[11-12=Trennseite] [13] Darstellung Das deutsch-polnische Verhältnis bis zum Kriegsausbruch Europa atmete auf, als die Nachricht vom Abschluß des deutsch-polnischen Verständigungsabkommens am 26. Januar 1934 die Runde um den Erdball machte. Der realistische Friedenswille Adolf Hitlers und der staatsmännische Wirklichkeitssinn des Marschalls Pilsudski hatten sich in dem Bestreben gefunden, durch unmittelbare Verständigung von Staat zu Staat eine neue Phase in den politischen Beziehungen zwischen Deutschland und Polen einzuleiten zwecks Aufrechterhaltung und Sicherung eines dauernden Friedens zwischen ihren Ländern. Daß die Bereitschaft der beiden Staatsmänner zu einer konstruktiven Zusammenarbeit im Interesse der allgemeinen Befriedung Europas lag, wurde von allen denen erkannt, die in der latenten deutsch-polnischen Spannung eine unmittelbare Gefahr für den europäischen Frieden erblickten. Die gemeinsame deutsch-polnische Erklärung war von dem Wunsche getragen, die mit dem Zehnjahrespakt eingeleitete Zusammenarbeit nach und nach in eine Freundschaft von Bestand zu verwandeln und in diesem friedlichen Entwicklungsprozeß die zwischen Deutschland und Polen anstehenden offenen Fragen im Wege freundnachbarlicher Verständigung zu einer für beide Völker tragbaren Lösung zu bringen. Die maßgebenden polnischen Stellen sind nie im Unklaren darüber gewesen, daß solche offenen Fragen zwischen Deutschland und Polen existierten, und daß das Deutsche Reich sich mit der durch das Versailler Diktat willkürlich gezogenen Ostgrenze für immer nicht abfinden konnte: Es hing von dem Maß der Ehrlichkeit der Verständigungsbereitschaft Polens ab, inwieweit sich die von Deutschland und allen Friedensfreunden an die deutsch-polnische Versöhnungspolitik geknüpften Hoffnungen erfüllen würden. Schon damals waren bestimmte Kräfte im Auslande am Werke, die deutsch-polnische Verständigungsarbeit zu stören. Denn die Gegner des Dritten Reiches hatten an einer deutsch-polnischen Entspannung nicht nur keinerlei Interesse, sondern sie halfen auch geheim und offen das ständig lodernde Feuer der gegen Deutschland und das Deutschtum gerichteten innerpolnischen Hetze schüren: Die Umstellung des politischen Kurses in Berlin und Warschau kam ihnen durchaus ungelegen. Überdies entsprach es nicht der Zielsetzung von Versailles, daß Polen sich mit seinem westlichen Nachbarn aussöhnte, sondern daß es zu ihm in ständiger Gegnerschaft verharrte und den Anhängern von Versailles als Instrument der Einkreisungspolitik gegenüber dem Reiche erhalten blieb. So setzten denn die Gegner der deutsch-polnischen Annäherung alles daran, durch Schürung der alten Gegensätze und Verdächtigung des Versuches eines vernunftmäßigen politischen Ausgleiches jeden Ansatzpunkt einer Aussöhnung zwischen Deutschland und Polen im Keime zu ersticken. Durch chauvinistische polnische Verbände und die unter starkem jüdischen Einfluß stehende polnische Presse unterstützt, gewannen die Saboteure der Befriedungsaktion bald die Oberhand. Der [14] nun verschärft betriebene Hetzfeldzug beeinflußte die polnische öffentliche Meinung in zunehmendem Maße und putschte sie gegen Deutschland und die in Polen lebenden Volksdeutschen auf. Auch bei den polnischen Behörden und Militärs fiel die deutschfeindliche Aktion auf fruchtbaren Boden. Die fortgesetzten Bemühungen der Reichsregierung in Warschau, die für die Bildung der öffentlichen Meinung in Polen maßgebenden Kräfte unter Hinweis auf das deutsch-polnische Presseprotokoll vom 24. Februar 1934 zu einer wirksamen moralischen Abrüstung entsprechend dem Geiste und den Richtlinien des Verständigungsabkommens anzuhalten, blieben erfolglos. Seit Versailles hatte sich die politische Lage zwischen Deutschland und Polen niemals beruhigt, im Gegenteil, die systematische Entrechtung des bodenständigen Deutschtums in den ehemals preußischen Provinzen lastete derart auf den deutsch-polnischen Beziehungen, daß ein großer Teil der Weltmeinung von vornherein an dem Gelingen des deutsch-polnischen Verständigungswerkes ernste Zweifel hegte. Nach deutscher Auffassung schien allein die starke Persönlichkeit Pilsudskis eine Gewähr dafür zu bieten, daß in weiterer Auswirkung des Verständigungsgedankens sich in Polen allmählich ein Wandel der Gesinnung und damit eine Änderung der feindseligen Haltung weiter Kreise des Polentums gegenüber der deutschen Volksgruppe vollziehen würden. Der Führer hielt jedenfalls daran fest, daß die deutsch-polnische Zusammenarbeit trotz aller hemmenden Begleitumstände versucht, gefördert und bis zum erhofften Erfolg durchgehalten werden müsse, unbeschadet der Enttäuschungen, die die rücksichtslosen polnischen Maßnahmen auf minderheitspolitischem Gebiet sowie die anhaltende polnische Pressehetze immer wieder der Reichsregierung bereiteten. Schon zu Lebzeiten Pilsudskis hatte es sich gezeigt, daß selbst die Autorität des Marschalls nicht ausreichte, die nachgeordneten polnischen Behörden zu einer gerechten Behandlung der deutschen Volksgruppe anzuhalten. Der polnische Chauvinismus trat damals gedämpfter in Erscheinung, war aber nicht beseitigt; die Methoden der Unterdrückung waren zeitweilig weniger brutal, dafür aber raffinierter. Das auf die alte Parole der Ausrottung des Deutschtums eingeschworene politische System wirkte unter der Verantwortung der Warschauer Regierung ungehindert fort und trat nach dem Ableben des Marschalls Pilsudski wieder ohne Maske in Aktion. Darüber hinaus wurden sehr bald schon aggressiv-annektionistische Wünsche und Ziele gegenüber Deutschland in Wort und Schrift angemeldet. Die trotz allem im Zuge der Verständigungspolitik von deutscher Seite fortgesetzten Anstrengungen zur Herbeiführung eines erträglichen Verhältnisses zwischen der polnischen Bevölkerung und der deutschen Volksgruppe scheiterten an der sterilen Haltung der polnischen Regierung. Die negative Einstellung Polens, gekennzeichnet durch eine nicht abreißende Kette von Verstößen gegen den Geist des deutsch-polnischen Paktes und durch ständige Verletzungen der Grundsätze des Minderheitenschutzes, zu deren Innehaltung die polnische Regierung sich durch die gegenseitigen Minderheitenerklärungen am 5. November 1937 verpflichtet hatte, wurde ganz offenkundig, als in Berlin am 27. Februar 1939 Vertreter der Zentralbehörden beider Länder zu gemeinsamer Beratung schwebender Minderheitenfragen zusammentraten. Die ergebnislosen Verhandlungen zeigten, daß Polen nicht gewillt war, auf dem vom Marschall Pilsudski vorgezeichneten Weg, in Friede und Eintracht mit dem deutschen [15] Nachbarn zu leben, weiterzuschreiten. Auch das Ausweichen des polnischen Außenministers Oberst Beck vor dem der polnischen Regierung wiederholt in freundschaftlichster Form nahegebrachten Wunsche des Führers, mit Polen zwecks Regelung der Danziger Frage und der Frage einer Verbindung Ostpreußens mit dem Reiche zu einer Vereinbarung zu gelangen, ließ die planmäßige Abkehr der polnischen Behörden von einer Verständigung mit Deutschland von Monat zu Monat deutlicher werden. Der verstärkte Widerstand Polens gegen jegliche Wiedergutmachung oder auch nur Milderung des Versailler Unrechts an der deutschen Ostgrenze entsprach der weiteren Verschärfung der polnischen Politik gegen die Angehörigen der deutschen Volksgruppe und dem zu offener Herausforderung des Deutschen Reiches gesteigerten Chauvinismus der polnischen Presse. Schon im Frühjahr 1939 trat klar zutage, daß die Kursänderung der polnischen Politik von zwei Kräften vorwärtsgetrieben wurde: Die polnische Sinnesart war durch die von der Regierung geduldete maßlose Hetze von einem Haßgefühl ohnegleichen gegen alles Deutsche erfüllt. Jede Äußerung volksdeutschen Lebens wurde als gegen den polnischen Staat gerichtet ausgelegt und die Ausrottung alles Deutschen als nationales Gebot hingestellt. Offenbar legten die polnischen Machthaber die Zurückhaltung der Reichsregierung gegenüber den Ausartungen des Deutschenhasses als Schwäche aus. In diesem verhängnisvollen Irrtum verstieg man sich zu heftigen Provokationen gegenüber Deutschland, die sich in leidenschaftlichen Annektionsforderungen auf reichsdeutsche Gebiete kundtaten und in dem größenwahnsinnigen Anspruch auf die Elbe-Grenze für den polnischen Lebensraum gipfelten. Auch diesem kriegerischen Annektionismus ließ die polnische Regierung ebenso freien Lauf wie dem wilden Treiben der in den Westwoiewodschaften behördlich gestützten Vergewaltigungsakteure gegen die deutsche Volksgruppe. Sie übernahm damit die Verantwortung für die Entwicklung jener politischen Fieberatmosphäre, aus der sich dann das moralische Chaos mit den in Stadt und Land wahllos begangenen Mordtaten polnischer Soldaten und bewaffneter Zivilisten an tausenden schuld- und wehrloser Deutschen ergab.
Die Frage, wie denn die polnische Regierung die stimmungsmäßige Entwicklung des Landes sich so gefährlich ausweiten lassen konnte, daß sie ihre Staatsbürger deutscher Volkszugehörigkeit dem Mordwüten polnischen Untermenschentums wider Verfassung, Recht, Moral und Humanität auslieferte, und wie sich die verantwortlichen polnischen Machthaber überhaupt immer tiefer in ein irreparables Spannungsverhältnis zum Deutschen Reiche hineinmanövrieren konnten, ohne sich vor ihrem Staate und Volke Rechenschaft über die unausbleiblichen Folgen einer kriegerischen Auseinandersetzung mit Deutschland abzulegen, führt zu der zweiten Kraft, die auf Polen von außen her einwirkte und es glauben ließ, daß es jede Rücksicht auf die Deutschen und auf das Reich fallen lassen durfte. Diese Kraft war England, war die von der Britischen Regierung Polen gegebene Beistandsgarantie, war das englische Agens, durch Polens Einsatz die britische Einkreisungspolitik so zu aktivieren, daß der von England zur Niederringung des Großdeutschen Reiches gewünschte und von langer Hand vorbereitete Krieg sich um Danzig und um den Korridor entzündete. Es bedurfte, so meinte man offenbar in Warschau, keiner Mäßigung, keiner Überlegung, die Dinge nicht zu überspitzen, denn England deckte ja das Teufelsspiel: es [16] garantierte die Unversehrtheit des polnischen Staates! Das britische Beistandsversprechen hatte Polen die Rolle eines politischen Sturmbockes zugedacht, und seitdem erlaubte es sich jede Herausforderung des Deutschen Reiches und träumte in seiner Verblendung sogar von der "siegreichen Schlacht vor den Toren Berlins". Ohne das vorwärtsdrängende, Polens hartnäckigen Widerstand gegen das Reich versteifende Treiben der englischen Kriegsclique, unter deren Versprechungen sich Warschau absolut sicher fühlte, hätte die polnische Regierung schwerlich die Dinge so weit kommen lassen, daß das militärische und zivile Polentum die Losung der Ausrottung der Deutschen mit der Aufforderung zur Ermordung und bestialischen Abschlachtung deutscher Menschen gleichsetzte.1 Ohne die Blankovollmacht Großbritanniens an Polen hätte die polnische Regierung nicht so leichtfertig das einmalige, der Öffentlichkeit in der Reichstagsrede vom 28. April 1939 bekanntgegebene Ausgleichsangebot des Führers in den Wind geschlagen, hätte sie nicht von diesem Zeitpunkt ab die Kriegsmaschine anlaufen lassen und den Vernichtungspraktiken der Woiwoden gegen die deutsche Volksgruppe Tür und Tor geöffnet. Längst war ja das Deutschtum in Polen geknebelt und entrechtet,2 waren deutsche Unternehmen und selbständige deutsche Existenzen durch Auftragsentzug und Boykott, durch ebenso rigoros berechnete wie noch rigoroser beigetriebene Steuern, Konzessionsentziehung, Enteignung und Verweigerung von Grunderwerb zu Tausenden vernichtet, waren durch Arbeitsplatzverdrängung infolge volkspolitisch bedingter Massenkündigungen zahllose z. g. T altbewährte deutsche Arbeiter und Angestellte jahrelang
existenz- und brotlos gemacht, wurde durch die einseitige Anwendung des Agrarreformgesetzes und der Grenzzonenverordnung die Abwanderung der eingesessenen Deutschen erzwungen, wurden deutsche Gottesdienste gestört, die deutschen Zeitungen am laufenden Band beschlagnahmt, der Gebrauch der deutschen Sprache auf der Straße, in Geschäften und Gaststätten unmöglich gemacht, Deutsche, besonders auf dem Lande, in ihren Wohnungen und Gehöften überfallen – vom Mai 1939 an aber hagelten die Verbote und Strafen, die Schließung von Schulen, Kindergärten, Büchereien, Deutschen Häusern, die Beseitigung von Genossenschaften, kulturellen Vereinen, karitativen Einrichtungen und wuchs die persönliche Bedrohung des einzelnen Deutschen trotz der der deutschen Volksgruppe verfassungsmäßig gewährleisteten Rechte zu unvorstellbarem Ausmaß an. 1Bei dem leidenschaftlichen, stets zu Extremen neigenden Nationalcharakter und der politischen Großmannssucht der Polen, bei der jahrelang betriebenen deutschfeindlichen, in den letzten Monaten vor Kriegsausbruch ausgesprochen aggressiv-blutrünstigen Hetze der polnischen Presse gegen Deutschland und die Deutsche Volksgruppe hat sich die englische Regierung dessen bewußt sein müssen, daß die durch die Beistandsgarantie bezeugte aktive Interessennahme Englands an der kriegerischen Politik Polens zwangsläufig zu einer epidemischen Steigerung des Volkshasses und unvorstellbaren blutigen Ausschreitungen an den Deutschen führte. Sollte sich aber die englische Regierung über die grauenhaften Folgen der Rauschwirkungen ihrer Beistandsgarantie auf Polen nicht klar gewesen sein, so erscheint ihre Blutschuld angesichts des Umfanges und der Bestialität der polnischen Greueltaten an den Volksdeutschen nur noch schwerer. Nur wer sich in jenen entscheidungsschweren Wochen unter Polen bewegt hat, kann die verheerende, unmittelbare Wirkung des Chamberlainschen Beistandsversprechens auf die polnische Psyche und Mentalität ermessen. ...zurück...
2Die gewaltigen Verluste, die das Deutschtum in Polen unter der polnischen Herrschaft erlitten hat, lassen sich auf dem Gebiet der Abwanderung, des Bodenraubs und der Schließung deutscher Schulen ziffernmäßig wie folgt belegen: Bis Mitte 1939 waren 1,4 Millionen Deutsche aus
Posen-Westpreußen und Ostoberschlesien unter dem Druck der polnischen Behörden abgewandert und hatte das Deutschtum 631 644 Hektar Grund und Boden verloren, und zwar 132 644 Hektar infolge der einseitig gegen die Deutschen angewandten Agrarreform und 499 000 Hektar aus der Annullation und Liquidation. Von den im Jahre 1925 vorhandenen 657 öffentlichen deutschen Minderheitsschulen (1927: 498) waren zu Beginn des Schuljahres 1938/39 nur 185 übriggeblieben (davon 150 in
Posen-Westpreußen und 35 in Oberschlesien). ...zurück... |