Von der Gründung
Deutschösterreichs
zum Anschluß 1918-1938.
Eine Dokumentensammlung.
8. Artikel 80 des Versailler
Diktats
28. Juni 1919.
Deutschland erkennt die Unabhängigkeit Österreichs innerhalb der
durch Vertrag zwischen diesem Staate und den alliierten und assoziierten
Hauptmächten festzusetzenden Grenzen an und verpflichtet sich, sie
unbedingt zu achten; es erkennt an, daß diese Unabhängigkeit
unabänderlich ist, es sei denn, daß der Rat des Völkerbundes
einer Abänderung zustimmt.
8a. Notenwechsel über Artikel 80 im
Entwurf des Diktats
Deutscher Einspruch und die Verwahrung in der sogenannten
Mantelnote der alliierten und assoziierten
Mächte vom 16. Juni
1919.
Im Artikel 80 wird die dauernde Anerkennung der Unabhängigkeit
Österreichs in den durch den Friedensvertrag der Alliierten und
Assoziierten Regierungen mit Deutschland festgelegten Grenzen verlangt.
Deutschland hat nie die Absicht gehabt und wird sie nie haben, die
deutschösterreichische Grenze gewaltsam zu verschieben. Sollte aber die
Bevölkerung Österreichs, dessen Geschichte und Kultur seit tausend
Jahren auf das engste mit dem deutschen Stammlande verbunden ist,
wünschen, den erst in jüngster Zeit durch kriegerische Entscheidung
gelösten staatlichen Zusammenhang mit Deutschland wieder
herbeizuführen, so kann Deutschland sich nicht verpflichten, dem Wunsche
seiner deutschen Brüder in Österreich sich zu widersetzen, da das
Selbstbestimmungsrecht der Völker allgemein und nicht lediglich
zuungunsten Deutschlands gelten muß.
Ein anderes Verfahren würde den Grundsätzen der
Kongreßrede des Präsidenten Wilson vom 11. Februar 1919
widersprechen.
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[195] Die alliierten und
assoziierten Mächte nehmen Kenntnis von der Erklärung, durch die
Deutschland versichert, "daß es niemals die Absicht gehabt hat und niemals
die Absicht haben wird, mit Gewalt die
deutsch-österreichische Grenze zu verändern".
9. Der Anschlußartikel der Weimarer
Verfassung
Artikel 61, Absatz 2.
11. August 1919.
Deutschösterreich erhält nach seinem Anschluß an das
Deutsche Reich das Recht der Teilnahme am Reichsrat mit der seiner
Bevölkerung entsprechenden Stimmenzahl. Bis dahin haben die Vertreter
Deutschösterreichs beratende Stimme.
(Vgl. auch Stück 7.)
9a. Notenwechsel und Widerruf
Clemenceaus Forderung.
2. September 1919.
Die alliierten und assoziierten Mächte haben von der deutschen Verfassung
vom 11. August 1919 Kenntnis genommen. Sie stellen fest, daß die
Bestimmungen des Artikel 61 Abs. 2. eine förmliche
Verletzung des Artikel 80 des in Versailles am 28. Juni 1919
unterzeichneten Friedensvertrages enthalten.
Diese Verletzung ist doppelter Art:
1. Indem Artikel 61 die Zulassung Österreichs zum Reichsrat
ausspricht, stellt er diese Republik den das Deutsche Reich bildenden "deutschen
Ländern" gleich - eine Gleichstellung, die mit der Achtung der
österreichischen Unabhängigkeit nicht vereinbar ist.
2. Indem er die Teilnahme Österreichs am Reichsrat
zuläßt, und regelt, schafft der Artikel 61 ein politisches Band
zwischen Deutschland und Österreich und eine gemeinsame politische
Betätigung in vollkommenem Widerspruch mit der Unabhängigkeit
Österreichs.
[196] Die alliierten und
assoziierten Mächte erinnern daher die Deutsche Regierung an den
Artikel 178 der deutschen Verfassung, wonach die Bestimmungen des Vertrages von
Versailles durch die Verfassung nicht berührt werden
können, und fordern die Deutsche Regierung auf, die gehörigen
Maßnahmen zu treffen, um diese Verletzung unverzüglich durch
Kraftloserklärung des Artikel 61, Abs. 2, zu beseitigen.
Unter Vorbehalt weiterer Maßnahmen für den Fall der Weigerung
und auf Grund des Vertrages selbst (namentlich des Artikel 429)
erklären die alliierten und assoziierten Mächte der deutschen
Regierung, daß diese Verletzung ihrer Verpflichtungen in einem
wesentlichen Punkte die Mächte zwingen wird, unmittelbar die
Ausdehnung ihrer Besetzung auf dem rechten Rheinufer zu befehlen, falls ihre
gerechte Forderung nicht innerhalb 14 Tagen, vom Datum der vorliegenden
Note gerechnet, erfüllt ist.
Protokoll.
22. September 1919.
Der Unterzeichnete, gehörig bevollmächtigt und im Namen der
Deutschen Regierung handelnd, erkennt an und erklärt, daß alle
Vorschriften der deutschen Verfassung vom 11. August 1919, die mit den
Bestimmungen des in Versailles am 23. Juni 1919 unterzeichneten
Friedensvertrags im Widerspruch stellen, ungültig sind.
Die Deutsche Regierung erklärt und erkennt an, daß demzufolge der
Absatz 2 des Artikel 61 der erwähnten Verfassung
ungültig ist, und daß namentlich die Zulassung österreichischer
Vertreter zum Reichsrat nur stattfinden kann, wenn gemäß
Artikel 80 des Friedensvertrages der Völkerbundsrat einer
entsprechenden Änderung der internationalen Lage Österreichs
zugestimmt haben wird.
Die gegenwärtige Erklärung soll innerhalb von 14 Tagen nach dem
Inkrafttreten des Friedensvertrags von den zuständigen deutschen
gesetzgebenden Gewalten gebilligt werden.
Geschehen in Versailles am 22. September 1919 in Gegenwart der
unterzeichneten Vertreter der alliierten und assoziierten
Hauptmächte.
Lersner.
[197] 10. Artikel 88 des Diktats von St.
Germain
10. September 1919.
Die Unabhängigkeit Österreichs ist unabänderlich, es sei denn,
daß der Rat des Völkerbundes einer Abänderung zustimmt.
Daher übernimmt Österreich die Verpflichtung, sich, außer mit
Zustimmung des gedachten Rates, jeder Handlung zu enthalten, die mittelbar oder
unmittelbar oder auf irgendwelchem Wege,
namentlich - bis zu seiner Zulassung als Mitglied des
Völkerbundes - im Wege der Teilnahme an den Angelegenheiten
einer anderen Macht seine Unabhängigkeit gefährden
könnte.
10a. Aus der Erklärung des Staatskanzlers
Dr. Renner vor der Wiener
Nationalversammlung
6. September 1919.
Das Gefühl dieser Verarmung und das Gefühl, als Bruchstück
nicht selbständig leben zu können, zusammen mit dem
unzerstörbaren Gefühl der nationalen und kulturellen Gemeinschaft
mit den Deutschen des Reiches hat die Nationalversammlung bestimmt, zweimal
in feierlicher Weise den Anschuß an das Deutsche Reich zu
verkünden. Es gehört zu meiner schmerzlichsten Pflicht, dem Haus
zu berichten, daß der Friedensvertrag uns die Freiheit dieser
Entschließung nimmt. Wir müssen versuchen, zunächst allein
zu stehen. Da wir es müssen, so müssen wir es auch sollen! Eines
allerdings nimmt der Friedensvertrag in Aussicht: Auch in dieser Frage soll der
Völkerbund entscheiden und das Ideal, das diesem Staatswesen von seiner
Geburt eingeboren ist, das Ideal der Vereinigung mit dem deutschen Mutterlande,
kann nur mehr vollzogen werden im Wege der Verhandlungen mit dem
Völkerbunde, im Wege der Überzeugung der
Großmächte von der Notwendigkeit dieses Anschlusses. Ich bin nicht
berufen, die künftige Politik Deutschösterreichs vorher festzulegen,
aber ich hege meine persönliche Überzeugung, daß
Deutschösterreich diesen Weg zur gegebenen Zeit unter den geeigneten
Umständen in loyalster Weise beschreiten wird.
[198] 10b. Aus der Erklärung der Nationalversammlung
zur Unterzeichnung des Diktats
Die Nationalversammlung erhebt vor aller Welt feierlich ihren Protest dagegen,
daß der Friedensvertrag von St. Germain unter dem Vorwande, die
Unabhängigkeit Deutschösterreichs zu schützen, dem
deutschösterreichischen Volke sein Selbstbestimmungsrecht nimmt, ihm
die Erfüllung seines Herzenswunsches, seine wirtschaftliche, kulturelle und
politische Lebensnotwendigkeit, die Vereinigung mit dem deutschen Mutterlande
verweigert. Die Nationalversammlung spricht die Hoffnung aus, daß, sobald
der Friede den Geist nationaler Gehässigkeit und Feindseligkeit, den der
Krieg hervorgerufen hat, überwunden haben wird, der Völkerbund
auch dem deutschen Volke das Recht auf Einheit und Freiheit der Nation, das er
allen andern Völkern gewährt, nicht dauernd vorenthalten werde.
In schmerzlicher Enttäuschung legt sie Verwahrung ein gegen den leider
unwiderruflichen Beschluß der Alliierten und Assoziierten Mächte,
dreieinhalb Millionen Sudetendeutsche von den
Alpendeutschen, mit denen sie seit Jahrhunderten eine politische und
wirtschaftliche Gemeinschaft bilden, gewaltsam loszureißen, ihrer
nationalen Freiheit zu berauben und unter die
Fremdherrschaft eines Volkes zu stellen, das sich in demselben Friedensvertrag
als ihr Feind bekennt.
Dennoch bleibt ihr keine Wahl: Land und Volk brauchen den
endlichen Frieden, der ihnen die Welt moralisch und wirtschaftlich wieder
öffnet...; sie brauchen den Frieden, der die
Kriegsgefangenen endlich den Ihrigen wiedergeben wird; sie brauchen
den Frieden, der die völkerrechtliche Anerkennung des Staates bewirken
wird...
Es bleibt ihr auch deshalb keine Wahl, weil unser Land in der Versorgung mit
Nahrungsmitteln, Kohlen und industriellen Rohstoffen wie in der
Wiederherstellung seines Kredits und seiner Währung von den
Großmächten abhängt.
[199] 10c. Gesetz über die Staatsform
(formaler Anschlußwiderruf).
21. Oktober 1919.
Artikel 1.
Deutschösterreich in seiner durch den Staatsvertrag von St. Germain
bestimmten Abgrenzung ist eine demokratische Republik unter dem Namen
"Republik Österreich". Die Republik Österreich übernimmt
jedoch - unbeschadet der im Staatsvertrage von St. Germain
auferlegten Verpflichtungen - keinerlei Rechtsnachfolge nach dem
ehemaligen Staate Österreich, das ist den "im Reichsrate vertretenen
Königreichen und Ländern".
Artikel 2.
Wo in den geltenden Gesetzen von der Republik Deutschösterreich oder
von ihren Hoheitsrechten die Rede ist, hat an Stelle dieser Bezeichnung nunmehr
der Name "Republik Österreich" zu treten.
Artikel 3.
In Durchführung des Staatsvertrages von St. Germain wird die bisherige
gesetzliche Bestimmung: "Deutschösterreich ist ein Bestandteil des
Deutschen Reiches" außer Kraft gesetzt.
11. Großdeutschland im Parteiprogramm der
NSDAP
24. Februar 1920.
Das Programm der Deutschen Arbeiterpartei ist ein Zeitprogramm. Die
Führer lehnen es ab, nach Erreichung der im Programm aufgestellten Ziele
neue aufzustellen, nur zu dem Zweck, um durch künstlich gesteigerte
Unzufriedenheit der Massen das Fortbestehen der Partei zu
ermöglichen.
1. Wir fordern den Zusammenschluß aller Deutschen auf Grund
des Selbstbestimmungsrechtes der Völker zu einem
Groß-Deutschland.
2. Wir fordern die Gleichberechtigung des deutschen Volkes
gegenüber den anderen Nationen, Aufhebung der Friedensverträge
von Versailles und Saint-Germain.
...........
[200] Die Führer der
Partei versprechen, wenn nötig unter Einsatz des eigenen Lebens, für
die Durchführung der vorstehenden Punkte rücksichtslos
einzutreten.
München, den 24. Februar 1920.
Gez.: Adolf Hitler.
12. Koalitionsvertrag zwischen den
Christlich-sozialen und Großdeutschen
Mai 1922.
1. Aus den grundsätzlichen Bestimmungen (Auszug).
Die unterzeichneten Parteien schließen miteinander auf die Dauer laufender
Legislaturperiode des Nationalrates eine Arbeitsgemeinschaft. Diese betrifft die
Arbeit im Nationalrat und Bundesrat, soll jedoch dadurch ergänzt werden,
daß die Parteien auch auf ihre Vertretung in den Ländern und
Gemeinden dahin Einfluß nehmen, daß das Zusammenarbeiten der
Parteien in diesen Vertretungskörpern in Übereinstimmung mit dem
Zusammenarbeiten in Regierung und Nationalrat gebracht wird. Das
ständige Einvernehmen beider Parteien über die allgemeine Richtung
der Regierungspolitik und wichtige Schritte der Gesetzgebung oder der
Außenpolitik wird durch die Vorstände der
Abgeordnetenverbände herzustellen sein, denen auch die Aufgabe obliegt,
bei auftauchenden Meinungsverschiedenheiten eine Einigung
herbeizuführen.
Die bedrängte wirtschaftliche Lage des Staates und der Bevölkerung
erfordert die Zusammenfassung aller Kräfte, um auf diesem Gebiete
Abhilfe und Gesundung herbeizuführen. Die Parteien sind sich
bewußt, daß ihre Zusammenarbeit zur Erreichung dieses Zieles die
Ausscheidung der Fragen, in denen sie sich programmatisch
gegenüberstehen, bedingt. Sie sind daher übereingekommen,
für die Dauer dieser Arbeitsgemeinschaft alle Streitpunkte, die das
Verhältnis zwischen Kirche und Staat betreffen, einstweilen
zurückzustellen und an dem gegenwärtig bestehenden Zustand weder
in der einen noch in der anderen Richtung eine Änderung
vorzunehmen.
[201] 2.
Äußere Politik.
1. Festhalten an der Anschlußpolitik, daher Vermeidung aller
Schritte, die den seinerzeitigen Anschluß verhindern oder erschweren
könnten. Herstellung und Aufrechterhaltung einer innigen
Fühlungnahme mit der deutschen Reichsregierung über die
gemeinsame Linie der Außenpolitik und Handelspolitik. Möglichste
Heranziehung deutschen Kapitals. Rechtsangleichung.
2. Volle Freiheit der Großdeutschen Volkspartei in der
Anschlußpropaganda.
3. Schutz der deutschen Minderheiten in den Nachbarstaaten:
Berücksichtigung dieses Gesichtspunktes bei den Verträgen mit den
Nachfolgestaaten, moralische und finanzielle Unterstützung der deutschen
Schulen im Auslande.
4. Abwehr der tschechischen Schulforderungen in Österreich.
5. Beschleunigte Liquidation des alten österreichischen Staates,
Regelung der wirtschaftlichen Beziehungen zu den Nachfolgestaaten unter
Vermeidung aller Bindungen, die die Errichtung eines Donaustaatenbundes oder
die Einbeziehung Österreichs in eine deutschfeindliche
Mächtegruppe beinhalten oder fördern.
3. Innenpolitik (Auszug).
Wirksamer Schutz der einheimischen deutschen Bevölkerung gegen die
zunehmenden schädlichen Einflüsse des Judentums auf allen
Gebieten des öffentlichen Lebens.
Berücksichtigung des Grundsatzes der nationalen Erziehung bei der
Schaffung der neuen Lehrpläne.
13. Aus der Programmrede des Bundeskanzlers
Dr. Ignaz Seipel
31. Mai 1922.
Hohes Haus! Selten ist nach einer Regierung so lange und so laut gerufen wie
nach jener, die heute hier gewählt wurde; und zwar rief nach ihr fast
ausschließlich die Partei, die allein sie heute nicht mitwählte......
Ich glaube aber, nicht darauf kommt es an, wer bei einem Hoch auf die Republik
lauter schreit, sondern wer in der Republik mehr arbeitet. Freilich um für
einen Staat recht ar- [202] beiten zu
können, muß man an seine Lebensfähigkeit glauben. In dieser
Hinsicht sind aber die Ansichten unter uns sehr geteilt. Es gab vom Anfang
unseres Staates an viele, die niemals an seine Lebensfähigkeit glaubten,
noch mehr sind im Laufe der Zeit an ihr irre geworden. Ich rechne mit keinem von
ihnen, wenn er nur seinen Pessimismus so weit in Schranken hält,
daß er dem Staate nichts verweigert, was er braucht, um leben zu
können, und vor allem, wenn er nicht aus bloßer Rechthaberei die
Arbeitsfreude der anderen lähmt, die noch immer eine günstigere
Auffassung von unserer Lage haben. Mit der Frage der Lebensfähigkeit
unseres Staates hängt der Grad zusammen, in dem die Notwendigkeit des
Anschlusses an Deutschland betont wird. Das gegenwärtige Kabinett setzt
sich aus christlichsozialen und großdeutschen Mitgliedern zusammen. Unter
den Christlichsozialen bin ich als einer jener bekannt, die, aller bloßen
Deklarationspolitik, der nicht alsbald die Tat folgen kann, überhaupt
abhold, vor Jahr und Tag den Anschlußabstimmungen, die in einigen
unserer Bundesländer veranstaltet oder doch vorbereitet wurden,
entgegengetreten sind. Ich habe meinen Standpunkt in dieser Beziehung auch
heute nicht geändert. Meine Partei hat es seinerzeit als notwendig erachtet,
den Staatsvertrag von Saint-Germain parlamentarisch zu genehmigen und zieht
daraus alle Folgerungen. Wenn dennoch die Großdeutsche Partei heute an
meiner Wahl zum Bundeskanzler mitwirkte und einige ihrer Mitglieder in das von
mir zu leitende Kabinett entsandte, so hat sie damit jedenfalls der Meinung
Ausdruck gegeben, daß sie einiges Vertrauen zu meiner nationalen
Gesinnung hat und die Politik, die nach meiner Vergangenheit von mir zu
erwarten ist, für zulässig hält. Anderseits gaben meine
großdeutschen Ministerkollegen, was ich hier ausdrücklich feststellen
will, nichts von ihrem Standpunkt auf; sie bekennen nur, daß sie es
für die Zeit unserer voraussichtlichen Zusammenarbeit gleich mir als
Pflicht erachten, dem Zusammenbruch des Bestehenden mit aller Kraft
entgegenzuwirken. Und es ist ja in der Tat dasselbe: meint jemand, das deutsche
Volk in Österreich werde in der ihm durch den Staatsvertrag von
Saint-Germain zugesicherten Selbständigkeit weiterleben, oder glaubt er, es
werde in eine [203] größere
nationale Einheit aufgehen, weiterleben muß es und wir, die wir alle
zusammen Fleisch vom Fleische dieses Volkes sind und Blut von seinem Blute,
müssen alles tun, was in unserer Macht steht, daß es lebe.
Ich habe soeben von unserer Selbständigkeit gesprochen. Wir wissen,
daß diese nicht Unabhängigkeit bedeutet. In natürlicher
Abhängigkeit stehen wir, wie alle Staaten, besonders von unseren
Nachbarn, darunter an erster Stelle auch von unserem Brudervolke im Deutschen
Reiche.
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