SucheScriptoriumBuchversandArchiv IndexSponsor

[5]
1. Massen und Zahlen

Annähernd 1½ Millionen Kriegsgefangene befinden sich bei Abschluß dieses Werkes im Deutschen Reiche. Erwägt man, daß außerdem von den deutschen Truppen bei den Kämpfen in Galizien und Serbien viele Feinde gefangen genommen wurden, die in Österreich-Ungarn verblieben, so ergeben sich Massen und Zahlen, die aller Verkleinerungssucht unserer Feinde widerstehen müssen. Es sind doppelt soviel Köpfe als die Friedensstärke des mächtigen deutschen Heeres, es sind viermal soviel, als in der gewaltigsten Schlacht früherer Zeiten, in dem Völkerkampfe bei Leipzig, auf beiden Seiten sich gegenüberstanden. Eine Million Hände wird benötigt, um für unsere unfreiwilligen Gäste Unterkunft, Ernährung, Bekleidung und Verpflegung zu schaffen, um die Verwundeten und Kranken zu heilen und um den notwendigen Eisenbahn-, Post- und Paketverkehr zu bewältigen. Da gleichzeitig das deutsche Volk den gewaltigsten und furchtbarsten Weltkrieg aller Zeiten führen mußte, und mit Anfertigung der Munition und der Verpflegung von vielen Millionen Streitern bei gleichzeitigem Abschluß von dem Ausland ungeheure Arbeiten zu bewältigen hatte, erhellt daraus, welch wirtschaftliche Leistung auch die Aufnahme und die Verpflegung der Kriegsgefangenen darstellt.

Guben.
1. Guben.
Wünsdorf.
2. Wünsdorf.
Regensburg
3. Regensburg.
Czersk
4. Czersk.
In der Zeit der Millionen und Milliarden macht man sich nur schwer einen Begriff von den gewaltigen vorliegenden Zahlen. Bei Betrachtung unseres ersten Bildes glaubt man sich in das völkerreiche Rußland versetzt und doch sind es nur etwa 500 russische Kriegsgefangene, die uns hier entgegentreten. Ein gut Teil des Orients scheint auf dem zweiten Bilde versammelt zu sein und doch sind es nur einige hundert Turkos, Zuaven, Inder und andere Mohammedaner, an die hier im Gefangenenlager eine Ansprache gehalten wird. Ein weiteres Bild führt uns eine größere Zahl gefangener Franzosen aus dem Lager Regensburg vor, das nächste eine Gruppe aus dem Lager Czersk. Zum Appell treten gerade die Kriegsgefangenen in Nürnberg an. Auf die Bekanntmachung, daß eine photographische Aufnahme stattfinden soll, eilen in Görlitz eine Anzahl kriegsgefangene Russen herbei. Das Lagerleben in Soltau veranschaulicht das nächste Bild. Aber immer sind es nur einige hundert Leute, die uns so entgegentreten und wenn man immer wieder in den 150 größeren Lagern, in den 500 kleineren Arbeitslagern und vielen tausenden Arbeitsstellen denselben Eindruck der gewaltigen Massen gefangener Feinde empfängt, so glaubt man den Tritt der Völkerwanderung zu hören, den Beginn einer neuen Zeit, in der Millionen tapferer deutscher Kämpfer die engen Grenzen überschritten, um der Welt Achtung vor der deutschen Kraft beizubringen und 1½ Millionen zwangen, als Gefangene in das Deutsche Reich einzuziehen. Bei ihrer Rückkehr mögen sie an der Wolga und in Sibirien wie an den Pyrenäen, in den schottischen Bergen, im Atlas, in Indien, Australien und Kanada verkünden, daß sie das Kaiserwort erfahren haben, was es heißt, Deutschland anzugreifen. Sie können berichten, daß sie in der Gefangenschaft Gelegenheit hatten, die Kultur und Ordnung der "deutschen Barbaren" kennen zu lernen.

Nürnberg
5. Nürnberg
Görlitz
6. Görlitz
Soltau
7. Soltau
Wittorferfeld
8. Wittorferfeld

Weitmoos
9. Weitmoos
Traunstein
10. Traunstein
Holzminden
11. Holzminden
Holzminden
12. Holzminden
Auch in kleineren Arbeitslagern, wie in Wittorferfeld in Holstein und Weitmoos am bayerischen Chiemsee bietet sich immer wie- [6] der das Bild einer überwältigenden Zahl von Kriegsgefangenen und doch sind es nur kleine Bruchteile des Ganzen, die sich uns hier bieten.

Aber nicht nur kriegsgefangene Soldaten wurden in den deutschen Gefangenenlagern aufgenommen; auch zahlreiche Militärpflichtige feindlicher Länder, der Spionage Verdächtige und schließlich Bewohner aus besetzten Gebieten mußten zu ihrem eigenen Schutz auf längere oder kürzere Zeit interniert werden. Aus dem Gefangenenlager Traunstein sehen wir so männliche Zivilgefangene, aus dem Lager Holzminden Frauen und Kinder, deren Los die Heeresverwaltung auf jede nur mögliche Weise zu erleichtern sucht.

Einen Eindruck von der enormen Gefangenenzahl gewährt noch die Berechnung, daß jene 1½ Millionen, wenn sie in Reihen zu vieren an einer Stelle die deutsche Grenze überschreiten sollten, um wieder zurückzukehren, 250 Stunden benötigten, um den Abmarsch zu vollziehen. Was es heißt, eine derartige Menge nur mit dem Allernotwendigsten zu versehen, belehrt die Tatsache, daß ein einziges Mittagessen von 1¼ Liter pro Kopf für 1½ Millionen ein Gewicht darstellt, welches 6 Eisenbahnzüge mit je 30 Waggons belasten würde, und Tag für Tag muß immer wieder viele Monate hindurch eine derartige ungeheuere Menge beschafft und zubereitet werden.

Man begnügte sich aber nicht allein damit, die gefangenen Feinde in Lager zusammenzubringen, sie zu bewachen und zu erhalten, man trachtete auch danach, sie nutzbringend zu beschäftigen, sie gleichzeitig durch Unterhaltung, Sport und Spiel vor Langeweile und Schwermut zu bewahren, ihnen den Segen und Trost der Religion zu gewähren, sie durch Post- und Paketverkehr mit der Heimat in Verbindung zu halten und denen, die es wünschen, Gelegenheit zur Weiterbildung zu geben. Daß es bei diesem Einbruch von Hunderttausenden von Angehörigen fast aller Stämme der Welt ohne Verbreitung verheerender Epidemien geblieben ist, verdanken wir dem Eingreifen der medizinischen Wissenschaft, die in der Desinfektion, der Impfung und Vorbeuge Ungeheures geleistet hat. Erlogen, wie die Märchen von den Greueltaten deutscher Soldaten, wie die Kriegslust des deutschen Volkes und alle die unzähligen Nachrichten zu Deutschlands Ungunsten, welche die englischen und französischen Kabel in aller Welt verbreiteten, sind auch die fortlaufenden Zeitungsnachrichten von der schlechten Behandlung, welche Deutschland den kriegsgefangenen Feinden angedeihen lasse. Gewiß wird man es dem deutschen Landsturmmann nicht verargen können, wenn er anfänglich nicht übermäßige Freundlichkeit gegen die Kosaken zeigte, die das blühende Ostpreußen zerstört, unnötigerweise Haus und Hof angezündet, Wehrlose gemartert und ermordet, Frauen und Kinder verschleppt hatten. Es ist nicht zu verwundern, wenn anfänglich sich der Grimm gegen den Engländer, der seit Jahren die Einkreisung und Vernichtung Deutschlands geplant und ohne jeden Grund sich den Gegnern Deutschlands angeschlossen hatte, Luft machte. Daß man Senegalneger, Gurkhas, Tartaren und Kalmücken, deren Blutdurst mancher deutsche Bruder zum Opfer gefallen war, nicht mit zärtlichen Augen anblickte, ist ebenso erklärlich. Aber deutscher Edelmut und Gutmütigkeit kamen bald zum Durchbruch, und wie die nachfolgenden Zeilen und unsere Bilder beweisen werden, hat man alles getan, was in den schwierigen Zeiten des Weltkrieges möglich war, um das Los der Kriegsgefangenen zu erleichtern und ihnen Achtung vor deutscher Kultur beizubringen.


[7]
2. Unterkunft

Als die Kämpfe zu Beginn des Krieges, der Fall von Lüttich, Longwy, Maubeuge, Antwerpen, der Siegeszug unserer Heere im Westen und die unvergleichliche Schlacht von Tannenberg im Osten sofort Hunderttausende von Kriegsgefangenen in unsere Hände brachten, war es keine leichte Aufgabe, sofort eine befriedigende Unterkunft und Verpflegung zu gewähren. Zunächst fanden Kriegsgefangene auf den Truppen-Übungsplätzen Aufnahme. Diese aber, wie alle Kasernen und sonstige öffentliche Bauten wurden dringend benötigt, um die Schar der Kriegsfreiwilligen und zur militärischen Ausbildung neu Eingetroffenen aufzunehmen. Es blieb nichts übrig, als neue Lager für Kriegsgefangene zu schaffen.

Schneidemühl
13. Schneidemühl
Schneidemühl
14. Schneidemühl
Stralkowo
15. Stralkowo
Wie die Gefangenen von der Front eintreffen, zeigen zwei Aufnahmen aus Schneidemühl. Nach schweren Kämpfen, ermattet und oft einige Tage durch ihre eigene Heeresführung ohne Nahrung geblieben, war das erste, ihnen ein warmes Essen zu verabreichen. Die Gefangenen aus Nowo Georgiewsk, die im Gefangenenlager Stralkowo eintrafen, waren weniger ausgehungert und hatten sich bei der Vernichtung der Magazine mit Kleidung, Schuhen und sogar mit manchem Rubelschein genügend versehen. Ein Bild aus Hammerstein führt ebenfalls das Essenholen nach dem Eintreffen vor.

Die zivilgefangenen Franzosen waren mit Koffern und Paketen reichlich versehen. Die Aufnahme erfolgte gewöhnlich in größeren Sammellagern nahe der Grenze. Von hier aus wurde nach einer entsprechenden Quarantänezeit die Überführung in andere mehr im Innern liegenden Lager vorgenommen und es blieb dann auch nicht Umquartierung und namentlich Einstellung in kleinere Arbeitslager aus. Der Abmarsch, wie er von Stargard bildlich vorgeführt wird, gestaltet sich oft unter Bedauern und Tränen der Gefangenen, die sich an das Lager gewöhnt hatten und fürchten, daß es anderwärts nicht so gut sein könnte.

Hammerstein
16. Hammerstein
Heuberg
17. Heuberg
Stargard
18. Stargard
Zerbst
19. Zerbst

Döberitz
20. Döberitz
Ohrdruf
21. Ohrdruf
Göttingen
22. Göttingen
Tuchel II
23. Tuchel II
Amberg
24. Amberg
Aschaffenburg
25. Aschaffenburg
Das Bild eines der vielen neu eingerichteten Lager aus der Vogelschau wird vom Lager Zerbst vorgeführt. Neben dem eigentlichen Gefangenenlager mußte meist noch ein kleineres Unterkommen für die Wachmannschaften errichtet werden. Wie solche Lager in der Nähe aussehen, belehrt die Ansicht von Döberitz. Aus dem Lager von Göttingen haben die Gefangenen auf der einen Seite den Blick nach der ehrwürdigen Universitätsstadt, auf der anderen Seite nach dem Bismarckturm und den Vorbergen des Harzes. An dem Thüringer Wald gelegen ist das Lager in Ohrdruf. Gerne benutzt man einen vorhandenen Hügel, um daselbst die Lagerwache und auch für den Fall eines Ausbruches oder einer Revolte Maschinengewehre und Geschütze aufzustellen. Es genügte aber, den Gefangenen durch Alarmprobe die stete Bereitschaft der Wachttruppen vorzuführen, so daß es zu einem Ausbruch überhaupt nicht gekommen ist

Der Bau der Baracken wurde nicht nach einheitlichem Schema durchgeführt. Man überließ vielmehr den einzelnen Intendanturen und Baufachleuten je nach vorhandenem Material und nach den besonderen örtlichen Verhältnissen die Unterkunftsräume zu errichten, wobei nur allgemeine Grundsätze gewahrt werden mußten, z. B. daß den Gefangenen ein gewisser Boden- und Luftraum gegeben wurde. Aus Tuchel gibt unsere Photographie die Wellblechbaracken wieder, während rechts im Hintergrund und [8] links im Bau auch die meist verbreiteten Holzbaracken zu erblicken sind. Wie man in Süddeutschland besonders stattliche Bauten errichtete, wird durch die Ansicht vom Gefangenenlager Amberg dargestellt. Das Bild von Aschaffenburg beweist, daß man mit vorhandenen Baumgruppen, mit geschmackvollen Bauten und Gartenanlagen sogar ein stilvolles Aussehen des Lagers herbeiführen konnte. Mitten in den Wald hinein baute man auch wie in Zossen die Schuppen und gewährte somit den Gefangenen und den Bewachungstruppen einen mehr einer Sommerfrische gleichenden Aufenthalt. Die Ansicht von dem Gefangenenlager Hameln zeigt uns, wie man hier außer der schönen Umgebung auch noch durch schmucke Gartenanlagen dem Lager ein freundliches Aussehen bieten konnte. Die erste Baracke ist als Schule für Kinder angelegt, die man von den dort in Schutzhaft befindlichen Eltern nicht trennen wollte. Wie die Gartenkunst in der Mußezeit der Gefangenen Großes leistete, wird durch die Anlagen des Lagers Görlitz bewiesen.

Zossen
26. Zossen
Hameln
27. Hameln
Görlitz
28. Görlitz
Wasbek
29. Wasbek

Wenn auch die meisten Lagerbauten bei der plötzlichen Einrichtung durch Unternehmer und deutsche Handwerker ausgeführt wurden, so konnten doch Ergänzungsbauten und auch in einzelnen Fällen die Anlage sämtlicher Baracken durch die Kriegsgefangenen selbst unter Anleitung deutscher Bewachungstruppen, bauverständiger Offiziere und Unteroffiziere erfolgen.

Eichstätt
30. Eichstätt
Trausnitz
31. Trausnitz
Regensburg
32. Regensburg
In einzelnen Fällen und namentlich in Süddeutschland war es möglich, vorhandene Gebäude für die Aufnahme der Gefangenen zu benutzen und ihnen so ein besonders behagliches und durch alte Anpflanzungen geziertes Heim während der Dauer ihrer Gefangenschaft zu geben. (Siehe Abbildung von Eichstätt und Schloß Trausnitz.) Im Lager Regensburg hat man die Donau als Grenze geschickt benutzt.

Eine besondere Art von Gefangenenlager wurde in Danzig errichtet, indem man russische Lastkähne und englische Dampfer beschlagnahmte, sie am Weichselufer verankerte und als Wohnung für 10 000 Kriegsgefangene einrichtete. An Land wurden nur Küchen, Aborte, Baderäume und dergl. angelegt.

Dank einer vorzüglichen Organisation und Disziplin ist in diesem mit geringsten Kosten entstandenen Lager sowohl in bezug auf Gesundheitszustand als Wohlbefinden der Kriegsgefangenen ein befriedigender Grad erreicht worden.

Danzig
33. Danzig
Crefeld
34. Crefeld
Burg
35. Burg
Heidelberg
36. Heidelberg
In einigen Fällen konnte man auch vorhandene Landgüter, Fabriken und sonstige Bauten benutzen, durch die Kriegsgefangenen selbst noch besonders einrichten lassen und erzielte damit gleichzeitig den Erfolg, daß kleinere Lager entstanden, wo sich die Beschäftigung der Gefangenen besser durchführen ließ, als in den großen Lagern, in denen allerdings die Bewachung leichter war.

Königstein
37. Königstein
Clausthal im Harz
38. Clausthal im Harz
Fast durchgängig hat man als Offizierlager vorhandene Gebäude, z. B. Kasernen, Schlösser, Sanatorien usw., eingerichtet. Die Ansichten von Crefeld, Burg, Heidelberg, Königstein überzeugen, daß es sich hier wohl aushalten läßt. An einem der schönsten Fleckchen von Deutschland, da, wo sich Fulda und Werra zur Weser vereinigen, hat man, von stattlichen Bergen und prächtigen Buchenwäldern umgeben, ein leerstehendes Fabrikgebäude zu einem Offizierlager umgewandelt und bietet den Insassen einen Luftkurort, in dem sich auch die kriegsgefangenen russischen, französischen, englischen und belgischen Offiziere nach der Eingewöhnung ganz wohl fühlen. In den Tannen des Harzes ist romantisch das Gefangenenlager Clausthal gelegen.

[9] Wie die Ansicht aus dem Lager Göttingen zeigt, bietet das Zusammenleben der Gefangenen mit den deutschen Bewachungstruppen eine gewisse Kameradschaftlichkeit. Die Gefangenen erweisen den deutschen Offizieren Achtung und militärischen Gruß und erkennen dankbar an, daß ihnen mit vieler Mühe eine gewisse Behaglichkeit gewährt wird, wenn natürlich auch wieder Strenge walten muß und jedes Wohlleben nicht am Platze sein kann. Die russischen Kriegsgefangenen fühlen sich besonders wohl in Baracken, die etwa ½ Meter tief in der Erde angelegt sind, da sie im Sommer kühl, im Winter warm sind. Durch Malereien und Schnitzereien verstehen sie auch, diesen Wohnstätten ein schmuckes Aussehen zu geben.

Göttingen
39. Göttingen
Tuchel
40. Tuchel
Bütow
41. Bütow
Stralkowo
42. Stralkowo

Der Abschluß des Lagers wird meist durch einen Zaun von Stacheldraht ausgeführt, an welchem entlang der Patrouillengang der Landsturmposten führt. Daß der rheinische und westfälische Landsturmmann in dem auf früherem russischem Boden angelegten Lager in Stralkowo sich ein schönes, durch Blumen und Anpflanzungen verziertes Heim schaffen konnte, geht aus dem Bild der Lagerstraße des Bewachungsbataillons hervor.


 
3. Innere Einrichtungen

Minden I
43. Minden I
Norderstapel
44. Norderstapel
Wie die Baracken der Gefangenenlager im Innern ausschauen, zeigen einige Bilder. Es kann natürlich nicht jedem Gefangenen ein Bett mit Sprungfedermatratze gewährt werden. Er muß sich mit einer Pritsche begnügen; er erhält jedoch immer Strohsack, Kopfkissen und zwei bis drei Decken; auch sind die meisten Lagerstätten voneinander getrennt. Ein gewisser sogenannter Tageraum ist vorhanden, der zur Esseneinnahme und zum Tagesaufenthalt dient und durch Kisten und Kasten für Aufbewahrung kleinerer Bedarfsgegenstände eingerichtet ist. Daß es hierbei auch zu manchem künstlerischen Wandschmuck kommt, belehrt das Bild aus dem Lager Erlangen.

Die kriegsgefangenen Offiziere sind stets in Zimmern untergebracht, wobei den Generälen und Stabsoffizieren, wenn irgend möglich, je ein besonderer Raum gewährt wird, während die übrigen sich zu zweien oder mehreren in ein Zimmer teilen müssen.

Erlangen
45. Erlangen
Halle a. S.
46. Halle a. S.
Stargard
47. Stargard
Güstrow
48. Güstrow

Nach der Anlage der Wohnbaracken mußte in erster Linie für passierbare Wege gesorgt werden. In vielen Lagern hat man auch von der Feldbahn weitgehendst Gebrauch gemacht, fährt damit von der Hauptbahn Kohlen, Proviant und Baumaterialien heran, sowie Erzeugnisse und Abfälle des Lagers wieder ab.

Salzwedel
49. Salzwedel
Es fehlt auch nicht an umfangreichen maschinellen Einrichtungen zur Beschaffung von elektrischem Licht, zum Wasserpumpen sowie auch zur Erzeugung von Dampf für Küche, Desinfektion und Badeanstalten.

Besondere Sorgfalt erfordern die Anlagen der Küchen, der Badeanstalten, Aborte; Wasserleitung und Kanalisation mußte natürlich allerwärts vorgesehen werden. Überall sind auch Kantinen eingerichtet, sei es, daß für ein Lager eine einzige Verkaufsstelle oder für die einzelnen Unterabteilungen kleinere Verkaufsbuden errichtet wurden, in denen unter Mithilfe der Gefangenen einige Eßwaren, [10] Putzmittel, Nähzeug, Tabak, alkoholfreie Getränke und kleine Gebrauchsgegenstände verkauft werden.

Groß-Poritsch
50. Groß-Poritsch
Celle
51. Celle
Cassel
52. Cassel
Cassel
53. Cassel

Da die Baracken der Gefangenenlager meist aus Holz gebaut sind, und eine große Feuergefährlichkeit besteht, mußten Löscheinrichtungen vorgesehen werden. Unter deutscher Anleitung widmeten sich die Kriegsgefangenen gerne den betreffenden Übungen. Unsere Abbildungen zeigen Russen und Franzosen bei solchen Proben.

Erfurt
54. Erfurt
Regensburg
55. Regensburg
Traunstein
56. Traunstein
Aschaffenburg
57. Aschaffenburg

Auch im kleinen wurde das Lager nach Möglichkeit ausgebaut und es fehlte nicht an der Kaninchenzucht, am Lagergeflügel und an der Schweinehaltung zur Verwertung der Abfälle.


 
4. Aufsicht und Bewachung

Um unter den aus allen feindlichen Völkern herangekommenen Kriegsgefangenen die unentbehrliche Disziplin aufrecht zu erhalten, wurden alle Gefangenenlager unter militärische Leitung und Aufsicht gestellt. Für die jüngeren felddienstfähigen Truppen brachte der Krieg wichtigere Aufgaben. So wurden deshalb lediglich Landsturmformationen herangezogen und viele tausend Männer in Amt und Würden, in Sorge um Haus und Hof, Geschäft und Beruf eilten nach den vielen Hunderten von Gefangenenlagern, um bei der Beaufsichtigung und Bewachung mitzuwirken. Auch Verwundete des Krieges gesellten sich hinzu. Die Offizierkorps setzten sich zusammen aus ehemaligen Berufsoffizieren, die sich jetzt wieder dem Vaterlande zur Verfügung stellten, aus verabschiedeten und wieder eingetretenen Landwehroffizieren und aus Herren, deren Gesundheitszustand die Tätigkeit im Felde nicht mehr gestattete. Und trotz dieser zusammengewürfelten Truppen, die oft schon viele Jahre hindurch den militärischen Dienst nicht mehr gekostet hatten, wurde sehr bald überall ein absolut soldatisches Leben eingerichtet, und die Kriegsgefangenen lernten bald erkennen, daß auch die älteren Landsturmleute ihren Aufgaben voll gewachsen waren.

Wie die Einrichtung der Lager für die Heeresverwaltung große Aufgaben bedeutete, so traten auch in dem Lager an das Aufsichts- und Bewachungspersonal besondere Ansprüche heran. Die Umgebung des Lagers und besonders die Tore, sowie auch mehrere Innenstellen mußten durch Posten besetzt werden, und etwa ein Drittel der ganzen Wachtmannschaften wird so durch den besonderen Wachtdienst in Anspruch genommen. Es mußten aber die Kriegsgefangenen auch noch einer besonderen Aufsicht unterworfen werden. Zu diesem Zweck wurden Unterabteilungen begründet, und zwar Kompagnien in Stärken von 200 bis 500 Mann. Mehrere Kompagnien vereinigen sich zu einem Bataillon. Innerhalb der Kompagnien wurden Korporalschaften gebildet.

Guben
58. Guben
Aus dem Gefangenenlager Guben veranschaulicht unser Bild die Paroleausgabe an die deutschen Wachtmannschaften. Täglich mußte recht viel bedacht und angeordnet werden. Wenn die Kriegsgefangenen aus dem Operationsgebiete eintrafen, erfolgte zunächst ihre Untersuchung und Namensfeststellung. Merkwürdige Dinge fanden sich dann in den Taschen und Bündeln der Ange- [11] kommenen, z. B. Standuhren, Silbergerät, Seidenzeug, Damenwäsche und dergleichen, die wohl nicht auf ganz rechtmäßige Weise in ihren Besitz gelangt waren und deshalb konfisziert wurden. Natürlich wurden Karten und Papiere, die für die militärischen Operationen von irgendwelcher Bedeutung sein konnten, ebenso wie die Waffen, abgenommen. Ihr wirkliches Eigentum ließ man dagegen den Kriegsgefangenen und nahm nur größere Barsummen in Verwahrung, um sie ihnen auf Wunsch nach und nach wieder auszuzahlen.

Wie bei der Unterbringung besteht natürlich auch in bezug auf die Aufsicht ein großer Unterschied zwischen kriegsgefangenen Offizieren und Mannschaften. Erstere sind in besonderen Lagern untergebracht, erhalten eine standesgemäße Behandlung, sind in Selbstverpflegung, da sie Gehalt beziehen, und für ihre Verpflegung bei dem zugelassenen Ökonom oder in Selbstverwaltung Sorge tragen. Die Mannschaften werden hingegen in ihren Lagern von der Verwaltung verpflegt und bekleidet. Der Tagesdienst wird auf Stunde und Minute genau geregelt. Man gibt den Gefangenen Gelegenheit, bei dem Lagerdienst tätig mitzuwirken und, wo es irgend möglich ist, auch Arbeit außerhalb des Lagers aufzusuchen. Appells sind fortlaufend notwendig, einmal um die Zahl festzustellen und weiter auch, um bestimmte Leute auszuwählen. Unsere Abbildungen zeigen das Antreten in Bütow und in dem Zivilgefangenenlager Rastatt. Beim Ausmarsch und bei der Rückkehr des Lagers erfolgt stets ein genaues Zählen.

Bütow
59. Bütow
Rastatt
60. Rastatt
Wasbek
61. Wasbek
Signal-Instruktion der Kriegsgefangenen
62. [o. A. d. Lagers]

Zwickau
63. Zwickau II
Parchim
64. Parchim
Grafenwöhr
65. Grafenwöhr
Königsbrück
66. Königsbrück
Grafenwöhr
67. Grafenwöhr
Eines unserer Bilder veranschaulicht, wie den Kriegsgefangenen unter Vermittelung des Dolmetschers die Bedeutung verschiedener Signale, die zum Appell, zum Essenholen und dergleichen auffordern, erklärt wird.

Eine große Arbeit verursacht die Briefzensur. Ein jeder Gefangene darf monatlich 4 Postkarten und 2 Briefe schreiben und ist im Empfang der Postsachen unbeschränkt. Jeder abgehende und jeder ankommende Brief wird geprüft. Es ist klar, daß hierzu ein großes Aufgebot von Personen und namentlich von Dolmetschern gehört. Der Kriegsgefangene hat in Deutschland die Sicherheit, daß jeder Brief stets gewissenhaft ausgehändigt wird, wenn er nicht, wie es allerdings geschieht, falsche Nachrichten enthält, die den deutschen Interessen zuwiderlaufen. Auch in diesen Fällen erhält der Adressat Nachricht, daß ein solches Schreiben eingelaufen ist.

Da die Kriegsgefangenen, namentlich Franzosen, Engländer, Belgier recht viel Geldsendungen erhalten, ist in allen größeren Gefangenenlagern eine besondere Kassenabteilung vorhanden, die das Geld in Empfang nimmt, unter Beteiligung der Gefangenen einwechselt und dem Empfänger auf einmal oder in Raten auszahlt. Ganz besondere Mühe verursacht der Paketverkehr. Ohne Einschränkung wird den Kriegsgefangenen jede eintreffende Sendung, sofern nicht erlogene Zeitungsnachrichten oder Mittel, die zur Flucht dienen können, sich darin befinden, ausgehändigt. In dem Gefangenenlager Stuttgart II mit 2400 Gefangenen kamen in einem Monat 17 000 Pakete an. Die Abbildungen aus dem Lager Grafenwöhr und Landshut zeigen die Wagen mit Paketen, wie sie täglich von der Post abgeholt werden. Jedes einzelne Paket muß unter deutscher Aufsicht geöffnet werden. Da kommen oft allerlei Überraschungen vor, wie z. B. in dem gesandten Brot sich eine Flasche des verbotenen [12] Alkohols eingebacken findet oder in der übersandten Unterjacke Zeitungen mit Karikaturen und Lügennachrichten, die sich gegen Deutschland richten, eingenäht sind, und selbst in zugelöteten Konservenbüchsen Fluchtwerkzeuge entdeckt werden. Obwohl viele übersandte Lebensmittel verdorben ankommen und manchmal sogar die Kriegsgefangenen in großen Mengen Leckerbissen erhalten, die den Wachtmannschaften und der Zivilbevölkerung versagt sind, hat man doch von der deutschen Heeresverwaltung bis jetzt keine Einschränkung dieses ungeheuren Paketverkehrs vorgenommen.

Auch Liebesgabensendungen werden gern den Kriegsgefangenen ausgeteilt. Die deutschen Offiziere und Unteroffiziere sehen die Kriegsgefangenen nicht mehr als Feinde an, sondern als ihre Pflegebefohlenen und sind froh, wenn sie dem armen Teufel, der nichts von zu Hause geschickt erhält, durch Liebesgaben die Möglichkeit bieten können, auch einmal Tabak oder Tee, Schokolade und Wäsche zu erhalten.

Landshut
68. Landshut
Friedrichsfeld
69. Friedrichsfeld
Minden I
70. Minden I
Güstrow
71. Güstrow

Es ist wahrlich keine leichte Aufgabe für den bejahrten Landsturmmann, monatelang den Aufsichts- und Bewachungsdienst im Gefangenenlager auszuführen. Aber ihn stärkt der Gedanke, daß er ebenso wie die jüngeren Kameraden an der Front mit dem geladenen Gewehr und bei dem Bewachungsgeschütz als Posten seinen bescheidenen Teil im Dienste des Vaterlandes beitragen kann.


 
5. Ernährung

4500 Kochkessel von je 500 Liter sind notwendig, um für 1½ Millionen Menschen eine einzige Mahlzeit zu bereiten. Dies beleuchtet allein schon die gewaltige Aufgabe der Ernährung der Kriegsgefangenen. Wenn von einem einzigen Stoffe nur 100 Gramm gegeben werden, so sind es für das Ganze schon 3000 Zentner. Von der Kartoffel, als der wichtigsten Grundlage der Gefangenenernährung, rechnet man auf den Kopf und den Tag rund 1000 Gramm, das ergibt somit täglich 30 000 Zentner. Um den Fleischbedarf der sämtlichen Kriegsgefangenen an einem Tage zu decken, sind 600 Schlachtrinder erforderlich.

Nachdem man anfänglich die Ernährung der Kriegsgefangenen so gut durchführte, wie es möglich war, hat man nach und nach besondere Einrichtungen getroffen. Es wurde zunächst der Grundsatz der Eigenwirtschaft durchgeführt, d. h. die Ernährung stets in Selbstverwaltung durch die betreffenden Lagerkommandanturen ausgeübt, denn das System der Verpflegungsunternehmer hatte sich vielfach nicht bewährt. Die Ernährung wurde auf wissenschaftliche Grundlage gestellt, in der Weise, daß auf den Kopf und den Tag

anfänglich 85 Gramm, später 90 Gramm Eiweiß
" 40 " " 30 " Fett
" 475 " " 500 " Kohlehydrate

mit einem Zuschlag von 10 Prozent für arbeitende oder schlecht ernährte Kriegsgefangene als die zu gebende Nährstoffnorm festgesetzt wurden, und für jedes Lager die Ausarbeitung von Speiseplänen nach Art des nachstehenden befohlen [13] wurde. Dadurch werden die ausübenden Beamten zum steten Nachdenken und Rechnen angehalten. Es ist eine zuverlässige Garantie gegeben, daß der Gefangene ausreichende Nahrung erhält, und es wird anderseits eine Verschwendung von Nahrungsstoffen verhütet, was im Interesse der Volksernährung natürlich von Bedeutung ist. Es ist ferner die Einrichtung getroffen worden, daß die wichtigsten Nahrungsstoffe und Dauerwaren durch das Kriegsministerium im großen angekauft und an die einzelnen Gefangenenlager auf Anforderung verteilt werden. Nachgewiesenermaßen waren die Preise des Großhandels 15%, die Preise des Kleinhandels 50% höher als die vermittelten Werte, wodurch natürlich für die Staatskasse viele Millionen erspart werden.

Güstrow
72. Güstrow
Grafenwöhr
73. Grafenwöhr
Schneidemühl
74. Schneidemühl
Gütersloh
75. Gütersloh
Hannoversch-Münden
76. Hann.-Münden
Die Anfuhr des nötigen Proviantes an die Gefangenenlager erfolgt durch Bahn und Wagen, wie unsere Abbildungen zeigen. Kartoffel und Gemüse werden in besonderen Hallen gereinigt und dann mit Fleisch, Mehl, Hülsenfrüchten und anderen Zutaten in die Kochkessel gebracht. Es gibt in einzelnen Gefangenenlagern Zentralküchen, manche sogar mit modernsten Dampfkochherden; die meisten aber haben Kessel von durchschnittlich 500 Liter Inhalt mit direkter Feuerung. Es lassen sich sehr wohl 10 000 Mann von einer Küche aus speisen und es entsteht dadurch der Vorteil des Großbetriebes und der besseren Aufsicht, während die Verteilung der Speisen günstiger ist, wenn in mehreren kleineren Küchen, jedoch nicht für weniger als 1000 Mann gekocht wird. Unser Bild gibt eine derartige Küche wieder, in der Reihen von 10 – 30 Kochkesseln angeordnet sind, die von der einen Seite gefeuert und mit dem Material beschickt werden, von der anderen Seite zur Essenausgabe entleert und immer von den Kriegsgefangenen unter deutscher Aufsicht bedient werden. Für Lazarette und Offiziergefangenenlager sind es Küchen in besserer Ausstattung, wie das nächste Bild angibt. Die kriegsgefangenen Offiziere verschmähen es nicht, mit Hilfe der ihnen zugeteilten Burschen ihre Küche selbst zu leiten, obwohl es oft Schwierigkeiten bereitete, die Geschmacksrichtungen der verschiedenen Verbündeten miteinander zu vereinigen. Ein Vertrauensmann der Kriegsgefangenen soll stets in der Küche tätig sein und etwaige Wünsche übermitteln. Es fehlt nicht an Küchengeräten aller Art, und auch der Speisezettel wird in der Küche stets öffentlich angeschlagen, wie aus dem Bild aus Minden hervorgeht.

Das Kommando zur Küche ist im allgemeinen bei den Kriegsgefangenen sehr beliebt. In einem Lager von 10 000 Gefangenen, in dem täglich 200 Zentner Kartoffeln verabreicht werden, bedarf es allein 100 und mehr Mann zur Arbeit des Kartoffelschälens. Da man aber für die Kriegsgefangenen wichtigere Arbeiten ermittelte, mußte auch hier zur Schälmaschine gegriffen werden, und es finden sich in manchen Lagern eine ganze Reihe derartiger Maschinen aufgestellt.

Minden II
77. Minden II
Friedrichsfeld
78. Friedrichsfeld
Wittenberg
79. Wittenberg
Gütersloh
80. Gütersloh

Danzig-Troyl
81. Danzig-Troyl
Wasbek
82. Wasbek
Eine eigene Bäckerei hat man in vielen Lagern eingerichtet, oft mit modernsten Dampfbacköfen oder auch mit den von den Gefangenen selbst gemauerten steinernen Hausbacköfen, und da sich gelernte Bäcker genügend finden, so zeitigt die Herstellung frischen Brotes in Eigenwirtschaft gute Ergebnisse. Ebenso hat sich das Schlachten im Gefangenenlager selbst gut bewährt und die Berufsfleischer schaffen aus den gelieferten Schlachttieren mit der größten Freude das benötigte Fleisch und stellen auch die riesigen Mengen benötigter Wurst her. [14-15=Faksimiles] [16] Die Knochen aber werden in Autoklaven zu schmackhafter Fleischbrühe ausgekocht.

In den Mannschafts-Gefangenenlagern gibt es gewöhnlich morgens Kaffee mit Zucker, mehr aber noch eine kräftige Suppe. Die 300 Gramm Brot, die der Gefangene geliefert bekommt, werden zum großen Teil beim ersten oder zweiten Frühstück aufgebraucht. Zu Mittag ist die Hauptmahlzeit, bestehend aus Kartoffeln, Gemüse und Fleisch. Zweimal in der Woche wird aber das Fleisch gewöhnlich durch Fisch, natürlich in entsprechend größerer Menge, ersetzt. Zu Abend gibt es wiederum 1 Liter kräftige Bohnensuppe oder Kartoffeln mit Hering oder Brei mit Obst, Kartoffelsalat mit Wurst, Tee mit Brot und Käse oder dergleichen mehr.

Antreten zum Essenempfang.
83. [o. A. d. Lagers]
Internierte beim Essenempfang
84. [o. A. d. Lagers]
Grafenwöhr
85. Grafenwöhr
Hammerstein
86. Hammerstein
Ludwigsburg
87. Ludwigsburg
Gütersloh
88. Gütersloh
Ohrdruf
89. Ohrdruf
Die Ausgabe des Essens aus der Küche erfolgt entweder in großen Kübeln, jeder für eine Korporalschaft von 10 bis 50 Personen bestimmt, oder die Gefangenen treten mit ihren Eßnäpfen an den Kochkessel heran und empfangen dort ihre Portion von 1 bis 1½ Liter. In den Zivilgefangenenlagern geht das Essenausgeben nicht so mit militärischer Ordnung zu, aber auch hier wird dafür gesorgt, daß keiner übersprungen, sondern jeder gesättigt wird. Den Franzosen ist in vielen Lagern durch Einrichtung kleinerer Kochherde Gelegenheit geboten, die aus der Heimat gesandten Nahrungsmittel zusammen mit dem gelieferten Essen zu einem aus mehreren Gängen bestehenden "Diner" oder "Souper" nach ihrem Geschmack sich zuzubereiten. Für den Russen ist es dagegen ein Bedürfnis, sich auf dem Lagerhofe auf einem Holzfeuer den gewohnten Tee herzustellen. In den Baracken wird dann schließlich an kleineren oder größeren Tischen die Mahlzeit eingenommen. In den Offizierlagern fehlt es nicht an hellen, luftigen Speisesälen. Diejenigen, die aber das Bedürfnis haben, im kleinen Kreise zu speisen und sich an besonderen Zusendungen zu ergötzen oder nach rituellen Vorschriften zu leben, finden auch hierzu ein ruhiges Plätzchen. Im Arbeitslager schmeckt das Essen auch im Freien.

Hammerstein
90. Hammerstein
Puchheim
91. Puchheim
Hammelburg
92. Hammelburg
Lagerkantine
93. [o. A. d. Lagers]

Diejenigen, denen das reichliche, aber doch einfache gebotene Essen nicht genügt, können aus übersandtem oder verdientem Gelde sich in den Kantinen, die allerwärts eingerichtet sind, noch Nahrungsmittel aller Art kaufen.

Das Brotausteilen wird besonders sorgfältig vorgenommen. Und schließlich ist in den meisten Lagern dafür gesorgt, daß nichts zugrunde geht und das, was an Kartoffelschalen und Speiseresten übrig bleibt, noch durch die Lagerschweine ausgenutzt wird, die dann selbst wieder im Kreislauf des Stoffes in der Küche enden.

Ulm
94. Ulm a. D.
Erlangen
95. Erlangen
Soltau
96. Soltau


 
6. Körperpflege

Sagan
97. Sagan
Ein Teil der Kriegsgefangenen, die aus dem Osten eintrafen, zeigten sich mit Cholera, Typhus, Ruhr und vor allen Dingen mit dem verheerenden Flecktyphus behaftet. Letztere Krankheit ist besonders gefährlich durch die große Ansteckungsfähigkeit und die oft tödliche Wirkung für den Deutschen, der davon betroffen wird,während die Russen in höherem Grade widerstehen. Da als Überträger die Laus erkannt wurde, mußte dagegen mit aller Energie angekämpft werden. So [17] wurden in jedem Lager Desinfektionsapparate aufgestellt und auch Desinfektionskammern erbaut, in denen nicht nur die Kleidung, vielmehr auch Decken, Strohsäcke durch Dampf, Heißluft oder Desinfektionsdämpfe von allen Parasiten und Krankheitsstoffen befreit wurden.

Zwickau II
98. Zwickau II
Grafenwöhr
99. Grafenwöhr
Grafenwöhr
100. Grafenwöhr
Grafenwöhr
101. Grafenwöhr

Ohrdruf
102. Ohrdruf
Würzburg
104. Würzburg
Systematisch wurde diese Desinfektion in bestimmten Zeiträumen wiederholt und gleichzeitig ein gründliches Baden und Abseifen des Körpers vorgenommen. Stattliche Badehäuser finden sich in den größeren Lagern. Den Kriegsgefangenen, die monatelang nicht aus ihrer Kleidung im Felde gekommen waren, wurde es bald eine Wohltat, von ihren Plagegeistern befreit zu werden und sie warteten vor der Badeanstalt geduldig auf die Stunde, die ihnen Zutritt gestattete. Matratze und Kleider werden öfters im Lagerhof gesonnt und gelüftet. Während der warmen Jahreszeit wurden an Bächen und Teichen Einrichtungen zu Brause- und Schwimmbädern getroffen und gern den Kriegsgefangenen zur Verfügung gestellt. Auch an Wannenbädern, namentlich in Offizierlagern, fehlt es nicht.

Zur täglichen Körperwaschung sind in allen Lagern Einrichtungen getroffen. Die kriegsgefangenen Barbiere lassen es an Verschönerungskünsten an ihren Kameraden nicht fehlen. Selbst die Schermaschine hat man zur Beseitigung der urwaldlichen Haupt- und Barthaare in Anwendung gebracht. Überall sind auch Vorkehrungen getroffen, daß die Kriegsgefangenen ihre Leibwäsche selbst reinigen können, was ihnen vor der Gefangennahme oft in Monaten nicht möglich war.

Wahn
103. Wahn
Hahnöfersand
105. Hahnöfersand
Puchheim
106. Puchheim
Hammelburg
107. Hammelburg


 
7. Krankenfürsorge

Langensalza
108. Langensalza
Grafenwöhr
109. Grafenwöhr
Chemnitz
110. Chemnitz
Schneidemühl
111. Schneidemühl
Das, was die deutsche Medizin in den Kriegsgefangenenlagern geleistet hat, stellt sich würdig der Arbeit der deutschen Ärzte und Sanitätsmannschaften im Felde an die Seite. In jedem Gefangenenlager wurden entsprechend der Größe ein oder mehrere Militärärzte eingestellt. Es fanden sich bewährte medizinische Autoritäten, die sich freiwillig zur Verfügung stellten und ihre Praxis im Stiche ließen. Von der Medizinalabteilung des Kriegsministeriums wurden zwei Sanitätsinspektionen für die Kriegsgefangenen eingerichtet. Man war aber auch genötigt, die Hilfe der fremden Militärärzte in Anspruch zu nehmen, da sie mit ihren gefangenen Landsleuten sich besser verständigen konnten als die deutschen Sanitätsoffiziere. Auch das Sanitäts-Unterpersonal wurde überall verwendet und leistet unter deutscher Aufsicht gute Dienste.

Nach der Einlieferung mußten zunächst bei allen Kriegsgefangenen die Impfungen vorgenommen werden, und zwar gegen Cholera, Typhus, sowie gegen Pocken in der notwendigen mehrfachen Ausführung, bei Hunderttausenden von Gefangenen eine riesige und kostspielige Aufgabe. Schwerkranke und schwerverwundete Gefangene werden in Reserve- oder Festungslazaretten aufgenommen, wo sie in völlig gleicher Weise wie die deutschen Heeresangehörigen untergebracht und behandelt werden.

Hat sich ihr Zustand gebessert, so werden sie in die besonderen Kriegsgefangenenlazarette übergeführt, die bei jedem Lager eingerichtet sind. In diesen werden auch die in den Lagern selbst erkrankenden Gefangenen behandelt, sofern nicht bei leichten Fällen die Behandlung in den einfacher ausgestatteten Revier- [18] stuben erfolgen kann oder die Schwere des Falles eine Verlegung in ein Reservelazarett – namentlich zur Ausführung größerer Operationen – erforderlich macht.

Auch über die unmittelbare Behandlung hinaus wird den Gefangenen erforderlichenfalls weitere Fürsorge zuteil, indem ihnen z. B. Stelzfüße oder einfachere künstliche Glieder, künstliche Augen, auch Zahnersatz usw. gewährt wird. Zurzeit ist die Einrichtung einiger besonders günstig gelegener Lager zur Unterbringung von tuberkulösen Gefangenen in Vorbereitung, deren es bei dem zum Teil sehr massigen Menschenmaterial unserer Feinde reichlich gibt.

Ludwigsburg
112. Ludwigsburg
Bütow
113. Bütow
Friedrichsfeld
114. Friedrichsfeld
Ingolstadt
115. Ingolstadt

Gütersloh
116. Gütersloh
Für erholungsbedürftige und kranke Offiziere sind einige besondere Kuranstalten eingerichtet, so in Clausthal und Wildemann im Harz, Colberg (S.-M.), Augustabad bei Neubrandenburg, Wahmbeck, Bad Stuer. Die beiden Aufnahmen aus Lazarettbaracken zeigen, daß man hier an gesunden Räumen und bequemen Betten nicht sparte, und das Bild aus dem Verbandszimmer des Reservelazaretts Ingolstadt führt uns vor Augen, daß man den verwundeten und erkrankten Feind durch Ärzte und Schwestern mit der gleichen Sorgfalt behandelt wie den eigenen Landsmann. Die Lazarette sind mit Laboratorium und Apotheke vortrefflich ausgestattet. Ganz besonders legte man aber Wert darauf, daß die Genesenden sich in ausgedehnten Lazaretthöfen ergehen und erholen konnten.

Zossen
117. Zossen
Lübeck
118. Lübeck
Münster i .W.
119. Münster i. W.
Münster i. W.
120. Münster i. W.


 
8. Beschäftigung

Langensalza
121. Langensalza
Dülmen
122. Dülmen
Landshut
123. Landshut
Friedrichsfeld
124. Friedrichsfeld
Wasbek
126. Wasbek
Daß die Arbeit der größte Segen für den strebenden Menschen und Müßiggang aller Laster Anfang ist, zeigt sich in den Kriegsgefangenenlagern im besonderen Grade. Nach den Schrecken des Feldzuges wirkte die Aufnahme in die Gefangenenlager zunächst beruhigend. Aber für junge kräftige Menschen mußte bald das tatenlose Leben bei der unvermeidlichen Zusammenlegung, bei der gleichzeitigen Sehnsucht nach der Heimat deprimierend einwirken. So meldeten sich die besseren Elemente der Gefangenen gern freiwillig zu irgendwelcher Arbeit, die ihnen geboten wurde, zumal sie dadurch noch einen gewissen Verdienst erzielen und so ihre Lage aufbessern konnten. Der Abmarsch zur Arbeit zeigt deshalb im allgemeinen frohe Gesichter.

Als Arbeitsgelegenheit kam zunächst die Hilfe in der Landwirtschaft in Betracht, um die Millionen, die dem Rufe des Vaterlandes zum Kampfe an der Front gefolgt waren, zu ersetzen. Bis herab zu Trupps von 10 Mann werden Kriegsgefangene für die Landgüter und Gemeinden mit Landsturmleuten zur Bewachung abgegeben und innerhalb der Gemeinde kann auch noch eine Teilung in kleinere Zahlen vorgenommen werden. Bei der Beschäftigung mit Landarbeit stellt der Arbeitgeber Unterkunft und Verpflegung sowie einen dem Gefangenen auszuhändigenden Tagelohn von 30 Pf. Bei vielen Arbeitgebern verdienen fleißige Gefangene durch Gewährung von Zulagen oder Akkordlohn wesentlich mehr. In großer Zahl zog man auch Gefangene zu Meliorationen, namentlich zur Moorkultur heran. Damm- und Grabenbauten wurden vorgenommen. Roden, Holzhauen und Urbarmachung von Wald sind weiter Kulturarbeiten, in denen sich die Gefangenen betätigten. Mit Holz für Küche und Ofen beladen sieht [19] man sie oft von solchen Arbeiten nach Hause kehren. Wege- und Bahnbauten sind dann gleichfalls in größerem Maßstabe durch die Kriegsgefangenen vorgenommen worden. Viele Tausende fanden aber auch in Bergbau und Industrie Verwendung, wobei sie hohe Verdienste erzielen, die sie entweder zum persönlichen Bedarf verausgaben oder auch für die Heimkehr sich aufsparen.

Löcknitz
125. Löcknitz
Münster
127. Münster
Grafenwöhr
128. Grafenwöhr
Minden I
129. Minden I

Minden I
130. Minden I
Die Arbeiten der Kriegsgefangenen zerfallen in zwei Gruppen, solche die für Privatleute in Industrie und Landwirtschaft ausgeführt werden und sogenannte gemeinnützige Arbeiten. Es läßt sich wohl sagen, daß durch die Kriegsgefangenen manche Lücke ersetzt wurde, die infolge der Einberufung aller wehrfähigen Männer entstanden ist. An gemeinnützigen Arbeiten sind Tausende von Hektaren Moor und Unland kultiviert worden, es sind viele Kilometer Chausseen und Eisenbahnen gebaut, Kanäle angelegt und auch sonstige öffentliche Bauten gefördert worden.

Wasbek
131. Wasbek
Kriegsgefangene als Schlosser
132. [o. A. d. Lagers]
Bütow
133. Bütow
Grafenwöhr
134. Grafenwöhr

Der Lagerdienst selbst benötigte stets eine größere Anzahl von Gefangenen zum Kartoffelsortieren und Einmieten, oder zum Gemüsebau und zur Ziergärtnerei, in erster Linie aber in der Schuhmacherwerkstätte des Lagers oder in der Schneiderwerkstatt oder in der Tischlerei.

Eichstätt
135. Eichstätt
Güstrow
136. Güstrow
Cassel
137. Cassel
Aschaffenburg
138. Aschaffenburg

Die kriegsgefangenen Russen leisteten auch ganz Hervorragendes in der Korbflechterei und in der Schnitzerei; auch Strohflechterei wurde betrieben. Zementarbeiter nutzten ihre Fertigkeiten zur Verschönerung des Lagers oder auch zur Herstellung von Verkaufsgegenständen aus. Unter den Russen fanden sich Mosaikarbeiter, die sich mit allerlei schönen Verzierungen des Lagers verewigten.

Zossen
139. Zossen
Groß-Poritsch
140. Groß-Poritsch
Heuberg
141. Heuberg
Neuhammer
142. Neuhammer

Schließlich waren die Bildhauer und Maler und namentlich auch Amateure in den Offizierlagern bestrebt, ihre Kunst zur Geltung zu bringen, so daß in manchem Lager eine kunstgewerbliche Ausstellung veranstaltet wurde und die betreffenden Kunstwerkstätten sogar für den Verkauf recht ansehnliche Gegenstände herstellen konnten, die dem Autor manche willkommene Einnahme ermöglichten. – Viele Kriegsgefangene können auch zu nutzbringender Arbeit außerhalb des Lagers herangezogen werden.

Zossen
143. Zossen
Celle
144. Celle
Stargard
145. Stargard
Friedrichsfeld
146. Friedrichsfeld


 
9. Unterhaltung

Halle a. S.
147. Halle a. S.
Stuttgart
148. Stuttgart
In den Mußestunden der Arbeit und zur Abwechslung des eintönigen Lagerlebens, sowie zur Beschäftigung derer, die nicht andere Arbeit leisten konnten, mußte an Unterhaltung aller Art gedacht werden. In den Offizierlagern und auch in manchen Mannschaftslagern ging die Anregung von den Kriegsgefangenen selbst aus. Vielfach mußten aber auch Kommandanten und das deutsche Aufsichtspersonal mit Anregung und Förderung an die Gefangenen herantreten. In erster Linie bot Musik und Gesang die beste Zerstreuung für die Ausübenden und zugleich einen Genuß für die Kameraden. Kapellen bildeten sich allerwärts, die Instrumente wurden ihnen beschafft; in Offizierlagern fehlte es sogar nicht an dem Piano. Es gibt auch Orchester mit selbst angefertigten Instrumenten oder unter einem deutschen Kapellmeister. Das Sonntagskonzert im Lager Chemnitz zeigt, daß nicht nur die Gefangenen, vielmehr auch die deutschen Offiziere und Unteroffiziere aufmerksame Zuhörer wurden. [20] In den Lazaretten wurden gern von dem Lagerorchester zur Erheiterung der Verwundeten und Kranken musikalische Unterhaltungen veranstaltet.

Danzig-Troyl
149. Danzig-Troyl
Chemnitz
150. Chemnitz
Göttingen
151. Göttingen
Groß-Poritsch
152. Groß-Poritsch

Erfurt
154. Erfurt
Stuttgart II
155. Stuttgart II
Gefangene, die nicht auf Arbeit eingeteilt sind, müssen durch Exerzieren und Freiübungen unter Anführung ihrer eigenen Unteroffiziere sich körperlich frisch erhalten. Turnen und Gymnastik werden gleichfalls überall gepflegt, ebenso Sprungübungen und Tennis. Regelrechte Rennen finden statt und die Gruppe, die im Offizierlager Werl zum Wettstreit antritt, läßt auf vielversprechende Leistungen hoffen. Fußball ist natürlich bei allen Nationen, besonders den Engländern beliebt, auch Kugel- und Kegelspiel wird eifrig betrieben.

Groß-Poritsch
153. Groß-Poritsch
Rastatt
156. Rastatt
Celle
157. Celle
Rastatt
158. Rastatt

Rastatt
159. Rastatt
Werl i. W.
160. Werl i. W.
Schneidemühl
161. Schneidemühl
Eichstätt
162. Eichstätt

Die Russen zeigen gern ihre Fertigkeit in Volkstänzen, und die Engländer in Ruhleben können natürlich nicht ohne Veranstaltungen von richtigen Boxkämpfen auskommen. Croquet, Lotto und Schach werden gleichfalls gepflegt. Das Kartenspiel muß beaufsichtigt werden, daß es nicht zum verbotenen Glücksspiel ausartet.

Landhut
163. Landshut
Ruhleben
164. Ruhleben
Czersk
165. Czersk
Offiziere beim Croquetspiel
166. [o. A. d. Lagers]

Ohrdruf
167. Ohrdruf
Königsbrück
168. Königsbrück
Heuberg
169. Heuberg
Celle
170. Celle

Die darstellende Kunst hat es in den deutschen Kriegsgefangenenlagern zu großen Leistungen gebracht, wie unsere Abbildungen zeigen.

Amberg
171. Amberg
Münster II
172. Münster II
Stuttgart II
173. Stuttgart II
Stuttgart
174. Stuttgart

Daß es den Gefangenen an Gelegenheit zu Spaziergängen nicht fehlt, lehren die Ansichten aus dem Offiziergefangenenlager Marienberg und dem Mannschaftslager Grafenwöhr. Die Gruppe gefangener Engländer in Schneidemühl macht gewiß keinen niedergeschlagenen Eindruck.

Grafenwöhr
175. Grafenwöhr
Marienberg
176. Marienberg
Grafenwöhr
177. Grafenwöhr
Schneidemühl
178. Schneidemühl

Heuberg
179. Heuberg
Rastatt
180. Rastatt
Daß sich die Gefangenen in der Freizeit auch gern der Lektüre und Handarbeiten widmen, wird auf dem Bild aus dem Lager Heuberg dargestellt. Schließlich fehlt auch in den Zivilgefangenenlagern der Kinderspielplatz nicht, damit es den internierten Kleinen an nichts mangelt. Sie haben außerdem an deutschen Unteroffizieren ihre besonderen Beschützer und manche Tafel Schokolade wird ihnen mitgebracht.


 
10. Religiöser Kultus

Traunstein
181. Traunstein
Fast alle Religionsbekenntnisse sind in den deutschen Kriegsgefangenenlagern vertreten und allen hat man Gelegenheit gegeben, den Segen der Religion zu genießen. Es wurden vorhandene Kirchen, wie im Zivilgefangenenlager Traunstein, zur Verfügung gestellt oder es wurden auch Kirchen, wie in Senne, neu eingerichtet. Vorhandene Lagerbaracken sind ferner von Kriegsgefangenen selbst nach den Wünschen ihrer Geistlichen in würdiger Weise als Kirchen ausgestattet worden. Das Innere der russischen und der französischen Kirche im Gefangenenlager Königstein macht gewiß einen erhebenden Eindruck. Für die jüdischen Kriegsgefangenen fehlt es nicht an der Synagoge.

Senne II
182. Senne II
Zwickau II
183. Zwickau II
Königstein
184. Königstein
Königstein
185. Königstein

Zwickau II
186. Zwickau II
Sprottau
187. Sprottau
Rastatt
188. Rastatt
Görlitz
189. Görlitz

Die große Zahl der Gefangenen macht es auch nötig, Feldgottesdienste im Freien abzuhalten, die sich aber doch recht feierlich vollziehen können. Der Gottesdienst im Zivilgefangenenlager Rastatt hat durch die Anwesenheit der Schwestern und Kinder besonderes Interesse. Daß aber, wie aus dem Bilde von Heuberg dargestellt, ein deutscher Fürst, Se. Kgl. Hoheit Prinz Max von Sachsen, den russischen Kriegsgefangenen in ihrer Muttersprache predigt, dürfte wohl ohne Analogie in Feindeslanden dastehen.

Hammerstein
190. Hammerstein
Danzig-Troyl
191. Danzig-Troyl
Zossen
192. Zossen
Heuberg
193. Heuberg

Wie man den in der Gefangenschaft Verstorbenen militärische Ehren und ein würdiges Begräbnis zuteil werden ließ, belehren vier Bilder aus ver- [21] schiedenen Lagern. Die Verstorbenen fanden Aufnahme entweder auf den vorhandenen Begräbnis-Plätzen oder in größeren Lagern auf besonders zu dem Zweck errichteten Friedhöfen und die Gefangenen ließen es sich nicht nehmen und wurden darin gerne von den Lagerkommandanturen unterstützt, ihren verschiedenen Kameraden ein dauerndes Denkmal zu setzen.

Königsbrück
194. Königsbrück
Ohrdruf
194. Ohrdruf
Rastatt
196. Rastatt
Rastatt
197. Rastatt


 
11. Belehrung

Auch in geistiger Beziehung wurde für die Kriegsgefangenen gesorgt, oder sehr weitherzig ihrem eigenen Drange freie Hand gelassen.

Die Abgeschlossenheit der Kriegsgefangenen von der Welt machte es notwendig, ihnen Gelegenheit zu geben, nicht nur die weltgeschichtlichen Ereignisse, an denen sie ja Anteil genommen hatten, weiter zu verfolgen, sondern auch sich geistig zu beschäftigen.

Göttingen
198. Göttingen
Cassel
199. Cassel
Ohrdruf
200. Ohrdruf
Halle a. S.
201. Halle a. S.
Grafenwöhr
202. Grafenwöhr
Heuberg
203. Heuberg
Die deutsche Heeresverwaltung gab ihnen Zeitungen in ihren Landessprachen und ließ sie auch die deutschen Tageszeitungen lesen. Zum Unterschiede von den deutschfeindlichen Staaten legte Deutschland Wert darauf, daß die Kriegsgefangenen in allen diesen Zeitungen, auch den fremdsprachigen, mit den ungekürzten Kriegsberichten aller kriegführenden Länder bekannt gemacht wurden. Diese unparteiische Stellungnahme ergab wohl zunächst, besonders bei einlaufenden Siegesberichten der Franzosen und Russen einige Unruhe, allmählich aber, unterstützt durch Karten vom Kriegsschauplatz, brach sich doch die Erkenntnis Bahn, daß der deutsche Bericht der zuverlässigere sei. Die Enttäuschung, die dann Platz griff, war eine Lehre, die wohl hart aber doch notwendig war. Gerade die irreführenden Nachrichten der feindlichen Presse waren ja unser ärgster Feind. Hatte da nicht Deutschland alle Veranlassung, sich dagegen zu verwahren?

Herausgerissen aus dem Kriegsgetümmel und geführt in die ruhige Beschaulichkeit des Lagerlebens, herausgenommen aus der Atmosphäre der nervenpeitschenden, vergiftenden Aufhetzerei, begann die ruhige Überlegung Platz zu greifen. Ganz von selbst dämmerte es in den Gehirnen unserer Kriegsgefangenen auf, daß das "Barbarenland", Deutschland, von dem ihnen bisher nur das Schlechteste gepredigt war, ein Land der Ordnung, der Zuverlässigkeit, hoher Kultur und Schönheit sei, ein Land, von dem sie selber sagten, daß es von vielem Nachahmenswertem voll sei. "Keiner hat uns das je gesagt", war ihre Antwort, wenn man mit ihnen davon sprach.

Und so wuchs der Drang, das feindliche Land näher kennen zu lernen. Die große Zahl der Briefe, die um Bücher über Deutschland baten, stieg derart, daß diesem Wunsche gern Rechnung getragen und in allen Kriegsgefangenenlagern Büchereien eingerichtet wurden; doch damit nicht genug. Es entstanden Schulen, in denen neben Lesen, Schreiben, Rechnen in der Muttersprache auch die deutsche Sprache gelehrt und Vorträge gehalten wurden. Auch der Kinematograph wird dieser Sache dienstbar gemacht. Das rastlos schaffende deutsche Kulturleben, in das die Kriegsgefangenen hineingezogen wurden, weckte in ihnen den Drang zur gesteigerten geistigen Arbeit. Zeitungen aller Sprachen [22] entstanden aus ihrem Kreise, selbstverfaßte Theaterstücke erschienen auf den Bühnen der Gefangenenlager. Sängerchöre, Orchester bringen Leben in die hölzernen Städte und neben den schönen feurigen Liedern der Romanen, den zu Herzen gehenden tiefempfundenen slawischen Gesängen hört man oft das deutsche Volkslied, von unseren "Feinden" gesungen.

Dankbar sei hier auch, neben anderen Bestrebungen zum Wohle der Kriegsgefangenen, der reichhaltigen Tätigkeit des "Weltbundes Christlicher junger Männer" gedacht. Mit reichen Mitteln läßt er namentlich besondere Vortragsbaracken mit Lese- und Schreibzimmern – "Gefangenenheime" – erbauen, die erst volle Betätigung des geistigen Lebens ermöglichen. Gern wird das alles von deutscher Seite zugelassen und gefördert; man hoffte damit die Gegenseitigkeit auch in den feindlichen Ländern zu erwecken, um dort zum Wohle unserer deutschen Kriegsgefangenen die gleichen Bestrebungen zu veranlassen. [Scriptorium merkt an: Wie es in diesen feindlichen Ländern, vor allem Frankreich, zuging, lesen Sie hier.]


 
12. Völkertypen

Döberitz
204. Döberitz
Döberitz
205. Döberitz
In den deutschen Kriegsgefangenenlagern bietet sich Gelegenheit, anthropologische Studien anzustellen und die Völker des Erdballes kennen zu lernen. In einer Reihe von Abbildungen mögen die Feinde Deutschlands vorüberziehen, sei es in Gruppen zusammengehöriger Nationen, sei es in Ansichten der "Entente cordiale", die ein beliebtes Motiv zu photographischen Aufnahmen in den Lagern bildete und die auch auf dem Umschlag dieses Heftes dargestellt ist.

Sprottau
206. Sprottau
Schneidemühl
207. Schneidemühl
Kaltenkirchen
208. Kaltenkirchen
Kaltenkirchen
209. Kaltenkirchen

Dem Franzosen und Engländer auf der einen Seite war es nicht immer sehr angenehm, mit dem russischen Bundesgenossen in nahe Berührung zu kommen. Unsere Bilder zeigen schon die großen Verschiedenheiten. Ein typisches Russenbild ist auf der nächsten Photographie ersichtlich, zum Teil stattliche Männer mit intelligenten Gesichtern, zum Teil körperlich den deutschen Soldaten weit unterlegen und mit stumpfem Gesichtsausdruck. Der mongolische Typ kommt bei einer ganzen Reihe von Russen deutlich zum Ausdruck. Gruppenbilder von Franzosen und Belgiern aus Kaltenkirchen und Engländern aus Wahn sind besonders charakteristisch.

Wahn
210. Wahn
Langensalza
211. Langensalza
Sagan
212. Sagan
Hindus im Lager
214. [o. A. d. Lagers]

Wünsdorf
213. Wünsdorf
Daß sich die Verbündeten wenigstens zum Photographieren im Gefangenenlager vereinigten, stellt die Ansicht aus Langensalza dar. Die Darstellung aus Sagan führt uns einen Polen, 2 Russen, 1 Algerier, 1 Franzosen, 1 Kaukasier und 1 Tartaren gemeinschaftlich vor. Die Welt des Islams, sei es aus Nordafrika oder Indien, stellt sich uns in den nächsten Bildern dar. Der Handelsmann des Orients kann auch im Gefangenenlager sein Gewerbe nicht lassen und der vergnügte Kartoffelverkäufer auf unserem Bilde findet sicherlich schon wegen seines biederen Gesichtes guten Zuspruch. Der typische Franzose der Einzelaufnahme ist ebenso interessant wie der koreanische Koch. Eine hübsche Gruppe der "Entente cordiale" ist hier aus dem Lager Ohrdruf. Das Gruppenbild des Offizierlagers in Halle und das Einzelbild aus Werl gibt das Aussehen der kriegsgefangenen Offiziere wieder.

Münster II
215. Münster II
Münster II
216. Münster II
Münster II
217. Münster II
Münster II
218. Münster II

Cassel
219. Cassel
Langensalza
220. Langensalza
Danzig-Troyl
221. Danzig-Troyl
Ohrdruf
222. Ohrdruf

Als Offiziersburschen und Küchenjungen fanden sich unter den russischen Kriegsgefangenen auch eine Reihe von Knaben von 12–15 Jahren. Sieben [23] davon sind mit ihrem deutschen Lehrer auf einem unserer Bilder wiedergegeben. Daß sie in den deutschen Offizieren ihre besonderen Gönner gefunden haben, lehrt das Bild aus Puchheim.

Halle a. S.
223. Halle a. S.
Werl
224. Werl
Kinder
225. [o. A. d. Lagers]
Puchheim
226. Puchheim

Hammerstein
227. Hammerstein
Friedrichsfeld
228. Friedrichsfeld [b. Wesel]
Als Unikum fand sich auch eine Kosakin vom Don in Männerkleidung, die ihren Gatten als Soldat in den Krieg begleitete. Bunt durcheinandergewürfelt nach Völkern und Uniformen ist das Bild aus Wesel.

Die 14 Einzelbilder, welche am Schluß noch folgen, belehren, um mit Friedrich dem Großen zu sprechen, mit welchem Gesindel sich Deutschland herumschlagen muß und was die "Kämpfer für Freiheit und Zivilisation" gegen die "deutschen Barbaren" in das Feld führen. Mit Bitterkeit und Zorn muß der Gedanke erfüllen, daß mancher hochgebildete, hoffnungsvolle deutsche Bruder durch die Kugel oder das Messer dieser Horden endete. Wie es Frankreich oder England verantworten will, daß, wenn es nach ihnen gegangen wäre, solche Gesellen die blühenden deutschen Gauen überfallen und die europäische Kultur um Jahrtausende zurückgeschraubt hätten, darüber mag das Urteil aller rechtlich denkenden Kulturvölker und die Weltgeschichte entscheiden.

Münster II
229. Münster II
Münster II
230. Münster II
Münster II
231. Münster II
Münster II
232. Münster II

Münster II
233. Münster II
Münster II
234. Münster II
Münster II
235. Münster II
Münster II
236. Münster II

Münster II
237. Münster II
Altdamm
238. Altdamm
Altdamm
239. Altdamm
Hammerstein
240. Hammerstein

Altdamm
241. Altdamm
Osnabrück
242. Osnabrück


Wie die Kriegsgefangenen selbst über die ihnen im Deutschen Reiche zuteil gewordene Behandlung sich ausdrücken, mag durch einige Briefe noch zum Schlusse erläutert werden. Es sind dies Beispiele von vielen Tausenden von Schreiben ähnlichen Inhalts.

Arsenè D. an Herrn Bertin D.:
..... Seit ich in Heiligenstadt bin, habe ich um 4 kg zugenommen. Man wird gut beköstigt und hat fünf Mahlzeiten täglich; die Küche wird von katholischen Schwestern besorgt. Ab und zu hält ein Lehrer, der Frankreich, insbesondere Arras gut kennt, einen Vortrag in französischer Sprache. Alles das zerstreut uns.

Omer N. an Frl. Maria P.:
Ich bin verändert. Vor dem Krieg wog ich 60 kg, jetzt sind es 70. Ich bin dauernd gesund. Ich bin jetzt auf Arbeit gegangen. Ich habe gute Kost und gutes Bett und bin vergnügt.

Belgischer Kriegsgefangener Michiel G. an seinen Bruder:
Etwas fett bin ich geworden, von gutem Leben. Arbeiten auf dem Büro tue ich noch immer. Wir werden sehr gut behandelt und persönlich bin ich gesehen und gut geachtet.

E. J., russischer Gefangener. Dorf P., Gouv. Wologda:
Wir werden hier sehr gut behandelt, nicht wie Feinde, sondern kameradschaftlich. Brot gibt es zwar nur ¾ Pfund täglich, aber hätte Deutschland mehr Brot zur Verfügung, so würden wir sicher mehr bekommen.

Charles R. an seine Eltern:
Sofort nach unserer Gefangennahme haben uns die deutschen Soldaten Zigaretten, Zigarren, Kaffee usw. angeboten und ebenso ging es uns unterwegs, ohne die geringste Roheit, wie gewisse Leute anzugeben belieben. Jetzt sind wir in einem Lager, wo wir gut behandelt werden. Wir schlafen auf Matratzen in Baracken. Bezüglich der Verpflegung liegt kein Grund zur Klage vor.

Robert F. an seine Frau:
.... Wir werden gut behandelt. Die Deutschen sind nicht so böse, wie die Zeitung so gerne schreibt. Mache dir keine Sorge, ich bin vor Kugeln und Kanonen geschützt, man schläft sehr ruhig.

[24] Alain L., 4. 9. 15.
Schließlich habe ich ja nicht zuviel zu klagen, denn heute ist es ein Jahr, daß ich in Cambrai den Zug bestiegen habe, um meine Gefangenschaft anzutreten. Auf dem Bahnhof habe ich mich damals wiegen lassen und ich wog Alles in Allem [angezogen] 118 Pfund und heute bin ich dicker als ich jemals gewesen bin.

Gabriel R. an Frau Wwe. R.:
Wir werden sehr gut behandelt, und die Zivilisten hegen keine feindlichen Gefühle gegen uns, vielmehr sind wir Gegenstand der Neugier und unsere Stiefel ertönen auf den schönen, schattigen und gepflasterten Straßen Göttingens, ohne daß ein abstoßendes Gemurmel ertönte.

Joseph N.:
Meine liebe kleine Frau! Ich muß Dir mitteilen, daß ich sehr gut beköstigt werde. Es fehlt mir durchaus an nichts. Ich arbeite täglich, verdiene 80 Pfennig und bin damit zufrieden.

Alphonse M. an seine Frau:
.... Beunruhige Dich nicht meinetwegen, denn es geht mir sehr gut. Wir erhalten eine gute Nahrung, werden ziemlich gut bezahlt, und ich bitte Dich, durch Albertine an Maurice Nachrichten über mich zukommen zu lassen, und ihm mitzuteilen, daß es mir sehr gut geht und daß ich wünschte, er wäre bei mir.

Gemeiner D. an seine Frau:
..... Ich arbeite hier auf einem Gute und bekomme reichlich Nahrung, so daß es für Dich nicht nötig ist, mir noch weiterhin Brot oder Geld zu senden.


Der Leser mag diese Briefe und die vorgeführten Bilder vergleichen mit den fortlaufenden Berichten französischer und englischer Zeitungen, die von der menschenunwürdigen Behandlung der Kriegsgefangenen in Deutschland sprechen [Scriptorium merkt an: und die aber vermutlich nicht ein Wort über ihre eigene Behandlung ihrer deutschen Kriegsgefangenen verloren!]. Es kann gegenüber solchen Tatsachen auch darüber hinweggegangen werden, daß einer oder der andere Kriegsgefangene einen Brief mit Klagen nach Hause richtet. 1½ Millionen namentlich in bezug auf das Essen vollständig zufriedenzustellen, wird überhaupt unmöglich sein. Es ist auch durch ein Kriegsgericht festgestellt worden, daß ein Gefangener Ungünstiges über die Verpflegung berichtete, damit, wie er selbst zugibt, ihm von Hause recht viel geschickt werden möge.

Deutschlands Kaiser, Regierung und Volk haben jedenfalls den Krieg nicht gewollt, als er aber aufgedrungen wurde, sich tapfer zur Wehr gesetzt und wie im Felde so auch in der Heimat mit wohldurchdachter Organisation und frischer Tat ihn durchgeführt. Sowohl die große Zahl der Kriegsgefangenen, als auch deren Behandlung werden ein Ruhmesblatt des Deutschen Reiches im Weltkrieg bilden.


eine Seite zurückInhaltsübersichtnächste
Seite

Die Kriegsgefangenen in Deutschland.
Wirklichkeitsaufnahmen aus deutschen Gefangenenlagern.