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Bd. 2: Der deutsche Landkrieg, Zweiter Teil:
Vom Frühjahr 1915 bis zum Winter 1916/1917

Kapitel 9: Der Feldzug gegen Rumänien   (Forts.)
Oberst Rudolf Frantz

5. Der Durchbruch durch die Transylvanischen Alpen.

Die Absicht, mit dem geschlagenen Feinde das Grenzgebirge zu überschreiten, erforderte ein Vorgehen in breiter Front, um so die schwachen Stellen herauszufinden, an ihnen durchzubrechen und damit den Nachbargruppen den Weg zu öffnen. Die Kräfteverteilung im großen für diese Art der Fortführung der Operationen hatte sich schon aus den bisherigen Kämpfen ergeben; gegen alle Pässe drängten die deutsch-österreichisch-ungarischen Kolonnen vor. Es war aber eine Neuregelung der Befehlsverhältnisse für die Teile der Armee nötig, welche die Schlacht von Kronstadt geschlagen hatten; sie erfolgte noch am 9. Oktober gleichzeitig mit neuen Weisungen des Armee-Oberkommandos für die weiteren Operationen. Der rechte Flügel der Kronstädter Gruppe, die 8. österreichische Gebirgs-Brigade und die 76. Reserve-Division, wurden dem Kommandierenden General des I. Reservekorps, General v. Morgen, unterstellt; ihm wurde die Aufgabe zugewiesen, über den Törzburger Paß auf Campulung vorzudringen. In der Mitte der Gruppe verblieben unter dem Befehl des Generals v. Staabs die 51. Honved-Division und die 187. Infanterie-Division; er sollte über den Tömöser und Altschanz-Paß gegen die Linie Sinaia - Isvoarele durchstoßen. Links von ihm wurde die 89. Infanterie-Division, dem Armee-Oberkommando unmittelbar unterstehend, auf den Bodza-Paß angesetzt. Das beiderseits des Roten Turm-Passes stehende Alpenkorps sollte verstärkt werden, um auch dort einen kräftigen Druck ausüben zu können. Zwei österreichische Gebirgs-Brigaden, die 2., die bisher im Szurduk-Gebirge gefochten hatte, und die 10., die bei Hermannstadt in der Ausladung begriffen war, sollten ihm zugeführt werden. Nach ihrem Eintreffen hatte dann die nach dem Führer des Alpenkorps, General Krafft v. Dellmensingen, bezeichnete "Gruppe Krafft" beiderseits des Alt-Tales auf Curtea de Arges vorzudringen. Dem Befehl der Obersten Heeresleitung, starke Infanterie und Kavallerie auf Tirgul-Ocna vorzutreiben, wurde dadurch Rechnung getragen, daß dem Befehl des Grafen Schmettow außer seinem Kavallerie-Korps auch die österreichische 71. Infanterie-Division unterstellt wurde. Sie war beschleunigt aus der Gegend von Kronstadt nach Kezdivasarhely heranzuziehen und dann der Vorstoß zu unternehmen. Den Einsatz der 12. bayerischen Infanterie-Division, deren Ausladungen am Morgen des 9. Oktober in der Gegend von Homorod begonnen hatten, behielt sich das Armee-Oberkommando noch vor. Da die Bahnverhältnisse ein weiteres Vorfahren nicht gestatteten, sollte sie zunächst im Fußmarsch nach Kronstadt aufschließen.

Für die geplanten Bewegungen der 9. Armee nach Rumänien hinein war [622] es von Wichtigkeit, daß ihr der Rücken durch die 1. österreichische Armee gedeckt wurde. In diesem Sinne wies General v. Falkenhayn deren Führer an, so schnell wie möglich den Grenzkamm vom Uz-Tal nordwärts zu gewinnen, wobei der Nachdruck auf den rechten Flügel zu legen sei.

So waren die Divisionen der 9. Armee mit neuen Aufgaben gegen die Pässe angesetzt, aber schon am 11. Oktober, als überall heftiger Widerstand gefunden wurde, war dem Oberkommando klar, daß das Überwinden des Grenzwalles geraume Zeit erfordern werde; die geschlagenen Rumänen hatten Aufnahme gefunden an ihren Grenzbefestigungen und aus der Dobrudscha sowie dem Donau-Schutze herbeigeholten Verstärkungen; der Mehrzahl der Truppen der 9. Armee aber fehlte es noch an Ausrüstung und Erfahrung für den Kampf im Hochgebirge.

Die rumänische Nordarmee war im Zurückweichen auf die Wald-Karpathen, auf ihrem Südflügel war die 7. Infanterie-Division durch das Vorgehen des Kavallerie-Korps Schmettow vom Uz-Tal auf das Gyimes-Tal abgedrängt; die 2. Kavallerie-Division stand noch östlich Kezdivasarhely. Die 2. rumänische Armee, ursprünglich aus der 3., 4. und 6. Infanterie-Division bestehend, nunmehr verstärkt durch die 21. und 22. Infanterie-Division, hielt die Pässe südlich und südöstlich Kronstadt. General Krafft v. Dellmensingen hatte am Alt-Tale die 13. und 23. Infanterie-Division sich gegenüber, als rechte Gruppe der 1. rumänischen Armee, in deren Oberbefehl der General Culcer durch den General Stratilescu ersetzt war; von dieser Armee focht außerdem die 11. Infanterie-Division im Szurduk-Gebiet, die 1. Infanterie-Division an der Donau bei Orsova gegen die dort sichernden schwachen österreichisch-ungarischen Kräfte.

Törzburger Paßstraße mit gut eingebauten rumänischen Panzerstellungen.
Törzburger Paßstraße mit gut eingebauten
rumänischen Panzerstellungen, deren Erstürmung
den deutschen Truppen große Verluste brachte.
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Aus: Der Weltkrieg in seiner
rauhen Wirklichkeit
, S. 445.

Ein am Törzburger Paß eingebauter rumänischer Panzerturm.
Ein am Törzburger Paß eingebauter
rumänischer Panzerturm mit Maschinengewehr
im Innern.      [Vergrößern]

Aus: Der Weltkrieg in seiner
rauhen Wirklichkeit
, S. 446.
Der stärkste Widerstand war nach dieser Kräfteverteilung an den Pässen südlich Kronstadt zu erwarten, wo die natürliche Verteidigungsstärke des Gebirges zudem noch durch ausgedehnte, teilweise mit Panzern versehene Befestigungsanlagen gehoben war. Die Pässe führten hier in erhebliche Höhen, über 1000 m, über das besonders unwegsame Gebirge; trat frühzeitiger Winter mit reichem Schneefall ein, so mußten auch die Straßen den Truppenbewegungen, vor allem aber dem Nachschub, arge Schwierigkeiten bereiten. Demgegenüber boten die im Alt-Tale sowie im Szurduk-Passe fast eben laufenden Kunststraßen keine Bewegungsschwierigkeiten, im Alt-Gebiet war aber das Gebirge, das zu überwinden war, sehr breit; es reichte tief in die Walachei hinein; im Szurduk-Gebiet war es schmäler, der Feind hier am schwächsten. Wenn also auch strategisch der Durchbruch von Kronstadt auf Bukarest in wirksamster Richtung führte, so waren dort die Aussichten auf ein baldiges Gelingen am geringsten; so lenkten sich schon jetzt die Gedanken beim Armee-Oberkommando auf das Szurduk-Gebiet. Die 2. Gebirgs-Brigade wurde freilich dort weggezogen, um zunächst der Gruppe Krafft vorwärtszuhelfen; aber die nunmehr von der Obersten Heeresleitung in Aussicht gestellte Verstärkung durch mehrere Brigaden deutscher Kavallerie gab [623] dem General v. Falkenhayn Anlaß zu dem Entschluß, diese im Szurduk-Gebiet bereitzustellen, wobei auch die Eisenbahntransportverhältnisse mitsprachen und die Erwägung, daß die Aussichten für eine erfolgreiche Verwendung der Reiterei zu Pferde nach einem Durchbruch durch das Szurduk-Gebiet am größten waren.

Am 12. Oktober entschloß sich der Oberbefehlshaber, auch stärkere Infanteriekräfte dort einzusetzen, die der Reiterei den Weg zu bahnen hatten; die heranrollende 11. bayerische Infanterie-Division sollte im Raume Deva - Piski ausgeladen und mit dieser Aufgabe betraut werden. Da eine Verstärkung durch zwei weitere Divisionen von der Obersten Heeresleitung in Aussicht gestellt war, blieb die Möglichkeit bestehen, den Druck da zu erhöhen, wo es nach der Lage bei ihrem Eintreffen am wirksamsten war.

Am 13. Oktober trat eine Änderung in den Befehlsverhältnissen im großen ein; die 9. Armee wurde dem Heeresfrontkommando Erzherzog Karl von Österreich unterstellt, dem außerdem die 1. und 7. österreichische Armee unterstanden. Damit waren unter einem Kommando drei Armeen zusammengefaßt, deren Ziele und Aufgaben recht verschieden waren. Die 7. österreichische Armee verteidigte die Karpathen mit der Front nach Norden, der 1. österreichischen Armee fiel der Schutz der Ostgrenze Siebenbürgens zu, und die 9. deutsche Armee sollte ihre Offensive nach Süden in die Walachei hineintragen, mußte sich also in der Erfüllung dieser Aufgabe von den beiden anderen Armeen immer weiter in auseinanderstrebender Richtung entfernen.

Am 14. Oktober verlegte das Oberkommando der 9. Armee sein Hauptquartier nach Kronstadt, wo es von der deutschen Bürgerschaft und Geistlichkeit feierlich empfangen und begrüßt wurde. Indessen hatten die Kämpfe südlich von der Stadt ihren Fortgang genommen. Die Erkundungen, die General v. Staabs hier veranlaßt hatte, hatten erkennen lassen, daß Feind, Gelände und Befestigungen eine sorgsame Vorbereitung des Angriffs nötig machten. Als sich die Kolonnen des XXXIX. Reservekorps am 11. Oktober in den Gebirgstälern vorgeschoben hatten, waren sie überall auf Befestigungen gestoßen, die namentlich am Tömöser Paß sehr stark waren; überall lag überlegene rumänische Infanterie, durch zahlreiche, geschickt angelegte Maschinengewehrnester unterstützt; durchlaufende Befestigungslinien mit Drahtnetzen davor liefen über die hohen, steilen Bergrücken. Die deutsche und ungarische Infanterie arbeitete sich an die Stellungen heran. Besonders schwierig erwies sich die Artillerieverwendung; die Batterien fanden in den engen Tälern kaum Platz; mit Flachfeuer waren die Höhenrücken nicht zu überschießen; die Beobachtungsstellen mußten sehr weit von den Batterien entfernt angelegt werden. Am13. gelang es nach ausgiebiger Artillerievorbereitung trotz aller Schwierigkeiten an der beherrschenden und flankierenden Höhe des Csapliat Fuß zu fassen und sich trotz rumänischer Gegenangriffe zu behaupten. Die Höhenlinie selbst blieb in der Hand der Rumänen. Links vom XXXIX. Reservekorps hatte die 89. Infanterie-Division bereits am 11. Oktober [624] Kraszna erstürmt und damit im Bodza-Tale die Grenze erreicht. Und nun begannen auf der ganzen Front des XXXIX. Reservekorps und der 89. Infanterie-Division heftige, verzehrende Gebirgskämpfe.

Weiter westlich war beim I. Reservekorps die 8. österreichische Gebirgs-Brigade, in bewunderungswerter Leistung das Gebirge überwindend, am Königstein entlang, dem der 76. Reserve-Division gegenüberstehenden Feinde in den Rücken gelangt. Die Rumänen gaben nach, der anstrengende Umgehungsmarsch hatte sich bezahlt gemacht. Die Gebirgs-Brigade nahm am 14. Oktober Rucar, die 76. Reserve-Division drang in Podul - Dambovitii ein. Die Paßhöhe warüberwunden. Am Abend des Tages stand aber das Armeekorps in neuen Kämpfen vor Dragoslavele.

Dieser Erfolg gab dem Oberbefehlshaber Anlaß, die 12. bayerische Infanterie-Division, die nach dem Törzburger Paß nachgezogen worden war, dem I. Reservekorps zur Verfügung zu stellen. Waren auch hier Erfolge errungen, so wurde der Gedanke, am Szurduk einzubrechen, doch aufrecht erhalten, und der dort geplante Angriff sollte durch kräftiges Vorgehen der Gruppe Krafft am Alt-Tal erleichtert werden, wodurch man die Aufmerksamkeit des Feindes abzulenken, vielleicht auch Kräfte abzuziehen hoffte.

Nach dem Eintreffen der beiden Gebirgs-Brigaden schritt General Krafft v. Dellmensingen am 17. Oktober zum Angriff, nachdem er seine Kräfte so gegliedert hatte, daß die 10. Gebirgs-Brigade rechts, die 2. links, das Alpenkorps in der Mitte stand. Die 10. Gebirgs-Brigade nahm, westlich des Alt-Tals vorgehend, die Pietroasa, dann auch

Schwieriger Aufstieg und Übergang der Truppen über die Moscovulscharte.
Schwieriger Aufstieg und Übergang der Truppen
über die Moscovulscharte. Oben am Grat
Geschütz- und Munitionsaufzug für die österreichische Stellung. Oktober 1916.      [Vergrößern]

Aus: Der Weltkrieg in seiner
rauhen Wirklichkeit
, S. 441.
die hartnäckig verteidigte Veverita; Teile des Alpenkorps eroberten östlich der Talstraße den Gipfel des Surul, und die 2. Gebirgs-Brigade erstieg auf Gemsjägerpfaden, die vorher kein Landeskenner als für Truppen benutzbar angesprochen hatte, die Moscovul-Scharte. Dann traten die Wechselfälle des Gebirgskrieges ein, ein plötzlicher Wettersturz mit starkem Schneefall, der zunächst zu Rückschlägen bei der 2. Gebirgs-Brigade führte. Von der Moscovul-Scharte, wo man die Rumänen völlig überrascht hatte, drangen unter Führung des bayerischen Generals v. Tutschek die österreichischen Gebirgler, gefolgt von preußischen Jäger-Bataillonen des Alpenkorps, weiter vor über die Poiana-Lunga und den Monte Fruntu bis hinunter nach Salatrucu. Aber der Schnee lag allmählich 1,50 m hoch, das Wetterglas sank auf 15° Kälte, die Moscovul-Scharte vereiste völlig, Tragetiere stürzten ab, Trägerkolonnen mußten gebildet werden; trotz allem riß für mehrere Tage die Verbindung, der Nachschub vollkommen ab. Dafür setzten von allen Seiten rumänische Angriffe auf die tapfere Schar des Generals v. Tutschek ein. Die Lage wurde unhaltbar. General v. Falkenhayn stellte ein Zurücknehmen der

Hauptverkehrsbrücke über den Alt.
Die von den Rumänen gesprengte
Hauptverkehrsbrücke über den Alt
am Roten-Turm-Paß bei Câineni.
Württembergische Pioniere bei der Wiederherstellung
der Brücke.      [Vergrößern]

Aus: Der Weltkrieg in seiner
rauhen Wirklichkeit
, S. 435.
Abteilung anheim. General v. Tutschek ging auf den Monte Fruntu zurück, wohin es in unsäglichen Mühen gelang, die Verbindung wiederherzustellen. Indessen hatten Teile des Alpenkorps zu beiden Seiten des Alt-Tales Fortschritte gemacht und Caineni [625] genommen. Als dann der Gruppe Krafft der 73. österreichische Divisionsstab, unter einem erfahrenen Kenner des Gebirgskrieges General Goiginger, zugeführt wurde, unterstellte General Krafft v. Dellmensingen diesem seine rechte Flügelgruppe, dem General v. Tutschek die linke.

[626] Auch südlich Kronstadt wurden in hartem Kampfe Fortschritte gemacht, sowohl bei der 51. Honved-Division als auch bei der 187. Infanterie-Division, wobei General v. Staabs bestrebt war, die starke Predeal-Stellung von rückwärts zu öffnen. Um jedes Grabenstück, um jeden Bergrücken mußte erbittert gerungen werden. Westlich von den Divisionen des XXXIX. faßte das I. Reservekorps am 16. Oktober auf dem Monte Mateias Fuß; ein weiteres Vorwärtskommen glückte vorerst nicht. Von den Höhen beobachtete man, die wie Rumänen in Campulung einen Eisenbahnzug nach dem andern mit Verstärkungen entluden. Schwierig gestaltete sich auch in diesen Tagen die Lage bei der 89. Infanterie-Division, die namentlich am Tatarhavas-Paß von rumänischer Überlegenheit stark bedrängt wurde. Das Armee-Oberkommando sah sich veranlaßt, bei dieser Division den Angriff vorläufig einstellen zu lassen und ihr das Halten ihrer Stellungen als Aufgabe zuzuweisen.

Vom 17. Oktober ab verstärkte sich im ganzen Gebiet südlich und südöstlich Kronstadt der Widerstand der Rumänen, denen die bessere Kenntnis des Gebirges und das während der ersten Kriegsjahre auf rumänischer Seite bis zur Grenze ausgebaute Wegenetz zustatten kam. Auf Saumpfaden versuchten sie im Kleinkrieg den deutschen und ungarischen Truppen in den Rücken zu kommen und ihnen die Verbindung abzuschneiden. Der Wettersturz des 18. Oktober verschärfte die Entbehrungen und Mühen. So gingen hier wochenlang die harten Kämpfe weiter, die sich vielfach in Einzelhandlungen auflösten und ein Heldentum im Kampf wie im Ertragen von Strapazen darstellen. Aus dem flotten Siegeszug durch Siebenbürgen war ein mühseliges Durchbohren durch das Hochgebirge geworden.

Um wieder Gebirgstruppen zu Umgehungsaufgaben verfügbar zu haben, wurde beim I. Reservekorps die 8. Gebirgs-Brigade durch Teile der 12. bayerischen Division abgelöst. Alsdann wurde die Gebirgs-Brigade in östlicher Richtung gegen das Tal von Sinaia angesetzt.

Die Führung wurde dem Armee-Oberkommando nicht erleichtert durch die Unterstellung unter das Heeres-Frontkommando Erzherzog Karl, und das machte sich um so unangenehmer bemerkbar, als die Befehlsgebung bei der von Orsova bis zum Ojtoz-Paß auf eine Strecke von 450 km ausgedehnten Armee ohnehin recht schwierig war. Verschiebungen von einem Flügel zum anderen waren nicht möglich, so daß bei jeder von der Obersten Heeresleitung in Aussicht gestellten Verstärkung von vornherein in sorgsamster Erwägung zu bestimmen war, wo ihr Einsatz beim Eintreffen am zweckmäßigsten zu erfolgen hatte, um die Wechselwirkung der einzelnen Kampfgruppen in günstigster Weise miteinander in Einklang zu bringen. Es war nicht zu vermeiden, daß die Erwägungen des Heeres-Frontkommandanten beeinflußt wurden durch die Sorge, die er als Thronfolger vor einem neuen Einfall des Feindes in sein eben von einem deutschen Oberkommando befreiten Kronland Siebenbürgen hegte. So lag [627] sein Interesse mehr bei den beiden österreichischen Armeen, die Siebenbürgen nach Osten und Westen verteidigten, als bei der zum Angriff in Feindesland angesetzten deutschen 9. Armee. Es sollte sich dies dadurch bemerkbar machen, daß Divisionen, die ursprünglich für die Offensive der 9. Armee bestimmt waren, nach der Verteidigungsfront der 1. österreichischen Armee abgeleitet wurden. Der erste Gegensatz in der Auffassung zwischen Armee-Oberkommando und Heeres-Frontkommando trat bereits am 14. Oktober auf, als dieses die heranrollenden Kavallerie-Brigaden nicht am Szurduk, sondern bei Kronstadt eingesetzt haben wollte und dabei auch die Unterstützung der Obersten Heeresleitung fand. Auf Grund seiner besseren Kenntnis der Lage mußte sich das Armee-Oberkommando dieser Änderung widersetzen. Verwendungsmöglichkeit der Kavallerie, Eisenbahnlage und die Schwierigkeit, welche die Versorgung der bei Kronstadt fechtenden Gruppen jetzt schon machte, zwangen dazu, beim Einsatz am Szurduk zu verharren.

Indessen hatte die rumänische Nordarmee an der Grenze halt gemacht; der Vormarsch der 1. österreichischen Armee war zum Stehen gekommen. General v. Arz glaubte, einer Fortsetzung seiner Offensive entraten zu sollen, um so mehr, als Nachrichten über das Herankommen russischer Verstärkungen vorlagen. Er sah seine Aufgabe in erster Linie in der Deckung der Offensive der 9. Armee im Rücken, wie es General v. Falkenhayn auch seinerzeit angeordnet hatte. Das Heeres-Frontkommando befahl aber ein Vordringen bis zur Bistrita. Aus dieser Offensive wurde freilich nichts; es kam zu stehendem Kampf im Grenzgebirge. Und als das Heeres-Frontkommando russische Angriffsabsichten zu erkennen glaubte, wurden zunächst die 10., dann auch die 8. bayerische Infanterie-Division statt der 9. der 1. österreichischen Armee zugeführt. So waren der 9. Armee zwei Divisionen entzogen, auf die der Oberbefehlshaber bei seinen Erwägungen gerechnet hatte. Russische Angriffsabsichten wurden aber bald unwahrscheinlich; das Heeres-Frontkommando nahm seine eigenen Angriffsgedanken wieder auf. Der Angriff sollte auf dem rechten Flügel der 1. Armee erfolgen im Anschluß an die 9., allerdings in auseinanderstrebender Richtung. Die 8. bayerische Division sollte am Ojtoz-Paß eingesetzt und dort mit der 71. österreichischen Division unter dem Generalkommando LIV vereinigt werden, das nach Siebenbürgen im Antransport war. Die dem General Grafen Schmettow unterstehende 71. Division hatte bereits am 12. Oktober in hartem Kampfe der 2. rumänischen Kavallerie-Division gegenüber den Eintritt in den Ojtoz-Paß erzwungen, am 13. die Grenze bei Sosmezö überschritten und war am 17. bis Harja vorgedrungen, wo ihr Angriff zum Stehen gekommen war.

Im Szurduk-Gebiet traf am 16. Oktober der Führer der 11 bayerischen Infanterie-Division, General v. Kneußl, ein und übernahm den Befehl über die dortige Gruppe. Durch Armeebefehl wurden ihm außer seiner Division, von der allerdings ein Infanterie-Regiment auf Anordnung des Heeres-Front- [628] kommandos zur Gruppe Krafft zu entsenden war, noch unterstellt die 301. Division, die aus der seit langem hier fechtenden 144. österreichischen Landsturm-Brigade und zwei deutschen Radfahr-Bataillonen, Nr. 4 und 5, bestand, sowie die inzwischen eingetroffene 6. Kavallerie-Division, zusammengesetzt aus der 3., 5. und 8. Kavallerie-Brigade. Die Erkundungen, die General v. Kneußl sofort einleitete, hatten das Ergebnis, daß der geplante Durchbruch zwar sehr schwierig erschien, aber doch für durchaus möglich gehalten wurde, und zwar beabsichtigte der General, die Kavallerie westlich des Vulkan-Passes über den Arcanului vorgehen zu lassen, wo weniger Widerstand zu erwarten war als an den Pässen selbst. Die Infanterie sollte mit ihrer Masse am Vulkan-Paß vorgehen, um so den Szurduk, der frontal kaum zu nehmen war, zu öffnen. Gelang es, den Kamm des wie eine Mauer aufsteigenden Vulkan-Gebirges zu gewinnen, so war zu erwarten, daß der Abstieg durch das südlich vorgelagerte Bergland glücken werde. Für den Beginn des Angriffs schlug der General den 23. Oktober vor. Eine Beschleunigung, wie sie die Ereignisse bei der Gruppe Krafft dem Armee-Oberkommando erwünscht erscheinen ließen, war mit Rücksicht auf die unbedingt erforderlichen Vorbereitungen und das Heranmarschieren der teilweise weit rückwärts ausgeladenen Truppen nicht möglich. Nachdem am 21. Oktober Teile der 301. Division und der 6. Kavallerie-Division sich bereits in den Besitz einiger rumänischer Vorstellungen gebracht hatten, begann am 23. planmäßig der eigentliche Angriff. In überraschend glücklichem Gelingen nahmen sämtliche Kolonnen die ihnen zugewiesenen feindlichen Stellungen, am 24. wurde der Vulkan-Paß erstürmt; der ganze Gebirgskamm war am Abend in der Hand des Angreifers. Über den Arcanului vorgehend, erreichte am Abend des nächsten Tages die 6. Kavallerie-Division den Rand des Gebirgswaldes und schickte sich zum Angriff auf die Dörfer Borosteni und Francesti an. Die vom General v. Busse geführte Vulkan-Kolonne erreichte, den Feind überall werfend, Dobrita und Schela und drang am 26. Oktober bis Stanesti vor. Westlich des Szurduks war damit der Angriff tief bis an die Waldränder durchgedrungen, östlich des Szurduk war der Vrf. Beti genommen. Die Beute betrug bereits 28 Offiziere, 2200 Mann an Gefangenen, dazu 28 Geschütze und 9 Maschinengewehre. Allerdings begann sich nun der Widerstand überall zu verstärken; die Rumänen hatten offenbar neue Kräfte herangeführt. General v. Kneußl war aber guten Mutes; er beabsichtigte nunmehr, die Szurduk-Straße völlig zu öffnen, da sich die weiter westlich über den hohen Gebirgskamm führenden Verbindungen als ungemein schlecht erwiesen. General v. Falkenhayn stellte ihm die 7. Kavallerie-Division zur Verfügung, die bei Karansebes ausgeladen worden war und im Marsche am 25. Hötzing erreicht hatte, ebenso wie das noch im Antransport befindliche württembergische Gebirgs-Bataillon. Der General wurde darauf hingewiesen, daß es in erster Linie darauf ankomme, der starken Reiterei den Austritt in die Walachei zu ermöglichen und ihr eine sichere rückwärtige Verbindung offen zu halten. Zur [629] Übernahme des Befehls über die beiden, zu einem Korps zusammenzufassenden Kavallerie-Divisionen wurde General Graf Schmettow nach Petroseny entsandt, der am Ojtoz-Paß durch das Eintreffen des Generalkommandos LIV entbehrlich geworden war.

[630] Die deutsche Oberste Heeresleitung, deren Bestreben dahin ging, die Operationen der 9. Armee im Fluß zu halten, hatte es, trotz der schwierigen Lage auf den anderen Fronten, möglich gemacht, an Stelle der zur 1. österreichischen Armee geführten beiden Divisionen zwei andere für die 9. Armee frei zu machen. Sie stellte am 25. Oktober den Antransport der 41. und 109. Infanterie-Division in Aussicht. Das Armee-Oberkommando entschloß sich, sie am Szurduk einzusetzen und nunmehr dort mit starken Kräften durchzubrechen, ein Entschluß, der nach einigen Verhandlungen am 28. Oktober die Billigung der deutschen Obersten Heeresleitung fand, nachdem der Widerstand des Feldmarschalls Conrad v. Hötzendorff überwunden war, der die Divisionen bei Kronstadt verwendet sehen wollte. Am Entschluß wurde auch festgehalten, als sich die günstige Lage am Szurduk plötzlich änderte. Dort gingen die Rumänen am 27. Oktober mit starken Kräften zum Gegenangriff gegen die weit auseinandergezogene Kolonne Busse vor; es gelang ihnen, zwischen die einzelnen Gruppen einzudringen und sie zu umfassen. Dazu setzte Regenwetter ein, das die an sich schwierigen Verbindungen fast ungangbar machte. Die Kolonne Busse mußte zurückgenommen werden, während gleichzeitig östlich der Szurduk-Straße noch Fortschritte gemacht und D. Mare und die Urina Bului genommen wurden. Es war klar, daß ein Durchziehen der Reiterei durch das Gebirge nun nicht mehr möglich war. Am 29. Oktober folgte ein neues Mißgeschick. Die auf den Lesului zurückgegangene Gruppe der Kolonne Busse wurde im Nebel überfallen und geworfen. Jetzt wurde nötig, auch die 6. Kavallerie-Division zurückzunehmen. Ihr Rückzug wurde ungemein schwierig; der Regen hatte den Pfad über den Arcanului völlig zerstört; Geschütze konnten nicht zurückgebracht werden; sie wurden in Abgründe geworfen, damit sie den Rumänen nicht in die Hände fielen. Am Arcanului und den benachbarten Gipfeln wurden die Schützen der 6. Kavallerie-Division von der 7. aufgenommen. Die Rumänen drängten nicht nach. Die Kammhöhen waren in der Hand der Gruppe Kneußl geblieben. General v. Falkenhayn wies nunmehr darauf hin, daß es nur darauf ankomme, die Szurduk-Straße und die zu beiden Seiten von ihr eroberten Höhen zu behaupten, alles andere trete vor dieser Aufgabe, die für die weiteren Absichten des Oberbefehlshabers von höchster Bedeutung war, zurück. Am nächsten Tage, dem 30. Oktober, äußerte das Heeres-Frontkommando seine Bedenken, ob trotz des Mißgeschicks der Gruppe Kneußl ein neuer Versuch an derselben Stelle erfolgen solle. General v. Falkenhayn beharrte bei seinem Entschluß, und die Oberste Heeresleitung stimmte ihm zu. Dagegen gelang es dem Armee-Oberkommando nicht zu verhindern, daß das Heeresfront-Kommando die nunmehr eintreffende deutsche Radfahr-Brigade nicht am Szurduk, sondern bei Orsova einsetzte. Das Armee-Oberkommando hatte keinen Zweifel, daß die Brigade unter den schwierigen Verhältnissen bei Orsova keinen Erfolg erzielen, wohl aber nach gelungenem Durchbruch am Szurduk der Heereskavallerie als bedeutsame Verstärkung fehlen werde. Eine mehr demonstrative Tätigkeit des [631] bei Orsova befehligenden ungarischen Obersten v. Szivo wünschte allerdings das Armee-Oberkommando auch und hatte daher bereits am 24. den Angriff dort befohlen. Er begann am 27. Oktober, freilich ohne daß viel erreicht wurde, auch nach dem Eintreffen der Radfahr-Brigade nicht.

Während diese Ereignisse sich im Szurduk-Gebiet abspielten, hatten auch bei der Gruppe Krafft die Kämpfe ihren Fortgang genommen.3

Östlich des Alt-Tales hatten die dort fechtenden Teile des Alpenkorps langsam Fortschritte gemacht; dagegen drangen rumänische Abteilungen im Argesch-Tale aufwärts, besetzten die Poiana Lunga, so der Fruntu-Gruppe des Generals v. Tutschek wiederum die Verbindung abschneidend. Am 25. Oktober wurde aber die Lage hier wieder in Ordnung gebracht; General v. Tutschek nahm die Poiana Lunga wieder und ließ seine weit vorgeschobene Fruntu-Gruppe dorthin zurückgehen. Weiter westlich nahmen Teile des Alpenkorps in mehrtägigen Kämpfen die starke Mormonta-Stellung und drangen in den letzten Oktobertagen weiter vor, viel Gefangene und Beute einbringend, bis sie am 31. Oktober vor einer neuen starken rumänischen Stellung in der Linie Copaceni - Cocoiu anlangten. Westlich des Alt-Tales war es der 10. Gebirgs-Brigade noch nicht gelungen, über die Veverita hinaus vorzudringen.

Erstürmte rumänische Stellung auf dem Schlachtfeld bei Predeal.
Erstürmte rumänische Stellung auf dem
Schlachtfeld bei Predeal.      [Vergrößern]

Aus: Der Weltkrieg in seiner
rauhen Wirklichkeit
, S. 448.
Südlich Kronstadt war es dem XXXIX. Reservekorps bis zum 22. Oktober geglückt, in den Rücken der Csapliat-Stellung zu gelangen, die frontal nicht zu nehmen gewesen war; nunmehr fiel sie, und im Verfolg dieses Ereignisses wurde nach sorgsamer Artillerievorbereitung am nächsten Tage auch Predeal genommen, wo viel Gefangene gemacht wurden. Damit war auch dieser Paß den Rumänen entrissen. In den nächsten Tagen richtete sich der Angriff gegen die mehrspitzige Höhe des Clabucetu, die bis zum Ende des Monats genommen wurde. Dann glückte es, in das Azuga-Tal zu gelangen und auch den Ort Azuga zu erobern, so daß in langen, schweren Gebirgskämpfen schöne Erfolge errungen waren, die freilich an die schwachen deutschen und ungarischen Abteilungen hohe Anforderungen gestellt und ihre Kräfte verzehrt hatten. Südlich des hier von Ost nach West streichenden Azuga-Tales erhob sich eine neue, stark befestigte und besetzte Stellung, die neue eingehende Artillerievorbereitung nötig machte. Das I. Reservekorps hatte in diesen Tagen nur geringe Fortschritte machen können; am 27. Oktober war sogar ein kleiner Rückschlag eingetreten. Es war klar, daß hier vorläufig auf einen größeren Erfolg nicht zu rechnen war.

Im Ojtoz-Gebiete waren die Rumänen am 23. Oktober beiderseits der Paßstraße zum Angriff angetreten; die beherrschende und Einsicht nach Sosmezö gewährende Höhe des Runcul Mare ging der 71. österreichischen Division verloren. Freilich nahm das aus der Gegend stammende tapfere Szekler-Infanterie-Regiment 82 sie am nächsten Tage wieder, aber General Graf Schmettow mußte seine erschöpften Truppen auf die Grenzhöhen zurücknehmen. An diesem Tage erhielt [632] der eben eingetroffene Kommandierende General des LIV. deutschen Korps, General Kühne, die Weisung, am nächsten Tage den Befehl zu übernehmen und nach Eintreffen der 8. bayerischen Reserve-Division auf Onesti vorzustoßen. General Graf Schmettow hatte als Führer des Kavalleriekorps nach Petroseny abzufahren. Links von der Ojtoz-Gruppe wurde in den nächsten Tagen der rechte Flügel der 1. österreichischen Armee im Uz-Tale zurückgedrängt. Am 28. Oktober befahl das Heeresfront-Kommando, daß die Ojtoz-Gruppe von der 9. zur 1. Armee überzutreten habe.

Beim Oberkommando der 9. Armee beschäftigten sich zu dieser Zeit die Gedanken der leitenden Männer immer mehr mit dem Szurduk. Es war klar, daß in dem kräfteverzehrenden Durchbohren durch das Gebirge, wie es sich mehr und mehr südlich Kronstadt, ebenso wie am Alt, entwickelt hatte, bei dem wachsenden Widerstande des Feindes und der winterlichen Jahreszeit, die Walachei nicht so bald erreichen würde. Das war aber nötig; zum Stellungskampfe durfte es hier nicht kommen. So hatten der Oberbefehlshaber wie seine Berater ihre Hoffnung und ihre Zuversicht auf das Szurduk-Gebiet gesetzt. Es war die einzige Stelle, wo man erwarten konnte, mit rücksichtsloser Gewalt den Durchbruch zu erzwingen, hier, wo das Gebirge am schmalsten war, die Talstraße großenteils in eigener Hand, die Verhältnisse im Gebirge bekannt waren und der Feind nach dem mißglückten Durchbruchsversuche der Gruppe Kneußl wohl kaum so bald auf einen neuen größeren Angriff rechnete. Um die Aufmerksamkeit des Feindes nicht dorthin zu lenken, mußte das Armee-Oberkommando fern in Kronstadt bleiben; eine höhere Kommandobehörde war aber erforderlich, um an Ort und Stelle Vorbereitung und Durchführung des Unternehmens zu leiten.4 General v. Falkenhayn entschloß sich, diese Aufgabe in die Hand des Generals Kühne zu legen, der mit dem Generalkommando LIV soeben am Ojtoz-Passe eingetroffen war. Ihm ging die Weisung zu: "Sie haben zunächst, zu beiden Seiten der Szurduk-Straße vordringend, die Austritte aus dem Gebirge in Höhe etwa von Targu Jiu zu öffnen und offen zu halten, so daß das Kavallerie-Korps Schmettow nach Süden in das rumänische Hügelland vorgetrieben werden kann. Hierauf wird beabsichtigt, mit dem verstärkten LIV. Armeekorps in allgemein südöstlicher Richtung, mit dem Kavallerie-Korps auf dessen südlicher Flanke den Vormarsch fortzusetzen." Nachdem dieser Auftrag am 29. Oktober im Armee-Hauptquartier Kronstadt noch mündlich erläutert und ergänzt worden war, begab sich General Kühne in das Gebiet seiner neuen Aufgabe, wo inzwischen bereits Teile der 41. und 109. Infanterie-Division eingetroffen waren.

Die Oberste Heeresleitung, immer weiter bestrebt, Kräfte für die Durchführung des rumänischen Feldzuges frei zu machen, teilte dem Armee-Oberkommando am 31. Oktober mit, daß sie auch noch die 216. Infanterie-Division [633] zuführen werde. Da im Szurduk-Gebiet bereits Nachschubschwierigkeiten einzutreten drohten, auch die mangelhaften Eisenbahntransportverhältnisse ein Heranführen noch einer Division dorthin erheblich verzögern mußte, entschloß sich das Armee-Oberkommando, diese Division bei der Gruppe Krafft einzusetzen, wo gleichzeitig mit erhöhtem Druck angegriffen werden sollte, um so die bewährte Wechselwirkung zweier Druckstellen zu erzielen.

Am 1. November begab sich General v. Falkenhayn nach Petroseny und besprach sich dort mit den Generalen Kühne, Graf Schmettow, v. Kneußl und v. Busse. Das Unternehmen des Generals v. Kneußl was keineswegs vergebens gewesen; er hatte Gelände gewonnen und behauptet und so das Sprungbrett geschaffen, von dem aus der Angriff Kühnes erfolgen sollte. Der größte Teil der Szurduk-Straße war in deutscher Hand, ebenso wie der Vulkan-Paß und die Beobachtungsstellen für die Artillerie; und zudem waren wertvolle Erfahrungen gesammelt, die dem neuen Angriff zugute kommen sollte. Trotzdem war allen Führern klar, daß die Schwierigkeiten gewaltig waren und daß es kein kleines Wagnis war, bei der vorgerückten Jahreszeit den Durchbruch durch den Hochgebirgswall erzwingen zu wollen. Die Berge konnten nur durch Fußtruppen mit Gebirgsausrüstung und Tragetieren überwunden werden, alle Pferde und jedes Fuhrwerk mußten durch den 40 km langen Engweg des Szurduk geführt werden, in dem die wichtigste beim Kloster Lainici über den Jiul führende Brücke gründlich zerstört war und der zu allem auch noch durch einen Bergrutsch bedroht war. Die Besprechung ergab, daß eine Zahl von Vorbedingungen für das Gelingen des Unternehmens erfüllt werden mußten: die Eisenbahn bis Petroseny war wiederherzustellen, der erforderliche Bedarf an Munition und Verpflegung im Szurduk-Passe bereitzulegen, auch die Verbindung über den Vulkan-Paß war so zu verbessern, daß der Nachschub für die dort eingesetzten Truppen gesichert war, die Brücke beim Kloster Lainici war zu erneuern und für Lastkraftwagen benutzbar zu machen, endlich mußten die Truppen mit Gebirgsausrüstung und Tragetieren ausgestattet werden. Das waren gewaltige Vorarbeiten, die Zeit erforderten. Es war klar, daß sie nicht bis zum 5. November, wie der Oberbefehlshaber gehofft hatte, erledigt sein konnten; damit mußte man sich abfinden. Der Oberbefehlshaber erteilte dem General Kühne den Befehl, mit den Vorbereitungen unverzüglich zu beginnen und den Zeitpunkt der voraussichtlichen Beendigung zu melden. Dann begab er sich nach Kronstadt zurück. Am 4. November wurde auf Vorschlag des Generals Kühne der Beginn des Angriffs auf den 11. November festgesetzt. An diesem Zeitpunkte vermochte auch das Drängen des Heeresfront-Kommandos nichts zu ändern, das anordnete, daß der Angriff spätestens am 8. zu erfolgen habe und dies damit begründete, daß Feldmarschall v. Mackensen am 7. über die Donau gehen werde, um so weniger, als Feldmarschall v. Mackensen bereits am 5. November dem Armee-Oberkommando mitteilte, daß sein Donau-Übergang bis nach dem 15. verschoben sei.

[634] Im Armee-Hauptquartier, ebenso wie im Szurduk-Gebiet begann eine eifrige Vorbereitungstätigkeit. Ehe sie aber im Angriff ihre Krönung finden sollte, traten noch andere Ereignisse ein. Vor dem linken Flügel der 1. österreichischen Armee waren gegen Ende Oktober die Rumänen durch Russen abgelöst worden, die am 3. November zum Angriff schritten und die Front des XXI. österreichischen Korps im Gyergyo-Gebrige zurückdrängten. Das Heeresfront-Kommando ließ die 8. bayerische Reserve-Division nach Ohla-Topliza transportieren und die 10. bayerische Division aus dem Czik-Becken heranmarschieren. Die beiden Divisionen wurden zum Gegenangriff angesetzt, der vorwärts ging und die Lage wiederherstellte, worauf die Armee sich anschickte, eine Dauerstellung zu beziehen.

Kämpfe am Roten-Turm-Paß

[625]
      Skizze 27: Kämpfe am Roten-Turm-Paß.

Österreichische 30,5-cm-Mörser-Batterie in Stellung.
Österreichische 30,5-cm-Mörser-Batterie
in Stellung nach der Einnahme
des Roten-Turm-Passes.      [Vergrößern]

Aus: Der Weltkrieg in seiner
rauhen Wirklichkeit
, S. 439.
Südlich Kronstadt wurde im ganzen Gebiet weitergerungen, die Rumänen gefesselt, ohne daß sich die Lage wesentlich veränderte. Das Armee-Oberkommando hatte die drei deutschen Reiter-Regimenter, die am Ojtoz-Paß gestanden hatten, nach Kronstadt herangezogen, wo sie nunmehr den Namen "Siebenbürgische Kavallerie-Brigade" erhielten. Sie wurden zunächst zwischen dem I. und XXXIX. Reservekorps eingesetzt, wo sie sich in Kämpfen am Spitz-Berge besonders auszeichneten, und am 7. November der 89. Infanterie-Division zugeteilt. Im Alt-Gebiet machte die Gruppe Krafft Anfang November in zähem Ringen gute Fortschritte.5 Der Monte Cozia wurde genommen, auch der Monte Fruntu wurde erneut besetzt; im oberen Argesch-Tale wurde Fuß gefaßt und reiche Beute an Gefangenen und Material eingebracht. Bei diesen Kämpfen fiel am 7. November bei einer Erkundung der Führer des bayerischen Leibregiments, Prinz Heinrich von Bayern, ein tapferer Mann und bewährter Soldat. Das feste Anpacken der Gruppe Krafft hatte die Wirkung erzielt, daß die Rumänen ihre 14. Division von der Nordarmee in das Alt-Gebiet heranzogen. Am 8. November begann die 216. Infanterie-Division mit ihren Ausladungen. General Krafft v. Dellmensingen schob sie in die Mitte zwischen seine beiden Gruppen Goiginger und Tutschek ein.

Indessen näherten sich die Vorbereitungen für den Durchbruch am Szurduk ihrer Vollendung.6 In mühevoller Arbeit und hingebungsvoller Tätigkeit von Führung und Truppe waren die gewaltigen Schwierigkeiten überwunden worden. Besonders sorgsame Anordnung hatte die Regelung des Verkehrs auf der Szurduk-Straße erfordert, zu deren Seiten sich die fast senkrecht ansteigenden Felswände des Vulkan-Gebirges erhoben und neben der sich noch der reißende Jiul-Fluß durch die Berge zwängte. Die Zeit der Vorbereitung war freilich nicht friedlich verlaufen, im Gegenteil hatten dauernde Kämpfe sie gestört, in denen um die einzelnen Kuppen und Höhen gerungen werden mußte, die als Ausgangspunkte des Angriffs oder als Beobachtungs- [635] stellen von Wichtigkeit waren. Brennpunkte des Kampfes waren unter anderem östlich der Tal-Straße der Moldovisul gewesen, den ungarischer Landsturm gegen überlegene rumänische Angriffe behauptete, und die Postaia, westlich der Talstraße die Gruba Mare, an der sich das württembergische Gebirgs-Bataillon auszeichnete, und der Arcanului. Teile der neu herangeführten Divisionen waren zur Verstärkung, zum unbedingten Halten des Kammes und der Szurduk-Straße eingesetzt worden.

Kämpfe im Szurduk-Paß

[629]
      Skizze 28: Kämpfe im Szurduk-Paß.

So kam der 10. November heran. Das Armee-Oberkommando gab den Angriffsbefehl, der die Gruppe Kühne anwies, "den Austritt aus dem Gebirge beiderseits der Vulkan- und Szurduk-Straße zu erkämpfen, um dann zunächst so weit nach Süden Raum zu gewinnen, daß das Kavallerie-Korps Bewegungsfreiheit erhielt". Der Befehl forderte gleichzeitig ein erneutes scharfes Anpacken bei allen anderen Gruppen, um eine Schwächung des Feindes an anderen Stellen zugunsten seiner Szurduk-Verteidigung zu verhindern. Dann begab sich der Oberbefehlshaber mit seinen operativen Beratern selbst nach Petroseny. Am 10. November waren hier auch die bisher nicht eingesetzten Truppen bereitgestellt: die 41. Infanterie-Division zum Vorgehen westlich der Szurduk-Straße, die 109. östlich; die 11. bayerische und die 301. Division waren bereit zu folgen, ebenso wie das Kavallerie-Korps Schmettow, dessen Reiterscharen nördlich des Paßeinganges zusammengezogen waren. Einige Höhen, die man als Artilleriebeobachtungsstellen noch brauchte, wurden genommen; die Gruppe Kühne stand zum Sprunge bereit. Die Überraschung des Feindes schien geglückt zu sein; nach Gefangenenaussagen und Fliegerbeobachtungen führte er von seiner Nordarmee Kräfte nach dem Argesch-Tale, nach Campulung und Sinaia heran.

Am frühen Morgen des 11. November brach der Angriff los, mit der 41. und 109. Infanterie-Division in vorderer Linie, dem württembergischen Gebirgs-Bataillon zur Deckung der rechten Flanke. Die Befestigungen der Rumänen wurden auf der ganzen Front erstürmt. Der Angriff ging vorwärts; westlich des Passes schien der Feind nach Süden auszuweichen, östlich des Passes holte er zu Gegenstößen aus. Am Abend hatte der Angreifer die Linie Lesului - Vaideci - Schela - Birnici - Höhenrücken nördlich Bumbesti erreicht. Die 11. bayerische Division konnte bis zum Kloster Lainici nachgezogen werden.

Am folgenden Tage brachen Teile der 109. Infanterie-Division in den Nordteil von Bumbesti ein; eine bei diesem Ort liegende Panzer-Batterie war durch das deutsche Mörserfeuer zerschlagen worden, beiderseits der Paßstraße drang die deutsche Infanterie siegesgewiß vor, auch durch Gegenstöße des Feindes sich nicht lange aufhalten lassend. Auf der Höhe von Bumbesti, auf der noch rumänische Granaten einschlugen, stand der Oberbefehlshaber, General v. Falkenhayn, mit seinem Stabe, Führer und Truppen begrüßend und ihnen ermunternde Worte zurufend. Kräftige Gegenstöße der Rumänen richteten sich aus südöstlicher Richtung namentlich gegen den linken Flügel der 109. Infanterie- [636] Division, hinter dem nunmehr die 301. Division nachgezogen wurde. Sambotin, Bumbesti - Arseni befanden sich am Abend in deutscher Hand.

Am 13. November ging der Kampf um den Austritt aus dem Gebirge weiter. Die Rumänen wehren sich zähe und verteidigen den Eingang in ihr Heimatland tapfer; ihrer Gefechtsart getreu, gehen sie an vielen Stellen zum Gegenangriff über. Von ihrer bei Orsova kämpfenden 1. Division eilen Verstärkungen herbei, die Valari besonders heftig berennen, das vom württembergischen Gebirgs-Bataillon unter schweren Verlusten ruhmvoll behauptet wird. Trotz aller Anstrengungen der Rumänen kommen die 41. wie die 109. Infanterie-Division gut vorwärts; die Stellungen südlich Schela werden erstürmt, ebenso die Verschanzungen auf dem Ostufer des Jiul. Die Linie Valari - Rugi - Sambotin - Lazaresti - Barcaciu wird erreicht. Die in zweiter Linie folgenden Divisionen werden nachgezogen, die 11. bayerische auf Bumbesti, die 301. östlich des Passes durch die Berge hinter der 109. Infanterie-Division her. Das noch nördlich des Gebirges wartende Kavallerie-Korps Schmettow soll am 14. November durch den Paß in die Gegend von Bumbesti vorgezogen werden.

Dieser Tag brachte die Entscheidung; die Rumänen werden endgültig geworfen und gehen in südlicher und südöstlicher Richtung zurück. Der erstrebte Brückenkopf am Paßausgang in der Linie Valari - Turcinesti - Höhen östlich von Curtisoara - Barcaciu wird erreicht. Der Vormarsch in die Walachei kann am nächsten Tage beginnen. Der Durchbruch war im wesentlichen von zwei Divisionen, der 41. und der 109., erkämpft, Söhnen der norddeutschen Tiefebene, Westpreußen und Pommern, die mit Staunen die gewaltigen Berge erblickt hatten, die sich aber auch mit ihnen abgefunden und den Ruhm des deutschen Soldaten über sie hinweggetragen hatten. Hinter ihnen standen noch zwei schwache Divisionen in Reserve bereit, die 11. bayerische mit ihrer Masse hinter der Mitte, mit Teilen hinter dem rechten Flügel der 41., die 301. hinter dem linken Flügel der 109. Und unter der Führung des Generals Grafen Schmettow schickten sich zwei Kavallerie-Divisionen mit zusammen zwölf deutschen Reiter-Regimentern zum Einbruch in die Walachei an. Die Verfolgung des geschlagenen Feindes wurde vom General Kühne noch am 14. November eingeleitet, wobei ein Panzerwagen des Kavallerie-Korps, an der Straße nach Targu Jiu vorfahrend, zwei rumänische Kompagnien vollkommen zusammenschoß.

Für die weiteren Operationen in die Walachei hinein ordnete der Oberbefehlshaber an, das LIV. Armeekorps habe dem Feinde in allgemein südöstlicher Richtung nachzudrängen und zunächst die Linie Rogojani - Calugareasa mit starkem rechten Flügel und tiefer Staffelung rechts zu gewinnen; das Kavallerie-Korps sollte zu überholender Verfolgung antreten, mit Filiasu als nächstem Ziel. Als weitere Aufgabe wurde ihm vorgeschrieben, dem vor dem LIV. Korps zurückgehenden Feinde den Rückzug zu verlegen und bei Widerstand des Feindes umfassend einzugreifen.

[637] Bei den anderen Gruppen der 9. Armee hatte man, dem Befehl vom 10. November entsprechend, gleichfalls die Kraftanstrengungen erhöht. Bei Orsova war die vom Heeresfront-Kommando dorthin verwiesene deutsche Radfahr-Brigade eingetroffen. Oberst v. Szivo schritt am 11. November befehlsgemäß zum Angriff. Die rumänischen Stellungen westlich Orsova wurden erstürmt und die Stadt zum größten Teil genommen. Auch an den beiden nächsten Tagen wurden noch Fortschritte gemacht und das westliche Cserna-Ufer von den Rumänen gesäubert. Dann aber war die Stoßkraft der Gruppe wieder zu Ende. Die Rumänen standen in gut ausgebauten Stellungen auf dem Ostufer der Cserna; zum Angriff über den Fluß hinüber reichte die Kraft der Gruppe des Obersten v. Szivo nicht aus.

Im Alt-Gebiet begegnete sich der fortschreitende Angriff der Gruppe Krafft mit rumänischen Gegenstößen, die sich in den Tagen des 11. und 12 November namentlich gegen den Monte Fruntu richteten.7 Sie brachten den Rumänen keine Erfolge, kosteten ihnen aber viel Blut und Gefangene. Während diese rumänischen Vorstöße abgewehrt wurden, machten Teile des Alpenkorps Fortschritte am Monte Cozia, am 13. November wurde auch beiderseits des Monte Toaca Gelände gewonnen, und am nächsten Tage fiel der beiderseits umfaßte Bergstock in die Hand des tapferen Angreifers. Diese Fortschritte der Gruppe Krafft auf dem östlichen Alt-Ufer machten die rumänischen Stellungen westlich des Flusses, die noch weit nach Norden vorgeschoben waren, unhaltbar. Die Rumänen begannen zu weichen, die 10. österreichische Gebirgs-Brigade drängte nach und gelangte am 14. November bis auf die Höhen am Nordufer des Lotru-Baches. In den Tagen vom 11. bis 14. November hatte die Gruppe Krafft bei diesen Kämpfen den Rumänen 2700 Gefangene abgenommen. Die Erfolge waren dem geschickten, umfassenden Ansetzen der einzelnen Abteilungen zu danken gewesen.

Südlich Kronstadt hatte das I. Reservekorps noch einige Fortschritte gemacht; das XXXIX. war nach den verzehrenden Kämpfen der vorhergehenden Zeit mit Umgruppierung seiner Kräfte beschäftigt, und bei der 89. Infanterie-Division hatte sich die Lage nicht wesentlich geändert. Die Ojtoz-Gruppe hatte das Heeresfront-Kommando am 12. November wieder von der 1. österreichischen Armee zur 9. übertreten lassen. Die Rumänen gingen hier zum Angriff vor, errangen auch einige Fortschritte, so daß das Oberkommando der 9. Armee die einzige Reserve, über die es noch verfügte, zwei bei Kronstadt stehende Landsturm-Bataillone, der Ojtoz-Gruppe überweisen mußte.

Die Absicht des Oberbefehlshabers der 9. Armee, den Durchstoß durch die Transylvanischen Alpen am Szurduk zu erzwingen, die auch die Billigung der deutschen Obersten Heeresleitung gefunden hatte, war durchgeführt. Damit hatte sich die Gesamtlage am Nordrande der Walachei um die Mitte des November folgendermaßen gestaltet.

[638] Südlich Kronstadt standen die 89. Infanterie-Division, das XXXIX. und I. Reservekorps in währendem Gebirgskampfe, ohne daß vorläufig auf einen durchschlagenden Erfolg zu rechnen war. Am Alt hatte die Gruppe Krafft in den letzten Wochen bedeutende Vorteile erkämpft. Östlich des Flußtales war sie bis zu den Gipfeln des Monte Fruntu, des Toaca und des Cozia gelangt; damit war auch der Feind westlich des Tales locker gemacht worden, und man hatte bis zum Lotru-Abschnitte vordringen können. Aber noch steckte die Gruppe tief im Gebirge und neue starke, von den Rumänen besetzte und befestigte Riegel waren zu überwinden, wenn auch die hohen Gefangenenzahlen der letzten Tage auf ein Sinken der Moral der Rumänen schließen ließ. Dagegen hatte im Szurduk-Gebiet die Gruppe Kühne und mit ihr das Kavallerie-Korps Schmettow den Gebirgswall durchquert; das Hügelland, das den Übergang vom Hochgebirge zur Ebene bildete, war erreicht. Die Verhältnisse bei Orsova blieben nach wie vor von nebensächlicher Bedeutung. Das Armee-Oberkommando der 9. Armee hatte nach seiner Erfahrung dort keine besonderen Erwartungen gehegt, und die Hoffnungen, die das Heeresfront-Kommando des Erzherzog Karl mit dem Einsatz der deutschen Radfahrer-Brigade verbunden hatte, waren nicht erfüllt worden. Man stand nach Säuberung des westlichen Cserna-Ufers dem Feinde nach wie vor gegenüber. Freilich wurde die Lage insofern eigentümlich, als die dort noch stehenden Rumänen, eine ganze Division, beim Fortgang der Operationen vom Szurduk-Ausgang in die Walachei hinein, im Rücken der Verbündeten blieben. Teile der rumänischen Orsova-Gruppe hatten ja bereits versucht, ihren bedrängten Kameraden zu Hilfe zu kommen und waren in der Gegend von Valari in die rechte Flanke des Angreifers gestoßen, ohne ihn freilich aufhalten zu können. Im übrigen hatten die Rumänen immer neue Kräfte gegen den südlich Kronstadt mit dem Einbruch drohenden Feind herangeführt, in letzter Zeit auch nach dem Argesch- und Alt-Gebiet. Diese Kräfte waren größtenteils aus der Moldau gekommen, wo die Nordarmee allmählich durch russische Divisionen abgelöst wurde. Nunmehr mußte das Armee-Oberkommando der 9. Armee damit rechnen, daß der rumänischen Heeresleitung klar geworden war, daß die größte Gefahr nicht mehr auf der kürzesten Einbruchslinie von Kronstadt auf Bukarest drohte, sondern aus dem Jiul-Gebiet, und daß sie demgemäß alles daransetzen werde, den Widerstand dort neu zu organisieren.

Wie die Operationen deutscherseits bei dieser Lage weiterzuführen waren, darüber konnte kein Zweifel bestehen. Nachdem einmal der Gebirgswall an einer Stelle durchbrochen war, mußte in rücksichtslosem Vorgehen den noch in den Bergen stehenden Gruppen der Weg geöffnet werden. Dazu hatte die Gruppe Kühne nach Südosten einzudrehen und, von Westen nach Osten vorgehend, die rumänische Gebirgsverteidigung von der Flanke her aufzurollen. So war man sich beim Oberkommando der 9. Armee auch klar darüber, daß die 115. Infanterie-Division, deren Heranführen die Oberste Heeresleitung am 11. November [639] in Aussicht gestellt hatte, bei der Gruppe Kühne zu verwenden war, um deren Druck zu erhöhen. Die Division begann am 15. November mit ihren Ausladungen bei Petroseny. Wenn auch die Gruppe Kühne die stärkste der Armeegruppen geworden war, so war doch, um die Offensive in Fluß zu halten und sie nicht versiegen zu lassen, erforderlich, daß wenigstens auch die Gruppe Krafft bald den Austritt aus dem Gebirge erreichte. Daher ging das Bestreben des Armee-Oberkommandos dahin, die Gruppe Kühne baldigst in die Front nach Südosten zu bekommen, damit sie so einen Druck auf die Flanke des der Gruppe Krafft gegenüber stehenden Feindes ausübte. Diesem Gedankengange trug der Befehl vom 14. November Rechnung. Um die Verhältnisse bei Orsova konnte man sich hierbei nicht kümmern; daß dort im Rücken der Gruppe Kühne der Feind verblieb, und kein ganz schwacher Feind, das mußte in Kauf genommen werden. Kräfte, die man dorthin hätte abzweigen können, waren nicht verfügbar, nachdem gegen die Absicht des Armee-Oberkommandos die deutsche Radfahr-Brigade vor der Front festgelegt war.


3 [1/631]S. Skizze 27, Seite 625. ...zurück...

4 [1/632]S. Skizze 28, Seite 629. ...zurück...

5 [1/634]S. Skizze 27, Seite 625. ...zurück...

6 [2/634]S. Skizze 28, Seite 629. ...zurück...

7 [1/637]S. Skizze 27, Seite 625. ...zurück...


Der Weltkampf um Ehre und Recht.
Die Erforschung des Krieges in seiner wahren Begebenheit,
auf amtlichen Urkunden und Akten beruhend.
Hg. von Exzellenz Generalleutnant Max Schwarte