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Bd. 1: Der deutsche Landkrieg, Erster Teil:
Vom Kriegsbeginn bis zum Frühjahr 1915

Kapitel 6: Der Krieg auf der Westfront
von Mitte September 1914 bis Mitte April 1915
  (Forts.)

Oberst Friedrich Immanuel

7. Die Kämpfe an der Westfront bis Mitte April 1915.

Der Aussichtsfelsen am Hartmannsweilerkopf.
Der Aussichtsfelsen am Hartmannsweilerkopf
(Vogesen).      [Vergrößern]

Aus: Der Weltkrieg in seiner
rauhen Wirklichkeit
, S. 319.

In den Felsen eingebaute Stellungen und Unterstände auf dem Hartmannsweilerkopf.
In den Felsen eingebaute Stellungen und
Unterstände auf dem Hartmannsweilerkopf
(Vogesen). Juni 1916.      [Vergrößern]

Aus: Der Weltkrieg in seiner
rauhen Wirklichkeit
, S. 320.
Die Vogesenkämpfe.

Der Verlust des Hartmannsweilerkopfes hatte die Franzosen um den wichtigsten Beobachtungsstand der Südvogesen gegen die oberelsässische Ebene bei Mülhausen und Colmar gebracht. Die Zurückeroberung dieses Punktes war ihnen taktische Notwendigkeit und Ehrensache. Nach gründlicher Beschießung durch Artillerie- und Minenfeuer erfolgte am 23. März der umfassende Angriff, dem die deutsche Landwehr nach tapferstem Widerstande bis zum Abend erlag. Der vielumstrittene Höhepunkt, nach französischer Bezeichnung "Le vieil Armand" genannt, war wieder in der Gewalt der Franzosen. Die Deutschen bauten sich am halben Hange ein, ohne aber auf die Wiedergewinnung zu verzichten. Am 2. April schritten sie zum Sturm auf die Kuppe, während ihre Artillerie die ganze Front des Gegners Sudelkopf - Molkenrain - Herrenfluh unter Zerstörungsfeuer nahm. Die Franzosen setzten am 7. abermals zum Vorstoß an, der sie in den Besitz der dem Hartmannsweilerkopf nach Südosten hin vorgelagerten Kuppe brachte. Am 27. unternahmen die Deutschen, rheinische und württembergische Landwehr, den entscheidenden Angriff und nisteten sich auf dem Ostteil der Höhe ein, während die Franzosen zwar den Westteil hielten, aber sich der Beobachtungsstelle in die Ebene beraubt sahen. Somit hatten die Deutschen vorläufig ihren Zweck erreicht. Auf 5 Meter Abstand bauten sich die beiderseitigen Gräben zwischen Felsgeröll gegeneinander auf, Stahlblenden und Sandsackpackungen bildeten die Deckungen, der Minenkrieg unterwühlte die so blutig umstrittene Kuppe. Der Besitzstand änderte sich vorläufig nicht mehr. Die Gegner hielten sich das Gleichgewicht.

[441] Nördlich des Hartmannsweilerkopfes bildete der Sudelkopf (1009) die Stufe zum Sulzer Belchen. Auch diese Kuppe wurde von beiden Seiten - die von ihr ausstrahlenden Schluchten gingen auf deutscher Seite gegen Sulz und Gebweiler, auf französischer gegen St. Amarin im Thur-Tal hinab -, somit ein Beobachtungsposten erster Ordnung, umstritten. Die württembergische Landwehr lag um den Ost- und Nordhang, der Feind um den West- und Südhang. Um den Besitz des Sudelkopfes wurde vom 17. bis 25. Februar in Sturm und Schnee wechselvoll gekämpft. Zum Schluß kamen die Franzosen in den Besitz der Kuppe.

Im oberen Fecht-Tal, das sich von Hoheneck über Münster nach Colmar hinzieht, bildet der Reichsackerkopf dicht westlich Münster die große Talsperre, welche das Tal von Münster abwärts weithin beherrscht. Die Franzosen waren im Besitz dieses wichtigen Punktes, der einer von der Natur geschaffenen Festung gleicht. Die deutsche Führung wünschte die Fortnahme dieses Blockes, wozu die 6. württembergische Landwehr-Division und die 8. bayerische Reserve-Division bestimmt wurden, während badischer Landsturm als Reserve folgte. Starke Artillerie wurde auf den Talhängen abwärts Münster in Stellung gebracht. Der Stoß über den Reichsackerkopf gegen den Hochkamm des Gebirges schwebte der Führung als Fortsetzung des großen Unternehmens vor, um den Franzosen die Pässe über den Schlucht-Paß in das Tal der Bologne in Richtung auf Géradmer und über den Bärenkopf ins Gebiet der oberen Mosel zu entreißen. Wurden diese Absichten verwirklicht, so war die französische Vogesen-Stellung nach beiden Seiten hin aufgerollt.

Der deutsche Angriff holte am 19. Februar nach beiden Flanken weithin aus: die Württemberger auf dem Nordflügel über den Hörnleskopf, die Bayern auf dem Südflügel am Nordfuß des Kleinen Belchen vorbei, ein für die deutschen Truppen mitten im Winter bei Schnee und Glatteis sehr schwieriges Unternehmen. Sie machten gleichwohl gute Fortschritte und setzten sich unter heftigen Kämpfen bis zum 24. Februar in den Besitz des Reichsackerkopfes, des Hörnleskopfes, der Ortschaften Hochrod, Kilbel, Stoßweier, Mühlbach.

Am 6. März nahmen die Franzosen, über welche nach Eintreffen von Verstärkungen General Maudhuy den Befehl übernahm, durch überraschenden Gegenstoß den Reichsackerkopf zurück, der nach dem Abzug der 8. bayerischen Reserve-Division von Landsturm besetzt war. Diese Division wurde jetzt von neuem herangeholt, um die verlorene Stellung wiederzunehmen. Der Kampf ging in einen langwierigen Sappenangriff über, bis die Bayern am 19. März die Kuppe in prächtigem Anlauf durch Überfall erstürmten. Die Deutschen blieben von dieser Zeit ab im Besitz des Reichsackerkopfes, die Franzosen der Linie Sulzeren - Stoßweier - Sattelkopf. Der Kampf nahm ein hinhaltendes Gepräge an. Am 17. April setzten sich die Franzosen im Gebirge zwischen den Quellen der Lauch und Fecht im einzelnen auf dem Lauchenkopf (1344) und Schnepfen- [442] rietkopf (1254) fest. Die Deutschen lagen ostwärts gegenüber auf dem Hilsenfirst und Kleineren Belchen (1268). Der tiefe Talgrund von Landersbach, Sondernach, Metzertal trennte die Gegner.

In den Mittelvogesen hielt Armeegruppe Falkenhausen, von links nach rechte genannt, mit der Landwehr-Brigade Merling die Pässe von Diedolshausen und Markirch, mit dem XV. Reservekorps die Berge beiderseits Ban de Sapt, mit der 84. Landwehr-Brigade das Plaine-Tal südwestlich des Donon, mit der 19. Ersatz-Division die Gegend südwestlich Saarburg, mit der 1. und 5. bayerischen Landwehr-Division, sowie mit der 7. Kavallerie-Division den Raum vom Rhein - Marne-Kanal gegen die Seille hin. Die Franzosen standen diesen ziemlich dünnen, durch Berge und Täler zerklüfteten Stellungen in der Linie Fraize - Laveline - Provenchères - Senones - Badonviller - Blâmont - Arracourt - Nomenny gegenüber. Besonders empfindlich und durch feindliche Unternehmungen gefährdet war der von unternehmungslustigen französischen Gebirgstruppen gehaltene Vorsprung bei Saussonrupt nahe der Quelle der Vézouse. Der Feind drückte hier auf die Verbindungen zwischen der 84. Landwehr-Brigade mit der 19. Ersatz-Division und gefährdete die große deutsche Querstraße Schirmeck - Saarburg. Um diese Gefährdung zu beseitigen, entschloß sich General v. Falkenhausen, die Ecke von Saussonrupt abzuschnüren und die Front Blâmont - Badonviller zu gewinnen. Hierzu wurde die 1. bayerische Landwehr-Division gegen den Nordrand des Waldes von Parroy angesetzt, um nach dessen Durchschreitung das Vézouse-Tal von Blâmont bis Marainviller in der Nähe des wieder in französischem Besitz befindlichen und neu hergestellten Sperrforts Manonviller zu gewinnen. Die 19. Ersatz-Division sollte über Blâmont - Cirey gegen die Front Domêvre - Bréménil, die 84. Landwehr-Brigade durch die Bergwälder im Westen des Donon auf Celles vorgehen. Das groß angelegte Unternehmen gelang am 27. Februar aufs beste, wenn auch die äußersten Ziele nicht erreicht wurden. Bis zum 5. März setzten die Franzosen die sofort begonnenen Gegenangriffe erfolglos fort, um das verlorene Gelände zurückzuerobern. Die Deutschen hatten auf 20 Kilometer Breite ihre Front um 6 Kilometer vorgeschoben und beherrschten die Gegend von Blâmont - Badonviller, wodurch sie die Zugänge nach Elsaß-Lothringen beiderseits des Donon deckten.


Zwischen Mosel und Maas ("Schlacht in der Woëvre-Ebene").

Der "Keil von St. Mihiel" mußte dauernd die französische Führung beunruhigen und legte dem General Sarrail den Wunsch nahe, durch gleichzeitigen und beiderseitigen Angriff dessen Flanken einzudrücken. In dieser Absicht griffen die Franzosen vom 13. bis 18. Februar Norroy am Rande des Priester-Waldes an und unternahmen von Les Eparges aus vom 17. bis 20. Februar Vorstöße gegen die "Combres-Höhen", wobei die Deutschen zwar durch Minensprengungen [443] vorübergehend Gelände verloren, um es in Gegenangriffen, welche dem Feinde erhebliche Verluste brachten, wieder zurückzuerobern. So hatten die französischen Angriffe keinen Erfolg.

Als sich Mitte März der Abfluß deutscher Kräfte von der Westfront nach dem Ostkriegsschauplatz, wo in Galizien das Beskiden-Korps gebildet wurde, immer deutlicher fühlbar zu machen begann, beschloß die französische Heeresleitung, einen neuen großangelegten Angriff zu unternehmen und bestimmte hierzu den Abschnitt der Woëvre, wo die 1. Armee Dubail, durch Nachschub ergänzt, am 4. April von Norroy nördlich Pont à Mousson bis zum Quellengebiet der Orne westlich Etain versammelt war, die Armeeabteilung Strantz in weitem Bogen umspannend. Abermals lief die Absicht darauf hinaus, den Bogen von St. Mihiel durch doppelseitige Umfassung abzuquetschen. Am 5. April begann der Angriff auf 40 Kilometer Ausdehnung durch Abtasten der deutschen Front, am 6. der Hauptstoß, der durchaus großzügig angelegt war und staffelartig die äußeren Flanken der Deutschen treffen sollte. Die Haupteinbruchsstellen waren, in der Reihenfolge von Osten nach Westen und von Süden nach Norden: der Priester-Wald, wo die Höhe mit dem "Karmeliterkreuz" (Croix des Carmes) östlich Fey en Haye der Brennpunkt des Kampfes wurde; der Wald Mort Mare in der französischen Stoßrichtung von Limey - Flirey auf Essey - Euvezin - Thiaucourt im Rupt de Mad-Tale; das Bois Brulé westlich Apremont mit Richtung auf Camp des Romains; aus dem Maas-Tale bei Spada - Souzin oberhalb Verdun die Wälder westlich Vigneulles - Hattonchâtel am Ostrand der Côtes Lorraines; die "Combres-Höhen" und als neue Angriffsrichtung aus der Linie Fresnes en Woëvre - Gussainville die beiden großen Straßen auf Metz südlich der Orne, die auf Mars la Tour und Conflans laufen.

Die deutsche Heeresleitung hatte für die Armeeabteilung v. Strantz keine Reserven verfügbar, so daß sich diese mit gruppenweiser Verteidigung und schneller Verschiebung ihrer eigenen schwachen Reserven behelfen mußte. Nahezu die letzte schwere Batterie, das letzte Landsturm-Bataillon wurde aus Metz herangeholt. Aus der Art des Angriffs ging die französische Absicht hervor, daß sich die äußersten Flügel des Angriffsabschnittes zangenartig um den Bogen von St. Mihiel herumlegen sollten, um sich mit dem stärksten Druck auf der Linie Thiaucourt - Mars la Tour zu begegnen, wodurch die Einkesselung der deutschen, im Bogen von St. Mihiel stehenden Kräfte erreicht worden wäre. Der entscheidende Kampf drehte sich um den Besitz der Combres-Höhen, die nach Ablösung der 33. Reserve-Division von der deutschen 10. Infanterie-Division (V. Armeekorps) mit äußerster Zähigkeit gehalten wurden, auch nachdem die Franzosen einzelne Vorsprünge des Rückens unter sehr schweren Verlusten genommen hatten. Im Priester-Walde und im Walde Mort Mare, auch in den dichten Gestrüppen der Forsten westlich Vigneulles - Hattonchâtel sowie im Bois Brulé verfingen sich die französischen Vorstöße nach kleinen Anfangserfolgen vor den [444] deutschen Drahthindernissen. Dagegen gelang es den Franzosen am 13. April bei Harville, wo sie zum erstenmal Panzerwagen in den Kampf brachten, an der Straße nach Mars la Tour Fortschritte zu machen, wodurch die Combres-Stellung aufs gefährlichste im Rücken bedroht wurde. Das deutsche V. Armeekorps setzte hier die letzten Reserven ein, um die beginnende Umklammerung aufzuhalten. Unter äußerster Anspannung glückte es, die Franzosen in Richtung auf Fresnes zurückzuwerfen, die Combres-Stellung, hiermit aber auch die Ausbuchtung von St. Mihiel zu retten. Am 14. April war Dubails großer Angriff zwischen Mosel und Maas endgültig gescheitert. Die Kampfkraft und entschlossene Tapferkeit der Deutschen hatte sich trotz erheblicher Minderzahl als durchaus überlegen erwiesen. Die Stärke der Franzosen reichte in physischer und moralischer Hinsicht nicht aus, um den Willen des Gegners zu brechen, obwohl die 1. Armee sehr tapfer gefochten und bedeutende Opfer gebracht hatte. So war auch die "Zweite Woëvre-Schlacht" ein französischer Mißerfolg.

Sehr lebhaft ging es in den Argonnen zu. Das französische XXXII. Reservekorps wurde dort als frische Truppe eingesetzt und stand dem deutschen XIII. und XVI. Armeekorps gegenüber. General v. Mudra, der in den Argonnen den Befehl führte, beabsichtigte, die große Schleife der französischen Argonnenstellung abzuschnüren, die sich nördlich des Biesme-Tales bei La Harazée und Le Four de Paris auf die Waldkuppe von St. Hubert erstreckte. Am 29. Januar warf die deutsche 27. Infanterie-Division nach großer Minensprengung die Franzosen bis nahe an die Weiler La Harazée und Le Four de Paris zurück, doch behaupteten sich die Franzosen nach wie vor im Besitze des Biesme-Tales und der Höhe "Totes Mädchen" (La fille morte). Die mit starken Hindernissen versehenen französischen Stellungen waren nicht einmal durch die deutschen Minenangriffe zu bezwingen.

In den Ost-Argonnen bemühten sich die Franzosen, das wie ein Sperrfort hochgelegene Dorf Vauquois zu nehmen, das einen vortrefflichen Beobachtungsposten der Deutschen gegen die Nordwestfront von Verdun bot. Sie griffen nach Minensprengung und Trommelfeuer um die Mittagsstunde des 17. Februar das in stark befestigter Stellung um Vauquois liegende III. Bataillon Infanterie-Regiments 120 an und drangen in den Ort ein, um alsbald durch Gegenstoß der deutschen Reserven wieder hinausgeworfen zu werden. Nunmehr wurde der Ort unter schwerstes Artilleriefeuer genommen und am 28. Februar der Sturm erneuert. Die Württemberger hielten zwei Tage und zwei Nächte hindurch mit höchster Zähigkeit den unermüdlich angreifenden Feind auf, bis er, durch schwere Verluste erschöpft, die Sturmversuche aufgab und sich auf den Sappen- und Minenangriff beschränkte. Der Argonnenkampf gestaltete sich immer mehr zu einem Ringen aus, das die Erbitterung, aber auch die Schrecken des Grabenkrieges mit besonderer Deutlichkeit zeigte.


[445] Die Schlacht bei Neuve Chapelle.

General Foch, damals bereits der einflußreichste, jedenfalls der tätigste und entschlossenste aller oberen Führer in den Heeren der Entente, ließ sich durch die englisch-französischen Mißerfolge bei den Vorstößen, die Joffre vom 17. Dezember 1914 ab an allen Frontabschnitten angeordnet hatte, nicht abschrecken. Er verfügte noch immer über die französische 10. und 8. Armee sowie über die Gruppe Mitry.

Zwischen La Bassée und Arras drehte sich das Ringen nach wie vor um die Loretto-Höhe. Am 3. März ließen die Deutschen, deren XIV. Armeekorps hier einen Schützengrabenkrieg schwerster Art führte, nördlich Ablain eine Mine hochgehen, von deren Sprengtrichter aus sie Boden am Südabhang der Loretto-Höhe gewannen. Die Franzosen unternahmen am 15. März gleichfalls große Minensprengungen und suchten durch Gegenstoß dem Feinde das verlorene Gelände wieder zu entwinden. Grenadier-Regiment 110 leistete dem Angriff heftigen Widerstand, wurde aber auf den Nordrand von Ablain zurückgedrückt, wo es sich hielt, um am 17. März, durch Reserven unterstützt, die alte Stellung unter der Loretto-Kapelle zurückzugewinnen.

Nördlich des Artois lag das englische Heer, durchsetzt von einigen französischen Korps, auf der Front Givenchy (westlich La Bassée) - Richebourg - westlich Neuve Chapelle - Fleurbeix - Armentières, dann im Bogen südlich, östlich, nordöstlich um Ypern herum in den Stellungen, welche French in der Ypern-Schlacht mühsam gegen die Wucht des deutschen Angriffs gehalten hatte. Das britische Heer hatte die vier alten Korps zu Armeen und die Kavalleriekorps durch Nachschub auf volle Stärke aufgefrischt. Je ein australisches und kanadisches, zwei indische Korps waren im Februar hinzugetreten. Weitere Verstärkungen übten in den heimischen und französischen Lagern, andere befanden sich auf der Seefahrt vom britischen Kolonialreich her. 800 000 Mann standen bereits unter Waffen.

Nach Vereinbarung zwischen Joffre und der britischen Heeresleitung sollte French auf einer Frontstelle, auf der bisher der Großkampf geruht hatte, nämlich zwischen dem Kanal von La Bassée und der Lys bei Armentières den Durchbruch auf Lille ansetzen, um diesen Mittelpunkt deutscher Macht in Nordfrankreich endlich zu gewinnen. War dies gelungen, so wurde der deutsche Druck auf Ypern beseitigt, gleichzeitig aber auch die feindliche Stellung bei La Bassée - Lens gegen Arras und Albert hin von Norden her ausgewuchtet und aufgerollt.

French bestimmte die aus den besten britischen und indischen Truppen neu zusammengestellte 1. Armee Haig für die Durchführung dieser Aufgabe. 400 schwere englische und französische Geschütze, vorwiegend neuester amerikanischer Fertigung, wurden ihnen nebst außerordentlich hohen Munitionsmassen überwiesen. Haig wählte die Linie Givenchy - Richebourg als Grundlinie des [446] Angriffs und rechnete damit, die deutsche Linie La Bassée - Neuve Chapelle am ersten, Salomé - Illies - Aubers am zweiten Tag zu durchbrechen, um am dritten das Höhengelände zwischen Marquillies - Fournes - Escobecques nahe vor den Werken von Lille zu gewinnen. Die Deutschen waren auf dem genannten Frontabschnitt anscheinend nicht stark. Auch erschwerte das von sehr zahlreichen Ortschaften, Häusergruppen, Fabrikanlagen, Schlössern, Parks geradezu übersäte Gelände die einheitliche Verteidigung und begünstigte den Angreifer in hohem Grade. Durch das Tauwetter und den Frühjahrsregen war der Grundwasserstand im Niederungsgebiet ein ungewöhnlich hoher, so daß nur mit flachen deutschen Schützengräben und schwachen Unterständen zu rechnen war. Die Flanken wurden dadurch geschützt, daß die Franzosen den Gegner im Artois durch Angriff beschäftigten, während die starken Stellungen auf dem gegen Lille hin ausspringenden Bogen von Armentières den Nordflügel der englischen Angriffsfront deckten.

Die deutsche Stellung war vom VII. Armeekorps besetzt, das mit sehr schwachen Kräften - rund 10 000 Gewehren - die 10 Kilometer breite Front westlich der Straße La Bassée - Neuve Chapelle, von da ab weiter nach Nordosten hin den Bachabschnitt des Layes hielt. Der Straßenknoten Neuve Chapelle wurde von je einem Bataillon Infanterie und Jägern, dazu einigen Maschinengewehren, verteidigt. Reserven standen dahinter beim Wäldchen von Biez bereit. Wegen der außerordentlich ungünstigen Grundwasserverhältnisse waren die deutschen Befestigungen sehr flach gehalten. Die Schützengräben beschränkten sich zumeist auf einfache Sandsackpackungen.

Zum Stoß bestimmte Haig das I. und IV. Armeekorps, sowie die indische Meerut-Division. Am Morgen des 10. März eröffnete die englisch-französische Artillerie das Vernichtungsfeuer, das den Sturmtruppen die Gassen durch die feindlichen Hindernisse öffnen und jeden Widerstand zerschlagen sollte. Allein man hatte sich über die deutsche Widerstandskraft doch getäuscht. Zwar waren die Drahthindernisse zerfetzt, die Sandsackdeckungen weggeblasen, die Erdbauten eingeschlagen, aber noch lebten kampffähige Reste der deutschen Infanterie, welche wider alles Erwarten aus den Grabentrümmern emportauchten und den scheinbar unüberwindlichen Angriff auffingen. Alle Versuche, die Fabrikanlagen und Ziegeleien bei Givenchy zu nehmen, scheiterten unter schwersten Verlusten. Weiter nördlich rang sich der englische Angriff blutig bis an die Straße La Bassée - Neuve Chapelle durch. Das Dorf Neuve Chapelle selbst wurde von der englischen 23. und 25. Infanterie-Brigade sowie der indischen Meerut-Division in der Front und von den Flanken her umfassend angegriffen. Nach dreimaligen vergeblichen Stürmen gelang es den Engländern durch Einsatz zweier frischer Brigaden, der 21. und 22., die Trümmer der Deutschen aus Neuve Chapelle zu werfen. Allein die deutsche Führung zog ihre letzten Reserven herbei und umschloß den Ort durch einen nach Westen hin offenen Halbkreis, der sich nord- [447] westlich Aubers an den Layes-Bach lehnte, um sich nach Süden hin auf die Mühle von St. Piètre und auf das Gehölz von Biez zu stützen. Den Anschluß nach rechts und links hin vermittelten nur lose Schützenlinien. Mit eiserner, über alles Maß hinaus braver Ausdauer hielten sich die schwachen, zusammengeschossenen westfälischen Bataillone gegen die sich fortdauernd wiederholenden, durch Nachschub verstärkten englischen Stürme, zu welchen sechs Brigaden eingesetzt wurden. Gegen Abend traten die Garde-Grenadier-Brigade und die indische Lahore-Division auf dem Kampfplatz zur Unterstützung der stark gelichteten Angriffsfront in die Schlacht. Gleichwohl hielten sich die Deutschen, bis kurz vor Einbruch der Dunkelheit eine Brigade des II. bayerischen Reservekorps und zwei Bataillone des XIX. Armeekorps in Eilmärschen zur Hilfe eintrafen. Als die Nacht dem Ringen ein Ende machte, hatten die Engländer trotz sehr schwerer Verluste keine weiteren Fortschritte erreichen können: die Mittelpunkte des Schlachtfeldes, nämlich die Gehöfte von Biez, der Wald von Biez, der Weiler Piétre mit dem Windmühlengehöft, die Übergänge über den Layes-Bach waren sicher in den Händen der Deutschen.

Die Nacht zum 11. verging unter kleinen Vorstößen und Gegenangriffen an der Kampffront, während beide Gegner Verstärkungen heranzogen, um den Kampf am folgenden Tage fortzusetzen.

Haig stellte zum Angriff am 11. März drei Korps bereit. Er hielt sich bei Givenchy und Neuve Chapelle zunächst in abwartendem Gefecht und ließ diesen Teil der deutschen Front unter Artilleriemassenfeuer nehmen. Den Hauptstoß richtete er gegen den rechten deutschen Flügel, um über den Layes-Bach auf Aubers - Fromelles durchzudringen. Der Stoß scheiterte abermals am Widerstand der Deutschen, welche den Layes-Abschnitt hielten und die über den Abschnitt vorbrechenden englischen Abteilungen durch Gegenangriffe zurückwarfen. Nun dehnte French den Angriff noch weiter nach Norden aus, indem er das III. Armeekorps von Armentières aus auf Lille hin vorbrechen ließ. Zwar gelang es, die dünne deutsche Linie zurückzudrücken und die Gehöfte von L'Epinette und mehrere südwärts davon gelegene Häusergruppen zu nehmen, dann aber wurde der Stoß durch die aus Lille kommenden deutschen Reserven aufgefangen. Auch das Eingreifen einer Brigade der North-Mitland-Division und der 2. Kavallerie-Division, die unter Verkennung der Gefechtslage zur Attacke zu Pferde vorstürmte, konnte die Wendung am linken Flügel der Armee Haig bei Fromelles nicht bringen. Am 12. März beschränkte sich der Kampf auf matte Einzelvorstöße längs der ganzen Front von Givenchy bis Fromelles, am 13. erlosch die Schlacht. Haig gab den Angriff auf. Der Sieg blieb den Deutschen, deren VII. Armeekorps sich gegen eine vielfache Übermacht unvergänglichen Waffenruhm erkämpft hatte. Die Engländer mußten sich mit dem Besitz der Trümmer von Neuve Chapelle und der flachen Einbuchtung der deutschen Stellung auf 1200 Meter Tiefe bei einer Breite von 4 Kilometern [448] begnügen. Ihr Verlust betrug 12 000 Mann. Der englische Vorstoß bei Armentières blieb in den Anfängen stecken. Das deutsche XIX. Armeekorps führte am 14. März einen Gegenschlag bei St. Eloi südlich Ypern und drang in das Dorf vor, um sich dann wieder in die alte Stellung zurückzuziehen, als der Feind von Ypern her starke Reserven eingreifen ließ.


Um Ypern ("Zweite Ypernschlacht").

Deutscherseits war man auf Grund der Erfahrungen in den Kämpfen auf allen Teilen der Westfront zur Überzeugung gekommen, daß Franzosen und Engländer nicht in der Lage waren, die deutschen Linien zu brechen.

      "Nennenswerte Vorteile wurden von den Feinden nirgends errungen. Nach unwesentlichen Anfangserfolgen kam es überall zu langwierigem, hin- und herschwankendem Ringen. Bei ihm hatten die Deutschen infolge ihrer Unterlegenheit - sie betrug in der Winterschlacht in der Champagne mindestens 1 : 6, bei Lille (Neuve Chapelle) 1 : 16 - einen sehr schweren Stand. Überall aber hielten sie ihre Linien im allgemeinen und brachten den Angreifern unverhältnismäßig große Verluste bei. An vielen Stellen waren sie sogar imstande, nicht nur das im ersten Anlauf vom Gegner genommene Gelände ihm wieder zu entreißen, sondern auch zu Gegenstößen in die feindlichen Linien zu schreiten. Die Haltung der Truppen war über jedes Lob erhaben. Ebenso gut bewährte sich das deutsche Verteidigungsverfahren, und zwar in gleicher Weise die Art des Ausbaues und der Besetzung der Linien wie die Maßnahmen zur schnellen Verschiebung der Reserven. Damit erlangte die Oberste Heeresleitung eine ungewohnte Entschlußfreiheit."2

Diese Gedanken legten der deutschen Heeresleitung den Wunsch nahe, bei Ypern eine Entscheidung herbeizuführen, die in der Oktober-Novemberschlacht 1914 nicht hatte erzwungen werden können, nämlich die Vertreibung des Feindes aus dem "Ypern-Bogen" und die Gewinnung der für die Beherrschung des Nordabschnittes notwendigen Stadt Ypern. Dann erst war die für Seeunternehmungen gegen England notwendige flandrische Küste gesichert, zugleich die Ausfallpforte gegen Dünkirchen, Calais, Boulogne gewonnen, das Ziel alter deutschen Wünsche aus den Glanztagen der Kriegseröffnung. Zur Ausführung dieses Planes wurde die 4. Armee unter Herzog von Württemberg bestimmt, der Raum Langemarck - Gheluvelt als Angriffsabschnitt ausersehen. Der Armee standen die aufgefrischten und ausgeruhten Reservekorps XXIII, XXVI, XXVII, die wackeren Kämpfer der ersten Ypern-Schlacht, zur Verfügung. Die neuerfundenen Gaskampfmittel sollten zum erstenmal hier deutscherseits zu ausgedehnter Anwendung kommen.

Auf seiten der Entente standen in dem Ypern- und Yser-Abschnitt von rechts nach links: englische Armee Plumer (II., IV., V. Armeekorps, eine verstärkte [449] kanadische Division, ein Kavalleriekorps), französische Reserve-Armeegruppe Putz zu drei Divisionen, das belgische Heer, das französisch-belgische Korps Mitry. Plumer, der den Oberbefehl über alle diese Streitkräfte führte, rechnete mit einem deutschen Angriff gegen die Südfront des Ypern-Bogens. Hier hatten bei Zillebeke und St. Eloi am 17. April Minensprengungen der Engländer stattgefunden, ohne daß es ihnen gelungen war, die zur Beobachtung des Ypern-Beckens unentbehrlichen Höhen den Deutschen dauernd zu entreißen. Nach wie vor standen sie hier knapp 3 Kilometer vor Ypern.

Die deutsche 4. Armee schritt am 22. April nachmittags zum Angriff, nachdem seit der Morgenfrühe die Beschießung und die Vergasung der Stellung gedauert hatten. Der aus Nordosten wehende Wind

Aus den englischen Stellungen bei Fromelles.
Aus den englischen Stellungen bei Fromelles
nach einem der ersten deutschen Gasangriffe
(19. 7. 16).      [Vergrößern]

Aus: Der Weltkrieg in seiner
rauhen Wirklichkeit
, S. 85.
begünstigte den Gasangriff und trieb das abgeblasene Gas in die feindlichen Gräben. Das XXIII. Armeekorps griff im Abschnitt Drie Grachten - Langemarck, das XXVI. von dort bis Zonnebeke, das XXVII. bis Zwartelen an, somit eine vollständige Umklammerung der Ententestellung. Sie wurde durch die auf 20 Bataillone verstärkte kanadische Division Anderson am rechten, die französische Gruppe Putz am linken Flügel gehalten. Hinter letzterer stand das englische Kavalleriekorps Allenby am westlichen Kanalufer.

Der überraschend und unter besonders vorteilhaften Windverhältnissen geführte deutsche Gasangriff hatte ganzen Erfolg. In flottem Anlauf wurden, da die Verteidiger entweder tot oder betäubt waren oder in panischem Schrecken flüchteten, schnell nacheinander Steenstraate, Het Sas, Pilckem, auch das in der Herbstschlacht 1914 so blutig umstrittene Langemarck genommen. 50 Geschütze und große Beute an sonstigem Heeresgerät fielen den Siegern in die Hände. Der Nordflügel der Ypern-Front war eingedrückt.

French erkannte den Ernst der Lage und zog sofort die erreichbaren Reserven auf das Schlachtfeld heran, um durch Gegenangriff die Lage wiederherzustellen und die Deutschen vor allem auf dem Nordflügel über den Ypern-Kanal zu werfen, wo sie auf der Verfolgung der stark erschütterten Gruppe Putz bereits Lizerne am Westufer erreicht hatten. Bis zum 25. April abends wogte die Schlacht zwischen Broodseinde und Langemarck entscheidungslos hin und her, Angriff wechselte mit Gegenangriff, keiner der Gegner gewann dauerndes Übergewicht. French und Plumer verzweifelten am guten Ausgang und faßten den bitteren Entschluß, den Ypern-Bogen zu räumen und die Verteidigungslinie auf den Kanalabschnitt, Ypern eingeschlossen, zu stützen. In dieser für die Entente schicksalsschweren Lage brachte das Eingreifen Fochs, des Oberbefehlshabers des französischen Nordabschnittes, die Wendung. Er beschwor die englischen Generale zur Festhaltung des Ypern-Bogens, der allein die Wahrung der Bewegungsfreiheit bedeute, und stellte den letzten Mann der ihm unterstellten französischen Truppen zur Verfügung. Durch Fochs Tatkraft und Einfluß wurden mit Eilmärschen, mittels Eisenbahn und auf Kraftwagen alle abkömmlichen [450] Reserven der französischen Nordfront, dazu englische und belgische Truppen, die nur irgend zu haben waren, auf das Schlachtfeld bei Ypern herangezogen. Schon am 26. April begann unter Fochs persönlicher Leitung der Angriff gegen den rechten deutschen Flügel. Zwar mußten die Deutschen Lizerne auf dem Westufer des Kanals wieder räumen und sahen sich genötigt, die Kanalfront von Drie Grachten bis Het Sas zu halten, verwehrten aber den Franzosen jedes Vordringen am Ostufer gegen Bixschote - Pilckem. In dieser Linie kam die Schlacht zum Stehen.

Die Deutschen griffen am 26. April mit dem XXVII. Reservekorps den rechten Flügel der Engländer an und nahmen am 26. Kerssemere an der Straße Langemarck - Zonnebeke und das wichtige St. Julien, den Übergangspunkt über den Abschnitt des Steenbeck, am Abend sogar Grafenstafel. Die Kanadier waren völlig geschlagen. Das deutsche Artilleriefeuer reichte bis Ypern hin und bestrich von den Höhen von Grafenstafel bis St. Julien her die englische Stellung, namentlich den Abschnitt Zonnebeke - Hooge.

Plumer warf am 27. April die letzten Reserven zur Wiedereroberung von St. Julien in die Schlacht. Die Brigade Northumberland zersplitterte unter dem Feuer der deutschen 54. Reserve-Division, der tapfere englische Führer General Riddell fiel an der Spitze seiner Füsiliere. Am 28. und 29. setzten sich die Franzosen unter Fochs persönlicher Leitung zum Gewaltstoß gegen Langemarck - Bixschote ein, ohne aber die Deutschen vom Kanalufer vertreiben zu können. Unter ungeheuren Verlusten brachen die französischen Angriffe zusammen, auch das Trommelfeuer in der Zeit zwischen den einzelnen Sturmversuchen konnte die deutsche Zähigkeit nicht erschüttern. French gab die Schlacht verloren und befahl am 29. abends die Zurücknahme der englischen Front in die Linie Zonnebeke - Veldhoek. Der Rückzug wurde am 30. unter schweren Opfern ausgeführt, am 1. Mai früh stand die hart mitgenommene englische Front in der Linie Veldhoek - Zonnebeke - südwestlich St. Julien, ihr hart gegenüber das deutsche XXVII. Reservekorps, das den Feind umklammert hielt und nach der Mitte gegen die Verbindung Grafenstafel - Frezenberg zusammenzudrücken drohte. Vergebens griff Foch am 2. Mai nochmals an, wirkungslos prallte ein Vorstoß der Kanadier gegen St. Julien und Grafenstafel ab. Am 3. ging Fortuin für die Engländer verloren, die sich am Abend auf die Front Wieltje - Frezenberg - Wäldchen östlich Hooge zurückzogen.

Die Kampftage bis zum 8. Mai wechselten in langem entscheidungslosen Hin- und Herschwanken. Weder die Zähigkeit Frenchs noch die unermüdliche Angriffslust Fochs, der immer zu neuen Gegenstößen trieb, konnten das Schicksal der Schlacht wenden: die Engländer gingen in einem Frontbogen zurück, der Ypern im Osten auf 4 Kilometer Halbmesser statt auf 10 Kilometer, wie vor der Schlacht, bei einer Breite von 12 statt 25 Kilometer umschloß. Die Franzosen vertrieben die deutsche Besatzung aus der Brückenkopfstellung westlich Steen- [451] straate und behaupteten das Kanalufer bis Boesinghe, wo sich nach Südosten der englische Frontbogen anschloß, um über St. Jean - Zillebeke - St. Eloi den Anschluß an den alten Linienzug zu nehmen.

Die Deutschen hatten Großes erstritten, wenngleich das Schlachtziel Ypern wegen Erschöpfung der Kräfte und mangelnden Reserven nicht hatte erreicht werden können. Die Ententeheere des nördlichen Frontabschnittes waren durch sehr schwere Verluste erschüttert, nur dem Drängen Fochs zum Standhalten verdankte es England, daß die "zweite Ypern-Schlacht" nicht mit dem Verluste von Ypern und dem Zusammenbruch der Armee Plumer abschloß. Die Schlacht war ein deutscher Sieg. Das ganze Gelände von Langemarck bis Hooge mit dem Höhengelände bei Zonnebeke war im Besitz der Deutschen. Sie sicherten die Flandern-Küste mit den Flottenstützpunkten Ostende und Zeebrügge. Der große Erfolg war der vortrefflichen Haltung der drei jetzt kampfgeübten Reservekorps zu danken, die sich taktisch und moralisch dem Feinde weit überlegen erwiesen. Die zweite Ypern-Schlacht war zugleich eine Glanzleistung der deutschen schweren Artillerie und führte den Gaskampf in die Reihe der entscheidenden Kriegsmittel ein.3 Daß die Schlacht mit solchem Erfolg eingeleitet und gleich von Anfang an der innere Halt der Ententetruppen erschüttert werden konnte, dürfte im wesentlichen auf die geschickte Verwendung des Kampfgases zurückzuführen sein, das hier in ebenso überraschender wie entschlossener Weise eingesetzt wurde.


2 [1/448]Falkenhayn, Oberste Heeresleitung 1914 bis 1916, Seite 55/56. ...zurück...

3Scriptorium merkt an: diese Formulierung ist irreführend. Bei der zweiten Ypern-Schlacht am 22. April 1915 wurden zwar Kampfgase zum ersten Mal von den Deutschen eingesetzt, aber wie aus Band 4, Kapitel "Der Gaskrieg" sowie aus den Angaben in Band 2, Kapitel "Die deutschen Abwehrkämpfe im Westen 1915" (Anmerkung 16) hervorgeht, war dies nicht das erste Mal, daß dieses Kriegsmittel Verwendung fand. Hierin waren die Alliierten den Deutschen zuvorgekommen - allerdings mit geringerem Erfolg, daher wohl die Formulierung des Verfassers. ...zurück...


Der Weltkampf um Ehre und Recht.
Die Erforschung des Krieges in seiner wahren Begebenheit,
auf amtlichen Urkunden und Akten beruhend.
Hg. von Exzellenz Generalleutnant Max Schwarte