Bd. 3: Der deutsche Landkrieg, Dritter Teil:
Vom Winter 1916/17 bis zum Kriegsende
Kapitel 7: Der Krieg im
Osten 1917/18 (Forts.)
Oberstleutnant Hans Garcke
7. Die Eroberung der baltischen
Inseln.9
Die deutschen Erfolge bei Riga hatten die Russen für das Schicksal von
Petersburg besorgt gemacht. Der Wunsch der siegreichen Truppen, den
Vormarsch bis zu der russischen Hauptstadt oder wenigstens bis zum
Peipus-See fortzusetzen, lag nahe; mit Rücksicht auf die anderen
Kriegsschauplätze war die Oberste Heeresleitung aber nicht in der Lage, die
erforderlichen Kräfte für eine derartige Unternehmung zur
Verfügung zu stellen. Auf andere Weise mußten die errungenen
Erfolge ausgebaut und gesichert werden. So erging am 19. September 1917 der
Kaiserliche Befehl: "Zur Beherrschung des Rigaischen Meerbusens und zur
Sicherung der Flanke des Ostheeres sind durch gemeinsamen Angriff von
Land- und Seestreitkräften die Inseln Ösel und Moon zu nehmen, der
Große Sund für die Durchfahrt feindlicher Seestreitkräfte zu
sperren."
Es handelte sich um ein eigenartiges Unternehmen, das um so schwieriger
auszuführen war, als bis dahin irgendein lehrreiches Beispiel aus
früheren Kriegen oder aus dem Weltkriege nicht zur Verfügung
stand.
Die Oberleitung wurde dem Armee-Oberkommando 8 übertragen, das die
Befehlsverhältnisse zwischen Armee und Marine regelte und die
allgemeinen Weisungen für die Operationen gab. Alles Nähere
betreffs Bereitstellung und Verladung des Landungskorps hatte dessen
Führer mit dem der Seestreitkräfte zu treffen.
Von seiten der Marine wurde der "Flottenverband für
Sonderunternehmungen" (Sonderverband) unter dem
Vize-Admiral Ehrhard Schmidt gebildet. Das
Landungskorps - unter dem Generalkommando XXIII. Reservekorps
(General v. Kathen) - bestand aus der bei der galizischen Offensive
und dann bei Riga bewährten 42. Division (General v. Estorff), der
aus dem Westen kommenden 2. Infanterie-Radfahr-Brigade (5 Bataillone mit im
ganzen 31 Kompagnien), dem Reserve-Infanterie-Regiment 255 und anderen
Einzelformationen. - Als Einladehafen wurde Libau bestimmt.
Die Russen hatten mit einer Unternehmung gegen Oesel schon lange gerechnet;
an der Befestigung der Insel war besonders in der letzten Zeit eifrig gearbeitet
worden. Am stärksten war die Küstenverteidigung auf der Halbinsel
Sworbe. Die Irbe-Straße zwischen ihr und dem Festlande wurde durch zwei
schwere Batterien bei Zerel gesperrt. Der Eingang zur
Tagga-Bucht wurde [324] durch je eine schwere
Batterie auf den Landspitzen von Hundsort und Ninnast geschützt, die
Durchfahrt durch den Soëlo-Sund durch die Batterie Toffri auf Dagö
und anscheinend eine weitere auf der Nordspitze von Pamerort verteidigt.
Zahlreiche Flugabwehrbatterien sicherten die Küstenartillerie sowie die
beiden Seeflugstationen bei Arensburg und Papensholm. Ferner waren mehrere
befestigte Feldstellungen gemeldet worden, so am Ost- und Westrand der
Tagga-Bucht und namentlich bei Orrisar als Brückenkopf für den
schmalen, 3 km langen Damm, der nach Moon führte.
[324]
Skizze 19: Die Inseln Ösel, Dagö, Moon.
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Von Truppen war bekannt, daß ein Infanterie-Regiment mit schwacher
Artillerie um die Tagga-Bucht gruppiert war, ein zweites auf Sworbe, und weitere
Kräfte, mit stärkerer Artillerie, als bewegliche Reserve in der Gegend
von Arensburg standen.
Die Russen schienen also mit einer Landung in der
Tagga-Bucht oder auf [325] Sworbe zu rechnen.
Die Buchten am Rigaischen Meerbusen kamen hierfür aber nicht in Frage,
solange die Irbe-Straße von den schweren
Zerel-Geschützen beherrscht wurde. Der gegebene Ausschiffungsort
für das Landungskorps war die tief in die Nordküste einschneidende
Tagga-Bucht. Trotz den erkannten feindlichen Befestigungen wurde die
Hauptlandung hier in Aussicht genommen. Sie mußte überraschend,
d. h. mit Sonnenaufgang erfolgen. Dies bedingte, den Anmarsch durch die
Minenfelder westlich Hundsort bei Nacht vorzunehmen und die zu steuernden
Kurse durch umfangreiche Befeuerung festzulegen, die nach Land zu abgeblendet
war. Zur Täuschung des Feindes sollte bei Kielkond und an der
Westküste von Sworbe demonstriert werden.
Für die Teile des Landungskorps, die nicht mit dem ersten Transport
übergeführt werden konnten, wurde Arensburg als
Ausschiffungspunkt bestimmt, da angenommen wurde, daß zur Zeit ihres
Herankommens die Hauptstadt der Insel bereits in deutschem Besitz sein
würde. Durch baldiges Eindringen in den Rigaischen Meerbusen sollte die
Flotte sodann das Vorgehen der gelandeten Kräfte gegen Orrisar und Moon
mit allen Mitteln unterstützen und hierbei ihre rechte Flanke gegen
feindliche Kriegsschiffe sichern.
Der Sonderverband plante ferner, gleichzeitig mit der Landung in der
Tagga-Bucht durch den Soëlo-Sund in die
Kassar-Wiek einzudringen und so den linken Flügel der gelandeten
Truppen durch leichte Seestreitkräfte zu decken und den Übergang
nach Moon von Norden her zu unterstützen. Vorbedingung hierfür
war die Vernichtung der Batterien Toffri und Pamerort. Zur Fortnahme von
Pamerort sollten bei Pocca etwa 150 Matrosen und eine Sturmkompagnie
landen.10
Für die Operationen der verstärkten 42. Division war beabsichtigt,
nach dem Ausladen genügend starker Kräfte in der
Tagga-Bucht sofort in die Gegend östlich von Arensburg, also von
vornherein gegen die rückwärtigen Verbindungen des Feindes, und
gleichzeitig mit schwächeren Kräften gegen die Halbinsel Sworbe
vorzugehen. Um die von der Marine vorgeschlagene Landung südwestlich
Pamerort auszunutzen, entschloß man sich, mit der
Pocca-Abteilung noch zwei Radfahr-Bataillone und einen Zug Feldartillerie
einzuschiffen und diese Truppen gegen die Straße
Arensburg - Orrisar und gegen den Brückenkopf von Orrisar
selbst anzusetzen. Der einzige nach Moon führende Rückzugsweg
sollte dem Feinde so verlegt, die Gefangennahme der ganzen Inselbesatzung
vorbereitet werden.
Die Zahl der feindlichen Seestreitkräfte, die zum großen Teil im
Moon-Sund lagen, und die starken, niederzukämpfenden
Landbefestigungen machten für den Transport eine starke Deckungsflotte
notwendig. Ihr Rückgrat bildeten das III. und IV. Geschwader, die
modernsten Großkampfschiffe der Hochseeflotte.
[326] Als
Transport-Flotte gelang es in überraschend
kurzer Zeit 17 Dampfer in Größe von 1753 bis
11 515 Tonnen mit dem erforderlichen Troß
zusammenzustellen. Im ganzen waren in zwei Staffeln überzusetzen:
24 596 Offiziere und Mannschaften, 8473 Pferde, 2490 Fahrzeuge, 40
Geschütze, 224 Maschinengewehre, 84 Minenwerfer, ferner Verpflegung
für 30 Tage, Munition und Pioniergerät.
Um in der Tagga-Bucht schnell Truppen an Land werfen zu können, die
die weiteren Ausladungen der Transport-Flotte zu decken und die Batterien von
Hundsort und Ninnast zu nehmen hatten, bildete man einen besonderen Vortrupp,
der auf dem III. Geschwader, auf Torpedobooten, dem Kleinen Kreuzer "Blitz"
und zwei kleinen Dampfern eingeschifft wurde, - im ganzen 3600 Mann
Infanterie mit Radfahrern und Maschinengewehren, aber ohne Pferde und
Fahrzeuge.
Die Oberste Heeresleitung hatte den Wunsch, das Unternehmen möglichst
noch im September durchführen zu lassen. Wider Erwarten zogen sich aber
die vorbereitenden Minensucharbeiten in die Länge, da die Witterung
außergewöhnlich ungünstig war. Erst am 8. Oktober konnte
daher der Befehl für die Einschiffung erteilt werden.
[330a]
Unternehmung gegen Oesel.
Marineluftkreuzer klärt gegen Oesel auf.
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Am 11. Oktober setzte sich die versammelte Flotte gegen Ösel in
Bewegung. Der Chef des Sonderverbandes und der Führer des
Landungskorps befanden sich mit ihren Stäben an Bord des Panzerkreuzers
"Moltke". Am folgenden Tage, 3 Uhr morgens, wurde vor der
Tagga-Bucht Anker geworfen. Die Ausschiffung der auf dem III. Geschwader
übergeführten Truppen in die Barkassen und das Sammeln des
Vortrupps vollzog sich in der Dunkelheit glatt und unter Vermeidung jeglichen
Lichtschimmers. 4 Uhr 20 Minuten morgens lichtete die Flotte die Anker und
nahm die Bombardementsstellungen ein: das III. Geschwader zur
Bekämpfung von Batterie Ninnast auf dem östlichen Flügel,
das IV., ohne die nach dem Soëlo-Sund und nach Sworbe entsandten
Schiffe, zur Niederhaltung der Werke von Hundsort auf dem westlichen
Flügel. Das Flaggschiff "Moltke" stieß hinter dem Vortrupp langsam
weiter nach der Tagga-Bucht vor.
5 Uhr 30 Minuten morgens begann die Landung des Vortrupps. Kurz vor 6 Uhr
zeigte Kanonendonner aus Nordosten an, daß "Bayern" und "Emden" den
Kampf mit Batterie Toffri aufgenommen hatten. Durch Funkspruch wurde jetzt
die allgemeine Feuereröffnung freigegeben.
Unter den Salven der schweren Schiffsgeschütze verstummte die
Gegenwehr von Hundsort und Ninnast sehr bald. Der
Transport-Flotte, die draußen, auf See, wartete, stand der Weg in die
Tagga-Bucht offen. Bald nach 8 Uhr morgens begann sie mit dem Einlaufen und
kaum zwei Stunden später mit dem Ausschiffen.
Inzwischen war die Landung des Vortrupps ohne erhebliche Störungen vor
[327] sich gegangen. Die
gegen den Rücken der Batterien Hundsort und Ninnast angesetzten
Sturmtrupps landeten schon kurz nach 6 Uhr und brachen dann schnell den
feindlichen Widerstand. Bis 10 Uhr vormittags waren beide Batterien
genommen.
Stellenweise bis an die Brust durch das Wasser watend, gingen die ausgebooteten
Bataillone, erfolglos von russischer Feldartillerie beschossen, teils an der
Ost-, teils an der Westküste der Tagga-Bucht an Land. Es galt jetzt,
möglichst schnell die geplante Brückenkopfstellung um die Bucht
herum zu erreichen, um so die Ausladung der Transport-Flotte für alle
Fälle zu sichern. Der Widerstand wurde bald völlig gebrochen;
mehrere Feldbatterien wurden genommen. Um die Überraschung und
Verwirrung beim Feinde auszunutzen und möglichst schnell
vorwärts zu kommen, entschloß sich General v. Estorff, die
Bewegungen fortzusetzen, ohne die Ausladung der Artillerie, der
Maschinengewehre, Minenwerfer, Patronenwagen, Feldküchen und
Reitpferde abzuwarten. Wohl war es gewagt, die Infanterie ohne
Unterstützung der anderen Waffen, ohne Reserven an Munition und
Verpflegung in das unwegsame Wald- und Sumpfgebiet vormarschieren zu
lassen, doch der Drang nach vorwärts beseitigte alle Schwierigkeiten.
Nachdem die am Westrand der Tagga-Bucht gelandeten Truppen Kielkond und
Papensholm nach kurzem Gefecht genommen hatten, stand am 12. Oktober
abends der Vortrupp in der allgemeinen Linie
Tawi - Ristiküll - Kiddemets. Unter seinem Schutze
wurde das Gros des Landungskorps ohne Zwischenfälle ausgeschifft.
Die Landung der auf Pamerort angesetzten Abteilung hatte bereits 7 Uhr morgens
bei Pokka begonnen, nachdem "Bayern" und "Emden" die
Toffri-Batterie zum Schweigen gebracht hatten und nachdem die Geschütze
durch einen Landungstrupp der Marine gesprengt waren. Bei Pamerort wurde
wider Erwarten kein Feind angetroffen. Das
Radfahr-Bataillon I wandte sich nun sogleich südwärts gegen die von
Arensburg nach Orrisar führende Straße, um Verwirrung in die
rückwärtigen Verbindungen des Feindes zu bringen;
Radfahr-Bataillon II und die Sturmkompagnie unter Hauptmann
v. Winterfeld stießen nach Osten vor, um dem zurückgehenden
Feinde zuvorzukommen, ihm den Rückzug nach Moon abzuschneiden und
gleichzeitig zu verhindern, daß russische Verstärkungen über
den Damm nach Ösel gelangten. Ernsthafter Widerstand wurde nicht
gefunden; gegen Mitternacht wurden Brückenkopf und Damm besetzt.
Inzwischen war die Suchflottille durch den Soëlo-Sund in die
Kassar-Wiek eingedrungen, war hier auf zahlenmäßig
überlegene feindliche Seestreitkräfte gestoßen und hatte den
Kampf mit ihnen aufgenommen. Im Süden der Insel betrieben die
Aufklärungsschiffe erfolgreich die Minenräumarbeiten trotz dem
Feuer der Zerel-Batterien.
Die Operationen des 12. Oktober waren also völlig planmäßig
verlaufen - sowohl bei der Marine wie bei dem Landungskorps.
[328] Da die zahlreich
eingegangenen Fliegermeldungen mit Sicherheit auf den Rückmarsch des
Feindes nach Moon schließen ließen, traten in der Frühe des
13. die Hauptkräfte der verstärkten 42. Division in zwei Kolonnen
den Vormarsch in Richtung Orrisar an. Nachdem sie feindlichen Widerstand
gebrochen und zahlreiche Gefangene gemacht hatten, gelangten sie abends bis
Irrasse und Putla (nördlich und nordöstlich von Arensburg).
Infanterie-Regiment 131 war vorher nach Süden abgedreht worden, um den
Feind auf Sworbe abzuschneiden. Die Radfahr-Bataillone IV und V, die
nördlich der Hauptkräfte angesetzt waren, erreichten auf grundlosen
Wegen nur die Gegend von Laisberg und östlich. Das
Radfahr-Bataillon I, das am Tage vorher aus der Gegend von Pamerort nach
Süden vorgestoßen war, hatte heftige Einzelgefechte mit russischen
Kräften zu bestehen, die Orrisar zustrebten; es konnte dem Gegner
zahlreiche Beute abnehmen, ihn auch teilweise von der großen Straße
nach Süden abdrängen, seinen Rückzug aber nicht dauernd
verhindern.
Am Abend traf bei der Division die Meldung einer Patrouille ein, daß
Arensburg frei vom Feinde wäre. Das noch in Reserve
zurückgehaltene Radfahr-Bataillon wurde alsbald dorthin geschickt. Es
erreichte die Stadt nach anstrengendem Nachtmarsch am folgenden Morgen und
nahm dort einen Oberst, zwei Leutnants und 260 Mann gefangen. Die Hauptstadt
der Insel war damit in deutscher Hand.
Hartnäckige und wechselvolle Kämpfe hatte die Abteilung
Winterfeld am Brückenkopf von Orrisar zu bestehen. Nachdem sie eine
größere Anzahl von zurückgehenden Bagagen genommen
hatte, wurde sie von Mittag ab schwer bedrängt durch stark
überlegene Abteilungen, die auf dem Rückmarsch von Arensburg
herankamen und gleichzeitig durch andere russische Kräfte, die zur
Unterstützung der Ösel-Besatzung von Moon her den Damm zu
überschreiten versuchten.
General v. Estorff, durch Flieger von diesen Kämpfen unterrichtet, befahl
noch am späten Abend des 13. September für alle seine Truppen, mit
Ausnahme des gegen Sworbe entsandten Regiments, den sofortigen, mit allen
Mitteln zu beschleunigenden Weitermarsch auf Orrisar, um der gefährdeten
Abteilung Winterfeld noch rechtzeitig zu Hilfe zu kommen und die
Hauptkräfte des Feindes zum Kampfe zu stellen, bevor sie über den
Damm nach Moon entkommen konnten.
Nur mit Sturmgepäck ausgerüstet, kaum verpflegt, ohne Nachtruhe,
brachen die Truppen am 14. Oktober bald nach Mitternacht auf und strebten auf
den denkbar schlechtesten Wegen vorwärts. Nach außerordentlich
anstrengendem, fast 40 km langem Marsch erreichte die 65.
Infanterie-Brigade am Abend die Gegend westlich Orrisar, als der Feind gerade zu
erneutem Angriff gegen Winterfeld ansetzte, und griff mit dem vordersten
Regiment sofort in das Gefecht ein. Den glänzenden Marschleistungen der
deutschen Truppen blieb der Erfolg nicht ver- [329] sagt. Der Feind, am
weiteren Ausweichen nach Moon verhindert und zum Kampf nach zwei Fronten
gestellt, streckte am nächsten Tage die Waffen. Der Divisionskommandeur
der 107. russischen Division, zwei Brigadekommandeure, zwei
Infanterie-Regimenter mit dem gesamten Troß, Maschinengewehre und eine
größere Anzahl Geschütze fielen in die Hand des Siegers. Nur
wenigen hundert Mann war es gelungen, sich über den Damm zu retten, der
unter dem Feuer der deutschen Torpedoboote gelegen hatte.
Inzwischen hatte sich auch auf Sworbe das Schicksal der Russen entschieden.
Ein Infanterie-Regiment und eine Matrosen-Abteilung hatten sich ergeben; die
Zerel-Batterien waren durch ihre Besatzungen zerstört worden.
Am 16. Oktober drangen die durch die Irbe-Straße vorgestoßenen
deutschen Seestreitkräfte bis an den Südausgang des Kleinen Sundes
vor. Im Norden hatten inzwischen die Torpedoboote erfolgreich gekämpft,
den zahlenmäßig überlegenen Feind aus der
Kassar-Wiek vertrieben und in den Moon-Sund zurückgedrückt. Die
Insel Ösel war also von See umstellt und unbestritten in deutscher
Hand.
Alsbald begannen die Vorbereitungen für den Übergang nach Moon.
Am 17. Oktober kämpfte das III. Geschwader die Strandbatterien bei Woi
und bei Werder, auf dem gegenüberliegenden Festlande, nieder; Woi selbst
wurde durch eine Marine-Abteilung besetzt. Die russische Flotte mußte
nach Norden abdampfen, nachdem ihr Linienschiff "Slawa" zum Sinken gebracht
war.
Am Nachmittag bereits wurde ein Bataillon auf Torpedobooten nach der
Westspitze von Moon übergesetzt, das dann sofort den Marsch nach Osten
antrat. Unter diesem Druck räumten die Russen am nächsten Tage in
aller Frühe den nördlichen Brückenkopf; der Damm zwischen
Ösel und Moon war frei. Ohne Kampf besetzten die jetzt
übergehenden deutschen Truppen Kuiwast. Zwei russische
Infanterie-Regimenter und ein Todes-Bataillon waren auf Moon gelandet worden,
um der bedrängten Besatzung von Ösel zu Hilfe zu eilen. Durch das
schnelle Zupacken des Landungskorps, namentlich durch das tapfere Verhalten
der Abteilung Winterfeld war ihnen dies verwehrt worden. Sie teilten das
Schicksal der 107. Division, wurden an der Nordküste von Moon gestellt
und streckten die Waffen.
Gemeinsame Erwägungen des General v. Kathen und des Admirals
Schmidt hatten inzwischen zu der Erkenntnis geführt, daß nun auch
die Besitznahme von Dagö noch notwendig wäre. Blieb diese Insel in
Feindeshand, so bedeutete sie eine ständige Bedrohung Ösels.
Besaß man sie, so lag der ganze Moon-Sund im Feuer der deutschen
Küstengeschütze. Erst dann war die Herrschaft über den
Rigaischen Meerbusen völlig gesichert, und gleichzeitig war ein Ausfalltor
gegen den Finnischen Busen geschaffen und die Bedrohung der
Estländischen Küste verstärkt. Am 14. Oktober wurde daher
die Wegnahme von Dagö befohlen. Bereits am folgenden Tage konnte eine
Marine-Abteilung an [330] der Südspitze
gelandet werden, der später ein Radfahr-Bataillon zu Hilfe kam. Am 18.
Oktober wurde das Infanterie-Regiment 17 mit einer Feldbatterie
übergesetzt, trat sofort den Vormarsch nach Norden an und säuberte
bis zum 21. die Insel vom Feinde. Die Gefangenenzahl war hier
verhältnismäßig gering; der Feind hatte die Möglichkeit
gehabt, einen großen Teil seiner Truppen rechtzeitig nach dem Festlande
zurückzuführen.
Die Gesamtbeute auf den drei Inseln betrug 20 130 Gefangene, 141
Geschütze (davon 47 schwere), über 130 Maschinengewehre und
zahlreiches anderes Kriegsgerät. Dies war deutscherseits unter
tatkräftiger Mitwirkung der Flotte erreicht mit elf
Infanterie- und fünf Radfahr-Bataillonen, d. h. mit nur etwa
10 000 Mann und zunächst nur drei Batterien!
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