Bd. 3: Der deutsche Landkrieg, Dritter Teil:
Vom Winter 1916/17 bis zum Kriegsende
Kapitel 5: Der deutsch-österreichische
Feldzug
in Italien (12. Isonzo-Schlacht) (Forts.)
Oberst Theodor Jochim
6. Der Ausklang.
Die Lage im Gebirge wurde infolge der ungünstigen Witterung von Tag zu
Tag schwieriger. Dabei versteifte sich zusehends der Widerstand des Feindes. Er
hatte Zeit gewonnen, hatte die zersprengten Verbände wieder gesammelt,
durch Rekruten, Karabinieri, Marschbataillone aufgefüllt und aus Albanien
Divisionen herangezogen. So konnte er in seinen starken Stellungen ruhig das
Eintreffen der Ententetruppen, die in Stärke von etwa 200 000 Mann
mit allem Kriegsgerät anrollten, abwarten. Demgegenüber waren den
auserlesenen Truppen der Gruppe Krauß trotz aller Tapferkeit, trotz der
größten Hingabe und unsäglicher Anstrengungen doch nur
unwesentliche Fortschritte beschieden gewesen. Wohl hatte General Ludendorff
noch Anfang November eine Fortführung des Angriffs bis zur Etsch
befürwortet und einen Vorstoß in Flanke und Rücken der
italienischen Etsch-Stellung im Gardasee-Gebiet vorgeschlagen, wozu noch zwei
bis drei deutsche Divisionen nach Trient herangeführt werden sollten.
Tatsächlich rollte auch als erste die 195. Division dorthin ab. Jetzt aber sah
man ein, daß unter den obwaltenden Verhältnissen an einen
größeren Erfolg nicht mehr zu denken war. Die deutsche Oberste
Heeresleitung wußte, daß bereits sechs französische Divisionen
nach Italien abtransportiert waren, denen noch weitere [268] zwei bis vier
französische und drei englische folgen sollten. Ihr Aufmarsch fand
angeblich hinter der Brenta statt. Ein großzügiger,
entscheidungsversprechender Angriff gegen die italienischen Stellungen brauchte
Zeit zur Vorbereitung, und zwar um so mehr, als die Bahnen nach Tirol und die
im Rücken der 14. und der beiden
Isonzo-Armeen ihrer Wiederherstellung entgegengehenden Bahnen sehr wenig
leistungsfähig waren. Im Winter blieb er im Gebirge überhaupt so
lange undurchführbar, als nicht Seilbahnen und Straßen im
großen Umfang gebaut waren, was viel Zeit erforderte. Aber auch dann
erschien ein Erfolg im Schnee und Eis höchst zweifelhaft. Der Winter
dauert im Gebirge lang; also mußte der Angriff auf das Frühjahr
(Mai) verschoben werden. Wie lagen aber dann die Aussichten?
Eine flankierende Einwirkung gegen die starke Piave-Front war, nachdem der
Feind Zeit gefunden hatte, sich im Gebirge festzusetzen, nicht mehr
möglich, denn die Gebirgsfront im Norden erschien nunmehr weit
stärker als die Ostfront. Bis zum Frühjahr waren auch die
Ententetruppen voll eingetroffen und eingesetzt, die Italiener also wesentlich
verstärkt. Aber selbst wenn es gelang, durch das Gebirge
durchzustoßen oder über die Piave zu kommen, so stand der Feind
sicherlich zum Gegenstoß bereit, ehe der Angreifer genügend
Artillerie über die Hindernisse hatte herbeischaffen können. Sehr
wahrscheinlich kam es im günstigsten Fall in diesem für die
Verteidigung viel mehr als für den Angriff geeigneten Land mit seinen
zahlreichen breiten Flußabschnitten nur zu einer für den Angreifer
sehr verlustreichen Einbeulung der feindlichen
Front, - jedoch nicht zu einem entscheidenden Schlage. Denn an ein
überraschendes Abschnüren und Vernichten des Gegners war kaum
noch zu denken, dazu zeigte sich der Gegner viel zu wachsam und verfügte
auf engem Raum über genügend Verkehrsstraßen und
Reserven zu schnellen Truppenverschiebungen an die bedrohten Punkte. Ein so
schneller Siegeszug wie in den vergangenen Monaten wiederholte sich auf keinen
Fall. Der Illusion vollends, im raschen Lauf die Po-Ebene zu durcheilen und durch
die Alpen hindurch nach Südfrankreich einzubrechen, konnte man sich
ernstlich nicht hingeben. Hatten doch die bisherigen Erfahrungen auf dem
italienischen Kriegsschauplatz bereits gezeigt, daß es bei dem
planmäßigen Zerstören der zahlreichen Kunstbauten durch die
Italiener bei ihren Rückzügen kaum gelingen konnte, das
erforderliche Kriegsgerät und die sonstigen Lebensbedürfnisse der
Armeen allein mit Lastkraftwagen über die vielen Hindernisse hinweg
nachzuführen. Die dazu nötige Zahl von
Lastkraftwagen-Kolonnen konnten die Heeresleitungen gar nicht aufbringen. Die
Wiederherstellung der zerstörten Eisenbahnkunstbauten aber mußte
in dem hindernisreichen und dazu sehr holzarmen Lande außerordentlich
viel Zeit und Kräfte beanspruchen, die nicht zur Verfügung
standen.
Bei einem großen Angriff gegen die Italiener ruhte wahrscheinlich die
Hauptlast wieder auf den deutschen Schultern, denn so große Proben von
Tapfer- [269] keit und Hingabe die
k. u. k. Truppen auch dargetan hatten, so fehlte ihnen doch sehr viel
am Notwendigsten, vor allem an Artillerie. Auch ließen die Erfahrungen
vom Tagliamento doch wohl einige Zweifel an der zielbewußten Festigkeit,
Großzügigkeit und Selbstlosigkeit der k. u. k.
Führung aufkommen. So lag die Gefahr vor, daß man deutsche
Kräfte in Italien in blutigem und wahrscheinlich nutzlosem Ringen
empfindlich schwächte, während die Entscheidung des Krieges
zweifellos auf dem Hauptkriegsschauplatz in Frankreich lag, wo Monat für
Monat neue amerikanische Truppen eintrafen. Für so lange Zeit und bei so
geringer Aussicht auf einen durchschlagenden Erfolg konnte die deutsche
Heeresleitung ihre wertvollen Divisionen und Artillerie nicht auf einem
Nebenkriegsschauplatz festlegen, wo es doch galt, in fest gefügtem
Massenstoß dem Feinde in Frankreich zuvorzukommen, ehe die
amerikanische Hilfe wirksam werden konnte. Dazu mußten alle
Kräfte zusammengefaßt und auf Unternehmungen zweifelhaften
Erfolges verzichtet werden.
Auf Grund dieser Erwägungen schlug die deutsche Oberste Heeresleitung
im Einverständnis mit dem Armee-Oberkommando 14 bereits Ende
November der österreichischen Heeresleitung die Einstellung der Offensive
in Italien vor, die darauf am 1. Dezember beschlossen wurde. Als
Verteidigungslinie gegen etwaige Angriffs der Alliierten war die
Piave-Linie vortrefflich geeignet, besser als die weiter westlich davon liegenden
Abschnitte. Dagegen waren die österreichisch-deutschen Stellungen im
Gebirge sehr ungünstig. Sie wurden vom Gegner überhöht,
eingesehen und häufig flankiert. Er konnte auf seinen guten Straßen
ungehindert schwere Artillerie mit Munition in Menge heranschaffen und so einen
eigenen Angriff im Gebirge vortrefflich vorbereiten. Insbesondere erschien der
Schulterpunkt der Stellung an der Piave - der
Mt. Tomba - dauernd bedroht, solange nicht das Befestigungsviereck
zwischen dem Col dell'Orso - Mt.
Solarolo - Mt. Spinuccia - Mt. Pallone bezwungen war.
Man mußte überhaupt versuchen, den Grappa selbst mit den ihm
südlich vorgelagerten Gipfeln zu nehmen, denn erst dann war man vor
Überraschungen sicher. Westlich vom Grappa beherrschten noch immer der
Col della Berretta und der Mt. Asolone das
Brenta-Tal bis nach Primolano und störten damit empfindlich den
Nachschub zur Gruppe Krauß. So wurde es, auch wenn man die große
Offensive einstellte, doch nötig, im Gebirge bis zur Erringung einer
günstigeren Verteidigungslinie weiter anzugreifen.
Die Erwägungen der deutschen Oberste Heeresleitung und des
Armee-Oberkommandos 14 entsprachen durchaus der Wirklichkeit, denn die
Entente brachte den Italienern tatkräftigste Hilfe. Am 6. November waren
Lloyd George und Painlevé, in dessen Begleitung sich General Foch
befand, in Rapallo mit Orlando, Sonino und den Vertretern der italienischen
Heeresleitung zusammengekommen, um die zu ergreifenden Maßregeln zu
besprechen. Neben den militärischen Abmachungen war das wesentlichste
Ergebnis dieser Zusammenkunft die Errichtung eines interalliierten politischen
Rates, dem für die Westfront und [270] Italien ein
militärisches Zentralkomitee19 mit den Generalen Foch (Frankreich),
Wilson (Großbritannien), Cadorna (Italien) beigegeben wurde. Unterdessen
rollten die französischen und englischen Kerntruppen heran, die den
Italienern einen festen Rückhalt gaben. Sie fanden im Westen Ersatz durch
die an ruhigen Fronten einrückenden amerikanischen Divisionen.
Der schnelle Antransport der Ententetruppen zur Unterstützung des
italienischen Heeres war bereits im Winter 1916/17 in allen Einzelheiten
ausgearbeitet worden. Am 2. November trafen die ersten französischen
Transporte bei Verona ein. Größte Eile schien den Alliierten geboten,
demgegenüber standen aber nur die Bahn über den Mont Cenis und
die längs der Riviera-Küste laufende Linie zur Verfügung, um
sechs französische und fünf englische Divisionen mit ihrem
gesamten Kriegsmaterial heranzuführen. So schritt man auch zu
Kraftwagentransporten auf den von Briançon über den Mont
Genèvre, von Nizza über Ventimiglia und den Col di Tenda und
längs der Küste führenden Straßen. Sie schafften
hauptsächlich Munition, Verpflegung und Gerät, aber auch Infanterie
vor. Französische, italienische Arbeiter und österreichische
Kriegsgefangene mußten die Wege vom Schnee frei halten. Am 2.
Dezember waren die französischen Divisionen bei Verona (10. Armee unter
General Duchêne), Mitte Dezember die englische Armee (unter General
Plumer) bei Mantua (35 km südsüdwestlich Verona)
ausgeladen. Die eingetroffenen Truppen wurden zur Brenta und dann weiter an
die Piave- und Grappa-Front vorgezogen. Den Oberbefehl über beide
Armeen führte zunächst General Foch, dann General Fayolle.
Der Winter war bereits mit voller Macht im Gebiet der Sieben Gemeinden
eingezogen, als Feldmarschall v. Conrad
die Vorbereitungen zu einem
groß angelegten Angriff gegen beide Flanken des
Meletta-Gebietes beendete, der zur Verbesserung der k. u. k.
Stellungen auch westlich der Brenta dienen sollte. Am 4. Dezember brach der
Angriff los. Er hatte vollen Erfolg. Die Meletta-Stellung (1824 m) wurde
genommen und die Italiener bis Valstagna zurückgedrängt. Zwei
Tage später bezwangen die Österreicher auch die zwischen Asiago
und Valstagna ragenden Bergriesen (Höhen von 1242 bis 1312 m),
so daß die k. u. k. Linie nunmehr von südlich Asiago
nach Valstagna zur Brenta verlief.
Östlich dieses Flusses hatten die Verbündeten inzwischen bereits
Ende November starke italienische Gegenangriffe, namentlich gegen den dem
Grappa am nächsten liegenden Mt. Pertica, abzuweisen gehabt. Aber
General Krauß bereitete jetzt selbst einen Angriff von Nordosten gegen das
Grappa- und von Nordwesten gegen das Asolone-Gebiet vor. Es zeigten sich nun
auch die ersten Ententetruppen an der Front, - Engländer auf dem
Montello an der Piave-Front und Franzosen gegenüber dem Eckpfeiler der
Piave- und Grappa-Front, dem Mt. Tomba.
[271] Am 10. Dezember
setzte der Angriff der deutschen 200. und 5. Division gegen die Sternkuppe
(Mt. Valderoa, etwa 1400 m) südlich des Mt. Fontana
Secca und den Mt. Spinuccia (1301 m) ein. Der schneidige Ansturm
des Grenadier-Regiments 8 gegen den Gipfel des Mt. Spinuccio gelang.
Dagegen stieß der mit nicht minderer Tapferkeit gegen die Sternkuppe
geführte Angriff der 200. Division auf so zähen Widerstand,
daß er zunächst nicht durchdrang. Aber die wackere Truppe
ließ trotz allem nicht locker, und so gewann sie nach schwersten
Kämpfen am 13. und 14. November, zusammen mit dem
württembergischen Gebirgs-Bataillon, endlich die heiß umstrittene
Sternkuppe. Weiter südwestlich hatte bereits am 11. die
k. u. k. 4. Division den Col della Berretta (1458 m) auf dem
nordwestlichen Ausläufer des Mt. Asolone und am 14. den dicht
westlich daran anstoßenden Col Caprile (1288 m) erstürmt,
während die k. u. k. 55., 60. und 94. Division am 18. den
Mt. Asolone (1520 m) bezwangen. Damit war aber die Kraft des
Angriffs im Gebirge erschöpft; zu groß waren die Schwierigkeiten
des Geländes und der Verbrauch der Kräfte in dieser Jahreszeit. So
mußte man sich mit dem bisher Errungenen begnügen und die
Stellungen, die nunmehr von südlich Asiago über
Valstagna - Mt. Asolone - Mt.
Pertica - Mt. Spinuccia - Mt. Tomba verliefen,
möglichst stark ausbauen. Man stand am Ende eines glänzenden
Feldzuges, der den Italienern 400 000 Mann, 3152 Geschütze, 1732
Minenwerfer, 3000 Maschinengewehre und 300 000 Gefangene gekostet
hatte, wobei die eigenen Verluste verhältnismäßig gering
geblieben waren.20
Mittlerweile hatte bereits der Abtransport der deutschen Truppen begonnen. Im
Januar 1918 folgte auch das Armee-Oberkommando 14 als nunmehriges
Armee-Oberkommando der 17. Armee nach dem Westen. An seiner Stelle blieb
vorläufig das Generalkommando 51 als oberste deutsche Behörde in
Italien zurück, bis allmählich die letzten deutschen Truppen dieses
Land verlassen hatten. Die über Trient vorgezogene deutsche 195. Division
war wieder abgerollt, ohne überhaupt zum Einsatz gekommen zu sein. Ein
böses Vorzeichen aber für das, was sich ein halbes Jahr später
auf dieser gemeinsam mit dem Bundesgenossen so ruhmvoll erkämpften
italienischen Front ereignen sollte, begleitete den Abbau der deutschen Truppen.
Am 31. Dezember fiel nach mehrstündigem Trommelfeuer die wichtige
Gipfelstellung des Mt. Tomba den Franzosen in die Hände.
Zu neuen Heldentaten im Westen rüsteten sich die Divisionen, die soeben
in unvergleichlich schönem Siegeslauf die Felsenburgen der Italiener am
Isonzo zerschlagen und durchbrochen hatten und trotz Regen, Nebel und Schnee,
trotz armseliger Gebirgspfade, gesprengter Brücken, trotz reißender
Gebirgsströme und Torrenten, und ohne daß die Artillerie ihnen
folgen konnte, wie ein Blitz aus heiterm Himmel in der oberitalienischen
Tiefebene erschienen waren, um dort eine abgehetzte, führerlos gewordene
Armee zu vernichten. Sie hatten die ganze [272] italienische Ostfront
aus den Angeln gehoben, schon drohte auch der italienischen 3. Armee dasselbe
Schicksal wie der 2. am Tagliamento. Die Herzen der Entente erbebten. Voll
Sorge richteten sich ihre Augen nach der oberitalienischen Ebene, wo wieder
einmal das deutsche Schwert siegreich dreingeschlagen hatte. Wurde dort jetzt
auch die 3. Armee vernichtet, mit ihr wohl gar der König gefangen?
Würden sich die aus dem Zusammenbruch entkommenden Trümmer
so lange noch zu halten vermögen, bis die schleunigst heranrollenden
Entente-Divisionen eingreifen konnten? Es waren Augenblicke
größter kriegsgeschichtlicher Spannung. Aber wie so oft, kamen die
Unwägbarkeiten des Krieges auch hier dem Geschlagenen zu Hilfe. Ein
durch plötzliche Regengüsse unerwartet starkes Stromhindernis,
Zurückbleiben eines Teiles der Artillerie, Unkenntnis der wahren Lage,
Reibungen und Mißverständnisse beim
Sieger - und sonstige Hemmnisse, wie sie den Operationen
Verbündeter so leicht anhaften, ließen die italienische 3. Armee,
wenn auch geschwächt, entkommen. Starke, vaterlandsliebende
Männer griffen rücksichtslos und mit ganzer Tatkraft ein und retteten
den wankenden Staat - der deutsch-österreichische Anprall kam an
der Piave und in dem anstoßenden Gebirge zum Stehen. Würde das
gelungen sein, wenn auch die ganze 3. Armee am Tagliamento vernichtet worden
wäre?
Der Verfolgte war wieder einmal schneller gewesen als der durch zahlreiche
natürliche Geländehindernisse aufgehaltene Verfolger. Jetzt
rächte es sich, daß man die hinter den beiden
Isonzo-Armeen bereit gestellten Reserven nicht zum Teil von vornherein an der
Tiroler Front eingesetzt, diese rechtzeitig mit starker Artillerie ausgestattet und
dort nicht von langer Hand die nötigen Vorbereitungen im großen Stil
für den doch schon längst als notwendig erkannten Gegenstoß
getroffen hatte. Jetzt trat deutlich zutage, daß das ganze Unternehmen von
der k. u. k. Heeresleitung engherzig nur als Notbehelf und nicht
großzügig als zielbewußter Vernichtungsschlag gedacht und
vorbereitet war. Die Ausstattung mit Brückengerät, die Zuteilung
von Kavallerie, Radfahrtruppen und Arbeitskräften, vor allem aber von
Kraftfahrformationen, besonders zum schnellen Nachführen schwerer
Artillerie mit Munition, entsprach nicht den Forderungen eines weiteren
Offensivstoßes in die flußreiche Ebene hinein. Die Ausstattung
hätte besser sein können, wenn auch Kraftwagenkolonnen niemals
die Bahn ersetzen konnten. Unvergleichliche Leistungen vollbrachte die Tag und
Nacht rastlos tätige deutsche Kraftfahrtruppe im regelmäßig
pendelnden Dienst aus den Gebirgstälern des Isonzo über zahlreiche
Torrenten hinweg zum Gebirgslauf der Piave nach Feltre, aber
Unmögliches konnte auch sie nicht zuwege bringen. Das Fehlen einer
leistungsfähigen, in erreichbarer Nähe befindlichen Eisenbahn hat
das schnelle Einsetzen eines neuen machtvollen Schlages an der Piave verhindert.
Dazu gesellte sich die mangelhafte Ausrüstung der Österreicher mit
Artillerie und Minenwerfern und manchem anderen, [273] und so mußte
sich dieser stolze Siegeszug der Verbündeten an der Piave und im
Grappa-Gebirge festlaufen. Das Tragische dabei ist, daß dieser
unvergleichlich schöne Waffengang, daß die herrlichen Leistungen
der Deutschen und Österreicher nicht einmal eine merkliche Wirkung auf
den westlichen Kriegsschauplatz auszuüben vermochten; denn an die Stelle
der von dort nach Italien eilenden Entente-Divisionen trat an ruhigen Fronten das
jüngste Mitglied der Entente - der Amerikaner. Nur so wurde die
Tankschlacht bei Cambrai möglich.
Und doch bleibt der italienische Feldzug eine der schönsten Waffentaten
des deutschen Heeres, vor allem mustergültig in der Anlage, Vorbereitung
und Durchführung des Durchbruchs im Isonzo-Gebiet der Julischen Alpen,
der den Bundesgenossen aus seiner verzweifelten Lage mit scharfem Schlage
heraushaute. Noch heute leuchten die Augen aller Teilnehmer bei dem Worte
"Italien" auf in dem stolzen Gefühl, etwas unvergleichlich Großes
und Schönes durch eigene Kraft geleistet zu haben.
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