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Bd. 2: Der deutsche Landkrieg, Zweiter Teil:
Vom Frühjahr 1915 bis zum Winter 1916/1917

Kapitel 9: Der Feldzug gegen Rumänien   (Forts.)
Oberst Rudolf Frantz

3. Der Dobrudscha-Feldzug Mackensens.

Noch am Tage der rumänischen Kriegserklärung, am 27. August, war eine Weisung des Chefs des Feldheeres, Generals v. Falkenhayn, an den Feldmarschall v. Mackensen ergangen, "den Oberbefehl in Nordbulgarien zu übernehmen und den Schlag in der Dobrudscha möglichst schnell zu führen". Die Streitkräfte, die zur Verfügung standen, waren: Die 3. bulgarische Armee, bestehend aus der 1. und 4. bulgarischen Division, zu der noch die 6. treten sollte, [593] sowie der 1. bulgarischen Kavallerie-Division; die Festungsbesatzung Varna; das Detachement Kaufmann, bestehend aus einigen bulgarischen Bataillonen, dem I. Bataillon des deutschen Infanterie-Regiments 21, dem deutschen Landsturm-Regiment 115, dem Ulanen-Regiment 6 und etwas Artillerie; die österreichische Donau-Flottille, einige österreichische Batterien und Pionier-Kompagnien. Für den Donau-Schutz war außerdem aus Landsturm die 12. bulgarische Division in der Bildung begriffen; das deutsche Infanterie-Regiment Nr. 45 mit etwas Artillerie sollte von Mazedonien herangeführt werden, das VI. türkische Armeekorps, bestehend aus der 15. und 25. Division, von Adrianopel und Konstantinopel.

Am 28. August übernahm der Feldmarschall den Befehl über die buntgemischte Streitmacht. An diesem Tage hatten die Rumänen durch Beschießen von Rustschuk die Feindseligkeiten eröffnet. Der Feldmarschall ordnete zunächst die Wegnahme von Tutrakan und Silistria durch die 3. bulgarische Armee an und verlegte am 31. August sein Hauptquartier nach Trnova. Indessen war Feldmarschall v. Hindenburg an die Spitze der Obersten Heeresleitung getreten, und von ihm langte am 1. September ein Telegramm an, das besagte, "daß sich die Versammlung der deutsch-österreichisch-ungarischen Kräfte in Siebenbürgen bis in die zweite Septemberhälfte hinziehen werde; Aufgabe des Feldmarschalls Mackensen sei es, unter Sicherung der Donau-Linie durch Einbruch in die Dobrudscha feindliche Kräfte auf sich zu ziehen und zu schlagen."

In der Nacht vom 1. zum 2. September überschritt die 3. bulgarische Armee die Grenze; ihr linker Flügel, die 4. Infanterie-Division, der sich das Detachement Kaufmann angeschlossen hatte, wandte sich längs der Donau auf Tutrakan; rechts anschließend gingen die 1. Infanterie-Division und die 1. Kavallerie-Division vor; der rechte Flügel, der aus den inzwischen eingetroffenen Teilen der 6. bulgarischen Division bestand, nahm die Richtung auf Dobric. Den Befehl über die im Donau-Schutz verbleibenden Kräfte, die 12. bulgarische Division und die schwachen deutschen und österreichischen Abteilungen übernahm in Plevna das vom westlichen Kriegsschauplatz entsandte deutsche Generalkommando Nr. L II, unter General Kosch, dem am 3. September vom Feldmarschall Mackensen als Aufgaben zugewiesen wurden: Sicherung der Donau-Linie und Vorbereitung des Übergangs.

Die Offensive in die Dobrudscha hinein brachte überraschende Erfolge. Am 4. September wurde die alte Bulgarenstadt Dobric nach leichten Kämpfen genommen. Der Jubel der Bevölkerung begrüßte die einziehende 6. bulgarische Division, die sich auf den Höhen nördlich und nordöstlich von der Stadt festsetzte und hier an den folgenden drei Tagen heftige, von Rumänen, Russen und Serben geführte Gegenangriffe abwies. In diesen Tagen erfüllte sich auch das Schicksal Tutrakans. Bereits am 5. September befand sich durch Überfall der größte Teil der Forts in den Händen der Deutschen und Bulgaren, und am 6. September wurde die Stadt selbst genommen, wobei sich das I. Bataillon des deutschen [594] Infanterie-Regiments 21 besonders hervortat. 28 000 Gefangene und mehr als 100 Geschütze fielen in die Hand der Sieger. Drei Tage später, am 9. September, wurde auch Silistria im Handstreich erobert. Unter dem Befehl des Kommandeurs des inzwischen eingetroffenen Infanterie-Regiments Nr. 45, Obersten Bode, wurden die deutschen Kräfte als Brigade Bode zusammengefaßt.

Diese Erfolge verfehlten nicht ihre Wirkung auf die rumänische Nordfront. Das Gros der bei der 2. Armee eingeteilten 5. rumänischen Division rollte mit der Eisenbahn nach der Dobrudscha; mancherlei Reibungen in der Transportbewegung waren die Folge.

Die Brigade Bode blieb von Silistria aus im Vorgehen längs der Donau, bis sie am 15. September südlich Rasova auf eine stark ausgebaute und besetzte feindliche Stellung stieß. Rechts von der Brigade Bode hatte der linke Flügel der 3. bulgarischen Armee die Richtung nach Osten eingeschlagen, die 6. Division von Dobric her nach Norden. Die gegenüberstehende rumänische 3. Armee, die von General Aslan befehligt wurde, wich nach tapferem Widerstande und vergeblichen Offensivstößen allmählich in die Linie Cobadinu - Topraisar aus, wo sie in einer seit langem mit allen Mitteln stark ausgebauten Stellung Halt fand. Ein Versuch, im Nachstoßen diese Stellung gewaltsam zu nehmen, glückte nicht. Ehe zum entscheidenden Angriff geschritten werden konnte, bedurfte es umfassender Vorbereitungen, so daß es hier zunächst zu einem Stillstande kam, während in Constanza russische Verstärkungen landeten.

Um die Wende September/Oktober kam es noch im Rücken der 3. bulgarischen Armee zu einem besonderen Ereignis. Am 30. September setzten plötzlich bei Rahova zwischen Rustschuk und Tutrakan rumänische Kräfte über die Donau; es wurden allmählich zwei bis drei Brigaden, die sich gegen Rustschuk und Tutrakan wandten. Schnelles Zugreifen war nötig, wenn Unheil verhütet werden sollte. Rasch zusammengeraffte Kräfte des Donau-Schutzes Generals Kosch schlugen die auf Rustschuk vorgehenden rumänischen Kräfte zurück; die österreichische Donau-Flottille zerstörte am 3. Oktober die Brücke. Der Donau-Schutz, bei ihm einige eben eintreffende deutsche Jäger-Bataillone, trieb die Rumänen an der Übergangsstelle vorbei bulgarischen Kräften entgegen, die von Tutrakan nach Westen eilten. Nur geringen Teilen der Rumänen gelang es, auf das nördliche Donau-Ufer zu entkommen, der Rest wurde vernichtet. So endete dieses kühne Abenteuer.

Inzwischen war es in Siebenbürgen zu entscheidenden Schlägen gekommen.

Der Weltkampf um Ehre und Recht.
Die Erforschung des Krieges in seiner wahren Begebenheit,
auf amtlichen Urkunden und Akten beruhend.
Hg. von Exzellenz Generalleutnant Max Schwarte