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Vorwort zur ersten Auflage

Die Entdeckung des weiten Innern von Afrika ist großenteils durch deutsche Forscher vollzogen worden. Leuchtenden Namen wie Hornemann, Burckhardt, Barth, Rohlfs, Nachtigal und Schweinfurth haben höchstens die Engländer gleichstarke wie Mungo Park, Livingstone, Speke und Stanley gegenüberzustellen, während die anderen Völker betreten schweigen müssen. Und Feldherrntüchtigkeit von der Art Lettow-Vorbecks hat auf afrikanischem Boden weder England mit seinem Kitchener noch Frankreich mit seinen zahlreichen Generalen aufzuweisen. Wenn deutscher Geist und deutsches Blut sich um einen fremden Erdteil gemüht haben, dann ist dies um Afrika geschehen. Und wenn daraus ein Anspruch auf koloniale Geltung abgeleitet werden darf, dann gilt dies für Afrika. Von Friedrich Hornemann, der 1800 als erster die große Wüste Sahara durchquerte und am Niger sein Leben lassen mußte, bis zu dem General von Lettow-Vorbeck, der im Weltkriege länger als vier Jahre hindurch sich gegen siebzehnfache Übermacht siegreich behauptete, läuft ein langer, vielverschlungener Blutstrom, der den dunklen Erdteil in den Blutgang unseres Herzens einspannt und der uns das Recht gibt und den Anspruch, in den afrikanischen Angelegenheiten gehört und an ihnen beanteiligt zu werden.

Die in diesem Buche behandelten deutschen Männer, in deren Wollen und Werk wir unseren afrikanischen Gültbrief verdichtet vorbringen und unseren Beitrag zur Vernichtung der Schuldlüge von unserer kolonialen Unfähigkeit entrichten wollen, diese Männer lassen sich in zwei Gruppen zusammenfassen. Die eine Gruppe, durch Barth, Rohlfs, Nachtigal und Schweinfurth vertreten, steht zu Afrika mehr in einem einzelpersönlichen und geistigen Verhältnis. Wenngleich Rohlfs und Nachtigal in die Frühgeschichte unserer afrikanischen Kolonien verstrickt wurden, so gilt doch von allen vieren, daß ihnen in der Zeit ihrer großen Reisen koloniale Bestrebungen noch fern [6] lagen, ohne daß deshalb an ihrer Deutschheit auch nur der leiseste Zweifel geäußert werden dürfte. Die andere Gruppe, in Wissmann, Lüderitz, Peters und Lettow-Vorbeck verkörpert, tritt Afrika schon als Vertreter der kolonialen Wünsche unseres Volkes und sehr bald auch des Reiches gegenüber. Wissmann begann als Forschungsreisender von Rang und bewährte sich als Soldat und Gouverneur; Lüderitz und Peters brachten die junge deutsche Kolonialbewegung zur Tatleistung und sicherten uns Südwest- und Ostafrika; Lettow-Vorbeck hat Ostafrika vier Jahre lang gegen starke Übermacht verteidigt und damit die größte militärische Leistung vollbracht, die seit Bonaparte auf afrikanischer Erde ausgeführt worden ist.

Leistungen solcher Art lassen sich auch durch Versailler Diktate nicht aus der Welt schaffen. Und um dies dem deutschen, dem jetzt großdeutschen Volke ins Gedächtnis zurückzurufen, ja es auf diesen kolonialen Gültbrief erst richtig aufmerksam zu machen, deshalb ist dieses Buch geschrieben worden, deshalb mußte es einmal geschrieben werden.

Daß unser Volk seine Kolonien vor dem Weltkriege trotz einer Spanne von nur einem Vierteljahrhundert gut entwickelt hat, das bezweifelt bei uns wohl niemand mehr. Weniger bekannt ist leider, daß unsere afrikanische Leistung durch die hingebende Arbeit deutscher Entdecker und Gelehrten, deutscher Kaufleute und Pflanzer, deutscher Beamten und Soldaten während eines Zeitraumes von über hundert Jahren auf das glänzendste unter Beweis gestellt und mit Strömen von Blut auf unzerreißbares Pergament geschrieben worden ist.

Über die hier angewandte Arbeitsweise sei kurz folgendes bemerkt. Es kam nicht allein darauf an, den Lebenslauf der Afrikaner zu schildern, denn das ist schon öfters mit mehr oder weniger Glück getan worden, sondern es sollte aus dem Lebenslaufe die Summe der Leistung gezogen und überdies noch der Charakter sinnvoll erklärt werden. Unter Charakter verstehen wir die aus der Grundlage einer rassisch bedingten seelischen Haltung herauswachsende Art und Weise eines Menschen in bezug auf seine Leistung und im Hinblick auf sein [7] Verhalten zu anderen. Als Quellen standen uns dabei zur Verfügung: Kopfbilder und Lebensdaten, Urteile von Zeitgenossen und die Werke der behandelten Männer selber; nur in einem Falle (v. Lettow-Vorbeck) konnten wir aus persönlicher Bekanntschaft etwas beisteuern und erhielten von einem bewährten Mitkämpfer des Beschriebenen, Herrn Oberregierungsrat Boell in Potsdam, wertvolle Ergänzungen. Als Grundlinien eines Charakters sehen wir seine Gefühligkeit, seine Willenhaftigkeit und seine Geistigkeit an, woraus sich dann alles Leisten und Nichtleisten ableitet. Der eigentliche Erfolg eines Menschen wird außerdem von Einwirkungen der Umwelt berührt, der äußere wird sogar entscheidend von der Mit- oder Nachwelt mitbestimmt. Scheitert ein bedeutender Mann, so kann das in Mängeln seines Charakters, es kann aber auch in Unverständnis oder Böswilligkeit anderer Menschen bedingt sein; in beiden Fällen sprechen wir von einer tiefen Tragik. Man kann ein Volk nicht allein nach seinen großen Männern an sich beurteilen, sondern auch danach, wie es selber sie behandelt, denn die großen Männer sind die Quecksilbersäulen in den Barometern ihrer Völker. [Betonung vom Scriptorium hinzugefügt, da diese Feststellung angesichts der heutigen Zustände ganz besonders vielsagend ist!]

Der eine oder andere mag vielleicht fragen: Was hat der Charakter dieser Männer mit ihrer Leistung, was hat er mit Afrika, was mit den deutschen Kolonien zu tun? Nun, er hat sehr viel damit zu tun, denn die Leistung eines Mannes ist die Sichtbarmachung seiner ganzen Wesenheit für die Außenwelt. Wie einer ist, so handelt er; was einer kann, das zeigt als einziger Wertmaßstab seine tatsächliche Leistung. Ohne die in ganz bestimmten Charakterseiten wurzelnden Forscherleistungen eines Barth, Rohlfs, Nachtigal, Schweinfurth, Wissmann und anderer würde das deutsche Volk im Beginn der 1880er Jahre für Afrika nicht interessiert genug gewesen sein, um die wiederum auf gewissen Charakterseiten fußenden Kolonialerwerbsleistungen eines Lüderitz, Nachtigal, Peters stürmisch gutzuheißen, die nunmehr Erfüllung der Sehnsucht der Gesamtheit wurden. Und ohne die besondere Charakterlichkeit eines Wissmann wäre uns die Kolonie Deutsch-Ostafrika 1889 nicht ge- [8] sichert und ohne jene eines Lettow-Vorbeck 1914 schnell verlorengegangen. Der Charakter eines Menschen, eines Volkes ist die Wurzel sämtlicher Meinungen und Handlungen desselben, und deshalb kann seine Erörterung gar nicht eingehend genug betrieben werden. Und auch abgesehen von dieser besonderen Zielsetzung ist die einsichtige Deutung eines menschlichen Charakters und damit seines ganzen Lebens alleweile eine an sich selber fesselnde und für jedermann lehrreiche Angelegenheit.

 
Vorwort zur zweiten Auflage

Während wir zur Herstellung der schnell notwendig gewordenen zweiten Auflage schreiten, kämpfen zum ersten Male in der Geschichte deutsche Truppen in Nordafrika, in jenen Gebieten, in denen Barth, Rohlfs und Nachtigal heimisch waren. Möge das der Anfang zur Gründung eines deutschen Afrikas sein, dessen Wegbereiter die in diesem Buche behandelten Männer waren.

Die zweite Auflage ist um eine Lebensbeschreibung erweitert worden. Der Württemberger Karl Mauch, Kind ganz einfacher Leute, hat sich unter härtesten Entbehrungen zum Afrikareisenden von Rang emporgearbeitet, hat aber nicht die ihm gebührende Anerkennung gefunden. Es war nicht leicht, aus der großen Reihe bedeutender deutscher Afrikaner die Auswahl zu treffen, denn Burckhardt, von Heuglin, von Höhnel, Hornemann, Graf Götzen, Junker, Lichtenstein, Lenz, Vogel, um nur diese Namen zu nennen, ein jeder von ihnen verdiente es, dem deutschen Volke nach Charakter und Leistung nahegebracht zu werden. Wir haben uns für den Unteroffizierssohn Karl Mauch entschieden, der so arm war, daß er sein Reisegepäck auf dem eigenen Buckel durch die sonnverbrannten Öden zwischen Vaal und Sambesi schleppte und trotzdem Großes leistete – Vorbild zäher Willens- und heldischer Leistungshaftigkeit.

Braunschweig, im Sommer 1941                   Professor Banse








Unsere großen Afrikaner
Das Leben deutscher Entdecker und Kolonialpioniere

Ewald Banse