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Bd. 7: Die Organisationen der Kriegführung, Zweiter Teil:
Die Organisationen für die Versorgung des Heeres

  Kapitel 1: Die Heeresverpflegung   (Forts.)
Ministerialrat Konrad Lau

4. Die Operationen.

Vormarsch.

Bei den organisatorischen Vorbereitungen für die Verpflegung der Heereskavallerie hatten zwei Gesichtspunkte einander gegenübergestanden, einmal das Bestreben, die Heereskavallerie ihrer Aufgabe entsprechend so beweglich wie möglich zu machen, sie von jedem irgendwie entbehrlichen Troß zu befreien, andrerseits die Befürchtung, daß auch auf einem in hoher landwirtschaftlicher Kultur stehenden Kriegsschauplatz es Schwierigkeit bereiten würde, die Kavalleriemassen mit Hartfutter und auch mit Brot zu versorgen. Der erstgenannte Gesichtspunkt behielt die Oberhand. Die Heereskavallerie erhielt nur Lebensmittel- und Futterwagen für die Truppe, aber keine Kolonnen. Sie wurde auf das verwiesen, was der Kriegsschauplatz bot, dem sie erforderlichenfalls auch Fuhrwerk zur Bildung von Kolonnen und zur Verstärkung der Truppenfahrzeuge entnehmen sollte. Das ist auch ausgiebig geschehen, selbst Ochsenkolonnen wurden beim Kavalleriekorps Schmettow in Rumänien gebildet; die Erfahrungen aller Kavalleriedivisionen gipfeln aber darin, daß eigene Kolonnen, namentlich Kraftwagenkolonnen, unbedingt nötig gewesen wären. Sie hätten weit mehr genutzt, als die von Etappen oder Armeekorps zur Heereskavallerie entsandten Kolonnen, die meistens erst dann kamen, wenn die Not schon groß war, [12] die auch nicht das Interesse an der Versorgung der Kavallerie hatten wie eigene Kolonnen. Aus dem Lande zusammengestellte, nicht militärisch organisierte Kolonnen konnten nicht annähernd Ersatz gewähren.

Solange die Kavalleriedivisionen im ruhigen gleichmäßigen Vorrücken blieben, konnte mit Hilfe von Beitreibungskommandos allgemein genügend Verpflegung aus dem Lande zusammengeschafft werden. Schwieriger wurde das schon bei sehr schnellem Vorrücken; Mangel machte sich aber sogleich geltend, wenn größere Massen auf engem Raum versammelt, einige Zeit halten mußten. So fehlte es alsbald an Hafer, als die 7. und 9. Kavalleriedivision vor dem Übergang über die Maas nördlich Lüttich mehrere Tage Aufenthalt erlitten. Auch bei den weiteren Bewegungen der im Westen den Vormarsch der Armeen verschleiernden Kavalleriemassen hat das Fehlen eigener Kolonnen sich empfindlich bemerkbar gemacht, ja an einzelnen Tagen zum Einstellen des Vormarsches gezwungen. Die Verweisung auf Aushilfen durch die hinter der Kavallerie marschierenden Korps war für beide Teile unbefriedigend. Die Kavallerie mußte um ihr gutes Recht betteln - und bei den abgebenden Korps, denen die Abgaben unerwartet kamen, entstanden Verlegenheiten.

Im Osten hätten auch eigene Kolonnen nicht immer wirksame Abhilfe gegen vorübergehenden Mangel bringen können, weil sie auf den schlechten Wegen den Kavalleriedivisionen hätten noch weniger folgen können als den Armeen. Hier mußten zeitweise, um Hafer heranzuschaffen, aus den Pferden der Truppe Tragetierkolonnen formiert werden, die allerdings selbst einen guten Teil der Ladung zur eigenen Verpflegung verbrauchten.

Große Schwierigkeiten machte bei längerem Verweilen in derselben Gegend auch die Versorgung mit Rauhfutter. Die Unmöglichkeit, es in ausreichendem Maße zu beschaffen, hat wiederholt dazu geführt, die Kavalleriedivisionen, sobald sie irgend entbehrlich waren, zurückzuziehen und vorübergehend in reichere Rauhfuttergegenden zu schicken, um die Pferde wieder aufzufüttern.

In der Mannschaftsverpflegung fehlte es oft an Brot; es war nicht immer im Lande in genügender Menge vorhanden, zum Backen fehlte es vielfach an Zeit. Vielleicht wäre es angezeigt gewesen, auch fahrbare Feldbacköfen, unter Umständen leichterer Art, den Kavalleriedivisionen beizugeben. Das Kavalleriekorps Schmettow hatte vier Öfen, die gute Dienste geleistet haben. Wenn sie auch nicht ständig folgen können, so wird ein umsichtiger Intendant sie ebenso wie die Verpflegungskolonnen doch für die Kavallerie nutzbringend verwenden können. Sie müssen aber zur Division gehören, so daß diese jederzeit über sie verfügen kann.

Konnte die Heereskavallerie, solange sie den Armeen weit voraus war, in der Hauptsache vom Kriegsschauplatz leben, so waren die Armeen in höherem Grade auf Nachschub angewiesen. Zunächst standen den Armeekorps noch ihre [13] während der Versammlung nicht verbrauchten V-Züge2 zur Verfügung. Um die Verpflegung auf jeden Fall zu sichern, stellten die Etappenintendanten neue an der Vormarschstraße der Korps bereit. Da das Land zunächst Verpflegung in reichem Maße hergab, wurden die Züge nur zum Teil oder gar nicht entleert und einstweilen bis zu weiterer Verfügung stehen gelassen. Die vorderen Korps forderten in der Annahme, daß die Züge von den hinter ihnen marschierenden verbraucht wären, neue, in allzu großer Fürsorge sogar Aushilfen aus der Verpflegungsreserve des Generalintendanten an. Unzureichende Nachrichtenübermittlung und Störungen im Bahnbetrieb vermehrten das Durcheinander und machten den Nachschub in kurzer Zeit ganz unübersichtlich.

Als am 5. September der Etappenhauptort der 1. Armee nach Chauny verlegt wurde, standen auf der rund 300 km langen Nachschublinie westlich der Maas (Lüttich - Brüssel - Cambrai - Chauny) zerstreut 34 V-Züge, 2 M- und 7 H-Züge, davon 15 V- und 2 H-Züge östlich Brüssel und außerdem noch 15 V-, 1 M- und 2 H-Züge östlich der Maas, zum Teil aus der Versammlung und den ersten Vormarschtagen stammend und angebraucht. Bis zum 27. Oktober hatte die Etappe zu tun, um die Strecke von diesen abgestellten Zügen frei zu machen. Erschwert wurde die Arbeit durch das Bestreben der Korps, den Nachschub möglichst lange beweglich zu halten, was immer wieder zu Verstopfungen der nicht entsprechend ausgebauten Bahnhöfe führte. Ähnliche Erscheinungen traten auch bei anderen Armeen auf, wo allerdings die Nachschubverhältnisse zum Teil günstiger waren; sie waren trotz Zusammenarbeitens der Intendanten mit den Bevollmächtigten des Feldeisenbahnchefs auch später insbesondere dann nicht ganz zu vermeiden, wenn Bahnlinien neu in Betrieb genommen wurden.

Allmählich kam der geordnete Nachschub in Fluß, bei dem die Etappenintendanten von den ihrer Armee zugeteilten Proviantdepots der Sammelstation die Züge anforderten in einer dem Bedarf entsprechenden Beladung. Dazu kamen Aushilfen aus der beweglichen Verpflegungsreserve des Generalintendanten, die auch nach voller Betriebseröffnung der Sammelstationen ganz besonders gute Dienste bei großen Umgruppierungen, insbesondere bei denjenigen im Osten 1914/15, tat und bei plötzlichen Verstärkungen einzelner Armeen, denen ihr Proviantdepot nicht ohne weiteres gerecht werden konnte. Durch Zuweisungen aus der beweglichen Verpflegungsreserve konnte eine Neuzuteilung von Proviantdepots an die Mangel leidende Armee vermieden werden, die oft zugleich eine vollständige Neuordnung in der Verteilung aller Proviantdepots notwendig gemacht hätte. Wegen Wagenmangels mußte später die Verpflegungsreserve aufgelöst werden; sie hat aber oft in entscheidenden Augenblicken gefehlt.

[14] Der Raum zwischen Eisenbahnendpunkt und Truppe (Ausgabestelle an die Verpflegungsfahrzeuge der Truppen) sollte durch die Kolonnen der Etappe und der Korps überbrückt werden. Hier zeigte sich bald, daß trotz Ausstattung mit gut organisierten Trains und Kraftwagenkolonnen, die nach wohldurchdachten Plänen bewegt wurden, ganz bestimmte Grenzen gezogen waren, jenseits deren der Nachschub versagen mußte. Erinnerungen an das "Fünfmärsche-System" Friedrichs des Großen wurden wach.

Im Westen trat das am krassesten auf dem rechten Heeresflügel in die Erscheinung. Als die Truppen der 1. Armee die Somme erreicht hatten, war der Bahnbetrieb noch nicht bis Brüssel gefolgt; er konnte auch auf der soeben erst notdürftig in Betrieb gesetzten Strecke Herbesthal - Lüttich, Richtung Brüssel, nur einen kleinen Teil des gewaltigen Bedarfs dieses Heeresteils befördern, zumal sie vom 23. - 26. August wegen des Antransports des IX. Reservekorps für andere Transporte gesperrt werden mußte. Die Verbindung riß ab, obgleich alle verfügbaren Lastkraftwagenkolonnen bei der 1. und 2. Armee eingesetzt waren. Brüssel wurde die sofortige Aufbringung des viertägigen Verpflegungsbedarfs der 1. Armee auferlegt; und in anzuerkennender Weise bemühte es sich, die Auflage in zwei Magazinen unter Aufsicht weniger Magazinbeamten zur Ausgabe bereitzustellen. Hartfutter ließ sich zwar in so großer Menge jetzt, unmittelbar nach Mobilisierung der belgischen Armee und kurz vor der neuen Ernte, nicht in der gewünschten Menge aufbringen. Immerhin konnte in Brüssel eine größere Zahl von Kolonnen aller Korps neu beladen werden. Das half über einige Tage hinweg, konnte aber die abgerissene Nachschubverbindung nicht wiederherstellen. Hätten die Truppen sich nicht an der Vormarschstraße selbst versorgen können, hätten sie hungern müssen; denn erst ganz allmählich nach Pausen im Vormarsch, die durch Kämpfe eingetreten waren, erreichten die Etappentrains den Anschluß an die Korpskolonnen und ermöglichten diesen die Wiederauffüllung.

Die Erfahrungen bestätigten bald, was im Frieden bei Übungsarbeiten und Kriegsspielen festgestellt war: daß auf weitere Strecken als 100 - 120 km die volle Verpflegung auch bei guten Wegen nicht mit den Kolonnen nachgeschoben werden konnte.

Gut durchdachtes, der jeweiligen Lage angepaßtes Bewegen der Kolonnen unter sachverständiger Schonung, nötigenfalls aber auch unter rücksichtsloser Ausnutzung ihrer Leistungsfähigkeit, umsichtige und tatkräftige Führung der einzelnen Kolonnen, zweckmäßige Leitung des Auf- und Abladens und der Empfänge, Verstärkung der Kolonnen aus Landesfuhrwerk waren vortreffliche Mittel, den Nachschub aufrechtzuerhalten. Mit ihnen sind unter schwierigsten Verhältnissen außerordentliche Leistungen vollbracht. Unentbehrlich blieb aber, rechtzeitig und wirtschaftlich die Landesmittel auszunutzen. Nur dadurch sind manche Operationen möglich geworden.

[15] Der 9. Armee (rund 5 Armeekorps und 1 Kavalleriedivision) standen für den Herbstfeldzug 1914 in Nordpolen 8 Etappenfuhrparkkolonnen, 10 Magazinfuhrparkkolonnen, 3 Lastkraftwagenkolonnen zur Verfügung, die noch durch 12 Kolonnen österreichischer Landesfuhrwerke zu je 200 Wagen, jede Kolonne mit 60 t Nutzlast, ergänzt waren. Die Korpskolonnen waren durch Landesfuhrwerke so verstärkt, daß sie trotz der schlechten Wege die planmäßige Nutzlast befördern konnten. In schnellem Vordringen entfernte sich die Armee von den beiden erst wiederherzustellenden und umzunagelnden Bahnen. Auch hier wäre trotz der Verstärkung des Trosses die Verbindung abgerissen, wäre nicht von vornherein die Anordnung getroffen, daß nur Brot, Kaffee, Salz, Zucker und kleinere Sachen sowie 2/3 des Bedarfs an Hafer nachzuführen, Fleisch, Gemüse und 1/3 Hafer dem Lande zu entnehmen seien.

Während die Njemenarmee die Ausgangsstellung für die Sommeroperationen 1915 an der Dubissa - Windau innehatte, endete die Vollbahn 100 km dahinter bei Laugszargen und Memel. Für die geplanten Operationen war die rückwärtige Verbindung zwar etwas verbessert durch die Feldbahn Laugszargen - Tauroggen - Kjelmy und die Vollbahn Memel - Prekuln, die hier Anschluß an die Strecke Libau - Moscheiki gewann. Sehr leistungsfähig waren diese Bahnen aber nicht. Die Kolonnen waren durch Abgaben für die an der Hauptoperation beteiligte 8. und 12. Armee geschwächt. Als die Njemenarmee nach rund 4 Wochen die Swjenta - Jara erreichte, hatte sie sich 200 km und mehr von der Ausgangsstellung entfernt. Die Nachschubschwierigkeiten waren außerordentlich groß, wenngleich die Etappe bemüht war, durch einen sehr sorgfältig organisierten Pendelbetrieb ihrer Kolonnen den Anschluß an die schnell vorrückende Armee zu behalten. Nur sorgsamste Ausnutzung der Landesvorräte ermöglichte die ausreichende Verpflegung.

Die 12. Armee, die nach Überschreiten des Narew Mitte August 1915 ungewöhnlich schnell vorrückte, mußte die Truppen fast ausschließlich auf die Landeserzeugnisse, vor allem die Früchte auf dem Felde verweisen und konnte den Korps, wie der Armeeintendant am 4. September dem Generalintendanten meldete, "nur das Notwendigste und dies auch nur in beschränktem Umfange" nachschieben. Als am 31. August die Bahn Willenberg - Ostrolenka den Betrieb eröffnete, stand die Front etwa 200 km östlich. Erst allmählich konnten die verstärkten Etappenkolonnen die Verbindung mit den Korps herstellen.

Schwierig gestaltete sich die Nachrichtenverbindung zwischen den Korps und den Kolonnen und rückwärtigen Feldmagazinen. Wo gute Straßen vorhanden waren, konnte der den Korpsintendanten beigegebene Feldintendanturrat täglich zu ihnen zurückfahren, Anordnungen über Weiterbestehen der Magazine, ihren Übergang an die Etappe oder Verladung der Restbestände aus die Kolonnen des Korps an Ort und Stelle geben, Verfügung über die weitere Verwendung der Beamten treffen, den Verbleib der dem Korps zugeteilten [16] V-Züge und ihre Beladung feststellen, nötigenfalls auch Änderungen in der geplanten Kolonnenbewegung veranlassen. Nach Rückkehr konnte er dem Intendanten ein klares Bild von der Lage auf der rückwärtigen Verbindung geben, über die dieser sonst mangels Meldungen sich nur in Vermutungen hätte ergehen können. Wo der Kraftwagenverkehr beschwerlicher war, konnten derartige Fahrten nicht so oft ausgeführt werden, auch hier aber waren sie unentbehrlich. Die Maßnahme, dem Feldintendanten einen zweiten höheren Beamten und einen besonderen Kraftwagen zuzuteilen, bewährte sich in hohem Grade. Es mußte eine Persönlichkeit vorhanden sein, die den Intendanten voll vertreten konnte (entweder wie eben geschildert) im Außendienst, oder wenn der Intendant diesen selbst wahrnahm, im Stabe. Unter schwierigen Vormarschverhältnissen, wo an beiden Stellen zugleich schnelle und wichtige Entscheidungen zu treffen waren, war diese Stellenbesetzung von hervorragender Bedeutung; nicht weniger wichtig war allerdings, den Beamten jede Bewegungsmöglichkeit zu geben.

An den Ausgabestellen der aus den Kolonnen oder aus Landeserzeugnissen gefüllten Feldmagazine setzte die Tätigkeit der Truppenverpflegungsoffiziere ein, die mit den Verpflegungsfahrzeugen der Truppe ihr die empfangene Verpflegung zuzuführen hatten. Auf Mittel zu sinnen, auch von weit entlegenen Empfangsstellen die Verpflegung heranzuschaffen und die Fahrzeuge trotzdem für den nächsten Marschtag marschfähig zu erhalten, war ihre Sache. Ob ein solcher Empfang möglich sein würde, war oft nicht zu übersehen; deshalb hieß es für sie vor allem stets die Augen auf zu haben und zu sehen, wo das Land Aushilfen bot. Findig sein war die Hauptsache. Das konnten weder klare Bestimmungen noch gute Organisation des Nachschubs entbehrlich machen. War der Verpflegungsoffizier auf dem Posten, ging es der Truppe auch in schwieriger Verpflegungslage nicht schlecht. Einem solchen Verpflegungsoffizier gelang es, auch an Kampftagen, wenn überhaupt eine Möglichkeit gegeben war, unterstützt von unerschrockenen Essenträgern, der Truppe Essen zuzuführen. Die Fürsorge bei der Truppe selbst war ausschlaggebend für ihr Wohlbefinden. Welch neuer Lebensmut erfaßte die ermattete Truppe, wenn es dem unermüdlichen Verpflegungsoffizier gelungen war, die Feldküchen trotz feindlichen Feuers und schwierigen Geländes so an sie heranzubringen, daß sie warmes Essen erhalten konnte!

Deutsche Feldküche auf einer Paßstraße an der
italienischen Front.
[16a]      Deutsche Feldküche auf einer Paßstraße an der italienischen Front.

Die Feldküchen erleichterten in hervorragender Weise die Versorgung der Truppen; Kochapparate, mit denen die Kolonnen ausgestattet waren, konnten sie nicht ersetzen. Auch Kochkisten waren nur ein Notbehelf. Formationen, denen Feldküchen fehlten, waren in großem Nachteil. Auch bei den höheren Stäben, wo das gesamte Personal sofort nach dem Übergang zur Ruhe dienstlich vollauf beschäftigt war, machte sich ihr Fehlen sehr unliebsam bemerkbar. Auf beschleunigte Ausstattung aller Formationen mit Feldküchen wurde des- [17] halb schon bald nach Kriegsbeginn hingearbeitet; die reiche Kriegsbeute aus Rußland beschleunigte die Durchführung. Allein die Kavallerie blieb ausgenommen, da eine Vermehrung des Trosses und der Pferdezahl gescheut wurde.

In der Versorgung mit frischem Fleisch wurde kurz nach Beginn des Krieges versucht, eine Änderung der im Frieden geplanten Art einzuführen. Schon im Frieden hatten Erwägungen darüber geschwebt, ob die Selbstversorgung der Truppe auch bei längerem Verweilen großer Massen auf engem Raum durchführbar sein werde und wie dann bei Schlachtungen in größeren Schlächtereien, die wegen besserer Verwertung der Innereien, des Blutes, der Häute, der Abfälle usw. übrigens auch als wirtschaftlicher erkannt waren, das frische Fleisch der Truppe zugeführt werden sollte, ohne bei heißem Wetter zu verderben. Zum Abschluß waren die Erwägungen bei Kriegsbeginn aber nicht gekommen.

Da entschloß sich der Generalintendant des Feldheeres, der nach ihm vorliegenden Nachrichten annehmen mußte, daß im Westen der Feind alles Vieh aus den Grenzbezirken forttreiben würde, sogleich nach Ausspruch der Mobilmachung, die Ausstattung der Armeekorps und Reservekorps mit Korpsschlächtereien (70 Schlächter und Viehpfleger), die dem Vormarsch sprungweise folgen sollten, und zugleich mit besonderen Fleischkraftwagenkolonnen zu veranlassen. Als Fleischkraftwagen mußten in der Eile vorhandene Omnibusse und 3-t-Lastwagen genommen werden, die schnell für den neuen Verwendungszweck hergerichtet wurden. Jedes Korps erhielt durchschnittlich 7 Wagen, die Fleisch für einen Tag befördern konnten. Als die Kolonnen gegen Ende August 1914 in einem Augenblick bei der Truppe eintrafen, wo mehr denn je Mangel an Transportmitteln bestand, jedoch nicht an frischem Fleisch, wurden sie freudig begrüßt, aber nicht zum Fleischtransport benutzt, sondern zum Fahren von anderen Lebensmitteln, Munition, Verwundeten usw. Auch Schlächtereien wurden nicht eingerichtet, obwohl der Generalintendant in Voraussicht der bald eintretenden zwingenden Notwendigkeit besonders darauf drang. Die Truppe war mit der bisherigen Versorgungsart sehr zufrieden.

Brot ist während des Vormarsches nur ausnahmsweise von der Truppe selbst gebacken worden. Im Frieden war zwar das Backen im Kochgeschirrdeckel bei besonderen Übungen geübt; die mäßigen Erfolge haben aber nicht gerade zur häufigen Anwendung dieses Notbehelfs angespornt. Wo auf dem flachen Lande noch Backöfen vorhanden waren, nutzte ein vorsorglicher Verpflegungsoffizier sie wohl aus. Im Westen aber war die Versorgung auch der ländlichen Bevölkerung aus Brotfabriken und zentralen Genossenschaftsbäckereien die Regel geworden, damit war ein großer Teil der Backöfen vom Lande verschwunden. Auch an den dünnbevölkerten Vormarschstraßen des Ostens waren sie selten.

[18] Die Beschaffung des Brotes blieb deshalb im allgemeinen Sache der Verwaltung. Darin hat sich gegen frühere Kriege nichts geändert, wohl aber in der Art der Versorgung. Trotz der schlechten Erfahrung aus dem Kriege 1866 hatte man 1870/71 das Feldheer im wesentlichen auf den Nachschub fertigen Brotes aus der Heimat verwiesen. Mit dieser Versorgungsart war gebrochen, und das Feldheer war so ausgestattet, daß es in der Brotherstellung unabhängig von der Heimat war. In besonderer Lage wurde zwar vorübergehend Truppen, die nahe an der Heimat standen, Brot aus Garnisonbäckereien zugeführt; so erhielt die Armeeabteilung Lauenstein eine Zeitlang täglich 50 000 Portionen Brot aus Königsberg, die 9. Armee bei Beginn der Operationen in Polen im Herbst 1914 täglich 40 000 Portionen Brot aus Krakau und 30 000 aus Gleiwitz, Breslau und Posen. Doch das waren Ausnahmen.

Deutsche Feldbäckerei.
Deutsche Feldbäckerei.      [Vergrößern]
Aus: Um Vaterland und Freiheit, Bd. 2, S. 65.


Deutsche Feldbäckerei.
Deutsche Feldbäckerei.      [Vergrößern]
Aus: Um Vaterland und Freiheit, Bd. 2, S. 65.
Die fahrbaren Feldbäckereikolonnen konnten den vollen Bedarf der Korps im allgemeinen decken, wenn auch ihre Leistungsfähigkeit nicht immer den bei täglichem Stellungswechsel angenommenen Satz von zusammen 26 000 Portionen erreichte. Es war damit gerechnet, daß bei Durchschnittsmarschleistungen der Truppe von 20 - 24 km täglich die Feldbäckereikolonnen in 48 Stunden diese Strecke gleichfalls zweimal zurücklegen könnten unter Ausnutzung der Nachtstunden. Dazwischen sollten sie 36 Stunden in Betrieb sein einschließlich 2 Stunden für den Abbruch und 3 - 4 Stunden für die Wiedereinrichtung. Bei ruhigem Vormarsch haben die Kolonnen auch in sprungweisem Vorgehen etwa in der angegebenen Art folgen können, namentlich wenn die Truppe gelegentlich Aufenthalte hatte; allerdings bedurfte es wohlüberlegter Regelung ihrer Märsche und der Zufuhr an Backmaterial.

Wurden die Marschleistungen der Truppe größer, waren die Wege schlecht, so sanken die Leistungen der Feldbäckereien erheblich, da die Marschstraßen auch in der Nacht nicht immer frei waren, die Nachrichtenübermittlung oft zu wünschen übrig ließ, und andere Hemmungen das Vorwärtskommen erschwerten. Lastkraftkolonnen, die die Öfen hätten schleppen und zugleich Bäcker und Backmaterial hätten fahren können, standen meistens nicht zur Verfügung. Ofen für Ofen, mit 10 Pferden bespannt, wurde oft auf den grundlosen Wegen des Ostens nur mühsam vorwärts gebracht.

Um die so entstandenen Ausfälle zu decken, mußte die Etappe ihre Hilfsbäckereikolonnen in vollem Betrieb erhalten, die Landesbäckereien mit Mehl versorgen und zu gesteigertem Betrieb anhalten, und das weit rückwärts gebackene Brot mit Kraftwagenkolonnen vorschieben. Daß sie nicht den vollen Bedarf aller von ihr zu versorgenden Truppen decken konnte (durchschnittlich 150 000 - 250 000 Portionen täglich), ist ohne weiteres klar. Traten Verhältnisse ein wie auf dem rechten Heeresflügel im Westen im Herbst 1914, wo die Feldbäckereikolonnen zum Betrieb fast gar nicht kamen, um den Anschluß an ihre Korps nicht zu verlieren, so war ein zeitweiliger Brotmangel bei der Truppe [19] nicht zu vermeiden. Auch bei einer anderen Organisation hätte er in solchen Lagen fühlbar werden müssen. Oft konnte der Brotmangel während des Vormarschs durch Verabfolgung größerer Fleischportionen ausgeglichen werden.


Stellungskrieg (Stillstand).

Mit dem Übergang zum Stellungskrieg und dem damit eintretenden Stillstand der Bewegungen wurden die rückwärtigen Verbindungen ausgebaut, die zerstörten Vollbahnen wiederhergestellt, neue geschaffen, vorn durch Klein- und Feldbahnen ergänzt, Straßen befestigt und neue angelegt und so die Möglichkeit geschaffen, den gesamten Nachschub glatt und schnell bis zu den Verbrauchsstellen zu leiten. Die auf den rückwärtigen Verbindungen geschaffenen Organisationen mußten sich den an den einzelnen Frontteilen sehr verschiedenen Lagen anpassen. Hier können nur die Grundsätze besprochen werden, wobei auf die in Anlage 1 wiedergegebene Gliederung bei einer Armee des Westens verwiesen wird.

Darstellung des Verpflegungs-Nachschubs der 6. Armee.
[94-95, Anlage 1 zu Bd. 7]      Darstellung des Verpflegungs-Nachschubs der 6. Armee (Stand am 9. April 1917).
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Vom Proviantdepot der Sammelstation (starken Armeen wurde ein zweites zur Aushilfeleistung an das die Armee versorgende zugeteilt) führte eine Verbindungslinie zur Etappe, die sich dann, strahlenförmig zu den einzelnen Verbrauchsstellen gehend, teilte. Es kam deshalb darauf an, die in geschlossenen Zügen aus der Heimat eintreffende Verpflegung rechtzeitig so zu verteilen, daß sie möglichst ohne Umladung zu den Ausgabestellen vorgeführt werden konnte. Bis zu einem gewissen Grade konnte das schon in den Proviantdepots durch entsprechende Zusammenstellung der Züge vorbereitet werden. Nur wenige hatten aber die dazu nötige Gleisentwicklung; und zu weitgehende, dem nicht Rechnung tragende Forderungen der Armeen mußten zu einer Verstopfung der Proviantdepots führen. Auf einer weit hinter der Front, oft hinter dem Etappengebiet liegenden Verteilungsstelle waren deshalb Magazinbeamte tätig, die die eintreffenden Waggons neu ihren endgültigen Versandzielen (Ausladebahnhöfen) entsprechend bezettelten und zugleich den Empfängern die Transporte vormeldeten.

In den rückwärtigen Etappenmagazinen wurden außer den Reservebeständen meistens nur die kleineren Verpflegungsgegenstände (einzelne Gemüse, Kaffee, Tee, Salz usw.) entladen, es sei denn, daß die Vollbahnen bei ihnen endigten. Massengüter aber wurden so weit als möglich nach vorn durchgeleitet. Im übrigen mußte die Weiterverteilung und Zuteilung mit Feldbahnen und Kolonnen erfolgen.

Sobald als möglich wurden für die Nachschubzüge feste Fahrpläne eingeführt, und Sache der Verhandlungen zwischen den Etappenintendanten und den Beauftragten des Feldeisenbahnchefs war es, Überweisung der zur Deckung des Verpflegungsbedarfs erforderlichen Zahl von Verpflegungszügen zu erlangen. Ihre Beladungsart mußte dem Proviantdepot entweder durch festen [20] Plan oder besondere Weisung aufgegeben werden. Welche Mengen vorzuziehen waren, richtete sich nach dem der Verpflegungsstärke entsprechenden laufenden Bedarf und der Höhe der nach Armeebefehl vorrätig zu haltenden Reserve. Diese mußte mit zunehmendem Mangel immer mehr beschränkt werden, worüber allgemeine Weisungen des Generalintendanten ergingen.

Im Bereich der Truppen wurden die nachgeschobenen Verpflegungsmittel in Feldmagazinen bereitgestellt, in die auch die im Lande geernteten Erzeugnisse mit Hilfe der Kolonnen eingeliefert wurden. Zahl, Lage und Größe der Magazine hatte sich einerseits nach den vorhandenen Nachschubeinrichtungen zu richten, andrerseits nach den Verbindungen zu den Truppenunterkünften und nach der Stärke der regelmäßig aus ihnen empfangenden Truppen. In jedem Divisionsabschnitt wurde im allgemeinen ein Magazin eingerichtet, daneben oft weiter zurückgelegen noch ein oder mehrere Magazine zur Verfügung der Gruppe für die Verpflegung durchziehender Truppen und nicht für bestimmte Verbände. Hier hatten alle Truppen bei dem nächstgelegenen Magazin zu empfangen. Magazine in der Nähe größerer Unterkunftsorte, von Truppenübungsplätzen, Ein- und Ausladebahnhöfen usw. mußten erheblich größer gemacht werden als andere; z. B. verausgabten an einem Tage vier Magazine eines Abschnitts:

    Magazin a: 32 000 Portionen, 9000 Rationen
    " b: 23 000 " 8000       "
    " c: 10 000 " 3500       "
    " d: 9 000 " 2000       "

Nur bei einheitlicher Leitung des Verpflegungsdienstes durch die bodenständigen Gruppenintendanten war es möglich, so verschiedenen Anforderungen durch Anlage und Ausstattung der Magazine Rechnung zu tragen. Wo noch den Divisionen darin Selbständigkeit gelassen war, zwangen die Verhältnisse schnell dazu, sie wirtschaftlich den Gruppen- (Abschnitts-) Kommandeuren und ihren Feldverwaltungsbehörden zu unterstellen.

Von den Feldmagazinen empfingen die Verpflegungsoffiziere mit den Verpflegungsfahrzeugen der Truppen, wenn nicht anschließend Förderbahnverbindung bis zur Truppe führte. Von den Intendanten war meistens für eine Woche ein Speisezettel aufgestellt, nach dem für 2 - 3 Tage empfangen wurde.

Vorwärts der Feldmagazine waren vielfach noch Truppenverpflegungsdepots mit einer 1 - 2tägigen Reserve an dauerhaften Lebensmitteln niedergelegt, auf die auf besonderen Befehl zurückgegriffen werden sollte, wenn feindliches Feuer das Vorbringen von Verpflegung in die Stellungen nicht gestattete. Über ihren Wert waren die Urteile sehr geteilt. Sie konnten ihren Zweck nur dann erfüllen, wenn sie der in Stellung befindlichen Truppe so nahe waren, daß diese sie auch bei starkem Feuer erreichen konnte. Dann aber [21] waren sie dem feindlichen Feuer ausgesetzt und wurden von ihm oft vernichtet. Viele nicht zu ersetzende Lebensmittel gingen so verloren, und der Zweck wurde nicht immer erreicht. Die Verpflegungsdepots über die Regiments- oder Bataillonsgefechtsstände hinaus vorzuschieben, war nicht zweckmäßig.

Auch gegen Beibehaltung der vollen Ausstattung mit eisernen Portionen richteten sich Stimmen aus der Front. Insbesondere erschienen die Gemüseportionen entbehrlich, weil sie im Gegensatz zu den Fleischkonserven nicht kalt zu verzehren waren. Im Dezember 1916 regte der Generalintendant allgemein an, die Gemüsekonserven zurückzuziehen, mußte aber im übrigen die Anordnung über Ausstattung mit eisernen Portionen und ihre Aufbewahrung je nach Lage den Armeekommandos überlassen. Im allgemeinen war die Truppe gegen das Beibehalten, weil ihr mit der verantwortlichen Aufbewahrung eine große Last erwuchs. Sie sah sich auch außerstande, große Verluste zu vermeiden, die ihr - nicht immer ohne Anrechnung auf die laufende Verpflegung - ersetzt wurden. Die Gruppenkommandos und Armee-Oberkommandos hingegen erblickten in dem Vorhandensein eiserner Portionen nach wie vor eine Sicherheit gegen Verpflegungsmangel in der vordersten Linie.

Bei der Truppe wurden die Feldküchen zur Schonung des wertvollen Materials schon früh außer Betrieb gesetzt und an ihrer Stelle ständige Küchen eingerichtet, die möglichst auch mit Brateinrichtungen versehen wurden. Außer in den Unterkunftsorten wurden solche Kücheneinrichtungen, wenn auch einfacherer Art, für die in Stellung befindlichen Truppen so weit vorgeschoben angelegt, als es nach den Umständen möglich war. Wie im Frieden oft zwei Bataillone in derselben Kaserne unter den gleichen Lebensbedingungen je nach Fürsorge ihrer Kommandeure, Küchenkommissionen (Verpflegungsoffiziere gab es ja nicht), Küchenunteroffiziere auffallend verschieden gut verpflegt waren, so war es auch im Felde. Im allgemeinen war aber überall richtig erkannt, daß durch Sorgfalt in der Ausgestaltung der Küchen und Kochstellen, Auswahl und Ausbildung der Köche und in der Zubereitung des Essens der Schwerpunkt für eine gute Beköstigung der Mannschaften lag. Es bestanden verschiedene Entwürfe für Musterküchen; Lehrgänge für Köche waren eingerichtet, die recht guten Erfolg hatten. Küchenkommissionen der Truppenteile, in denen Küchenteilnehmer vertreten waren, überwachten den Betrieb, und besondere Divisionsküchenkommissionen sorgten dafür, daß in allen Küchen die Vorschriften beachtet wurden, die im Interesse der Mannschaften erlassen waren, wie scharfe Kontrolle der Verteilung der Lebensmittel auf die einzelnen Kochstellen, Anschlag der Tagesportionssätze an allen Kochstellen, Reinlichkeit bei der Zubereitung des Essens, Sauberkeit der Küchenplätze usw.

Wie die Verbindung zwischen den Kochstellen zu den vorderen Linien herzustellen war, mußte sich nach der Lage richten. Wo es die Einwirkung des Feindes nötig machte, wurde von den Kochstellen aus das Essen in Speiseträgern [22] verschiedenster Konstruktion und Getränketornistern - zum Teil mit Tragepferden und Eseln - soweit wie möglich an die Stellungen herangebracht und dort an bestimmten Punkten von den aus dem Graben zurückgesandten Trägertrupps in Empfang genommen. Brot, Wasserflaschen und sonstige feste Gegenstände wurden in Tragekörben, Zeltbahnen oder Säcken nach vorn geschafft. Wo die Kochstellen zu weit hinter den Stellungen liegen mußten, wurden die Speisen in den Feldküchen in der Dunkelheit möglichst nahe an die Stellungen herangebracht. In den Stellungen wurde das Essen mit Hartspiritus oder, wenn das möglich war, mit Holzkohlenfeuer angewärmt: die Industrie nahm sich der Herstellung von Kochern und Wärmeöfen verschiedener Modelle an.

Zur Versorgung der Truppen mit frischem Fleisch richtete ein Korps nach dem andern (Oktober bis Anfang Dezember 1914) Schlächtereien ein. Nun war auch Bedarf an Fleischkraftwagen. Sie waren aber zu einem guten Teil bei der zweckwidrigen Verwendung während des Bewegungskrieges verbraucht3 und konnten nicht ersetzt werden, da sich schon für noch wichtigere Zwecke Mangel an solchen Wagentypen geltend machte. Aus dem gleichen Grunde konnten auch nicht alle später aufgestellten Reservekorps mehr mit derartigen Fahrzeugen ausgestattet werden. Die vorhandenen bewährten sich aber, obgleich ihnen erhebliche Konstruktionsmängel anhafteten. Im Oktober 1915 wurden sie in die damals neugebildeten Korpskraftwagenkolonnen und Etappenkraftwagenstaffeln eingereiht und nur noch seltener zum Fleischtransport benutzt. Abgeschlossene Erfahrungen über die Verwendung von Fleischkraftwagen sind auf diese Weise nicht gesammelt. Eigens für den Zweck gebaute Wagen waren ja auch nie vorhanden gewesen.

Beim XV. Reservekorps, das 1914 in den Vogesen aus dem Schlachthause in Straßburg mit ausgeschlachtetem Fleisch versorgt wurde, und später bei der 12. Armee (Anfang 1916), wo fünf Divisionen unmittelbar aus einer Etappenschlächterei in Lida frisches Fleisch erhielten, und auch an einzelnen anderen Stellen wurden besonders zum Fleischtransport eingerichtete Eisenbahnwagen verwendet. Die Erfahrung zeigte, was auch durch spätere Versuche bestätigt wurde, daß diese Beförderungsart bei kühlem Wetter auf kurze Strecken, wo mit Verkehrsstockungen nicht gerechnet zu werden braucht, gut durchführbar ist, bei heißem Wetter aber, auch da ohne Kühlvorrichtungen, nicht zu empfehlen ist, insbesondere wenn das Fleisch von den Entladestationen noch mit Förderbahnen oder Truppenfahrzeugen der Truppe zugeführt werden muß. Ein allgemeiner Nachschub ausgeschlachteten Fleisches aus der Heimat auf der Eisenbahn, wie er zur Vermeidung von Gewichtsverlusten wiederholt vorgeschlagen ist, konnte ohne Kühlwagen nach den bei diesen Versuchen gemachten Erfahrungen nicht in Frage kommen.

[23] Die Möglichkeit, das frische Fleisch auch bei warmem Wetter zur Truppe in einwandfreier Beschaffenheit bringen zu können, mußte bestimmend für die Zahl der anzulegenden Schlächtereien sein. An vielen Frontteilen wurden Divisionsschlächtereien eingerichtet, an anderen wurden mehrere Divisionen von Gruppen- (Korps-) Schlächtereien versorgt. So bestanden schon Ende 1916 beim Feldheere:

    47 Schlächtereien für je eine Division
    25 " " " zwei Divisionen
    13 " " " drei "
    5 " " " vier "
    2 " " " fünf "

Im Mai 1917 wurde eine einheitliche Regelung in der Ausstattung mit Schlächtereiabteilungen dahin getroffen, daß jede Division eine solche erhielt. Nach Bedarf konnten mehrere zu Gruppen- (Korps-) Schlächtereien zusammengefaßt werden.

Die Schlächtereien, die von Veterinäroffizieren beaufsichtigt wurden, wurden allmählich mit allen Einrichtungen einer modernen Großschlächterei versehen. Vorhandene Schlachthäuser wurden ausgenutzt, andere geeignete Räume dazu eingerichtet und viele Schlächtereien waren als Musterbetriebe sehenswert. Ganz besondere Sorgfalt wurde auf Verarbeitung der Innereien und sonstigen als Fleisch nicht zur Ausgabe gelangenden Fleischteile, sowie des Blutes (auch von Rindern) zu Wurst in besonderen Wurstküchen gelegt. Tagesleistungen von 200 Schweinen oder 50 Stück Großvieh sowie 150 kg Wurst bildeten die Regel, wurden in Gruppen- (Korps-) Schlächtereien aber noch übertroffen. Die Häute, Knochen, Abfälle usw. wurden gesammelt und in Sammeltransporten regelmäßig den Verwertungsstellen im besetzten Gebiet und in der Heimat zugeführt, sofern nicht in der Nähe der Schlächtereien Verwertungsanlagen, z. B. Fettgewinnungsanstalten, waren. In voller Würdigung der heimischen Notlage wurde mit größtem Nachdruck auf die restlose Erfassung aller anfallenden irgendwie verwertbaren Teile hingewirkt, die anfangs verlorengegangen waren.

An Stelle der fahrbaren Feldbacköfen wurden bald steinere Backöfen errichtet, wo nicht Ortsbäckereien für Truppenzwecke verwendet werden konnten. Sie wurden nach Möglichkeit mit den Feldmagazinen zusammengelegt, um den Lebensmittelempfang der Truppen zu vereinfachen. Die Etappe war in der Lage, in ihrem Bereich an Orten mit guter Frontverbindung größere Bäckereien einzurichten, die Aushilfen an die Front senden konnten, so daß es nicht schwer war, an allen Frontabschnitten die Brotbackung auch für Verstärkungen sicherzustellen.

In den einzelnen Abschnitten bildeten sich allmählich feste Verpflegungseinrichtungen, die allerdings nicht nach einheitlichem Muster angelegt sein [24] konnten, sich vielmehr der Eigenart des Abschnitts, vor allem der Art der rückwärtigen Verbindungen und Verkehrsmöglichkeiten, dem Vorhandensein von Gebäuden usw. anpassen mußten. Auch die für die einzelnen Abschnitte gegebenen Verpflegungsanordnungen waren nicht einheitlich; den Armee-Oberkommandos war für viele Bestimmungen Spielraum gelassen. Eine in einem Abschnitt neu eingesetzte Division mußte daher in die Besonderheiten dieses Abschnitts eingewiesen werden. Wie beim Aufmarsch war es nötig, daß der Intendant mit dem entsprechenden Personal vor der Division eintraf, um sich zu unterrichten und die Übernahme aller Bestände und bodenständigen Einrichtungen vorzubereiten. In vielen Abschnitten hatte sich die Führung von Übergabelisten nach bestimmtem Muster eingebürgert, in der alle örtlichen Einrichtungen enthalten waren, alle Verpflegungsbestände, die für den Abschnitt geltenden Verpflegungsbestimmungen usw. Anordnungen für die gleichartige Führung dieser Listen nach Art der Mobilmachungsvorarbeiten wären vielleicht von Nutzen gewesen. Der Divisionsintendant der ablösenden Division mußte möglichst bald durch Besprechung mit den Verpflegungsoffizieren diese in die neuen Verpflegungsverhältnisse einweihen. Nur durch wohldurchdachte Leitung des Verpflegungsdienstes ließen sich die vielfachen Reibungen und Unbequemlichkeiten während der Ablösungszeit abschwächen.


Stellungskrieg (Großkampf).

Der Stellungskrieg hat schnell eine gewisse Stetigkeit in den Verpflegungsdienst gebracht. Seine Einrichtungen waren unter dem leitenden Gesichtspunkt ausgebaut, daß die Truppe stillstand und eine feste Stellung behauptete. Sie genügten zunächst auch für die Verpflegung während größerer Kampfhandlungen. Die Nachschubeinrichtungen konnten anfangs vorübergehenden Verstärkungen einzelner Frontabschnitte Rechnung tragen; auf den rückwärtigen Verbindungen lagen sofort greifbar Reservebestände. Und wenn auch hier und dort während lebhafterer Gefechtstätigkeit die Verpflegungslage auf kurze Zeit kritisch wurde, so verbürgte das Nachschubsystem eine gesicherte Verpflegung, solange die heimische Quelle den Zustrom hinreichend speiste und dieser glatt lief.

Als die Großkampfhandlungen immer größere Truppenmassen auf engstem Raum versammelten, wurden besondere Maßnahmen zur Vorbereitung größerer Operationen, namentlich für die Abwehrschlachten, notwendig. Dabei mußte darauf gerücksichtigt werden, daß kurz vor dem mutmaßlichen Beginn des Kampfes und sogleich danach große Truppenmassen - darunter viel Artillerie mit zahlreichen, große Futtermengen beanspruchenden schweren Pferden - an der Kampffront zusammengezogen wurden.

In der Frühjahrsschlacht bei Arras, 2. April bis 20. Mai 1917, zu der die Vorbereitungen seit Mitte Januar im Gange waren, ergab sich z. B. bei der [25] 6. Armee folgendes An- und Abschwellen der Verpflegungsstärken, das ein charakteristisches Bild gibt:

    1. 3. 17      378 000 Portionen, 98 000 Rationen
    21. 3. 17  392 000 " 110 000 "
    1. 4. 17  479 000 " 129 000 "
    11. 4. 174 591 000 " 157 000 "
    21. 4. 17  712 000 " 200 000 "
    1. 5. 17  710 000 " 221 000 "
    21. 5. 17  710 000 " 215 000 "
    1. 6. 17  627 000 " 191 000 "
    21. 6. 17  487 000 " 143 000 "

Oft überstiegen die eingesetzten Truppenmassen die als vermutlich notwendig angenommenen Stärken erheblich. Bei der 4. Armee war für die Abwehrschlacht im Herbst 1917 auf 400 000 Mann und 100 000 Pferde gerechnet, für sie war Verpflegung auf 12 Tage bereitgestellt. Tatsächlich erreichte die Armee fast die doppelte Stärke.

Die Armeeintendanten mußten deshalb anstreben, wenigstens für die ihnen vom Armee-Oberkommando als voraussichtlich zu erwartende bezeichnete Verpflegungsstärke Verpflegung im Armeegebiet für einige Zeit bereitzustellen. Bei ausreichendem und glatt laufendem Nachschub keine sonderlich große Aufgabe, unter den 1917/18 obwaltenden Umständen aber nur bei angespanntester Rührigkeit des Etappenintendanten einigermaßen befriedigend zu erreichen!

Die heimische Verpflegungslage gestattete nicht mehr, beim Feldheer größere Reserven anzusammeln. Allein die Bestände für die laufende Verpflegung so groß zu erhalten, daß diese auch bei vorübergehender Stockung des Nachschubs gesichert war, machte große Schwierigkeiten. Der Generalintendant konnte daher dem Antrage der Armeeintendanten, schon während der Vorbereitungszeit die Leistungsfähigkeit der Proviantdepots durch Zuteilung von Hilfsproviantdepots oder Ersatzmagazinen zu verstärken, nicht entsprechen, da sie in diesem Zeitabschnitt noch gebraucht wurden, um die später zur Verstärkung eingesetzten Truppen an dem jetzigen Verwendungsort zu verpflegen. Auch beschränkten sich die Vorbereitungen zur Abwehr feindlicher Großangriffe meistens nicht auf eine Armee.

Später aber konnte das Versäumte nicht mehr nachgeholt werden; denn gleichzeitig mit dem schnellen Anschwellen der Verpflegungsstärken trat für den Verpflegungsnachschub eine Stockung ein, weil die Transportmittel (Eisenbahn, Feldbahn, Kraftwagen und Pferdekolonnen) dem Truppen-, Munitions- [26] und Kampfgerätetransport dienen mußten. Auf der Eisenbahn machte sich diese Stockung bis weit in das Hinterland geltend, wo die Linienkommandanturen, um Bahnverstopfungen zu verhüten, den liefernden Stellen nur dann Wagen stellten, wenn der Zulauf bis zur Front frei war.

Nicht Mangel an Voraussicht trug die Schuld daran, daß nicht überall ausreichende Verpflegungsreserven rechtzeitig bei den Armeen bereitgestellt wurden, sondern allein der Mangel an Verpflegungsmitteln in der Heimat, der auch dort das Ansammeln von jederzeit verfügbaren Beständen verbot. Wären sie vorhanden gewesen, so hätten Augenblicke, in denen die Eisenbahntransportlage günstig war, ausgenutzt werden können, um größere Mengen an Verpflegung zur Front zu schaffen. Für 1918 hatte der Generalintendant auf Grund der ungünstigen Erfahrungen des Jahres 1917 es für unerläßlich bezeichnet, die Frontreserven auf einen Vorrat für 30 Tage zu erhöhen und in das Generalgouvernement Belgien eine Haferreserve von 60 000 t zu schaffen. Zur Durchführung ist das nie gekommen, und die Schwierigkeiten waren 1918 noch größer als 1917.

Die Landeserzeugnisse sollten an Ort und Stelle eine Reserve bilden; sie mußten aber frühzeitig zur laufenden Versorgung herangezogen werden und waren beim Beginn der Großkämpfe im Frühjahr verzehrt. Auch die Bildung einer Rauhfutterreserve für den Generalintendanten aus der Ernte des besetzten Gebiets mißlang, weil der rechtzeitige und ausreichende Nachschub für die laufende Versorgung aus der Heimat ausblieb.

Der Mangel an Reserven machte sich noch dadurch fühlbarer, daß die eintreffenden Divisionen oft - entgegen der Vorschrift - ohne Verpflegung ankamen. Zum Teil waren die Bestimmungen in Vergessenheit geraten, zum Teil war es den schnell herangeschafften Divisionen nicht mehr möglich gewesen, sich vor dem Abtransport entsprechend auszustatten, oder die mitgenommene Verpflegung war auf dem Anmarsch verzehrt.

Im Armeegebiet erstreckten sich die Vorbereitungen zunächst auf Erkundung der Erweiterungsmöglichkeiten der Magazinanlagen, Ausdehnung der vorhandenen, Schaffung neuer Anlagen zur Versorgung der im rückwärtigen Teil des Armeegebiets bereitzustellenden Truppen, Niederlegung von Zeltmaterial, um die Einrichtung neuer Ausgabestellen zu erleichtern, Sicherung der Verbindung zu den Magazinen und von dort zu den Truppen. Dabei war zu beachten, daß die Feldbahnen, die Verpflegung zu den Truppen brachten, sobald ein Kampf begann, fast ausschließlich zur Munitionsbeförderung in Anspruch genommen wurden. Es war festzustellen, ob die üblichen Ausladestellen auch vermehrten Anforderungen gewachsen waren, oder ob die Entladungen der Verpflegungszüge auf anderen Bahnhöfen vorzunehmen, und wie dann die Verpflegung in die Magazine zu schaffen seien. In der Arrasschlacht zeigte sich z. B. plötzlich, daß der Bahnhof Douai, von dem aus drei Magazine versorgt [27] wurden, den vermehrten Anforderungen nicht gewachsen war. Schnell verstopfte er sich mit beladenen Wagen, die nicht mehr zur Entladung zu bringen waren. Das aus dem Armeegebiet gesammelte und für die in Stellung befindlichen Divisionen bestimmte Rauhfutter mußte auf zerstreut liegenden Bahnhöfen abgestellt werden bis zurück nach dem für die Gruppe ganz abgelegenen Tournai. So standen 90 Waggons Rauhfutter herum, und die Truppen litten unter empfindlichem Mangel.

Für Bäckereien und Schlächtereien wurde Hilfspersonal ausgebildet; bei den Bäckereien, die entsprechend den voraussichtlichen Anforderungen durch Erbauung steinerner Öfen vergrößert wurden, wurde eine größere Reserve an Bäckereiholz angesammelt. Für die Verbindung zu den vordersten Linien mußten Trageeinrichtungen in genügender Zahl bereit gehalten werden. Die Vorbringungsmöglichkeiten mußten genau erkundet werden, soweit nicht schon wegen feindlichen Feuers eine Versorgung durch Träger stattfand. Inwieweit es gelang, diese Verbindung gut vorzubereiten und auch im Feuer aufrechtzuerhalten, war bestimmend für die Möglichkeit, die Truppe mit warmem Essen und frischem Trinkwasser regelmäßig zu versorgen. In diesem Dienste (der von Unzuverlässigen leicht mißbraucht werden konnte, die Fürsorgebestrebungen allzu weit nach hinten auszudehnen) sind Heldentaten verrichtet, die den gefährlichsten Patrouillengängen nicht nachstehen.

Ob die Verbindung aber auch bei starkem Feuer bestehen bleiben konnte, war nicht vorauszusehen; deshalb war es nötig, die in vorderster Stellung einzusetzenden Mannschaften mit mehreren Portionen an solchen Gegenständen auszustatten, die nötigenfalls auch kalt verzehrt werden konnten, wenn selbst Hartspirituskocher nicht zu benutzen waren: also mit Brot, Fleischkonserven, Wurstkonserven statt Fett, Dauerwurst, zwei Feldflaschen mit Kaffee und Tee, dazu Branntwein, Tabak und bei warmem Wetter Mineralwasser, mitzunehmen in zwei zusammengebundenen, über die Schulter hängenden Sandsäcken.

Über den Wert von vorgeschobenen Verpflegungsdepots ist schon gesprochen. Trotz der immer wiederkehrenden Erfahrung, daß sie beim Einsetzen starker Beschießung oft bald eingedeckt waren, ist für bestimmt vorauszusehende Großkämpfe nicht auf sie verzichtet worden. Vielfach aber sind sie bis zu den Regimentspionierparks zurückgezogen. Bei ihnen wurde auch Wein niedergelegt.

Die Bereithaltung von reichlich Kaffee und Tee in Erfrischungsstellen an den rückwärtigen Verbindungen außerhalb des Feuerbereichs hat sich sehr bewährt. Sie gaben die Möglichkeit, allen aus vorderster Stellung Zurückkehrenden möglichst schnell eine belebende Erfrischung zu bieten.

Auch die Notwendigkeit, die Front zurückzunehmen, mußte vorsorgend ins Auge gefaßt werden. Schon deswegen durften die Verpflegungsreserven nicht [28] zu weit nach vorn gelagert werden, abgesehen davon, daß von rückwärts her ein Ausgleich zwischen den Magazinen am leichtesten durchzuführen war. Für solche Fälle kamen die Magazine in Betracht, die zur Versorgung der hinter der Front bereitgestellten Truppen angelegt waren. Daß bei Rückschlägen wichtige Verpflegungungseinrichtungen verlorengingen, war nicht zu vermeiden; denn in erster Linie mußten sie so angelegt sein, daß sie ein Aushalten in der Stellung ermöglichten. Es galt aber, hinten Vorkehrungen zu treffen, die die Truppen solche Verluste nicht empfinden ließen.

Die Vorbereitungen für eigene Großangriffe waren ähnlich. Auch hier erwuchs die Aufgabe, plötzlich an einer Stelle zusammengezogene große Truppenmassen zu verpflegen. Hier trat aber erschwerend hinzu, daß das Gelingen der Unternehmung zu einem guten Teil von der Geheimhaltung abhängig war. Die Notwendigkeit der Geheimhaltung zwang dazu, nur einen ganz kleinen Kreis von Personen in die Absichten der Obersten Heeresleitung einzuweihen und führte dazu, daß die Armee-Oberkommandos auch die Armeeintendanten nicht immer hinreichend aufklärten. Das mußte alle Vorbereitungen ganz besonders erschweren. Gerade in den Verpflegungsvorbereitungen lag allerdings eine große Gefahr des vorzeitigen Bekanntwerdens; denn sie ließen sich nicht treffen, ohne daß heimische Stellen aus vermehrten Anforderungen Schlüsse ziehen konnten. Und leider war ja in der Heimat selbst in Kreisen, von denen man Einsicht hätte erwarten können, wenig Verständnis für die Bedeutung der Geheimhaltung. Wichtigtuerei hat da die einfachsten Regeln der Vernunft vergessen lassen. Zu Scheinvorbereitungen reichten die Verpflegungsvorräte nicht.

Die weiteren Vorbereitungen mußten darauf Rücksicht nehmen, daß beim Gelingen der Angriffsbewegung Verpflegung über die bisherigen Stellungen hinaus nach vorn zu schaffen war und das während des Stellungskrieges starr gewordene Versorgungssystem plötzlich wieder beweglich gemacht werden mußte. Die Verpflegungsvorräte durften deshalb nicht allzusehr auf dem Frontabschnitt verzettelt werden, sondern mußten möglichst in der Nähe der voraussichtlichen Vormarschwege bereitgestellt werden, auf denen versucht werden mußte, den Nachschub möglichst bald in Gang zu bringen und neu zu gliedern.

Da es dabei aber meistens einen vom Kampf durchwühlten unwegsamen Geländeabschnitt zu überwinden galt, dauerte es geraume Zeit, bis ein Vorbringen des Nachschubs gelang; dann aber ging Munition allem anderen vor. In solchem Umfange, wie für das Einrücken in die vorderste Verteidigungslinie bei der Abwehrschlacht, konnten die für lebhafte Angriffsbewegungen bestimmten Truppen nicht mit tragbarer Verpflegung ausgestattet werden. So war es nicht zu vermeiden, daß die Truppe auf die mitgenommenen eisernen Portionen angewiesen blieb, wenn es ihr nicht gelang, Beute zu machen.

Die Versorgung aus erbeuteten feindlichen Heeresbeständen konnte nur dann ordnungsmäßig verlaufen, wenn die Truppe hervorragend gut diszipli- [29] niert war. Es setzt ein ungewöhnlich hohes Maß von Selbstbescheidung voraus, wenn eine Truppe, die längere Zeit nur eben auskömmlich verpflegt, vom Verpflegungsnachschub zunächst abgeschnitten, reichlichen Verpflegungsvorräten gegenüber warten soll, bis ihr die Portionen zugeteilt werden. Kein Wunder, wenn sie in einem solchen Augenblicke allein an sich dachte und das Gefundene unwirtschaftlich verwendete. Wenn während der Großangriffe 1918 die Truppe sich bei der Selbstversorgung länger aufhielt, als es die taktische Lage erlaubte, so machten sich neben den Folgen der langen Entbehrungen die Wirkungen der planmäßigen Untergrabung der Disziplin geltend. Sie hätten sich hier wahrscheinlich auch dann gezeigt, wenn die Truppe Gewißheit gehabt hätte, von rückwärts versorgt zu werden.


Rückzug.

Bei Rückwärtsbewegungen ging im allgemeinen die Truppe auf die rückwärts bereitgestellten Verpflegungsvorräte zurück. Es kam darauf an, an der Rückmarschstraße Verpflegung so niederzulegen, daß die Truppen sie mit ihren Verpflegungsfahrzeugen erreichen konnten, ohne daß die Straße von den Verpflegungskolonnen verstopft wurde. Diese mußten rechtzeitig abgeschoben werden, insbesondere dann, wenn die Straßen schlecht waren und damit die Gefahr wuchs, daß steckenbleibende Kolonnen sie sperren konnten.

Besondere Schwierigkeiten mußten entstehen, wenn die Truppe nicht auf die ursprüngliche Verpflegungsbasis, sondern in anderer Richtung zurückging, wie z. B. das Landwehrkorps Woyrsch im Verbande des österreichischen Heeres von Tarnowka im September 1914. Ohne eigene Etappe war es auf die Versorgung durch die Österreicher angewiesen, deren Rückzug es zu decken hatte. Als Nachhut konnte es keine Verbindung mit den Kolonnen halten, die frühzeitig hatten weit nach rückwärts abgeschoben werden müssen, damit sie in dem Wald- und Rumpfgebiet des Tanew nicht hinderlich wurden. Es mußte sich mit dem begnügen, was in den österreichischen Magazinen übriggeblieben war. Seine Feldbäckereikolonnen hatten überdies ohne Befehl den Betrieb eingestellt und waren in falscher Richtung abmarschiert. So wäre es in die schlimmste Lage gekommen, wenn der Rückmarsch länger gedauert hätte und nicht ausreichend Landesvorräte greifbar gewesen wären.

Landesvorräte haben auch den Rückzug der 9. Armee in Polen Ende Oktober 1914 erleichtert, der im übrigen nicht unvorbereitet kam. Auch hier handelte es sich nur um einen Rückzug von 100 - 150 km.

Die wiederholt vorgekommenen Zurücknehmen von Frontabschnitten waren meistens gut vorbereitet, brachten wohl Verluste an Verpflegungsbeständen, Störungen des Verpflegungsnachschubs aber nur dann, wenn der unerwartete Rückzug über die Entladebahnhöfe hinausging und der Betrieb auf den Zubringelinien neu geregelt werden mußte.

[30] Das Ende des Krieges ließ das Heer dann einen Rückzug erleben, wie ihn die Kriegsgeschichte noch nicht zu verzeichnen hatte. Die aus dem Osten und Südosten zurückmarschierenden Truppen mußten in der Hauptsache auf vorhandene Bestände angewiesen werden. Nachschub wurde nur noch in geringem Umfange herangezogen, und die Regelung der Verpflegung im einzelnen nach den oben dargelegten Grundsätzen mußte den Intendanten, vielfach auch den einzelnen Formationen überlassen bleiben. Die Verhältnisse waren außerordentlich verschieden und gestatteten keine einheitliche Organisation.

Anders im Westen!

Am 8. August 1918 hatten mit einem erfolgreichen Angriff der Engländer auf den Abschnitt Albert - Moreuil die schweren Kämpfe begonnen, die schließlich zu dem tragischen Ende führten. Bis Anfang September, wo die 17., 2., 18., 9. und 7. Armee in der Siegfriedstellung angekommen waren und die 4. und 6. Armee den Lysbogen geräumt hatten, waren im allgemeinen nur Geländeteile verlorengegangen, die erst im Frühjahr 1918 besetzt waren. Die Bedeutung dieses Verlustes für die Versorgung mit Verpflegung war nicht erheblich, wenn auch ein Teil der Feldmagazine und gewisse Erntevorräte mit verlorengingen. Die neue Stellung war für den Verpflegungsnachschub günstiger.

Empfindliche und unersetzliche Verluste brachte das Zurückgehen in die mitten durch das alte Etappengebiet gehende Hermann - Hunding - Brunhild-Stellung, die bis Mitte Oktober erreicht wurde, ohne daß genügend Zeit vorhanden gewesen war, die westlich der Stellung magazinierten Bestände, vornehmlich auch die aus der Landesernte stammenden, zu bergen. Allein das Landesvieh hatte in größerer Menge zurückgetrieben werden können. Seit Anfang Oktober diente es zur Versorgung der Armeen, denen mit Rücksicht auf den als unvermeidlich erkannten Rückzug Vieh nicht mehr nachgeschoben wurde.

Auch der sonstige Verpflegungsnachschub war schon seit dieser Zeit auf das äußerste beschränkt. Die Eisenbahntransportlage war auf das höchste gespannt. Um die verstopften Bahnen frei zu bekommen, war eine großzügige Räumungsbewegung eingeleitet, bei der alle rückwärtsstehenden Züge, auch die Verpflegungszüge, in die Heimat in bestimmte Entladebezirke zurückgeführt wurden. Die schnelle Abwicklung dieser Maßnahme war Vorbedingung für die Rückführung der in den zu räumenden Gebieten befindlichen wertvollen Bestände. Sie wurde durch jeden vorzuführenden Nachschubzug verzögert; äußerste Beschränkung (auch des Verpflegungsnachschubs) war daher geboten.

Als Ziel der Rückwärtsbewegung war die Antwerpen-Maas- (A.-M.-) -Stellung ins Auge gefaßt. Darauf mußte sich die Organisation der Versorgung mit Verpflegung in diesem Zeitabschnitt gründen. Sie wurde am 26. Oktober im Großen Hauptquartier mit den Armeeintendanten eingehend besprochen. Weit- [31] gehende Ausnutzung der Landeserzeugnisse war geboten, Beschränkungen waren allein durch die Rücksicht auf die Ernährung der Bevölkerung gegeben; insbesondere waren ihr die Bestände der neutralen Ernährungskommission5 zu belassen, auch wenn sie dem nachdrängenden Feinde in die Hände fielen. Die im Interesse dieses Ernährungswerks gegebenen Zusagen über Nichtinanspruchnahme der Landeserzeugnisse des Generalgouvernements in Belgien waren auch weiterhin zu beachten. Das war eine außerordentliche Erschwerung, da immer weitere Teile des Generalgouvernements den Armeen als Etappengebiet überwiesen werden mußten. Die Oberste Heeresleitung hat aber trotzdem stets streng auf Innehaltung der Zusage verwiesen. So blieb nur noch ein immer schmaler werdender Streifen nutzbaren Etappengebiets übrig.

Die Umzugsbewegung, die unentbehrliche Bestände aus den alten Stellungen hinter die A.-M.-Stellung bringen sollte, konnte erst nach Abschluß der Räumung der verstopften Strecken beginnen, die nicht vor dem 26./27. Oktober zu beendigen war. Für Verpflegung kam der Umzug dann nur noch in geringem Maße in Betracht. Auf dem Wasserwege waren entbehrliche Verpflegungsbestände auf der Maas in Richtung Lüttich abgeschoben, wo sich bald eine stattliche Flotte ansammelte. Ende Oktober wurde eine besondere Dienststelle (Oberst) eingerichtet, die die Entladungen bei Namur, Huy und Lüttich regeln sollte. Der Generalintendant sperrte alle zu entladenen Verpflegungsvorräte zu seiner Verfügung, um sich so eine Reserve zu schaffen. Zur Ausführung ist das nicht mehr gekommen.

Bei dieser äußerst gespannten Verpflegungslage erklärten die Armeeintendanten, ohne einen gewissen dauernden Nachschub nicht auskommen zu können. Sie mußten aber unter dem Druck der Transportlage, die ganz besonders schlecht bei der 17., 2., 18. und 7. Armee war, ihre Anforderungen erheblich vermindern. Es galt, alle greifbaren Vorräte zusammenzuraffen, um die Armeen bis zur Besetzung der A.-M.-Stellung zu verpflegen.

Indessen gingen immer mehr für die Verpflegung wertvolle Gebiete verloren. Ohne ausreichenden Nachschub waren die Armeen des rechten Flügels nicht mehr zu verpflegen. Am 8. November erging an die Heeresgruppen eine Anordnung des Generalquartiermeisters, daß in den nächsten acht Tagen alle Anforderungen auf Nachschubzüge aller Art einschließlich Munitionszüge zurückzutreten hätten gegenüber dem Verpflegungsnachschub. Um dem Verpflegungsnachschub diesen Vorrang bis in die vordersten Linien zu sichern, wurden die Oberquartiermeister persönlich dafür verantwortlich gemacht, daß der Verpflegungsnachschub "funktioniert und an die richtigen Stellen geleitet wird".

[32] Zu spät! Daheim waren die Männer, die in einem Umsturz die Rettung des Vaterlandes sahen, beim Ernten der Früchte ihrer seit langem ungestört gestreuten Saat. An den rückwärtigen Verbindungen hatte sich die dem Feldheere Verderben bringende Schlingpflanze entlanggerankt, in der Etappe hatten sich ihre Ranken ausgebreitet. Der Nachschub stockte. Das Heer war an seiner empfindlichsten Stelle getroffen. Was brave Landsturmmänner in treuem Nachtdienst über vier Jahre hindurch verhindert hatten, war nun doch eingetreten. Von anderer Seite, als sie ihn erwartet hatten, war der Feind gekommen - die Lebensader des Heeres war abgeschnürt!

So sah die Verpflegungslage aus, als am 9. November das deutsche Heer seinen Obersten Kriegsherrn verlor! Sie hatte sich noch nicht geändert, als am 11. November 11 Uhr 55 Min. vormittags Waffenruhe eintrat. Die Waffen ruhten; die schmählichen Waffenstillstandsbedingungen hatten aber für den Rückzug eine Eile vorgeschrieben, die kein mit Waffen nachdrängender Feind je erreicht hätte. Für den Verpflegungsdienst ergaben sich namentlich auf dem Nordflügel des Heeres unendlich schwierige Verhältnisse.

Es wurde alles darangesetzt, den Nachschub wieder in Gang zu setzen. Bei dem Rückmarsch waren, als der Raum enger wurde, Armeen ausgeschieden; die Proviantdepots mußten neu verteilt werden; die von den Armeen angeforderten Verpflegungszüge wurden in ihre Rückmarschstreifen gefahren und hier von den Beauftragten des Feldeisenbahnchefs an die Entladebahnhöfe geleitet, die nach dem Stande des Rückmarsches und der Verpflegungslage am günstigsten waren. Ein Teil der Proviantdepots (im Innern des Reichs und im Osten) hatte der Generalintendant zu seiner Verfügung belassen. Hier wurden Verpflegungszüge mit 80 000 vollen Portionen, Rest Hartfutter, in Breslau, Stettin und Posen in erster Linie Rauhfutterzüge beladen, durch die Linienkommandanturen nach Westen vorgeführt und im Anrollen vom Generalintendanten im Einvernehmen mit dem Feldeisenbahnchef nach Bedarf auf die Armeen verteilt.

Die Beladung und Ablassung von Verpflegungszügen begegnete noch immer Schwierigkeiten. So gute Dienste verständige Soldaten- und Arbeiterräte hierbei ganz besonders auch im Schutz gegen Diebstahl leisteten, so verderblich und gefahrbringend war das Wirken Unverständiger oder feindlich Gesonnener, die die Bestände des Proviantdepots für die Bevölkerung der Gemeinde beschlagnahmten und das Abfahren der Verpflegungszüge verhinderten, wie z. B. in Metz und Strasburg i. E. In Bonn brach ein vorausgesandtes, mit klingendem Spiel einrückendes Bataillon den Widerstand schon durch sein Erscheinen. Eine große Gefahr für die Versorgung bildeten die vor dem Heere vorauseilenden Horden der "von unbezähmbarem Heimweh Befallenen". Sie benutzten die abgestellten Verpflegungszüge als willkommene Versorgungsquellen auf ihrem auf eigene Faust unternommenen beschleunigten Rückmarsch, sie oft in sinnloser Art plündernd.

[33] Der Drang nach der Heimat, der namentlich die um ihre Zukunft vielleicht mit Recht besorgten Leute vom linken Rheinufer ergriff, wirkte ganz besonders störend auf den Backbetrieb. Es bedurfte sehr gewandten und energischen Handelns der Intendanten und Kolonnenkommandeure, die Bäckereien noch betriebsfähig zu erhalten. Ihre Fortbewegung, die ja in großen Sprüngen dem schnellen Marsche der Truppe folgen mußte, geschah zum Teil durch Kraftwagenkolonnen, die die Öfen schleppten und zugleich Personal und Material beförderten, zum Teil auch mit der Bahn dergestalt, daß die Leerzüge an den Betriebsorten zur Weiterbeförderung verblieben. In Köln waren große Bäckereien mit Zivilbäckereien vom Etappenintendanten der 17. Armee in Betrieb gesetzt, die längere Zeit die 6. und 17. Armee versorgten.

Bei einzelnen Armeen marschierte zunächst noch Vieh, aus dem zurückgetriebenen Landesvieh entnommen, mit und deckte den Fleischbedarf der Truppen. Allmählich mußte es aber zurückgelassen werden, da es die Märsche nicht mehr leisten konnte. Schon im Gebirge auf dem linken Rheinufer trafen wieder die ersten Viehzüge aus der Heimat ein.

Am Rhein standen die Restbestände der dort gelegenen Proviantdepots zur unmittelbaren Versorgung der Armeen zur Verfügung, in deren Rückmarschstreifen sie lagen.

Mit dem 25. November stellten sie ihren Betrieb als Proviantdepots ein. Den Armeen wurden zur Nachschubversorgung die weiter im Innern gelegenen Proviantdepots Hamburg, Osnabrück, Hannover, Kassel, Stettin, Magdeburg, Frankfurt a. O., Dresden, Erfurt überwiesen. Das Einarbeiten mit neuen Proviantdepots, von denen ein Teil (Hamburg, Kassel, Erfurt) bisher nur Ersatzmagazin gewesen war, war für die Etappenintendanten recht störend, ließ sich aber nicht vermeiden. Querverschiebungen von Verpflegung auf dem linken Rheinufer begegneten besonderen Schwierigkeiten; der Versuch, die reichen Bestände der Armeekonservenfabrik Mainz auf die Rheinbrücken zu verteilen, um sie hier an die Truppen auszugeben, mißlang.

Auf dem rechten Rheinufer blieben Truppen zum Teil mehrere Tage in der Unterkunft liegen, um auf die Verladung zu warten. Es war deshalb versucht worden, für sie die Möglichkeit der Quartierverpflegung dadurch zu geben, daß diese Bezirke rechtzeitig durch die heimischen Ernährungsbehörden in größerem Maße mit Verpflegung versorgt wurden. Das wurde abgelehnt; trotzdem ist in reicheren Gegenden hier und da Quartierverpflegung gegeben worden. Im großen ist aber die Versorgung durch Nachschub aus den Proviantdepots beibehalten worden; sie bedurfte umsichtiger Regelung, da die Armeen sich immer mehr an der Rückmarschstraße dadurch auseinanderzogen, daß Teile zum Verladen zurückblieben, andere im Fußmarsch vorwärtseilten. Wenn jetzt auch nicht mehr die in den Waffenstillstandsbedingungen gesetzten Termine drängten, [34] so trieb doch das bevorstehende Weihnachtsfest, das die Truppe gern daheim verleben wollte, zu erstaunlichen Marschleistungen.

Wie Deutschlands ruhmreiches Millionenheer allmählich zu einem Nichts zusammenbröckelte, so verschwanden auch die Verpflegungseinrichtungen nach und nach. Als "Abwicklungsstellen" fristeten sie noch irgendwo kurze Zeit ihr Dasein, um dann von der Weltbühne unbeachtet abzutreten.


Verpflegungsmaßnahmen für besondere Verhältnisse.

Die Verpflegungseinrichtungen hatten auch für die auf abgelegenen Kriegsschauplätzen kämpfenden Heeresteile genügt; auch ihr Nachschub war im Rahmen der allgemeinen Nachschuborganisation erledigt. Allein die deutschen Formationen auf den türkischen Kriegsschauplätzen wurden unmittelbar vom Preußischen Kriegsministerium durch die stellvertretende Intendantur des Gardekorps aus dem Ersatzmagazin Berlin-Tempelhof versorgt. Obgleich manche unwirtschaftlichen Transporte entstanden, wurde daran festgehalten, weil alle nach der Türkei gehenden Formationen von Berlin aus ausreisten und hier auch mit Verpflegung (meistens auf drei Monate) versehen wurden. Die zur Versorgung hauptsächlich in Betracht kommenden Verpflegungsmittel (Eierzwieback, Mehl, Fleisch- und Gemüsekonserven, Reis, Erbsen, Bohnen, Graupen, Kaffee, Tee, Zucker, Wein, Arrak, Rum, Tabakfabrikate) waren deshalb hier entsprechend verpackt niedergelegt. Mehl, Gerstenkaffee und Tabakfabrikate wurden vom Juni 1917 an von der Militärverwaltung Rumänien geliefert.

Der Nachschub ging an die deutsche Militärmission in Konstantinopel und wurde von hier aus den einzelnen Unternehmungen zugeleitet. Wenn die deutschen Heeresangehörigen auf den türkischen Kriegsschauplätzen oft empfindlichen Mangel an Verpflegung haben leiden müssen, so lag das in erster Linie an den ungewöhnlich schwierigen Nachschubverhältnissen von Konstantinopel ab. Es bedurfte ganz außergewöhnlicher Anstrengungen aller am Nachschub arbeitenden Organe, um überhaupt einen Verpflegungsnachschub zu ermöglichen.

Die Versorgung der im April 1918 nach Finnland zur Unterstützung der finnischen Regierung im Kampfe gegen die Bolschewiki entsandten "Ostseedivision" hat sich mit Hilfe der bestehenden Verpflegungseinrichtungen glatt durchführen lassen, obgleich infolge der trostlosen Ernährungslage Finnlands die gesamte Verpflegung (einschließlich Schlachtvieh und Rauhfutter) nachgeschoben werden mußte. Der Division wurde beim Abtransport aus Danzig vom dortigen Ersatzmagazin Verpflegung für 60 Tage mitgegeben. Für den weiteren Nachschub war eine regelmäßige Dampferverbindung zwischen Neufahrwasser und Helsingfors eingerichtet.

Die Division selbst war mit einer Proviantkolonne und einer Feldbäckereikolonne ausgerüstet, mit Hilfe deren sie, sich auf Helsingfors als Etappenhauptort stützend, die Versorgung der Truppen während der Operationen bewirken [35] konnte. Weiter in das Innere entsandte Expeditionen wurden für die voraussichtliche Dauer der Unternehmungen mit Verpflegung ausgestattet. - Nach Abschluß der Operationen wurden mehrere aus Helsingfors regelmäßig gefüllte Magazine eingerichtet, denen Teile der Bäckereikolonne überwiesen wurden.

Bayerisches Proviantamt in den Karpathen.
[32a]      Bayerisches Proviantamt in den Karpathen.

Im Gebirge: in den Vogesen, Tirol, den Karpathen, Siebenbürgen, Mazedonien usw., waren besondere verkehrstechnische Einrichtungen zur Überwindung der großen Steigungen und sonstigen Hindernisse nötig, die das Gebirge dem Nachschub entgegenstellte. Von den in der Ebene gelegenen Etappenmagazinen liefen die Nachschublinien strahlenförmig in die durch unwegsame Berge getrennten Täler hinein. Querverschiebungen zwischen den einzelnen Nachschubwegen waren ausgeschlossen. Aus den Tälern hinauf zu den Bergen führten Drahtseilbahnen, Tragetierkolonnen traten hier an die Stelle von Fahrzeugkolonnen, und wo auch diese der über die Berge hinweg operierenden Truppe nicht mehr folgen konnten, wie z. B. beim Alpenkorps bei den Operationen in Siebenbürgen im Herbst 1916, mußten Trägerkolonnen die steilen Felswände und schmalen Saumpfade erklimmen. Oft ging die Nachschublinie viele Kilometer lang auf schmalen Paßstraßen, die nicht Platz für zwei nebeneinander fahrende Wagen boten, auf denen deshalb der Verkehr bis ins kleinste sorgfältig geregelt werden mußte. Einer besonderen Fürsorge bedurften die im Winter auf hohen, schneereichen Bergen eingesetzten Wachen, die auf Wochen vom Tale her nicht versorgt werden konnten. Bei ihnen wurden Depots mit Dauerware niedergelegt, ihnen wurden Ziegen und Schafe vor Beginn des Winters zugetrieben.

Die Vorbereitungen, die für das Überwinden des Gebirges bei der großen Offensive in Italien im Herbst 1917 getroffen waren, wo namentlich hinsichtlich der Wasserversorgung ernste Sorge bestanden hatte, erwiesen sich infolge des ungeahnt schnellen Fortschreitens des Vormarsches als unnötig. Im übrigen gestaltete sich hier die Verpflegung aber besonders schwierig durch die außerordentlich mangelhaften Leistungen der Eisenbahn. Die Verpflegungszüge mußten geteilt und auf zwei verschiedenen Strecken vorgeführt werden, wodurch die Übersichtlichkeit des Nachschubs litt; ein Ausgleich zwischen beiden Nachschublinien war nicht möglich. Namentlich zu Beginn des Aufmarsches mußte Aushilfe von den Österreichern in hohem Maße in Anspruch genommen werden. Ohne ihre Hilfe hätte die Brotversorgung nicht durchgeführt werden können, da die deutschen Einrichtungen infolge der ungünstigen Nachschubverhältnisse erst verspätet eintrafen.

Nicht überall, wo deutsche Truppen in engster Waffengemeinschaft mit den Österreichern kämpften, ist eine solche Verpflegungsaushilfe ohne weiteres geleistet worden. Vielfach war der österreichische Nachschub, dem manche Mängel anhafteten, nicht dazu in der Lage, mitunter fehlte es auch wohl an gutem Willen und Tatkraft; oft war aber die Sorge um die Erstattung hinderlich. Sie hat in allen mit den Österreichern über die gegenseitige Gewährung von Ver- [36] pflegungsaushilfen geführten Verhandlungen im Mittelpunkt gestanden und die einfach erscheinende organisatorische Aufgabe recht schwierig gemacht. Hätten beide Bundesgenossen ausreichend Verpflegung gehabt, so wäre nur ein Geldausgleich in Frage gekommen. So wurde die Ausgleichsfrage für die Zeit bis 1. Juli 1917 auch schließlich gelöst. Bei der drückenden Lebensmittelnot, die in Österreich, vielleicht nicht immer unverschuldet, zeitweise noch empfindlicher als in Deutschland war, konnte das aber später nicht genügen. Wenn die deutsche Verwaltung auch zweifellos freigebiger verfuhr als der Bundesgenosse, so mußte auch sie schließlich an die Hergabe von Verpflegung an österreichische Truppen, die in deutschen Verbänden kämpften, gewisse Bedingungen der alsbaldigen Erstattung in Natur knüpfen. Manche recht unerquickliche Auseinandersetzung zwischen den beiderseitigen zentralen Dienststellen war in den Ausgleichsfragen nötig, und auch bei den nachgeordneten Stellen verliefen die Unterhandlungen über Verpflegungsangelegenheiten nicht immer harmonisch. Wo es irgend durchführbar war, wurde deshalb für die bei den Österreichern verwendeten deutschen Truppen eigener deutscher Nachschub eingerichtet.


2 [1/13]Hier und weiterhin sind (vgl. S. 6) die Züge entsprechend ihrer Beladung kurz als V- (Verpflegungs-), M- (Mehl-) und H- (Hafer-) Züge bezeichnet. ...zurück...

3 [1/22]Siehe Seite 17. ...zurück...

4 [1/25]Am 9. April waren die Vimyhöhen von den Engländern genommen. Von den 20 Divisionen waren 15, also rund 3/5 der Verpflegungsstärke, in rund 60 km langen Stellungen eingesetzt. ...zurück...

5 [1/31]Spanisch-Amerikanische, später Holländisch-Spanische Kommission, die für die Bevölkerung Belgiens und Nordfrankreichs Lebensmittel über Holland einführte. Näheres siehe S. 82 und Band [8], Abschnitt Belgien. ...zurück...


Der Weltkampf um Ehre und Recht.
Die Erforschung des Krieges in seiner wahren Begebenheit,
auf amtlichen Urkunden und Akten beruhend.
Hg. von Exzellenz Generalleutnant Max Schwarte