Bd. 6: Die Organisationen der Kriegführung,
Erster Teil:
Die für den Kampf unmittelbar arbeitenden
Organisationen
Kapitel 6: Das
Militäreisenbahnwesen
(Eisenbahnen und Schiffahrt)
(Forts.)
Oberst Stefan v. Velsen
7. Der Eisenbahnbau.
Auf Grund der Erfahrungen von 1870/71 waren alle für den Eisenbahnbau
bestimmten Formationen dem Feldeisenbahnchef unterstellt. Nur so konnte bei
den ständig steigenden Bauanforderungen auf allen
Kriegsschauplätzen und bei dem sehr früh und immer
fühlbarer werdenden Mangel an Personal und Material ausgleichend
gewirkt und wenigstens das Allerdringlichste geschaffen werden. Die vereinzelt,
namentlich zu Kriegsbeginn, von den
Armee-Oberkommandos angestrebte Unterstellung der Eisenbahnbautruppe unter
ihren Befehlsbereich hätte mit Sicherheit, wie man es bei den
österreichisch-ungarischen Verbündeten erlebt hat, dazu
geführt, daß der Ausbau von rein örtlichen Wünschen
beeinflußt worden wäre und nicht in genügendem Maße
der strategischen Ausnutzung der Bahnen Rechnung getragen hätte.
Die Friedens-Eisenbahntruppe, die am 1. Oktober 1871 mit einem
Eisenbahnbataillon gegründet wurde, hatte sich bis 1914 zur Stärke
von 2 Brigaden mit insgesamt 31 Kompagnien (einschl. 3 bayerischen) entwickelt.
Ihre Kriegsformation ist auf Seite 293/294 näher
angegeben.
Die planmäßige Stärke einer Baukompagnie betrug 11
Offiziere (einschl. 1 Arzt und 1 Zahlmeister), 245 Unteroffiziere und
Mannschaften. Der Bestand an Personal aus dem aktiven Dienststande war
naturgemäß gering; das wurde aber durch die strenge
Friedensschulung ausgeglichen, die alle genossen hatten, und durch die Menge
technischen Wissens und praktischen Könnens, die Offiziere, [306] Unteroffiziere und
Mannschaften des Beurlaubtenstandes aus ihren Berufen mitbrachten. Neben den
Ingenieuren aller Art waren der Zimmermann, der Schlosser und der Schmied, der
Mechaniker, der Bergmann, der Schiffer und der Landmesser in den Kompagnien
vertreten. Gegen Kriegsende ließ leider die Güte der Baukompagnien
wegen unzureichender technischer Vorbildung des Nachersatzes und des
Herausziehens aller kriegsverwendungsfähigen Mannschaften für die
Front bedenklich nach.
Zur Sicherstellung frühzeitiger Verwendungsbereitschaft der
Baukompagnien lag ihr Feldgerät schon im Frieden bereit. Es enthielt
naturgemäß nur den ersten Bedarf für die vielseitigen
Aufgaben der Kompagnien, war aber doch so reichlich, daß nur ein geringer
Teil auf die wenigen mit Pferden bespannten Fahrzeuge verladen werden konnte;
die Masse mußte beim Bauzug bleiben. So waren die Kompagnien
für den Bewegungskrieg nicht immer beweglich genug.
Das im Frieden schon bereitgehaltene Kriegsbrücken- und
Feldbahnmaterial wurde während des Aufmarsches verladen und in den
Grenzgebieten zur Verfügung des Feldeisenbahnchefs abgestellt.
Für die Zeit des Aufmarsches gingen von 15 Baukompagnien
Vorkommandos (2 Offiziere, 89 Mann) zum Rampenbau in das Aufmarschgebiet
voraus.
Beim Aufmarsch wurden 6 Kompagnien dem Ostheer, der Rest, abgesehen von
den Landwehr- und Festungs-Eisenbahn-Baukompagnien, die in der Heimat
blieben, dem Westheer zugeführt.
Der Vormarsch im Westen stieß in Belgien zunächst nur auf geringe
Bahnzerstörungen, einfache Gleissprengungen und Tunnelsperrungen durch
Zusammenfahren von Lokomotiven und Wagen. Es hatte an der Vorbereitungszeit
für nachhaltige Zerstörungen gefehlt. An der wichtigen Strecke
über Lüttich waren im Tunnel von Nasproué 17
Lokomotiven zusammengefahren, außerdem waren bei Trooz einige
Brücken gesprengt. Die Arbeiten begannen am 5. August, am 11. August
war der Tunnel eingleisig, am 14. August die ganze Strecke
betriebsfähig. - Eine der wenigen größeren
Zerstörungen in der Nähe der deutschen Grenze war auf der Strecke
Vielsalm - Rivage am Tunnel von Trois Ponts
ausgeführt. Hier wurde neben der Aufräumung gleichzeitig eine
Umgehungsbahn in Angriff genommen.
Zahlreicher und nachhaltiger wurden die Zerstörungen nach
Überschreiten der Maas bei und südlich Namur; sie
waren - besonders auf französischem
Boden - mit Sorgfalt und meist erheblichem Aufwand an Sprengmunition
ausgeführt und erstreckten sich auf fast alle größeren
Brücken und die Mehrzahl der Tunnels.
Die Wiederherstellung der zunächst wichtigen Brücken erfolgte
meist durch Unterteilung zerstörter Brückenöffnungen in
kleinere Spannweiten und Überbrückung dieser durch
Holz- oder Eisenträger; als Unterstützungen kamen
Pfahl- [307] joche oder
Böcke aus Holz, selten Schwellenstapel, zur Anwendung. Die Behinderung
der Schiffahrt konnte in Kauf genommen werden, da die Wasserstraßen
zunächst durch die Trümmer der zerstörten Brücken an
und für sich gesperrt waren. Diese Beseitigung der Trümmer war
meist sehr schwierig und zeitraubend; Eisenträger mußten
zerschnitten, größere Steintrümmer gesprengt, die Teile dann
durch Flaschenzüge, Winden oder Greifer gehoben werden. Diese Arbeiten
erforderten Spezialgerät und für manche Tätigkeit, z. B.
Taucherarbeiten, auch besonders geschultes Personal. Man schritt daher bald zur
Bildung von "Unterwasserschneide-Abteilungen", die nach ihrer personellen und
materiellen Zusammensetzung in erster Linie zu Aufräumungsarbeiten
über und unter Wasser geeignet waren. Sie haben später vielfach
auch zerstörte eiserne Brücken gehoben und ausgebessert.
Bei den größeren Brückenbauten war es zur Ersparung von
Zeit und Menschenkraft notwendig geworden, den größten Teil der
früher handwerksmäßig ausgeübten Arbeiten auf
maschinellem Wege - Kreissägen, Bandsägen,
Drehbänke, Bohrmaschinen usw. - auszuführen. Die
hierzu erforderlichen Maschinen wurden in den
Eisenbahn-Maschinenparks vereinigt und nach Bedarf den Baustellen
zugeführt.
Besonders zeitraubend gestaltete sich die Wiederherstellung der zerstörten
Tunnels. Diese waren meist an den Portalen und im Innern an der Tunnelwandung
zerstört. An ersteren Stellen machte die Beseitigung der
Verschüttungen in der Regel keine allzu großen Schwierigkeiten. Die
Einbruchstellen im Innern wurden, wenn das über dem Tunnel anstehende
Erdreich nur von geringer Mächtigkeit war (Tunnel von Mohon), durch
Abtragen der Überlagerung freigelegt, sonst mußte
bergmännisch oder durch planmäßigen Tunnelbau
vorgegangen werden. Diese Wiederherstellung war langwierig und in ihrer Dauer
schwer zu übersehen, so daß meist nebenher der Bau einer
Umgehungsbahn eingeleitet werden mußte.
Von den für die Fortführung des Eisenbahnbetriebs nach Frankreich
im Anfang des Krieges wichtigsten Kunstbauten, die durch
Eisenbahnbau-Kompagnien sofort wiederhergestellt wurden, seien folgende
besonders genannt:
Strecke
Diedenhofen -
Longuyon -
Charleville |
|
Tunnel von Longuyon,
Tunnel von Montmédy,
die über 100 m langen
Brücken über die Maas bei
Tunnel von Mohon |
|
Bazeilles
Donchéry
Lumes
Mohon
Charleville |
Strecke Aulnoye - Hirson: Brücke bei Fourmies, 175 m lang, 22 m
hoch.
Beim weiteren Vormarsch wurden Zahl und Umfang der zerstörten
Kunstbauten so erheblich, daß sie erst zeitlich nacheinander in Angriff
genommen [308] werden konnten. Den
Bautruppen fiel nebenher noch die Instandsetzung der erheblich zerstörten
Strecken und Betriebseinrichtungen zu, da die Betriebsformationen nicht, wie es
später geschah, für derartige Aufgaben ausgerüstet waren und
besondere Formationen
(Streckenbau-, Telegraphenbau-Kolonnen u. dgl.) noch nicht
bestanden.
In dieser ersten Zeit des Krieges war die Tätigkeit der Eisenbahnbautruppe
von einer beispiellosen Vielseitigkeit; sie wird immer ein Ruhmesblatt in ihrer
Geschichte bleiben. Es war, um nur ein Beispiel zu nennen, eine gewaltige
Leistung, daß auf der für den rechten Heeresflügel wichtigen
Bahn Aachen - Lüttich - Brüssel -
Mons - Cambrai erreicht wurden:
am |
16. |
August |
Lüttich, |
" |
22. |
" |
Landen, |
" |
25. |
" |
Loewen, |
" |
27. |
" |
Brüssel, |
" |
29. |
" |
Mons, |
" |
30. |
" |
Valenciennes, |
" |
31. |
" |
Cambrai. |
Wenn bei dem Wettlauf um die äußere Flanke die Franzosen nicht
die Vorhand bekamen, so liegt das Verdienst hieran ausschließlich in der
wider Erwarten schnellen Wiederherstellung des feindlichen Bahnnetzes durch die
Eisenbahntruppen.
Die Fülle der Wiederherstellungsarbeiten ließ frühzeitig eine
Heranziehung der heimischen Privatindustrie wünschenswert erscheinen.
Die Maasbrücken bei Namur, die von der Maschinenfabrik
Augsburg-Nürnberg, Werk Gustavsburg, und die drei bei Hirson gelegenen
großen Talbrücken, die durch die Brückenbauanstalt Hein,
Lehmann & Compagnie A.-G. in Düsseldorf wiederhergestellt
wurden, waren ihre ersten Leistungen, über die folgende
Tabelle orientiert:
|
|
|
Strecke |
Länge |
Bauzeit |
Tage |
Brücke |
bei |
Namur |
Namur - Marloje |
130 m |
1. - 30. September 1914 |
29 |
" |
" |
Blangis |
Hirson - Anor |
131 m |
24. Sept. bis 5. Nov. 1914 |
35 |
" |
" |
Origny |
Hirson - Laon |
90 m |
24. Sept. bis 8. Nov. 1914 |
38 |
" |
" |
Ohis |
Hirson - Busigny |
181 m |
26. Okt. bis 1. Dez. 1914 |
35 |
Die Eisenkonstruktion wurde auf Grund örtlicher Erkundung in den
heimischen Werken fertiggestellt und zerlegt an die Baustelle herangeführt;
sie war meist mit Fertigstellung der Aufräumungsarbeiten und der
Vorarbeiten auch schon eingetroffen. Sehr bald hatte sich eine besondere
Konstruktion (Walzträger auf Pendelstützen) und ein sehr
zweckmäßiger Einbau mittels Vorholkrans eingebürgert.
Nach Übergang zum Stellungskrieg haben Eisenbahnbautruppe und
Baufirmen die zunächst zurückgestellten Kunstbauten
wiederhergestellt. Von den Baufirmen verdienen hierbei außer den schon
oben genannten noch folgende besondere Erwähnung: Dortmunder Union,
Grün & Bilfinger A.-G. in Mann- [309] heim, Holzmann & Co.
Frankfurt a. M., Dyckerhoff & Widmann
A.-G. Biebrich und Gute Hoffnungshütte in Oberhausen. Die
Eisenbahnbautruppen hatten außerdem noch an den Bahnen hinter der
Kampffront die Bahnhöfe für Truppenverladungen und für den
Nachschub auszugestalten, für welche Aufgaben die vorhandenen
Bahnanlagen durchaus nicht genügten.
Frühzeitig begann auch die Inbetriebnahme des vorhandenen
Schmalspurnetzes, von denen die 1 m-Bahnen von Montmédy in
Richtung Verdun, das sehr umfangreiche Bahnnetz im nördlichen
Frankreich und in Flandern, sowie die 80 cm-Bahnen in der Gegend von
Vouziers besondere Bedeutung hatten. Der Einbau deutschen
Feldbahnmaterials - 60 cm-Spur - fand zunächst nur
für augenblickliche Bedürfnisse statt.
Mitte Dezember 1914 erging der Befehl zum Neubau strategischer Eisenbahnen,
die die Grundlage für die Durchführung der in den späteren
Kriegsjahren notwendig gewordenen erhöhten Transportausgaben wurden.
Vor ihrer Fertigstellung mußte der Verkehr zum Kriegsschauplatz im
wesentlichen die beiden Engen bei Lüttich und Audun le Roman passieren.
Sie waren bald bis zur Grenze ihrer Leistungsfähigkeit benutzt, der Ausfall
einer der über Lüttich und Audun führenden Strecken konnte
die Heranführung von Reserven und die Versorgung des Westheeres in
Frage stellen.
Die folgenden Angaben mögen einen Überblick über die
gewaltigen Bauleistungen geben.
|
|
|
Brücken |
|
|
Strecke
|
Gesamt-
länge |
Tunnel
in einer
Gesamt-
länge von |
in
einer
Gesamt-
länge von |
und einer
größten
Höhe von |
Erdmassen-
bewegung |
Mauerwerk |
Aachen - Gemmenich - Tongern |
53,6 km |
4,7 km |
3,0 km |
54 m |
7 000 000 cbm |
358 500 cbm1 |
Born - Vielsalm - Rivage |
69,8 " |
0,4 " |
0,6 " |
33 " |
1 320 000 " |
48 760 " |
St. Vith - Gouvy - Libramont |
78,0 " |
— |
0,6 " |
27 " |
3 090 000 " |
58 920 " |
Eisenbahnbautruppen wurden nur für die Vorarbeiten, die Bauaufsicht und
das Verlegen des Oberbaus verwendet; alle anderen Arbeiten wurden deutschen
Unternehmern übertragen. Zur Zeit des Hochbetriebs waren
beschäftigt:
Aachen - Gemmenich - Tongern |
14 000 |
Arbeitskräfte |
Born - Vielsalm - Rivage |
4 000 |
" |
St. Vith - Gouvy - Libramont |
8 000 |
" |
Die für den Nachschub besonders wichtige Strecke von Aachen über
Gemmenich - Visé nach Tongern wurde Ende Februar 1917
dem Verkehr übergeben, die beiden anderen Linien folgten im Sommer
1917.
[310] Die schwachen
Bautruppen im Osten hatten nach den Schlachten bei Tannenberg und an den
Masurischen Seen die ostpreußischen Bahnen wiederherzustellen; die
Brücken bei Rudczanny, Lyck, Darkehmen, Gumbinnen, über die
Alle bei Wehlau und über die Deime bei Labiau seien besonders genannt.
Bei den Kämpfen in Südpolen vollzog sich, dank tatkräftiger
Unterstützung durch die Eisenbahndirektion Kattowitz, sowohl die
Wiederherstellung der auf Normalspur umzunagelnden Bahn über Kielce
auf Radom, mit dem gesprengten Tunnel bei Mjechow, als auch die
Inbetriebnahme der normalspurigen Warschau - Wiener Bahn
über Czenstochowa Richtung Koljuschki wider Erwarten schnell. Als Ende
Oktober die 9. Armee den Rückzug antrat, waren die Bahnen nachhaltig zu
zerstören; der Zweck, den feindlichen Vormarsch weitab von der deutschen
Grenze zum Stehen zu bringen, wurde voll erreicht.
Beim Wiedervorgehen in Nordpolen wurde die Bahn
über Alexrandrowo vornehmlich von Baukolonnen der Eisenbahndirektion
Bromberg wiederhergestellt. Die Eisenbahntruppen wurden an einer Feldbahn
Montwy südlich Hohensalza - Strykow eingesetzt. Sie
beanspruchte viel Zeit und Arbeitskräfte und konnte der vormarschierenden
Armee auch nicht annähernd nah genug folgen. Die vor dem Kriege in
manchen Kreisen herrschende Ansicht, daß Feldbahnneubauten mit Vorteil
auch im Bewegungskriege Anwendung finden könnten, wurde durch diesen
Bau gründlich widerlegt. Es ist vorteilhafter, alle Baukräfte an die
schnelle Wiederherstellung der Vollbahnen anzusetzen.
Von der Tätigkeit der Baugruppen im Osten von Herbst 1914 bis Mai 1915
seien folgende Arbeiten noch besonders erwähnt: In Polen die
Wiederherstellung der Bahn Kalisz - Lodz mit der
Warthebrücke bei Sieradz und ihr zweigleisiger Ausbau; in
Ostpreußen nach der Winterschlacht in Masuren der Bau der eingleisigen
Vollbahn Marggrabowa - Suwalki, die in ihrem Ostteil schon von
den Russen in Angriff genommen war, aber außerordentlich
ungünstige Streckenverhältnisse aufwies, die man beseitigen
mußte. Sehr erhebliche Schwierigkeiten bereitete auch nach der
Winterschlacht die Beseitigung umfangreicher, von den Russen
ausgeführter Gleisunterbrechungen. Sie hatten auf weite Strecken jeden
zweiten oder dritten Schienenstoß gesprengt.
Mit der Wiederaufnahme des Bewegungskrieges nach der Durchbruchsschlacht
von Tarnow - Gorlice begann ein Zeitabschnitt umfassendster
Bautätigkeit im Osten. Es können nachstehend nur die wichtigsten
Baumaßnahmen, die neben der Umnagelung von russischer auf Normalspur
notwendig waren, aufgezählt werden.
In Galizien im Zusammenwirken mit österreichisch-ungarischen
Bautruppen die Wiederherstellung der Bahn
Krakau - Przemysl - Lemberg, Ausbau der nördlich
dieser Hauptbahn gelegenen, sehr wenig leistungsfähigen
österreichischen [311] Bahnen, Herstellung
der bereits von den Russen begonnenen Verbindungen des österreichischen
und des russischen Bahnnetzes, und zwar:
zwischen Ostrowiec und Sobow
an der Weichsel,
zwischen Lublin und Rozwadow
am San,
zwischen Wladimir Wolynsk und
Sokal.
Die in Angriff genommene Feldbahn Belzec - Cholm war ein Fehlgriff, wie die
Bahn Montwy - Strykow (S. 310). Sie wurde später unter
österreichisch-ungarischer Bauleitung durch eine Vollbahn ersetzt.
In Polen: Besonders wichtig war die Wiederherstellung der
Weichselbrücke bei Warschau, um den Anschluß vom linken Ufer
zum Bahnnetz östlich der Weichsel herstellen zu können. Von der
530 m langen zweigleisigen Brücke waren vier Öffnungen zu
je 67,5 m gesprengt. Die Wiederherstellung erfolgte durch Heben der
abgestürzten Träger und bildet eine der hervorragendsten Leistungen
der Eisenbahntruppe im Kriege. Die Brücke wurde in der Zeit vom 11. bis
31. August 1915 eingleisig und bis 17. September 1915 zweigleisig
hergestellt.
Der Vollbahnbau Willenberg - Ostrolenka (72 km) stellte eine neue Verbindung
von Ostpreußen nach Polen her und verdient wegen der Kürze der
Bauzeit (30 Tage) besondere Erwähnung.
Bemerkenswert ist weiter die Wiederherstellung der Narewbrücken bei
Modlin (Nowo-Georgiewsk) und Lapy, und der Bugbrücken bei
Brest-Litowsk, Fronolow und Malkin.
In Litauen war für die Operation auf Wilna die Wiederherstellung
der Niemenbrücke bei Kowno und des Tunnels von Landwarowo von
besonderer Bedeutung. Bei ersterer Brücke wurden die Schwierigkeiten der
Wiederherstellung anfänglich unterschätzt; erst nach 33tägiger
Bauzeit konnte die neue Brücke dem Verkehr übergeben werden,
nachdem schon eine Woche vorher auf einer schwachen Behelfsbrücke
etwa 40 Lokomotiven und 1500 Wagen zur Einrichtung eines Pendelverkehres auf
das Ostufer des Niemen überführt worden waren.
Die Beseitigung der verhältnismäßig geringen
Zerstörung des Tunnels von Landwarowo erforderte infolge eines
während des Baues eingetretenen Erdrutsches eine 20tägige
Bauzeit.
Die Brücken über den Niemen bei Olita und Grodno waren
beachtenswerte technische Werke. Besondere Berücksichtigung erforderte
bei allen russischen Brücken ihre Sicherung gegen Eisgang.
In Nordlitauen und Kurland hatte man schon im Frühjahr 1915
mit dem Bau einer Feldbahn
Laugszargen - Tauroggen - Kjelmy begonnen. Mit dem
Vorgehen bis zur Düna wurde der Neubau der Vollbahnen
Laugszargen - Radziwilischki mit der späteren Fortsetzung
Schaulen - Mitau und Bajohren - Prekuln in Angriff
genommen. Die im Zuge der Strecke nach Radziwilischki [312] gelegene
hölzerne Dubissabrücke von 670 m Länge und
42 m Höhe bildete ein gewaltiges Bauwerk von imposanter
Größe.
Da die litauischen und kurländischen Bahnen eine erstaunlich geringe
Leistungsfähigkeit besaßen, waren erhebliche Arbeiten für
ihren Ausbau erforderlich.
Mit dem im Herbst 1915 erfolgenden Übergang zum Stellungskrieg war
hinter der ganzen Ostfront ein ausgedehntes Netz von
Feld- und Förderbahnen zu bauen.
Im ganzen wurden bis Sommer 1916 auf russischem Boden geleistet:
1100 km Vollbahnen neu
gebaut, |
|
7500 km von russischer in
Normalspur umgenagelt; |
|
hierbei Brücken wiederhergestellt in einer Gesamtlänge
von |
17 km, |
hierbei Brücken neugebaut in einer Gesamtlänge von |
18 km, |
Schmalspurbahnen neu gebaut |
2900 km, |
hierbei Brücken neugebaut in einer Gesamtlänge von |
25 km. |
Beim serbischen Feldzug 1915 waren durch die Sprengung der Savebrücke
bei Belgrad die serbischen Bahnen von den ungarischen abgeschnitten. Die
zwischen Kevevara und Semendria hergestellte Eisenbahnfähre über
die Donau, die in ihrer späteren Ausgestaltung 24 Eisenbahnwagen
faßte, mußte in den ersten Monaten den gesamten Nachschub der
Armee bewältigen. Die Wiederherstellung der 462 m langen
Savebrücke bei Belgrad erfolgte durch deutsche und österreichische
Baukompagnien unter deutscher Bauleitung. Die eisernen Fachwerkträger
waren in sämtlichen fünf Brückenöffnungen gesprengt
und in den Fluß gestürzt. Die Wiederherstellung war wegen der
Wassertiefe bis zu 15 m und der Stromgeschwindigkeit von
2,5 - 3 m in der Sekunde recht schwierig. Sie erfolgte
teilweise durch Heben der gesprengten Träger; zum Teil wurden
österreichische Kriegsbrücken größerer Spannweite
eingebaut. Die größte hiermit überbrückte freie
Öffnung betrug 94,5 m. Die in der Zeit vom 10. November bis 26.
Dezember wiederhergestellte Brücke war eine der hervorragendsten
Einzelleistungen der Eisenbahntruppe während des Krieges.
Auch in Serbien waren alle größeren Brücken
nachhaltig zerstört; die Wiederherstellung wurde durch die Wegelosigkeit
und durch den Baustoffmangel des Landes recht erschwert.
Nach dem Stillstand der Operationen in Mazedonien mußten
neben Feldbahnen eine Reihe von Seilbahnen für die Versorgung der
Stellungsabschnitte gebaut werden. Sie bildeten in dem unwegsamen Gebirgsland
an vielen Stellen die einzige leistungsfähige Nachschubverbindung.
Die Bautätigkeit in der Türkei, die erst nach
Wiederherstellung der Bahnverbindung über
Nisch - Sofia auch mit deutschen Eisenbahnbautruppen
aufgenommen werden konnte, ist für die Bagdadbahn schon auf Seite 250 eingehender
gewürdigt worden. Daneben wurden von deutschen
Baukompagnien Bahn- [313] höfe der
Orientbahn (besonders in Konstantinopel) erweitert, der im September 1917 durch
eine Explosion völlig zerstörte Bahnhof Haidar Pascha
wiederhergestellt und zum Aufschluß von
Kohlen- und Erzbergwerken über 200 km Feldbahnen und rund
100 km Seilbahnen gebaut. Die Stärke der deutschen Bautruppen in
der Türkei war gegen Kriegsende auf fast 2000 Mann angewachsen. Sie
haben unter den schwierigsten Bau- und klimatischen Verhältnissen in
entsagungsvoller, aufreibender Arbeit ganz Hervorragendes geleistet.
An der Westfront begannen bereits gegen Ende des Jahres 1915 die
eisenbahntechnischen Vorbereitungen für den Angriff auf Verdun.
Zunächst entstanden die Vollbahnneubauten
Autrecourt - Marcq St. Juvin und
Brieulles - Nantillois für den Angriffsabschnitt auf dem
westlichen Maasufer. Östlich der Maas wurde die bereits früher zum
Geschütztransport gebaute Vollbahn
Spincourt - Deutsch-Eck verbessert und erweitert. Die
Bahnhöfe der benachbarten Strecken wurden für den
Nachschubverkehr und für Truppenausladungen ausgebaut. Die von
Montmédy in Richtung Verdun führende
1 m-Bahn wurde auf eine erhöhte Leistung gebracht; sie hat
später die anerkennenswerte Leistung von über 2000 t
täglich erreicht. Mehr als 300 km an
Klein-, Feld- und Förderbahnen wurde gebaut.
Während der Betrieb der Förderbahnen grundsätzlich Sache
der Truppe war, wurden bis 1916 die Klein- und Feldbahnen durch
Eisenbahnbau- oder Betriebs-Kompagnien betrieben, die durch Mannschaften aus
der Truppe verstärkt wurden. Von 1916 ab wurden besondere
Feldbahn-Betriebsabteilungen gebildet, um die Baukompagnien für ihre
Bauaufgaben frei zu machen und die Truppe von Kommandierungen zu
entlasten.
Die vor Verdun eingesetzten 50 Baukompagnien mit erheblichen
Hilfskräften waren unter einem besonderen Kommandeur der
Eisenbahntruppen zusammengefaßt, der dem
Armee-Oberkommando angegliedert war. Vorbereitung wie Durchführung
des Angriffs ergaben eisenbahntechnisch keine Reibungen.
Als im Sommer 1916 die Anzeichen eines feindlichen Angriffs beiderseits der
Somme sich mehrten, wurde mit dem Ausbau des Bahnnetzes an der Angriffsfront
begonnen. Vor Beendigung dieser Arbeiten aber setzten Anfang Juli 1917 die
ersten Angriffe ein, so daß es nun galt, während der Kämpfe
die allerdringlichsten Aufgaben zu beenden. Das waren, neben der Ausgestaltung
der Bahnhöfe für Truppenverschiebungen und Nachschub, die
Erhöhung der Leistungsfähigkeit der Vollbahnstrecken
St. Quentin - Ham und
St. Quentin - Roisel und der bestehenden
1 m-spurigen Kleinbahnen, besonders der günstig zur Front
gelegenen Strecke Ham - Peronne. Die Anforderungen waren
beträchtlich; sorgfältiges Abwägen, was für die
Kampfführung unbedingt notwendig war, und was mit Rücksicht auf
den Mangel an Personal und Material zurückgestellt werden konnte, war
daher erforderlich, zumal ein sehr erheblicher Teil der vor Verdun eingesetzten
Bautruppen dort noch nicht freigemacht werden konnte.
[314] Die während der
Somme-Schlacht gesammelten Erfahrungen waren für die Folge
maßgebend für den Ausbau des Bahnnetzes für Zwecke der
Abwehrschlacht. Die gewaltigen Nachschubmengen und der Mangel an Kolonnen
führten dazu, die Vollbahn-Ausladebahnhöfe für Nachschub
möglichst weit nach vorn zu verlegen; näher als
20 - 25 km mit ihnen an die vordere Kampflinie
heranzugehen, war jedoch nicht zweckmäßig, da sie sonst bei
Großkämpfen infolge planmäßiger Beschießung zu
leicht ausfielen. Getrennte Ausladebahnhöfe für Verpflegung,
Munition und Pioniergerät - zum mindesten aber getrennte
Ausladestellen hierfür - mußten angestrebt werden.
Zugunsten des Nachschubs mußten die reichlich vorzusehenden
Truppen-Verladebahnhöfe weiter nach rückwärts verlegt, der
Truppe größere An- und Abmarschwege bei den Ablösungen
zugemutet werden. Günstig für die Betriebsführung war es,
wenn hinter der Front zwei Parallelbahnen zur Verfügung standen, von
denen die vordere der Zuführung der Kampfmittel, die
rückwärtige für Truppenverschiebungen diente.
Bei der Ausgestaltung des Schmalspurnetzes wurde angestrebt, jeder
Stellungsdivision eine besondere Klein- oder Feldbahnstrecke zuzuweisen. Nur
dann war hinreichende Gewähr für sichere Vorführung des
beim Großkampf benötigten Nachschubs gegeben. Auf ruhigeren
Fronten blieben meist zwei Divisionen auf eine gemeinsame Zubringerlinie
angewiesen. Vorteilhaft war es, für diese Schmalspurbahnen weiter
rückwärts einen zweiten Anschluß an das Vollbahnnetz
herzustellen, als Ersatz beim Ausfall der vorderen Umschlagstelle und zur
Bergung der Betriebsmittel bei feindlichen Einbrüchen; zwischen den
einzelnen Linien des Schmalspurnetzes waren Querverbindungen für einen
raschen Ausgleich der Betriebsmittel erwünscht.
Der gesteigerte Munitionsverbrauch der Abwehrschlacht machte außerdem
die Anlage großer, weit rückwärts gelegener
Verteilungsbahnhöfe für Munition zur Aufstellung einer beweglichen
Munitionsreserve erforderlich.
Nach diesen Grundsätzen wurde nunmehr der Ausbau des Bahnnetzes an
der ganzen Westfront angestrebt. Die Arbeiten stellten an die Heimat ganz
ungewöhnlich hohe Anforderungen hinsichtlich Lieferung des
Oberbaumaterials und der Betriebsmittel für Schmalspurbahnen. Die
für die Bahnbauten erforderlichen Materialtransporte, sowie vor allem die
erforderlichen Schotterzufuhren, die später ausschließlich aus dem
besetzten Gebiete erfolgten, belasteten das rückwärtige Bahnnetz
sehr erheblich.
Die im weiteren Verlauf des Krieges geführten Abwehrschlachten haben
keine wesentlichen Änderungen in den aus der Sommeschlacht für
den Ausbau des Bahnnetzes gewonnenen Grundsätzen erbracht.
Für den Krieg in Rumänien waren vorbereitende
Baumaßnahmen zunächst nur für die bulgarischen
Eisenbahnen südlich der Donau getroffen. Der kurz vor Kriegsausbruch
begonnene Ausbau der ungarischen
Czamostal-Bahn, [315] an dem auch deutsche
Baukompagnien teilnahmen, war eine Abwehrmaßnahme gegen das
Vorgehen des russischen Südflügels, der längs der Grenze
zwischen Bukowina und Rumänien in die Karpathen eingedrungen war.
Eine notdürftige Verbesserung der siebenbürgischen Bahnen konnte
erst während des Aufmarsches und der ersten Kämpfe erfolgen.
Große Wiederherstellungsarbeiten waren beim Vormarsch in der Wallachei
auszuführen: auf der Strecke
Hermannstadt - Piatra - Pitesti - Bukarest waren 2
Tunnels und 4 große Brücken von 170, 90, 80 und 50 m
Länge zerstört; trotzdem konnte am 20. Dezember der erste
durchgehende Zug bis Bukarest gefahren werden. Von Kronstadt über
Predeal - Ploesti, wo 2 Tunnels und 22 größere
Brücken von 30 - 80 m Spannweite zerstört
waren, wurde der Betrieb bis Bukarest Mitte Januar 1917 wieder
aufgenommen.
Nach Abschluß der Operationen folgte der Ausbau der rumänischen
Vollbahnen, von Feldbahnen an der Front und der
Donau-Häfen für den Nach- und Abschubverkehr. Daneben haben
Eisenbahntruppen die Wiederherstellung der Bohranlagen im Ölgebiet von
Campina mit glänzendstem Erfolge eingeleitet.
Bei der März 1917 im Westen erfolgenden Zurückverlegung der
Front in die Siegfriedstellung fiel den Eisenbahnbautruppen eine doppelte
Aufgabe zu: der Rückbau oder die Zerstörung der Bahnen im
Räumungsgebiet und die Ausgestaltung der Bahnen hinter der neuen
Stellung.
Die Kriegserfahrung hatte gelehrt, daß die wirksamste Zerstörung
einer Eisenbahn neben der Zerstörung aller Kunstbauten stets der Abbau
bleibt. Er zwingt den Feind zu einer Zeit, zu der seine Nachschublinien schon
durch den Kampf besonders beansprucht sind, sie auch mit gewaltigen
Baustoffmengen zu belasten.
Der Rückbau der Bahnen in dem zu räumenden Gebiete
(Alberich-Gebiet) fand nach einem genauen Programm statt, das auf die
Versorgung der Truppe und den Abtransport des Materials, der
Landesvorräte und der Einwohner Rücksicht nehmen mußte.
20 Baukompagnien mit 10 auf sie verteilten Armierungskompagnien haben bei
einer durchschnittlichen Tagesleistung einer Baukompagnie
von 1500 m (Höchstleistung 2400 m) beim
Abbau von Vollbahnen,
" 3000 m (
" 4800 m)
" " "
Kleinbahnen,
" 4250 m (
" 5750 m)
" " "
Feldbahnen,
im ganzen 665 km Vollbahnmaterial,
413 km Kleinbahnmaterial,
680 km Feldbahnmaterial
abgebaut und zurückgeführt. Nur ein geringer Teil der Strecken (85
km Vollbahn, 33 km Kleinbahn, 25 km Feldbahn) mußte
zerstört werden. Das erfolgte durch Sprengung oder durch Aufreißen
mittels einer von einer Lokomotive gezogenen
Schienen-Aufreißvorrichtung mit nachfolgender Sprengung der Schienen.
Außerdem wurden sämtliche Kunstbauten und wichtigen Anlagen
[316] nachhaltig
zerstört. Mehr als 200 000 kg Sprengmunition sind für
die Zerstörung der Eisenbahnen im
Alberich-Gebiet erforderlich gewesen.
Das Vollbahnnetz hinter der Siegfriedstellung war nicht sonderlich günstig.
Es wurde verbessert durch Erhöhung der Leistungsfähigkeit der
eingleisigen Bahn Denain - le Cateau - Guise, die
durch die neugebaute Linie
Saint Richaumont - St. Gobert an die Strecke
Hirson - Laon angeschlossen wurde. Neben Bahnhöfen
für Truppenverladung und Nachschub wurden große
Verschiebebahnhöfe (Aulnoye, Hirson), Wasserstationen,
Werkstätten und eine Reihe weiterer Anlagen gebaut.
Das vorhandene (günstigere) Kleinbahnnetz wurde verbessert; die
Feld- und Förderbahnen als Frontverteilungsstrecken mußten neu
hergestellt werden. Im ganzen wurden
350 km Vollbahngleis,
250 km Kleinbahngleis
und für die ersten, dringlichsten Aufgaben
200 km Feld- und Förderbahngleis
neu verlegt. Die neugebauten Rampen ergaben eine Gesamtlänge von
über 27 km.
Die Arbeiten wurden durch die ungünstige Jahreszeit stark
beeinträchtigt und konnten erst nach Beziehen der neuen Stellung, als die
beim Rückbau eingesetzten Kompagnien frei wurden, beendet werden. Dies
war jedoch unbedenklich, da mit stärkeren feindlichen Angriffen
zunächst nicht gerechnet zu werden brauchte.
Die Wiederherstellungsarbeiten bei den
deutsch-österreichisch-ungarischen Angriffen in Ostgalizien (Juli 1917)
und in Italien (Oktober 1917), bei denen auch deutsche
Eisenbahnbau-Kompagnien mitwirkten, waren sehr umfangreich, brachten aber
keine besonderen neuen Erfahrungen.
Der im Februar 1918 beginnende Vormarsch in die Ukraine vollzog sich fast
ausschließlich längs der Eisenbahnen. Ihre schnellste
Wiederherstellung war Voraussetzung für eine erfolgreiche
Durchführung der Operationen. Die vorhandenen deutschen
Baukräfte reichten für diese Aufgaben nicht aus; daher wurden zu
ihrer Unterstützung aus einheimischen freiwilligen Arbeitern Baukolonnen
zusammengestellt, die unter russischen Ingenieuren nach deutschen Anweisungen
arbeiteten. Im ganzen wurden bis Ende Juni 1918 196 Brücken
wiederhergestellt. Von den zahlreichen interessanten Brückenbauten seien
besonders hervorgehoben: die 57 m lange, 25 m hohe
Teterowbrücke bei Budscha, die Biolbrücke bei Gogolewo, die
Dnjeprbrücke bei Kiew, die Ortschikbrücke bei Karlowka und die
Donezbrücke bei Jama.
Nach Abschluß der Operationen wurde damit begonnen, die bisher
behelfsmäßig ausgeführten Brücken unter Heranziehung
deutscher und russischer Firmen durch friedensmäßige Bauten zu
ersetzen.
Der große deutsche Angriff im Westen im Frühjahr 1918 brachte der
Eisenbahnbautruppe neue Aufgaben. Zunächst waren alle
verfügbaren Baukräfte [317] und die erforderlichen
Baustoffe hinter der Angriffsfront bereitzustellen, die noch zerstörten
Bahnen bis dicht an die eigene Front möglichst unauffällig
wiederherzustellen und das Gelände für den Anschluß an das
feindliche Bahnnetz eingehend zu erkunden. In erster Linie sollten die Vollbahnen
wiederhergestellt werden, Feldbahnen nur aushilfsweise. Bei dem ersten Angriff
zwischen Arras und La Fère war das Räumungsgebiet vor
der Siegfriedstellung zu überwinden, in dem der Feind auf etwa
15 km Tiefe die Bahnen nicht wiederhergestellt hatte. Nach
Überschreiten dieser Zone waren die Zerstörungen zunächst
gering; erst westlich der Linie Ham - Péronne traten
nachhaltige Zerstörungen auf. Das feindliche Frontschmalspurnetz fiel mit
reichen Betriebsmitteln und viel Oberbaumaterial wenig zerstört in
deutsche Hand und hat gute Dienste geleistet.
Der Bahnbau aber konnte doch trotz hervorragender Leistungen der eingesetzten
Eisenbahntruppen den vorgehenden Armeen nicht mit der genügenden
Schnelligkeit folgen, da eben die Überbrückung des beim
Rückzug in die Siegfriedstellung im Jahre 1917 planmäßig und
mit allen Mitteln der Technik zerstörten, völlig schienenlosen
Geländestreifens erhebliche Zeit beanspruchen mußte. Wesentlich
günstiger gestalteten sich die Bauarbeiten, die in Flandern gelegentlich der
Offensive gegen den Kemmel erforderlich wurden. Hier war es möglich, 24
Stunden nach der Einnahme von Armentières bis dorthin bereits
Munitionszüge vorzufahren und Verwundete abzuholen.
Bei der Angriffsschlacht über den Chemin des Dames waren die
Vorbereitungen durch das Waldgelände südlich Laon erleichtert, das
Deckung gegen Fliegerbeobachtung bot. Schwierig war die Vorführung der
Vollbahn. Im Osten sperrte Reims den Anschluß, auf dem westlichen
Flügel war der Tunnel von Margival zerstört, so daß die
über Anizy führende Linie ausfiel. Es blieb nur übrig, durch
einen Neubau Amifontaine - Chaudardes den Anschluß an
eine französische Kriegsbahn zu suchen, die im Aisnetal unter teilweiser
Ausnutzung einer früheren Kleinbahn gebaut worden war. Die Bahn wurde
verhältnismäßig schnell fertig, hatte aber
naturgemäß zunächst nur eine geringe
Leistungsfähigkeit von 6 - 8 Zügen
täglich. Sie ermöglichte neben der unmittelbaren Verbindung mit der
Aisnetalbahn auch den Anschluß an die Bahn im Vesletal. Die
Betriebsführung aber wurde durch die ständige Beschießung
des Bahnhofs Soissons sehr erschwert, so daß man sich frühzeitig
zum Bau eines Verbindungsbogens zwischen
Aisne- und Vesletalbahn bei Missy entschloß.
Die gleichzeitige Verlängerung der über St. Erme führenden
Kleinbahn, die in ihren rückwärtigen Anlagen auf 2000 t
Tagesleistung gebracht worden war, in südlicher Richtung zum
Anschluß an das feindliche Kleinbahnnetz südlich der Aisne war eine
von Anfang an notwendige Maßnahme, um die Versorgung der
angreifenden Truppen einigermaßen sicherstellen zu können.
[318] Trotz allem blieb die
Eisenbahn - und dadurch auch die Nachschublage - im Angriffsabschnitt
recht ungünstig. Die Verhältnisse beim Angriff am Chemin des
Dames sind ein charakteristisches Beispiel für die Abhängigkeit der
modernen Kampfführung von den Eisenbahnen und für die
Notwendigkeit, bei operativen Entschlüssen auch die
Eisenbahnbauverhältnisse hinreichend zu berücksichtigen. Die
Fertigstellung des sofort in Angriff genommenen Tunnels von Margival konnte
eine wesentliche Entlastung nicht mehr bringen, weil inzwischen die Strecke
südlich des Tunnels unter feindlichem Feuer lag. Aus dem gleichen Grunde
wurde auch der begonnene zweigleisige Ausbau der Aisnetalbahn bald wieder
aufgegeben.
Gegen Ende des Krieges gewann der Ausbau der Eisenbahnen hinter
rückwärtigen Stellungen an der Westfront mehr und mehr an
Bedeutung. Wenn die wünschenswerte Ausgestaltung in vielen
Fällen nicht durchgeführt werden konnte, so lag das an der
großen Inanspruchnahme von Baukräften an den vorderen
Kampffronten. Auch die Bauarbeiten hinter der
Antwerpen - Maas-Stellung, der letzten großen
rückwärtigen Stellung vor der deutschen Grenze, mußten sich
auf die einleitenden Arbeiten zum Ausbau der Frontverteilungsbahnhöfe,
der Gruppenbahnhöfe und Kolonnenladestellen beschränken. Alle
übrigen Arbeiten an der eisenbahntechnisch wenig günstigen
Stellung mußten zunächst zurückgestellt werden.
Bei den Rückzugsbewegungen an der Westfront hatten die
Eisenbahntruppen die aufzugebenden Bahnen gründlichst zu
zerstören, um dem Feinde die schnelle Inbetriebnahme zu erschweren. Die
in großem Umfang und unter Einsatz beträchtlicher
Sprengmunitionsmengen ausgeführten Zerstörungen hatten den
Erfolg, daß der feindliche Angriff besonders auf dem nördlichen Teil
der Kampffront allmählich erlahmte. - Diese Arbeiten bildeten den
Abschluß der Tätigkeit der
Eisenbahnbau-Formnationen.
Gewaltiges ist von ihnen während des Krieges auf allen Kampffronten
geleistet worden. Im Bewegungskrieg und im Stellungskampf, im Angriff, in der
Verteidigung und beim Rückzug, in den schneebedeckten Gebirgen der
italienischen Kampffront und unter der glühenden Hitze Kleinasiens haben
die deutschen Eisenbahntruppen Leistungen vollbracht, die unvergänglich
in der Geschichte dieses Krieges und des deutschen Heeres bleiben werden. Ihren
Taten reihen sich die unvergleichlichen Leistungen der deutschen Technik
würdig an, die auf allen Kriegsschauplätzen Zeugnis ablegten von
deutschem Fleiß und deutschem Können.
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