postverkehrs auf die deutsche Feldpost
angewiesen waren. Die Feldpostanstalten in Odessa, Nikolajew,
Sewastopol usw. und im Kaukasus und für die Deutsche Delegation
im Kaukasus konnten auch mit der deutschen Feldpost in Konstanza Verbindung
halten. Zwischen Odessa und Konstanza verkehrten zwei Dampfer ziemlich
regelmäßig, zum Teil ging die Post nach der Heimat auch mit
Gelegenheitsdampfern von Odessa nach Konstantinopel. Nach der Ostküste
des Schwarzen Meeres war die Beförderung mangels einer
regelmäßigen Dampferverbindung leider häufig
unterbrochen.
Der Austausch der Post zwischen den deutschen Truppen in den
Balkanländern und mit der Türkei erfolgte zunächst in
geschlossenen plombierten Sammelsäcken zwischen der deutschen
Feldpost in Sofia und der Feldpost der deutschen Militärmission in
Konstantinopel durch Vermittlung der bulgarischen und türkischen
Landespost; das Einsetzen eines besonderen deutschen
Heeresgruppenkommandos in der Türkei mit dem Stützpunkt in
Konstantinopel machte aber bald die Einrichtung einer eigenen
Postbeförderung durch deutsche Postbegleiter zwischen Sofia und
Konstantinopel nötig, die zweimal wöchentlich in
Transportzügen mit deutschem Personal ausgeführt werden
konnte.
In Kleinasien waren deutsche und österreichisch-ungarische
Truppenabteilungen an den Dardanellen, in Palästina, im Ostjordangebiet,
auf der Sinaihalbinsel und in Mesopotamien in zahlreichen kleinen Kommandos
verschiedener Spezialwaffen eingesetzt. Mitte 1917 folgten einige höhere
deutsche Stäbe und geschlossene Verbände, für die nach ihrer
Vereinigung mit osmanischen Truppen dem Oberbefehlshaber der Heeresgruppe
"Jildirim" eine eigene deutsche Feldpostanstalt beigegeben wurde. Sie hatte nicht
nur für den Stab und die geschlossenen Abteilungen zu sorgen, sondern vor
allem für die über das ganze große Gebiet verstreuten kleinen
und kleinsten Verbände, für die zeitweilig mehr als ein Dutzend
postalischer und militärischer
Annahme- und Ausgabestellen in Tätigkeit waren. Auch die geringe
türkische Post und die der dort eingesetzten
österreichisch-ungarischen Formationen mußte mitbefördert
werden. Die aus Deutschland täglich eingehende Post konnte nach den
Eisenbahnverhältnissen nur zweimal in der Woche weiterbefördert
werden; besonders war ein regelmäßiger Zugverkehr auf der zuletzt
2000 km langen Bagdadbahn, von der die Taurustunnelstrecke leider erst
im September 1918 fertiggestellt werden konnte, nicht zu erreichen. Zahlreiche
Umschlagstellen mußten deshalb auf den Bahnhöfen unterhalten
werden. Von großer Bedeutung wurde für die Feldpost die von der
Bagdadbahn bei Aleppo nach dem Süden abzweigende
Anschlußbahn, die nach der Sinaifront und nach Palästina
führte. Die Beförderung der Post auf den Eisenbahnen war nicht
ungefährlich, weil sie zum großen Teil auf Holzfeuerung eingerichtet
|
waren, die in der heißen Jahreszeit einen starken [364] Funkenflug
verursachte. Wo die Eisenbahnen aufhörten, mußten in dem
ungeheuren Gebiet die mannigfaltigsten Beförderungsmittel verwendet
werden. Wenn Lastkraftwagen und Krafträder fehlten oder wegen der
Wegeverhältnisse nicht verwendet werden konnten, mußte auf die
landesüblichen Fuhrwerke und auf Kamele zurückgegriffen werden.
Auch Flugzeuge wurden besonders im Osten bis zur persischen Grenze zur
Postbeförderung herangezogen, ebenso im
Euphrat- und Tigrisgebiet Boote, die die Post stromabwärts
beförderten.
Die Menge der innerhalb eines Jahres bei der deutschen Feldpost in der
Türkei von einem Personal von nur 15 Beamten, 44 Unterbeamten und 30
deutschen und türkischen Aushilfskräften bearbeiteten
Postsendungen kann auf 13 Millionen veranschlagt
werden - eine Leistung, die wegen der Hindernisse, die aus der Entfernung
von der Heimat, der Unzulänglichkeit der türkischen
Verkehrseinrichtungen, der großen Ausdehnung des Landes und aus den
klimatischen Verhältnissen erwuchsen, nicht hoch genug geschätzt
werden kann.
Aus dem Schlußbericht der Feldpostanstalt sei ein Satz wörtlich
wiedergegeben, der die vielseitigen Verhältnisse besonders reizvoll
schildert:
"Die Post gelangte aus der Heimat bis
in die öden leblosen Steppen und Wüsten, in die
wildzerklüfteten, kahlen Felsberge, in steinige, ungangbare, während
der Regenzeit von reißenden Strömen ausgefüllte
Trockentäler, in die Zufluchtstätten der Verwundeten und Kranken,
die deutschen Lazarette dicht hinter der Front und in größeren
Etappenorten und in die freundlichen Genesungsheime am blauen Mittelmeer, auf
den erfrischende Höhenluft spendenden, immer in üppiger
Vegetation prangenden Libanon nicht täglich und schnellstens in 14 Tagen.
Aber gerade deshalb war die Freude um so größer, die auch die vom
harten Kampf in sengender Sonnenglut Müden und Matten, die von
markzehrendem tückischen Fieber Niedergeworfenen neu belebte, wenn es
hieß: »die Post ist da«."
Als Anfang Oktober 1917 die Besetzung der baltischen Inseln durch die 8. Armee
unter Mitwirkung der Marine erfolgte, nahm auch die Feldpost an dem
Unternehmen teil. Umfangreiche Vorbereitungen, wie
Ein- und Ausladeübungen, gingen voraus; auch eine lange Briefsperre
wurde verhängt. Die erste Landung erfolgte bei Arensburg auf der Insel
Ösel, wo sogleich am Hafen eine Umschlagstelle, im Orte eine
Feldpoststation eingerichtet wurde. Bei hohem Seegang war später die
Landung der Post oft tagelang unmöglich. Auf Dagö und Moon
wurden im Verlauf der Besetzung ebenfalls Ausgabestellen eröffnet, von
wo aus die Post durch Kraftwagen oder durch Kolonnen mit erbeuteten
Fahrzeugen oder auf schnell hergerichteten Feldbahnen weiterzubefördern
war. Die dienstliche Post wurde mit Depeschenbooten von Libau nach Arensburg
befördert, die Privatpost mit Gelegenheitsfrachtdampfern, bis Ende Oktober
1917 eine regelmäßigere Briefpostfahrt durch Torpedoboote in Gang
kam. Ende November 1917 setzten Stürme, Nebel und Eisgang ein, die zu
einer vierzehntägigen Pause zwangen, bevor es gelang, den Landweg
über [365] Riga zu benutzen.
Auch Flugzeuge, die leider die Post nicht vollständig mitnehmen konnten,
und Eisbrecher wurden zur Postbeförderung herangezogen. Beim
Vormarsch der deutschen Truppen nach Livland und Estland wurde
schließlich auch auf den Alandsinseln vorübergehend eine
Feldpoststation eingerichtet.
Die in Finnland operierende Ostseedivision hatte eine eigene Feldpostanstalt, die
ihre Post durch die Schiffe erhielt, die seit Mitte April 1918
regelmäßig zwischen Reval und Helsingfors verkehrten.
Der Angriff der 14. Armee gegen Italien im Herbst 1917 stellte die Feldpost vor
eine neue schwierige Aufgabe. Am 25. September nahm der Armeepostdirektor
seine vorbereitende Tätigkeit in Klagenfurt auf. Bereits am 18. September
wurde für die sich sammelnden Truppen eine bis zum 19. Oktober
verlängerte Briefsperre verhängt. Den Heeresangehörigen war
während dieser Sperre lediglich gestattet, die im
österreichisch-ungarischen Heere bereits gebräuchliche grüne
Feldpostkarte abzusenden, die den in neun Sprachen abgefaßten Vordruck
trug: "Ich bin gesund und es geht mir gut" und scherzhaft Kriegsgefangenenkarte
genannt wurde.
Von den Karten wurde ein so lebhafter Gebrauch gemacht, daß 2½
Millionen Formulare ausgegeben werden mußten. Der Vormarsch
über das Gebirge nach Westen gestaltete sich sehr beschwerlich. Auf den
steilen Serpentinen und den zum Teil sehr schmalen, steil abfallenden
Straßen war peinlichste Marschordnung notwendig. Die schweren
Proviantwagen mußten gegen leichtere Landesfuhrwerke, die Kraftwagen
zum Teil gegen Bergsteiger mit stärkeren Motoren ausgetauscht,
Hemmschuh und Bergstütze eingesetzt werden. Zur Entlastung des im
Gebirge nur schwer unterzubringenden und schwierig zu verpflegenden Trosses
wurde von jeder Feldpostanstalt bei der Truppe nur ein kleines Vorkommando
belassen. Mit dem Betreten des italienischen Bodens setzte bei den Truppen sofort
eine gewaltige Auflieferung von Päckchen mit Seife, Wolle, Webwaren und
Lebensmitteln ein, die sich bis zum Dezember 1917 verdreifachte. Die Benutzung
der Eisenbahnen zur Postbeförderung konnte nur mangelhaft sein; denn die
meist eingleisigen Bahnen reichten kaum hin, den Nachschub an Munition und
Kriegsbedarf zu bewältigen. Ihre Verwaltung war zudem
ausschließlich in den Händen der
österreichisch-ungarischen Behörden, die natürlich in erster
Linie die eigenen Bedürfnisse befriedigten. Gleichwohl konnte mit der
Eisenbahn ein gedeihliches Zusammenarbeiten aufrechterhalten werden, so
daß der Nachschub aus der Heimat geregelt vor sich ging, nachdem auch die
völlig verstopften Landstraßen frei gemacht waren. Das inzwischen
bei dem Leitpunkt München aufgestapelte Päckchenlager konnte
allerdings erst Anfang Dezember geräumt werden, weil die Armeeleitung
die Zustimmung zur Beförderung zu den Truppen versagte, um
Störungen der Munitionstransporte zu verhindern. Als der Stellungskampf
einsetzte, traten auch für die Feldpost an der italienischen Front bald ruhige
Verhältnisse ein.
[366] Das dem Briefpostamt
in Berlin angegliederte Marinepostbureau hatte im Frieden die Vermittlung des
Postverkehrs mit den Kriegsschiffen im Auslande zu besorgen. Dieser Verkehr
hörte zu Kriegsbeginn zunächst auf, konnte aber bald wenigstens
für diejenigen Schiffe wieder aufgenommen werden, die neutrale
Häfen, z. B. in Holland, den Vereinigten Staaten von Amerika und in
der Türkei aufzusuchen vermocht hatten. Hierzu kam die Post für die
Mannschaften gesunkener Schiffe, die im Auslande interniert waren. Für
die in außereuropäischen Gewässern befindlichen
Mannschaften solcher Schiffe wurden die Postsendungen bis März 1916 in
besonderen geschlossenen Beuteln befördert; sie mußten aber
später als Kriegsgefangenensendungen behandelt werden, weil die
Engländer die Post von den neutralen Dampfern herunterholten und
beschlagnahmten. Im Verkehr nach der Türkei handelte es sich
zunächst um die Post für die beiden Kreuzer "Breslau" und "Goeben", die über Rumänien geleitet wurde. Als die deutschen
Marine- und Heeresabteilungen in der Türkei erheblich verstärkt
wurden, übernahm das Marinepostbureau neben der Bearbeitung der
Postsachen für die Marine auch die für die Heeresangehörigen,
deren Post der Feldpostanstalt der Militärmission in Konstantinopel
zugeführt wurde. Auch für die im Adriatischen Meere operierenden
deutschen U-Boote konnte eine Postverbindung über Wien und Budapest
unterhalten werden.
Das Marinepostbureau bearbeitete außerdem seit Kriegsbeginn die Post
für das Marinekorps in Flandern und für die Marineformationen in
Kurland. Endlich hatte das Marinepostbureau den gesamten Briefverkehr
für die Schiffe, U- und Torpedoboote in den heimischen Gewässern
nach geheimen Weisungen der Marinebehörden zu regeln. Sehr erheblich
war der Postanweisungsverkehr. 1917 wurden 10 000 Postanweisungen
und Zahlkarten im Gesamtbetrage von 420 000 Mk. an die Schiffe
übermittelt, während von den Schiffen 70 000
Postanweisungen und Zahlkarten über 9 000 000 Mk.
eingingen.
Infolge der sofort bei Beginn des Krieges einsetzenden Absperrung der deutschen
Kolonien durch die Engländer war eine regelmäßige und
dauernde Überführung der Feldpost von und nach den Kolonien
nicht möglich. Es gelang indes im Verlauf des Krieges in einzelnen
Fällen deutschen Hilfskreuzern, die Blockade zu durchbrechen und den
deutschen Kämpfern in den Kolonien neben Kriegsbedürfnissen auch
die so sehnsüchtig erwarteten Nachrichten aus der Heimat
zuzuführen. Im übrigen waren unsere braven Kämpfer bei
ihrer heldenhaften Verteidigung auf ihre eigenen Hilfsmittel angewiesen.
In Südwestafrika wurde Mitte September
1914 innerhalb des Schutzgebiets
ein Feldpostdienst eingerichtet, nachdem der Angriff der Südafrikanischen
Union gegen die Kolonie eingesetzt hatte. Er beschränkte sich im
allgemeinen auf Briefe und Postkarten; Ende Oktober wurden aber auch
gebührenfreie Feldpostpakete zugelassen, in denen den Kämpfern
hauptsächlich Tabak, Schokolade, Seife, Bücher und Wäsche
zugeführt wurde. Der Feld- [367] postverkehr wickelte
sich glatt ab, wurde lebhaft in Anspruch genommen und erst mit Beendigung der
Kämpfe im Juli 1915 eingestellt. Bei einigen Unternehmungen nahmen die
Feldpostbeamten mit der Waffe an den Kämpfen teil. Zur Verbindung der
Truppen in dem weiten Gebiet mußten zahlreiche
Kriegstelegraphenleitungen gebaut werden, wobei die sachkundigen Postbeamten
wertvolle Dienste leisteten. Die Verbindung mit der Heimat unterhielt bis Ende
April 1915 die Funkstation Windhuk, die zunächst mit der Funkstation
Kamina in Togo in Verbindung treten konnte, aber als diese zerstört war,
versuchen mußte, die Funkstation in Nauen unmittelbar zu erreichen. Es
gelang nicht immer; aber selbst die wegen der atmosphärischen
Störungen spärlichen und zum Teil verstümmelten
Nachrichten aus der Heimat gestatteten der Kolonie hier und da einen
Überblick über die wirkliche Kriegslage.
In Kamerun hatte
der letzte Heimatdampfer "Henny Woermann" Duala am 24.
Juli 1914 verlassen. Er mußte in Las Palmas nach Amerika abbiegen und
schließlich Pernambuko anlaufen, wo er später von der
brasilianischen Regierung beschlagnahmt wurde. Für die Postverbindung
nach der Heimat stand dem Postamt in Duala nur ein Weg, der über das
spanische Munigebiet, Fernando Po und Spanien, offen. Als Duala Ende
September 1914 fiel, konnte diese Verbindung von Jaunde aus bis zur
Übergabe des Gebiets offengehalten werden. Im inneren Postverkehr des
Schutzgebiets wurden zahlreiche neue Postverbindungen hergestellt, wobei auf
besonders wichtigen Strecken Motorräder verkehrten. Da die
Kabelverbindung
Duala - Lome - Teneriffa - Emden nur bis zum 5.
August 1914 bestand, konnte der amtliche Telegrammverkehr mit der Heimat nur
auf funkentelegraphischem Wege zunächst von der Küstenfunkstelle
Duala über Kamina und über Fernando Po für kurze
Zeit aufrechterhalten werden und, als auch Duala verloren war, wenigstens eine
Funkenempfangsstelle im Innern des Landes unterhalten werden. Für den
inneren Telegrammverkehr der Kolonie und vor allem der Truppen wurden auch
in dieser Kolonie in ausgedehntestem Umfange neue Leitungen hergestellt, wozu
bei dem Mangel an Telegraphenmaterialien entbehrliche Leitungen abgebaut und
alle für den Telegraphenbau nur irgend verwendbaren
Drähte usw. aus dem ganzen Lande zusammengesucht werden
mußten. Der Telegraphendienst konnte auf diese Weise bis zum Verlassen
des Gebiets im Februar 1916 notdürftig durchgeführt und trotz der
Mängel der Leitungen auf den Hauptlinien sogar mit Morseapparaten
betrieben werden.
In Togo bestand nur
einige Tage ein beschränkter Feldpostdienst zur
Verbindung zwischen der Funkstation Kamina und der im Nachbarorte Atakpame
untergebrachten Europäerkompagnie. Schon am 27. August 1914
mußte die Übergabe der von allen Seiten vom Feinde umringten
Kolonie an die Engländer und Franzosen erfolgen. Die Funkstation
Kamina, die mit Nauen dauernd Verbindung halten konnte und schon im Frieden
für sämtliche deutschen Kolonien [368] in Afrika von der
größten Bedeutung war, ist also im Kriege leider nur wenige Wochen
in Tätigkeit gewesen. In der kurzen Zeit hat sie aber mit den übrigen
Kolonien wertvolle Nachrichten austauschen und auch zahlreiche feindliche
Nachrichten von Bedeutung auffangen können. Es gelang, sie durch
Sprengung zu zerstören, ehe sich die Feinde in ihren Besitz setzen
konnten.
In Deutsch-Ostafrika wurde sogleich
bei Kriegsausbruch Feldpost und
Feldtelegraphie in enger Anlehnung an die vorhandenen Verkehrseinrichtungen
eingerichtet. Eine besondere Feldpoststation war von Anfang Oktober 1914 bis
Juli 1915 sogar auf britisch-ostafrikanischem Gebiet, in Taveta, in
Tätigkeit, das von den deutschen Kolonialtruppen besetzt worden war.
Für größere Truppenkörper standen 3 Feldpoststationen
zur Verfügung, die den Dienst an Orten ohne Postanstalt wahrnehmen
sollten. Ihr Personal wurde aus Postbeamten und Kommandierten aus der Truppe
gebildet. Namentlich an der Küste und zwischen dem Norden und der
Tanganjikabahn wurden außerdem zahlreiche Botenposten unterhalten,
sogar ein Paketverkehr durch Überlandboten eingerichtet. Als unter dem
Druck der englischen Offensive die Tanganjikabahn im August 1916
geräumt und die Postanstalten eine nach der anderen geschlossen werden
mußten, trat auch hier die Feldpost in den Hintergrund und die
Feldtelegraphen gewannen erhöhte Bedeutung. Trotz des großen
Mangels an Materialien wurden die Telegraphenlinien, ebenso wie es in Kamerun
der Fall war, unter unsäglichen Schwierigkeiten erweitert und unterhalten.
Einige Funkempfangsstellen, die im Innern eingerichtet waren, konnten von
Kamina,
Windhuk, Duala und auch von Nauen wertvolle Nachrichten aus der
Heimat empfangen.
Im Schutzgebiet
Kiautschou traf die letzte Briefpost aus Deutschland am 2.
August 1914 über Kiachta in Sibirien ein. Es war von vornherein klar,
daß sich das entlegene Gebiet nicht lange halten konnte. Auch die
chinesischen Hilfskräfte der Post und Telegraphie wußten das und
suchten schon den Dienst zu verlassen, als Englands Kriegserklärung
bekannt wurde. Trotz dieser Schwierigkeiten wurde vom 13. August ab der
Feldpostverkehr eingerichtet. Die Bahnverbindung mit dem westwärts
gelegenen chinesischen Orte Tsinanfu konnte aufrechterhalten werden, bis Anfang
September Hochwasser und Überschwemmung eintraten und am 14.
September mit der Besetzung des Bahnhofs Kiautschou durch die Japaner auch
die Postverbindung mit Schanghai verlorenging. Wiederholt haben aber nach
dieser Zeit Beamte der Gefahr der Gefangennahme und des Todes getrotzt und
sich durch die Reihen der Japaner geschlichen, um Postverbindung nach dem
Süden herzustellen. Ihr tapferes Verhalten war auch mehrfach von Erfolg
gekrönt.
Die Landtelegraphenlinien waren vom 9. September ab dauernd gestört,
und es bestand nach dieser Zeit nur eine Funkverbindung mit dem in Schanghai
liegenden Reichspostdampfer Sikiang der
Hamburg-Amerika-Linie. Die Funkstation Tsingtau, die bis auf einige geringe
Störungen durch Schrapnellschüsse [369] bis zum Tage der
Einnahme Tsingtaus am 7.
November 1914 betriebsfähig gewesen ist, hat
vorwiegend für militärische Zwecke und sonstige wichtige
Nachrichten zur Verfügung gestanden und konnte kurz vor der Einnahme
von Tsingtau gesprengt und für die Feinde unbrauchbar gemacht werden.
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