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Bd. 2: Der deutsche Landkrieg, Zweiter Teil:
Vom Frühjahr 1915 bis zum Winter 1916/1917

Kapitel 9: Der Feldzug gegen Rumänien   (Forts.)
Oberst Rudolf Frantz

6. Der Feldzug in der Walachei.

Am Morgen des 15. November traten die Gruppe Kühne und das Kavallerie-Korps Schmettow den Vormarsch in die Walachei an.8

General Kühne hatte die 11. bayerische Division links neben die 41. und 109. gesetzt, während die 301., die nur noch aus der 144. österreichischen Landsturm-Brigade mit etwas deutscher Artillerie bestand, links herausgezogen am Gebirgsfuße entlang in östlicher Richtung marschieren sollte. So wurde an diesem Tage Targu Jiu und die Gegend östlich davon ohne Widerstand des Feindes erreicht. Vor dem rechten Flügel der Gruppe Kühne ritt die Masse des Kavallerie-Korps Schmettow, vor ihrem linken Flügel das Ulanen-Regiment Nr. 4. Am Abend stand die 7. Kavallerie-Division im Jiul-Tale nördlich von Poiana, die 6. östlich bei Vacarea, das Ulanen-Regiment Nr. 4 im Gilort-Tale bei Cojani. Überall hatte die Reiterei starken Feind vor sich, dessen Widerstand sie nicht zu brechen vermochte. Es stellte sich heraus, daß der Feind in einer mächtigen Höhenstellung stand, die sich von Petrestii im Gilort-Tale über Seasa - Valeni und weiter nach Westen über das Jiul-Tal hinüber auf die Höhen südlich der Tismana erstreckte. Der Feind schien sich zu neuem Widerstande entschlossen zu haben. General Kühne beabsichtigte, ihn am nächsten Tage beiderseits umfassend anzugreifen.

Indessen hatte schlechtes Wetter eingesetzt, Regen, dem starke Schneestürme folgten, so daß die Wege fast ungangbar wurden und die zum Gefechtsaufmarsch erforderlichen Märsche querfeldein ungemein anstrengend. Alle Bewegungen verzögerten sich erheblich, so daß sich die Infanterie-Divisionen am 16. November nur an die feindliche Stellung heranschieben konnten. Die Kavallerie auf beiden Flügeln hatte sich rumänischer Gegenangriffe zu erwehren, [640] die sich mit besonderer Heftigkeit gegen das Ulanen-Regiment Nr. 4 im Gilort-Tale richteten.

Die Rumänen hatten die Verteidigung ihres Landes neu geregelt. Als Berater war im rumänischen Hauptquartier der französische General Berthelot eingetroffen. Aus der Moldau wurden die 17. Infanterie-Division und Teile der 14. herangeführt, von der andere Teile schon der Gruppe Krafft entgegengeworfen waren, und bei Barbatesti im Gilort-Tale ausgeladen. Bis zum Eintreffen dieser Verstärkungen hoffte man die starke Höhenstellung halten zu können, um dann dem Eindringling den Untergang zu bereiten, wozu auch von Orsova herangezogene und westlich der Szurduk-Straße aus dem Gebirge zurückgegangene Kräfte gegen die rechte Flanke der Deutschen vereinigt werden sollten.

Diese Hoffnungen der rumänischen Heeresleitung sollten sich jedoch nicht erfüllen. Während das Unwetter immer stärker wurde, begannen noch am Abend des 16. die einleitenden Angriffskämpfe der Divisionen des Generals Kühne, dem eine Weisung des Armee-Oberkommandos zugegangen war, im Verein mit dem Kavallerie-Korps Schmettow den gegenüberstehenden Feind zu schlagen. Am frühen Morgen des 17. November setzte der einheitliche Angriff ein. Das Kavallerie-Korps Schmettow hatte sich an der Straße nach Vladoi aus dem Jiul-Tale herausgezogen und die 6. Kavallerie-Division hinter der 7. herum auf seinen rechten Flügel geführt, wo sie zur Umgehung des Feindes auf Rosiuta ausholen sollte. Sie warf den ihr entgegentretenden Feind im Fußgefecht, drang bis Rosiuta durch und ließ nun Teile gegen den ihrer Schwesterdivision gegenüberstehenden Feind einschwenken. Währenddessen hatte die auf dem Ostufer des Jiul vorgehende 41. Infanterie-Division ihre Kräfte nach ihrem linken Flügel zusammengezogen. Im Verein mit dem rechten Flügel der neben ihr fechtenden 109. Infanterie-Division gelang es, in die Mitte der feindlichen Stellung einzubrechen, den Feind zu werfen, tief durchzustoßen und starke Teile, gemeinsam mit der Reiterei Schmettows, abzuschneiden. So war auf dem rechten Flügel der Deutschen und in der Mitte der Feind geschlagen. 41. und 109. Infanterie-Division verfolgten und erreichten am Abend Pesteana und die Gegend östlich des Ortes.

Auf dem linken deutschen Flügel, wo die nur aus zwei Regimentern bestehende 11. bayerische Division, verstärkt durch ein Regiment der 109. und das Ulanen-Regiment 4, fochten, ging es nicht so rasch vorwärts. Der feindliche Widerstand verstärkte sich immer mehr, die Rumänen überflügelten den Angreifer; immer neue Kräfte wurden von ihren Ausladepunkten an der Eisenbahn in den Kampf geworfen, insgesamt dreizehn frische Bataillone. Am Abend stand man noch in heftigem Ringen quer über das Gilort-Tal. Der Kampf ging in der Nacht weiter. Allmählich wurde der Widerstand der Rumänen schwächer; ein Dorf nach dem andern wurde von den Deutschen erstürmt.

Als der Morgen des 18. heranbrach, war die Schlacht von Targu Jiu mit [641] einem vollen deutschen Sieg beendet. Das Kavallerie-Korps Schmettow, die 41. und 109. Infanterie-Division setzten die Verfolgung fort; überall, namentlich auf dem westlichen Teile des Schlachtfeldes, wurden rumänische Abteilungen abgeschnitten; über 3000 Gefangene ließ der Rumäne in der Hand des Siegers; seine blutigen Verluste waren schwer. Um Mittag erreichte der linke Flügel der 109. Infanterie-Division Barbatesti. Auf der ganzen Schlachtfront blieben die Deutschen in verfolgender Vormarschbewegung.

Das Armee-Oberkommando hatte das Bestreben gehabt, der Gruppe Kühne bald die Richtung nach Osten zu geben, um so der Alt-Gruppe den Gebirgsaustritt zu öffnen und beide Gruppen zu engem Zusammenwirken zu bringen. Die Wegeverhältnisse hatten diese Vormarschrichtung unmöglich erscheinen lassen. Die neue Niederlage des Feindes hatte aber auch die Lage umgestaltet; es war nicht anzunehmen, daß er imstande sein werde, einer breit angelegten Verfolgung sobald ernsten Widerstand entgegenzusetzen; es hatte kein Bedenken mehr, die beiden Gruppen Kühne und Krafft in größerer Entfernung voneinander zu halten. So wies das Armee-Oberkommando die Gruppe Kühne mit ihrem rechten Flügel auf Craiova, wohin wenigstens eine einigermaßen brauchbare Straße führte.

Während der Vormarsch dementsprechend fortgesetzt wurde, befand sich im Rücken der Truppen noch überall abgeschnittener Feind, der auch ins Innere der Walachei strebte und mit dem Bagagen und Kolonnen täglich Gefechte zu bestehen hatten. Eine stärkere rumänische Abteilung von mehreren Bataillonen mit Artillerie erschien hinter dem auf Filiafu reitenden Kavallerie-Korps, so daß Teile gegen diesen Feind kehrtmachen mußten. Handelte es sich hierbei immerhin noch um verhältnismäßig schwache Kräfte, so stand gegenüber dem Obersten v. Szivo bei Orsova noch die Masse der 1. rumänischen Division. Ein Versuch, die Cserna zu überschreiten, den Oberst v. Szivo am 17. November unternommen hatte, war nicht geglückt. Wenn auch das Oberkommando der 9. Armee diesen starken Feind im Rücken nicht als ernste Gefahr betrachtete und nicht gewillt war, sich in der Fortführung der Operationen behindern zu lassen, so mußte aber andererseits beim weiteren Vormarsch, namentlich da sich dieser so tief nach Süden erstreckte, die Donau und die Eisenbahn Turnu-Severin - Craiova für den Nachschub von Wichtigkeit werden. Daher wurde der Wunsch immer reger, Orsova endlich zu öffnen; mit diesem Wunsche verband sich beim Oberkommando das Bedauern, die Radfahr-Brigade nicht zur Verfügung zu haben, um sie in den Rücken des Feindes entsenden zu können. So mußte man sich, um die vormarschierenden Gruppen nicht allzusehr zu schwächen, mit einer Aushilfe begnügen, und am 19. November wurde befohlen, daß außer den bereits entsandten schwachen Reiter-Abteilungen nunmehr ein Bataillon mit einigen Geschützen längs der Eisenbahn auf Strehaia zu marschieren habe, eine Aufgabe, mit der eine entsprechende Abteilung der 41. Infanterie-Division unter Hauptmann Picht betraut wurde.

[642] In der Front hatte das LIV. Korps keinen Widerstand mehr gefunden. Der Feind wich überall, nur die Wegeverhältnisse und das Wetter erschwerten den Vormarsch. Trotz dieser Schwierigkeiten wurde am 21. November Craiova erreicht; die alte Hauptstadt der Walachei, die reichste Stadt Rumäniens, ein Hauptstapelplatz des Getreidehandels fiel in deutsche Hand. Im Laufe des Tages gelangten die Divisionen des LIV. Korps in die Linie Craiova - Otetelisu, rechts von ihnen das Kavallerie-Korps Schmettow mit der 6. Kavallerie-Division auf gleiche Höhe, während sich die 7. noch weiter zurück befand.

Damit stand der rechte Flügel der 9. Armee vor einem neuen Operations-Abschnitt. In den letzten zehn Tagen hatten die Gruppen Kühne und Schmettow Gewaltiges vollbracht, den Hochgebirgsgürtel überwunden, den Gegner in zwei Schlachten geschlagen und trotz schwierigster Wegeverhältnisse und ungünstigem Wetter ihre Fahnen tief in die Walachei getragen. Hatte der Rumäne in den letzten Tagen keinen Widerstand mehr geleistet, so mußte man am Alt, dem man sich nun näherte, auf solchen rechnen, um so mehr als dieser Fluß bei dem eingetretenen Hochwasser kein geringes Hindernis war. Da die Infanterie durch die Anstrengungen des Marsches sehr erschöpft war, es auch wünschenswert erschien, das Kavallerie-Korps wieder Vorsprung gewinnen zu lassen, gab General v. Falkenhayn der Bitte des Generals Kühne nach und gewährte der Infanterie zur Erholung und zum Ordnen ihrer Verbände einen wohlverdienten Ruhetag.

Den Fortschritten, welche die Alt-Gruppe in der ersten Novemberhälfte gemacht hatte, waren in den Tagen vom 15. bis 19. neue gefolgt.9

Nachdem zunächst auf dem Ostufer des Alts Salatrucu genommen war, wurde auf dem westlichen Ufer der Lotru-Abschnitt überschritten; dann ging es beiderseits des Alts weiter vorwärts, wobei dank der geschickten Führung, die immer und immer wieder den Gegner zu umfassen wußte, eine verhältnismäßig sehr große Zahl von Gefangenen gemacht wurde. Am 19. November gewann man den Eindruck, daß die Rumänen hier erschüttert seien und daß der endgültige Austritt in die Ebene bald erkämpft sein werde. Da begann am 20. sich der Widerstand erheblich zu verstärken, namentlich auch artilleristisch; die Rumänen hatten eine neue Division eingesetzt, die 7., die inzwischen von der durch Russen abgelösten Nordarmee herantransportiert war. Aber trotz dieses erhöhten Widerstandes gewann die Gruppe Krafft weiter Gelände, und am 21. November war im Alt-Tal Jiblea-Noua erreicht, im Topologu-Tal Ceparii und im Argesch-Tal Pamanteni.

In den Bergen um Kronstadt veränderte sich die Lage in diesen Tagen nicht. Das I. Reservekorps hatte sich heftiger Angriffe zu erwehren, die von Campulung her mit großer Tatkraft geleitet wurde. Beim XXXIX. Reservekorps und der 89. Infanterie-Division hatten der heftige Schneefall und die große Kälte die [643] Gefechtstätigkeit eingeschränkt und im Ojtoz-Gebiet, wo am 15. November der Kommandierende General des XXIV. deutschen Reservekorps, General v. Gerok, den Befehl übernommen hatte, gingen wechselnde Kämpfe von örtlicher Bedeutung hin und her.

Das Oberkommando der 9. Armee hatte die Operationen bis zum 17. November von Kronstadt aus geleitet, wo es verblieben war, um die Aufmerksamkeit nicht auf seine Absichten am Szurduk zu lenken. Die Schwierigkeiten, welche die weiten Entfernungen der Leitung boten, waren immer größer geworden: die Fernsprechverbindungen liefen im weiten Bogen über Petroseny durch den Szurduk-Paß bis Craiova und waren vielfachen Störungen durch das Unwetter unterworfen gewesen. Die Einrichtung eines Meldekopfes des Armee-Oberkommandos in Targu-Jiu hatte nur wenig helfen können. Der Oberbefehlshaber beabsichtigte, sobald auch die Alt-Gruppe die Ebene der Walachei erreicht hatte, sein Hauptquartier über den Roten Turm-Paß in die Walachei zu verlegen. Um bis zu diesem Zeitpunkt die Entfernungen zu den Gruppen Kühne und Krafft abzukürzen, war das Armee-Oberkommando am 17. November nach Hermannstadt verlegt worden, das schon einmal Hauptquartier gewesen war. Von hier aus erging am 21. November der grundlegende Befehl für die Fortführung der Operationen über den Alt hinüber. Das Kavallerie-Korps Schmettow sollte den Alt am 22. mit vorgeschobenen Abteilungen, am 23. mit dem Gros erreichen und die Brücken in die Hand nehmen, das LIV. Korps am 24. mit Spitzen in der Linie Slatina - Dragasani über den Fluß gehen. Gruppe Krafft hatte den Angriff gegen die Linie Rimnicul-Valcea - Curtea de Arges fortzusetzen; für später wurde ein Vorgehen gegen die Linie Hintesti - Pitesti - Davidesti in Aussicht genommen. Die 115. Infanterie-Division sollte als Reserve dem rechten Armee-Flügel über Craiova folgen.

Die Oberste Heeresleitung rechnete in diesen Tagen in Übereinstimmung mit dem Heeresfront-Kommando mit einem russischen Angriff gegen die österreichische 1. Armee, hinter deren rechtem Flügel infolgedessen eine Reserve, bestehend aus der 8. bayerischen Infanterie-Division, der 187. Infanterie-Division und der siebenbürgischen Kavallerie-Brigade, bereitgestellt werden sollte. Als Ersatz für die 187. Infanterie-Division wurde der 9. Armee die österreichische 24. Division zugeführt. Um eine gegenseitige Unterstützung zu erleichtern, unterstellte General v. Falkenhayn nunmehr die 89. Infanterie-Division dem Generalkommando des XXXIX. Reservekorps, so daß der Befehlsbereich des Generals v. Staabs nunmehr vom Tömöser bis zum Bodza-Paß reichte. Die außerdem von der Obersten Heeresleitung in Aussicht gestellte 2. Kavallerie-Division gedachte General v. Falkenhayn über den Szurduk-Paß nachzuziehen.

Am 22. November schritt Oberst v. Szivo bei Orsova zum Angriff; zwar gelang es ihm, die hoch angeschwollene Cserna zu überschreiten, nicht aber in die rumänische Stellung einzubrechen. Dagegen setzte sich die in Eilmärschen von [644] Osten heranrückende Abteilung Picht in den Besitz von Turnu-Severin. Diese Rückenbedrohung zwang Szivos Gegner zum Nachgeben; in der Nacht zum 23. räumte er die Cserna und stürzte sich nun auf den lästigen Feind im Rücken. Die Abteilung Picht wehrte sich heldenhaft in Turnu-Severin gegen den von allen Seiten andrängende Feind. Von Westen eilte ihr die deutsche Radfahr-Brigade zu Hilfe, die endlich Bewegungsfreiheit hatte, von Osten einige deutsche Schwadronen, vom rechten Donau-Ufer die bulgarische Pionier-Kompagnie. Am 25. gaben die Rumänen den Angriff auf und setzten ihren Rückzug nach Osten fort. Das Armee-Oberkommando unterstellte nunmehr die Abteilung Picht dem Obersten v. Szivo und wies ihn an, dem Feinde unablässig auf den Fersen zu bleiben. Die Radfahr-Brigade sollte an das Kavallerie-Korps Schmettow herangezogen werden.

Dieses hatte inzwischen den Alt erreicht und am 23. November die Brücke bei Stoenesti nur leichtbeschädigt in seine Hand gebracht. Am 24. ging die 6. Kavallerie-Division über den Fluß, die 7. folgte. Beim LIV. Korps hatten die Wegeverhältnisse ein Vorgehen in breiter Front unmöglich gemacht; General Kühne hatte die 109. Infanterie-Division und die 11. bayerische der 41. auf der großen Straße folgen lassen müssen. An den Abschnitten des Tesluiu und des Oltetu aufgehalten, langte die 41. Infanterie-Division am 24. abends am Alt gegenüber von Slatina an. Die Brücken waren zerstört, der Fluß über 2 m tief, das jenseitige Ufer, auf dem der Feind stand, überhöhte das diesseitige, das mehrere Kilometer weit keinerlei Deckung bot, erheblich. Der Flußübergang angesichts des Feindes war ein schwieriges Beginnen. Trotzdem wurde er in die Wege geleitet. General v. Falkenhayn, der sich am 24. selbst nach Craiova begeben hatte, genehmigte den Antrag des Generals Kühne, die 109. Infanterie-Division dem Kavallerie-Korps über Caracal folgen zu lassen, das außerdem nochmals die Weisung erhielt, dem LIV. Korps den Übergang zu öffnen. Am nächsten Tage warf das Kavallerie-Korps eine rumänische Kavallerie-Division und stieß ihr bis Greci und Serbanestii nach.

Verkehrsbrücke in Rimik Valcea.
Von den Rumänen gesprengte Verkehrsbrücke
in Rimik Valcea, welches am 25. November 1916
genommen wurde. Deutsche Truppen passieren
den Alt auf einer Ponton-Notbrücke.  [Vergrößern]

Aus: Der Weltkrieg in seiner
rauhen Wirklichkeit
, S. 442.
Auch der aus den Bergen herniedersteigenden Gruppe Krafft suchten die Rumänen in zähem Widerstand Aufenthalt zu bereiten. Aber die Wechselwirkung der beiden Gruppen blieb nicht aus. Am 25. erlahmte der Widerstand vor der Gruppe Krafft; Rimnicul-Valcea wurde erreicht und durch einen Offizier im Kraftwagen im Alt-Tal die Verbindung mit der 301. Division der Gruppe Kühne aufgenommen, die bei Dragasani am Flusse angelangt war und ebenfalls das jenseitige Ufer besetzt gefunden hatte. Das Nachlassen des Widerstandes vor der Gruppe Krafft, Brände in Slatina und Fliegermeldungen über rückwärtige Bewegungen der Rumänen bestärkten das Armee-Oberkommando in der Auffassung, daß die Alt-Verteidigung nicht mehr lange halten werde. Aber auch am 26. gelang es weder bei Slatina, noch bei Dragasani über den Fluß zu kommen. Das Kavallerie-Korps hatte in seinem Verfolgungsdrange mit der [645] Masse die Richtung nach Osten beibehalten und Rosiori de Vede erreicht. Zum Öffnen des Alt-Übergangs wurde nunmehr die 109. Infanterie-Division auf dem östlichen Ufer nach Norden eingedreht, die 11. bayerische wurde ebenso wie die als Armee-Reserve folgende 115. Infanterie-Division auf die Brücke von Stoenesti verwiesen. Der Gruppe Krafft suchte der Feind am Topologu-Abschnitt erneut Widerstand zu leisten; aber während der rechte Flügel der Gruppe einschwenkte, durchstieß die in der Mitte vorgehende 216. Infanterie-Division die rumänische Stellung bei Tigveni.

Wenn auch die Infanterie der Gruppe Kühne den Alt noch nicht überschritten hatte, so glaubte General v. Falkenhayn doch dem rechten Flügel seiner Armee schon weite Ziele stecken zu können und bestimmte für die Gruppe Kühne die Linie Beuca - Martalogi; die Gruppe Krafft behielt die Richtung auf Pitesti; Ziele, zu denen nach einigem Depeschen-Wechsel auch die Oberste Heeresleitung ihr Einverständnis gab. Für den Fall, daß die Rumänen die Festung Bukarest verteidigen und dort die Verwendung schwerster Artillerie nötig werden sollte, wurde die Erkundung der Wege und die Herstellung der Brücke von Slatina für schweres Geschütz angeordnet. Am nächsten Tage, als die 109. Infanterie-Division von Stoenesti auf Greci abbog, räumten die Rumänen bei Slatina das Alt-Ufer; es waren vier Infanterie-Regimenter mit entsprechender Artillerie gewesen. Die 41. Infanterie-Division begann bei Slatina überzusetzen; der Brückenschlag wurde in Angriff genommen. Damit war der wichtigste Geländeabschnitt vor Bukarest in deutscher Hand. Wege und Wetter hatten dem Vorgehen durch die Walachei stärkeren Aufenthalt bereitet als der Feind. An diesem Tage brach auch der rumänische Widerstand in der Topologu-Stellung zusammen; der linke Flügel der Gruppe Krafft durchschritt Curtea de Arges, die alte Gräberstadt des rumänischen Königshauses. Der Oberbefehlshaber ließ durch deutsche Truppen an den Särgen König Karols und der Königin Elisabeth Kränze niederlegen.

Die Gruppe Krafft hatte, in sechswöchigem heftigen Ringen sich durch den Gebirgswall hindurchkämpfend, dem zähen Verteidiger Höhe um Höhe, Rücken um Rücken entrissen; Mormonta, Cozia, Poiana Lunga, Mte. Fruntu waren Namen heldenmütigen Kampfes geworden; immer von neuem hatten die Rumänen frische Truppen von anderen Fronten in den Kampf geworfen, um dem Angreifer den Zugang in ihre Heimat zu verwehren. Es war vergebens gewesen; geschickte, umsichtige Führung, höchste Leistung und Hingabe deutscher wie österreichisch-ungarischer Truppen, unerschütterlicher Siegeswille hatten diesen den Erfolg errungen. An die 15 000 Gefangene hatte die Gruppe Krafft im letzten Monat eingebracht. Nun hatte sie das Gebirge überwunden, und damit war der Feldzug in der Walachei, der bisher nur von einer Gruppe der 9. Armee geführt worden war, zur Bewegung des ganzen rechten Flügels geworden, und daß auch dem linken Flügel, der noch bei Kronstadt im Gebirge stand, der Austritt erkämpft werden würde, blieb nur noch eine Frage der Zeit. [646] Wenn man sich beim Armee-Oberkommando auch über die Absichten der Rumänen noch nicht klar war, so war doch darüber kein Zweifel, daß der rechte Flügel der Armee den Vormarsch in breiter Front fortzusetzen habe, wobei mit jedem Schritt vorwärts Kräfte aus der Gebirgsfront frei werden mußten, die sich dem Vormarsch anschließen konnten. Damit mußte sich auch von Tag zu Tag die gewaltige Frontbreite der Armee verringern.

Am 27. abends wurde vom Armee-Oberkommando befohlen, daß das Kavallerie-Korps Schmettow, nördlich der Linie Rosiori de Vede - Bukarest vorgehend, sich zunächst in den Besitz des Argesch-Abschnittes zu setzen habe; das LIV. Korps sollte die Linie Rosiori de Vede - Ungheni erreichen, die 115. Infanterie-Division dem rechten Flügel folgen; Gruppe Krafft hatte tief links gestaffelt gegen die Linie Hintesti - Pitesti - Davidesti vorzugehen; das I. Reservekorps sollte den Feind werfen, im Dambovita-Tal abwärts vordringen und die 8. Gebirgs-Brigade über den Leota-Stock in das Jalomita-Tal entsenden. Die 2. Kavallerie-Division sollte nun mehr mit je einer Brigade durch den Szurduk- und den Roten Turm-Paß vorgezogen und dann bei Rimnicul - Valcea vereinigt werden.

Indessen hatte von Rosiori de Vede aus General Graf Schmettow die Fühlung aufgenommen mit der Reiterei des Feldmarschalls v. Mackensen, dessen Donau-Armee am 23. November den Fluß bei Sistov überschritten hatte. Damit begann eine gemeinsame Operation der Donau-Armee und der 9. Um diese Gemeinsamkeit auch in der Führung sicherzustellen, nahm die Oberste Heeresleitung in Aussicht, die 9. Armee aus dem Befehlsbereich der Heeresfront, an deren Spitze an Stelle des auf den österreichisch-ungarischen Thron berufenen Erzherzog Karl der Erzherzog Josef getreten war, herauszulösen und sie dem Heeresgruppenkommando Mackensen zu unterstellen.

In der Absicht der Obersten Heeresleitung der Verbündeten hatte es gelegen, den Feldmarschall Mackensen, der die Streitkräfte in Nord-Bulgarien befehligte, die Donau überschreiten und in die Walachei einbrechen zu lassen, sobald es die Lage tunlich erscheinen ließ. Im Hinblick auf diese ihm bevorstehende Aufgabe hatte der Feldmarschall bereits am 3. September dem General Kosch den Befehl erteilt, mit den Erkundungen und den Vorbereitungen zum Donau-Übergang zu beginnen.10 Ehe aber der Fluß überschritten werden konnte, mußte die Lage in der Dobrudscha so weit gesichert sein, daß eine Flanken- und Rückenbedrohung von dort ausgeschlossen war. Nachdem anfangs Oktober einige rumänische Angriffe abgewehrt waren, hatte an der Dobrudscha-Front Ruhe geherrscht. Mitte Oktober waren die Vorbereitungen zum Angriff auf die rumänische Stellung, die sich von Topraisar über Cobadinu nach der Donau bei Rasova hinzog, beendet. Die 3. bulgarische Armee war durch die deutsche 217. Division und das aus zwei Divisionen bestehende VI. türkische Korps verstärkt worden. [647] Am 19. Oktober setzte der Angriff ein; trotz tapferem Widerstand der Rumänen und Russen ging er vorwärts. Am heftigsten wurde um den starken Stützpunkt Topraisar gerungen, gegen den die deutsche 217. Division angesetzt war. Drei Tage währte der Kampf. Am 21. fiel der Ort in die Hand der Deutschen, während gleichzeitig bewährte bulgarische Regimenter Cobadinu nahmen. Damit brach der Widerstand in der rumänisch-russischen Stellung zusammen. In strömendem Regen setzten die Verbündeten dem geschlagenen Feinde nach. Am nächsten Tage bereits wurde Constanza genommen, dieser wichtige Hafenplatz, der reiche Vorräte barg und aus dem im letzten Augenblick noch eine russische Flotte abdampfte. Am 23. Oktober überschritten die Verbündeten beiderseits Medgidia die Eisenbahn, am 25. nahmen sie auch Cernavoda, und damit war die ganze Bahnlinie, die Verbindung der Walachei mit dem Hafen Constanza, in ihrer Hand. Die bulgarische 1. Kavallerie-Division verfolgte den in wilder Flucht weichenden Feind, überall versprengte rumänische Abteilungen als Gefangene einbringend; am 26. Oktober bereits besetzte sie Harsova. Erst an dem bewaldeten Höhenzuge, der von Sariurt über Topolog streicht, stieß sie wieder auf Widerstand. Es war das IV. sibirische Korps, das die Russen aus der Gegend von Luzk herangeführt hatten und das der geschlagenen rumänisch-russischen Armee den ersten Halt gab.

Zu dem überraschend großen Erfolge des Feldmarschalls v. Mackensen hatten die Ereignisse in Siebenbürgen und in den Transylvanischen Alpen das Ihrige beigetragen. Wie der erste Stoß Mackensens auf Tutrakan und Silistria die Rumänen veranlaßt hatte, ihre Front in Siebenbürgen zugunsten der Dobrudscha zu schwächen, so hatte das feste Zupacken der 9. Armee jetzt die gegenteilige Wirkung erzielt und den Angriff der 3. bulgarischen Armee erleichtert. Bis Mitte Oktober waren nicht weniger als 100 Bataillone zur Verstärkung der siebenbürgischen Front entsandt worden, die zum großen Teil der Dobrudscha-Front entnommen waren. Auch die Unsicherheit, wie sie die Ablösungen und das Hin und Her der Eisenbahntransporte für die Rumänen mit sich brachten, war den Verbündeten in der Dobrudscha zugute gekommen.

Das Oberkommando der 3. bulgarischen Armee beabsichtigte, am 2. November erneut zum Angriff zu schreiten, um die ganze Dobrudscha in Besitz zu nehmen. Aber Feldmarschall v. Mackensen sah sich veranlaßt, diesem Angriff seine Genehmigung zu versagen. Das angestrebte Ziel war hier vorläufig erreicht. Der Donau-Übergang trat nunmehr in den Vordergrund. Der Feldmarschall befahl, Abteilungen am Feinde zu lassen und mit dem Gros der Armee eine Dauerstellung zu beziehen. Diese Stellung wurde in der Linie Tasavlu-See - Tovalu gewählt und befestigt; auf sie zogen sich die am Feinde belassenen Abteilungen allmählich zurück. Die Russen folgten und gruben sich nach einigen vergeblichen Angriffsversuchen um die Mitte November vor dieser Stellung ein. Bis Ende des Monats unternahmen sie noch verschiedene Angriffe kleineren und größeren Umfanges, die alle [648] abgewiesen wurden. Vor der 3. bulgarischen Armee verblieben sechs russische und eine rumänische Infanterie-Division und eine russische Kavallerie-Division, und auf dem linken Ufer übernahm den Donau-Schutz zwischen Harsova und Calarasi eine russische Infanterie- und eine Kavallerie-Division. Diesem Feinde gegenüber beließ Feldmarschall v. Mackensen im Rahmen der 3. bulgarischen Armee, deren Oberbefehl der bulgarische General Neresoff übernommen hatte, nur die 4. und die 6. bulgarische Infanterie-Division und das aus zwei Divisionen bestehende VI. türkische Korps. Die übrigen Kräfte wurden zur Verwendung beim Donau-Übergang herausgezogen.

So war allmählich der Schutz der Dobrudscha von den Rumänen an die Russen übergegangen, ebenso wie auf dem anderen Flügel der rumänischen Front die Russen durch Ablösen der Nordarmee die Verteidigung der nördlichen Moldau übernommen hatten. Für den deutschen Feldherrn aber war der langersehnte Augenblick zum Überschreiten der Donau und zum Einbruch in die Walachei gekommen. Während der Kämpfe in der Dobrudscha hatte der Führer des Generalkommandos Nr. LII, General Kosch, in aller Stille und Sorgsamkeit die Erkundungen und Vorbereitungen zu diesem großen Unternehmen getroffen. Seit Monaten lag der schwere österreichische Donau-Brückentrain im Donau-Arm bei Belene versteckt, geschützt durch die österreichisch-ungarische Donau-Flottille, ein deutsches Motorboot-Korps und auf dem südlichen Ufer eingebaute Batterien. Durch kleine Unternehmungen an den verschiedensten Stellen des langen Flußlaufes suchte man den Feind in Atem zu halten und über die Absichten zu täuschen. Am 8. Oktober hatte sich deutscher Landsturm durch Handstreich in den Besitz der Donau-Insel nordwestlich Sistov gesetzt. Im November wurde es an der Donau lebhafter, bei Rustschuk, bei Zimnicea, bei Silistria und Tutrakan entstanden Plänkeleien. Nachdem die aus der 3. bulgarischen Armee herausgezogenen Verstärkungen eingetroffen waren, wurde unter dem Befehl des Generals Kosch die Donau-Armee gebildet, zu der die 217. deutsche Infanterie-Division, die 1. und 12. bulgarische, die 26. türkische Division traten, sowie eine aus deutschen, österreichisch-ungarischen und bulgarischen Truppen zusammengestellte Kavallerie-Division unter dem Befehl des Generals Grafen v. der Goltz.

Der 23. November wurden für den Übergang der Donau-Armee bei Sistov bestimmt, während gleichzeitig bei Orechovo und Corabia Demonstrations-Landungen stattfanden. Am frühen Morgen begannen bei dichtem Nebel deutsche Bataillone über den 900 m breiten Strom zu setzen, gesichert durch die Donau-Flottille und das Motorboot-Korps sowie starke deutsche und österreichisch-ungarische schwere Artillerie. Die Landung glückte, ohne daß man auf den Feind stieß. Der Gegner war völlig überrascht. Unter den Augen des Feldmarschalls v. Mackensen folgten die Gros der deutschen und bulgarischen Divisionen. Am Nachmittag war Zimnicea ohne nennenswerten Widerstand genommen, ein breiter Streifen feindlichen Bodens im Besitz, der nun brücken- [649] kopfartig gesichert wurde. Mit dem Brückenschlage wurde begonnen. Die am nächsten Morgen herbeieilenden rumänischen Verstärkungen wurden zurückgeworfen und der Brückenkopf erweitert. Am frühen Morgen des 25. November war der Brückenbau vollendet; die noch auf dem südlichen Ufer befindlichen Truppen überschritten den Fluß; der Vormarsch gegen den Vede-Abschnitt konnte beginnen. An der Donau entlang gingen die beiden bulgarischen Divisionen vor, auf Tiganesci die 217.; der Kavallerie-Division Goltz wurde die Richtung auf Alexandria zugewiesen und die 26. türkische Division sollte als Heeresgruppen-Reserve hinter dem linken Flügel folgen.

Gleichzeitig wurde mit dem Aufräumen der Donau stromaufwärts begonnen, wobei eine große Zahl von Dampfern und Schleppern in die Hand der Verbündeten fielen.

Der Donau-Übergang war ein Erfolg, den die vier verbündeten Völker und Heere, so verschiedenartig sie auch waren, in einheitlichem Handeln und nach dem einheitlichen Wollen des deutschen Führers erzielt hatten.

Die deutsche Oberste Heeresleitung bestimmte als Grenze für den weiteren Vormarsch zwischen der Donau-Armee und der 9. die Linie Rosiori de Vede - Bukarest. Südlich dieser Linie setzte in den nächsten Tagen die Donau-Armee ihren Marsch auf Bukarest fort; es ging zunächst flott vorwärts, der Widerstand des Feindes war gering. Am 26. November durchritt die Kavallerie-Division Goltz Alexandria und ging auf Draganesti weiter. Am nächsten Tage setzte sich die längs der Donau marschierende 1. bulgarische Division in den Besitz von Giurgiu, während sich links neben ihr die in der Hauptsache aus schlecht ausgestattetem und bewaffnetem Landsturm bestehende 12. bulgarische Division auf gleicher Höhe hielt. Die Vorhut der deutschen 217. Infanterie-Division nahm am Abend des Tages Prunaru. Am Morgen des 28. setzten rumänische Gegenangriffe ein; den ganzen Vormittag über wurde in heftigem Kampf gerungen, der sich gegen Mittag zugunsten der Deutschen entschied; 700 Gefangene und 20 Geschütze mußten die Rumänen in der Hand des Siegers lassen. Die Division setzte die Verfolgung längs der Straße Draganesti - Bukarest fort. Bereits bei Naipu stieß man auf neuen Widerstand; der Angriff wurde noch am Abend eingeleitet, der Kampf ging während der Nacht vom 28. zum 29. weiter; immer erneut setzten die Rumänen zu Gegenstößen an; erst gegen Mittag des 29. gelang es Naipu zu nehmen. Die Rumänen gingen im Artilleriefeuer der Division auf Ghimpati zurück, Copaciu noch besetzt haltend. Am Nachmittag wurde auch dieser Ort genommen. Die 217. Infanterie-Division hatte dem sich zähe wehrenden Gegner eine blutige Niederlage bereitet; über 1000 Gefangene und 14 Geschütze büßte er ein. Ungeklärt blieben aber die Verhältnisse in der linken Flanke der Division, wo die Verbindung mit der Kavallerie-Division Goltz verloren gegangen war und man immer noch auf Feind stieß. So erschien die über Draganesti heranführende Nachschubstraße der Division keineswegs [650] gesichert, was um so bedenklicher war, als sich allmählich Munitionsmangel bemerkbar machte. Allerdings sollte auf dieser Straße die 26. türkische Division folgen. So ging denn die 217. Infanterie-Division unverdrossen weiter vorwärts; am frühen Morgen des 30. November nahm sie Ghimpati, brach dann feindlichen Widerstand bei Balaria, erstürmte am Abend des Tages Epuresti und Bulbucata und entriß dem Feinde auch noch die Übergänge über den Neajlov.

Rechts von der 217. Infanterie-Division hatten auch die beiden bulgarischen Divisionen den Übergang über den Fluß erzwungen.

Auf dem linken Flügel war indessen die Kavallerie-Division Goltz auf stärkeren, vorgehenden Feind gestoßen, vor dem sie am 28. auf Flamanda hatte ausweichen müssen. Am 29. war sie wieder auf Clejani angeritten, wo sie aber erneut starkem Feinde gegenüberstand.

So nächtigte am 30. abends die Donau-Armee am Neajlov, die Übergänge über den sumpfigen Flußabschnitt von Calugareni bis Bulbucata in der Hand. Hinter den Divisionen der vorderen Linie war der Anfang der Infanterie der 26. türkischen Division bis Prunaru gelangt. Der Widerstand des Feindes hatte sich in den letzten Tagen erheblich verstärkt.

General Kosch befahl für den 1. Dezember die Fortsetzung des Angriffs.

Für die Rumänen hatte sich so um die Wende des Novembers die Lage sehr bedrohlich gestaltet. An der Stelle, an der sie es nicht vermutet hatten, war dem Feinde der Einbruch über den Grenzwall gelungen und die Versuche, ihn noch in letzter Stunde in der Schlacht von Targu-Jiu aufzuhalten, waren gescheitert. Auch die Schranke des Alt hatte er überwunden und nun strebten von Westen her deutsche Kolonnen durch die Walachei. Dann hatte sich das Gebirge am Alt-Durchbruch geöffnet, und auch von dort stieg der Deutsche und sein österreichisch-ungarischer Bundesgenosse in die Ebene hernieder. Und nun, als die Augen auf diese Gefahr gerichtet waren, da brachen die Truppen des Feldmarschalls v. Mackensen von Süden über die Donau herein. Noch hielten zwar die Verteidiger vor dem Ostflügel der Armee Falkenhayns den Gebirgswall, aber von drei Seiten, von Nordwesten, Westen und Südwesten marschierte der Feind konzentrisch auf Bukarest, die Hauptstadt des Landes. Was sollte zur Rettung geschehen?

In dieser Not raffte sich die rumänische Heeresleitung zu einem großen Entschluß auf. Der nächste Feind, die von Sistov anmarschierende Donau-Armee, sollte vernichtet werden. Dazu wurde eine starke Stoßgruppe gebildet, aus rumänischen Divisionen und russischen Korps. Von Osten her angegriffen und von Norden umfaßt, sollte die Donau-Armee gegen den Fluß geworfen werden, während der 1. Armee unter General Stratilescu inzwischen die Aufgabe zufiel, unter Aufbietung aller Kräfte die vom Alt und aus dem Gebirge anmarschierenden Scharen Falkenhayns aufzuhalten, bis der vernichtende Schlag gegen die Donau-Armee geglückt war.

Schlacht am Argesch. Lage am 1. Dezember abends

[651]
      Skizze 29: Schlacht am Argesch. Lage am 1. Dezember abends.

[651] Tatkräftig wurde an die Ausführung des kühnen Plans geschritten und der erste Teil dem Gelingen nahe gebracht. Das Unwetter zog gegen den linken Flügel der Donau-Armee heran. Hier setzte am 1. Dezember die 217. Infanterie-Division, dem Befehl des Generals Kosch entsprechend, den Vormarsch fort und erreichte bei Mihalesti den Argesch, als erkannt wurde, daß mindestens zwei [652] rumänische Divisionen in der linken Flanke über die Linie Clejani - Flamanda im Vorgehen waren, vor denen die Kavallerie-Division Goltz hatte ausweichen müssen; die 217. Infanterie-Division hatte nur noch ganz schwache Reserven, die sie dem neuen Feinde entgegenwerfen konnte. Im Rücken der Division sah sich die 26. türkische Division bereits bei Draganesti in Kampf verwickelt. Rechts von der Division wurden die beiden bulgarischen Divisionen südlich des Argesch von starken russischen Kräften angegriffen und zwischen die Bulgaren und die Deutschen der 217. Infanterie-Division schob sich bereits Feind hinein. Zu allem Überfluß begann die Artilleriemunition auszugehen; die Verbindung mit dem Divisionsstabe riß ab. Die Lage am Argesch war unhaltbar. In der Front überlegen angegriffen, in der linken Flanke und im Rücken von Umfassung bedroht, rechts ohne Fühlung mit der 12. bulgarischen Division, entschloß sich der vorne befehligende Brigade-Kommandeur, seine Truppen zurückzuführen. Die Brigade, zwei Regimenter, Landwehr und Jäger, erreichte in der Nacht vom 1. zum 2. Dezember den Neajlov bei Epuresti, wo sie nach allen Seiten Front machen mußte. Ein Heldenkampf der von allen Seiten angegriffenen tapferen Bataillone beginnt. Getrennt von der eingeschlossenen Brigade erwehrte sich der Rest der Division, an den sich bulgarischer Landsturm herangefunden hatte, in schweren Kämpfen bei Pingalesti feindlicher Übermacht. Bei Naipu und Prunaru focht die Kavallerie-Division Goltz, bei Draganesti die 26. türkische Division mit der Front nach Norden. Auf dem äußersten rechten Flügel der Donau-Armee hatten in dem Winkel zwischen Argesch und Neajlov-Mündung die 1. und neben ihr die 12. bulgarische Division alle Angriffe der Russen abgewiesen; aber ihre rechte Flanke, wo von Comana bis zur Donau nur schwacher, aus Giurgiu herangezogener Landsturm stand, war schwer bedroht; dort gingen starke russische Kräfte vor.

So stand es bei der Donau-Armee am 2. Dezember; die Lage war äußerst kritisch geworden, aber die Hilfe nahte und die Lösung der Krisis durch die 9. Armee stand unmittelbar bevor.

Der rechte Flügel der 9. Armee hatte in den letzten Tagen seinen Vormarsch fortgesetzt, ohne auf Widerstand zu stoßen, und am 29. November hatte die Gruppe Kühne mit Anfängen die Bahnlinie Rosiori de Vede - Pitesti überschritten; sie hatte Verbindung aufgenommen mit der 26. türkischen Division der Donau-Armee. Die Gruppe Krafft hatte am selben Tage Pitesti erreicht. Das Kavallerie-Korps Schmettow hatte verschiedene Gefechte bestanden, wobei es einer Eskadron der Königin-Kürassiere unter Rittmeister v. Borke gelang, eine versprengte rumänische Abteilung von 1700 Mann mit 7 Geschützen, vielen Pferden, Ochsen und beladenen Wagen aufzubringen. Vor dem I. Reserve-Korps hatte der Feind nach wie vor gehalten, so daß sich General v. Falkenhayn entschloß, einer Bitte des Generals v. Morgen nachzugeben und eine Brigade der Gruppe Krafft am 28. durch das Gebirge nach der Gegend südlich Campulung abbiegen [653] zu lassen. Da begannen am 29. die Rumänen auch hier zu weichen und das I. Reservekorps drängte scharf nach.

Am nächsten Tage, dem 30., stieß das Kavallerie-Korps Schmettow bei Baciu auf starken Feind, der auf mindestens eine Division geschätzt wurde. Nach heißem Kampfe wich das Kavallerie-Korps nach Westen auf die heranmarschierende 11. bayerische Division aus. Der Feind bog in südöstlicher Richtung ab. An diesem Tage gewann man den Eindruck, daß der Feind sich gegen den linken Flügel der Donau-Armee gewandt habe. Das Armee-Oberkommando der 9. Armee sah hierin keine Gefahr, im Gegenteil; der weite Vormarsch mußte die Gruppe Kühne in den Rücken des Feindes bringen, wenn er tatsächlich im Vorgehen gegen die Donau-Armee bleiben sollte. Man konnte den rechten Flügel der Gruppe Kühne in der Richtung auf Malu Spart belassen.

Die Gruppe Krafft und das I. Reiterkorps fanden an diesem Tage erneut Widerstand, der aber unter schweren Einbußen für die Rumänen gebrochen wurde. Im Becken von Campulung mußten sie 1700 Gefangene und 14 Geschütze in der Hand des I. Reservekorps lassen.

Für den rechten Flügel und die Mitte ordnete das Armee-Oberkommando die Fortsetzung des Vorgehens an, und zwar für die Gruppe Kühne gegen den Argesch in der Linie Malu Spart - Fundu Parului, für Krafft gegen die Bahn Titu - Colanu; das I. Reservekorps hatte sich mit seinen Hauptkräften nach Südosten auf Targoviste - Valea Lunga zu wenden und die 8. Gebirgs-Brigade über das Jalomita-Tal hinüber ins Prahova-Tal zu entsenden, um so dem vor dem XXXIX. Reservekorps stehenden Feinde den Rückzug abzuschneiden. Hier waren die Rumänen in den letzten Tagen zum Angriff gegen die österreichische 24. Division geschritten, nachdem diese die 187. abgelöst hatte.

Am 30. November trat die 9. Armee zur Heeresgruppe Mackensen; das im Ojtoz-Gebiet fechtende XXIV. Reservekorps unter General v. Gerok schied endgültig aus dem Armeebeereich aus und trat zur österreichischen 1. Armee über. Feldmarschall v. Mackensen hatte mitgeteilt, daß der linke Flügel der Donau-Armee am 1. Dezember in der Richtung auf Mihalesti vorgehen werde. In der Nacht zum 1. Dezember traf beim Oberkommando der 9. Armee eine zweite Mitteilung ein, die besagte, daß der Feldmarschall beabsichtige, Bukarest durch Handstreich zu nehmen, der durch die 11. bayerische und die 115. Infanterie-Division im Verein mit der 217. der Donau-Armee auszuführen sei. Bei längerem Widerstande der Festung sei eine Verstärkung der Donau-Armee aus der 9. vorgesehen, während die letztere nördlich an Bukarest vorbeizugehen habe. Der Vormarsch der 11. bayerischen Division sei dementsprechend über Clejani auf Mihalesti anzusetzen, die 115. habe den Bayern zu folgen, die 109. gegen die Nordwestfront von Bukarest vorzugehen. Das Armee-Oberkommando sah in dieser Mitteilung zunächst keinen Grund zur Änderung der getroffenen Anordnungen.

Hatten bisher noch über die Absichten der Rumänen beim Oberkommando [654] der 9. Armee Zweifel bestanden, so sollte sich am 1. Dezember der Schleier völlig lüften.

Vor dem Kavallerie-Korps Schmettow war der Feind verschwunden; das deutete immer mehr darauf hin, daß er nach Süden abmarschiert war. Da die Verbindung des Oberkommandos mit der Donau-Armee mangelhaft war, wurde General Kühne angewiesen, sich mit ihr unmittelbar ins Einvernehmen zu setzen und den vor dem Kavallerie-Korps ausgewichenen Feind unschädlich zu machen. Die 115. Infanterie-Division, die noch Armee-Reserve war, wurde für alle Fälle näher herangezogen. Am Nachmittag langten Depeschen des Heeresgruppenkommandos Mackensen an, die eine Unterstützung der Donau-Armee als dringend nötig bezeichneten. Die Ausführung kam für diesen Tag nicht mehr in Frage. General Kühne hatte den Vormarsch fortgesetzt, und es erreichten die 11. bayerische Division Coleasca, die 109. Crevedia; die tapferen Westpreußen der 41. nahmen im Handstreich die Argesch-Brücke bei Fundu Parului und die 301. erstürmte Costesti im Anschluß an den rechten Flügel der Gruppe Krafft. Bei dieser Gruppe durchbrachen die 216. Infanterie-Division und die 15. bayerische Reserve-Brigade die rumänische Stellung, die sich von Costesti bis zum Gebirgsfuß bei Gorganu erstreckt hatte. Ein bayerisches Reserve-Bataillon stieß hierbei mitten durch den Feind bis Ratestu durch, nahm den Generalstabsoffizier der 8. rumänischen Division gefangen und erbeutete bei ihm den Armeebefehl der 1. Armee. Der Befehl enthüllte alle Absichten: Die vier Divisionen starke 1. Armee sollte die Gruppe Krafft bei Pitesti aufhalten, bis die Stoßgruppe die Donau-Armee vernichtet hatte. Ein flammender Aufruf sollte Truppen und Führer zur Rettung des Vaterlandes begeistern.

General Krafft v. Dellmensingen ließ den erbeuteten Befehl dem Armee-Oberkommando übermitteln, wo er am Abend einging. Der Plan war gewagt, er hatte offenbar mit der Gruppe Kühne nicht gerechnet; es war anzunehmen, daß infolge der Verschleierung durch das Kavallerie-Korps der Anmarsch der Division Kühnes den Rumänen entgangen war. Jedenfalls war keine Zeit zu verlieren; der Hilferuf der Donau-Armee ließ erkennen, daß die Dinge dort schon weit fortgeschritten waren. General v. Falkenhayn entschloß sich, die Lage sich zunutze zu machen und zu versuchen, beide rumänischen Gruppen zu vernichten, indem man ihnen den Rückzug abschnitt, ohne Rücksicht auf die eigenen Verbindungen.

Am Abend des 1. Dezember wurde befohlen, daß General Kühne mit der 11. bayerischen und der 109. Infanterie-Division den über die Linie Flamanda - Rusi lui Asan gegen die Donau-Armee abmarschierenden Feind im Rücken angreifen und ihm den Rückzug auf Bukarest verlegen sollte; die 41. Infanterie-Division hatte nach Nordosten vorstoßend dem vor der Gruppe Krafft haltenden Feinde den Rückzug abzuschneiden; zwischen den beiden Teilen der auseinandergefalteten Gruppe Kühne sollte das Kavallerie-Korps Schmettow gegen Bukarest sichern, die 115. Infanterie-Division als Armee-Reserve folgen und am nächsten [655] Morgen 8°° Uhr bei Brosteni eintreffen; General Krafft v. Dellmensingen, dem die 301. Division mit unterstellt wurde, hatte den gegenüberstehenden Feind, mit Nachdruck auf dem rechten Flügel, zu werfen.

So sah man dem kommenden Tage mit Zuversicht entgegen; es mußte ein großer Erfolg werden. Der Armeebefehl sollte freilich in den frühen Morgenstunden des 2. Dezember noch eine Abänderung erfahren. Feldmarschall v. Mackensen hielt die Unterstützung der Donau-Armee durch eine Division für ausreichend, andererseits aber eine stärkere Sicherung gegen Bukarest, als sie das Kavallerie-Korps Schmettow bot, für erwünscht und ordnete daher an, daß nur die 11. bayerische Division über Clejani auf Bulbucata abzubiegen habe, während der 109. die Deckung gegen Bukarest mit zu übertragen sei. Die 11. bayerische Division, die an diesem Tage zur Donau-Armee übertrat, ging demgemäß über die Linie Mereni - Rusi lui Asan vor; schwacher Feind wurde geworfen und die Fühlung mit der 26. türkischen Division hergestellt, während weiter südlich die 217. Infanterie-Division noch ihren Heldenkampf führte. Der 3. Dezember brachte die Entscheidung. Sich weiter östlich wendend, ging die 11. bayerische Division beiderseits des Neajlov auf Epuresti und Mihalesti vor, während die Kavallerie-Division und die Türken über Balaria vordrangen und der deutsche und bulgarische Landsturm Epuresti von Süden angriffen. Was von den Rumänen im Kessel von Epuresti gegen die 217. Infanterie-Division focht, war größtenteils verloren; was im Kampf nicht fiel, ergab sich, nur Teilen gelang es, den Ausweg auf Mihalesti zu finden. Aber auch hier drangen Teile der 11. bayerischen Division vor und überschritten auch den Argesch. In diesen Kampf griff auch die 6. Kavallerie-Division ein, die General v. Falkenhayn am Morgen des Tages von Malu Spart auf Mihalesti anreiten ließ und die nun Rücken und Flanke der Bayern gegen von Osten kommende rumänische Entsatzversuche sicherte. Aus dem Anfangserfolge der rumänischen Stoßgruppe war eine schwere Niederlage geworden; 5000 Gefangene, 37 Geschütze ließ sie in der Hand des Siegers; starke Teile entkamen allerdings auf Bukarest. Das Eingreifen der 9. Armee hatte den linken Flügel der Donau-Armee aus schwerer Lage befreit und den Sieg gebracht, während die Bulgaren auf dem rechten Flügel die Anstürme der Russen weiter abwehrten. Indessen hatte die 9. Armee selbst einen neuen großen Sieg errungen.

Auf ihrem rechten Flügel hatten am 2. Dezember das Kavallerie-Korps Schmettow und die 109. Infanterie-Division bei Malu Spart und Cascioarele Vorhuten über den Argesch geschoben und, schwache rumänische Gegenstöße abwehrend, sich Brückenköpfe geschaffen. Schwerer waren die Kämpfe bei der 41. Infanterie-Division. Sie erstürmte Crovu und Odobesti und trat ins Gefecht mit frischen Kräften, welche der Feind eiligst von Ploesti herangeschafft hatte. Auch die Gruppe Krafft rang schwer; sie warf den Feind beiderseits des Argesch erneut stromabwärts, und am späten Abend stießen tapfere Westpreußen des [656] Reserve-Regiments Nr. 21, unterstützt von Batterien des Neumärkischen Artillerie-Regiments Nr. 54, bis Gaesti durch. Östlich von der Gruppe Krafft fand das I. Reservekorps nur schwachen Widerstand; um so größer waren aber hier die Schwierigkeiten, welche die Wegeverhältnisse bereiteten.

Das Armee-Oberkommando der 9. Armee hatte an diesem Tage sein Hauptquartier in die Walachei nach Rimnicul Valcea verlegt. Neue Anordnungen waren für den 3. Dezember nicht erforderlich; nur die 2. Kavallerie-Division, die ihre beiden Brigaden bei Rimnicul Valcea vereinigt hatte, wurde angewiesen, südlich an Pitesti vorbei, vorzureiten. Im übrigen hoffte man, daß es am nächsten Tage gelingen werde, große Teile des Feindes zwischen Argesch und Gebirge einzukesseln. Jedenfalls mußte auch hier die Entscheidung fallen.

Bei der Gruppe Krafft gingen die blutigen Kämpfe in der Nacht weiter; am Morgen stellen die Rumänen ihren Widerstand ein und strömen zwischen Argesch und Targoviste ab, große Beute dem Sieger zurücklassend. Die Verfolgung wird kräftig aufgenommen, wobei die ermattete Infanterie sich teilweise entleerter Proviantkolonnen zur Vorwärtsbewegung bedient. Indessen war die 41. Infanterie-Division bis Titu an der Bahn Pitesti - Bukarest vorgestoßen, wo sie 13 Lokomotiven, unabsehbares Material und viele mit Munition und Verpflegung beladene Wagen erbeutet. Sie sperrt das Argesch-Tal und empfängt den dort fliehenden Feind mit Feuer. Was südlich des Flusses zu entkommen sucht, dessen Übergänge in deutscher Hand sind, ist verloren. Die rumänischen Massen, die auf dem

Kampfgelände nach der Schlacht bei Targoviste, nordwestlich Bukarest.
Kampfgelände nach der Schlacht bei Targoviste,
nordwestlich Bukarest.      [Vergrößern]

Aus: Der Weltkrieg in seiner
rauhen Wirklichkeit
, S. 451.
nördlichen Ufer die große Straße über Titu ebenfalls gesperrt finden, suchen nach Nordosten auszubiegen. Aber auch von Norden her wird der fliehende Menschenstrom zusammengedrängt, so daß er sich durch einen engen Schlauch hindurchwinden muß. Die 12. bayerische Division vom I. Reservekorps hatte den Widerstand bei Dragomiresti gebrochen und im Sturm Targoviste genommen; Teile des Alpen-Korps unter Oberst v. Epp waren bis Colanu vorgestoßen. Die 76. Reserve-Division hatte General v. Morgen hinter die 12. bayerische setzen müssen und die über die Berge nach Osten vorgehende österreichische 8. Gebirgs-Brigade hatte das Jalomita-Tal bei Pietrosita ereicht.

Auf dem rechten Flügel der 9. Armee hatten indessen die 109. Infanterie-Division und das Kavallerie-Korps Schmettow die Brückenköpfe von Malu Spart und Cascioarele gegen rumänische Angriffe behauptet und sie am Abend noch erweitert.

Schlacht am Argesch. Lage am 3. Dezember abends

[657]
      Skizze 30: Schlacht am Argesch. Lage am 3. Dezember abends.

Schlacht am Argesul.
Schlacht am Argesch (1. - 3. Dezember 1916).
Die nach Bukarest führende Straße ist besät
mit Material der geflohenen rumänischen Armee.
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Aus: Der Weltkrieg in seiner
rauhen Wirklichkeit
, S. 453.
Die dreitägige Schlacht am Argesch war gewonnen. Das gesamte rumänische Heer, bis auf etwa drei Divisionen, die noch in den Bergen fochten, und starke russische Kräfte hatten der 9. und der Donau-Armee zwischen Donau und Gebirge gegenübergestanden, in zwei Armeen gegliedert. Diese Kräfte waren vernichtend geschlagen, nachdem es geglückt war, ihre inneren Flügel zu trennen und beide zu umfassen. General v. Falkenhayn hatte die Lage entschlossen und kühn ausgenutzt, und der Erfolg war sein. Der Versuch der Rumänen, die entstandene Lücke wieder zu schließen und ihrerseits gegen die deutschen Umfassungsflügel [657] vorzustoßen, war durch die 109. Infanterie-Division und das Kavallerie-Korps Schmettow abgewehrt worden.

Über 13 000 Gefangene, darunter den Stab der 10. Division, hatten die Rumänen gegenüber der 9. Armee eingebüßt. Ihre blutigen Verluste waren sehr groß, und viele von ihnen, deren Heimat in dem vom Gegner eroberten Teile der Walachei lagen, hatten die Waffen niedergelegt und sich als friedliche Bauern nach Hause begeben.

Im deutschen Großen Hauptquartier herrschte Freude über den neuen [658] großen Sieg und dieser Stimmung gab Feldmarschall v. Hindenburg noch in der Nacht zum 4. Dezember in einer an alle Fronten gehenden Depesche Ausdruck: "Die Schlacht am Argesch nordwestlich Bukarest ist von der 9. Armee gewonnen. Die Nachricht ist sofort an sämtliche Truppen weiterzugeben."

Mit dem rumänischen Heere ging es zu Ende. Die Früchte des Sieges sollten in den nächsten Tagen geerntet werden. Am 3. Dezember abends ordnete General v. Falkenhayn für die in der Ebene befindlichen Teile seiner Armee Verfolgung an, unter Staffelung des rechten Flügels gegen Bukarest; die 115. Infanterie-Division wurde der Gruppe Kühne zugeteilt, das I. Reservekorps sollte baldigst das Prahova-Tal gewinnen, um dem vor dem XXXIX. Reservekorps stehenden Feinde den Rückzug abzuschneiden. Die bei Orsova zur Verfügung der 9. Armee eingetroffene österreichische 7. Kavallerie-Division sollte auf dem Wasserwege nach Giurgiu herangezogen werden.

Am Morgen des 4. ging dem Heeresgruppenkommando Mackensen die grundlegende Weisung der Obersten Heeresleitung für die Fortführung der Operationen ein. Sie besagte: "Die Heeresgruppe Mackensen hat nach dem Siege der 9. Armee am Argesch den Feind rücksichtslos mit der 9. Armee nördlich Bukarest zu verfolgen. Linker Flügel durch das Gebirge auf Buzau, Masse der Kavallerie gegen die Bahn Bukarest - Fetesti. Baldige Wegnahme von Bukarest bleibt Aufgabe der Heeresgruppe." Feldmarschall v. Mackensen fügte dem Befehl hinzu: "Die Wegnahme von Bukarest wird durch die Donau-Armee angestrebt werden."

Diese Weisungen bedingten bei der 9. Armee keine Änderung des Befehls vom vorhergehenden Abend. Nur das Kavallerie-Korps Schmettow wurde angewiesen, um Bukarest herum gegen die Bahnlinie Bukarest - Fetesti vorzugehen. Ferner beabsichtigte das Armee-Oberkommando, alle Gebirgstruppen auf dem linken Flügel zu vereinigen, um sie dort unter den Befehl des Generals Krafft von Dellmensingen im Gebirge zu verwenden.

Auf dem Südflügel der 9. Armee hatte das LIV. Korps die Verfolgung aufgenommen; der Widerstand des Feindes war stellenweise noch zähe, aber im ganzen schien er planlos zu sein. So erreichte der rechte Flügel des Korps am 5. Dezember die Gegend von Buftea, das Kavallerie-Korps Schmettow dicht vor der Front. General Kühne, ebenso wie Graf Schmettow hatten ihr Auge auf Bukarest geworfen. Und in keckem Handstreich bemächtigten sich in den ersten Morgenstunden des 6. Dezember Reiter- und Radfahrer-Abteilungen des Kavallerie-Korps der Forts an der Straße Mogosoia - Bukarest. Auf diese Nachricht hin alarmierte General Kühne seine 109. und 115. Infanterie-Division und wies sie an, sich in den Besitz der Nordwestfront der Fortlinie zu setzen. Das Unternehmen glückte. Nach wenigen Stunden hatten die Vorhuten beider Divisionen die Forts der Nordwestfront genommen; der Feind hatte nur an einzelnen Stellen Widerstand geleistet. Radfahrer und zwei Infanterie-Kom- [659] pagnien drangen in die Stadt ein, jubelnd begrüßt von den befreiten Österreichern und Deutschen, während das Kavallerie-Korps Schmettow nach Osten weiterritt.

Vorbeimarsch der einziehenden verbündeten Truppen vor Mackensen in Bukarest.
Vorbeimarsch der einziehenden verbündeten Truppen
vor Mackensen in Bukarest.      [Vergrößern]

Aus: Der Weltkrieg in seiner
rauhen Wirklichkeit
, S. 455.
Schon am Tage vorher hatte Feldmarschall v. Mackensen einen Parlamentär in die Festung entsandt, um sie zur Übergabe aufzufordern. Ihm war geantwortet worden, Bukarest sei offene Stadt. Indessen hatte sich der rechte Flügel der 9. Armee in den Besitz der Stadt gesetzt. Am Nachmittage traf Feldmarschall v. Mackensen selbst ein und übertrug der von Norden eingerückten Kompagnie des Grenadier-Regiments 2 die Wache im Königsschloß.

Die Donau-Armee hatte nach dem Befehl des Heeresgruppen-Kommandos zunächst sich möglichst nahe an den Fortgürtel heranzuschieben und ihre Artillerie in Stellung bringen sollen. Am 4. hatte sie mit feindlichen Nachhuten am Neajlov gekämpft, während ihr rechter Flügel sich noch russischer Angriffe zu erwehren hatte, die erst am 5. abends nachgelassen hatten. Sie trat nunmehr mit ihrem linken Flügel durch Bukarest hindurch zur weiteren Verfolgung an, während General Kühne den Befehl erhielt, sich seiner bisherigen Aufgabe wieder zuzuwenden und nach Nordosten weiterzumarschieren.

Am Tage von Bukarest erfüllte sich auch das Schicksal der rumänischen Orsova-Gruppe. Durch die ganze Südwalachei, über den Jiul und weiter dem Alt zu von den Truppen des Obersten v. Szivo gejagt, streckten sie am 6. Dezember die Waffen, als sie das Ostufer des Alts von schwachen Etappentruppen besetzt fand. Es waren noch 8000 Mann mit 26 Geschützen, die sich ergaben. Die österreichischen Truppen des Obersten v. Szivo wurden auf der Donau weitervorgeführt, während die deutschen Abteilungen Befehl erhielten, an ihre Divisionen heranzumarschieren.

Auch der Mitte der 9. Armee brachte der Tag noch reiche Erfolge. Die 41. Infanterie-Division vernichtete südlich der Jalomita an der Straße und Eisenbahn Ploesti - Bukarest die 10. rumänische Division und nahm deren Reste gefangen. Links von ihr setzte die Gruppe Krafft die Verfolgung fort und weiter nördlich stürmten die solange in den Bergen gefesselten Divisionen des I. Reservekorps in die Ebene. Dieses Korps hatte in den letzten Tagen noch hart gerungen. Die Rumänen hatten alles darangesetzt, ihm Aufenthalt zu bereiten und immer erneut Kräfte, selbst einzelne Bataillone, entgegengeworfen. Am Abend des 5. aber nahmen die vordersten Teile der 12. bayerischen Division die 500 m lange, bereits brennende Prahova-Brücke östlich Darmanesti im Sturm und am nächsten Tage drangen sie in die reiche Öl-Stadt Ploesti ein, wo sie noch 7500 Gefangene machten. Links von den Bayern ging die 76. Reserve-Division über Floresti vor. Beim XXXIX. Reservekorps hatte sich in den letzten Wochen die Lage wenig geändert. Bis zum 5. Dezember morgens hielten die Rumänen, dann begannen sie auch hier zu weichen; die österreichische 24. und die ungarische 51. Division folgten, während Wege- und Brückenzerstörungen großen Aufenthalt bereiteten.

[660] So hatte der 6. Dezember der 9. Armee reichen Lohn für die Anstrengungen der letzten Wochen gebracht, Bukarest und Ploesti waren gefallen, damit war auch die Bahnlinie Kronstadt - Bukarest in der Hand der Verbündeten. Die Beute der 9. Armee steigerte sich in den Tagen vom 1. bis 8. Dezember auf 61 000 Gefangene, 125 Geschütze und 115 Maschinengewehre. Vor der Front rechnete man zuerst nicht mehr auf starken Widerstand des Feindes, aber es steckten noch Massen von Rumänen in den Bergen, die infolge des raschen Vordringens in der Ebene noch nicht hatten den Ausweg finden können. Sie hoffte man noch abzuschneiden. Die Fortsetzung der Verfolgung in nordöstlicher Richtung wurde angeordnet, mit starkem linken Flügel am Gebirge, in dem alle mit Gebirgsausrüstung versehenen Verbände vereinigt werden sollten. Das Kavallerie-Korps Schmettow hatte dem von Bukarest weichenden Feinde noch nach Möglichkeit Abbruch zu tun.

Nahm man also beim Oberkommando der 9. Armee an, daß der Feind den weiteren Vormarsch zunächst nicht erheblich verzögern werde, so war andererseits klar, daß die Ermüdung der Truppen und die rumänischen Wege, die der andauernde Regen in einen unbeschreiblichen Zustand versetzt hatte, das bisherige Tempo nicht weiter zulassen würde. Auch Bekleidung und Ausrüstung hatten sehr gelitten; die Truppe war völlig abgerissen, trotzdem, im Bewußtsein ihrer Leistungen, bei bester Stimmung. Aber der Nachschub mußte erst wieder auf eine gesunde Grundlage gebracht werden. Daher nahm General v. Falkenhayn in Aussicht, sobald die Masse der Armee die Linie Bukarest - Ploesti überschritten haben würde, der Truppe einen Ruhetag zu gewähren.

Am Abend des 6. Dezember befahl das Heeresgruppen-Kommando Mackensen die Fortsetzung der Verfolgung, wobei die 9. Armee ihr Schwergewicht auf den linken Flügel legen, das Kavallerie-Korps Schmettow dem südöstlich Bukarest befindlichen Feinde in den Rücken gehen und die Donau-Armee im Angriff auf den gegenüberstehenden Gegner bleiben sollte. Als Grenze zwischen den beiden Armeen wurde eine von der Nordostecke von Bukarest nach Cazanesci an der Jalomita führende Linie bestimmt. Es lagen Nachrichten vor, nach denen sich russische Verstärkungen, und zwar das III. Kavallerie-Korps und die 15. Division, in Anmarsch befanden.

Die 9. Armee erreichte am 7. abends die Linie Stefanesti, nordöstlich Bukarest - Albesti östlich Ploesti; die Gebirgstruppen waren auf Magurele in Marsch gesetzt, wo eine neue Gebirgstruppe unter dem Befehl des Generals Krafft v. Dellmensingen gebildet werden sollte. Rechts rückwärts kämpften die 76. Reserve-Division, die 8. Gebirgs-Brigade und Teile des Alpenkorps in der Gegend von Bordeni - Popleni gegen die 4. rumänische Division, die noch zu entkommen versuchte. Am 8. erfüllte sich ihr Schicksal: sie wurde vernichtet, an die 11 000 Gefangene mit 20 Geschützen ließ sie in der Hand des Siegers. Beim Armee-Oberkommando, das sich nach Pitesti begeben hatte, war man der Auf- [661] fassung, daß es dem Kavallerie-Korps nicht mehr gelingen werde, den Feind östlich Bukarest zu erreichen; General v. Falkenhayn erbat sich daher die Ermächtigung, das Korps wieder in nordöstlicher Richtung zu verwenden. Von den bisher dem General Krafft v. Dellmensingen unterstellten Divisionen wurde die 301. dem LIV. Korps, die 216. dem I. Reservekorps überwiesen. General Krafft v. Dellmensingen selbst sollte mit den Gebirgstruppen gegen die Linie Vernesti - Cislau vorgehen, die Masse der Armee in der Ebene die Verfolgung gegen den Calmatuiu fortsetzen.

Feldzug gegen Rumänien 1916

[592a]
      Feldzug gegen Rumänien 1916. Von den Rumänen gesprengte Eisenbahnbrücke
über die Putna flüchtig benutzbar gemacht.
Inzwischen hatte der andauernde Regen den schweren Boden der walachischen Ebene vollkommen aufgeweicht. Unter ungeheuren Mühseligkeiten wälzten sich die Armeen vorwärts. Die Flüsse waren aus ihren Ufern getreten, das Hochwasser hatte sie zu reißenden Strömen gemacht. Die Brücken waren zerstört, so daß das Überschreiten der zahlreichen Hindernisse großen Aufenthalt bereitete. Nicht geringer waren die Bewegungsschwierigkeiten im Lößboden des Gebirges, wo zudem Schneefall eingetreten war. So wurde es Mitte Dezember, ehe Donau-Armee und LIV. Korps die Jalomita überschritten hatten, deren Übergang besonders schwierig gewesen war, um so mehr, als sich rumänische Nachhuten dem Verfolger entgegengestellt hatten. Am 15. Dezember langten das Kavallerie-Korps Schmettow und das LIV. Korps am Calmatuiu an; rechts von ihnen erreichte die Donau-Armee die Linie Slobozia an der Jalomita - Padina. Das I. Reservekorps hatte bei Buzau heftigen Widerstand gefunden; nach mehrtägigen heißen Kämpfen drangen seine Truppen in die Stadt ein. Die Gebirgstruppen des Generals Krafft v. Dellmensingen überschritten, immer neuen feindlichen Widerstand brechend, die schwierigen Gebirgstäler des Buzau und des Slanic. Das Generalkommando des XXXIX. Reservekorps war ebenso wie das österreichische 24. und die 51. Honved-Division aus dem Armeeverbande geschieden und zur Heeresfront Erzherzog Joseph abmarschiert. Die Flieger der Armee meldeten eine gut ausgebaute Stellung, die sich aus der Gegend westlich Rimnicul Sarat nach dem Seengelände am Buzau hinzog.

Die Erschöpfung der Truppe hatte bei dem ununterbrochenen Vormarsch auf den tief aufgeweichen Wegen einen bedenklich hohen Grad erreicht. Die kärgliche Unterkunft in dem an Ortschaften armen Lande, der dauernde Regen hatte sie hart mitgenommen. Bekleidung, namentlich Schuhzeug, und Ausrüstung waren völlig abgerissen. So hielt denn der Oberbefehlshaber der 9. Armee in Übereinstimmung mit seinen Kommandierenden Generalen eine längere Rast für erforderlich. Am 15. Dezember ordnete er von Ploesti aus, wohin sich das Armee-Oberkommando inzwischen begeben hatte, an, daß nach Erreichen der Linie Pisani - Cochirleanca - Slanic-Tal eine viertägige Ruhepause einzulegen sei. Diese Linie wurde am 17. Dezember im allgemeinen erreicht, der rechte Flügel des LIV. Korps stand bei Jarlaul, das Kavallerie-Korps Schmettow südlich des Buzaul vor Filipesti, wo es den Anschluß an die Donau-Armee hielt, [662] die längs der Eisenbahn Vizireni - Tandarei lagerte. Vor der Front waren überall Russen erschienen: das VII., XVI. und XXX. Korps wurden gemeldet. Der Rest des rumänischen Heeres schien zurückgezogen zu sein; nur im Gebirge hatte die Gruppe Krafft noch Rumänen vor sich. Die rumänisch-russische Stellung, deren Lauf inzwischen festgestellt war, zog sich von den Höhen bei Racovitenti nordwestlich Rimnicul Sarat über Balaceanul - Filipesti und folgte dann im allgemeinen dem unteren Calmatuiu. Sie war größtenteils bereits verdrahtet; an ihrem Ausbau wurde gearbeitet. Die Zeit der Ruhe der Truppen sollte zur Vorbereitung des Angriffs ausgenutzt werden.

Am 16. Dezember hatte Feldmarschall v. Mackensen für seine Heeresgruppe befohlen: die 3. bulgarische Armee sollte gegen die feindliche Stellung in der Nord-Dobrudscha vorgehen, die Donau-Armee die Linie Isuratei - Filipesti erreichen, um später den Brückenkopf von Braila anzugreifen; die 9. Armee sollte sich einrichten, am 22. Dezember wieder anzutreten, um westlich des Buzau vorzugehen, linker Flügel im Gebirge gegen die Linie Dumitresti - Nekulele, damit dem rechten Flügel der Heeresfront Erzherzog Joseph den Weg öffnend. In Übereinstimmung mit dem Heeresfront-Kommando Erzherzog Joseph hatte nämlich die Oberste Heeresleitung den Gedanken wieder aufgegriffen, auch die 1. österreichische Armee sich an der Offensive beteiligen zu lassen. Sie hatte in diesem Sinne bereits am 9. Dezember eine Weisung an den Feldmarschall v. Mackensen ergehen lassen, wonach seine Heeresgruppe die Offensive gegen die Linie Braila - Focsani - Panciu weiterzuführen hatte, linker Flügel durch das Gebirge in der Richtung auf Anghelesi - Cijuta, während der rechte Flügel der Heeresfront Erzherzog Joseph dieses Vorgehen unterstützen und vom 18. Dezember ab gegen die Linie Onesti - Tirgul Ocna - Comanesci offensiv werden sollte.

Beim rechten Flügel der Heeresfront Erzherzog Joseph war es während des Siegeszuges der 9. und Donau-Armee durch die Walachei nicht still geblieben. Am 22. Dezember hatte der preußische General Litzmann im Gyergyo-Gebirge den Befehl über den linken Flügel der österreichischen 1. Armee übernommen, die allmählich stark mit deutschen Truppen durchsetzt war. Als die Rumänen in den letzten Novembertagen ihren Plan, der das Kriegsglück wenden sollte, gegen die Donau-Armee und die 9. ins Werk setzten, begann an der siebenbürgischen Ostfront weiter nördlich in den Waldkarpathen eine Entlastungsoffensive ihrer russischen Bundesgenossen. Nachdem das Artilleriefeuer schon einige Tage lebhaft gewesen war, setzten die russischen Angriffe am 28. November ein. Sie richteten sich bei der österreichischen 1. Armee zunächst hauptsächlich gegen die Front beiderseits des Uz- und Trotus-Tales, wo sie nach Einsatz der 8. bayerischen Reserve-Division im allgemeinen abgewehrt wurden. Bei der Gruppe Gerok am Ojtoz-Paß war es einstweilen noch ruhig geblieben. Erst Anfang Dezember dehnten die Russen ihren Angriffsraum nach Süden aus und stießen auch am Ojtoz-Tale vor. Weiter nördlich ging das Ringen weiter, [663] namentlich am Trotus-Tal, wo die 187. Infanterie-Division zum Stützen der 39. Honved-Division eingesetzt werden mußte, sowie am Bekas-Paß. Bis zum 3. Dezember dauerte der russische Ansturm, dann verlor er seine Wucht. Die Kämpfe währten freilich noch bis Mitte Dezember. Trotz geringer russischer Erfolge an einzelnen Stellen hatte sich die Lage im ganzen nicht verändert.

Die von der Obersten Heeresleitung genehmigte Offensive gedachte das Heeresfront-Kommando so zu führen, daß spätestens am 22. Dezember die unter dem Befehl des Generals v. Gerok stehende, aus der 218. Infanterie- und der 1. ungarischen Kavallerie-Division zusammengesetzte rechte Flügelgruppe antreten und am 24. in Übereinstimmung mit dem linken Flügel der 9. Armee den Gebirgskamm in der Richtung auf Naruja überschreiten sollte. Am 26. Dezember sollten auch die Ojtoz-, Uz- und Gyimes-Gruppen angriffsbereit sein.

Bei der 9. Armee wurden während der viertägigen Ruhe der Truppen die Erkundungen der feindlichen Stellung fortgesetzt und die Angriffsvorbereitungen, die sich namentlich auf das Heranschaffen der Artillerie und der Munition erstreckten, getroffen. Der Nachrichtendienst stellte fest, daß vor der Front im Gebirge drei Kosaken-Divisionen standen, dann die 6. und 3. rumänische Division, an die sich in den Vorbergen und in der Ebene bis zum Buzau hinunter die 34., 13., 14., 2. und 30. russische Division anschlossen. Diese Kräfte bildeten die 4. russische Armee unter dem Befehl des Generals Ragosa, während vor der Donau-Armee und der 3. bulgarischen unter General Sacharow die 6. Armee sicherte.

General v. Falkenhayn beabsichtigte, die Entscheidung gegen den rechten Flügel des Feindes durch Ausholen in den Vorbergen herbeizuführen, ihn zu schlagen und so vom Gebirge abzudrängen. Am 19. Dezember wurde der Angriffsbefehl gegeben. Er schrieb die Einleitung für den 21., den Beginn des eigentlichen Angriffs für den 22. vor, wobei die Gruppe Krafft das obere Rimnicul-Tal bei Dumitresti gewinnen, das I. Reservekorps mit Schwergewicht auf seinem linken Flügel den Angriff beiderseits der Straße und Eisenbahn Buzau - Rimnicul Sarat führen und das LIV. Korps am 22. den Feind vor seiner Front beschäftigen sollte, um am 23. unter selbständiger Wahl der Einbruchsstelle ebenfalls zum Angriff zu schreiten. Die 89. Infanterie-Division verblieb als Reserve hinter dem linken, die 41. hinter dem rechten Flügel; das Kavallerie-Korps hatte sich zur Auswertung des Erfolges bereitzuhalten.

Weihnachtsschlacht von Rimnicul Sarat

[664]
      Skizze 31: Weihnachtsschlacht von Rimnicul Sarat.
Unter ungeheuren Schwierigkeiten gelang es, die Artillerie in Stellung zu bringen und die nötige Munition bereitzustellen, wobei man in dem schweren Boden Ochsen zum Zuge verwenden mußte. Am 22. früh begann planmäßig der Angriff. Im ersten Ansturm nahmen die Divisionen des I. Reservekorps die vorderste Stellung von Curculeasa bis Vadul Soresti, wobei es teilweise zum Handgemenge kam. Sie standen vor der zweiten. Die Gruppe Krafft gewann, im Lößboden schwer vorwärts kommend, die Linie Gura-Dimiana - Sindrilita, [664] links Fühlung nehmend mit den Truppen der Heeresfront Erzherzog Joseph. Am Abend stellte General v. Falkenhayn die 89. Infanterie-Division dem I. Reservekorps zum Einsatz nördlich der Straße nach Rimnicul Sarat zur Verfügung.

Den 23. Dezember mußten diese beiden Gruppen benutzen, um ihre Kräfte dem zäh haltenden Feinde gegenüber zu neuem Angriff zu gruppieren. An diesem Tage ging es beim LIV. Korps vorwärts. Die 109. Infanterie-Division durchstieß die Stellung der Russen bei Galbenul; die Nachbarn schlossen sich an, und die ganze Stellung vom See bei Drogul bis Balaceanul wurde erstürmt. Der Russe wehrte sich verzweifelt; am Nachmittage setzte er zu Gegenstößen aus östlicher Richtung an, wobei Drogul, das die 115. Infanterie-Division genommen hatte, wieder verloren ging.

Am 24. stockte der Angriff; bei der Gruppe Krafft erforderten die Bewegungen in dem schwierigen Gelände sehr viel Zeit. Dagegen errang der linke Flügel des I. Reservekorps einen bedeutsamen Erfolg. Die 89. Infanterie-Division und die 12. bayerische erstürmten die beherrschende Höhe 417; die [665] Russen schlugen sich erbittert um diesen wichtigen Punkt; der Besitz der Höhe wechselte im blutigen Kampf mehrmals, schließlich blieb sie in deutscher Hand. Trotz dieses Verlustes setzten die Russen ihren Widerstand am nächsten Tage fort, so daß es dem Angreifer am 25. nicht gelang, erhebliche Vorteile zu erzielen. Die Ermattung der Truppen war groß, der Munitionsersatz kaum zu leisten; die einzige zur Front führende Straße, die Chaussee Buzau - Rimnicul Sarat, war für Lastkraftwagen unbenutzbar geworden. Der Unterbau hatte der starken Belastung nicht standgehalten.

General v. Falkenhayn stellte seine letzte Reserve, die 41. Infanterie-Division, dem LIV. Korps zur Verfügung. Dieses sowohl wie das I. Reservekorps faßten in der Nacht zum 26. ihre Stoßgruppen zu erneutem, konzentrischem Angriff zusammen. Dichter Nebel verhinderte am Morgen zunächst die Artilleriewirkung. Erst 1°° Uhr nachmittags konnte der Angriff einsetzen. Nun durchstieß die 89. Infanterie-Division die Stellung nördlich der großen Straße; der Druck pflanzte sich nach Süden fort; bald war das ganze I. Reservekorps in voller Bewegung. Auf dem linken Armeeflügel gelangte die Gruppe Krafft bei Jilita ins Rimnicul-Tal. Am Abend erhielt das Kavallerie-Korps Weisung, sich zur Verfolgung bereit zu halten.

Der 27. Dezember, der sechste der kurzen Winterschlachttage, brachte endlich die Entscheidung in dem zähen Ringen. Wohl versuchte der Russe noch einmal in Angriffsstößen an der großen Straße seinen Gegner aufzuhalten. Es war vergebens. Seine Angriffe brachen im Feuer zusammen; die Divisionen des I. Reservekorps stießen nach, die 76. Reserve-Division drang in Rimnicul Sarat ein, die 12. bayerische und links von ihr die 89. stießen nördlich an der Stadt vorbei, die 216. südlich. Die Gruppe Krafft warf den Feind bei Dumitresti. Das LIV. Korps erstürmte die zäh verteidigte Stellung vor seiner Front und drang weiter gegen die Straße Gradistea - Rimnicul Sarat vor.

Links von der 9. Armee hatte sich die Gruppe Gerok der Heeresfront Erzherzog Joseph am 22. planmäßig in Bewegung gesetzt, zunächst nur schwachen Widerstand findend. Im obersten Putna-Tale aber, in der Gegend von Nereju verstärkte sich dieser so, daß sie keine erheblichen Fortschritte mehr machen konnte. Hartnäckiger Feind und vereiste Berghänge hatten es verhindert, daß es hier zu einem nennenswerten Erfolg kam.

Die 9. Armee hatte in der sechs Tage währenden heißen Weihnachtsschlacht von Rimnicul Sarat ihren Gegner, der hauptsächlich aus Russen bestanden hatte, schwer geschlagen, ihm über 10 000 Gefangene und viele Maschinengewehre abgenommen.

Der Sieg war errungen; auf dem Armee-Oberkommando aber lastete die Sorge, daß der rumänische Winter mit seinen hohen Kältegraden, der zwar erst spät einzusetzen pflegt, aber um so härter ist, die Truppen überraschen werde. Die Sorge war besonders schwer, weil das Land arm an Ortschaften ist und ohne [666] Holz, so daß jedes Brennmaterial fehlte. Und beim Russen mußte man, seinen Gepflogenheiten nach, mit starkem Widerstand in Nachhutstellungen rechnen. General v. Falkenhayn machte am 27. Oberste Heeresleitung auf diese Verhältnisse aufmerksam und stellte gleichzeitig die Frage, wohin im Verfolg der Operationen der Nachdruck zu legen sei, gegen den Sereth unterhalb von Focsani oder auf diesen Ort selbst. Eine Entscheidung auf diese Frage war um so wichtiger, als der nach Norden umbiegende Lauf des Gebirges die Front der Armee immer mehr verbreitern mußte. Wie die Entscheidung aber auch ausfiel, zunächst kam es darauf an, den Gegner nicht zur Ruhe kommen zu lassen. So trat die Armee am 28. zur Verfolgung an. Der Feind, der sich zu setzen versuchte und dessen Oberkommando ein "Halten der Stellung unter allen Umständen" befohlen hatte, wurde weiter geworfen.

Die Donau-Armee hatte sich am Angriffe der 9. nicht beteiligt, da sie mit Flankenstößen des Gegners vom westlichen Buzau-Ufer rechnete. Nur am 25. hatten die beiden auf dem linken Flügel stehenden deutschen Divisionen Filipesti genommen und am 27 war die 1. bulgarische Division vergeblich gegen Giurgeni vorgegangen. Das Oberkommando der Donau-Armee beabsichtigte, am 30. Dezember die Stellung des Feindes in der allgemeinen Linie Giurgeni - Filipesti anzugreifen. Mit Rücksicht auf diese Absicht ordnete Feldmarschall v. Mackensen am 28. an, die 9. Armee habe zur Unterstützung der Donau-Armee starke Infanterie über Gradistea den Buzaul überschreiten und auf Sutesti vorstoßen zu lassen. Zu dieser, für die Fortführung der Operationen der 9. Armee höchst unerwünschten Abzweigung nach Süden kam es jedoch nicht, da die Russen infolge des Sieges der 9. Armee ihre Stellung vor der Donau-Armee räumten.

Die Kämpfe in der Walachei hatten auch ihren Einfluß auf die Lage in der Dobrudscha ausgeübt. Als der rumänische Rettungsplan um die Novemberwende ins Werk gesetzt wurde, gingen auch die Russen in der Dobrudscha zum Angriff über und versuchten, längs der Donau vorstoßend, den linken Flügel der 3. bulgarischen Armee zu durchbrechen. Nach vergeblichen Kraftanstrengungen, die vom 30. November bis zum 2. Dezember währten, nahmen sie ihre Ausgangsstellungen wieder ein. In der ersten Dezemberhälfte überschritten schwächere bulgarische Abteilungen an verschiedenen Stellen die Donau, setzten sich auf dem Nordufer fest, vereinigten sich dann unter General Naslamoff bei Fetesti und gingen auf Tandarei vor, wo sie unter den Befehl der Donau-Armee traten und sich an deren Vormarsch beteiligten. Um die Dezembermitte begannen die Russen in der Dobrudscha ihre Stellungen zu räumen. Die 3. bulgarische Armee folgte und erreichte bereits am 17. Dezember Babadag. Die Russen setzten ihren Rückzug fort und bezogen den vorbereiteten Brückenkopf von Macin östlich von Braila. Am 22. Dezember besetzte die 3. bulgarische Armee Tulcea, am 24. auch Isacea. Der Gegner hielt auf dem rechten Donau-Ufer nur noch den [667] Brückenkopf von Macin, wo er hartnäckigen Widerstand leistete. Die 3. bulgarische Armee schickte sich zum Angriff an.

Während die Weihnachtsschlacht von Rimnicul Sarat noch andauerte, war durch Fliegererkundung bereits festgestellt worden, daß die Sereth-Linie befestigt war und daß sich westlich dieser Linie bei Braila und Fundeni Brückenkopfstellungen befanden sowie eine ausgebaute Stellung in der Linie der Nordforts von Focsani. Auf die Anfrage des Generals v. Falkenhayn nach den weiteren Operationszielen antwortete die Oberste Heeresleitung, die Fortnahme von Focsani sei anzustreben; ob die Operationen alsdann noch fortzusetzen seien, bliebe fraglich; über den Sereth solle jedenfalls nicht vorgegangen werden. Während diese Richtlinien die 9. Armee nach Norden wiesen, befahl das Oberkommando der Heeresgruppe Mackensen, das die Wegnahme von Braila in erster Linie ins Auge gefaßt hatte, der rechte Flügel der 9. Armee sei in der Richtung auf Maxineni vorzuführen, damit er später beim Angriff auf den Brückenkopf von Braila mitwirken könne. Auf Grund dieser Weisungen mußte die 9. Armee ihren mühseligen Marsch durch die wegelose, aufgeweichte Ost-Walachei in ungemein breiter Front fortsetzen.

Die Donau-Armee langte, den weichenden Russen folgend, am 30. Dezember fast kampflos vor der Brückenkopfstellung von Braila an, die sich über Romanul bis zum Buzau ausdehnte, und begann mit den Vorbereitungen zum Angriff. Auf dem rechten Donau-Ufer kamen jedoch die Ereignisse zuerst ins Rollen. Am 3. Januar erstürmten deutsche und bulgarische Truppen die Stellung von Macin und drangen in den Donau-Bogen nordöstlich von Braila vor. Dieser Stoß verfehlte nicht seine Wirkung auf den Feind vor der Donau-Armee. Am nächsten Tage nahmen 11. bayerische und 217. Division die gesamte Stellung zwischen Romanul und dem Buzau. Die Russen räumten den Brückenkopf von Braila, und am 5. Januar rückten Truppen beider Armeen, der 3. bulgarischen von Osten, der Donau-Armee von Westen, in die Stadt Braila ein. Auch die gesamte Dobrudscha räumte der Feind. Bahnhof und Hafen von Galatz lagen unter dem Feuer der Verbündeten.

Indessen setzte die 9. Armee unter ständigen, nicht unbedeutenden Gefechten mit feindlichen Nachhuten ihren Vormarsch fort. Der Feind vor ihrer Front verstärkte sich namentlich auch vom rechten Buzau-Ufer her, von wo er, wie man beobachtete, mindestens zwei Divisionen auf das linke Ufer zog. Es war klar, daß man den Sereth nur unter erheblichen Kämpfen erreichen werde, und das war nicht unbedenklich wegen der Gefahren, die der herannahende Winter mit sich bringen mußte. An zwei Stellen war mit besonders starkem Widerstand zu rechnen: am Brückenkopf von Fundeni und in der Stellung von Focsani. Dem Angriff auf die letztere, auf den die Oberste Heeresleitung das größere Gewicht zu legen schien, mußte es zugute kommen, wenn es gelang, den Brückenkopf von Fundeni vorher zu nehmen. Aus dieser Erwägung heraus stellte das [668] Oberkommando am 30. Dezember den Antrag, eine Division der Donau-Armee auf das linke Buzau-Ufer übergehen und am Angriff teilnehmen zu lassen. Das Heeresgruppen-Kommando Mackensen glaubte, diesen Vorschlag ablehnen zu müssen, da es noch starke feindliche Kräfte bei Braila vermutete.

Am 31. Dezember wies ein neuer Befehl der Obersten Heeresleitung in die Richtung nach Norden. Er ordnete an:

      "9. Armee hat den Nachdruck in Richtung Focsani zu legen. Geländegewinn in nördlicher Richtung bleibt bedeutungsvoll, um die Armee dem rechten Flügel der Heeresfront Erzherzog Joseph zu nähern. Über Focsani soll voraussichtlich nicht mehr hinausgegangen werden. Rechter Flügel der 9. und Donau-Armee haben den Sereth zu erreichen, um sich damit günstige Verteidigungsbedingungen zu schaffen. Jede Beschleunigung der Operation trägt der großen Gesamtlage Rechnung."

Das Oberkommando der 9. Armee hatte sich an diesem Tage von Ploesti nach Buzau vorbegeben. Von der Armee stand am Abend das Kavallerie-Korps Schmettow am Buzau in der Gegend von Pitulati, das LIV. Korps anschließend bis über den Rimnicul hinüber, mit seinem linken Flügel bei Martinesti, das I. Reservekorps beiderseits der Eisenbahn um Bogsa - Gugesti - Dragosloveni, das Korps Krafft vor der Linie Odobascu - Tirutu; alle Teile der Armee waren in enger Gefechtsberührung mit dem Feinde. Die Gefahr bestand, daß die Armee nach beiden Flügeln auseinandergerissen wurde; jedenfalls mußte infolge des Vorgehens gegen zwei Angriffsziele die Mitte der Armee, also der linke Flügel des LIV. und der rechte des I. Reservekorps sehr dünn werden, da beide Korps ihre Kräfte nach den ihnen zugewiesenen Angriffszielen vereinigen mußten.

So schoben sich die Korps in den ersten Januartagen unter andauernden Kämpfen an ihre Angriffsziele heran. Dem längs der Buzau vorgehenden Kavallerie-Korps hatte General v. Falkenhayn die Aufgabe zugewiesen, die rechte Flanke der Armee zu sichern; dem LIV. Korps fiel der Angriff auf den Brückenkopf von Nanesti zu; das I. Reservekorps hatte unter Zusammenfassung seiner Kräfte auf seinem linken Flügel die Stellung von Focsani zu nehmen, wobei das im Gebirge vorgehende Korps Krafft mit rechtem Flügel mitzuwirken hatte. Der vor der Armee stehende Feind wurde auf 13 Infanterie-Divisionen in vorderer Linie geschätzt, hinter denen noch mindestens eine Infanterie- und vier Kavallerie-Divisionen in Reserve standen. Er war keineswegs untätig; in der Nacht vom 1. zum 2. Januar glückte ihm sogar ein Überfall auf Teile des Kavallerie-Korps bei Gulianca, der diesem schwere Verluste brachte.

Bis zum 3. Januar abends hatte das LIV. Korps seine Erkundungen und Angriffsvorbereitungen beendet. Der Angriff sollte am nächsten Tage beginnen. Er glückte. Am 4. Januar erstürmten die Regimenter der 41. Infanterie-Division die Vorstellungen, während die 109. Infanterie-Division Gegenstöße der Russen abwies. Am nächsten Tage drangen beide Divisionen in den eigent- [669] lichen Brückenkopf ein. Die ganze Stellung von Maicanesti bis Malurile, die aus drei hintereinander liegenden, vorzüglich ausgebauten, mit Drahthindernissen, Stützpunkten und Flankierungsanlagen versehenen Linien bestand, wurde im Sturm genommen. Die Verluste der Russen, die sich, wie immer, tapfer wehrten, waren groß. Das Kavallerie-Korps Schmettow hatte sich dem Angriff angeschlossen. Unterstützt durch die 115. Infanterie-Division, nahm es Maxineni und Gulianca und drang bis vor die Linie Corbul - Grangeni vor.

Schlacht an der Putna

[669]
      Skizze 32: Schlacht an der Putna.

Vormarsch am Sereth.
Vormarsch am Sereth. Transport eines schweren
21-cm-Mörsers mit sechsfachem Ochsengespann.
Januar 1917.      [Vergrößern]

Aus: Der Weltkrieg in seiner
rauhen Wirklichkeit
, S. 460.

Schwieriger Vormarsch für Truppen und Bagage.
Schwieriger Vormarsch für Truppen und Bagage
auf stark verschlammten Straßen.      [Vergrößern]

Aus: Der Weltkrieg in seiner
rauhen Wirklichkeit
, S. 461.
So standen die Dinge, als der 6. Januar noch einmal eine schwere Krisis bringen sollte. Am Morgen des Tages setzten die Divisionen des LIV. Korps ihren Angriff fort, um das westliche Sereth-Ufer vom Feinde zu säubern. Im Norden war das I. Reservekorps mit den Vorbereitungen zum Angriff auf Focsani beschäftigt. Da gingen unerwartet die Russen ihrerseits in einer Front- [670] breite von fast 25 km zum Massenangriff vor. Der Stoß, mit starken Kräften zwischen Rimnicul und Milcovul geführt, traf die dünne Verbindungslinie zwischen dem LIV. und I. Reservekorps. Während südlich am Rimnicul Teile des LIV. und nördlich am Milcovul die 216. Infanterie-Division des I. Reservekorps den Angriff abweisen, wird die 144. österreichische Landsturm-Brigade zwischen Malurile und Gologanu völlig geworfen. Die Russen dringen bis in den Rücken der 41. Infanterie-Division vor. Sie erreichen westlich Rotesti den Rimnicul. Die dort stehenden deutschen Batterien scheinen verloren. Das Generalkommando des LIV. Korps glaubt die Lage allein nicht meistern zu können. Diese Nachrichten langen in den ersten Nachmittagsstunden beim Armee-Oberkommando in Buzau an. Die Lage ist äußerst gespannt; ein schneller Entschluß ist nötig, durchgreifende Maßnahmen scheinen erforderlich. General v. Falkenhayn entschließt sich schweren Herzens, vorläufig auf den Angriff beim I. Reservekorps zu verzichten. Das Korps soll die 12. bayerische Division nach Gologanu heranführen, das LIV. die 115. um Rimniceni zusammenziehen; dann soll der eingebrochene Feind von Norden und Süden in die Zange genommen werden. Diese Verschiebungen erforderten freilich Zeit, und wie sich bis zu ihrer Vollendung die Lage gestaltet haben würde, war noch nicht zu übersehen.

Es wird 4 Uhr nachmittags, das Bild ändert sich. Der Führer der 301. Division, General v. Busse, hat zusammengerafft, was zusammenzuraffen war. Pioniere, Kanoniere, ein bayerisches Bataillon unter Führung des Generals v. Pechmann bringen die zurückflutende österreichische 144. Brigade bei Obilesti zum Halten. Von Süden hat sich das tapfere Deutsch-Ordens-Regiment, das sich gerade in Reserve sammeln sollte, aus eigenem Entschluß auf den Feind gestürzt. Die deutschen Batterien wurden wiedergenommen. Von Norden greifen Teile der 216. Infanterie-Division ein. Das Generalkommando LIV meldet, daß die Lage wieder gehalten werden könne. General v. Falkenhayn nimmt die Verantwortung auf sich, unter diesen Umständen dem Angriff des I. Reservekorps seinen Lauf zu lassen; es erhält Weisung, am 7. den Angriff gegen die Milcovul-Stellung nördlich Focsani zu führen. Die deutschen Reserven sollen, wie so oft in diesem Feldzuge, den Sieg davontragen.

Die Erkundungen des I. Reservekorps hatten in den letzten Tagen festgestellt, daß sich eine starke Stellung vor Focsani auf dem östlichen Milcovul-Ufer entlangzog, die sich nach Norden nach dem Gipfel der Magura Odobesti fortsetzte. General v. Morgen war entschlossen, die Stellung nördlich von Focsani zu durchbrechen. Nach kurzer Artillerievorbereitung setzten am Morgen des 7. Januar die 89. Infanterie-Division links, die 12. bayerische rechts zum Sturme an. Am Bruchpunkte, wo sich der rechte Flügel der Russen mit dem linken der Rumänen berührt, dringt die 89. Infanterie-Division ein, stößt bis durch die dritte Linie durch und überschreitet am Abend die Straße Focsani - Bolotesti. Die Bayern säubern indessen in hartem Straßenkampfe die Dörfer nordwestlich [671] von Focsani von Russen. Links von der 89. Infanterie-Division hat sich die Gruppe Krafft dem Angriff angeschlossen.

Sie hatte sich in den ersten Januartagen in schweren Kämpfen durch die Berge vorgearbeitet und allmählich, trotz des Widerstandes rumänischer Nachhuten, bis zum 4. Januar an die Magura Odobesti-Stellung herangeschoben. Am 5. Januar waren Teile in die Stellung westlich Padureni eingebrochen, am 6. wurde die Kammstellung der Magura Odobesti erstürmt und am 7. drang der rechte Flügel der österreichischen 73. Infanterie-Division in den Ort Odobesti ein und schloß sich dem Vorgehen der 89. Infanterie-Division an. Das Alpenkorps räumte den Odobesti-Stock auf, drang am Abend in Bolotesti ein und erreichte auch weiter oberhalb die Putna.

In der Frühe des 8. Januar konnte die 76. Reserve-Division die Stadt Focsani besetzen. Fast 4000 Gefangene hatte der Sieg des I. Reservekorps und der Gruppe Krafft als Beute eingebracht.

Die Gruppe Gerok der 1. österreichischen Armee war anschließend an die Gruppe Krafft vorgedrungen. Unter großen Schwierigkeiten, die Kälte, Schneefall, Wegeverhältnisse im winterlichen Gebirge hervorgerufen hatten, war ihr rechter Flügel im Putna-Tal bis vor Vidra gelangt, während der linke das Quellgebiet der Sufita erreicht hatte. Im Ojtoz-Gebiet hatte General v. Staabs nach dem Ausscheiden des Generalkommandos des XXXIX. Reservekorps aus dem Verband der 9. Armee den Befehl übernommen und hatte seine Streitkräfte bis Harja vorgeführt. Der beabsichtigte Angriff der weiter nördlich stehenden Teile der 1. österreichischen Armee war nicht zur Ausführung gelangt.

Die von der Obersten Heeresleitung gesteckten Ziele waren am 8. Januar 1917 im wesentlichen erreicht. Die Donau-Armee begann, zwischen Donau und Buzau ihre Dauerstellung auszubauen; vor Galatz behaupteten sich noch russische Kräfte auf dem südlichen Sereth-Ufer. Die 1. bulgarische Division wurde auf das linke Buzau-Ufer geschoben, wo sie das Kavallerie-Korps Schmettow ablöste und den Abschnitt bis Corbul übernahm. Am 14. Januar trat die Donau-Armee mit unter den Befehl des Oberbefehlshabers der 9. Armee, Generals v. Falkenhayn.

Vor der 9. Armee räumte der so oft geschlagene Feind das rechte Sereth- und Putna-Ufer; nur im Sereth-Bogen um Nomoloasa blieb er von Corbul bis Garlesti stehen, durch Sumpf geschützt. Ebenso behauptete er sich noch bei Nanesti, von wo eine Brücke nach Fundeni hinüberführte. Jenseits des Sereth und der Putna bezog er seit langem ausgebaute Stellungen. Die Korps der 9. Armee folgten bis an die Abschnitte heran und begannen ebenfalls vom 11. Januar ab sich Dauerstellungen einzurichten. Inzwischen waren auch schon Weisungen der Obersten Heeresleitung eingegangen, die den Abtransport von Divisionen der 9. Armee nach anderen Fronten anordneten. Die 2. Kavallerie-Division, die nicht recht zur Tätigkeit gekommen war, war bereits abbefördert; [672] die 6. und 7. Kavallerie-Division und die 41. Infanterie-Division sollten zunächst folgen.

Die Erschöpfung der Truppen war groß; die gewaltigen Leistungen und die Unbilden der Witterung hatten sie sehr mitgenommen. Am 31. Dezember hatte bereits General Kühne gemeldet, daß seine Divisionen durch die Marschanstrengungen auf grundlosen Wegen, durch das dauernde Biwakieren teilweise bei Kälte, teilweise bei Regen außerordentlich erschöpft und daher der Ruhe bedürftig seien. Die Generale Krafft v. Dellmensingen und v. Morgen hatten am 5. Januar die gleiche Meldung über ihre Truppen erstattet. So konnte auch dem Wunsche der Obersten Heeresleitung, noch bis zur Sufita vorzustoßen, den sie am 7. Januar aussprach und der einen neuen, sorgsam vorzubereitenden Angriff erfordert hätte, nicht mehr entsprochen werden. Es mußte bei dem Ziele Sereth-Putna-Linie bleiben.

Das Oberkommando der 9. Armee verlegte am 11. Januar sein Hauptquartier nach Rimnicul Sarat. Am 19. warfen die 41. und 109. Infanterie-Division in glänzendem Angriff den noch bei Nanesti stehenden Feind über den Sereth hinüber und brachten ihm schwere Verluste bei. Dann trat auch hier der Stellungskrieg ein.

Auch die österreichische 1. Armee baute ihre Dauerstellung aus.

Am Tage des Sturms auf Nanesti, dem 19. Januar, brach plötzlich der rumänische Winter mit seiner ganzen Härte, seiner grimmigen Kälte und starkem Schneefall herein. Es war nicht zu vermeiden, daß er den braven Truppen, die trotz aller Bemühungen ihrer Führer noch keine schützenden Unterkünfte hatten fertigstellen können, starke Verluste durch Erfrierungen brachte.


8 [1/639]S. Skizze 28, Seite 629. ...zurück...

9 [1/642]S. Skizze 27, Seite 625. ...zurück...

10 [1/646]Seite 593. ...zurück...


Der Weltkampf um Ehre und Recht.
Die Erforschung des Krieges in seiner wahren Begebenheit,
auf amtlichen Urkunden und Akten beruhend.
Hg. von Exzellenz Generalleutnant Max Schwarte