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Zur Einführung
1. Gegen den Erbfeind
Wie ein eisenklirrendes Epos aus urgewaltiger Vorzeit klingt seit zehn schweren Monaten Krieg und Sieg an unser Ohr. Jede Stunde dichtet aus dem Geknatter der Gewehre, aus Schwerterschlag und Kanonendonner eine neue gewaltige Zeile hinzu. Ein Abenteuer reiht sich in riesenhaften Ausmaßen an das andere, gestimmt auf den hohen Ton: Um Vaterland und Freiheit!
Mit ernsten, schweren Schritten ging der eiserne Mäher in den Herbst, trotzig und unverzagt hielt er aus in Eis und Schnee eines überaus strengen Winters, hoffnungsfreudig streute er die blutige Saat in den leuchtenden Frühling hinein, das Herz geschwellt von der festen Zuversicht, daß aus Blut und Tränen eine reiche Ernte hervorsprießen muß für unser um seine höchsten Güter ringendes Volk.
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Auf den Kriegsfeldern Frankreichs und Rußlands tauchte die flatternde Kaiserstandarte auf, ein Heer zu grüßen, das für seinen geliebten Herrscher (Abb. 1 bis 5) zu siegen und zu sterben weiß. Im Lande schlägt der Puls geschäftigen Lebens weiter und läßt Verzagtheit auch in keinem Herzen aufkommen. Opferbereit füllte das deutsche Volk den Kriegsschatz des Staates mit über neun Milliarden. Kluge Maßnahmen der Regierung vernichteten des Feindes Hoffnung, das deutsche Volk durch Aushungern zum Aufgeben seiner militärischen Erfolge zwingen zu können. Durch Beschlagnahme und Streckung aller Getreidevorräte des Landes beugte der Staat dem Brotwucher vor und sicherte auch dem Ärmsten den gleichen Anteil an dem Kornsegen der Scholle wie dem Höchstgestellten und Reichsten. Alle Kreise reichten sich im Kriegsliebesdienst für Verwundete, Bedrängte und Trauernde die Hand. Das Feuer der eisernen Zeit schweißte unser Volk zusammen; es hat nur ein Haupt, ein Herz, einen Willen. Kein Opfer erscheint ihm zu groß, dem nachfolgenden Geschlecht die Segnungen eines dauernden Friedens zu erstreiten.
Unterbrechungslos tobt noch immer mit wechselnder Heftigkeit der Feldbefestigungskrieg an der Westfront; ungeheure Anstrengungen machen die verbündeten Franzosen, Engländer, Belgier und ihre Kolonialtruppen, den eisengepanzerten Gürtel der Deutschen zu durchbrechen. Deutschland sollte wie eine große Festung bis zum Aushungern belagert werden. Nun legte der deutsche Eroberer die Hand auf Belgien (Abb. 6 bis 9), auf über 20 000 Quadratkilometer französischen und etwa 50 000 Quadratkilometer russischen Landes, erweiterte also sein Wirtschaftsgebiet gewaltig und machte es nach Einsetzung deutscher Verwaltung seinen wirtschaftlichen und militärischen Interessen dienstbar. Deutsche Offiziere tragen die deutsche Art in Feindesland nicht nur auf der Spitze des Schwertes. In den Schulen der eroberten Länder erschließen sie der Jugend die Segnungen der deutschen Zucht, die Fülle des deutschen Herzens, die Tiefe des deutschen Geistes. Deutschlands Feinde sehen sich im eigenen Lande bedrängt. Der Verlust ihrer Kohlenlager schwächt ihr gesamtes industrielles [6] Leben. Der ungeheure Menschenverlust zwingt zur Aushebung auch der Schwächsten und Jüngsten; über zehn Prozent der französischen Bevölkerung steht unter den Fahnen und ist so der werteschaffenden Friedensarbeit entzogen. England vermag keinen bedeutenden Nachschub neuer Truppen zu stellen, richtet sich aber derweil in Calais und an der französischen Küste fest ein, um für seine Waffenhilfe zu Lande ein Faustpfand in Händen zu halten. Es muß die Stunde kommen, da den Franzosen die Augen darüber aufgehen, wem letzten Endes ihre gewaltigen Opfer dienen, daß sie Handlanger sind bei der Besorgung englischer Geschäfte und ihrem militärischen und wirtschaftlichen Zusammenbruch entgegengetrieben werden.
Im ganzen ist die Frontlinie im Westen die gleiche geblieben. In Schützengräben wohl verschanzt, wahren vom Fuß der Vogesen bis zum Gestade des Meeres deutsche Truppen mit eiserner Faust den eroberten Besitz (Abb. 10 bis 13). Dennoch hat es in dem verflossenen Vierteljahr an vielen Stellen der Front nicht an lebhaftester Kriegsbewegung gefehlt, blieben die verbündeten Feinde doch von dem Traum erfüllt, irgendwo einmal durchbrechen zu können. So setzte
denn – nachdem um die Jahreswende die angekündigte Offensive Joffres so kläglich zerschellt
war – im neuen Jahr [Scriptorium merkt an: 1915] der zweite allgemeine Vorstoß ein.
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In den Vogesen (Abb. 14 bis 19) erzielten unsere tapferen Truppen gegen einen fortdauernd aus Belfort gestärkten Feind auf schwierigem Gebirgsgelände glänzende Erfolge. In den französischen Alpenjägern standen ihnen hier erlesene und erbittert kämpfende Gegner gegenüber, denen im ergrimmten Nahkampf Schritt für Schritt der Boden abgerungen werden mußte. Die Härte des Winters machte sich unsern Truppen gerade in den unwegsamen Schluchten der tief verschneiten Vogesen aufs empfindlichste bemerkbar. Auf Schneeschuhen mußten oft die Patrouillen auf ungewohntem Gelände gegen den geübten Feind vordringen. Dennoch gelang den Franzosen kein Vorstoß. Der junge Frühling heftete vielmehr an unsere Fahnen neue Siege. Am 21. März setzten sich unsere Truppen stürmend in den Besitz der heldenhaft von den Franzosen verteidigten Kuppe des Reichsackerkopfes, und am 28. April errangen sie einen ebenso glänzenden Erfolg bei der Eroberung des Hartmannsweilerkopfes, den der Feind mit Aufbietung aller Kräfte zu halten bemüht war.
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Der Waldkrieg in den Argonnen (Abb. 24 bis 42) verlor auch in den letzten drei Kriegsmonaten nichts von seiner Heftigkeit. Die von undurchdringlichem Waldesdickicht bedeckten, schluchtenreichen Hügel der Argonnen, in denen sich die Franzosen fest zu verschanzen vermochten, hallen seit Monaten wieder von dem Lärm der Waffen. Einen gewaltigen Zirkel schlägt die deutsche Stellung von St. Mihiel über Etain, Varennes und St. Menehould um die Festung Verdun, die nur im Süden noch nicht eingeschlossen ist. Kräftige und wiederholte Vorstöße der Franzosen bezweckten das Abdrängen des deutschen Heeres in die Woëvreebene, um Verdun der täglich bedrohlicher werdenden Umklammerung zu entziehen. Aber am 4. Februar griffen deutsche Truppen die französische Stellung bei Massiges im Sturm an und setzten sich in der französischen Linie in einer Breite von zwei Kilometern fest; nächtliche Wiedereroberungsversuche des Gegners wurden unter schwersten Verlusten für ihn abgeschlagen.
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Furchtbare Niederlagen erlitten die Franzosen im deutschen Feuer [7] bei ihrem fünfmaligen vergeblichen Durchbruchsversuch bei Vauquois, sowie in den Kämpfen bei
Ailly-Apremont, bei Malancourt, bei
Pont-à-Mousson und im Priesterwalde. Ihren Höhepunkt erreichten diese Waffengänge in der ersten Hälfte des April, als Joffre zu einer neuen Offensive zwischen Maas und Mosel ausholte, um mit der Lösung Verduns aus deutscher Fessel gleichzeitig die Richtung auf Metz zu gewinnen. Der Versuch schlug völlig fehl; die Angriffe der Feinde brachen zunächst zwischen Orne und den Maashöhen in unserem Feuer zusammen. Gelang es den Franzosen erst an der Combreshöhe an einzelnen Stellen unserer vorderen Linie vorübergehend Fuß zu fassen, so brachte ihnen alsbald das Zurückwerfen durch unsere Truppen ungeheure Verluste. Dennoch versuchte der Gegner durch Heranziehung neuer Verstärkungen in wiederholten nächtlichen Angriffen von beispielloser Heftigkeit im Bois de
Mort-Mare, dem Bois de Ailly und im Bois Brulé, im Walde von La Selouse und dem Priesterwalde (Abb. 43), vor allen Dingen an der Combreshöhe selbst siegreich vorzustoßen. Aber an keinem Punkte der Schlachtfront vermochte er einen Gewinn zu erzielen. Die Besitzergreifung der Combreshöhe zog den deutschen Gürtel vielmehr enger auf Verdun heran, die blutigsten Opfer waren von den Franzosen vergeblich gebracht worden.
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Die Tätigkeit der Franzosen bestand bisher im wesentlichen, nachdem ihnen der Druck der deutschen Heere immer fühlbarer werden mußte, im vorsichtigen Abtasten der ganzen deutschen Front, um irgendwo eine weniger stark gesicherte Stellung ausfindig zu machen, gegen die dann ein Durchbruchsversuch unternommen werden sollte (Abb. 44 bis 64). Diese Art der Kriegführung hatte sich nicht bewährt. Frankreich verfügte trotz der Unterstützung seiner Bundesgenossen und Hilfsvölker nicht über genügend starke Reserven, um ohne eine eigene Stellung preiszugeben, an einer schwachen deutschen größere Truppenmassen anzusetzen. So brachen denn in der Tat alle seine Durchbruchsversuche vollkommen zusammen, meist noch ehe sie recht zur Entfaltung kamen.
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Die französische Heeresleitung gab nun im Februar diese aussichtslose Taktik auf zugunsten einer anderen. Eben war die Südarmee, die in der Presse als gewisse Rettung Frankreichs schon vorher gerühmt war, ausgebildet, eben hatten auch die Engländer neuen Nachschub von Truppen erhalten. Da sollte der Versuch gemacht werden, an einer einzelnen Stelle unter plötzlicher Aufbietung einer ungeheuren Macht den Durchbruch zu erzwingen. Man wählte den Raum in der Champagne nördlich von Chalons sur Marne, weil hier den Deutschen nicht Strom und Berg als günstige Verteidigungsposition zustatten kam, weil hier den Franzosen gute Bahnverbindungen zur Verfügung standen und weil sich das befestigte Lager von Chalons als natürlicher strategischer Stützpunkt ergab. Gelang es den Franzosen hier, wo die deutsche Stellung nach Süden vorgreift, der Deutschen Herr zu werden, so bedeutete das eine in der Tat bedeutungsvolle Entlastung der ganzen Schlachtfront, insbesondere der Kämpfe im Argonnenwald und der bedrängten Festung Verdun. Mit starken Kräften, die aus dem Lager von Chalons stets wieder aufgefüllt wurden, setzten die Franzosen schon im Februar zu Durchbruchsversuchen gegen Perthes und Le Mesnil an, freilich ohne jeden Erfolg. Im März fuhren sie fort, hier und bei Souain durchzustoßen. Nun setzten die Franzosen, die unsere gleichzeitig in Rußland gegen überlegene Kräfte sich wehrende Armee in schwerer Bedrängnis wähnten, mit [8] einem Schlage auf einer nur acht Kilometer spannenden Front sechs Armeekorps in voller Kriegsstärke, also 200 000 Mann, zu einem gewaltigen Massenangriff an, wie er in der Kriegsgeschichte nicht allzuhäufig zu finden sein dürfte. Schwere Artillerie war zur Stelle geschafft und versuchte mit einer ungeheuren Munitionsverschwendung die deutsche Stellung zu erschüttern. Man hat 100 000 Geschosse auf 24 Stunden gezählt! Und zwar wurden von den Franzosen Kugeln amerikanischen Ursprungs verfeuert, da die eigene Industrie nicht fähig ist, den über alles Maß gehenden Bedarf zu decken.
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Generaloberst von Einem verteidigte mit den Kommandierenden Generälen Riemann und Fleck die deutschen Stellungen. Ihnen standen zunächst nur zwei Divisionen, also etwa 30 000 Mann zur Verfügung, die erst im Laufe des Gefechts einige Verstärkung erhalten konnten. Mit beispielloser Tapferkeit schlugen unsere wackeren Truppen in der Winterschlacht in der Champagne den sechsfach überlegenen Feind! Auch diese französische Offensive war "völlig und kläglich gescheitert"! Der Feind verlor 45 000 Mann! Dank der glänzenden Führung und bewundernswerten Tapferkeit unserer Truppen wurde der Feind in der Champagne ebenso wie in der Winterschlacht in Masuren geschlagen; gleichzeitig in West und Ost heftete sich der Sieg an die deutschen Fahnen! Auch bei Reims und Arras, insbesondere bei der Lorettohöhe kam es zur blutigen Abweisung französischer Angriffe.
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Im Vordergrunde des Interesses aber blieben bis zuletzt die erbitterten Kämpfe in Flandern, wo sich Engländer, Franzosen und Belgier mit dem buntesten Gemisch ihrer Kolonialtruppen und halbwilden und wilden Bundesgenossen zu den gewagtesten Vorstößen vereinten (Abb. 65 bis 99). Zu einer Wiederholung der stets mißlungenen Versuche, die Angriffe seewärts durch englische Kriegsschiffe zu unterstützen, kam es kaum noch. Seit Februar steht Ypern im Brennpunkt der Feuer. Blühende Dörfer brechen im Regen der Granaten zu Schutt und Asche zusammen. Schützengräben wurden bei La Bassée und St. Eloi verloren und im Bajonettkampf wieder zurückerobert. Beträchtlichen Anteil an unseren Erfolgen hatten unsere Flieger, die auf die vorgelegenen feindlichen Städte mit Bombenwürfen Schrecken verbreiteten und in ihnen beträchtlichen Schaden anrichteten. Feindliche Torpedoboote, die Mitte März Bad Westende beschossen, wurden durch unsere Küstenartillerie zum Rückzuge gezwungen. Mit furchtbaren Opfern, die im entferntesten nicht im Verhältnis zum Gewinn standen, errangen englische Truppen am 11. März Neuve Chapelle, um das in der Folge heiße Kämpfe entbrannten.
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Diesem kleinen, mit wahnsinnigen Verlusten und einer sechzehnfachen Übermacht errungenen Erfolg stehen die gewaltigen Schläge gegenüber, zu denen es Ende April kommen sollte, als in Richtung auf Ypern plötzlich eine deutsche Gegenoffensive einsetzte. In einem Anlauf drangen unsere Truppen in einer Frontbreite von neun Kilometern vor und errangen gleichzeitig den Übergang über den Ypernkanal bei Steenstraate und Het Sas, wo sie sich auf dem westlichen Ufer festsetzten. Trotz gewaltiger Opfer an Streitern und Kriegsmaterial vermochte der Feind weder die Orte Langemarck, Steenstraate und Pilkelm zu halten, noch zurückzuerobern; im Gegenteil vervollständigten die folgenden Tage den deutschen Sieg durch Niederwerfung französischer und englischer Angriffe und das weitere Vorschieben der eigenen Linie.
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[9] Mängel und Verluste der technischen Kriegshilfsmittel hätten die vereinigten Gegner schon seit Monaten zum Aufgeben des Kampfes gezwungen. Rußlands Waffenindustrie steht völlig still, die Frankreichs erlahmt im Kohlenmangel, schwere Erschütterungen erleidet die englische durch Trunksucht und Streik der Arbeitskräfte. Da erschien Amerika, das zuerst Russen und Franzosen, jetzt auch England Kriegsanleihen ermöglichte und nun bis zur Stunde einen Handel mit Waffen und Munition betreibt, wodurch allein den Feinden noch die Möglichkeit der weiteren Kriegsführung gegeben ist. Eigentlich kämpft heute Deutschland nur noch gegen die Vereinigten Staaten von Amerika, die die unsäglichen Schrecken des Krieges noch Monat um Monat aus Eigennutz für eine Partie verlängern, die ohnehin schon ausgespielt ist. Man kann es verstehen, wenn sich deutsche Kreise weigerten, von einem Volk, das den Feinden die Waffen gegen Väter und Brüder schmiedet, Weihnachtsgaben für die Kinder anzunehmen.
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2. Das deutsche Schwert im Osten
Schwere Kriegsnot ging einmal wieder über einen, wenn auch kleinen Teil unserer gesegneten Provinz Ostpreußen, als Anfang Februar starke russische Streitkräfte ins Land fielen und wie zügellose Horden aus den Tagen der Hunnen alles verwüsteten, sengten, plünderten, schändeten und mordeten. Gegen einen vielfach überlegenen Feind mußte General von Below mit seinen
Landwehr- und Landsturmtruppen, denen nur wenige Linienregimenter angefügt werden konnten, auf die natürliche Verteidigungsstellung zurückgehen, die durch den Memelstrom, die großen masurischen Seen und die Angerapp gebildet wird.
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Inzwischen holte Hindenburgs Strategie zu einem neuen, wohlüberlegten Schlage aus (Abb. 100 bis 113). Der von den Russen als Bundesgenosse gegrüßte Winter machte seine Macht mit allen seinen Schrecken geltend. Aber er traf das deutsche Heer nicht unvorbereitet. Warme Kleidung und Pelze waren fürsorglich bereitgestellt worden und gaben Schutz gegen Schnee, Eis und Kälte des russischen Winters. Tausende von Schlitten, Hunderttausende von Schlittenkufen standen zum Truppentransport über die zugefrorenen Seen zur Verfügung, als am 7. Februar der plötzliche Sturm des deutschen Angriffs zur vollkommenen Überraschung des Feindes einsetzte. General von Lietzmann erzwang nächtlicherweile den Übergang über den Pisseck und
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brachte dem Feind, der dem bei Gehsen überschreitenden Truppenteil in die Flanke fallen wollte, schwere Verluste bei. General von Falck drängte die Russen aus Johannisburg, und Bialla wurde zurückerobert, so daß dem Vormarsch auf Lyck nichts mehr im Wege stand. Gleichzeitig war der rechte Flügel des deutschen Heeres in Richtung aus Memel in Gewaltmärschen gegen die Linie
Pillkallen – Wladislawow und immer stärker nach Süden drückend gegen die Linie
Gumbinnen – Wylkowyszki vorgestoßen, und die Befreiung Stallupönens erreicht. Die Mitte richtete sich gegen die von den Russen besetzten Orte Eydtkuhnen, Wirballen und Kybarty, die der in rasender Eile abziehende Feind unter riesigen Verlusten an Gefangenen und Kriegsmaterial aufzugeben gezwungen war. Natürlich konnten die Russen nun auch die Angerapplinie nicht halten, und es gelang von der Festung Lötzen aus den Feind ebenfalls in mehreren blutigen Treffen zurückzuschlagen.
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[10] Während Generaloberst von Eichhorn auf Suwalki vordrang und der rechte Flügel die Richtung auf Augustow hielt, entriß General von Below im Verein mit den Generalen von Falck und Butlar in hartnäckigen Kämpfen dem verzweifelten Gegner das barbarisch verwüstete Lyck (Abb. 5). Unser oberster Kriegsherr war auf dem Schauplatz erschienen, und beobachtete zuerst bei Lötzen die Kämpfe unserer tapferen Landwehr und Landsturmleute, hernach wehte die Kaiserstandarte von der Höhe des Dorfes Grabnick, von wo Se. Majestät mit gespanntester Aufmerksamkeit den Gang der Schlacht verfolgte (Abb. 3 und 4). Sofort nach der Eroberung von Lyck erschien der Kaiser auf dem Marktplatz der Stadt, umdrängt von seinen jubelnden siegreichen Truppen. Vaterländische Lieder durchrauschten den im Flaggenschmuck prangenden Ort, dessen Kirchen und Häuserruinen eine schreiende Anklage gegen russische Zerstörungswut erhoben. Umringt von seinen tapferen Soldaten und einer aus bitterster Bedrängnis befreiten Bevölkerung hielt der Kaiser auf dem Marktplatz von Lyck eine tiefergreifende, ernstweihevolle Ansprache, in der er das verwüstete Ostpreußen wieder neu und schöner aufzubauen versprach. Mit Hindenburgscher Zähigkeit verfolgten unsere Truppen den zurückweichenden Feind, dem die Winterschlacht in Masuren ungeheure Opfer abgerungen hat. Der Kommandeur der russischen Armee, General Sievers, soll nach den niederschmetternden Ereignissen Selbstmord begangen haben. Mindestens 100 000 Gefangene und eine gewaltige Kriegsbeute von Geschützen, Munition und Nahrungsmitteln, Feldküchen mit dampfendem Essen, Militärzüge und Lazarettwagen mußte der Feind in des Siegers Hand zurücklassen. Tauroggen wurde am 18. Februar im Sturm genommen und die festungsartig ausgebaute Stadt Prasznysz mehrfach aufs ernstlichste bedroht. Auch nachrückenden Aufgeboten wurden von deutschen Truppen heldenhafter Widerstand entgegengesetzt und schwere Verluste beigebracht, so im Verlauf der nächsten Wochen den aus Grodno, und den
Bobr-Narew-Festungen Ossowiec, Lomza und Ostrolenka hervorbrechenden neuaufgestellten russischen Heeren, die nach vielen Tausenden zählende Gefangene verloren.
Ein Jauchzen durchbrauste unser Vaterland, daß es unserem Generalfeldmarschall von Hindenburg gelungen war, das heimgesuchte Ostpreußen den an Zahl weit überlegenen Feinden zu entreißen und die wilden Horden unter Beibringung der furchtbarsten Verluste über Suwalki hinaus zu vertreiben. Das deutsche Volk sieht in ihm den von gnädiger Vorsehung uns geschenkten Retter aus barbarischer, schimpflicher Knechtschaft.
Auf dem polnischen Kriegsschauplatz fehlte es nicht an Versuchen der Russen, den deutschen Eisengürtel zum Sprengen zu bringen. Immer wieder wurden starke Kräfte südlich der Weichsel, sowie gegen unsere Stellungen an Rawa und Pilica angesetzt. Blutige Opfer mußte der Feind am 24. Februar bei einem Nachtangriff auf das von uns besetzt gehaltene Skierniewice bringen, ebenfalls am 6. März bei einem deutschen Vorstoß bei Rawa. Auch wenn der Infanteriekampf zeitweilig aussetzte und die Truppen nur von ihren Feldbefestigungen und Schützengräben aus den Besitz hielten, dröhnte fast fortgesetzt der Donner der Geschütze, die des Gegners Stellungen zu erschüttern suchten. Da es den Russen nicht gelang, an der polnischen Front eine Änderung der Lage zu ihren Gunsten herbeizuführen, blieb es auch im vergangenen Vierteljahr bei der schwersten Bedrohung Warschaus.
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[11] Wie neben den deutschen Truppen in Polen österreichische Streitkräfte brüderlich vereint gegen denselben Feind standen, so tauchten bald auch an der galizischen Front deutsche Mannschaften und Heerführer auf, deren erfolgreiche Wirksamkeit an anderer Stelle gewürdigt werden soll. Aber an einer Kriegsepisode darf hier nicht vorübergegangen werden. Da es bei der ungeheuren Ausdehnung der Schlachtfront nicht möglich war, gleichmäßig alle Stellen derselben zu decken, gelang den russischen Horden noch einmal ein räuberischer Einbruch in deutsches Gebiet, freilich nur auf ganz kurze Zeit. Waren seine Bemühungen im Süden Ostpreußens stets fehlgeschlagen, so versuchte er jetzt den Angriff auf den äußersten Nordzipfel dieser Provinz. Von Norden und Osten gleichzeitig drangen am 18. März unter Anführung des Generals Apuchtin starke russische Kräfte gegen unsere blühenden Städte Memel und Tilsit vor, deren Landsturmbesatz keinen Kampf gegen die gewaltige Übermacht wagen konnte (Abb. 114 bis 133). So rasch wie möglich flohen die entsetzten Bewohner über das Haff und in das Innere des Landes. Aber nicht alle waren so glücklich, von dem Russeneinbruch wenigstens persönlich verschont zu bleiben. Fünfzehn blühende Dörfer wurden verwüstet, daß kaum ein Stein auf dem andern blieb, zahllose friedliche Ansiedlungen gingen in Flammen auf. Furchtbare Qualen erlitten die Zurückgebliebenen, Mißhandlung, Schande und Mord wartete ihrer. Auch in Memel waren die russischen Offiziere nicht fähig, dem Plündern, Sengen und Morden der entmenschten Soldateska Einhalt zu gebieten.
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Ein Aufatmen der Erleichterung ging durch das ganze Vaterland, als am 22. März die Nachricht kam, daß deutsche Verstärkungen herangerückt seien, die Sicherheit des Reiches wieder herzustellen. Im blutigsten Straßenkampf schlugen unsere braven Truppen unter Führung des Majors von Nußbaum den erbärmlichen Feind zu Boden, der seine Rettung in rascher Flucht suchen mußte. Freilich sollte es ihm nicht zu leicht fallen, denn unser Heer heftete sich an seine Sohlen und jagte ihm den Raub wieder ab. Dreitausend verschleppte Ostpreußen erlangten in
Russisch-Krottingen die Freiheit wieder und durften unter dem Schutz unserer Truppen nach unsäglichen Leiden und Ängsten wieder aufatmen. Von der Seeseite unterstützten unsere Kreuzer mit lebhaftem Feuer die Beschießung des auf der Straße
Polangen – Libau eiligst abziehenden Feindes. So wurden die Russen gezwungen, Hunderte von Gefangenen, viel Geschütz und Kriegsmaterial, sowie ihre Wagen mit geraubtem Gut im Stich zu lassen.
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Auch dem gegen Tilsit vorstoßenden Gegner vermochten zunächst nur kleinere Landsturmformationen entgegengestellt zu werden. Graf Hagen kam mit einer solchen Kompagnie in die verzweifelte Lage einer völligen Umzingelung. Aber seine Truppen schlugen sich mit Löwenmut aus dem Ring heraus und machten dabei noch fünfzig Gefangene. Dem Feind gelang die Besetzung von Ablenken, aber es sollte ihm auch hier nicht gelingen, festen Fuß zu fassen. Denn ein Ersatzbataillon aus Stettin unter Führung des Majors von der Horst, das nach dreißigstündiger Bahnfahrt in Tilsit angekommen war und nach einem 24 Kilometer weiten Fußmarsch sofort in den Kampf eingriff, warf die Rußen in einem kühnen Nachtangriff aus ihrer Stellung und drängte sie nach Norden ab. Mit neuen Verstärkungen, die inzwischen eingetroffen waren, gelang es dem Oberbefehlshaber General von Pappritz trotz eingetretenen Tauwetters, bei dem die Infanterie bis zum Leib im Wasser waten mußte, gegen den Feind vorzustoßen [12] und ihm in erbittertstem Nahkampfe schwerste Verluste beizubringen. Am 29. März wurde der Feind im Sturmangriff entscheidend geschlagen, so daß er unter Zurücklassung vieler hundert Toter und Gefangener sein Heil in der Flucht suchen mußte. In Flammen aufleuchtende Dörfer bezeichneten aber auch jetzt wieder die Heerstraße, die der Feind auf seinem eiligen Abzug nahm. Die deutsche Heeresleitung zögerte deshalb nicht, im Gouvernement Suwalki sofort Vergeltungsmaßnahmen gegen den barbarischen Einbruch zu treffen.
3. Der See- und Kolonialkrieg
Aus seiner eigenen Geschichte schöpfte England den Glauben, durch seine Ränke Festlandskriege heraufbeschwören und aus dem Niedergang anderer Staaten wirtschaftlichen Vorteil ziehen zu können, ohne selbst einen Angriff gewärtigen und englisches Blut opfern zu müssen. Der Donner der Granaten, die auf Scarbourough und Hartlepool, auf Whitby und Yarmouth fielen, ließen die selbstsicheren Inselbewohner schrecklich erwachen, erwies sich die Flotte doch keineswegs mächtig genug, die Scholle zu schützen, und zeigte es sich doch täglich deutlicher, daß keine ausreichenden Abwehrmaßnahmen gegen die Luftangriffe zu treffen waren, die in der Folge immer wieder Erschütterung ins Land trugen und die Erkenntnis heraufdämmern ließen, daß England hinfort nicht mehr Vorteile aus Kriegen ziehen kann, sondern sie mit schweren Opfern an Gut und Blut erst selbst mit erringen müsse.
In offenem Bruch des Völkerrechts, unter Mißachtung der Londoner Seerechtsdeklaration gab die englische Admiralität am 3. November bekannt, daß sie die ganze Nordsee als Kriegsgebiet ansehen werde. Deutschland, zu dessen Schwächung und Vernichtung englische Waffengewalt nicht ausreichte, sollte dem Hunger preisgegeben werden. Mit Recht erhoben die neutralen Staaten, insbesondere die skandinavischen feierlichen Protest gegen die Unterbindung ihres Handels. Freilich vergeblich. Freudigsten Widerhall fand es deshalb in ganz Deutschland, als der Staatssekretär des Reichsmarineamts, Großadmiral von Tirpitz, Ende November einem Vertreter der amerikanischen United Press erklärte, daß Deutschland zu Gegenmaßregeln aushole, den englischen Handel durch deutsche Unterseeboote zu schwächen und damit den gegen Deutschland beabsichtigten Hungerkrieg nach England zu tragen. Schon damals meinte eine führende Zeitung, daß Deutschland zu halten pflege, was es verspreche. Es stellte sich bald heraus, daß wir den Typ eines Unterseeboots gefunden hatten, das sich vierzehn Tage von seiner Operationsbasis entfernt zu halten vermag.
Am 1. Februar kündete der deutsche Admiralstab gegen englische Truppentransporte und Kriegslieferungen nach Frankreich strenge Maßnahmen an, zugleich mit dem Rat an die neutrale Schiffahrt, den Weg über Schottland zu wählen. Von beispielloser Gewissenlosigkeit zeugte der darauf erfolgende englische Geheimbefehl, der von allen englischen Handelsschiffen als Abwehrmittel das Hissen neutraler Flaggen forderte. Schon jetzt stellten zahlreiche der ersten Schiffahrtslinien den gesamten Dienst ein. In den Häfen Englands und der neutralen Staaten weigerte sich die Schiffsbesatzung, in See zu stechen. Aus dem [13] Streik der Dockarbeiter, Heizer und Maschinisten kam England nicht mehr heraus. Eine beunruhigende Lohnbewegung setzte hier und in der Waffenindustrie ein, da die durchaus nicht vaterländisch gesinnte, oftmals aufs schwerste dem Trunk ergebene Arbeiterschaft die schwierige Lage der Nation zum eigenen Vorteil auszunutzen bestrebt war. Der schwächliche Handelsverkehr konnte sich oft nur noch am Tage abspielen; nachts wurden die Leuchtfeuer gelöscht. Bald trat eine zeitweise Sperrung englischer und französischer Häfen für den Handelsverkehr und damit sein Stillstand ein. Die Versicherungsprämien schnellten rasch in die Höhe. Zu den ungeheuren Wertverlusten untergegangener Dampfer gesellte sich eine Steigerung der Lebensmittelpreise, durch die in den ärmeren Schichten des Landes der Geist der Unzufriedenheit genährt wurde. Dem ersten deutschen Schlag folgte unmittelbar der zweite, als der deutsche Admiralstab am 4. Februar bekanntgab, daß vom 18. Februar an die Gewässer rings um Großbritannien und Irland als Kriegsgebiet angesehen werden, und daß mit Rücksicht auf das Führen neutraler Flaggen seitens englischer Kauffahrteischiffe die auf feindliche Fahrzeuge berechneten Angriffe leicht auch neutrale Schiffe treffen können, ohne daß Deutschland in der Lage wäre, die Verantwortung zu übernehmen. Die Presse der schwer geschädigten neutralen Staaten erkannte im allgemeinen die Notwendigkeit des deutschen Blockadekrieges gegen den englischen Aushungerungsplan, der auch die deutsche Zivilbevölkerung in Mitleidenschaft zog, an. Gegen eine amerikanische Protestnote fand die deutsche Regierung ein im ganzen Lande aus tiefstem Herzen begrüßtes Wort freundlicher, aber ernster und selbstbewußter Abweisung.
So folgte denn rasch den Worten die Tat. Mit fast vollkommener Meerebeherrschung kreuzten deutsche Unterseeboote in der Nordsee, im Kanal, ja bis in die Buchten der Irischen See und forderten unerbittlich ihre Opfer (Abb. 153 bis 155). Kaum ein Tag verging, an dem der Feind nicht den Verlust wenigstens eines Fahrzeuges zuzugeben gezwungen war. U 21 drang wohl zuerst in die Irische See vor und versenkte in unmittelbarster Nähe der englischen Küste mehrere Handelsschiffe zur größten Bestürzung der Feinde. Gleichzeitig war auf der Höhe von Le Havre ein anderes Unterseeboot erfolgreich tätig durch Vernichtung eines japanischen Dampfers, der Fleisch und Kleidungsstücke mit sich führte. Schweren Bedenken mußte es begegnen, als die Engländer begannen, ihren Schiffen die Farben holländischer und anderer neutraler Länder zu geben, die ihrerseits nun gezwungen waren, die eigenen Schiffe mit den grellsten Farben kenntlich zu machen, auf beiden Seiten gewaltige Fahnen zu malen, die mehrere Quadratmeter bedecken, und die Nationalität in zwei Meter hohen Buchstaben, die nachts von Reflektoren beleuchtet werden, anzugeben. Nicht ohne Hohn auf das meerbeherrschende England, das gezwungen war, sich feige hinter den Wahrzeichen oft ganz kleiner Staaten zu verbergen, vermochte die Welt dies Schauspiel zu betrachten. Jeden Tag mußten eine größere Anzahl von Dampfern überfällig gemeldet werden. Die englischen Postverbindungen erlitten schwere Einbuße und mußten zeitweilig ganz eingestellt werden. Auch englische Truppentransportdampfer versanken am 20. und 23. Februar in der Tiefe des Meeres.
Allgemein mußte das ritterliche Verhalten der deutschen Kommandanten auch vom Gegner anerkannt werden. Wiewohl sich die deutschen Unterseeboote durch Zögern selbst in große Gefahr brachten, wurde es doch niemals versäumt, der Besatzung des angegriffenen [14] Schiffes Gelegenheit zum Ausbooten zu geben. Mit großer Freundlichkeit nahmen sich die Deutschen der Mannschaften an, boten ihnen Erfrischungen, übergaben sie anderen Schiffen zur Heimbeförderung oder wagten gelegentlich auch selbst das Einschleppen der rettenden Boote bis in die unmittelbare Nähe der englischen oder französischen Küste. Freilich setzte sich ein Schiff, wie die Falaba, schweren Gefahren aus, als es sich weigerte, dem Befehl zum Stoppen Folge zu leisten, sich vielmehr durch Flucht zu retten versuchte (Abb. 156 bis 159). Aber auch in diesem Falle bewies der Kommandant des deutschen Tauchbootes vollkommen seine Ruhe, indem er nicht nur die bewilligten zehn Minuten, sondern dreiundzwanzig bis zum Abfeuern des Torpedos wartete und auch jetzt noch gezögert hätte, wenn nicht feindliche Fahrzeuge aufgetaucht wären.
Es konnte nicht ausbleiben, daß die Weisung der englischen Behörden an die Kauffahrteischiffe, sich mit Waffen zu versehen, die Formen des deutschen Unterseebootkrieges wesentlich verschärfte. Jedes Handelsschiff muß sich nun gefallen lassen, als Kriegsschiff angesehen und behandelt zu werden. Der Selbstschutz zwingt, gegebenenfalls feindlichem Angriff zuvorzukommen.
Abb. 149
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Unverhältnismäßig gering sind die Verluste im
Unterseeboot- und Minenkrieg auf deutscher Seite. Am 4. März wurde U 8 von zwölf englischen Torpedobootszerstörern verfolgt und angegriffen, von denen es zweien gelang, es in der Nähe von Dover zum Sinken zu bringen. Und am 10. März berichtete der englische Admiralstab, daß der Zerstörer Ariel U 12 vernichtet habe. Großen Schaden fügte U 29 unter Führung des heldenhaften Kapitänleutnants Otto Weddigen (Abb. 149) dem britischen Handel zu; so torpedierte es nach englischer Angabe vom 14. März fast gleichzeitig die Schiffe Headland, Andalousia, Indian, City und Atemou. Leider wurde hernach auch U 29 ein Opfer der Feinde. Mit ungeheurem Schmerz wurde die Kunde von dem heldenmütigen Untergang des tapferen Kapitäns in Deutschland aufgenommen. Aber in den Schmerz mischte sich überall das Gefühl berechtigten Stolzes über den Helden, der mit seinem Tod für Kaiser und Reich den Ruhm der jungen deutschen Flotte gekrönt hat. Mit Recht durfte der Kladderadatsch in seinem Nachruf sagen:
"Du ruhst im tiefen Meer!
Wie diese Kunde hart uns doch umschwirrt!
Ach, immer wieder fällt zu glauben schwer,
Daß einer starb, der ewig leben wird!"
Die schimpfliche Handlungsweise Englands, gerettete Mannschaften deutscher Unterseeboote als Verbrecher zu behandeln und nicht in ehrenvoller Kriegsgefangenschaft zu halten, beantwortete Deutschland gerechterweise mit der Gefangensetzung von 39 englischen Offizieren aller Grade, die zum Teil den höchsten Kreisen angehören.
Durch Minen und Torpedo verloren die Engländer mehrere Hilfskreuzer, von deren Besatzung sich oft nur ein kleiner Teil retten ließ. So sanken im Februar zuerst Clammonaughten und kurz darauf Chan Mac Naughter. Am 13. März mußte die britische Admiralität bekanntgeben, daß der Hilfskreuzer Bayano auf einer Erkundungsfahrt verloren gegangen und offenbar torpediert sei.
Zu den ungeheuren Verlusten an
Handels- und Kriegsschiffen in den [15] englischen Hoheitsgewässern kommen die zahlreichen auf hohen Meeren; denn noch immer war es den ausgesandten Flotten der Verbündeten nicht gelungen, unsere letzten Auslandskreuzer unschädlich zu machen. So kam am 22. Februar aus
Buenos-Aires die Nachricht, daß der deutsche Dampfer Holger mit der Bemannung von fünf englischen Schiffen eingetroffen sei, die der Hilfskreuzer Kronprinz Wilhelm zum Sinken gebracht hatte. Am 12. März erhielten wir Kenntnis, daß unser Hilfskreuzer Prinz Eitel Friedrich in Newport News in Virginia eingetroffen sei mit 350 Mann an Bord, der Besatzung von zehn versenkten Schiffen, vier englischen, vier französischen, einem russischen und einem amerikanischen (Abb. 150 bis 152). Eine notwendige Kesselreparatur zwang ihn, den Hafen aufzusuchen. Da es nicht gelang, in der vorgeschriebenen Zeit auszulaufen ohne in die Hand großer feindlicher Kräfte zu fallen, die auf der Lauer standen, zog es der Kapitän Thierichsen vor, sein Schiff internieren zu lassen.
Abb. 150
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Abb. 151
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Abb. 152
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Abb. 148
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Mußte auch mit der allmählichen Außergefechtsetzung unserer seit Monaten aller Stützpunkte beraubten deutschen Auslandskreuzer gerechnet werden, so hoffte doch das deutsche Herz von einem Tage dem anderen entgegen. Mit großem Schmerze vernahmen wir deshalb am 16. März aus einer amtlichen Bekanntmachung der englischen Admiralität, daß die Kreuzer Kent und Glasgow und der Hilfskreuzer Orama im Stillen Ozean bei der Insel Juan Fernandez auf unseren kleinen Kreuzer Dresden (Abb. 148) gestoßen sind und ihn nach kurzem Kampfe infolge einer Explosion einer Munitionskammer zum Sinken zu bringen vermocht haben. Die Zerstörung der Dresden beweist aufs neue, mit welcher beispielloser Ruchlosigkeit England Krieg führt. Dem englischen Befehlshaber war der Auftrag gegeben worden, den Kreuzer zu vernichten, "wo immer er gefunden werden sollte". Er stellte die Dresden in den Gewässern des neutralen Chile, mochte sich aber über den Akt völkerrechtswidriger Willkür wohl trösten in der Hoffnung, Diplomaten können die Sache später schlichten. Der chilenische Protest über die Verletzung der Hoheitsrechte Chiles wurde dann hinterher tatsächlich mit der Entschuldigung der englischen Regierung in Papier gewickelt, so daß der Daily Expreß mit Recht höhnisch schreiben konnte: "Der Ehre ist Genüge getan, wir entschuldigen uns, und die Dresden ist gesunken." Übrigens hat allein die Dresden nach fachmännischer Schätzung der englischen Handelsschiffahrt einen unmittelbaren Schaden von Millionen Pfund Sterling bereitet. Nach englischer Zählung beträgt der Schaden, den die britische Handelsflotte zwischen Kriegsbeginn Anfang August [Scriptorium merkt an: 1914] und Anfang März [1915] erlitten hat, 2 914 571 Pfund Sterling für die Schiffe und 4 474 817 Pfund Sterling für die Ladung.
Am 11. April war auch unser Hilfskreuzer Kronprinz Wilhelm gezwungen, wegen Mangel an Kohlen und Nahrungsmitteln den Hafen von Newport News anzulaufen. Es muß mit den Gefühlen höchster Bewunderung anerkannt werden, daß es dem Kommandanten Thierfelder gelungen ist, sein Schiff acht Monate gegen die Nachstellungen eines übermächtigen Feindes in Sicherheit zu halten. Rastlose Tätigkeit englischer Kriegsschiffe vor den amerikanischen Gewässern schnitten in letzter Zeit jegliche Zufuhr ab, so daß in den letzten Tagen die Besatzung nur halbe Verpflegungssätze erhalten konnte. Wir bedauern die notwendig gewordene Internierung des Hilfskreuzers und seiner wackeren
Be- [16] satzung, aber in dieses Bedauern mischt sich Freude und Stolz über die kühnen Züge, die dem Feinde im südlichen Teile des Atlantischen Ozeans so unsäglichen Schaden gebracht haben.
Als im November vorigen Jahres mit der Nachricht vom ruhmvollen Untergang der durch den Korvettenkapitän von Müller so glänzend geführten Emden die Kunde zu uns drang, daß sich ein kleiner damals an Land gesetzter Teil der Mannschaft des kleinen Seglers Ayesha bemächtigt habe und nun unter Kommando des Kapitänleutnants von Mücke auf eigene Faust auf hohem Meer den Kaperkrieg fortsetze, glaubte die staunende Welt ein Märchen zu vernehmen. Jedenfalls hielt man allgemein den Stern der tapferen zweiten Emden schon für gesunken, noch ehe er überhaupt zum Aufstieg kam. Da ging ein Aufrauschen der Freude und Bewunderung durch das deutsche Herz, als der Draht die Nachricht brachte, daß es der Besatzung gelungen sei, nach dreimonatigen Irrfahrten, die ihresgleichen nur in den Wundern des homerischen Altertums haben dürften, unversehrt Hodeida an der Südwestküste von Arabien zu erreichen. Nachdem die Fahrt durch die Straße von Perim unbemerkt von den englischen und französischen Bewachungsstreitkräften gelungen war, vollzog sich die Landung an der Küste ungestört in Sicht eines französischen Panzerkreuzers. Die türkischen Behörden und das türkische Militär nahmen sich der Mannschaft aufs herzlichste an. Auf dem Hochplateau von Sana, der Hauptstadt Jemens, war der wackeren Mannschaft zuerst einige Wochen der Ausspannung vergönnt. Am 27. März traf die Besatzung dann in dem arabischen Hafen Lid ein. Von hier ging es nach Dschida und hernach über Damaskus nach Konstantinopel, überall im Triumphzug gegrüßt und empfangen. R. G. widmet den Helden in der Frankfurter Zeitung einen Jubelruf, der mit den Worten schließt:
"Jahrhunderte werden vorüberrennen,
Die Männer der 'Emden' wird jeder kennen!
Solange die deutschen Ströme rauschen,
Werden die Buben sitzen und lauschen,
Wenn einer erzählt die alten Sagen,
Wie die Emden sich durchgeschlagen."
Ein Marineluftschiff drang am Abend des 14. April gegen die Tynemündung vor und warf eine Anzahl Bomben, die ungeheure Verluste herbeiführten und ein englisches Kriegsschiff erheblich beschädigten. Englische Unterseeboote, die in die Nordsee eingedrungen waren, wurden am 21. April versenkt. Jedenfalls sind aber noch weitere Boote versenkt worden. Wo bleiben die zum Kriegsbeginn mit so viel Ruhmredigkeit in die Welt hinausposaunten Siege der englischen Flotte? Wo beweist sich Englands angemaßte Seeherrschaft?
Wohlgeborgen verbleiben seine Panzerkreuzer in dem sicheren Versteck irgend eines schützenden Hafens. Wo England
aber – wie an den
Dardanellen – den Einsatz wagen muß, überläßt es dem geliebten Bundesgenossen den größeren Teil der Opfer, freilich ohne sich selbst schonen zu können. Echter Seemannsgeist ist dagegen in unserer Flotte lebendig. Jeder Tag heißt ausholen zu neuem Schlag. Unsere blauen Jungen wissen: dem Tod entrinnt, wer ihn [17] verachtet. Ihnen erscheint nur das Leben wert gelebt zu werden, das sich im Dienst für Kaiser und Reich erschöpft. Sie bieten dem Feind die Brust und legen weiter gute Minen zum bösen, falschen Spiel des perfiden Albion! Deutschland sucht nicht die Herrschaft zur See, sondern die Freiheit der Meere!
Hinsichtlich des Kolonialkrieges sind wir vielfach auch heute noch auf Berichte aus englischen Quellen angewiesen. Die englischen Lügenberichte von den europäischen Kriegsschauplätzen geben aber den Maßstab zu ihrer Wertung an die Hand. Verschiedentlich sind denn auch inzwischen deutsche Berichte eingegangen, aus denen hervorgeht, daß auch in Deutschlands Neuland unsere Truppen am Werke sind, feindlichem Einbruch zu begegnen und die schwarzweißrote Flagge bis zum äußersten zu verteidigen.
In Deutsch-Ostafrika ist es dem Feinde nicht gelungen, festen Fuß zu fassen. In der ruhmreichen Schlacht von Tanga erlitten die
englisch-indischen Truppen schwerste Verluste. Zu den 150 gefallenen Europäern und über 600 gefallenen Indern kommt die Einbuße vieler Gefangener und wertvollen Kriegsmaterials. Dem deutschen Führer standen nur 1000 Mann zur Verfügung, die aber von dem Wunsche beseelt waren, es den in der Heimat kämpfenden Brüdern gleich zu tun. Dem prachtvollen Erfolg schloß sich alsbald ein neuer in der Schlacht am Longidoberg an. Weiterhin erlitten die Engländer eine Niederlage bei Kifumbiro westlich des Viktoriasees. Am Südende des Tanganjikasees drangen unsere Truppen in englisches Gebiet ein und trugen also auch hier den Krieg in Feindesland.
Nach den Berichten des Kommandeurs der deutschen Schutztruppe in Kamerun stehen hier unsere Verteidiger einer erdrückenden feindlichen Übermacht gegenüber, die Einzelerfolge erzielt und die Küste und den Umkreis des Landes zu besetzen vermocht hat. Indes wird auch hier dem Feinde das Eindringen ins Innere erschwert und hoffentlich auf die Dauer unmöglich gemacht. Der englische Einfall war aber mit Rücksicht auf die Mission geeignet, dem heuchlerischen England gründlich die Maske vom Gesicht zu reißen. Auch in den eigenen Kolonien wurden zwar die deutschen Missionare interniert und durch Überwachung des Briefwechsels belästigt. Aber das Verhalten der englischen Behörden in Indien muß als menschlich bezeichnet werden gegenüber dem Auftreten derselben in Kamerun. In Duala sagte man den Missionaren, sie sollten sich im Krankenhause persönlich melden und würden dann freigelassen. Tatsächlich hielt man sie aber fest. Mitglieder der Baseler
Mission – Männer und
Frauen – wurden in einem kleinen Zimmer zusammengepfercht, vierundzwanzig Stunden ohne Nahrung gelassen und von schwarzen Soldaten bewacht, deren Betragen nicht gekennzeichnet werden kann. Bei der Überfahrt von Duala nach Lagos mußten die gefangenen Missionarsfamilien Reis, der in einem vorher mit Chlorkalk gefüllt gewesenen Topf gekocht war, aus den Händen essen. Filtriertes Wasser wurde einem Missionar verweigert. Die schwarze Mannschaft aber wurde gut versorgt, da auf dem Schiff alles vorhanden war. So steht auch auf diesem Gebiet England am Pranger. Mit großem Schmerz sieht die christliche Welt die mühevolle Arbeit des Missionsjahrhunderts vernichtet. Den kläglichen Ableugnungsversuchen der großbritannischen Gesandtschaft begegnete der Baseler Missionsdirektor D. Oehler mit unwiderlegbaren Tatsachen.
[18] Der Bezirksamtmann, der den Vertretern der Feinde bei der Durchführung ihrer Maßnahmen bereitwillig half, wurde von schwarzen Soldaten durch eine hohnlachende Menge geführt. Am nächsten Tage wurde er in gleicher Weise begleitet und von englischen Soldaten mit Kolbenstoßen vorwärts gestoßen. Eine ähnliche Behandlung, die aller Kultur Hohn spricht und das Ansehen der weißen Rasse vernichten muß, wurde dem Vertreter des Bischofs, dem höchsten
Post- und dem höchsten Zollbeamten zu teil. Auch die Oberin der katholischen Mission mußte sich von schwarzen Soldaten eine unwürdige Behandlung gefallen lassen. Togo, das gleich in der ersten Zeit den Feinden zum Opfer fiel, wird von den Engländern und Franzosen heute räumlich getrennt verwaltet.
In Deutsch-Südwest-Afrika haben sich die Küstenplätze Lüderitzbucht und Swakopmund nicht halten lassen. Aber darüber hinaus wurden bis heute alle feindlichen Angriffe abgewiesen. Die deutschen Südseekolonien sind zum Teil an die Japaner, zum Teil an die Engländer verloren gegangen. Jedenfalls aber wird erst die Zukunft über den endgültigen Besitz der deutschen Kolonien entscheiden. Der auf den europäischen Schlachtfeldern geschlagene Feind wird wohl kaum in der Lage sein, einen auf Zufallsübermacht beruhenden Erfolg im Friedensschluß zu behaupten. Hier und da mußte einmal an entlegenen Stellen die schwarzweißrote Flagge niedergeholt werden. Aber die Kriegslage auf allen Kriegsschauplätzen läßt uns hoffen, sie demnächst über dem neuen größeren Deutschland gehißt zu sehen!
4. Heldenkämpfe unserer Bundesgenossen
In engster Fühlung mit deutschen Streitkräften haben auch im vergangenen Vierteljahr unsere
österreichisch-ungarischen Bundesbrüder glänzende Siege an ihre Fahnen zu heften vermocht. Mußte der serbische Krieg auch vorläufig noch hinhaltend geführt werden, so daß es fast nur zu heftigen Beschießungen kam, so entfalteten die Bundesgenossen gegen die Russen eine gewaltige Stoßkraft (Abb. 134 bis 147). Anfang Februar setzt in der Bukowina eine lebhafte und erfolgreiche Offensivbewegung ein, durch welche die Russen Schritt um Schritt zurückgedrängt wurden.
Österreichisch-ungarische Truppen brechen ins Moldawatal ein und entreißen dem Feinde Uzwor, Moldawa, Breaza, Suczawa und Kimpolung; auf den Fersen des fliehenden Feindes erreichen sie am 12. Februar den Jablonikapaß und drängen die Russen in
Tag- und Nachtmärschen auf Stanislau ab. In furchtbarer Kälte mußten sich die stürmenden Truppen durch tief verschneite Gebirgspässe Bahn brechen, auf steilen, glatten Gebirgspfaden emporklimmen, um dem fliehenden Feind keinen Augenblick Zeit und Ruhe zur Sammlung zu lassen. Nach Eroberung von Kolomea werden dann die Russen über den Pruth zurückgeworfen, so daß am 12. Februar die Besetzung von Czernowitz durch deutsche und
österreichisch-ungarische Truppen erfolgen kann. Heftige Kämpfe entwickeln sich alsdann südlich des Dnjestr, bei denen es den Verbündeten gelingt, der Russen Herr zu werden und die Bukowina vollständig vom Feind zu säubern.
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An Ausdauer und Todesmut der Truppen stellten die russischen Angriffe an der Karpathenfront fortdauernd die ungeheuersten Anforderungen. [19] Mit einer zahlenmäßig erdrückenden Überlegenheit versuchten die Russen trotz der Schrecken eines grausamen Winters den Weg auf Krakau einerseits und auf Budapest andrerseits durch Zertrümmerung der österreichischen Karpathenstellung freizumachen; der ungeheuren Opfer nicht achtend, stießen sie immer wieder mit frischen Kräften gegen die Österreicher vor. Die durch unsere Truppen verstärkten Bundesgenossen mußten Schützengräben und Artilleriestände aus dem Schnee ausheben. Mit furchtbaren Schwierigkeiten war der Nachschub von Munition und Lebensmitteln in die hohen verschneiten Karpathenpässe verbunden. In Eisesglätte und Schneewehen versagte die Kraft der Motore, brachen vor Wagen und Schlitten erschöpfte Pferde zusammen, so daß die Mannschaften in die Räder fassen mußten, um den für die Weiterführung des Kampfes notwendigen Transport auf den Gebirgskamm zu bringen. Bis zu den Hüften im Schnee galt es auf gewundenen Hochgebirgspfaden gegen des Feindes Stellung vorzustürmen oder im rasenden Feuer des ergrimmten Feindes standzuhalten. Was hier die Truppen der Verbündeten ertragen und geleistet haben, das steht in der Kriegsgeschichte einzig da. Mitte Februar richtete sich der russische Angriff hauptsächlich gegen die nördlichen Stellungen am
Duklapaß, durch dessen Überschreitung der Weg von Galizien nach Ungarn frei werden sollte. Aber an der lebendigen Mauer deutscher und österreichischer Helden zerschellte des Feindes Anprall. Anfang März setzten dann die Russen ihre Hauptangriffskraft südlicher, am Lupkowpaß an; immer wieder wurden die im Feuer der Verbündeten gelichteten Reihen der Russen durch Nachschub erneuert. Mit dem Mut der Verzweiflung drangen sie bis an die österreichischen Stellungen heran, aber der letzte Ansturm brach jedesmal doch wieder in vernichtendem Feuer zusammen.
Zwar war es dem Feinde trotz des Einsatzes seiner ganzen Kraft nicht gelungen, auch nur an irgend einer Stelle die Karpathenfront einzudrücken. Aber auch den Österreichern war es nicht vergönnt, rechtzeitig der tapferen Besatzung von Przemysl (Abb. 144), die in zahlreichen Ausfällen dem Feinde schwere Verluste beizubringen gewußt hat, Entsatz zu bieten. Nach fast fünfmonatiger Einschließung mußte sich der Kommandant der Festung, General der Infanterie von Kusmanek, am 22. März, nachdem seine Truppen noch zuletzt in vielstündigen Gefechten Ausfälle versucht hatten, wegen Mangel an Proviant ergeben. Auch der Feind versagte der tapferen Besatzung, die nicht Kriegsgewalt, sondern Hungersnot zum Strecken der Waffen vermocht hat, seine Achtung nicht. Die Festung hat eine große Aufgabe erfüllt, indem sie gerade während der überaus schwierigen Karpathenkämpfe eine gewaltige Belagerungsarmee festhielt.
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Nach dem ehrenvollen Fall von Przemysl setzte eine mit starken Kräften unternommene Offensive der Russen im Süden der Karpathenstellung, am Uzsokerpaß ein, doch scheiterten auch hier und bei Wyszkow seine Vorstöße unter schwersten Verlusten. Dennoch blieb die russische Angriffslust ungebrochen. Die deutsche Südarmee unter dem Oberbefehl des Generals von Linsingen verrichtete Seite an Seite mit unsern mutigen und sturmerprobten Bundesgenossen auf ungewohntem Kampffeld Wunder der Tapferkeit. Im April flammte aufs neue der Kampf auf der ganzen Karpathenfront wieder auf vom Lupkowpaß bis zum Uzsok. Deutsche und österreichische Truppen entrissen dem Feind auf den Höhen des Laborczatales feste Stellungen in heftigstem Nahkampf, wobei der [20] Feind ungeheuere Verluste erlitt. Ihren Höhepunkt erreichten diese Kämpfe dann in den Ostertagen. Verstärkt durch die bei Przemysl frei gewordenen Kräfte griffen die russischen Streitkräfte ununterbrochen mit großem Mute an. Aber der Feind wurde überall abgewiesen und mußte allein aus der Osterschlacht 10 000 Gefangene einbüßen. Berge von Leichen häuften sich vor den österreichischen Stellungen. Mit leuchtendem Schlachtenruhm bedeckte sich hier General von der Marwitz, der in seinem Beskidenkorps auserwählte pommersche, hessische und württembergische Truppen, die ihre Tapferkeit schon auf verschiedenen Kriegsschauplätzen aufs glänzendste bewiesen hatten, zum Siege führte. In mühseligstem, aber unaufhaltsamem Vorwärtsdringen entrissen sie dem hartnäckig kämpfenden Feind eine Stellung nach der andern. Durch furchtbares Artilleriefeuer zwangen sie die Russen, einen beherrschenden Stützpunkt auf dem Höhenrücken, der sich zwischen Felsocsebeny und Begyescab westlich der Laborcza hinzieht, aufzugeben. Erst im Morgengrauen des 7. April gelang es, den Feind völlig, auch von der erbittert gehaltenen Nordkuppe zurückzustoßen. Nun aber war kein Halten mehr. In stetem Fortschritt begann sich jener beispiellose Erfolg anzubahnen, der später in der völligen Aufrollung der russischen Karpathenfront zum Ausdruck kam.
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Einen bedeutenden Erfolg errang noch die österreichische Flotte im Adriatischen Meer mit der Torpedierung des französischen Panzerkreuzers Leon Gambetta. Auch diese Tat beweist den Geist, der in unseren Bundesgenossen lebendig ist, den Heldenmut, der alles wagt um Vaterland und Freiheit!
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Mit ungeahntem Erfolg hat die Türkei als wertvoller und treuer Bundesgenosse ihr scharfes Schwert gegen ihre alten Feinde erhoben, die seit Jahrzehnten lüstern ihre Aufteilung erhofften. Großsultan Mohammeds V. (Abb. 160) Aufruf zum Heiligen Krieg hat es in kurzer Zeit vermocht, die weitverzweigten Völker des Halbmonds mit Begeisterung und Zorn zu erfüllen. Unter der rauschenden Fahne des Propheten sammelten sich die Moslemin von Marokko bis Ägypten, in Arabien und Palästina zum Sturm gegen ihre Zwingherren. Die Völker Persiens und Afghanistans begehrten auf in heimlicher oder offener Empörung. Das indische Kolonialreich leuchtet an allen Enden auf in den Flammen einer zielbewußten Erhebung gegen das britische Joch. Aus den Armeen der Feinde mußten die Krieger mohammedanischen Glaubens entfernt werden, wo es ihnen nicht gelang, unmittelbar in das siegreiche türkische Heer einzutreten. Über die Herzen der Moslemin geht die Hoffnung einer großen Zukunft, der Zauber eines neuen Völkerfrühlings!
Auf vier Kriegsschauplätzen tragen die Türken seit einem halben Jahr das Schwert siegreich gegen den Feind. Im Kaukasus setzten die Russen starke Kräfte an zum Eindringen in türkisches Gebiet; aber ihr Anprall wurde nicht nur abgewehrt, sondern es gelang den Türken, dem Feinde die schwersten Verluste beizubringen und ihn über die Grenzen zu werfen unter schärfster Bedrohung von Batum, Sarikamysch und Kars. Wie hier, so werden auch in Persien starke russische Streitkräfte festgehalten.
Alle Vorstöße wurden von den Türken blutig abgewiesen, immer wieder sahen sich die Russen in ihre Verteidigungsstellung zurückgeworfen. Zugleich bewährte sich die türkische Flotte aufs trefflichste im Schwarzen Meer. Türkische Kriegsschiffe
unter- [21] stützten seewärts die Angriffe des Landheeres, hielten russische Hafenstädte unter Feuer und hinderten russische
Truppen- und Materialtransporte zum europäischen Kriegsschauplatz. In Ägypten (Abb. 185 bis 192) treffen türkische Kriegsmaßnahmen, von empörten Arabern unterstützt, die englische Herrschaft an verhängnisvollster Stelle. Die Bedrohung des Suezkanals durch die siegreich vorstoßenden Türken erschüttert die Verbindung Englands mit seinen wichtigsten Außenreichen. Große Anstrengungen macht deshalb England, den Suezkanal in Gewalt zu behalten. Unter den ehrwürdigen Pyramiden Ägyptens, die einst auf Napoleons Armeen schauten, vereinigen sich jetzt englische, indische, australische, französische Truppen, dem siegreichen Vorstoß der Türken zu wehren. Hunderte von Zelten reihen sich in endloser Kette im Wüstensande aneinander als Behausung englischer Hilfstruppen. Immer wieder und an allen Plätzen hat die Türkei den Beweis gebracht, daß sie dem Feinde mit wohlgeübten, modernen und von bestem Geist beseelten Armeen aufzuwarten weiß. Sie wird auch auf diesem von der heißen Sonne Afrikas beschienenen Fleckchen Erde den entscheidenden Schlag tun.
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Geradezu aber im Mittelpunkt des europäischen Interesses steht die heldenhafte Verteidigung der Dardanellen gegen das vereinigte Geschwader der Engländer und Franzosen (Abb. 161 bis 184). Fast unterbrechungslos berennen ihre Kriegsschiffe den Eingang der Meerenge zur Erzwingung des Durchgangs. Mit einem Regen von Granaten bewerfen sie die türkischen Küstenforts, ohne daß es ihnen gelungen wäre, auch nur eins zum Schweigen zu bringen. Mit einer Energie, die der höchsten Bewunderung wert ist, verteidigt die türkische Küstenartillerie, in
der – wie überall im türkischen
Heer – deutsche Soldaten und Matrosen unter deutscher Führung den Waffenbrüdern angegliedert sind, ihre Stellungen und fordert ein Opfer nach dem andern. Zahlreiche englische und französische Kriegsschiffe versanken schwer getroffen in der blauen Woge, andere mußten vollkommen zerschossen in die Häfen eingeschleppt werden. Furchtbare Verheerungen richteten türkische Torpedos und Minen unter der feindlichen Flotte an.
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Nach wochenlang mißglückten Versuchen faßten die Feinde endlich den Beschluß, die Flottenunternehmungen durch Landheere zu unterstützen. Zuerst sollte Griechenland seine Jugend
englisch-französischen Interessen aufopfern, aber der König bewahrte durch Verabschiedung des Kabinetts Veniselos seinem Volke den Frieden. Unter gröblichster Mißachtung des Völkerrechts besetzten nun feindliche Truppen griechische Inseln und schufen sich auf ihnen eigenmächtig Stützpunkte für ihre Kriegshandlungen. Aber auch die Landheere erlitten furchtbare Niederlagen und brachen im Feuer türkischer Geschütze zusammen.
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Mit wahrem Heldenmut gingen die türkischen Soldaten gegen die Eindringlinge vor und drängten sie gegen das Meer ab, wo sie in den Wellen ein schreckliches Grab fanden. Aber immer aufs neue versuchte die feindliche Flotte unter verstärktem Feuer an einzelnen Teilen der Küste, so bei Sed il Bahr und
Kum-Kale in Schaluppen neue Truppen zu landen. Aber es waren Todgeweihte, die den türkischen Boden betraten. Zuerst ließen die Türken den Feind sich nähern, um ihn dann in einem Regen von Geschossen zu vernichten, so daß es nur wenigen gelang, ihre Schaluppen wieder zu erreichen und unter dem Schutz der Kriegsschiffe zu entkommen.
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Zeitweilig erlahmte die Angriffslust der verbündeten Feinde unter ihrer Eifersucht. Nicht gewillt war der französische [22] Oberbefehlshaber, sich unter den Befehl des englischen zu stellen. Schon jetzt erschütterte die Uneinigkeit über die mögliche Beute die Herzen der Angreifer. Rußland glaubte die Verwirklichung eines Jahrhunderte lang genährten Traumes durch die Besitzergreifung Konstantinopels nahe gerückt. England und Frankreich gedachten aber natürlich nicht, die Hekatomben von Opfern zu bringen für die Erweiterung russischer Macht. Die eiserne Verteidigung der Dardanellen enthob jedoch bis heute die verschworenen Feinde allen Schwierigkeiten, die sich aus der Verteilung der Beute ergeben könnten. Immer mehr wächst die Erkenntnis von der Unbezwingbarkeit der von den Türken mit so viel Heldenhaftigkeit verteidigten Dardanellen. Neutrale, die noch zögerten, an der Seite des Vierverbandes in dem ungeheuren Ringen Platz zu nehmen, überlegen es sich doch noch einmal, ob sie wirklich mit ihrem Blute die vergeblichen Opfer vermehren wollen. Auch die Zukunft wird zeigen, daß die gewappnete türkische Faust wohl fähig ist, den Besitzstand zu wahren, jedem frechen Eingriff zu wehren und die Flagge des Halbmondes hochzuhalten!
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