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Bd. 8: Die Organisationen der Kriegführung, Dritter Teil:
Die Organisationen für das geistige Leben im Heere

  Kapitel 9: Die höchsten Kommando-
und Verwaltungsbehörden
  (Forts.)

[467] B. Das Kriegsministerium.
Von Generalmajor Ernst v. Wrisberg

Die Organisation des Königlich Preußischen Kriegsministeriums (KM), wie sie bei Beginn des Krieges 1914 bestand, hat sich aus den wachsenden Bedürfnissen des Heeres und den Anforderungen der politischen Verhältnisse heraus entwickelt. Sie wird daher aus diesem allmählichen Wachsen am leichtesten verständlich.

Die Organisation der preußischen Heeresverwaltung, wie sie zur Zeit vor der Niederwerfung Preußens durch Napoleon I. bestand, schildert am besten der große Reorganisator, General v. Scharnhorst, selbst in einem Bericht vom Sommer 1809 an den König. In diesem heißt es:

      "Die ehemalige Geschäftsführung der oberen Behörden des Militärs war zwischen dem General-Adjutanten, dem Kriegs-Kollegio und Militär-Departement (den Gouverneurs und Inspekteurs) geteilt. Es fehlten demnach die Einheit, Übersicht und Schnelligkeit; also das Wesentlichste zu einer guten Geschäftsführung. Der General-Adjutant, gewöhnlich ein Infanterie-Offizier ohne militärische Kenntnisse, trug ohne Vorbereitung und Beratung alle Gegenstände des Ingenieur- und Artillerie-Wesens, der höheren Anordnungen zum Kriege, des Details der Infanterie und Kavallerie usw. vor."

An einer anderen Stelle schreibt er:

      "Der damalige Geschäftsgang (1807) und das durch denselben erzeugte geistlose Formenwesen führte, ohne daß man denen, welche die Geschäfte führten, etwas zur Last zu legen Grund hat, falsche Maßregeln herbei und machte, daß unsere wenigen Ressourcen noch mehr erschöpft wurden."10

Diesem Zustande machte die Order des Königs vom 25. Dezember 1808 ein Ende, die auf Anregung von Scharnhorst am 1. März 1809 das Kriegsdepartement, jetzt schon vielfach Kriegsministerium genannt, ins Leben rief.

An der Spitze stand der Kriegsminister. Sein Verhältnis zum Könige und zu den übrigen Ministern und Departements sowie der Geschäftsgang waren genau festgelegt.

Zum Geschäftskreis des Kriegsdepartements gehörte alles, was auf das Militär, dessen Verfassung, Errichtung, Erhaltung und den "von solchen zu machenden Gebrauch" Bezug hatte.

Es zerfiel in das Allgemeine Kriegsdepartement, das in 3 Unterabteilungen, Divisionen genannt, alle Gegenstände, die sich auf die Verfassung und das Kommando bezogen, wie die persönlichen Verhältnisse, alles die Bildung und [468] Verwendung der Armee in taktischer und strategischer Hinsicht Betreffende, insbesondere das Artillerie-, Ingenieur- und Festungswesen bearbeitete, und in ein Militärökonomiedepartement mit 4 Unterabteilungen, dem das Rechnungswesen, die Verpflegung, Bekleidung und die Invalidenversorgung zufielen.

Außerdem bestand ein Kriegskommissariat, das alles zu einer Mobilmachung der Armee Erforderliche vorzubereiten hatte.

Ein Justitiarius zur Beratung in Rechtssachen war dem gesamten Kriegsdepartement zugeordnet.

Hierzu trat ein Jahr später ein Ministerialbureau.

An der Spitze des Ganzen stand General v. Scharnhorst, der aber bereits Juni 1810 auf Druck Napoleons I. zurücktreten mußte.

Der erweiterte Umfang der Armee machte eine Neugestaltung notwendig, die auf Veranlassung des Generals v. Boyen durch Allerhöchste Kabinettsorder vom 28. August 1814 erfolgte.

Das Kriegsministerium bestand danach aus
      dem Allgemeinen Kriegsdepartement,
      dem Generalstabsdepartement,
      dem Militärvortragsdepartement,
      dem Militärökonomiedepartement,
      dem Kriegskommissariatsdepartement.

Durch diese Neuorganisation wurde dem Wunsche v. Scharnhorsts nach einer strafferen Organisation des Generalstabs, wie sie seiner zunehmenden Bedeutung entsprach, Rechnung getragen.

Die Geschäftsteilung regelte sich in der Weise, daß die Bearbeitung aller Entwürfe für Landesverteidigung, Verteilung des Heeres im Lande, Erhöhung und Ausbildung der Streitmittel dem Generalstab, die Ausführung dagegen dem Allgemeinen Kriegsdepartement zufielen.

1821 erfolgte dann die Ernennung eines "Chefs des Generalstabes der Armee" und vier Jahre später die Auflösung des Generalstabsdepartements und der Übergang seiner Geschäfte auf den "Generalstab", der dem Kriegsministerium unterstand. Im Jahre 1883 wurde er dem Kriegsministerium koordiniert. An die verfassungsmäßigen Organe des Reichs gebunden, machte er seine Vorschläge in Angelegenheiten des Präsenzstandes des Heeres, der Dislokation, Befestigungen, Mobilmachung im allgemeinen dem Kriegsminister, der ihre endgültige Fassung festlegte und sie nach Vortrag bei Sr. M. dem Kaiser dem Reichstag gegenüber vertrat.

In demselben Jahre wurden die Personalangelegenheiten des Heeres zu einem selbständigen "Militärkabinett" vereinigt.

Der Kriegsminister blieb - und das muß betont werden - der einzige staatsrechtlich verantwortliche Ratgeber der Krone und Vertreter im Reichstag.

[469] Nach dem Vertrag vom 23. November 1870 blieb das bayerische Kontingent ein in sich geschlossener Bestandteil des deutschen Bundesheeres mit selbständiger Verwaltung unter der Militärhoheit Sr. M. des Königs von Bayern; im Krieg trat es - und zwar mit Beginn der Mobilisierung - unter den Befehl des Bundesfeldherrn, d. h. des Deutschen Kaisers.

Die mit Sachsen abgeschlossene Militärkonvention vom 7. Februar 1867 bestimmte, daß die Königlich Sächsische Armee mit dem 1. Januar 1868 in den Etat und in die Abrechnung des Bundesheeres trat, und daß das Armeekorps dementsprechend "an den Einrichtungen des Gesamtheeres, der Central-Militär-Verwaltung, der höheren Militär-Bildungs-Anstalten etc. und dem Großen Generalstab partizipierte". Die Selbständigkeit des sächsischen Kriegsministeriums blieb.

In Württemberg bildeten gemäß Militärkonvention vom 21./25. November 1870 die Königlich Württembergischen Truppen als Teil des deutschen Bundesheeres ein in sich geschlossenes Armeekorps, dessen Verwaltung das Württembergische Kriegsministerium behielt, dessen Armeeführung aber auf das Bundesorgan überging.

In Preußen und den anderen Bundesstaaten unterstanden mit Ausnahme der im aktiven Dienst befindlichen und als solche unter den Befehlen der Truppenkommandeure stehenden Streitkräfte alle Behörden und Personen, die für die Wehrhaftigkeit des Reichs zu dienen und zu berufen waren, dem preußischen Kriegsministerium.

So war im allgemeinen die Regelung innerhalb der obersten Militärstellen des Reiches, wie sie bei Ausbruch des Krieges 1914 bestand.

Bei der Mobilmachung August 1914 erfolgte die Bildung der Obersten Heeresleitung (O. H. L.), an deren Spitze S. M. der Kaiser trat, dem als nächster Berater der Chef des Generalstabes als "Chef des Generalstabes des Feldheeres" zur Seite stand. Ihm wurde durch Allerhöchste Kabinettsorder vom 2. August 1914 das Recht verliehen, im Namen des Kaisers operative Befehle zu geben. Kommandogewalt stand ihm nicht zu. Auch hatte er den Kriegsminister über seine operativen Absichten zu orientieren.

Naturgemäß hatte sich seit 1866 die Notwendigkeit eines weiteren Ausbaues des Kriegsministeriums ergeben.

Die Armee war vermehrt worden, und mit ihr waren die Anforderungen an Ausstattung dieses Heeres, besonders in technischer Beziehung, erheblich gestiegen. Immer mehr prägte sich aus, daß die gesteigerte Technik zur Technisierung der Kriegführung führte. Eine Folge war die Bildung der einzelnen Waffenabteilungen im Kriegsministerium. Nach vielfachem Hin und Her entwickelte sich dann die Organisation, wie sie bei Beginn des Krieges 1914 bestand, die natürlich in erster Linie für die Friedensbedürfnisse einschließlich der Kriegsvorbereitungen getroffen war.

[470] Danach gliederte sich das Kriegsministerium in:
      1. Zentraldepartement (ZD),
      2. Allgemeines Kriegsdepartement (AD),
      3. Armee-Verwaltungsdepartement (BD),
      4. Unterkunftsdepartement (UD),
      5. Versorgungs- und Justizdepartement (CD),
      6. Remonteinspektion (RI) und
      7. Medizinalabteilung (MA).

Dem Kriegsminister zunächst stand das Zentraldepartement (ZD), sein eigentliches Bureau, bei dem alle Angelegenheiten einliefen, über die er selbst die Entscheidung zu treffen beabsichtigte oder genötigt war.

Hier wurden die persönlichen Angelegenheiten der Offiziere des Kriegsministeriums und der ihm nachgeordneten Behörden, der höheren und mittleren Beamten des Kriegsministeriums, die Ordenssachen sowie die Mobilmachungsvorarbeiten für das Kriegsministerium bearbeitet.

In seinen Händen lag auch die Verwaltung gewisser Unterstützungsfonds.

Die parlamentarischen Sachen im allgemeinen und die innere Organisation des Kriegsministeriums fanden in der Ministerialabteilung (Z1) ihre Bearbeitung. Manche große Rede des Kriegsministers und manche Beantwortung einer wichtigen Interpellation des Reichstags erblickten hier den Anfang ihrer Entstehung. Sie stellte die Verbindung des Ministers mit den Volksvertretern her, eine hochwichtige Aufgabe, die der Erledigung mancher großen Angelegenheit zum Segen gereicht hat.

Die eigenen Militärattachés bei den fremden Mächten hatten sich an diese Abteilung zu wenden, um mündlich oder schriftlich Bericht über die auf ihrem Posten gemachten Erfahrungen zu erstatten und Direktiven zu erhalten. Die Militärattachés fremder Staaten bekamen hier Anweisungen und Auskunft.

Von großer Wichtigkeit war der Verkehr dieser Abteilung mit der Presse. Sie rechtzeitig über neue Pläne des Kriegsministers zu orientieren, sie aufzuklären über wichtige, das Heerwesen betreffende Vorkommnisse, durch sie Stimmung im Lande machen zu lassen, alles dies waren Aufgaben der Ministerialabteilung, die gewissenhaft und gewandt zu erfüllen bei der Bedeutung der Presse von größter Bedeutung war. Eine 1913 angeforderte besondere Pressestelle war vom Reichstag abgelehnt worden.

Der Ministerialabteilung unterstellt waren die Archiv- (Av), Bücherei- (Bv) und Druckvorschriften- (Dv) Verwaltung unter eigenen Vorständen.

Die Etatsabteilung (Z2) erledigte den Militäretat. Wer diesen niemals gesehen, geschweige denn in ihm gearbeitet hat, wird sich keinen Begriff von dem Umfang, der Genauigkeit und den Schwierigkeiten machen können, die die jährliche Aufstellung dieses Werkes verursachte. Nur wenige beherrschten ihn vollkommen. Ihn in allen seinen Positionen dem Reichstag gegenüber zu ver- [471] treten, war besonders in Anbetracht der oft auf recht eigenartigen Gründen beruhenden Wißbegier der Volksvertreter keine leichte Aufgabe, die viel Wissen, genaue Durcharbeitung und schlagfertige Rednergabe verlangte. Sie fiel dem Kriegsminister und den Departementsdirektoren bzw. Chefs der selbständigen Abteilungen zu.

Auf allen genannten Gebieten war das Zentraldepartement eine notwendige Stütze für den Minister.

Das größte und wichtigste Departement war das Allgemeine Kriegsdepartement (AD). Sein Ressort bildete "alles auf Formation, Organisation und Kommandoverhältnisse des Heeres Bezügliche". So bedarf es weiter keiner Erläuterung dafür, daß es fast an allen Sachen - außer vielleicht denen des Versorgungswesens - beteiligt war. Gerade dieser Umstand bedingte mit der Zeit eine solche Belastung des Departements, daß wiederholt zu Abzweigungen einzelner Gebiete geschritten wurde, aber immer wieder sich das Fehlerhafte einer solchen Maßnahme zeigte, die dann auch bald wieder aufgegeben werden mußte. Es ging eben nicht anders, und der Direktor dieses Departements mußte sich damit abfinden.

Unter ihm wurden von der Armeeabteilung (A1), die im kleineren Maße das war, was das Allgemeine Kriegsdepartement im großen bildete, die Organisationsfragen im Frieden und im Kriege, sowie die Mobilmachung bearbeitet, zwei so gewaltige und verantwortungsvolle Gebiete, wie sie größer und wichtiger wohl kaum gedacht werden können. Ihre Leistungen hat der Krieg gezeigt. Die ohne Reibung sich vollzogen habende Mobilmachung eines Millionenheeres ist die größte Organisationstat der Kriegsgeschichte.

Daneben war es Aufgabe dieser Abteilung, die Bestimmungen über die jährlichen Übungen der Truppen und Mannschaften des Beurlaubtenstandes, sowie die jährlichen Einstellungen und Entlassungen zu erledigen.

Hinzu kamen noch die politischen Angelegenheiten, die fremden Heere und die Landesverratssachen.

So bildete das Ressort der Armeeabteilung nicht nur ein großes Feld der Tätigkeit, sondern auch ein hochinteressantes. Ihr Chef bekam in alle Dinge Einblick, er verkehrte mit allen anderen Ministerien und lernte viele Menschen kennen, kurzum, es war eine einflußreiche, bedeutende Stellung, die der Chef der Armeeabteilung innehatte.

Aus diesen allgemeinen Gebieten des Allgemeinen Kriegsdepartements entwickelten sich die Sondergebiete.

Im allgemeinen hatte jede Waffe ihre Abteilung, die alle sie berührenden Fragen, insbesondere die der Neuformationen, der Versorgung mit Waffen, Munition und Gerät, sowie die entsprechenden Ausbildungsvorschriften zu bearbeiten hatte. In ihnen galt es, im Zusammenarbeiten mit den technischen Stellen, die schwerwiegendsten Fragen von Neukonstruktionen zu lösen. Von [472] ihrer Bedeutung machen sich die wenigsten ein Bild; und doch braucht man sich nur vor Augen zu führen, welche Folgen die Einführung z. B. einer Kanone haben mußte, die sich später als weniger brauchbar zeigte, als angenommen war. Wie leicht war dies aber möglich! So richtig sagt Friedrich der Große: "Es ist ein großer Irrtum, wenn man in menschlichen Dingen Vollkommenheit anzutreffen glaubt: die Einbildungskraft kann sich dergleichen Truggebilde schaffen; aber die Wirklichkeit werden sie nicht erlangen."

Und nun bedenke man, daß der gemachte Fehler sich nicht so leicht abstellen ließ. Ein für die ganze Armee eingeführtes Geschütz sofort durch ein anderes zu ersetzen, verbot allein schon neben finanziellen Rücksichten die Ausbildungsfrage. Mußten doch auch alle Mannschaften des Beurlaubtenstandes mit der neuen Waffe ausgebildet werden, was nur in Jahren zu erreichen war. Die Zeit einer solchen Umbewaffnung, die nicht von heute zu morgen durchzuführen war, bildete außerdem eine Übergangsperiode, die bei einer Mobilmachung die Kriegstüchtigkeit einer Armee unbedingt beeinträchtigen mußte.

Die zur Bearbeitung der infanteristischen Sachen bestehende Infanterieabteilung (A2) mußte in erster Linie ihre Aufmerksamkeit auf die Bewaffnung der Fußtruppe richten. Das Gewehr war nach aller Ansicht vollkommen auf der Höhe, das hat der Verlauf des Krieges bestätigt. Eine brennende Frage bildete aber das Maschinengewehr (MG). Von vornherein etwas Vollkommenes auf diesem Gebiet zu erreichen, war bei der Neuheit der Waffe nur durch jahrelange praktische Erfahrungen zu erreichen. Diese aber abzuwarten, hieße die Leistungsfähigkeit der Infanterie im Vergleich zu der fremder Staaten, die schon zum großen Teil ein Maschinengewehr eingeführt hatten, verringern. So mußte denn zur Einführung eines solchen geschritten werden, das sich, wenn ihm auch Fehler anhafteten, glänzend bewährt hat und Zeugnis von der gediegenen Arbeit der in Betracht kommenden Stellen ablegt.

Auch der Ausrüstung der Armee mit Fahrrädern war die größte Bedeutung beizumessen. Nach aller Sachverständigen Urteil mußten Fahrräder den Truppen beigegeben werden, was auch geschah. Die Versuche aber über das Modell und über die Organisation der damit ausgerüsteten Truppe rissen bis zum Kriege nicht ab.

Der Kavallerieabteilung (A3) war neben dem kavalleristischen das Militärveterinärwesen anvertraut, das sich fast aus nichts zu einer glänzenden Organisation entwickelte.

Zu dem Ressort der Feldartillerieabteilung (A4) gehörte außer den Feldartillerieangelegenheiten das Trainwesen mit allen damit im Zusammenhang stehenden Fragen. Artilleristisch war das Streben der letzten Vorkriegsjahre dahin gegangen, in der schon lange erörterten Frage eines Einheitsgeschosses zu einem Ergebnis zu kommen, was auch durch Einführung eines solchen gelang. Der Train war in seiner Entwicklung nicht in dem Maße gefolgt, wie [473] sie die anderen Truppengattungen genommen hatten. Dies mußte und wurde nachgeholt.

Die Fußartillerieabteilung (A5) und die Ingenieur- und Pionierabteilung (A6) bearbeiteten alle auf den Kampf um Festungen sich erstreckenden Fragen. Die fortwährend zunehmende Entwicklung der Artillerie mit ihren immer weiter und mächtiger wirkenden Angriffsmitteln einerseits, die hiergegen mit Erfolg gekrönten technischen Mittel der Ingenieure andererseits machten die Aufgabe nicht leicht. War heute die schwere Artillerie beherrschend, so hatte ihr morgen die Ingenieurwissenschaft den Rang abgelaufen. Es war der alte Kampf des Artilleristen gegen den Ingenieur, der sich schon durch Jahrhunderte hinzog, der Kampf zwischen Angriff und Verteidigung. Dabei war immer zu bedenken, daß das, was einmal stand, nicht von heute zu morgen umgeändert werden konnte; das verboten allein schon die damit verbundenen ungeheuren Kosten.

Das beste Beispiel für diese Tatsache gibt der Verlauf im Anfang des Weltkrieges, wo die deutschen schwersten Geschütze die von den Gegnern wenigstens für eine längere Zeit für widerstandsfähig gehaltenen Werke, wie z. B. das französische Fort Manonviller oder die belgischen Forts um Lüttich, Namur und Antwerpen, in kürzester Zeit zu Fall brachten.

Die Entwicklung der schweren und schwersten Artillerie bildet, wie der Krieg gezeigt hat, ein großes Ruhmesblatt in der Geschichte der Fußartillerieabteilung.

Andererseits legte die Pionierabteilung auf stetes Fordern ihrer Generalinspektion den größten Wert auf die Organisation und Ausbildung des Pioniers, besonders für die Aufgaben des Feldkrieges und im Infanteriedienst. Wie richtig dies war, hat der Verlauf des Krieges ergeben.

Die Entwicklung des Kraftfahrwesens und der Luftfahrt hatten die Errichtung einer Fachabteilung (A7V u. A7L) auf jedem Gebiete zur Folge. Mit ersterer wurden die Angelegenheiten, die die Ausrüstung, Ausbildung und Erhaltung der Eisenbahn- und Telegraphentruppen berührten, verbunden.

Neu und schwierig war die Tätigkeit der Luftfahrabteilung. - Das rastlose Streben des Grafen Zeppelin, dessen Wirken für die Luftfahrt bahnbrechend war, hatte zum Erfolg geführt. Als der erste Zeppelin deutsches Gebiet auf Hunderte von Kilometern überflog und ein allgemeiner Ruf der Begeisterung durch die Welt erschallte, da wurde es für die Militärverwaltung Zeit, der Konstruktion vom militärischen Standpunkt aus näher zu treten.

Nicht viel später erfolgte das Auftreten der Flugzeuge. In beiden Fragen Entscheidungen zu treffen, war unendlich schwer. Das ganze Gebiet war zu neu und zu wenig geklärt. Griff man zu früh zu, so wurde sicherlich der Vorwurf der Unfähigkeit und des Geldwegwerfens der bearbeitenden Stelle gegenüber erhoben; entschloß man sich zu spät, so blieben Anklagen schlimmster Art nicht aus. Es war ein sehr interessantes, aber auch ein ungeheuer schwieriges Problem, das der Lösung harrte.

[474] Angegliedert waren dem Departement die Inspektion des Maschinengewehrwesens für die Ausbildung der Truppen am Maschinengewehr, die Gewehr-, Artillerie- und Verkehrstechnische Prüfungskommission, bestimmt, rein technische Fragen ihrer Gebiete zu lösen und zu prüfen, die Verwaltung des Zeughauses, ferner die Einrichtungen für das Militärveterinärwesen (wie die Inspektion und die Akademie) und in bezug auf Verwaltungssachen das Militärreitinstitut, die Offizierreitschulen und die Feldzeugmeisterei, die die gesamte Leitung der staatlichen Betriebe hatte.

Die Sicherstellung der für das Heer im Frieden und im Kriege notwendigen Verpflegung, Besoldung und Bekleidung bildete das Ressort des Armeeverwaltungsdepartements (BD) mit seinen Abteilungen B1, B2, B3 und B4.

Hierzu kam noch eine Fabrikenabteilung (B5), der die Bearbeitung allgemeiner Fragen der Verwaltung und Organisation, des Dienstbetriebes, der Arbeiterangelegenheiten, wie besonders des Versicherungswesens, der Gewerbeordnung, Arbeiterwohnungen und Unterstützungen in den staatlichen Werkstätten zufiel.

Das Unterkunftsdepartement (UD) sorgte in seinen 4 Abteilungen (U1 bis U4) für die Unterkunft der Truppen, sowie für die Beschaffung und Bewirtschaftung der Truppenübungsplätze.

Die sehr wichtigen Angelegenheiten des Ersatzwesens mit allem, was damit zusammenhing, wie alle Sachen des Beurlaubtenstandes (ausschl. Übungen), ferner die Bestimmungen über den inneren Dienst, die Musik, das Invaliditätsverfahren, innere Unruhen, Jugendpflege, Kriegervereinswesen sowie die Pensions- und Versorgungsregelung bearbeitete das Ersatz-, Versorgungs- und Justizdepartement (CD) in seinen 4 Abteilungen C1 - C4: Ersatz- (C1), Pensions- (C2), Versorgungs- (C3) und Justizabteilung (C4). Von diesem Departement ressortierten die Inspektion der Infanterieschulen, die militärischen Waisenhäuser, die Strafanstalten, die Feldpropsteien und die Armeemusikinspizienten.

Als Rechtsberater standen den Abteilungen des Kriegsministeriums drei Justitiare zur Verfügung.

Für den Ankauf und die Verteilung der für das Heer nötigen Pferde, für die Landespferdezucht vom militärischen Standpunkte aus und für die Remontedepots hatte die Remonteinspektion (RI) zu sorgen.

Das Gesundheitswesen des Heeres im Krieg und Frieden lag in den Händen der Medizinalabteilung (MA). Von ihr hingen die Sanitätsinspektionen, die Kaiser-Wilhelm-Akademie, das Sanitätsamt der militärischen Institute und die Genesungsheime für Offiziere und Sanitätsoffiziere ab.

Das war die Organisation des gewaltigen Apparats, wie sie sich aus den Erfahrungen der Kriege und Zeiten bis zum Weltkriege herausgebildet hatte.

In der festen Zuversicht, alle für die Durchführung eines Krieges notwendigen Vorbereitungen nach menschlichem Ermessen getroffen zu haben, [475] ging das Kriegsministerium in den Kampf. Das bezeugen die Worte des damaligen Kriegsministers, die er nach Erklärung des Krieges, und nachdem er sich von allen Abteilungen des Kriegsministeriums über die getroffenen Maßnahmen hatte Vortrag halten lassen, äußerte: "Nach menschlichem Ermessen haben wir gut gesorgt."

Eine Frage, die Gegenstand einer längeren Erörterung lange vor Ausbruch des Krieges gewesen war, wo nämlich sich der Kriegsminister im Falle eines Krieges aufzuhalten hätte, war vom Kriegsminister dahin entschieden worden, daß er als verfassungsmäßiger Kriegsminister an die Seite seines Allerhöchsten Kriegsherrn gehörte, also ins Große Hauptquartier. Diesen Standpunkt hatte auch 1870 der Kriegsminister v. Roon eingenommen, während Vertreter des Generalstabs für sein Verbleiben am Sitz seiner Behörde waren. General v. Falkenhayn ging 1914 mit dem Großen Hauptquartier ins Feld. 1916 setzte es dann die Oberste Heeresleitung durch, daß der Kriegsminister nach Berlin übersiedelte, von wo aus er zeitweise zu Immediatvorträgen bei des Königs Majestät ins Große Hauptquartier reiste.11

Die Tatsachen haben gezeigt, daß es nicht gut gewesen ist, den Kriegsminister an einen Ort zu binden. Seine längere Anwesenheit im Großen Hauptquartier war oft dringender als in Berlin, wo die Maschine ihren gewohnten Gang weiterlief. Andererseits war seine Anwesenheit bei seiner Behörde notwendig, wenn die Gefahr vorlag, daß Verwicklungen in der Heimat auf den Verlauf des Krieges mit seinen Anforderungen schädigend einzuwirken drohten.

Den Kriegsminister begleitete ins Große Hauptquartier ein Stab von wenigen Offizieren und einem Justitiar, deren Aufgabe es war, die Verbindung mit dem Kriegsministerium in Berlin sicherzustellen.

In Berlin trat an die Spitze des Kriegsministeriums ein stellvertretender Kriegsminister, der in allen Angelegenheiten, besonders im Reichstag, den abwesenden Kriegsminister vertrat. Der Apparat arbeitete ausgezeichnet, und es ist, wie gesagt, eine große Frage, ob es richtig war, dem wirklichen Kriegsminister seinen endgültigen Sitz in Berlin anzuweisen.

Die Friedensorganisation konnte im Weltkriege nicht beibehalten werden. Schon bei Beginn des Krieges traten einige zweckmäßige Änderungen ein. So wurde das Verwaltungsdepartement aufgelöst, sein Direktor ging als Generalintendant des Feldheeres ins Große Hauptquartier, und die Abteilungen wurden auf die anderen Departements verteilt.

Die Zusammensetzung des Kriegsministeriums ergibt nachstehende Aufstellung:

[476] Kriegsministerium Anfang August 1914.

  1. Zentraldepartement (ZD).
    1. Ministerialabteilung (Z1) mit Archiv-, Bücherei-, Druckvorschriftenverwaltung.
    2. Etatsabteilung (Z2).
    3. Zentralnachweisebureau (NB).
  2. Armeeabteilung (A1), der die Ersatzwesenabteilung (C1) unterstellt war.
  3. Allgemeines Kriegsdepartement (AD).
    1. Infanterieabteilung (A2).
    2. Kavallerieabteilung (A3).
    3. Feldartillerieabteilung (A4).
    4. Fußartillerieabteilung (A5).
    5. Ingenieur- und Pionierabteilung (A6).
    6. Verkehrsabteilung (A7V).
    7. Luftfahrtabteilung (A7L).
    8. Fabrikenabteilung (B5).
  4. Kriegsverpflegungsabteilung (B1)
  5. Friedensverpflegungsabteilung (B2).
  6. Unterkunftsdepartement (UD).
    1. Unterkunftsabteilung Ost und West (U1/2).
    2. Übungsplatzabteilung (U3).
    3. Bauabteilung (U4).
    4. Bekleidungsabteilung (B3).
    5. Kassenabteilung (B4).
  7. Versorgungs- und Justizdepartement (CD).
    1. Pensionsabteilung (C2).
    2. Versorgungsabteilung (C3).
    3. Justizabteilung (C4).
  8. Remonteinspektion (RI).
  9. Medizinalabteilung (MA).

Im weiteren Verlauf des Krieges machten sich Einflüsse und Verhältnisse geltend, die man vorher nicht hatte übersehen können. Besonders waren es die Dauer des Krieges und die ganz andere Art der Kriegführung, die eine Änderung und Umgestaltung der Organisation auf manchen Gebieten verursachten.

Die Ansichten der leitenden Stellen, die die Möglichkeit einer langen Kriegsdauer, besonders aus finanziellen Gründen, abgelehnt hatten, waren falsch gewesen; aus einem kurzen Bewegungskrieg war ein langwieriger Stellungskampf geworden. Die dadurch bedingten Anforderungen, besonders an Kriegsgerät, wurden an Umfang wie an Art und Beschaffenheit zum Teil ganz andere.

[477] Schon gleich nach der Mobilmachung wurde der Kriegsminister von industrieller Seite darauf aufmerksam gemacht, daß die Errichtung einer Stelle zur Überwachung und Regelung der Wirtschaft in den für den Heeresbedarf benötigten Rohstoffen erforderlich sei.

In der richtigen Erkenntnis, daß durch den Eintritt Englands in die Reihen unserer Gegner mit einer längeren Dauer des Krieges gerechnet werden mußte, entschloß sich General v. Falkenhayn sofort, diese Stelle als Referat zu gründen und sie dem Allgemeinen Kriegsdepartement anzugliedern.

Die Tatsachen haben gezeigt, daß Rat und Tat richtig waren. Aus dem Referat entstand sehr bald eine selbständige Abteilung (KRA), die von ungeheurer Bedeutung wurde und deren Wirken wesentlich zum Durchhalten beitrug.

Ihre Aufgabe war, die Rohstoffe und Kraftquellen des Heimatlandes, mit Ausnahme der Nahrungsmittel, zu erfassen, sie durch Inanspruchnahme des besetzten Gebiets und durch Einkäufe im Auslande zu vermehren und sie planmäßig zu bewirtschaften. Ein gewaltiges Gebiet, das alle Maßnahmen der Vorrats-, Bedarfs- und Preisregelung umfaßte. Hierzu gehörte neben Erschließung neuer Erzeugungsmöglichkeiten und der Bewirtschaftung der im Inland und im besetzten Gebiet requirierten Güter die Mobilmachung der schon im Gebrauch befindlichen Güter und die Regelung der Einfuhr.

Der bürgerliche Bedarf mußte eingeschränkt werden. Ebenso galt es, die Rohstoffe auf die verschiedenen Zweige des Kriegs- und bürgerlichen Bedarfs zu verteilen und jegliche Ersparnis- und Ersatzmöglichkeit mitzunehmen. Höchstpreise für die bewirtschafteten Rohstoffe und Halbfabrikate waren festzusetzen und Preisvereinbarungen mit den Verbänden zu treffen.

Bewirtschaftet wurden Kohle und ihre Derivate, Mineralölerzeugnisse (außer Petroleum), die Gewinnung und Verteilung elektrischer Kraft, die Rohstoffe zur Eisenherstellung, sowie Eisen und Stahl, die unedlen Metalle, die Rohstoffe der chemischen Industrie, soweit sie nicht zur Herstellung von Pulver und Sprengstoffen erforderlich waren, Häute, Leder und Gerbstoffe, Gummi, Asbest, Hölzer, Zement, Rohstoffe der Textilindustrie und Papier.

Im engen Zusammenhang mit ihr arbeitete die beim Allgemeinen Kriegsdepartement gegründete Abteilung für Ein- und Ausfuhr (A8), die in erster Linie dafür zu sorgen hatte, daß Rohstoffe und Fertigprodukte nicht aus dem Lande kamen, ohne daß eine zwingende Notwendigkeit vorlag.

Vor allen Dingen sollte sie verhindern, daß alles Gut, das für die Heeresverwaltung zu Landesverteidigungszwecken dienen könnte, zum mindesten nicht ohne vollwertige Kompensationen aus dem Lande ging. Durch sie waren daher bei dem hierfür zuständigen Reichsamt des Innern Aus- und Durchfuhrverbote zu beantragen. Sie behandelte die handelspolitischen Angelegenheiten, soweit Heeresinteressen in Betracht kamen, wirkte bei Einkäufen im Auslande mit und sorgte für Zentralisierung der Einfuhr.

[478] Als nach dem Ausgang der Marneschlacht der Krieg unzweifelhaft den Charakter des Stellungskampfes annahm und viele Forderungen an Kriegsgerät sich plötzlich einstellten, mußte sich die Heeresverwaltung auf vielen Gebieten anders einstellen, so vor allem auf dem des Munitionswesens. - Hier hatte sich bei der deutschen Artillerie, ebenso wie bei der Artillerie der Gegner, der erste fühlbare Mangel, wenigstens auf dem westlichen Kriegsschauplatz, gezeigt. Der Verlauf des Krieges bis zur Marneschlacht hatte einen solchen Munitionsverbrauch gezeitigt, wie er von keiner kriegführenden Macht vorausgesehen war und auch nicht vorausgesehen werden konnte.12

Wenn auch bei Ausbruch der Mobilmachung die Feldzeugmeisterei angewiesen war, alle für Munitionslieferungen vorgesehenen Fabriken auf Höchstleistung zu bringen, so hatte dies doch nicht genügt: Alle Maßnahmen mußten getroffen werden, um eine erhöhte Fertigung der Munitionsartikel zu erreichen. Schrittweise, nicht sprunghaft, mußte vorgegangen werden, um das Ziel zu erreichen. Trotz größter Schwierigkeiten gelang es, die Munitionsmengen so zu steigern, daß in der zweiten Hälfte 1916, wenn auch kein Überfluß, so doch kein Mangel herrschte.

Um die Leistungen noch mehr zu heben und eine Einheitlichkeit in der Beschaffung zu erreichen, wurde am 16. September 1916 aus der Feldzeugmeisterei ein Waffen- und Munitionsbeschaffungsamt beim Allgemeinen Kriegsdepartement gebildet (Wumba).

Eine notwendige Folge dieser Erweiterung war, daß die seit Kriegsbeginn beim Allgemeinen Kriegsdepartement befindliche Fabrikenabteilung (B5) zum Waffen- und Munitionsbeschaffungsamt übertrat. Bei ihr wurde die Verteilungsstelle für elektrische Maschinen (B5L) eingerichtet, die die Bewirtschaftung sämtlicher für die Munitionsanfertigung notwendiger, im Inlande und im besetzten Gebiete befindlichen Maschinen in die Wege leitete.

Da im Laufe des Krieges sich die Bedeutung des Gaskampfes mehr und mehr geltend machte, wurde zunächst eine Zentralstelle für Fragen der Chemie beim Allgemeinen Kriegsdepartement geschaffen, die Ende 1916 in eine Chemische Abteilung (A10) ausgebaut wurde mit der Aufgabe, alle Gaskampf- und Gasschutzangelegenheiten zu bearbeiten, wozu die Feldgasmunitionsanstalten, die Gaskampftruppen in technischer Beziehung und die Heeresgasschule gehörten.

Sehr bald hatte es sich gezeigt, daß die Trennung des Ersatzwesens vom Allgemeinen Kriegsdepartement nicht bestehen bleiben konnte.

Die Frage des Ersatzes war eine der wichtigsten im ganzen Kriege, wenn nicht die wichtigste. Sie war von anderen im Allgemeinen Kriegsdepartement bearbeiteten Gebieten, wie z. B. Neuaufstellungen, nicht zu trennen. Der Ent- [479] schluß, die Ersatzabteilung wieder zum Allgemeinen Kriegsdepartement treten zu lassen, lag auf der Hand. Er wurde schon August 1914 in die Tat umgesetzt.

Hinzu kam, daß die Angelegenheiten der Zurückstellungen vom Heeresdienst in einem besonderen Referat (AZS) behandelt wurden, das der Abteilung 8 zugeteilt war, weil diese Abteilung am wenigsten belastet war. Auch dieses Referat, das mit der Ersatzfrage eng zusammenhing, gehörte zur Ersatzabteilung, wohin es bald auch kam.

Da die Ersatzabteilung hinsichtlich des zu bearbeitenden Gebiets nunmehr zu groß geworden war, erfolgte eine Teilung dergestalt, daß die eine Abteilung als Offizier- und Unteroffizierergänzungsabteilung (C1a) die Angelegenheiten, die nicht das reine Ersatzwesen betrafen, wie Militärerziehungs- und Bildungswesen, Ergänzung der Offiziere, Reserveoffizieraspirantenkurse, inneren Dienst, Musik, Soldatenheime, Kantinenwesen, Familienunterstützungen und Dolmetscherwesen erhielt, während die andere als Ersatzabteilung (C1b) die Fragen des Ersatzes weiter zu bearbeiten hatte.

So erkennt man, wie die Forderungen der Ereignisse zu einer mächtigen Entwicklung des Allgemeinen Kriegsdepartements führten. Aus dem Departement mit 8 Abteilungen war ein solches mit 12 Abteilungen und einer Zentralstelle geworden.

Der berechtigte Wunsch der Familien, über den Verbleib ihrer Angehörigen Nachrichten zu bekommen, hatte bei Kriegsbeginn die Veranlassung gegeben, ein Zentralnachweisebureau (NB) beim Zentraldepartement zu bilden. Hier wurde eine genaue Kartothek aus Verlustlisten, Lazarettmeldungen und Gefangenenlisten auf dem laufenden gehalten. Im Verein mit dem "Roten Kreuz" und den übrigen Auskunftsstellen wurde sie ergänzt. Von dieser Stelle erfolgte die Bearbeitung und Veröffentlichung der Verlustlisten und die Ausstellung der amtlichen Bescheinigungen über den Tod von Militärpersonen des Heeres. Die Abteilung bildete auch eine beratende Stelle hilfesuchender Angehöriger. Insbesondere ließ sie es sich angelegen sein, die weitgehendsten Ermittlungen über den Verbleib der in den Verlustlisten als vermißt bezeichneten Heeresangehörigen anzustellen.

Daß mit der längeren Dauer des Krieges die Frage der Ernährung des deutschen Volkes eine brennende wurde, war klar. Um die unbedingt notwendige Sicherstellung der Ernährung für die Heeresmacht herbeizuführen, erfolgte im April 1916 die Bildung einer besonderen Abteilung (B6) beim Verwaltungsdepartement.

Die zunehmende Vermehrung der Arbeiten auf dem Gebiet der Ernährung, Bekleidung und besonders des Kassenwesens machten die Wiederherstellung des alten Verwaltungsdepartements (BD) mit den Abteilungen B1 - B4, B6 und ZK. (s. S. 474 und 476) notwendig. Das Departement erstand wieder am 1. März 1915.

[480] Die ungeheure Menge von Beute erforderte eine Regelung hinsichtlich Einrichtung und Betrieb der Beutesammelstellen, der Überlassung von Beutestücken an Behörden, Gemeinden, Privatpersonen und endlich der Bestimmungen über Finder- und Bergelöhne. Dies führte März 1915 zur Bildung der "Zentralstelle für Kriegsbeute" (ZK), die nach kurzem Verbleib beim Allgemeinen Kriegsdepartement endgültig zum Armeeverwaltungsdepartement trat.

Zum Schutze der deutschen Kriegs- wie Zivilgefangenen im Auslande, für ihre Fürsorge, für die Verteilung der Liebesgaben, für Regelung der Besoldung und Beförderungen, der Geldunterstützungen, Ehrenangelegenheiten der Offiziere wurde zunächst beim Zentraldepartement eine Militäruntersuchungsstelle für Verletzung des Kriegsrechts geschaffen, die April 1915 als Abteilung für Kriegsgefangenenschutz im Ausland und Völkerrechtsverletzung (U5) zum Unterkunftsdepartement übertrat. Sie hatte auch Direktiven zur Führung neutraler Kommissionen bei Besichtigung von Gefangenenlagern zu geben, sämtliche Fälle von Verletzungen des Kriegsrechts gegen deutsche Heeresangehörige festzulegen und feindlicherseits erhobene Anschuldigungen dieser Art aufzuklären.

Die Unterbringung der über alle Erwartung zahlreichen Gefangenen, sowie die Regelung aller sie berührenden Fragen ging an die Unterkunfts- und Übungsplatzabteilungen über. Maßgebend hierfür war die im allgemeinen nicht zu große Belastung dieser Abteilungen, sowie der Umstand, daß die großen Übungsplätze naturgemäß ausgiebig zur Unterbringung der Gefangenen herangezogen werden mußten.

Diesen Abteilungen auch noch die Heranziehung der Gefangenen zur Arbeit, die geistige Arbeit in den Gefangenenlagern, die Angelegenheiten der aus der Gefangenschaft befreiten Deutschen und die der Angehörigen von deutschen Kriegsgefangenen, sowie endlich die Fragen betr. Kriegergräber und Denkmäler zu übertragen, würde zu einer Überlastung geführt haben. Man übertrug sie daher einer Dezember 1914 neugebildeten Unterkunftskriegsabteilung (UK).

Die gewaltige Ausdehnung, die infolge der großen Zahl Gefallener und Kriegsbeschädigter das Pensionswesen angenommen hatte, nötigte dazu, am 1. Oktober 1915 eine Trennung der Pensionsabteilung dergestalt vorzunehmen, daß sämtliche Pensionsangelegenheiten der Offiziere und Beamten das Arbeitsfeld der Pensionsabteilung (C2P) wurden und die Bearbeitung der Versorgung der Mannschaften der Rentenabteilung (C2R) zufiel.

Aus demselben Grunde mußte die Versorgungsabteilung (C3) im Juli 1916 in zwei Abteilungen - die Fürsorgeabteilung für Offiziere und Beamte (C3F) und die Versorgungsabteilung für Hinterbliebene (C3V) - getrennt werden.

April 1916 setzte sich infolge dieser Veränderungen das Kriegsministerium folgendermaßen zusammen:
[481]

  1. Zentraldepartement (ZD).
    1. Ministerialabteilung (Z1) mit Archiv-, Bücherei-, Druckvorschriftenverwaltung.
    2. Etatsabteilung (Z2).
    3. Zentralnachweisebureau (NB).
  2. Allgemeines Kriegsdepartement (AD).
    1. Armeeabteilung (A1).
    2. I. Ersatzwesenabteilung (C1a).
    3. II. Ersatzwesenabteilung (C1b).
    4. Infanterieabteilung (A2).
    5. Kavallerieabteilung (A3).
    6. Feldartillerieabteilung (A4).
    7. Fußartillerieabteilung (A5).
    8. Ingenieur- und Pionierabteilung (A6).
    9. Verkehrsabteilung (A7V).
    10. Luftfahrtabteilung (A7L).
    11. Abteilung für Aus- und Einfuhr (A8).
    12. Fabrikenabteilung (B5).
  3. Armeeverwaltungsdepartement (BD).
    1. Kriegsverpflegungsabteilung (B1).
    2. Friedensverpflegungsabteilung (B2).
    3. Bekleidungsabteilung (B3).
    4. Kassenabteilung (B4).
    5. Abteilung für Volksernährungsfragen (B6).
    6. Zentralstelle für Kriegsbeute (ZK).
  4. Unterkunftsdepartement (UD).
    1. Unterkunftsabteilung Ost (U1).
    2. Unterkunftsabteilung West (U2).
    3. Übungsplatzabteilung (U3).
    4. Bauabteilung (U4).
    5. Abteilung für Kriegsgefangenenschutz im Auslande und Völkerrechtsverletzungen (U5).
    6. Unterkunftskriegsabteilung (UK).
  5. Versorgungs- und Justizdepartement (CD).
    1. Pensionsabteilung (C2P).
    2. Rentenabteilung (C2R).
    3. Versorgungsabteilung (C3).
    4. Justizabteilung (C4).
  6. Kriegsrohstoffabteilung (KRA) mit Einkaufsabteilung beschlagnahmter Webwaren (AbW).
  7. [482] Remonteinspektion (RI).
  8. Medizinalabteilung (MA), mit Zentralstelle für Nachlaßsachen (ZN).
Ende August 1916 trat ein Wechsel in der Stellenbesetzung der Obersten Heeresleitung ein, der nicht ohne Einfluß auf das Kriegsministerium sein sollte. An die Stelle von General v. Falkenhayn trat Generalfeldmarschall v. Hindenburg mit General Ludendorff.

Drei durchschlagende Ereignisse sollten der späteren Entwicklung der heimatlichen Angelegenheiten ein neues Gepräge geben:

  • die Neubesetzung des Kriegsministerpostens,
  • die Anweisung seines ständigen Aufenthaltsortes in Berlin und
  • das sogenannte Hindenburg-Programm.

Über die beiden ersten Punkte ist schon früher gesprochen (S. 474ff.). An die Stelle des Generals Wild v. Hohenborn trat General v. Stein; der hochverdiente stellvertretende Kriegsminister, General v. Wandel, nahm seinen Abschied.

Das Hindenburg-Programm war die Veranlassung zur Errichtung des Kriegsamts (K) durch die Oberste Heeresleitung.

Durch das Kriegsamt sollte eine Zentralstelle für die gesamte Kriegswirtschaft geschaffen werden. In ihm sollten nicht allein die Forderungen der Obersten Heeresleitung hinsichtlich der Bereitstellung von Ersatz- und Kriegsmaterial ihre Erfüllung finden, sondern man hoffte auch durch dasselbe eine Annäherung zwischen den Arbeitnehmern und Arbeitgebern zu erreichen.

Ob es zweckmäßig war, eine solche Organisation während der Zeit der höchsten Spannung zu schaffen, muß fraglich erscheinen. Eine spätere geschichtliche Untersuchung wird darüber Klarheit schaffen.

Eins steht aber schon jetzt fest, daß die Erwartungen, die die Oberste Heeresleitung an das Kriegsamt für das Aufbringen der menschlichen Kräfte gestellt hatte, sich nicht erfüllt haben.13

In Wirklichkeit war dem unzweifelhaft richtigen Gedanken der Einheitlichkeit im Beschaffungswesen schon Rechnung getragen worden, da nach Besprechungen mit Vertretern der Industrie bereits die bei der Feldzeugmeisterei befindliche Stelle für Beschaffung von Munition und Gerät zu einem Waffen- und Beschaffungsamt (Wumba) ausgebaut worden war, dem die Beschaffung sämtlichen Kriegsmaterials, mit Ausnahme des Pionier- und Flugzeugmateriale, zugewiesen war. Die Beschaffung des Pioniermaterials sollte hinzukommen, wenn die Einrichtung in die richtigen Bahnen gelenkt war, während die des Flugzeugmaterials wegen seiner Vielseitigkeit und Kompliziertheit bei einer besonderen Behörde bleiben mußte, woran auch später nichts geändert wurde.

Und nun das Programm, das dieses Amt erfüllen sollte!

[483] Zunächst galt es, das von der Obersten Heeresleitung geforderte "Hilfsdienstgesetz" im Reichstag durchzubringen. Angestrebt war hiermit die Durchführung der allgemeinen Dienstpflicht in weitestem Sinne derart, daß die Heranziehung aller Kräfte, auch der Frauen, zur Wehrpflicht im Heere oder zur Arbeitspflicht ermöglicht wurde.

Der in der Forderung liegende gute Gedanke, der (nebenbei gesagt) aber auch schon nach den bestehenden Gesetzen hätte verwirklicht werden können, wurde durch das Gesetz vom 2. Dezember 1916 in der Fassung, wie es den Reichstag verließ, nicht durchgeführt. Wie in allen Ländern, wo ähnliche Gesetze entstanden, zeitigte es auch in Deutschland wenig Erfolg, statt dessen aber um so mehr Verbitterung und Schaden, da es Ungleichheiten, besonders in Besoldungsfragen, hervorrief.

Hand in Hand mit diesem Gesetz sollte das sogenannte Hindenburg-Programm erfüllt werden. In ihm forderte die Oberste Heeresleitung eine festgesetzte Anzahl von Geschützen, Maschinengewehren, Flugzeugen usw. und eine bestimmte Menge von Munition.

Die gesteckten Ziele erwiesen sich sehr schnell als zu weit. Sie mußten schon bald zurückgeschraubt werden, und man kam im allgemeinen schließlich auf das, was das Kriegsministerium bereits lange vorsorglich in die Wege geleitet hatte. Man hatte die deutsche Volks- und Wirtschaftskraft überschätzt.

Das Kriegsamt war dem Kriegsminister unterstellt. Unter seinem Chef stand der Stab, der sich in den eigentlichen Stab mit 4 Referaten und 9 Gruppen und den technischen Stab gliederte. Angegliedert war zur Bearbeitung praktischer Wirtschaftsfragen eine wissenschaftliche Kommission.

Das Amt setzte sich aus dem Kriegsersatz- und Arbeitsdepartement (ED), dem Waffen- und Munitionsbeschaffungsamt (Wumba), der Kriegsrohstoffabteilung (KRA), der Abteilung für Aus- und Einfuhr (A8) und der für Volksernährung (B6) zusammen.

Die Organisation des Kriegsamts kam mehr oder weniger auf eine Zusammenfassung der bei den verschiedenen Departements befindlichen Abteilungen hinaus, die an Fragen der Aufbringung von Ersatz und Beschaffung von Kriegsmaterial und Kriegsgerät beteiligt waren. Es erübrigt sich daher, auf sie näher einzugehen, da die Tätigkeit der einzelnen Abteilungen schon besprochen worden ist.

Zu großzügig angelegt, brauchte dieser gewaltige Apparat Jahre zum Einlaufen - und diese standen nicht zur Verfügung. Infolgedessen wurde durch die neue Einrichtung nicht annähernd das erreicht, was die Oberste Heeresleitung angestrebt hatte. In Fragen des Ersatzes wurde die Schaffung des Kriegsamts geradezu verhängnisvoll, da diese Stelle der ihr gestellten Aufgabe entsprechend in erster Linie auf Hebung der Leistungen an Kriegsmaterial bedacht war. Dies mußte auf Kosten des Ersatzes gehen.

[484] In dieser Zeit hatte sich beim Zentraldepartement die Notwendigkeit herausgestellt, eine besondere Nachrichtenabteilung (Z3) zu bilden, die hauptsächlich die Angelegenheiten des Reichstags, die Beobachtung der Tagespresse, den gesamten Verkehr mit ihr, den Schriftwechsel in Angelegenheiten der Zensur und des Kriegspresseamts, Zeitungsverbote, sowie die Verhinderung unzulässigen Vertriebs von schriftstellerischen Erzeugnissen bei den Truppen zu erledigen hatte.

Klagen der Bundesstaaten, daß sie bei Vergebung der Lieferungen zu wenig berücksichtigt würden und solche des Reichstags über zu hoch gezahlte Preise führten zur Schaffung einer Ausgleichstelle für Bundesstaaten (AdB) und einer Abteilung für Lieferungsstatistik mit Vertragsprüfungsstelle (Z4), der ein Referat für Patentfragen (Pt) angeschlossen wurde.

Da die Frage der Eroberungsgelder für Trophäen u. dgl. und die der Mannschaftsbüchereien eine erhöhte Bedeutung gewann und die Sammlung von kriegsgeschichtlichen Berichten, Akten usw. mehr und mehr in den Vordergrund trat, entschloß man sich, beim Zentraldepartement eine neue Heeresgeschichteabteilung (Z5) damit zu betrauen.

Beim Allgemeinen Kriegsdepartement trat durch die Errichtung des Kriegsamts eine Entlastung ein, indem die Abteilungen C1b, A8 und B5(siehe S. 481 f.) ausschieden.

Diese Entlastung war aber nur vorübergehend. Der Umfang der Arbeiten vergrößerte sich in solchem Maße, daß man sich zu Teilungen und zur Schaffung neuer Abteilungen genötigt sah. Der schon im Frieden oftmals erwogene, aber jedesmal als unausführbar fallen gelassene Gedanke, die sehr belastete Armeeabteilung (A1) zu teilen, wurde unter dem Zwange der Not in die Tat umgesetzt.

Die bisherige Armeeabteilung sollte die Bearbeitung der Heeresgliederung im Frieden, die innere und äußere Politik, alle mit dem Belagerungszustandsgesetz zusammenhängenden Maßnahmen und die Neuregelung des Beamtenwesens der Heeresverwaltung behalten.

Das übrige, insbesondere die allgemeinen Fragen der Landesverteidigung, die Mobilmachung mit allem, was dazu gehörte, die fremden Heere, Regelung der Paßpflicht, Landesverrats- und Spionagesachen, der Grenz-, Küsten-, Bahn- und Luftschutz, die Regelung des Post- und Telegraphenwesens, die wirtschaftliche Mobilmachung und endlich die Demobilmachung fielen der neuen Mobilmachungsabteilung (AM) zu.

Die Vorarbeiten für die Demobilmachung mußten in Angriff genommen werden, um bei einem plötzlichen Ende des Krieges mit einem fertigen Plan hervortreten zu können, der sofort in Wirksamkeit gesetzt werden konnte. Tatsächlich war 1918 dieser Demobilmachungsplan fertig gedruckt.

[485] Die Verhältnisse mit den Verbündeten wurden immer schwieriger; ihre Forderungen wuchsen gewaltig; die Arbeiten nahmen einen ungeheuren Umfang an. So mußte man sich entschließen, aus dem Referat für die verbündeten Heere im Mai 1918 eine Abteilung (A11) zu bilden.

Auch ergab sich die Notwendigkeit, die verschiedenen Zweige des Verkehrswesens in besonderen Abteilungen zu vereinigen.

Die im Juli 1917 entstehende neue Eisenbahnabteilung (AE) sollte im engen Benehmen mit den betreffenden Stellen des Feldeisenbahnchefs und des stellvertretenden Generalstabs die Fragen des Eisenbahn- und Schiffahrtwesens von allgemein militärischer Bedeutung erledigen, insbesondere die Tarif- und Zollfragen, ferner die Organisation und Aufstellung der Eisenbahntruppen, ihr Feldgerät, die Anforderungen und Beschaffungen für den Nachschub, die wirtschaftliche Ausnutzung der Eisen- und Straßenbahnen, der Wasserstraßen und aller sonstigen Mittel für Gütertransporte, sowie die Überwachung der Güter.

Aus dem nämlichen Grunde der Vereinigung entstand Juni 1917 die Abteilung für Nachrichtenmittel (ANch), zu deren Gebiet die Organisation des gesamten Nachrichtenwesens mit allen Fragen der Technik, Materialbeschaffung und des Nachschubs gehörte. Hinzu kamen das Dolmetscherwesen, das Patentwesen, soweit es das Nachrichtenmaterialgebiet betraf, und endlich die Diensthunde.

Durch diese Neuorganisationen wuchs das Departement wieder auf 14 Abteilungen an - ein Arbeitsgebiet, das auch für den gewaltigsten Arbeiter zu groß war. Man entschloß sich daher, die Abteilungen A4, A5, A6, A7V und A10 zu einem besonderen Truppendepartement (TD) zu vereinigen (August 1918).

Auch bei anderen Departements fanden in den beiden Jahren Veränderungen statt, wenn sie auch nicht von einschneidender Bedeutung waren. So wurde dem Armeeverwaltungsdepartement eine Verwaltungsstelle für reichseigene Rohstoffe (BDR) angegliedert, die den Nachweis der von der Kriegsrohstoffabteilung sichergestellten, in den Besitz des Reichs übergegangenen Rohstoffe und der dafür vom Reichsschatzamt eröffneten Kredite usw. bearbeitete.

Ferner wurde der Kassenabteilung das eigentliche Besoldungswesen genommen und eine selbständige Besoldungsabteilung (B4a) gebildet; der Umfang des Betriebes zwang dazu.

Die Aufgabe der Ernährung der riesigen Zahl von Gefangenen gestaltete sich mit der Zeit um so schwieriger, je mehr sich die Verhältnisse auf diesem Gebiet für Deutschland zuspitzten. Man sah sich genötigt, hiermit eine neue Abteilung für Gefangenenernährung (U6) zu betrauen.

[486] Daß bei einem so großen und so lange dauernden Kriege der Sanitätsdienst an Wichtigkeit und Umfang der Aufgaben zunahm, war natürlich. Die Abteilung genügte nicht mehr; es entstand ein Sanitätsdepartement (SD) mit 3 Abteilungen. Das Arbeitsgebiet wurde dergestalt geteilt, daß das Departement als solches die Organisation des Sanitätskorps bearbeitete. Es erhielt zugewiesen: die Sanitätspersonalabteilung (SD1) die Kriegsbeschädigtenfürsorge, den militärärztlichen Dienst, das Lazarettwesen, allgemeine Fragen der Militärversorgung und das Kriegsgefangenenwesen.

Angegliedert waren ihr die Zentralstelle für Nachlaßsachen und das Hauptkrankenbuchlager.

In das Gebiet der Medizinalabteilung (S2) fielen die Gesundheitspflege im Heere, die Feldsanitätsformationen, die Freiwillige Krankenpflege und Liebesgaben sowie die medizinischen Angelegenheiten des Gaskampfes.

Die Sanitätsfürsorgeabteilung (S3) hatte die Pensionsansprüche zu bearbeiten.

Am Schluß des Krieges setzte sich das Kriegsministerium wie folgt zusammen:

  1. Zentraldepartement (ZD).
    1. Ministerialabteilung (Z1).
    2. Etatsabteilung (Z2).
    3. Nachrichtenabteilung (Z3).
    4. Abteilung für Lieferungsstatistik mit Vertragsprüfungsstelle und Patentreferat (Z4).
    5. Heeresgeschichtliche Abteilung (Z5).
    6. Zentralnachweisebureau (NB).
  2. Allgemeines Kriegsdepartement (AD).
    1. Armeeabteilung (A1).
    2. Mobilmachungsabteilung (AM).
    3. Offizier- und Unteroffizierergänzungsabteilung (C1a).
    4. Infanterieabteilung (A2).
    5. Kavallerieabteilung (A3).
    6. Eisenbahnabteilung (AE).
    7. Abteilung für Nachrichtenmittel (ANch).
    8. Luftfahrtabteilung (A7L).
    9. Abteilung für verbündete Heere (A11).
  3. Truppendepartement (TD).
    1. Feldartillerieabteilung (A4).
    2. Fußartillerieabteilung (A5).
    3. Ingenieur- und Pionierabteilung (A6).
    4. [487] Verkehrsabteilung (A7V).
    5. Chemische Abteilung (A10).
  4. Armeeverwaltungsdepartement (BD).
    1. Kriegsverpflegungsabteilung (B1).
    2. Friedensverpflegungsabteilung B2).
    3. Bekleidungsabteilung (B3).
    4. Kassenabteilung (B4).
    5. Besoldungsabteilung (B4a).
    6. Zentralstelle für Kriegsbeute (ZK).
  5. Unterkunftsdepartement (UD).
    1. Unterkunftsabteilung Ost (U1).
    2. Unterkunftsabteilung West (U2).
    3. Übungsplatzabteilung (U3).
    4. Bauabteilung (U4).
    5. Abteilung für Kriegsgefangenenschutz im Ausland und Völkerrechtsverletzungen (U5).
    6. Abteilung für Gefangenenernährung (U6).
    7. Unterkunftskriegsabteilung (UK).
    8. Fürsorgeabteilung für zurückgekehrte Kriegsgefangene (U7).
  6. Versorgungs- und Justizdepartement (CD).
    1. Pensionsabteilung (C2P).
    2. Rentenabteilung (C2R).
    3. Fürsorgeabteilung für Offiziere und Beamte (C3F).
    4. Versorgungsabteilung für Hinterbliebene (C3V).
    5. Justizabteilung (C4).
  7. Remonteinspektion (RI).
  8. Sanitätsdepartement (SD).
    1. Sanitätspersonalabteilung (S1).
    2. Medizinalabteilung (S2).
    3. Sanitätsfürsorgeabteilung (S3).
  9. Kriegsamt (K).
    1. Kriegsersatz- und Arbeitsdepartement (ED).
      1. Kriegsersatzamt (C1b).
      2. Kriegsarbeitsamt (AZSa und AZSb).
    2. Waffen- und Munitionsbeschaffungsamt (Wumba).
      1. Zentralabteilung (WZ).
      2. Inspektion der technischen Institute der Infanterie (WI).
      3.         "         "           "               "        "   Artillerie (WA).
      4. Depotinspektion (WD).
      5. [488] Verwaltungsinspektion (WV).
      6. Chefingenieur (WR).
    3. Kriegsrohstoffabteilung (KRA).
    4. Abteilung für Ein- und Ausfuhr (A8).
Daß ein solch gewaltiger Apparat nur dann reibungslos arbeiten konnte, wenn die Organisation bis ins kleinste sorgfältig geregelt war, ist begreiflich. Der Gang der Arbeit sei deshalb kurz charakterisiert.

Die beim Kriegsministerium einlaufenden Sachen wurden, soweit sie nicht die Anschriften der Departements oder Abteilungen trugen, von der Adjutantur ZD, später, vom Frühjahr 1917 ab, vom Hauptbureau (Hb) auf die einzelnen Departements ausgezeichnet. Hier wieder verteilte sie der Adjutant auf die einzelnen Abteilungen. Die wichtigsten Sachen wurden dem Kriegsminister oder seinem Stellvertreter und den Departementsdirektoren vorgelegt. Bearbeitete Schriftstücke gelangten auf demselben Wege zurück, um durch die Unterschrift des Departementsdirektors oder Kriegsministers, unter Umständen nach notwendig werdender Rücksprache mit dem bearbeitenden Referenten, ihre Erledigung zu finden.

Um einen Begriff von dem Umfang der täglich durchgehenden Sachen zu geben, sei angeführt, daß ihre Zahl beim Allgemeinen Kriegsdepartement oft 2000 überstieg, von denen etwa ein Drittel zur Vorlage beim Departementsdirektor gelangten.

Wenn auch sehr viele dieser Sachen durch eine kurze Randbemerkung oder durch eine Unterschrift ihre endgültige Erledigung fanden, so blieben noch genug Fragen übrig, die einer gründlichen Bearbeitung, unter Umständen eines Vortrags bedurften.

Sachen, die den Geschäftskreis mehrerer Departements oder Abteilungen berührten, wurden von der am meisten beteiligten Abteilung zur Bearbeitung übernommen, den mitbeteiligten Stellen aber schriftlich oder mündlich Gelegenheit zur Mitprüfung gegeben.

Hierdurch entstand eine gewisse Verzögerung in der Bearbeitung, die möglichst zu beschränken, aber im Interesse der Genauigkeit und Richtigkeit der Verfügungen nicht zu vermeiden war.

Alle die, die sich veranlaßt sahen, hieraus - wie es vielfach geschehen ist - dem Kriegsministerium den Vorwurf der Verschleppung zu machen, vergessen ganz, daß es zwar einfach war, eine an einzelne niedrige Stellen gerichtete Anordnung, wenn sie einen Fehler enthielt, in kurzem und ohne Schwierigkeiten zu ändern, daß aber bei allgemeinen Erlassen an das gesamte Heer die geringste Unrichtigkeit die schwerwiegendsten Folgen haben konnte und zu umfangreichen Schreibereien führen mußte.

Zum Vortrag waren alle Sachen zu bringen, auf denen der Kriegsminister oder der Departementsdirektor dies durch einen Vermerk befohlen hatte. Un- [489] abhängig hiervon kamen die Orientierungsvorträge, die von jeder Abteilung mehrmals im Monat, von einzelnen Abteilungen sogar täglich erfolgten, und in denen die Lage und die beabsichtigten Maßnahmen vorgetragen wurden. Bei dem Umfange des zu bewältigenden Stoffes bedarf es keiner weiteren Begründung, daß diese Vorträge täglich viele Stunden in Anspruch nahmen.

Die wichtigsten, besonders das Feldheer berührenden Verfügungen gingen zur Unterschrift an den Kriegsminister im Großen Hauptquartier. Außerdem fanden Reisen der Departementsdirektoren bis zu den Referenten einschließlich in das Große Hauptquartier statt, um Kriegsminister und Oberste Heeresleitung über beabsichtigte Maßnahmen zu orientieren. Sie wurden von der Truppe gern gesehen und lohnten sich. Die Verbindung zwischen beiden Stellen des Kriegsministeriums, der im Großen Hauptquartier und der in Berlin, war in dem Maße sichergestellt, daß eine stete, gemeinsame, einheitliche Arbeit gewährleistet war.

Anträge oder Berichte der Obersten Heeresleitung gelangten, wenn sie von Wichtigkeit waren, durch den im Großen Hauptquartier befindlichen Kriegsminister an die Berliner Stelle, später direkt an diese und umgekehrt wieder wichtige Sachen dieser Stelle an die Oberste Heeresleitung. Außerdem reiste der Kriegsminister in sehr wichtigen Angelegenheiten, oder wenn er dazu aufgefordert wurde, ins Große Hauptquartier, um unter Umständen Vortrag bei Sr. M. dem Kaiser und Rücksprache mit der Obersten Heeresleitung zu nehmen. Dies trat aber sehr selten ein, da sich der Kriegsminister meist des schriftlichen Weges oder des Fernsprechers bediente.

Im übrigen herrschte eine rege Fernsprechverbindung der einzelnen Departements und Abteilungen des Kriegsministeriums mit den einzelnen Stellen der Obersten Heeresleitung, wodurch eine wesentliche Beschleunigung der Bearbeitung erreicht wurde.

Der ganze Verkehr zwischen beiden Behörden stand beim Kriegsministerium unter dem Zeichen: zum Segen der allgemeinen vaterländischen Sache alles zu tun, um den Wünschen der Obersten Heeresleitung nachzukommen. Wo dies nicht geschehen konnte, lagen schwerwiegende Gegengründe vor.

Die durch den Krieg bedeutend vermehrte Beteiligung des Kriegsministeriums an fast allen Angelegenheiten der anderen Ministerien des Reichs und Preußens veranlaßte natürlich ein enges Zusammenarbeiten mit diesen. Wo dies erreicht wurde, so z. B. in hervorragendem Maße mit den Ministerien des Innern und des Handels und dem Reichspostamt, ging die Bearbeitung glatt und schnell vonstatten. Anders lagen die Verhältnisse da, wo Zopf, Eifersüchteleien, Starrheit in den Ansichten und andere Gründe den allgemeinen Gesichtspunkt vergessen ließen. In diesen Fallen traten oft Verzögerungen oder auch Gegenwirkungen ein, die der Sache nicht dienten.

[490] Dazu kam, daß der Reichstag im Lauf des Krieges immer größere Forderungen stellte, denen leider fast niemals und viel zu spät ein entscheidendes Veto von den maßgebenden Regierungsstellen entgegengesetzt wurde. Gewiß mußte man berechtigten Wünschen und Forderungen der Volksvertretung nachgeben; das erforderte die Lage und ist auch in weitgehendstem Maße von der Heeresverwaltung geschehen. Aber niemals durfte man ihr Zugeständnisse machen, die zum Schaden des Ganzen, insbesondere der Verteidigung des Vaterlandes, führen mußten. Hier mußte es zu Konflikten zwischen Kriegsminister und Reichstag kommen.

Im übrigen war das Verhältnis zwischen der Heeresverwaltung und den Volksvertretern nicht schlecht. Das Streben des Kriegsministeriums, berechtigten Klagen abzuhelfen, wurde meist anerkannt. Daß es Vertreter gab, die niemals befriedigt werden konnten, sei ausdrücklich festgestellt.

Die Sitzungen des Reichstags und seiner Ausschüsse erforderten, sobald Angelegenheiten zur Sprache kamen, an denen die Heeresverwaltung beteiligt war, die Anwesenheit von mehr oder weniger zahlreichen Vertretern dieser Behörde. Dies war eine schwere Belastung der betreffenden Persönlichkeiten. Man stelle sich vor, daß der Kriegsminister und besonders die Departementsdirektoren oft 6 - 7 Stunden den Sitzungen beiwohnen mußten und dadurch ihrem Dienstbetrieb entzogen wurden. Daß dies auf Kosten des Dienstes gehen mußte, war klar. Trotzdem wurden auf Abänderung dieses Übelstandes hinzielende Wünsche vom Reichstag abgelehnt. Dazu kam, daß die Sitzungen des Plenums unsinnig verlängert wurden, weil Abgeordnete gewisser Parteien immer wieder dieselben Fälle, die sie schon im Ausschuß vorgebracht und über die sie Auskunft erhalten hatten, vorzutragen sich verpflichtet fühlten, lediglich für ihre Wähler oder für ihre Partei.

Die Bundesstaaten Bayern, Sachsen und Württemberg hatten im Kriegsministerium ihre Vertreter, die die Verbindung mit ihren Kriegsministerien und der Berliner Stelle aufrechterhielten. Das gleiche einmütige herrliche Zusammenarbeiten wie im Felde, zeigte sich auch hier.

Schwieriger war schon das Verhältnis zu den Verbündeten. Es wurde dadurch so erschwert, daß ihre Forderungen auf fast allen Gebieten ungeheure waren, und daß Deutschland, das dauernd der Gebende blieb, nur mit größter Mühe gewisse Gegenleistungen erzielte. Hinzu kam, daß die Regierung in der Besorgnis vor einer Absplitterung der Bundesgenossen auf Nachgiebigkeit drängte.

Während im Anfang des Krieges die deutschen Militärattachés die Wünsche der Verbündeten dem preußischen Kriegsministerium zuleiteten, wurden später Bevollmächtigte dieser Behörde zu ihnen kommandiert, denen die Prüfung der Anträge zufiel. In Wien wurde ein General mit der Leitung der Stelle beauftragt. Nach dem Bukarester Frieden trat eine solche Stelle auch in Bukarest in [491] Tätigkeit, deren Hauptaufgabe war, die Interessen der Heeresverwaltung dort zu vertreten.

In der Türkei, für die ebenso wie für die anderen Bundesgenossen in der Abteilung für verbündete Heere (A11) des Kriegsministeriums eine Zentralstelle gebildet war, wurde eine ähnliche Stelle geschaffen. An ihre Spitze trat der Chef der türkischen Operationsabteilung, ein preußischer Offizier. Die von dieser Stelle gesammelten Bestellungen gingen durch den Bevollmächtigten des preußischen Kriegsministeriums in Konstantinopel nach Berlin. 1917 wurde im türkischen Kriegsministerium eine selbständige Zentralstelle für Heeresbestellung gebildet. Ihre Wunschlisten gingen an eine in Berlin eingerichtete türkische Einkaufs- und Abnahmekommission, die sie an das preußische Kriegsministerium weitergab. Diese Stelle hat mit dankenswerter Einsicht ihres schwierigen Amtes gewaltet und verstanden, alle sich ergebenden Schwierigkeiten zu überbrücken.

Die Verhandlungen mit Bulgarien gestalteten sich dadurch so schwierig, daß der ernsten Lage Deutschlands im allgemeinen zu wenig Rechnung getragen wurde. Aber auch hier muß rühmend und dankbar hervorgehoben werden, daß die in Deutschland auf diesem Gebiete tätigen Mitglieder sich eifrigst bemüht haben, die Wege zu ebnen.

Die Beziehungen zu Österreich-Ungarn waren den ganzen Verhältnissen entsprechend besonders eng. Jeder der beiden Staaten bemühte sich, den anderen zu unterstützen. Wenn dies von seiten Österreichs nicht immer erreicht wurde, so lag es an der ganzen unglückseligen Wirtschaft, die dort herrschte, und die durch die straffe deutsche Wirtschaft zu ersetzen, trotz des guten Willens zahlreicher Mitarbeiter, an dem Nichtwollen und leider auch der stellenweisen Unfähigkeit der höchsten nichtmilitärischen Stellen scheiterte. Auch hier sind der Wille und die Bereitwilligkeit der höchsten militärischen Stellen rühmend anzuerkennen; aber sie konnten oft nicht so, wie sie wollten.

Das unglückliche Verhältnis Österreichs zu Ungarn trug nicht zur Erleichterung der Arbeit bei.

Hinzu kam als sehr störend das Vorgehen der österreichisch-ungarischen Industrie, die, von den berufenen amtlichen Organen unterstützt, versuchte, sich in der Türkei und in Bulgarien für die Zukunft Handelsgebiete zu sichern und die unbequeme deutsche Konkurrenz auszuschalten.14

Das "Geschäft" verlief in der Regel so, daß eine in Berlin halbjährlich erscheinende Kommission ihren Bedarf anmeldete und begründete. Die Verhandlungen waren stets von dem Gedanken gegenseitigen Vertrauens und beiderseitiger Hilfsbereitschaft getragen. Seit 1916 wurden die beiderseitigen Forderungen in diesen Verhandlungen vereinigt.

[492] Auf die angegebene Art glückte es, fast auf allen Gebieten den Verbündeten eine dauernde und durchgreifende Unterstützung Deutschlands sicherzustellen. Dies müssen die beteiligten Länder um der Wahrheit willen glatt zugeben.

Bildeten die den Verbündeten gegenüber übernommenen Verpflichtungen wegen ihrer außerordentlichen Höhe schon eine große Belastung des Kriegsministeriums, so waren sie doch im Vergleich zu den von seiten des Feldheeres gestellten Forderungen gering. Kein Mensch hatte einen derartigen Bedarf vorhersehen können. Als er aber eintrat, galt es mit allen Mitteln den für das Kriegsministerium geltenden Grundsatz: "Alles, was das Heer braucht, muß ihm gegeben werden", zu erfüllen.

Jeder Weg zur Erreichung dieses Ziels mußte beschritten werden. Wenn auch anfangs angestrebt wurde, an den bewährten Grundsätzen des Friedens bei Beschaffungen festzuhalten, so genügte dies sehr bald nicht mehr. Die beschaffenden Stellen mußten schon früh zu freihändiger Vergebung und mündlichen Vereinbarungen schreiten. Hierbei konnte es nicht ausbleiben, daß nicht immer nach einheitlichen Grundsätzen gehandelt wurde. Es erschienen daher die "Beschaffungsgrundsätze im Kriege", die eine wesentliche Besserung brachten.

Was aber immer noch blieb, waren die gegenseitige Konkurrenz und die Preistreibereien der beschaffenden Stellen, sowie die Erschwerung in dem Verkehr zwischen Unternehmer und Beschaffungsstellen. Diesem Übelstand wurde durch das Waffen- und Munitionsbeschaffungsamt (Wumba) schon wesentlich abgeholfen, das allmählich alle Aufträge bis auf die das Verkehrs- und Nachrichtenwesen betreffenden vergab. Die Schaffung des Kriegsamts trug weiter zur Vereinheitlichung bei.

Unzertrennlich von dem Beschaffungswesen war das Ersatzwesen. Beide waren voneinander abhängig. Je größer die Forderungen an Kriegsmaterial wurden, um so mehr ging dies auf Kosten des Mannschaftsersatzes für das Heer; denn die Herstellung des Kriegsgeräts erforderte Arbeitskräfte, und zwar in vielen Fällen gelernte, die dann dem Heer entzogen werden mußten. Es war ein stetes Lavieren zwischen dem, was das Feldheer haben mußte, und dem, was die Industrie brauchte. Dabei mußte das Heer unter allen Umständen den Vorrang haben. Dieser gesunde und einzig richtige Gedanke verschob sich leider mit der Gründung des Kriegsamts und dem Hindenburg-Programm mit seinen ungeheuren Forderungen.

Die terminmäßig einzureichenden Stärken des Feldheeres gaben dem Kriegsministerium die Mittel, zu prüfen, wohin und in welcher Stärke der Ersatz gestellt werden mußte. In eiligen oder besonderen Fällen forderte die Oberste Heeresleitung beim Kriegsministerium an. Dieses wieder verteilte den Bedarf nach der Stärke des vorhandenen Ersatzes auf die stellvertretenden Generalkommandos, die hierfür monatliche Nachweisungen einzureichen hatten.

[493] Das Verfügungsrecht über den Ersatz sowie über die noch nicht einberufenen Wehrpflichtigen behielt sich seit 1915 das Kriegsministerium vor; denn nur diese Stelle konnte den allgemeinen Überblick haben und einen gerechten Ausgleich zwischen den einzelnen Provinzen und Landesteilen schaffen.

Daneben galt es für das Kriegsministerium, auf innerpolitischem Gebiet Maßnahmen zu treffen oder sie durch die zuständige Behörde treffen zu lassen. So mußten einheitliche Bestimmungen über das Versammlungsrecht, das Belagerungszustandsgesetz und über die Anwendung der Schutzhaft an die stellvertretenden Generalkommandos ergehen. Die Handhabung der Zensur mußte geregelt werden. Ferner nötigte die immer schwieriger werdende Lage zu Verfügungen über Beschlagnahme und Enteignung von Rohstoffen, über Höchstpreise, über Handels- und Ausfuhrverbote, sowie zu Untersagungen von die Kriegswirtschaft störenden Maßnahmen.

Die Meldepflicht, der Aufenthalts- und Arbeitsstellenwechsel feindlicher Ausländer, die Bewachung und Verwendung der Kriegsgefangenen, die Verbesserung der Transportlage mußten durch Bestimmungen geregelt werden.

Zur Gewährleistung der Durchführung dieser Verordnungen und um jeden rechtlichen, durch das Belagerungszustandsgesetz, durch das die vollziehende Gewalt an die stellvertretenden kommandierenden Generale übergegangen war, entstandenen Zweifel zu heben, wurde der Kriegsminister zum Obermilitärbefehlshaber ernannt.

So hat das Kriegsministerium getreu seinen alten Traditionen gearbeitet für das Vaterland. Daß nicht alles vollkommen und richtig gewesen ist, soll ohne Zögern zugegeben werden. Aber wo findet man Vollkommenheit! "Die Menschen machen nun einmal Fehler," sagt Friedrich der Große, "und wer die wenigsten begeht, hat das Übergewicht über diejenigen, die mehr als er machen."

Die Hauptsache blieb, daß der Wille vorhanden war, alles daranzusetzen, Heer und Heimat zu erhalten. Dieser Wille hat es fertiggebracht, Deutschland gegen die Angriffe übermächtiger Feinde vier Jahre zu schützen. Wenn dann der Zusammenbruch kam, so spielten andere Gewalten und Verhältnisse mit, auf die das Kriegsministerium leider keinen Einfluß hatte. Daß jeder im Kriegsministerium sein ganzes Können und seinen starken Willen an das große Endziel des Krieges, an den Sieg, setzte, ist zweifellos. Gegen eine abfällige Kritik tröstet ein Ausspruch des großen Königs: "Die Wahrheit bedarf keiner Waffen, um sich zu verteidigen, und keiner Gewalttätigkeit, um die Menschen zum Glauben zu bringen; sie braucht sich nur zu zeigen, und sobald ihr lebhaftes Licht die Wolken zerstreut hat, worin sie verborgen war, ist sie ihres Triumphes sicher."


10 [1/467]Das Königl. Preuß. Kriegsministerium 1809-1909. Herausgegeben vom Kriegsministerium. ...zurück...

11 [1/475]Weiteres hierüber siehe Wrisberg, Erinnerungen Bd. 2, Heer und Heimat, S. 152 u. ff. ...zurück...

12 [1/478]Vergleiche hiermit die Stimmen der Gegner. ...zurück...

13 [1/482]Ludendorff, Erinnerungen S. 269. ...zurück...

14 [1/491]v. Wrisberg, Wehr und Waffen 1914-1918. ...zurück...


Der Weltkampf um Ehre und Recht.
Die Erforschung des Krieges in seiner wahren Begebenheit,
auf amtlichen Urkunden und Akten beruhend.
Hg. von Exzellenz Generalleutnant Max Schwarte