[Bd. 1 S. 143]
Unser geschichtliches Wissen um diese große Gestalt des deutschen Mittelalters setzt mit dem Jahre 1209 ein, als er schon als Hochmeister des Deutschen Ordens in Erscheinung trat, der damals in Akkon freilich noch ein bescheidenes und zwischen den großen alten Ordensinstitutionen, die sich viel früher am Mittelmeerkreis herausgebildet hatten, den Templern und Johannitern, sehr eingeengtes Dasein fristete. Durch fünfzehn Jahre, also ein halbes Menschenalter hindurch, von 1209 bis 1224, deutete nichts darauf hin, daß dieser Hermann von Salza, der übrigens schon der vierte Hochmeister des Ordens war, einmal am Ostseekreis und im Nordosten ein großes Reichsschicksal einleiten sollte. Sein Gesichtskreis war der mittelalterlich-mönchische, in dessen Mittelpunkt der Kampf um das Heilige Land stand. Kaum war er Hochmeister geworden, da reiste er auch schon nach Palästina und von dort nach Armenien. Etwa in die Zeit dieser Reise fiel ein außerordentlich bedeutsames Ereignis: König Andreas von Ungarn rief den Orden in das Burzenland in Siebenbürgen. Der Orden sollte dort den Schutz gegen die Kumanen und gegen die heidnischen Angreifer aus der Walachei übernehmen. Kaum ein Jahrzehnt war vergangen, seit Innozenz III. im Jahre 1199 die Umwandlung des Ordenshospitals in Akkon in einen Ritterorden verfügt hatte. Schon deshalb bedeutete es ein gewisses Wagnis, wenn der Hochmeister darauf einging. Er hätte es auch nicht wagen können, wenn er nicht seit seinen Gründungstagen zu den Staufern besonders gute Beziehungen unterhalten und zugleich gegenüber dem Konkurrenzneid von Johannitern und Templers den weitgehenden Schutz des Papstes gehabt hätte. So schritt denn in den ersten Jahren nach der Niederlassung im Burzenlande das dortige Werk des Ordens, der vor allem auch viele Deutsche nach sich zog, kräftig voran. Der Hochmeister hatte nicht etwa die Absicht, in Siebenbürgen mehr als einen in sich gefestigten Kolonialstaat einzurichten. Gerade in den Jahren der siebenbürgischen Niederlassungen baute er in Akkon das Hauptschloß Montfort als Hochmeistersitz aus. Für ihn lag auch [144] Siebenbürgen am vorgeschobenen Rande der Mittelmeerwelt, und erst im weiteren Verlaufe der Entwicklung des Ordens selbst kam der Hochmeister dazu, in dieser Niederlassung eine eigenstaatliche Möglichkeit zu sehen. Das Jahr 1217 war ein entscheidendes Jahr für den Orden, denn in ihm fielen zwei Ereignisse zusammen, die beide für den Hochmeister gleich bedeutend sind: der Papst erkannte durch eine besondere Bulle die vollkommene Gleichberechtigung des Deutschritterordens mit den Templern und Johannitern an, und dann traf Hermann von Salza in diesem Jahre zum ersten Male den Mann, der sein ganzes Lebensschicksal fortan im guten wie im bösen bestimmen sollte: Friedrich II. von Hohenstaufen, der seit 1215 deutscher König war und mit dem Papst – 1216 war Honorius III. Nachfolger des großen Innozenz geworden – allerlei Schwierigkeiten wegen der bevorstehenden Kaiserwahl hatte. Noch waren die Tage Heinrichs IV. und die von Canossa in Rom nicht vergessen, und die große Machtstellung, die Friedrich Barbarossa im 12. Jahrhundert errungen hatte, machte das Papsttum nur noch eifersüchtiger auf die kaiserliche Macht. Im Jahre 1220 trat Hermann von Salza zum erstenmal diplomatisch in Erscheinung. Wesentlich seiner geschickten und biegsamen Verhandlungskunst war es zuzuschreiben, wenn Friedrich die Kaiserkrone am 22. November 1220 aus der Hand des Papstes nehmen konnte. Damit war der Hochmeister des Deutschen Ordens als Mittler zwischen die Fronten des Gegensatzes getreten, der seit den Tagen Heinrichs IV. und Gregors VII. bald mehr, bald weniger deutlich zwischen Kaiser und Papst bestand. Es war nur natürlich, daß der Hochmeister des Ordens, der mit dem Kaiser nicht nur persönlich befreundet, sondern auch sehr wesentlich auf ihn angewiesen war, und der andererseits soeben erst vom Papst ganz bedeutende Privilegien, darunter die Gleichstellung mit Templern und Johannitern bewilligt bekommen hatte, diese Vermittlungsaufgabe übernahm. Nur von einer Überwindung der Spannung zwischen Kaiser und Papst her konnte der Deutsche Orden des frühen 13. Jahrhunderts – das lag nun einmal in der Konstellation jenes Jahrhunderts und dann auch in der Stellung der christlichen Orden des Mittelalters als solche begründet – für sich selbst zu Macht und Geltung kommen. Es kam hinzu, daß Friedrich II. eine hochbegabte Natur von großen persönlichen Reizen war; er mußte den Hochmeister, der bald sein engster Vertrauter wurde, schon aus rein menschlichen Gründen ganz außerordentlich anziehen. Salza selbst hat sich später einmal darauf berufen, daß er versucht hätte, mit Vernunftgründen auf den Kaiser einzuwirken, und das war nötig, denn Friedrich war bei aller Fähigkeit und Begabung wie die meisten Hohenstaufen gelegentlich schwärmerisch und leicht zu begeistern, und es bestand immer die Gefahr, daß die päpstliche Kurie diese Begeisterung auf eigene Rechnung ausbeutete. So hatte Friedrich 1215 nach seiner Krönung zum deutschen König das Kreuz genommen [145] und gelobt, eine Kreuzfahrt ins Heilige Land anzutreten, das seit 1187 verloren war. Wer die mittelalterliche Epoche, um die es hier geht, verstehen will, der darf die Kreuzzugsepisode nicht vergessen: die römische Kirche hat es von Anfang an immer wieder verstanden, bestimmte Bewegungen und Begeisterungswellen nicht nur ihren eigenen Zwecken dienstbar zu machen, sondern sie, wenn es sein sollte und nützlich erschien, auch künstlich und propagandistisch ins Werk zu setzen. Friedrich II. hatte seine so übernommene Kreuzzugsverpflichtung mehrere Male hinausgezögert, aber das Problem wurde brennend, als im Jahre 1222 Graf Heinrich von Schwerin den König Waldemar von Dänemark, der zugleich der Beherrscher fast der ganzen südlichen Ostseeküste war, gefangen nahm. Damit entstand eine Gefahr, die der Papst sofort überschaute: nämlich die, daß nun an der Ostsee, ähnlich wie zu den Zeiten der nordischen Machtstellung Adalberts von Bremen, ein eigenes und eigenwilliges antirömisches oder doch zum mindesten zu Rom nur in einem sehr lockeren Verhältnis stehendes Kraftzentrum entstand. Der Papst setzte sich also in kluger Berechnung für Waldemar von Dänemark ein, der seinerseits natürlich gern bereit gewesen wäre, dieses Entgegenkommen mit einem Kreuzzug nach dem Heiligen Lande zu quittieren. Wieder einmal trat Hermann von Salza als Vermittler in Erscheinung, als ein fein abwägender, sehr biegsamer und doch sehr zielbewußter Diplomat, der nebenher sehr gut die Angelegenheiten seiner eigenen Politik zu verfolgen wußte: so hat er sich für seine Vermittlerrolle eine Reihe von Zugeständnissen für seine Ordenskolonisation in Siebenbürgen geben lassen. Im Frühjahr 1224 veranlaßte er den Papst sogar zu einem ganz entscheidenden Schritt: die Kurie erklärte, daß das vom Orden erschlossene siebenbürgische Burzenland in ihr eigenes Recht genommen – mit anderen Worten, daß es nun ein vom Königreich Ungarn unabhängiger Staat geworden sei. Im Mittelpunkt dieser Staatsgestaltung wollte Hermann von Salza eine großzügige deutsche Kolonisten- und Siedlerbewegung entstehen lassen. Aber als diese ganzen umfassenden ersten staatspolitischen Pläne des Ordens gerade heranreiften, mußte Hermann von Salza in den Angelegenheiten Waldemars von Dänemark eine Vermittlungsreise nach dem Norden antreten. Durch diesen Zufall kam der Hochmeister zum erstenmal mit dem großen, damals vom Reich her viel zu wenig erfaßten Ostsee- und Ostproblem in Berührung. Noch im Jahre 1215 hatte Friedrich II. dem König von Dänemark alle Länder östlich der Elbe, ohne eine Ahnung dessen, was er damit eigentlich tat, glatt durch einen Federstrich bewilligt. Der Hochmeister mochte seine Gründe haben, wenn er nun mit großem Geschick bestrebt war, diesen Fehler seinerseits auszugleichen. So kam es dann als Ergebnis von Salzas Reise nach dem hohen Norden zu einem Vertrag zwischen Kaiser Friedrich II. und dem befreiten König von Dänemark, wonach Holstein, Mecklenburg und das 1142 von den Schaumburgern gegründete Lübeck zu Reichslehen erklärt wurden. [146] Die hier entstehende nord- und ostpolitische Linie des Hochmeisters wurde noch verstärkt durch eine große Schlappe, die sein Orden und damit seine Politik im darauffolgenden Jahr, also 1225, in Siebenbürgen erlitten. Dort hatte der König von Ungarn nicht mit Unrecht erkannt, daß die Entstehung eines selbständigen Ordensstaates im ungarischen Königreiche dessen Macht gewaltig vermindern müsse, und kurz entschlossen hatte der Sohn des Königs Andreas, Bela, die Ritter mit bewaffneter Hand im Frühjahr 1225 aus ihren Besitzungen vertrieben. Die Konsequenz, mit der Hermann von Salza diesem Fehlschlag begegnete, zeigt die ganze staatsmännische Größe dieses Mannes. Alle wahren Staatsmänner haben sich nicht nur durch charakterliche Bewährung im Unglück, sondern vor allem dadurch bewiesen, wie sie Schicksalsschläge auffangen und sie dann zum Nutzen und zum Fortschritt ihrer eigenen Politik verwenden konnten. Die Quittung des Hochmeisters auf die Lehren in Siebenbürgen war das Festsetzen der deutschen, kaiserlichen Politik an der Ostseeküste.
Nur Hermann von Salza war es zu verdanken, wenn im Juni 1226 Lübeck vom Kaiser zur reichsfreien Stadt erhoben wurde. Und die Erklärung dafür, warum das geschah, liegt in der einfachen Tatsache, daß im Winter von 1225 auf 1226 Abgesandte des Herzogs von Masovien in der Deutschordenskomturei in Halle erschienen waren und dem Orden die Besitznahme des Kulmerlandes und der Michelau als Schenkung angeboten hatten, falls der Hochmeister dafür dann seinerseits bereit sein wollte, den Herzog Konrad von Masovien in seinem Kampf gegen die heidnischen Pruzzen zu unterstützen. Dazu muß folgendes erklärend bemerkt werden: Die frühen, meist von polnischen Klöstern ausgehenden Versuche einer missionierenden Tätigkeit in Preußen waren gescheitert. Die nach dort oben vorstoßenden Kreuzfahrer hatten, anscheinend weil sie meist mit dem christlichen Herzog von Masovien in Beziehung gestanden hatten, nur zu Gegenangriffen der Pruzzen auf das Herzogtum Masovien geführt, dessen Residenz, Plock an der Weichsel – nordwestlich vom heutigen Warschau – dadurch fortwährend gefährdet wurde. Konrad von Masovien hätte den Orden kaum gerufen, wenn er ihn nicht dringend gebraucht hätte, und im übrigen hatte sein Angebot das eine gegen sich, daß das so großzügig angebotene Kulmerland sich damals nicht mehr in den Händen Konrads, sondern in denen seiner Feinde befand. Daß der Hochmeister von vornherein bereit war, auf diese Angebote hin etwas zu unternehmen, tut sein Eintreten für Lübeck dar. Zugleich aber zeigt dieses Eintreten für die lübeckische Reichsfreiheit auch den ganz ungewöhnlichen Weitblick Hermann von Salzas, der als einer der allerersten Staatsmänner in der deutschen Geschichte wahrhaft raumpolitisch zu denken verstanden hat. Er wußte, daß die Aufrichtung eines neuen Ordensstaates [147] im Weichsellande nur dann vor der Wiederholung der in Siebenbürgen soeben erlittenen Enttäuschungen und Fehlschläge sicher sein könnte, wenn es gelänge, diesem jungen Staatswesen an der Ostseeküste eine ganz starke rückwärtige Verbindung zu verschaffen. Hermann von Salza hat, obwohl sein Leben ihn zunächst auf viele Jahre in den Mittelmeerkreis verwiesen hatte und er selbst kein Norddeutscher war, zum erstenmal die Bedeutung der Ostsee in ihrer vollen Tragweite begriffen, umfassender noch, als Adalbert und Albert von Bremen es getan hatten. Der Masovier war bereit gewesen, dem Orden weitgehende Privilegien in rechtlicher und verwaltungsrechtlicher Hinsicht zu gestatten; keinesfalls hat er daran gedacht, dem Orden eine eigene, unbeschränkte Staatlichkeit zuzugestehen. Das aber und nichts anderes wollte der Hochmeister erreichen. Beim Kaiser fand er bei seinen persönlichen Vorträgen, wie ja die Bewilligung der Reichsfreiheit für Lübeck beweist, volles Verständnis. Es spricht für seine ungewöhnliche diplomatische
Während Konrad von Masovien sich noch eine Weile sperrte, weil die volle staatliche Souveränität, wie der aus den siebenbürgischen Erfahrungen klug gewordene Hochmeister sie nun als conditio sine qua non forderte, ehe er seinen Orden reiten ließ, ihm gar zu weitgehend schien, kamen die Dinge aus Schleswig-Holstein her auf neue Art ins Rollen. Waldemar von Dänemark brach zu Beginn des Jahres 1227 den Reichsfrieden, den Salza ihm drei Jahre zuvor vermittelt hatte, und darauf setzten sich die Holsteiner in Verbindung mit Lübeckern, Mecklenburgern und Bundesgenossen aus dem Reich zur Wehr und schlugen im Juli 1227 bei Bornhöved die alte dänische Machtposition an der Ostseeküste zusammen. Wieder ging der Hochmeister einen Schritt weiter. Lübeck wie auch Halle, wo ja die Verhandlungen mit dem Masovier geführt wurden, waren alte Stätten des Ordens. Schon vor der Umwandlung in einen Ritterorden hatte das alte Spital zu Akkon sowohl in Lübeck wie in Halle eine Niederlassung gehabt. Jetzt benutzte der Hochmeister, der Heinrich den Löwen und die Askanier sehr genau begriffen hatte, Magdeburg für seine Zwecke. Wiederum mit Unterstützung des Kaisers traf er alle Verfügungen, die notwendig waren, um Magdeburg zur strategischen Zentrale des Nachschubs nach Osten zu machen. [148] Wie weitblickend dieser große raumpolitisch und doch deutsch und nochmals deutsch denkende Hochmeister war, das geht am besten aus der Auswahl der Persönlichkeiten hervor, die er in diesen Jahren für den Orden warb, wo er, immer unverrückbar sein neues großes östliches Ziel im Auge haltend, unablässig das Reich bereiste. So bewog er den Landgrafen Konrad von Thüringen, den Sohn der Heiligen Elisabeth, zum Eintritt. Damit gewann er Marburg als außerordentlich wesentlichen Stützpunkt für sich, der dem Orden dann auch durch die Jahrhunderte hindurch treu geblieben ist. Nicht weniger wichtig war die Gewinnung des Markgrafen Heinrich von Meißen. Meißen war seit den Tagen König Heinrichs des Ersten, des großen Niedersachsen, die Grenze des Reiches nach Osten hin. Mit der Gewinnung von Lübeck, Magdeburg und Meißen brachte der großzügige Staatsmann, der an die Erschließung der Weichsel dachte, zunächst einmal die Elblinie als rückwärtige Verbindung in seine Hand. Der niedersächsische Raum war für ihn, der sich anschickte, das Erbe des Löwen und Albrechts des Bären, des ersten Askaniers, anzutreten, von ganz entscheidender Bedeutung. Schon damals gewann er den Markgrafen Otto von Brandenburg als Bundesgenossen, denselben Askanier, der bald danach Brandenburg am Haff gründen sollte. Herzog Otto von Braunschweig, den Welfen, gewann er sogar für den Orden selbst. So hatte er, ehe er überhaupt in die entscheidenden Verhandlungen mit dem Herzog von Masovien eintrat, die besten Kräfte des Reiches, fast alle Geschichte gestaltenden Männer des jungen norddeutschen Raumes für sich gewonnen. Er dachte weit, dachte an Adalbert von Bremen, der schon im 11. Jahrhundert zum erstenmal die baltische Ostseeküste erschlossen hatte, und an Albert von Bremen, der 1201 zum Gründer Rigas geworden war, dachte an Otto von Bamberg, der schon im 11. Jahrhundert mit der Christianisierung Pommerns begonnen hatte, dachte auch daran, daß im Baltikum noch der Schwertbrüderorden saß, der im Jahre 1202 entstanden war und dem vielleicht eine große Zukunft beschieden wäre, wenn es gelänge, von der neuen Kulmer Ordensbasis aus den Anschluß an diese Schwertbrüder zu gewinnen. So spiegelte sich in diesem großen Geist die ganze damalige Welt, die Welt der Ostsee und die Welt des Mittelmeers, und indem er sie beide in ein Verhältnis zueinander brachte, das seinen Plänen günstig war, reifte die östliche Gründung heran, mit der er sich Unsterblichkeit erobern sollte. Noch einmal mußte der Hochmeister einen Umweg durch die Mittelmeerpolitik antreten, ehe er gegenüber dem masovischen Angebot wirklich zum Handeln kommen konnte. Friedrich II. war 1227 von dem neuen, weit gefährlicheren Papst Gregor IX. mit dem Bannfluch belegt worden, weil er versäumt hatte, die übernommene Kreuzzugsverpflichtung innerhalb der vorgeschriebenen Fristen zu erfüllen. Dann aber fuhr der mit dem Kirchenbann belegte Kaiser doch nach dem Orient, ohne großes Heer, als kluger diplomatischer Vermittler, und er erreichte, [149] was ihm militärisch vielleicht nicht möglich gewesen wäre: die friedliche und vertragliche Herausgabe Jerusalems durch den Sultan; ein ungeheurer diplomatischer Erfolg. Aber gerade dieser Erfolg sollte den Papst nur noch eifersüchtiger machen, wenn er ihm auch andererseits die mit dem Bannfluch angestrebte Vernichtung des Kaisers unmöglich machte. Wieder einmal mußte also vermittel werden, und wieder einmal kam dafür niemand anders in Frage als der Hochmeister, der in den letzten Jahren, vor allem durch seine norddeutschen Verträge so sehr an eigenem politischen Schwergewicht gewonnen hatte und längst auch als Hochmeister der Diplomatie seines eigenen Jahrhunderts galt. Nach Jahresfrist, im Spätsommer des Jahres 1230, war auch dieses schwere Vermittlungswerk gelungen: Kaiser und [Papst] setzten sich in Gegenwart des Hochmeisters zu gemeinsamem Versöhnungsmahl zusammen, und Hermann konnte mit mehr Recht denn je zuvor von beiden die Unterstützung seiner östlichen Pläne erbitten. Nun ließ der Papst, der schon vorher, 1229, während der Schlichtungsverhandlungen dem Hochmeister die masovischen Schenkungsangebote ausdrücklich kirchlich bestätigt hatte, dem Orden wiederum eine Urkunde ausstellen, die sämtliche Forderungen Salzas unterstützte. Darauf gab dann endlich, nach vier nützlichen Jahren des Zauderns, Konrad von Masovien nach und erteilte auch seinerseits dem Orden ein Patent, das sämtliche hochmeisterlichen Bedingungen anerkannte. Erst daraufhin gab der Hochmeister seinem großen niederdeutschen Mitarbeiter Hermann Balk den Befehl, nach Nordosten zu reiten. Kaum jemals wurde eine große politische Aktion sorgfältiger und geschickter vorbereitet als die Gründung des Ordensstaates durch Hermann von Salza. Ähnlich wie Bismarck sieben Jahrhunderte später durch sein geschicktes Sich-Einschalten in die schleswig-holsteinische Frage die großen Ziele seiner Reichsgründung angebahnt hat, ist es auch dem Hochmeister gelungen, aus dem Niederbruch König Waldemars von Dänemark den größten aller Gewinne zu ziehen, die es damals überhaupt gab: die Sicherung der Ostseeküste für die Pläne des Deutschen Ordens. Durch seine Verträge mit den Askaniern, mit dem Markgrafen von Meißen, dem Herzog von Braunschweig und dem Landgrafen von Thüringen, durch seine Einflußnahme auf Lübeck und Magdeburg war nicht nur das Ansehen des Ordens in wenigen Jahren ganz außerordentlich gestiegen, sondern das Werk der Ostkolonisation gewissermaßen im voraus gesichert, ehe es überhaupt richtig begann. Wer es verstanden hat, in dieser Weise ganz Norddeutschland mit einem Netz von Verbindungen und Sicherungen zu überziehen, der konnte mit fast völliger Sicherheit den Kampf an der Weichsel aufnehmen und konnte es doppelt, wenn es ihm schließlich auch noch gelungen war, Kaiser und Papst trotz ihres latenten Gegensatzes für seine Ziele einzuspannen. Kurz nachdem der Papst zu allem übrigen auch noch zur Kreuzfahrt gegen die heidnischen Pruzzen aufgerufen hatte (Herbst 1230), begann unter Hermann Balk [150] die historische Reihe der Städtegründungen an der Weichsel. 1231 entstand Thorn, im Jahre darauf Kulm, 1233 Marienwerder. Unter der Patenschaft und Bundesgenossenschaft des Reiches, dem eigentlich Hermann von Salza in weit höherem Maße als der Kaiser eine neue Idee und Gestaltung gegeben hatte, schloß der Hochmeister dann auch noch im Osten selbst ein weitgespanntes Netz von wahrhaft föderativen Staatsverträgen ab. Während Burggraf Burchhard von Magdeburg der jungen Gründung das erste Hilfsheer zuführte, entstanden nacheinander die Bündnisabkommen des jungen Ordens mit den Piasten von Masovien, Kujawien, Großpolen, Breslau und Krakau, die sämtlich mit ihren Hilfstruppen bei dem neugegründeten Marienwerder eintrafen. 1236 siegte der Orden dann am Drausensee, in der Nähe des damals bald nach der Schlacht gemeinsam von Meißener und Lübecker Bürgern gegründete Elbing zum erstenmal in offener Feldschlacht über die heidnischen Pomesanier. Bald nach der Gründung von Elbing eroberte der Orden die Haffküste und gründete Balga; so heben sich binnen wenigen Jahren die Umrisse des Ordensstaates, wie sie durch drei Jahrhunderte im wesentlichen gültig bleiben sollten, dank der Genialität des großen Hochmeisters deutlich ab. Ebenfalls im Jahre 1236 hatten die livländischen Schwertbrüder bei Saule eine schwere Niederlage von den Litauern erlitten. Im Jahre darauf konnte Hermann von Salza seinen alten Plan der Vereinigung seines Deutschen Ordens mit dem livländischen Schwertbrüderorden in die Tat umsetzen. Das klingt leichter, als es damals war. Denn der Erzbischof von Riga übte über den livländischen Orden Hoheitsrechte aus, die der Deutschen Orden niemandem als nur dem Papst selbst zugestand. So bestand die Gefahr, daß die rigaschen Autonomiebestrebungen im Verein mit dem Anspruch des Erzbischofs das erste Loch in die Souveränität des Ordens reißen ließen. Wieder einmal bewies Hermann von Salza, der, obwohl er selbst das Ordensland niemals betreten hat, den Ostraum wie kein zweiter übersah, seinen klaren Kopf. Er erkannte, daß die Dänen, wenn er den Kampf mit Riga auf die Spitze triebe, sich gegen ihn einmischen würden, und er wußte nur zu gut, wie bald der Orden mit der Waffe in der Hand seine jungen Gründungen gegen die eben unterworfenen Heiden zu verteidigen haben würde. So bewies er wiederum, daß Außenpolitik nicht immer nur in der Kunst, das Unmögliche möglich zu machen, sondern bisweilen auch in der Kunst des Möglichen liegen muß, und schloß mit den Dänen förmlichen Frieden, wobei er zunächst auf Reval verzichtete. Er war auch ohnedem inzwischen längst zum maßgebenden Staatsmann des Ostseekreises geworden. Ein Hauptaugenmerk hatte der Hochmeister von vornherein auf die innere staatsrechtliche Sicherung seines Lebenswerks gelegt. Unmittelbar nach den ersten Gründungen, als Thorn und Kulm eben erst als feste Plätze entstanden waren, erließ er die sogenannte "Kulmer Handfeste des Jahres 1233", die nach lübischem und magdeburgischem Rechtsvorbild den nach Kulm und Thorn gezogenen [151] Bürgern ihre Rechte festlegte und ihnen weitgehende Privilegien bewilligte. Er zog außer dem magdeburgischen Städterecht sogar das schlesische Bergrecht, dazu eine bis ins einzelne gehende Ordnung des Münz-, Maß- und Handelssystems in dieses neue Stadtrecht hinein. Und wenn schon ein Jahrhundert später die meisten Städte des Ostens, die deutschen wie die polnischen, nur kulmisches, magdeburgisches und lübisches Städterecht aufwiesen, und wenn von dieser Tatsache ausgehend die norddeutschen Städterechte den ganzen Osten beeinflußt und gestaltet haben, dann führt sich dieses überragende historische Verdienst auf keinen anderen als auf Hermann von Salza zurück.
Die große menschliche und persönliche Tragik, die immer wieder die Geschichte durchzieht, hat es gefügt, daß der Hochmeister, während er mit so unerhörten Erfolgen den Ostseekreis unter seinen Einfluß brachte und den Osten erschloß, in den letzten Jahren seines Lebens auf dem Gebiet der kaiserlich-päpstlichen Mittelmeerpolitik, von der er einst ausgegangen war, eine Fülle von Bitternissen und Enttäuschungen erlebte. Man kann geradezu sagen, daß sich an ihm wieder einmal die Tatsache erwies, daß man nicht auf die Dauer gleichzeitig der Ostsee und dem Mittelmeer dienen und untertan sein kann. Etwa um dieselbe Zeit, in der sich der junge Orden am Drausensee seinen ersten großen Sieg holte und gleichzeitig die livländischen Ritter bei Saule ihren Nimbus einbüßten, mußte der Hochmeister in den Konflikt zwischen Kaiser Friedrich II. und seinem Sohn, dem deutschen König Heinrich (VII.), eingreifen. Und er, der ein geborener Vermittler und ein Mann mit ungemein weicher und doch fester Hand gewesen sein muß, hatte auch hier Erfolg. Aber gerade dieser Erfolg brachte es mit sich, daß der Kaiser den Hochmeister jetzt mehr denn je als Vermittler in seinen neu auftretenden Schwierigkeiten mit dem Papst beanspruchte. Es ging dabei um die Lombardei. Der Papst hatte mit ganz ähnlicher Methode, wie die Kurie bald genug dem Orden die Litauer auf den Hals hetzen sollte, die lombardischen Städte in ihrem Widerstand gegen den Kaiser ermutigt, zunächst heimlich, dann immer offener. Die Kurie wollte im lombardischen Städtebund sich einen entscheidenden Gegner gegen die kaiserliche Reichsgewalt sichern, einen Gegner, der Friedrich II. um so gefährlicher werden mußte, als dem Kaiser die oberitalienischen Zugänge von und nach Rom verbaut gewesen sein würden, wenn es dem Städtebund gelungen wäre, sich durchzusetzen. Friedrich, der diese Gefahr vollkommen durchschaute, beschloß den Reichskrieg gegen den lombardischen Städtebund. Darüber brach der offene und unheilbare Konflikt zwischen Kaiser und Papst in voller Schärfe aus. Nun war der Hochmeister, so groß seine menschliche und politische Autorität auch war, doch immerhin abhängig von seinem Generalkapitel. Und gerade die großen norddeutschen Herren, die Hermann von Salza zum Eintritt in den Orden [152] bewogen hatte, wollten natürlich nicht auf ein gewisses Mitbestimmungsrecht verzichten. So sehr sie die Kolonisation im Osten unterstützten und so sehr ihnen an der Ostseepolitik des Hochmeisters gelegen war, so wenig wollte ihnen diese Einmischung des Hochmeisters in den offenen Konflikt zwischen Kaiser und Papst gefallen. Und man kann es dem Enkel Heinrichs des Löwen, Otto von Braunschweig, und dem Urenkel des großen Askaniers Albrecht des [Bären] auch nicht verdenken, wenn sie sich gegen diese lombardische Politik aussprachen. So kam es zu dem Marburger Generalkapitel, das im Jahre 1237 dem Hochmeister untersagte, sich fürderhin in die lombardische Frage einzumischen, und damit zugleich eine weitgehende Mißbilligung der hochmeisterlichen Politik aussprach. Hermann von Salzas Tragik war sein eigener Werdegang. Er war großgeworden in der Vermittleraufgabe zwischen Kaiser und Papst. Als diese Tätigkeit vorüber war, und als seine ureigenste Schöpfung, der norddeutsch und ostdeutsch ausgerichtete Orden ihm dies bestätigte, da verlor sein eigenes Leben gewissermaßen seinen Sinn. Salza ist ein typisch mittelalterlicher Mensch gewesen, unter dessen Ideale die Heiligen Lande ebenso sichtbar waren wie das große Ziel der Ostseeherrschaft. So groß er den Orden gemacht hatte, so fühlte er sich selbst schließlich doch noch als mehr: als den engsten Vertrauten Kaiser Friedrichs II., dem seine ganzen menschlichen Sympathien gehörten und in dessen Interesse er immer und immer wieder den Ausgleich mit dem Papst gesucht hatte; diesem stand er innerlich viel ferner als dem Kaiser, der seinerseits einmal den Orden als "Unsere besondere Gründung" bezeichnet hat. Hermann von Salza dachte von seinem großen persönlichen Standpunkte aus noch weit über den Orden hinaus. Er betrachtete sich nächst dem Kaiser als den vornehmsten Repräsentanten des Imperiums, dem zu dienen der Orden in der Goldenen Bulle von Rimini einst so feierlich gelobt hatte. Durch dieses Denken zog der nüchterne und kaltherzige Marburger Ordensbrüderbeschluß einen grausamen Strich. Der alternde Hochmeister, der unter dem Druck der unerhörten Spannungen und Kämpfe, denen fast sein ganzes Leben gegolten hatte, auch noch erkrankt war, hat trotzdem versucht, das wankende Gebäude seiner weltpolitischen Weltanschauung bis zum äußersten zu halten. Er ist darüber schließlich, am 20. März 1239, in Salerno gestorben. Kaiser Friedrich, der ihm persönlich stets die Treue gehalten hat, war an seinem Sterbelager anwesend. Es war derselbe Tag, an dem der Papst in Rom wiederum den Bannfluch der römischen Kirche über den Kaiser aussprach. So haben sich am Grabe des Hochmeisters die alten Gegensätze von Kaiser und Papst in voller Schärfe gezeigt. Bald genug sollten sie sich auf den jungen Ordensstaat auswirken. Kaum war der Hochmeister gestorben, als der preußische Bischof Christian auch schon den Versuch unternahm, die Suprematsrechte seines geistlichen Bruders von Riga über die Deutschritter auszusprechen. Von diesem [153] Tage an ist dann der Orden in einem fast ununterbrochenen Gegensatz zum römischen Papsttum verwickelt worden, und gerade aus diesem Gegensatz, aus dieser unerhörten Kraft, in Gegensätzen zu leben und zu schaffen, hat er noch weit über das Vermächtnis Hermann von Salzas hinaus an staatlicher und staatsbildender Kraft gewonnen. Es war der unüberbrückbare Gegensatz von Ostseekreis und Mittelmeerkreis, der in diesen Auseinandersetzungen zu Worte kam und der schließlich den Orden – wenn wir die Dinge recht sehen wollen – geradezu zu einer Vorform des Protestantismus werden ließ.
Zwei Jahre nach Hermann von Salzas Tod sollte sein Werk die erste große Feuerprobe bestehen. Es war das Jahr des großen Mongoleneinfalls von 1241. Mit offensichtlicher Unterstützung der römisch-kurialen Kreise benutzte Herzog Swantepolk von Pommerellen die günstige Gelegenheit des Reiches, das seinem Orden kaum helfen konnte, und griff die Gründungen Hermann Balks schlagartig an. Dieser Angriff löste dann wiederum einen gewaltigen Aufstand der Pruzzen aus. Zunächst konnten nur die von der See her zugänglichen Festungen Elbing, Kulm, Rheden und Thorn gehalten werden. Swantepolk selbst war in schlauer Berechnung vorher der christlichen Kirche beigetreten, um dem Orden jeden rechtlichen Anspruch auf päpstliche Hilfe zu nehmen, und der Papst hat es anscheinend ganz gern gesehen, daß der alte Bundesgenosse des Kaiser- und Reichsgedankens dort oben an der Ostsee zwischen die Zange seiner verschiedenen neidischen Nachbarn genommen werden sollte. Und trotzdem blieb der Orden unbesiegt. Die Weichselbasis, die Hermann von Salza als die Grundlage aller Außenpolitik des Ordens angesehen hatte, blieb intakt. Die große Idee des Hochmeisters, der seine deutschen Kolonisationsbestrebungen bei gegebener Gelegenheit auch mit slawischen Bundesgenossen durchsetzen wollte, erwies sich auch hier wiederum als richtig. Die Piasten von Krakau, Masovien und Kujawien erklärten sich sämtlich an einer Machterweiterung Swantepolks nicht interessiert. Das von Hermann von Salza angelegte Bündnissystem erwies sich als tragfähig. Die entscheidende strategische Position des Ordens, Sartowitz an der Weichsel, wurde zurückgewonnen, und 1249 kam der Christburger Friede zustande, der, genau zehn Jahre nach dem Tode des großen Hochmeisters, Europa zum ersten Male bewies, daß hier ein dauerhaftes Fundament gelegt worden war. Bald schloß sich das von Hermann von Salza angestrebte Netz der Bündnisverträge fester und fester. Neben den Askaniern, unter denen Otto der Fromme der wertvollste Bundesgenosse des Ordens war, gewinnt die hochmeisterliche Diplomatie eines Wüllersleben und Hohenlohe nun vor allem den König Ottokar von Böhmen für sich, der 1255 Königsberg gründet, das nach ihm seinen Namen führt. Mit Hilfe dieser Bundesgenossen wird eine Stadt nach der anderen [154] erbaut. Während livländische Brüder und Lübecker Kaufleute um die Zeit der Gründung Königsbergs auch Memel erbauen, entsteht im Ordenslande selbst eine Stadt nach der anderen, so z. B. auch Wehlau und Labiau, von denen her dann nach der Eroberung Natangens und Bartens endlich auch das Samland völlig unterworfen wird. Um das Jahr 1260, nur etwa zwei Jahrzehnte nach dem Tode des großen Hochmeisters, der das alles geplant und gegründet hatte, steht der Orden zum ersten Male als sichtbares Machtzentrum im Schachspiel der großen intereuropäischen Politik. Zwar hetzt ihm der Papst noch einmal die Litauer auf den Hals, deren Führer Mindowe sich vorher in den Schutz Innozens' IV. begeben hatte. Wieder gehen zunächst die meisten Schlösser verloren, und wieder sind es die alten von Hermann von Salza gepflegten Bundesgenossenschaften, die dem Orden erneut in den Sattel verhelfen. Otto der Fromme von Askanien, der Gründer Brandenburgs, Ottokar von Böhmen, Albrecht von Meißen und Albrecht Welf von Braunschweig: sie erscheinen wieder einheitlich zusammenwirkend an der Spitze ihrer Truppen. Wieder ist es durch sie das Reich und sind es vor allem die norddeutschen Kräfte dieses Reiches, die den Orden als die entscheidende Macht an Ostsee und Weichsel wirksam zeigen. Von nun an ist der Weg, der nach Danzig und Reval, der (1343) mit dem Kalischen Frieden zum ewigen Verzicht der Polen auf Pommerellen führen soll, der Weg zur Marienburg frei. Hermann von Salzas Name beginnt langsam zu verblassen. Andere, ebenso große Männer, die sogenannten niederdeutschen Hochmeister Lüder von Braunschweig, Werner von Orselen, Winrich von Kniprode und andere, treten auf und treiben ihre eigene, wahrhaft geniale Politik. Der Orden wird Weltmacht, wird das verkörperte Bild eines sozialistischen Staates, in dem der einzelne nichts und die Idee alles gilt, eines Staates, der in seltener Reinheit von einer tragenden Idee beherrscht wird, die in allen ihren Grundzügen eben doch die Idee Hermann von Salzas gewesen war. Diese Idee erfaßt den Ostseeraum und die unerschlossenen Kolonisationsgebiete der östlichen Landschaften. Sie war getragen von der Vorstellung, die zugleich eine Lehre früherer bitterer Erfahrungen darstellte, daß das deutsche Bauern- und Kolonistentum einheitlich und geschlossen im Osten angesiedelt werden müsse, nicht in Verdrängung fremder Völkerschaften, sondern in seiner Eindeutschung und seiner Beherrschung vom germanischen Rassekern her. Dieses Kolonisationsprinzip ist so stark gewesen, daß es später zwei Jahrhunderte der Bitternis und Demütigung – vom zweiten Thorner bis zum Olivaer
Neben Adalbert von Bremen und Albrecht dem Bären, Heinrich dem Löwen und Albert von Bremen, hat das frühere deutsche Mittelalter wenig Schattenrisse aufzuweisen, die so ungeheuer einprägsam und schicksalshaft sind, wie der des Meisters Hermann von Salza, den eine unselbständige und unvölkische Geschichtsschreibung gar zu lange nur von der staufischen Vorstellung und von der Mittelmeerbasis her gesehen hat. Zwar liegt sein Grab tief im Süden an der Küste des Meeres, gegen das er die Widersprüche der Ostsee deutlich gemacht hat. Sein Mythos aber steht hoch bei uns im Osten und Norden.
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