Bd. 2: Der deutsche Landkrieg, Zweiter Teil:
Vom Frühjahr 1915 bis zum Winter 1916/1917
[481]
Kapitel 8: Die Abwehrkämpfe im Westen
1915
Generalleutnant William Balck
1. Der Angriff auf Verdun.1
Entschluß zum Angriff.
Die französische Armee auf den Höhen des rechten
Maas-Ufers bei Verdun2 bedrohte das für Deutschlands
Munitionsherstellung wichtige Erzbecken von Briey, gefährdete die
Querverbindung
Metz - Montmédy - Charleville und zwang die
deutsche Heeresleitung, hier stärkere Kräfte festzulegen. So hatte
sich bereits im August 1914 die Bedeutung von Verdun durch ein Vorgehen der
Franzosen gegen die linke Flanke der 5. Armee empfindlich geltend gemacht; in
Weiterführung der Kämpfe war es Bayern und Preußen
gelungen, St. Mihiel an der Maas zu nehmen und die Verteidigungskraft
von Fort Troyon zu lähmen. Diese ersten Erfolge konnten jedoch nicht
weiter ausgenutzt werden. Angriffspläne im Oktober 1914 auf beiden
Maas-Ufern zur Einkesselung des französischen Heeres um Verdun
mußten infolge der Ansprüche des
Yser-Abschnitts und des östlichen Kriegstheaters zurückgestellt
werden. Vor allem fehlte es an Munition, so daß die Gefahr vorlag,
daß der Angriff nach erfolgreicher Einleitung in der Fortslinie
steckenbleiben würde. Zudem standen sich im Großen Hauptquartier
die Ansichten des Generals der Fußartillerie, der trotz des
Munitionsmangels zum Beginn des Angriffs riet, und des Generals der Pioniere,
der die Notwendigkeit eines belagerungsmäßigen Angriffs betonte,
gegenüber.
Am 1. April 1915 wurden als Grundlagen für den Angriff auf Verdun die
bisherigen Vorarbeiten bezeichnet; nach ihnen sollte die Gruppe
v. Gündel (V. Reservekorps) mit 4 Divisionen die Nordostfront, die
Gruppe v. Goßler (VI. Reservekorps) mit 3 Divisionen die
Nordwestfront von Verdun gleichzeitig unter gegenseitiger Flankierungshilfe
angreifen; jede Division zu 3 Regimentern in einer Angriffsbreite von 2,5 bis
3 km. Die Bearbeitung der Angriffsentwürfe sollte nach Bedarf von
den Korps durch das Armee-Oberkommando 5 eingefordert [482] werden. Doch scheint
eine Bearbeitung nicht erfolgt zu sein. Der endgültige Entschluß,
Verdun anzugreifen, war in einer Besprechung zwischen dem Chef des Stabes der
5. Armee (Generalleutnant Schmidt v. Knobelsdorf) und dem Chef des
Generalstabes des Feldheeres (General v. Falkenhayn) im Dezember 1915
entstanden, wobei der Wunsch des
Armee-Oberkommandos 5, den Angriff gleichzeitig auf beiden
Maas-Ufern zu führen, ausgeschaltet wurde. Der Forderung des
Kronprinzen, einige Divisionen in zweiter Linie folgen zu lassen, wurde
zugestimmt, "die erforderlichen Reserven würden rechtzeitig von der
Obersten Heeresleitung nachgeführt werden, man wolle nicht sofort so
viele Truppen gleichzeitig im Angriffsraum unterbringen, um die Aufmerksamkeit
der Franzosen nicht herauszufordern."3
Auf Grund dieser Mitteilungen ist dann der Angriffsentwurf des
Armee-Oberkommandos 5 vom 4. Januar 1916 nur auf das Ostufer der Maas
beschränkt geblieben. Der General v. Falkenhayn glaubte nicht an
die Möglichkeit eines deutschen Durchbruchs an der Westfront, war aber
der Ansicht, daß der Feind eine solche Bedeutung der Festung Verdun
beimessen müsse, daß er dem Kampfe nicht ausweichen
könne, daß er schließlich zur Rettung des Platzes alle
verfügbaren Kräfte einsetzen würde; so hoffte die deutsche
Führung, daß die französische Armee, deren
Ersatzmöglichkeiten sichtlich unterschätzt wurden, in dem Ringen
um Verdun zum Verbluten gebracht werden könne. Nicht
berücksichtigt wurden die Einwirkung auf die deutschen Ersatzquellen,
dann die Gefahr, mit unzureichenden Mitteln in halbe Maßnahmen zu
geraten. "Es war aber doch zu beachten, daß es eine große moralische
Wirkung haben würde, wenn der Angriff ein Fehlschlag würde. Ob
wir nicht auch selbst verbluten würden, mußte auch fraglich bleiben.
Mit möglichst geringem eigenen Aufwand an Menschen dem Feinde
möglichst großen Schaden zuzufügen, führt im Kriege
selten zu entscheidenden Erfolgen."4 An der Unterschätzung der
Hilfsquellen Frankreichs scheiterte der
Verdun-Angriff. General v. Falkenhayn wollte die französischen
Reserven auf das Schlachtfeld von Verdun ziehen, hatte also kein Interesse daran,
Verdun gegen das Innere Frankreichs abzuschließen. Die Festung wurde
somit, ebenso wie im Krimkriege Sebastopol, nicht eingeschlossen. Dieselben
Erscheinungen wie dort kehrten auch an der Maas wieder. Die 5. Armee wollte in
ihren ersten Entwürfen Verdun nehmen, während die Oberste
Heeresleitung, wie erwähnt, mit anderen Absichten den Angriff einleitete.
Mit diesem Zwiespalt in den Anschauungen hängt auch vielleicht
zusammen, daß in dem Befehl für den Angriff die Angriffsabsicht
gegen die Festung mit dem Willen, die feindliche Stellung zu nehmen, nicht klar
und deutlich ausgesprochen wurde, sondern zu einer gewaltsamen Erkundung
abgeschwächt wurde, was dazu führte, daß das [483] XVIII. Reservekorps
den gut fortschreitenden Angriff abbrach und sich nur auf eine Erkundung
beschränkte.5
Der ständig ausgebauten französischen Nordfront östlich der
Maas war im Dezember 1915 eine 8 bis 10 km tiefe Zone
feldmäßiger Befestigungen vorgelagert, deren Stärke für
die deutschen Angriffsvorbereitungen maßgebend sein mußte. Die
Franzosen waren mit ihren vorgeschobenen Stellungen weit über das
hinausgegangen, was nach der Denkschrift über Verdun von 1914
deutscherseits anzunehmen war, und auch weit über das, was von ihnen
noch im Herbst 1914 beabsichtigt wurde. Bis in die Linie
Louvemont - Bezonveaux war der Verteidiger Ende 1914 mit
einigen, unter sich nicht zusammenhängenden Gruppenbefestigungen
vorgegangen, darüber hinaus nur mit vereinzelten, zusammenhanglosen
Anlagen für örtliche Zwecke. Ende Januar 1915 hatten jedoch die
Franzosen mit ihren "positions avancées" die Linie erreicht,
welche als ihre vorderste dem deutschen Angriff sich entgegenstemmen sollte. Sie
zog sich von Brabant durch den Wald von Consenvoye, am Nordrand des Waldes
von Haumont, des Bois des Caures, Bois de Ville, am
Nord- und Ostrand des Herbébois über Ornes, Maucourt und
Mogeville hin, sich in südöstlicher Richtung durch die
Woëvre-Ebene fortsetzend. Erkundungen hatten das Bild dahin
vervollständigt, daß sich zwischen dieser vordersten Linie und den
zusammenhängend ausgebauten Stellungen
Samogneux - Ornes - Maucourt,
Vacherauville - Louvemont - Bezonveaux, Cote de froide
Terre - Douaumont - Fort de Vaux, Fort de
Belleville - Fort de Souville - Fort de Moulainville eine
die ganze Tiefenzone bedeckende Geländebefestigung befand.
Wenn auch die Linienführung der feindlichen Stellungen durch
Fliegeraufnahmen bekannt war, so fehlte doch im Dezember 1915 noch eine
genaue Kenntnis über Ausbau, Art und Stärke der Hindernisse,
Flankierungsanlagen usw.; daher wurde eine erhöhte
Patrouillentätigkeit zur Aufklärung angeordnet. Die Franzosen hatten
mehr als ein Jahr Zeit gehabt, ihre Anlagen auszubauen. Es war also anzunehmen,
daß die zahlreichen, dem Angreifer immer wieder Halt gebietenden
Stellungen von bedeutender Stärke für Waffenwirkung und Deckung
sein würden.
Wie später zu ersehen sein wird, hatte sich die deutsche Führung
über den materiellen Wert der französischen Feldbefestigungen
getäuscht. Fliegerbilder hatten zur Überschätzung von
Stärke und Ausbau der Stellungen geführt. So waren die Anlagen im Bois d'Haumont mit dem sogenannten "Kernwerk" tatsächlich recht
schwach. Die Profile der Schützengräben waren so klein, daß
sie nicht hinreichende Deckung boten; zum Teil standen die Gräben voll
Wasser. [484] An
Verbindungsgräben mangelte es. Unterstände nach deutschen
Begriffen waren nicht vorhanden, sondern nur leicht eingedeckte Unterschlupfe,
welche dem geringsten Kaliber erlagen. Auch der Hindernisbau war
unzureichend. Das Dorf Haumont hatte einige betonierte Unterstände,
welche dem deutschen Artilleriefeuer nicht standgehalten haben. Im Bois des
Caures lagen die Stellungen des Wassers wegen zum Teil hoch über der
Erde, hatten viele Holzeinbauten, keinen Beton, nur einzelne minierte Stollen. Im
besonderen fiel überall die Schwäche der Grabenprofile und
Hindernisse, der Mangel an schußsicherer Unterkunft und die
Unwohnlichkeit und die der französischen Lebenshaltung entsprechende
Verschmutzung der vorhandenen leichten Eindeckungen auf. Das sich auf
Wahrnehmungen aus dem gesamten befestigten Gelände stützende
Urteil ist dahin zusammen zu fassen, daß die Feldbefestigung der Franzosen
im Entwurf recht geschickt, in der Ausführung aber mangelhaft war. Von
diesem tatsächlichen Zustand hatte das
Armee-Oberkommando 5 während der Vorbereitung zur Offensive keine
Kenntnis und sorgte daher für die Ausrüstung der Angriffstruppen
zum Bestehen schwerster Nahkämpfe gegen taktisch und technisch
stärkste Stellungen.
Für den Angriff auf ständige Festungswerke wurden besondere
Gesichtspunkte, welche für die pioniertechnischen Vorbereitungen
bestimmend gewesen wären, vor Beginn der Offensive nicht gegeben; man
rechnete im Angriffsentwurf des
Armee-Oberkommandos 5 vom 4. Januar 1916 mit einem vermöge
erdrückender Gewalt der Artillerie in beschleunigtem Verfahren ohne
Unterbrechung durchzuführenden Einbruch und Durchbruch der Infanterie
durch die Befestigungsanlagen zunächst bis zur Linie
Louvemont - Bezonveaux und ließ die Frage des Angriffs auf
die ständigen Werke unerörtert. Die etwa erforderlich werdenden
besonderen technischen Hilfsmittel (wie Brandröhren, Sturmleitern
u. a. m.) waren in den
Pionier-Belagerungstrains fürs erste auskömmlich vorhanden oder
konnten im Bedarfsfall herangezogen, vermehrt und ersetzt werden. Über
den Ausbau der Forts, Zwischenwerke, Innenräume, Batterien lagen in den
Ergänzungen zu der Denkschrift über Verdun von 1914 ausreichende
Angaben vor. Wie die Kampflage nach Überwinden der vorgeschobenen
Befestigungen sein würde, ließ sich noch nicht voraussehen, da der
Angriff auf Verdun, was Einsatz, Angriffsmittel und materielle Stärke der
Verteidigung betraf, im bisherigen Feldzuge keinen Vorgang hatte.
Gegen Ende des Jahres 1915 standen von der 5. Armee von den Argonnen bis zur
Maas die 2. Landwehr-Division, das XVI. Armeekorps (General der Infanterie
v. Mudra), das VI. Reservekorps (General der Infanterie
v. Goßler), dann östlich der Maas das V. Reservekorps
(General der Infanterie v. Gündell) und das XV. Armeekorps
(General der Infanterie v. Deimling) links anschließend an die
Armee-Abteilung des Generals der Infanterie v. Strantz. Geplant war es,
zunächst den Angriff durch den General v. Gündell zu
führen, der ver- [485] stärkt werden
sollte durch das VII. Reservekorps (General der Infanterie v. Zwehl),
XVIII. Armeekorps (General der Infanterie v. Schenck) und III.
Armeekorps (General der Infanterie v. Lochow). Der gegen die
Nordostbefestigungen von Verdun zu richtende Hauptangriff sollte "nach einem
neuen Grundsatz" als ein Keil über Ornes mit abhängenden
Flügeln vordringen, so daß in dem Bogen zahlreiche Artillerie zur
Flankierung nach beiden Seiten Platz finden könnte. Dann sollte unter
Heranziehen eines weiteren Armeekorps der Angriff aus der
Woëvre-Ebene gegen die Ostfront bis nach Herméville folgen,
ebenso ein Vorgehen zwischen Argonnen und Maas. Die Gleichzeitigkeit dieser
Unternehmungen war ausgeschlossen, weil der Bestand an schwerer Artillerie
hierzu nicht ausreichte.
Über die Art des Angriffs ergingen zunächst, um die Geheimhaltung
zu erleichtern, nur mündliche Befehle. Aber noch vor Ablauf des Monats
war die Angriffsabsicht schon bekannt und bald auch durch
Überläufer dem Feinde verraten worden, so daß dieser sich ein
Bild von dem geplanten Angriff machen konnte, dennoch aber nicht die
nötigen Folgerungen zog. Scheinunternehmungen auf der Belforter Front,
vom 4. Februar ab Grenzsperre gegen die Schweiz, sowie auffälliges
Erscheinen des Kronprinzen in der Gegend von Mühlhausen, das bald
genug Schweizer Zeitungen berichteten, lenkten die Aufmerksamkeit von dem
bedrohten Verdun mit Erfolg auf Belfort ab. Die deutschen Divisionen im
Oberelsaß meldeten beim Feinde verstärkten Zugverkehr. Die
Täuschungen begannen zu wirken. Am 23. Dezember 1915 wurde der
Hartmannsweiler Kopf durch eine
Landwehr-Brigade erobert. Am 8. Januar wurde der Hirzstein von deutschen
Truppen wieder genommen. Vom 26. Dezember ab übernahm das
Armee-Oberkommando 5 die Leitung der Operationen gegen Verdun,
während das V. Reservekorps weiter die Vorbereitung des Angriffs behielt.
Dieser war als ein auf Überraschung beruhender abgekürzter Angriff
gedacht, während der General der Pioniere vom
Armee-Oberkommando 5 (General Kaempffer) vor einer Verallgemeinerung der
artilleristischen Erfahrungen von Lüttich, Namur, Maubeuge und
Antwerpen gegen einen Waffenplatz von der Bedeutung und Stärke
Verduns warnte, um so mehr, da die Zeit der eigenen Vorbereitung nur auf sechs
Wochen bemessen werden konnte, während in der ganzen Kriegszeit von
den Franzosen an der Vervollkommnung der Festung dauernd gearbeitet war.
General Kaempffer wies darauf hin, daß gerade aus diesem Grunde eine
Einschließung der Festung unbedingt erforderlich sei. Geschah dies nicht,
so würde die Lage des Angreifers wesentlich erschwert werden, "der
Verteidiger behält dabei die Freiheit, die Festungsbesatzung, Munition und
sonstige Vorräte nach Bedarf zu verstärken und schließlich die
Besatzung bei drohendem Verlust der Festung in Sicherheit zu bringen. Er wird,
wenn er nicht auf anderen Fronten Frankreichs gleichzeitig angegriffen wird, auf
Verteidigungskräfte in fast unbegrenzter Stärke rechnen
können".
|
[486] Es blieb aber bei dem
von der Obersten Heeresleitung geplanten rein frontalen
Angriff. - Das V. Reservekorps, welches in 38 km Breite entwickelt
war und dem auch die Arbeitskräfte des VII. Reservekorps
überwiesen waren, sollte die Vorbereitungen ausführen und gegen
die Festung schützen. Die französischen Truppen um Verdun6 unterstanden dem General Langle de
Cary (2. Armee). Es waren das V. Armeekorps7 (Korps-Hauptquartier Clermont mit der
125., 9. und 10. Infanterie-Division), das IV. Armeekorps
(Korps-Hauptquartier Hans mit der 124., 7. und 8.
Infanterie-Division), das X. Armeekorps
(Korps-Hauptquartier La Neuville au Pont mit der 19., 20. und 131.
Infanterie-Division), dann die 72.
Reserve- und 106. Territorial-Division. Der Führer der 72.
Reserve-Division, General Coutonceau, war auch gleichzeitig Gouverneur von
Verdun.
Auf dem rechten Maas-Ufer waren die Stellungen des V. Reservekorps in
38 km Front seit dem Januar 1915 näher an den Feind
herangeschoben. Es standen die verstärkte 77.
Infanterie-Brigade von der Maas südlich Consenvoye bis an Ville devant
Chaumont, dann folgte die 10.
Reserve-Division über Azannes, Bois des Hayes auf 150 bis 1200 m
vom Feinde und schließlich die 9.
Reserve-Division in der Linie östlich des Bois Hayes bis östlich
Warcq. In jedem der drei Abschnitte (13 km) standen zwei
Infanterie-Regimenter, so daß der Ausbau der Stellung nur recht geringe
Fortschritte machen konnte. Bau der Hindernisse und Unterstände war den
Pionieren zugefallen. Auch das
Eisenbahn- und Förderbahnnetz war noch sehr zurück; die Wege
waren meist in einem trostlosen Zustande. In der Linie des V. Reservekorps sollte
die Sturmstellung der drei zum Angriff bestimmten Korps liegen. Da für
jede Division 2,5 bis 3 km Frontbreite gerechnet wurden, das
Armee-Oberkommando die Angriffstruppen nach Möglichkeit der
Feuerwirkung vom jenseitigen Ufer zu entziehen wünschte und hoffte,
daß die Einnahme des Forts Douaumont auch bald den Fall der Festung
nach sich ziehen würde, so wurde als Sturmstellung nur das Stück
vom Bois d'Ormont bis zum Cap de bonne Espérance gewählt. In
der endgültig gewählten Ausgangsstellung zum Sturm waren die
Abschnitte für die Angriffskorps nach Maßgabe des Geländes
zu bestimmen und ergaben sich durch Anhalt an die deutlich erkennbaren und
leicht innezuhaltenden Linien und Punkte auf Höhen, in Tälern, an
Waldrändern usw., welche die gegenüberliegenden feindlichen
Stellungen begrenzten. Das Erreichen einer Linie, etwa 4 km südlich
der Ausgangsstellung von dem Wegekreuz 2 km nordöstlich Brabant
über Haumont, Beaumont, Südrand Herbébois schien als
erstes Angriffsziel geeignet; war diese Linie genommen, dann sollte die Artillerie
einen Stellungs- [487] wechsel
ausführen. Das Durchstürmen tiefer Wälder mit zahlreichen
Verhauen und Befestigungsanlagen wurde gefordert; dazu bedurfte die Truppe
einer entsprechenden Ausrüstung, die durch die pioniertechnischen
Vorbereitungen sicherzustellen war. Es wurden (vom 27. Dezember 1915)
bezeichnet:
Abschnitt A von der Maas bis zur Kirche von Flabas und Westrand von
Moirey. Das Gelände zwischen Maas und dem Westrand von Ormont
wurde als Außenabschnitt der verstärkten 77.
Infanterie-Brigade bezeichnet. Pionierhauptpark in Etraye.
Abschnitt B, anschließend bis ausschließlich der
Straße Vacherauville - Ville devant
Chaumont - Ostrand des Bois Montaubé. Pionierhauptpark
in Romagne.
Abschnitt C, daran anschließend; linke Grenze der 10.
Reserve-Division östlich des Bois
d'Hayes - Epina Ferme, Pionierhauptpark in Sorel Ferme (Ostrand
des Bois d'Hingry südlich sous Mangiennes).
Abschnitt D entsprach dem bisherigen Abschnitt der 9.
Reserve-Division. Pionierhauptpark bei Baroncourt.
Jede Division sollte ein Pionier-Bataillon, jedes Bataillon erster Linie eine
Pionier-Kompagnie erhalten. Hierzu kamen noch die Parktruppen. Es sollte
überwiesen werden: 3
Pionier-Regiments-, 19 -Bataillonsstabe und
57 -Kompagnien. Begründet wurde dieser Antrag damit, daß
die geplante schnelle Durchführung des Angriffs eine starke Ausstattung
der Infanterie-Verbände mit Pionieren erforderlich machte. Die
beschleunigt zu treffenden Vorbereitungern für die Unterbringung der
großen Truppenmassen, die Vorbereitung für die wahrscheinlich
zahlreichen und sich schnell folgenden Angriffe in schwierigem, gut ausgebautem
Kampfgelände, die Beteiligung an der Durchführung des Angriffs
und die sofortige Sicherung des Gewonnenen ließen die Heranziehung
zahlreicher Pionier-Formationen unabweislich erscheinen. Die Zahl konnte
indessen nicht in der gewünschten Höhe bereitgestellt werden.
Die gesamte Zuweisung von Pionier-Formationen an die drei Angriffskorps in den
Abschnitten A, B, C für den 1. Sturm zeigt die nachfolgende
Zusammenstellung:
Verstärkte
77. Infanterie-
Brigade |
|
VII. Reservekorps |
|
XVIII. Armeekorps |
|
III. Armeekorps |
14. Reserve-
Division |
|
13. Reserve-
Division |
25. Infanterie-
Division |
|
21. Infanterie-
Division |
6. Infanterie-
Division |
|
5. Infanterie-
Division |
|
|
|
|
1. R. / II. Pi. 5
2. L. Pi. XI.
3. L. Pi. X.
12. / G. R. Pi. R.
13. / G. R. Pi. R. |
2. R. / II. Pi. 7
4. / II. Pi. 7
2. / Pi. R. 18 |
|
1. R. / II. Pi. 7
5. / Pi. R. 18
Pi. 287 |
3. / I. Pi. 21
R. Pi. 89
2. / Pi. B. 30
Pi. 285 |
|
1. / I. Pi. 21
5. / I. Pi. 21
Pi. 282
3. / Pi. R. 30 |
3. / I. Pi. 3
5. / I. Pi. 3
4. / II. Pi. 22
1. R. / II. Pi. 22
Sturmabteil. 5 |
|
1. / I. Pi. 3
2. / I. Pi. 3
2. / I. Pi. 23
1. R. / I. Pi. 23 |
Pi. 283
10. / G. R. Pi. R.
16. / G. R. Pi. R.
1. R. / Pi. R. 18
3. / Pi. R. 18.
4. / Pi. R. 18
2. R., 6. / Pi. R. 18 |
1. R. / Pi. R. 20
2. / Pi. R. 20
3. / Pi. R. 20
Pi. 286
9. / G. R. Pi. R.
R. / G. R. Pi. R. |
2. R. / II. Pi. 22
1. / I. Pi. 23
5. / I. Pi. 23
Pi. 284
11. / G. R. Pi. R.
14. / G. R. Pi. R. |
[488] Jede Division war mit
einem Kommandeur der Pioniere (Bataillonskommandeur) nebst Stab
ausgestattet; bei jedem Generalkommando befand sich ein
Pionier-Regimentskommandeur. Die dem ersten Angriff erst später
folgenden Korps hatten zunächst erheblich weniger Pioniere:
das |
V. |
Reservekorps |
das |
II. / Pi. R. 30 |
mit |
Stab, |
4., 5., 6. Kompagnie, 5. L. VII. |
" |
XV. |
Armeekorps |
" |
I. / Pi. 15 |
" |
" |
1., 2., 3., 5. Kompagnie, |
|
|
|
|
II. / Pi. 15 |
" |
" |
4., 2. Reserve-Kompagnie. |
Ende September 1915 erschien, von der Kampffront an der Aisne kommend (VII.
Armee), das VII. Reservekorps im Angriffsraum
(Korps-Hauptquartier Louppy sur Loison) und mußte sogleich starke
Arbeitskommandos zum Ausbau der Stellung für den Angriff stellen,
Anmärsche bis zu 11 km waren nicht dabei zu vermeiden. Schwerer
wurde die Aufgabe, als das XVIII. Armeekorps
(Korps-Hauptquartier St. Laurent sur Othain), dann auch noch das III.
Armeekorps (Korps-Hauptquartier Pauvrois sur Othain) am 10. Januar
einrückten. Die Verbindungen und Wegeverhältnisse gestalteten sich
in dieser Gegend vielleicht noch ungünstiger, denn dort war der Anstieg zur
Côte Lorraine noch steiler, die Geländeformen nach Ersteigung des
Rückens noch schroffer, zerrissener, die sumpfigen Waldstrecken noch
hinderlicher. Das XV. Armeekorps
(Korps-Hauptquartier Amermont) traf aus Flandern Ende Januar ein. Ein
grundlegender Angriffsentwurf des
Armee-Oberkommando 5 vom 4. Januar kam erst Anfang Februar in die
Hände der Truppe:
"Der Entschluß, die Festung
Verdun in beschleunigtem Verfahren zu nehmen, beruht auf der erprobten
Wirkung der schweren und schwersten Artillerie. Zu diesem Verfahren ist die uns
vorteilhafteste Front zu wählen und nach erfolgter Wahl der Einsatz der
Artillerie derart massiert zu bemessen, daß der Einbruch der Infanterie
gelingen muß. Außer in den im Frieden ständig ausgebauten
Werken und Batterien liegt die Widerstandskraft der Festung zum guten Teil in
mehreren Reihen von Feldbefestigungen aller Art, welche gegen die deutsche
Front vorgeschoben sind.
Bei der Wahl der massiert anzugreifenden Festungsfront
spricht die Geländegestaltung wesentlich mit. Wer im Besitz der
Côtes (Höhen bis zu beinahe 400 m) auf dem Ostufer der
Maas ist, indem er auf ihm gelegene Befestigungen erobert hat, ist auch im Besitz
der Festung. Vom eroberten Ostufer aus können die ständigen
Befestigungslinien und die Feldbefestigungsanlagen des Westufers zu deren
Fortnahme flankierend niedergekämpft werden. Aber auch wenn
zunächst auf eine Besitznahme der Werke des Westufers verzichtet werden
soll, hat die Festung ihren Wert für Frankreich verloren, wenn das Ostufer
der Maas von uns genommen ist.
Wünschenswert ist es, die Gesamtoperation
allmählich so auszugestalten, daß auf dem Westufer das
Gelände von Four de Paris über
Aubreville - Landrecourt in unseren Besitz kommt und auf dem
Ostufer die deutsche Linie sich über die
Maas-Höhen vom Fort d'Houdainville bis St. Mihiel erstreckt.
[489] Zunächst
handelt es sich also um einen Angriff mit erdrückender Gewalt auf dem
östlichen Maas-Ufer und hier wieder gegen die Nordostecke der von den Franzosen
besetzten Côtes-Höhen, schon aus dem Grunde, weil allein hier eine
überwältigende Artillerie leidlich unbemerkt aufzumarschieren
imstande ist. Ein Angriff unmittelbar von Osten nach Westen gegen die
Côtes verbietet sich, weil völlig beherrscht von den feindlichen
Höhenstellungen. Ein Vordringen hier kann erst später erfolgen.
Ebenso ist auf der Front der
Combres-Höhe - St. Mihiel der dortigen
Waldverhältnisse wegen und wegen der Flankierungsgefahr vom Westufer
der Maas her an ein Vorgehen nach Norden zunächst nicht zu denken. Ist es
aber gelungen, von Norden her die Linie Fort
d'Haudainville - Haudiomont zu erreichen und gleichzeitig hiermit
Schritt für Schritt vom Osten her das Gelände zwischen der
Côte und unserer jetzigen Stellung in der Ebene zu säubern, so ergibt
sich der Fall des abgeschnürten Waldgeländes nördlich unserer
Linie Combres - St. Mihiel ohne solche Schwierigkeiten, wie
sie bei einem direkten Angriff zu erwarten wären.
Die 2. Landwehr-Division und das XVI. Armeekorps verhalten sich
zunächst ruhig. Es ist nicht wahrscheinlich, daß auf dem westlichen
Maas-Ufer stärkere feindliche Angriffe zur Entlastung der auf dem Ostufer
kämpfenden französischen Truppen einsetzen. Auch hier wird das
hinter dem VI. Reservekorps bereitstehende Armeekorps eine zweckdienliche
Reserve sein.
Südfront v. Strantz. Ein gleiches
Schicksal, stark angegriffen zu werden, hat die Südfront v. Strantz
wahrscheinlich zu erwarten, und hier ist eine bereitstehende Reserve bei Metz
durchaus erforderlich."
Am 27. Januar 1916 erließ das Armee-Oberkommando 5 "Strenggeheim"
den Befehl für die Angriffskorps.
"1. Am 12. Februar
vormittags beginnt die Beschießung der französischen Stellungen auf
der ganzen, die Festung umschließenden Front gemäß Befehl
für die Tätigkeit der Artillerie und der Minenwerfer
(Armee-Oberkommando vom 27. Januar 1916, I c 3889).
Während dieser Beschießung sind die Angriffstruppen, und
zwar:
Abschnitt |
A: |
VII. Reservekorps, |
" |
B: |
XVIII. Armeekorps, |
" |
C: |
III. Armeekorps, |
" |
D: |
XV. Armeekorps |
so zu verwenden, daß die Infanterie in möglichst geringe
Mitleidenschaft gezogen ist.
2. Am 12. Februar, 5 Uhr nachmittags, ist in den
Abschnitten A - C von den Armeekorps mit leichten
Schützenlinien gegen die erste Linie des Feindes vorzufühlen und
diese in Besitz zu nehmen. Verstärkt werden diese Schützenlinien
durch Flammenwerfer und Handgranatentrupps. Ist es gelungen, in der ersten
feindlichen Linie Fuß zu fassen, so muß versucht werden, die zweite
französische [490] Linie
aufzuklären, um genau Unterlagen für die erneute artilleristische
Beschießung am nächsten Vormittage zu gewinnen.
3. Ebenso wie bei dem Artilleriefeuer kommt es
bei dem Infanterieangriff für die gesamte Kampfhandlung um die Festung
Verdun unbedingt darauf an, den Angriff niemals ins Stocken kommen zu lassen,
damit die Franzosen keine Gelegenheit finden, sich in rückwärtigen
Stellungen erneut zu setzen und den einmal gebrochenen Widerstand erneut zu
organisieren.
4. Den einzelnen
Armee-Oberkommandos fallen dadurch die folgenden Aufgaben zu:
A: VII.
Reservekorps.
Fortnahme der Befestigungen auf dem Haumont, Vordringen bis auf die
Südhänge der beiden Höhenrücken in Richtung
Samogneux, Säuberung des Geländeabschnitts zwischen
Haumont-Wald, Samogneux und Maas. Für diesen zweiten Teil der
Aufgabe werden dem VII. Reserve-Korps die in dem Abschnitt stehenden
Truppen der 77. Infanterie-Brigade und die im Bois de Consenvoye
bereitgestellten Flammenwerfer unterstellt. Die Teile des V. Reservekorps, die
hierzu unterstellt werden, beteiligen sich während der Fortnahme des
Haumont noch nicht an einem Angriff. Zwischen dem VII. Reservekorps
und dem XVIII. Armeekorps ist Vereinbarung über das Vorgehen in der
Richtung auf Bois des Caures für den Angriff zu treffen (Chefbesprechung
vom Armee-Oberkommando). Nach Lösung seiner Aufgaben wird
über das VII. Reservekorps anderweitig verfügt werden.
B: XVIII. Armeekorps.
Vertreiben des Gegners aus dem
Caures-Walde und Vordringen auf der Höhenlinie in Richtung auf
Champneuville bis auf die beherrschende Höhe 344, so zwar, daß
diese Höhe im Verlauf der Kämpfe fest in unsere Hand gelangt.
Einem Teil des Armeekorps wird nach Einschwenken gegen die feindlichen
Befestigungen auf La Wavrille nördlich Beaumont (Karte
1 : 25 000) die Aufgabe zufallen, das III. Armeekorps bei der
Fortnahme dieses Waldes zu unterstützen. Überhaupt muß es
das Bestreben des XVIII. Armeekorps und des III. Armeekorps sein, mit ihren
inneren Flügeln in gemeinschaftlicher Verbindung zu kämpfen.
C: III. Armeekorps.
Angriff auf dem Rücken östlich der Chaussee Ville devant
Chaumont - Vacherauville, Säuberung des Herbébois
durch Einschwenken nach der linken Flanke mit hinteren Staffeln und Vordringen
mit der Mittellinie in Richtung Douaumont.
D: XV. Armeekorps.
Wegnahme der feindlichen Stellung südlich des
Vaux-Baches, Charrieres-Wald, Fromezey. Der infanteristische Angriff hierzu
darf jedoch erst auf Befehl [491] des
Armee-Oberkommandos erfolgen. Er wird abhängig gemacht werden von
dem erfolgreichen Vordringen auf der Hochfläche der Côtes. Die in
den jetzigen Stellungen hinter dem Angriffsabschnitt des XV. Armeekorps
stehenden Teile des XV. Reservekorps werden dem XV. Armeekorps nicht
unterstellt.
5. Das V. Reservekorps verbleibt
zunächst mit seinen Truppen in
erhöhter Bereitschaft in seinen Stellungen. Es sichert den Aufmarsch der
Armeekorps zum Angriff. Die 77.
Infanterie-Brigade wird, nachdem es dem VII. Reservekorps gelungen ist, den
Haumont zu nehmen, diesem Armeekorps unterstellt. Die Teile des V.
Reservekorps in den Abschnitten des XVIII. und III. Armeekorps werden beim
Vordringen dieser beiden Armeekorps nach Anordnung des kommandierenden
Generals des V. Reservekorps gesammelt, um möglichst verlustlos
für folgende Aufgaben bereitgestellt zu werden: »Fortnahme der
feindlichen Stellung
Ornes - Kleiner Maucourt-Wald - Maucourt -
Mogeville.«
Dieser Angriff kann erst erfolgen, wenn das III.
Armeekorps in Les Fosses und
Chaume-Wald eingedrungen ist und wenn das XV. Armeekorps seine Aufgabe
löst. Der Befehl wird vom
Armee-Oberkommando gegeben.
Die 9. Reserve-Division verbleibt nach näherer
Anordnung des Generalkommandos des V. Reservekorps in ihrer bisherigen
Stellung. Welche Teile dieser Division sich an dem Angriff gegen Linie
Ornes - Mogeville beteiligen, bestimmt das Generalkommando des
V. Reservekorps.
6. Es ist dafür zu
sorgen, daß durch die Armeekorps,
unabhängig von den Mitteilungen der von den Armeekorps entsandten
Nachrichtenoffizieren, dauernde Verbindung mit dem
Armee-Oberkommando besteht, so daß dieses dauernd über alle
Einzelheiten der Gefechtslage unterrichtet ist usw.
7. Jeden Abend findet
Befehlsempfang im Gefechtsstand des
Armee-Oberkommandos statt.
Der Oberbefehlshaber.
Weitere Mitteilungen:
1. Auf dem nördlichen
Maas-Ufer verhält sich das
verstärkte V. Reservekorps zunächst defensiv. Artilleristisch wird es
sich am Niederkämpfen der auf dem westlichen Ufer wirkenden Batterien
beteiligen.
2. Von der
Armee-Abteilung Strantz wird auch nur artilleristisch
mitgekämpft.
3. Der Zeitpunkt, wann vom VI. Reservekorps und von der
Armee-Abteilung Strantz angegriffen werden muß, wird rechtzeitig zur
Kenntnis gebracht werden."
Besondere Maßnahmen machte die Verwendung der für den Angriff
für erforderlich erachteten Artilleriemassen nötig. Für den
Angriffsentwurf wurde bei dem Angriffsfelde von der Südwestecke des
Haumont-Waldes bis zur Stellung südlich des "Cap der guten Hoffnung"
zum Sturmreifmachen für je 150 m eine schwere Batterie gerechnet.
Gleichzeitig mußten unter Verwendung eines [492] Teils der schwersten
Batterien die Stützpunkte der zweiten Linie sturmreif geschossen werden.
Zur Bekämpfung jeder einzelnen Batterie reichte die Artillerie nicht aus. Es
wurde daher in Aussicht genommen, einzelne Batterienester unter Gas zu setzen.
Es blieben dann in jedem Abschnitt genügend Batterien verfügbar,
um auftretende Artillerieziele zu vernichten. Hinsichtlich der Munition hieß
es: "Der Angriff auf die Festung Verdun hat im bisherigen Feldzuge, was
materielle Stärke, Vorbereitung und Verteilung betrifft, kein Analogon. Es
können also bisherige Erfahrungen bezüglich
Munitionsausrüstung
und -verbrauch nur bedingungsweise herangezogen werden. Dazu kommt,
daß das Heranschaffen und die weite[re] Zufuhr der Munition wegen
schlechter Wegeverbindungen - ungenügend an Zahl und
Beschaffenheit - mit größten Schwierigkeiten verbunden ist.
Es wird deshalb vor Beginn des Feuers die Bereitstellung einer
sechstägigen Munitionsrate gefordert, und zwar soll die erste Rate
schußsicher in den Batterie, zwei Raten möglichst nahe bei den
Batterien im Gelände gegen Feuer
gedeckt - wettersicher -, drei Raten in Munitionsniederlagen der
Abschnitte niedergelegt werden." Die Ergänzung der verfeuerten Munition
müßte im Anrollen sein.
Die Feuerleitung verblieb in der Hand des
Armee-Oberkommandos 5. Die Feuerbefehle gingen vom
Armee-Oberkommando 5 an die Armeekorps oder an die Generale der
Fußartillerie der Korps. Stellungswechsel eines Teils der schweren Artillerie
nach Erreichen der Kampfziele des ersten Tages war vorgesehen.
Die Feld- und Fußartillerie wurde auf die einzelnen Korpsabschnitte
(A - D) verteilt, deren jeder einen General der Fußartillerie
zugeteilt erhalten hatte. Im Abschnitt A befanden sich z. B. fünf
Artillerie-Regimenter zu zwei bis drei Gruppen. Eine Trennung zwischen
Fern- und Nahkampfartillerie war befehlsgemäß nicht vorgenommen.
Die Artillerie der Abschnitte wird nachstehend in tabellarischer Form
gegeben.
|
|
Feld-
kanonen |
|
Leichte
Feld-
haubitzen |
|
Schwere Kanonen |
|
Schwere
Feld-
haubitzen |
|
Mörser |
|
Schwerste
Geschütze |
|
|
10 cm |
|
13 cm |
|
15 cm |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Abschnitt A
(VII. Reservekorps)
General der Fußartillerie
Generalmajor Beeg |
92 |
8 |
10 |
19 |
8 |
60 |
48 |
7 |
Abschnitt B
(XVIII. Armeekorps)
General der Fußartillerie
Generalmajor Stüve |
86 |
26 |
12 |
2 |
12 |
40 |
36 |
8 |
Abschnitt C
(III. Armeekorps)
General der Fußartillerie
Generalmajor Ziethen |
72 |
24 |
48 |
14 |
16 |
92 |
32 |
13 |
Abschnitt D
(V. Reservekorps)
General der Fußartillerie
Generalmajor v. Behrendt |
98 |
28 |
8 |
4 |
8 |
32 |
4 |
— |
Auf dem linken
Maas-Ufer |
126 |
56 |
20 |
12 |
24 |
208 |
52 |
5 |
[493] Es wurden also
eingesetzt: 474 Feldkanonen, 142 leichte Feldhaubitzen, 151 schwere
Flachbahn- und 604 schwere Steilfeuergeschütze, sodann noch 53
schwerste Steilfeuergeschütze. Zusammen 1404 Rohre. Die Batterien auf
dem linken Maas-Ufer waren auf 21 km Gefechtsbreite eingesetzt und
können nur in Vergleich gestellt werden mit der Summe der
Geschütze in den vier Angriffsabschnitten, in denen z. B. 344
schwere Steilfeuergeschütze standen gegenüber 260 auf dem linken
Ufer. Besonders begünstigt war der Abschnitt C, der Angriffsraum des III.
Armeekorps gegen die Forts Douaumont und Souville. Am ungünstigsten
war gestellt Abschnitt D gegen die Forts Vaux und Tavannes. Dieses machte sich
dauernd geltend in den geringen Fortschritten des V. Reservekorps und des links
von ihm kämpfenden XV. Armeekorps, so daß es hier zu einem
wirkungsvollen Umfassungsangriff nicht kommen konnte. Eine artilleristische
Überlegenheit, die schon durch die Art der Beobachtungsverhältnisse
erschwert war, konnte hier nicht erreicht werden. Die eingesetzte
Geschützzahl reichte für den Angriff nicht aus.
Es wurden in einer Frontbreite von 5,5 km und in einer Tiefe von
1½ km gerechnet:
|
|
Leichte
Feld-
haubitzen |
|
Schwere
Feld-
haubitzen |
|
Mörser-
Batterien |
|
Schwere
Flach-
bahn-
Batterien |
|
Zu-
sammen
Batterien |
|
|
|
|
|
|
Für das Sturmreifmachen |
6 |
14½ |
8½ |
— |
29 |
Für das Niederhalten
der Nebenabschnitte |
1 |
2½ |
— |
— |
3½ |
Für die
Artilleriebekämpfung |
6 |
7 |
2 |
3 |
18 |
Für die Flankierung der Front
nördlich der Ornes |
— |
— |
— |
7 |
7 |
|
|
|
|
|
|
|
13 |
24 |
10½ |
10 |
57½ |
Vorhanden waren aber Mitte Januar nur 8 leichte
Feldhaubitz-, 8 schwere Feldhaubitz-, 4½ Mörser- und 7 schwere
Flachbahn-Batterien. Im Sinne dieser Erwägungen erfolgte dann am 27.
Januar der Armeebefehl für den Angriff auf Verdun zum 12. Februar. Das
Einschießen der Artillerie wurde trotz aller Schwierigkeiten in der Zeit vom
8. bis 12. Februar durchgeführt.
Der Februarangriff.
Ganz besonders schlechtes Wetter zwang zum Verschieben des
ursprünglich auf den 12. Februar angesetzten Angriffs. Am 16. trat sogar
ein orkanartiger Sturm ein, so daß man gezwungen war, die schon
geöffneten Hindernisse wieder zu schließen. Alle tiefgelegenen
Stellen standen unter Wasser, der Boden war völlig aufgeweicht. Erst vom
18. ab begann ein Umschlag im Wetter einzusetzen; als dann am 20. klares Wetter
mit Sonnenschein und Frost einsetzte, befahl das
Armee-Oberkommando für den 21. Februar Feuerbereitschaft und dann am
Morgen dieses Tages gemäß den schon erlassenen Befehlen den
Sturm. Das [494] Oberkommando hatte
mit schwerem Herzen den Angriff von Tag zu Tag verschoben. Was
befürchtet war, war eingetreten: zwei Überläufer vom XVI.
Korps, Lothringer, hatten am 10. Februar den Angriff verraten; damit schwand die
Überraschung; sie hatten aber nicht verraten können, daß der
Angriff des Wetters wegen von Tag zu Tag verschoben wurde. Das kam der
Überraschung zugute. Durch zwei Überläufer des
Infanterie-Regiments 144 am 15. soll ein Befehl des Kronprinzen vom 14. in
französische Hände gefallen sein, der den Angriff auf den
nächsten Tag festsetzte. Unvorsichtige Äußerungen in Berliner
Gesellschaftskreisen fanden schnell ihren Weg in das neutrale Ausland und
kamen so zur Kenntnis der Franzosen. So konnte ein Amerikaner, von Kitchener
geschickt, im französischen Hauptquartier Angaben über die
deutschen Absichten machen. Die französischen Arbeiten wurden
beschleunigt, da gleichzeitig auch Befürchtungen für Belfort
auftauchten; da die deutschen Schützengräben vor Verdun noch weit
entfernt waren, so glaubte man noch nicht an einen deutschen Angriff, den man in
der Champagne für wirkungsvoller und damit auch um so wahrscheinlicher
hielt.
So kam es, daß die Operationsabteilung (3. Büro) der
französischen Heeresleitung, die noch dazu in voller Arbeit für die
gemeinsame Offensive der Verbündeten im Sommer 1916 war, von
vornherein wenig empfänglich für Nachrichten war, die auf eine
Gefährdung Verduns hinwiesen. Im Gegensatz hierzu befürchtete
von Anfang an das 2. Büro (Nachrichtenwesen) einen Angriff auf Verdun.
Deutsche Kämpfe in der Champagne wurden von der anderen Seite als
Bestätigung der eigenen Ansicht als Ablenkung angesehen.
Scheinunternehmungen.
Die französische Aufmerksamkeit wurde durch eine Reihe kleinerer
Unternehmungen von Verdun abgeleitet. In der Champagne griffen am 9.
Januar das I. Bataillon des
Infanterie-Regiments 118, verstärkt durch drei
Pionier-Kompagnien, östlich der Maison de Champagne an, gleichzeitig
zwei Bataillone (I. Bataillon des
Infanterie-Regiments 109 und I. Bataillon des
Infanterie-Regiments 110) am Jahn-Wäldchen. Am 12. Februar nahmen
Teile der 18. Infanterie-Division ein Franzosennest nordwestlich und am
nächsten Tage die 185.
Infanterie-Brigade die feindliche Höhenstellung an der Straße
Tahure - Somme-Py. Als die 3. Armee anfragte, ob ein geplanter
Angriff bei der 3. Armee stattfinden würde, antwortete die Oberste
Heeresleitung: "Unser Problem ist eben, mit dem
verhältnismäßig bescheidenen Aufwand dem Gegner schweren
Schaden an entscheidender Stelle zuzufügen. Wir dürfen doch auch
nicht übersehen, daß die bisherigen Kriegserfahrungen mit
Massenaufgeboten an Menschen wenig zur Nachahmung einladen. Es scheint fast,
als ob die Fragen ihrer Kleidung und Versorgung nicht zu lösen seien."
Hiermit war die beabsichtigte Kampfführung bei Verdun [495] gekennzeichnet. - Bei der 2. Armee
wurde auf breiterer Grundlage bei Frise im
Somme-Tal am 28. und 29. Januar ein schöner Erfolg von der 11.
Infanterie-Division nach achtstündiger Artillerievorbereitung erstritten. Die
Kämpfe setzten sich aber bis in den Februar hinein fort. Die eigenen
Verluste betrugen am ersten Tage nur 4 Offiziere 92 Mann, während an
Gefangenen die französische 5.
Infanterie-Division 16 Offiziere 965 Mann verlor. Vom nächsten Tage
setzten die französischen Gegenangriffe ein, so daß die deutschen
Verluste auf 5 Offiziere und 272 Mann stiegen (die Franzosen verloren an
Gefangenen 2 Offiziere 309 Mann). In den sich entwickelnden weiteren
Kämpfen war es nicht zu vermeiden gewesen, daß Teile des eroberten
Geländes aufgegeben werden mußten. Es zeigte sich, wie schwer es
war, den eroberten Besitz zu behaupten, während die Eroberung selbst
verhältnismäßig leicht gewesen war. Die deutsche Linie war,
als der Kampf eingestellt wurde, um 900 m, in einer Breite von
3500 m, vorgetragen, was eine Verkürzung der Front von
2 km ergab. - Gleichzeitig hatte die 6. Armee bei
Neuville - St. Vaast dem Feinde zu beiden Seiten der
Straße Vimy 2000 m Graben abgenommen. Auch die
Häusergruppe von St. Laurent bei Arras fiel in deutsche Hand und
wurde am 30. und 31. Januar gegen starke Gegenangriffe behauptet. Am 8.
Februar wurde auch westlich von Vimy erfolgreich gefochten, und vom 9. bis 22.
Februar wurde dem Feinde bei Souchez ein Stück Gelände in einer
Breite von 1600 und einer Tiefe von 2000 m abgerungen.
Vom 12. bis 14. Februar nahm die 3. Armee in der Champagne verschiedene
Grabenstücke bei St. Marie à Py und Tahure,
während gleichzeitig die
Armee-Abteilung Gaede vom äußersten Südflügel des
Heeres zwischen Altkirch und der Schweizer Grenze im Tal der Larg in die
französischen Stellungen einbrach und sich der Orte
Ober- und Nieder-Sept bemächtigte. Auch an der englischen Front wurde
gefochten. Hier nahmen die Deutschen südlich Ypern am 15. Februar 1916
ein 800 m breites Grabenstück und fügten am 20. Februar
nördlich Ypern noch ein Grabenstück von 350 m hinzu.
Auch bei der Armee-Abteilung v. Strantz war es gelungen, die Aufmerksamkeit
der Franzosen von der eigentlichen Angriffsstelle abzulenken, denn in den Tagen
vor dem Angriff auf Verdun lag verstärktes Feuer auf den Stellungen der
Armee-Abteilung.
Das ungünstige Wetter verhindert die Aufklärung durch Flieger; erst
vom 20. ab wurde die Aufklärung lebhafter betrieben; aber nur drei
Fesselballone standen auf französischer Seite.
Erst am 20. hatte sich das Wetter gebessert; so konnte endlich der lange
vorbereitete Sturm am 21. angesetzt werden. Es zeigte sich, daß
Nachrichten bis an den Feind gebracht, aber nicht verwertet wurden, sei es,
daß sie nicht geglaubt oder nicht an der entscheidenden Stelle bis in die
vordere Linie befördert wurden.
[496] Der
Sturmangriff.
Auf dem rechten Flügel lag das Angriffsfeld des VII. Reservekorps,
welches ein freies Feld von etwa 1000 bis 1200 m vom Bois d'Ormont
gegen seine Angriffsziele zu durchschreiten hatte. Die Gefechtsstreifen der beiden
Divisionen wurden durch die Straße
Flabas - Haumont getrennt. Ohne große Verluste schien ein
Überschreiten des Geländes vor der französischen Stellung
nicht möglich. Die Entwicklung einer starken Artillerie gab die Aussicht,
auch schon bei der Feuervorbereitung die Widerstandsfähigkeit des
"Kernwerkes" im Bois d'Haumont zu vernichten, dessen einer Teil als
"Namenloses Wäldchen" bezeichnet wurde. Dieses fiel der 14.
Reserve-Division, der linke Gefechtsstreifen des 13.
Reserve-Division zu. Unter Mitwirken der gesammelten 77.
Infanterie-Brigade sollte dann der Wald von Consenvoye genommen und das
Gelände zwischen diesem Walde und der Maas vom Feinde gesäubert
werden. Die 13. Reserve-Division sollte Haumont und den Südostrand des
Haumont-Waldes nehmen und starke Kräfte hinter ihrem linken
Flügel bereit halten, um in den Kampf des Nachbarkorps um den
Caures-Wald eingreifen zu können. Ein
Infanterie-Regiment und drei Bataillone wurden in Ecurey, dem Gefechtsstande
des Generalkommandos, bereit gehalten. In schmaler Front und starker
Tiefengliederung griffen die Divisionen an, überschritten ohne große
Verluste das freie Gelände und drangen in den Wald ein. Hier erwies sich
die Artillerievorbereitung jedoch nicht als so wirksam, wie man angenommen
hatte; aber es gelang doch, bis zum jenseitigen Waldrande durchzustoßen.
Um 6 Uhr 30 Minuten war das "Kernwerk" im Walde genommen, weniger schnell
war das Vorschreiten der 13.
Reserve-Division gewesen. Die Artillerievorbereitung war hier nicht so ausgiebig
gewesen, so daß mit Eintritt der Dunkelheit im Walde der Angriff zum
Stehen kam. Größere Strecken der 10 m breiten Hindernisse
im Walde waren noch gänzlich unberührt. So war schon ein
großer Teil der Aufgabe gelöst, der erst für den nächsten
Tag vorgesehen war. In der Nacht setzte feindliches Artilleriefeuer ein.
Das links anschließende XVIII. Armeekorps hatte seine Aufgabe in
irrtümlicher Auffassung der Weisung des
Armee-Oberkommandos nur als Erkundungsaufgabe angesehen, war zwar in den
Caures-Wald eingedrungen, fand nach der Meldung der 25.
Infanterie-Division den ersten Graben noch ziemlich stark besetzt, Hindernisse
noch wenig beschädigt, Blockhäuser gänzlich unversehrt.8 Von wem der Befehl zum
Zurückgehen ausgegangen ist, hat sich nicht feststellen lassen; jedenfalls
gingen erhebliche Teile der 25.
Infanterie-Division bis in die Sturmstellung zurück. Für den 22.
befahl das Generalkommando nach erneuter Artillerievorbereitung nochmals den
Sturm.
Das III. Armeekorps sollte auf Grund des schon am 8. Februar erlassenen [497] Korpsbefehls
östlich der Chaussee
Ville - Vacherauville mit dem linken Flügel der 6.
Infanterie-Division vom Ostrand von
Azannes - Nordostecke des Herbébois und Ostrand des
Chaume-Waldes in Richtung auf Fort Douaumont angreifen, links von den
Brandenburgern sollten Teile des links vom III. Armeekorps gesammelten V.
Reservekorps gegen den Herbébois vorgehen. Ein Eingreifen des XV.
Armeekorps war erst später zu erwarten. Für den Angriff des III.
Armeekorps war befohlen:
"Um die Wirkung der Artillerie und
Minenwerfer festzustellen, ist um 5 Uhr nachmittags in beiden
Divisionsabschnitten mit lichten Schützenlinien, denen Pioniere,
Flammenwerfer, Telephontrupps und reichliche Handgranaten mitzugeben sind,
gegen die erste Linie des Feindes vorzugehen und diese in Besitz zu nehmen. Ist
dort fester Fuß gefaßt, so muß sogleich gegen die zweite
französische Linie aufgeklärt werden, um genaue Unterlagen
für das Wirkungsschießen am 13. vormittags (d. h. für
den zweiten Sturmtag) zu gewinnen... Für den 13. Februar wird ein
Angriffsziel nicht festgesetzt werden. Ebenso wie bei dem Artilleriefeuer kommt
es darauf an, für die gesamte Kampfeshandlung um Verdun den Angriff
niemals ins Stocken kommen zu lassen, damit die Feinde keine Zeit finden, sich
in rückwärtigen Stellungen zu setzen und den einmal gebrochene
Widerstand zu organisieren."
Das Generalkommando hielt von jeder Division ein Regiment als Reserve
zurück. Das Generalkommando blieb auf Höhe 267 an der
Straße Pillon - Mangiennes. Um 8 Uhr 15 Minuten vormittags
hatte ein kräftiges Vorbereitungsfeuer eingesetzt, das der Feind nur
schwach erwiderte. Im flotten Draufgehen nahmen die Brandenburger die beiden
vordersten Grabenlinien. So war auf der ganzen Angriffsfront mit Ausnahme des
Abschnittes B das Tagesziel durchweg überschritten. Die Franzosen hatten
an einen Angriff an diesem Tage nicht geglaubt, jedenfalls für einen
einzelnen Angriff mit einer längeren Artillerievorbereitung gerechnet, so
daß auch Gegenangriffe ausblieben. Für die weitere
Fortführung hatte das Oberkommando sich die Verfügung
über das V. Reservekorps (ohne 77.
Infanterie-Brigade) und über das XV. Armeekorps vorbehalten. Die von der
Obersten Heeresleitung in Aussicht gestellen Reserven waren noch nicht
eingetroffen.
Nur schnelles Zugreifen an den nächsten Tagen konnte den Erfolg sichern.
Der 22. begann mit Schneetreiben, dem nach einiger Zeit Sonnenschein folgte. Das
VII. Reservekorps nahm, unterstützt durch das Feuer einer nach Moirey
vorgezogenen schweren Batterie, nach einem am Vormittag fehlgeschlagenen
Versuche das Dorf Haumont, während weiter westlich Teile der 77.
Infanterie-Brigade Fortschritte in Richtung auf Brabant machten. Links konnte die
13. Reserve-Division gegen Mittag den Südostrand des
Haumont-Waldes erreichen und wirksam der Nachbardivision das Vorgehen
gegen den Caures-Wald erleichtern. Aber trotz dieser Unterstützung blieb
das Vordringen der 21. Infanterie-Division wider Erwarten langsam. Ebenso war
es bei der [498] 25.
Infanterie-Division, die verzögernd auf das Vorgehen des III. Armeekorps
einwirkte. Bei diesem kam es zu sehr schwerem Ringen, so daß erst am
späten Nachmittag der Südrand von Bois de Ville erreicht werden
konnte. Auch bei der 6.
Infanterie-Division wurden nur sehr geringe Fortschritte gemacht. Die Gefahr,
daß der Angriff sich festlief, war sichtlich vorhanden. Das feindliche
Artilleriefeuer nahm während der Nacht an Heftigkeit zu.
Französische Gefangene sagten aus, daß seit dem 15. der Angriff
erwartet sei und daß Verstärkungen im Anrollen seien.
[482a]
Stellungskrieg im Westen. Flammenwerferangriff.
|
Am 23. begann frühzeitig die deutsche Artillerievorbereitung; die 14.
Reserve-Division nahm am Vormittag mit der 77.
Infanterie-Brigade die Höhe südöstlich Brabant, dann die 13.
Reserve-Division die angeblich stark befestigte Angemont Ferme, wodurch das
Vorgehen der Infanterie des XVIII. Armeekorps sehr erleichtert wurde. Als dieser
Erfolg bekannt wurde, erhielt die Division Befehl, auch Samogneux noch zu
nehmen, da hierdurch der Auftrag des Korps erst erfüllt werde, das
Gelände zwischen dem Bois de Haumont und der Maas zu säubern.
Die Führung des Angriffs übernahm Oberstleutnant
v. Abercron mit dem durch Pioniere und Flammenwerfer verstärkten
I. Bataillon des Reserve-Infanterie-Regiments 57 in dem unter feindlichem Feuer
liegenden Dorfe Haumont; Bereitstellen und Vorführen der Truppe in
unbekanntem, von feindlichem Feuer beherrschten Gelände erwies sich in
der Dunkelheit besonders schwierig. Aber Oberstleutnant v. Abercron hatte
sich sachgemäß zur Erkundung Zeit gelassen, so daß, als 1 Uhr
45 Minuten nachts das mit der Artillerie verabredete Zeichen gegeben und zum
Sturm angetreten wurde, der Vorstoß glatt gelang. 3 Uhr 40 Minuten nachts
konnte die Einnahme des Dorfes mit geringen eigenen Verlusten, aber gegen 400
Gefangene, gemeldet werden. Die Mitwirkung der Flammenwerfer hatte sich gut
bewährt. Zwei Kompagnien vom II. Bataillon des
Reserve-Infanterie-Regiments 57 wurden nachgezogen und das Dorf zur
Verteidigung eingerichtet.9 Als es dann am 23. hell wurde, richtete
die feindliche Artillerie vom jenseitigen Ufer, von der Côte de Marre,
heftiges Feuer auf das Dorf. Starke Verluste traten ein. Nach Wegnahme von
Samogneux war der Raum zwischen Haumont und der Maas so weit
verkürzt, daß, wie in dem Angriffsentwurf angegeben, das VII.
Reservekorps herausgezogen werden konnte. Die 77.
Infanterie-Brigade blieb auf dem rechten Flügel. Die 14.
Reserve-Division sollte unter dem Schutze des
Infanterie-Regiments 159 in der Gegend von Dun (rechtes Ufer unterhalb Verdun)
Unterkunft beziehen. Das XVIII. Armeekorps hatte sich am 23. am
Südrande des Caures-Waldes festgesetzt und konnte das gewonnene Gebiet
gegen mehrere Gegenstöße behaupten, am späten Nachmittag
mit der Infanterie der 21.
Infanterie-Division die nach Süden vorspringende Waldspitze von
Le Faye erreichen, mit der 25.
Infanterie-Division eine feindliche [499] Stellung nördlich
Beaumont nehmen. Im Anschluß nahm dann noch die 5.
Infanterie-Division das Waldstück Wavrille, die 6.
Infanterie-Division wurde im Vorgehen durch den Herbébois erheblich
durch die Eroberung von stark besetzten Blockhäusern aufgehalten und
vermochte erst am Abend des 23. Anschluß an die 5.
Infanterie-Division [zu] gewinnen.
Mit voller Kraft wurde die Weiterführung des Angriffs vorbereitet. Das
XVIII. Armeekorps, dem die 77.
Infanterie-Brigade unterstellt wurde, sollte die Höhe 344 östlich
Samogneux und das Dorf Beaumont, das III. Armeekorps Herbébois
nehmen. Am nächsten Tage sollte das XV. Armeekorps nach Abblasen von
Gas sich in den Besitz der Linie Etang de
Bransc - Fromezey setzen, während das V. Reservekorps (bei
Gremilly und südöstlich) sich bereitstellen sollte, um dann nach dem
Vorgehen des XV. Armeekorps Mogeville zu nehmen. Bedenklich war, daß
die Feldartillerie des V. Reservekorps noch in den Abschnitten A und B stand,
daß schwere Artillerie überhaupt noch nicht zugeteilt war. Es gelang
der 10. Reserve-Division, unterstützt von der Artillerie des III. Armeekorps,
Ornes zu nehmen. Am späten Abend des 24. trafen aus den früheren
Stellungen sieben Feldbatterien ein. Da Gas nicht verwendet werden konnte,
unterblieb der Angriff des XV. Armeekorps auf Mogeville.
Am 24. machte die 77. Infanterie-Brigade einen Versuch, die Côtes de
Talou zu nehmen, hatte aber erheblich unter dem Feuer vom jenseitigen
Maas-Ufer zu leiden; sie sollte bis zum Eintreffen starker Artillerie die Moulin de
Colette zunächst halten, während die 13.
Reserve-Division die Sicherung der rechten Flanke gegen die Maas
übernahm und ihr die 77. Infanterie-Brigade unterstellt wurde.
Glücklicher war der Angriff nach starker Artillerievorbereitung gegen die
Höhe 344; dann nahm die 21.
Infanterie-Division auch noch die Höhe 326, Teile der Division
drangen am 24. in die Waldstücke nordöstlich Louvemont ein; die
25. Infanterie-Division stürmte Beaumont und die Befestigungen am
Nordwestrande des Bois des Fosses und schoben sich zum Angriffe gegen
Louvemont und die östlich gelegene Höhe 378 vor. Das III.
Armeekorps hielt mit der 5. Infanterie-Division den Südrand des
Wavrille-Waldes, während die 6.
Infanterie-Division das Zurückgehen des Feindes aus dem
Herbébois feststellte und sich zum Folgen anschickte. Doch ein
Gegenangriff am 24. konnte die Franzosen vorübergehend wieder in den
Besitz des Wavrille-Waldes bringen; das weitere Vorgehen fand indessen seine
Grenze am deutschen Sperrfeuer. Die 6.
Infanterie-Division war unterdessen im Vorgehen geblieben, erreichte den
Südrand vom
Chaume-Walde und war seit 3 Uhr des 24. im Vorgehen gegen den
Caurière-Wald, während der linke Flügel der benachbarten
10. Reserve-Division den Angriff auf Ornes unterstützte.
Naturgemäß wurde hierdurch auch die 5.
Infanterie-Division entlastet; sie vermochte hinter den weichenden
französischen Abteilungen bis in den
Fosses-Wald nachzudrängen, so daß die Artillerie noch [500] am 25. Februar in allen
drei Korpsabschnitten einen Stellungswechsel bis in die Gegend nördlich
des Fosses-Waldes machen konnte, die Korpsreserven bis nach Herbébois
nachgezogen wurden. Die 6.
Infanterie-Division sollte in Ausnutzung ihres Erfolges den Südrand des
Caurières-Waldes erreichen, während rechts die 5.
Infanterie-Division die Straße
Louvemont - Ornes erreichte und wirksames Mörserfeuer
gegen Höhe 378 richtete; weiter rechts stand die 25.
Infanterie-Division im Kampfe gegen Louvemont, war aber gegen die 5.
Infanterie-Division noch weit zurück. Die Korpsreserven waren im
Anmarsch nach dem Nordrand des
Fosses- und Chaumes-Waldes. Um 5 Uhr 45 Minuten nachmittags erreichte die 6.
Infanterie-Division den Südrand von l'Hermitage.
So ging der Tag nach gewaltigen Leistungen zu Ende. Würden die
Kräfte der Truppe aber auch noch weiter aushalten? Die 25.
Infanterie-Division lag dicht vor der Höhe 378, ihr rechter Nachbar
war noch weiter zurück. Die 6.
Infanterie-Division stand in Fühlung mit der 10.
Reserve-Division, die Ornes in der Dunkelheit genommen hatte und zu deren
Unterstützung am Morgen des 25. eine Brigade des XV. Armeekorps
eintreffen sollte.
Am Abend des 24. war die Lage der Franzosen kritisch; die zweite
französische Stellung war genommen oder doch im Begriff, in
kürzester Zeit zu erliegen. General Langle de Cary dachte an den
Rückzug auf das linke Maas-Ufer. Aber Joffre befahl, unbedingt das rechte
Maas-Ufer zu halten: "Jeder Führer, der einen Rückzugsbefehl gibt,
wird vor ein Kriegsgericht gestellt." General Petain wurde für den Befehl
der Truppen um Verdun bestimmt. Reginald Kann schildert die Lage packend und
zutreffend:
"Unsere Soldaten, durch den
dreitägigen und ungleichen Kampf erschöpft, sehen die Nutzlosigkeit
ihrer Anstrengungen von Stunde zu Stunde mehr ein, haben keine
Hilfskräfte mehr zu Gegenangriffen, wie sie sie bisher immer noch gemacht
haben. In weniger denn drei Stunden ist die zweite Stellung in ihrer Gesamtheit
erobert. Die französischen Divisionen sind am Ende ihrer Kraft und nicht
mehr imstande, die Verteidigung fortzuführen. Was übrig
geblieben ist, zieht sich zurück. In diesem kritischen Augenblick ist keine
frische Truppe in Sicht. An dem finsteren Abend des 24. Februar steht dem
Feinde der Weg auf Verdun frei. Er ist davon nur noch durch die doppelte Linie
der Forts getrennt, die ohne Artillerie, zum Teil ganz ohne Verteidiger, nur eine
trügerische Stütze bieten. Indessen überrascht von der Leere,
die sie plötzlich nach dem hartnäckigen Widerstand der
vorangegangenen Tage vor sich sehen, zögern die Deutschen; sie scheinen
eine Falle zu befürchten und wagen nicht, in die Zone der permanenten
Befestigungen ohne eine erneute Artillerievorbereitung einzudringen. Die
Wiederaufnahme der Vorwärtsbewegung wird auf den folgenden Tag
verschoben. Es ist zu spät. Während der Nacht haben die ersten
Verbände des XX. Korps Verdun erreicht und sich im Norden der Stadt
entfaltet. Mit Tagesanbruch haben diese Elitetruppen die Stellungen der
zertrümmerten Divisionen übernommen, die bisher den
furcht- [501] baren Druck ertragen
hatten. Ohne den Gegner zu erwarten, werfen sie sich entschlossen
vorwärts."
Aber trotzdem brachte der 25. doch den stark mitgenommenen deutschen
Truppen, die schon vier Tage im Kampf standen und denen die Tage vor der
Schlacht auch keine Erholung gebracht hatten, weitere Erfolge. Doch menschliche
Kräfte haben eine Grenze; der Einsatz von frischen Reserven war
erforderlich, wenn ein Sieg errungen werden sollte.
Am 25. mußte die Infanterie der 13.
Reserve-Division der im Vorziehen begriffenen Artillerie Unterstützung
leisten im Überwinden der Schwierigkeiten beim Stellungswechsel. Die 77.
Infanterie-Brigade, die am Abend die
Colette-Mühle - Höhe
344 - Caine-Quelle hielt und wieder dem VII. Reservekorps
unterstellt war, muß sich des Vorgehens des Feindes von Vacherauville
erwehren. Das XVIII. Armeekorps konnte erst am Abend dem Feinde Louvemont
entreißen, mit der 21.
Infanterie-Division noch festen Fuß auf dem Nordostteile des
Pfefferrückens, der Côte du Poivre, fassen. Die Kämpfe
flauten hier erst in der Nacht ab. Das VII. Reservekorps sicherte mit der 13.
Reserve-Division die Maas, während die 14.
Reserve-Division als Heeresreserve von Beaumont vorgezogen wurde.
Bei diesen Kämpfen hatte der rechte Flügel des III. Armeekorps
wirksam eingegriffen, und während der Feind deutliche Anzeichen der
Erschütterung aufwies, gewann die deutsche Infanterie dauernd
Gelände. Um 5 Uhr hatte die 5.
Infanterie-Division den Nordrand des Chauffour-Waldes erreicht, während
die 6. Infanterie-Division, nur noch 100 m vom Drahthindernis des Forts
Douaumont entfernt, sich einnistete. Bald darauf hatte auch der linke Flügel
der 5. Infanterie-Division sich in gleiche Höhe vorgearbeitet. Dem
Wagemut einiger kühner Offiziere des
Infanterie-Regiments 24, Hauptmann Haupt und Oberleutnant v. Brandis,
gelang es, das Fort mit seinen noch feuernden zwei Panzertürmen in Besitz
zu nehmen, während die eigenen Artilleriegeschosse noch in das Fort
einschlugen, denn die Stürmer hatten die im Befehl angegebene zu
erreichende Linie weit überschritten. Beide Offiziere wurden mit dem
Pour lé mérite ausgezeichnet. Die französische
Besatzung hatte, ohne eine Beobachtung auf den Wällen
zurückzulassen, sich in die Kasematten geflüchtet; nicht einmal die
Grabenstreiche waren besetzt. Sie ergab sich ohne Widerstand den braven
Märkern, die nur 19 Offiziere 79 Mann von fünf Kompagnien, meist
der 6. und 7. Kompagnie des
Infanterie-Regiments 24, zählten; dann wurden die Maßregeln zur
Verteidigung getroffen, Maschinengewehre, Patronen und Leuchtmunition
herangeholt, ein französischer Gegenstoß abgeschlagen.10 Die Franzosen [502] hatten eingesetzt: das
72. und 51. Regiment, das VII. Armeekorps mit der 14. und 37.
Infanterie-Division, dann die 106.
Territorial-Division. Die Kämpfe hatten den Franzosen gekostet: 216
Offiziere 14 534 Mann an Gefangenen und 45, darunter 17 schwere,
erbeutete Geschütze und 84 Maschinengewehre; amtliche Angaben
über die Verluste lagen nicht vor. Von den Wällen von Douaumont
waren in Richtung auf Verdun zurückgehende Franzosen gesehen, aber den
deutschen Truppen fehlte es an frischen Reserven.
Das Generalkommando des III. Armeekorps hatte das XVIII. Korps
veranlaßt, mit allen Mitteln das Tagesziel zu erreichen und erbat vom
Armee-Oberkommando, Reserven bis in die Gegend des Forts vorzuführen.
Unterstellt wurden dem III. Armeekorps vom XV. Armeekorps die Regimenter
105 und 132. Nur von sieben Batterien unterstützt und ganz ohne schwere
Artillerie, vermochte das V. Reservekorps im Anschluß an die 6.
Infanterie-Division mit der 10.
Reserve-Division zunächst Maucourt und Mogeville zu nehmen, dann unter
Ausnutzung eines glücklichen Treffers der schweren Artillerie das
Zwischenwerk Hardaumont und die südlich und westlich vorgelagerten
Gräben zu stürmen. Schließlich wurden durch
Infanterie-Regiment 155 unter dem Oberstleutnant Präusker alle
Vorbereitungen zum Angriff auf das Zwischenwerk Bezonvaux getroffen, das am
27., 6 Uhr 45 Minuten vormittags, genommen wurde. Links hatte die 9.
Reserve-Division den Chena-Wald und Dieppe genommen. Dem Korps wurde das
Fort Vaux als Angriffsziel zugewiesen und für die Angriffsvorbereitungen
acht Mörser-, 16 schwere Haubitz-Batterien und drei schwerste Batterien
unterstellt. Die näher an das Fort heranzuziehende Feldartillerie sollte die
Vorbereitung unterstützen.
Die Angriffstruppen bedurften dringend der Ablösung durch frische
Truppen, wenn die großen Erfolge ausgebeutet werden sollte. Noch immer
waren Reserven auf dem Angriffsfeld nicht eingetroffen. Die 77.
Infanterie-Brigade, die vom 20. bis 26. Februar 44 Offiziere und 1403 Mann
verloren hatte, wurde durch ein Regiment der 13.
Reserve-Division abgelöst, dem es gelang, die Côte de Talou und
Champneuville zu besetzen, während die anderen Teile der Division bis
nach Vacherauville vorkamen. Auch das XVIII. Armeekorps hatte
Geländegewinn zu verzeichnen: rechts hielt die 21.
Infanterie-Division den Pefferrücken, links hatte die 25.
Infanterie-Division, über Höhe 378 (südwestlich
Chambrette Ferme) vorgehend, sich in gleicher Höhe mit der 5.
Infanterie-Division gesetzt. Vor dem III. Armeekorps gingen feindliche Truppen
über Fleury und Souville zurück. Während das starke
Panzerfort Douaumont wider alles Erwarten leicht [503] in deutsche
Hände gefallen war, trotzte das durch seine Lage dem Artilleriefeuer
entzogene Dorf gleichen Namens allen Angriffen der 5.
Infanterie-Division.
Beim XV. Armeekorps hatte aus Witterungsrücksichten kein Gas
abgeblasen werden können und es sollte infolgedessen kein Angriff
stattfinden. Rückgängige Bewegungen des Feindes hatten aber erst
die 30., dann die 39. Infanterie-Division zum Vorgehen veranlaßt; es
erreichte die vordere Linie des Armeekorps bis zum Abend die Linie
Braux-Wald - Fremezey - Le Haut Bois Ferme bis
St. Maurice. Auch die auf dem rechten Flügel der
Armee-Abteilung v. Strantz befindliche 5.
Landwehr-Division folgte den zurückgehenden Franzosen. Es sei
vorausgenommen, daß diese am 28. Champlon, die bayerische
Ersatz-Division Mancheulles erreichte. Nach dem Armeebefehl sollte am 27. das
III. Armeekorps die Forts von Thiaumont und Souville, das V. Reservekorps Fort
Vaux nehmen und das XV. Armeekorps die Linie
Eix - Moranville angreifen. Flieger sollten, da Truppenausladungen
bei Verdun beobachtet waren, den Bahnhof und die
Maas-Brücke mit Bomben belegen. Nach Gefangenenaussagen war das I.
Armeekorps von Reims mit Kraftwagen und das XX. Armeekorps von Bac le Duc
herangezogen, während das IV. und XXII. französische Armeekorps
noch im Anrollen war.
Für das VII. Reservekorps war die zunehmende Verstärkung der
feindlichen Artillerie auf dem
Maas-Ufer besonders lästig, um so mehr, da die französische
Infanterie auf dem Cumières-Rücken und auf dem Toten Mann
sowie Forges und Béthincourt hielt. Die Notwendigkeit, diese
Flankenordnung zu beseitigen, machte sich immer mehr geltend. Schon das
Vorziehen der Artillerie des VII. Reservekorps hatte die französische
Artillerie empfindlich gestört. Ein Vorgehen des VI. Reservekorps auf
Forges und ein Maas-Übergang der 13.
Reserve-Division bei Regniéville wurden vereinbart. Der
Maas-Übergang wurde jedoch vereitelt. Die
pionier-technische Vorbereitung war unzureichend gewesen, die Drahthindernisse
in den überschwemmten
Maas-Wiesen nicht beseitigt; das VI. Reservekorps hatte ferner den
Forges-Bach nicht zu überschreiten vermocht.
Auch das XVIII. Armeekorps war am 27. nicht weiter vorwärts gekommen;
es stand im Walde südlich Louvemont, einer hinter der großen, von
Westen nach Osten streichenden Schlucht liegenden französischen Stellung
gegenüber und hielt am Südrande des
Chauffour-Waldes Verbindung mit der 5.
Infanterie-Division, die sich auch an diesem Tage nicht in Besitz von Dorf
Douaumont hatte setzen können: die 5.
Infanterie-Division beantragte, den Angriff auf Dorf Douaumont zu verschieben,
da die Angriffstätigkeit des Feindes zunahm. Das III. Armeekorps, dem die
bei Metz stehende 113. Infanterie-Division unterstellt wurde, lehnte diesen Antrag
ab. Das Armee-Oberkommando befahl die Ablösung der 21.
Infanterie-Division durch die kurze Zeit herausgezogen gewesene 14.
Reserve-Division. Der Angriff sollte für die nächsten Tage
eingestellt werden. Das feindliche Feuer gegen das V. Reservekorps und XV.
Armeekorps nahm zu; [504] trotzdem gelang es dem
letzteren, sein Angriffsziel zu erreichen:
Cabaret - nördlich Eix - Westrand des Bois de
Moranville - Höhe 255 - Westrand von La
Blanzée. Die Armee-Abteilung Strantz gewann mit ihrem rechten
Flügel das Bois de Hardaumont. Das V. Reservekorps schob sich ebenfalls
vorwärts, die 9. Reserve-Division versuchte, allerdings vergeblich, das Fort
Vaux zu nehmen. Der 28. und 29. vergingen in weiteren Vorbereitungen.
Die Stellung verlief jetzt folgendermaßen: die 13.
Reserve-Division stand auf dem Talou-Rücken, mit starker Sicherung
gegen die Maas bis Samogneux, die 77.
Infanterie-Brigade stand bis Brabant und im Walde von Consenvoye, bei
Vacherauville schloß sich die 14.
Reserve-Division an, dann östlich Douaumont im stehenden Gefecht die
25. Infanterie-Division. Beim V. Reservekorps fanden Verschiebungen statt. Der
Feind hielt die Linie
Vaux-Teich - Steinbruch nördlich des Forts und das Dorf
Vaux. Am 29. Februar begab sich der Generalstabschef des Feldheeres, General
v. Falkenhayn, zum
Armee-Oberkommando 5, um die Aussichten eines Angriffes auf dem Westufer
der Maas zu besprechen. Dieser war erforderlich, wenn der Angriff auf Verdun
überhaupt weiter geführt werden sollte. Auf Antrag wurden
zunächst dem
Armee-Oberkommando 5 das X. Reservekorps unterstellt, dann die 11. bayerische
Infanterie-Division und 22. Reserve-Division, die nach Vouziers und Stenay
gewiesen wurden. Überwiesen wurden ferner 21 Batterien. Ein erneuter
Angriff sollte am 4. oder 5. März stattfinden, Ziel war die Höhe des
"Toten Mannes" und des
Cumières-Waldes mit der Absicht, die feindliche Artillerie hinter der
Côte de Marre niederzukämpfen.
Der Feind erkannte die Gefahr, die für ihn durch das Vorgehen auf
Douaumont und Vaux entstanden war; ein weiteres Vorgehen konnte die ganze
Verteidigung des Westufers in Frage stellen. Die Franzosen klammerten sich mit
aller Zähigkeit an den Steilrand der
Maas-Höhen und suchten auch durch Einsatz frischer Kräfte erneut
Damloup zu halten, beim Fort Souville waren auch mehrere schwere Batterien im
Aufmarsch begriffen. Es war richtig erkannt, daß des Feindes schwache
Stelle beim Fort Vaux lag.
Die Märzkämpfe vor Verdun.
Am 1. März wurde der Angriffsbefehl für den Sturm auf das Dorf
Douaumont ausgegeben. In fünf Sturmkolonnen sollte nach
vierstündiger Artillerievorbereitung das III. Armeekorps das Dorf
Douaumont stürmen, sich dann gegen das Zwischenwerk Thiaumont
wenden; für das XVIII. Armeekorps ergab sich in der
gegenüberliegenden Stellung des Feindes das Angriffsziel. Das V.
Reservekorps sollte Fort Vaux nach
vier- bis fünfstündiger Artillerievorbereitung nehmen.11
[504a]
Angriff auf Verdun: Verdun brennt!
|
[505] Nach stärkstem
Vorbereitungsfeuer begann am 2. März beim III. Armeekorps der
umfassende Angriff auf Dorf Douaumont, der endlich Erfolg hatte. Aber die
Angriffskraft der 5. Infanterie-Division war damit verbraucht. Wohl kam es noch
zu ernsten Kämpfen im Dorfe, aber der langumstrittene Stützpunkt
war zwischen 1 und 2 Uhr in deutschem Besitz. Gegenstöße konnten
auch nicht mehr den Deutschen das Dorf streitig
machen. - Auch das XVIII. Armeekorps kam ein wenig vorwärts,
fand aber ernsten Widerstand in den Blockhäusern des
Ablain-Waldes. Die französische Artillerie vor dem V. Reservekorps war
noch nicht niedergekämpft. Als um 4 Uhr die Infanterie antrat, setzte sofort
heftiges Sperrfeuer ein, außerdem wirkten flankierend ein die
Weinberg-Höhe nördlich Damloup und Stellungen am
Caillette-Walde bei Fleury. Der Angriff kam zum Stehen. Auch bei den
Nachbar-Divisionen war der Angriff nicht weiter gekommen. Das Fort Vaux
schien völlig unversehrt. Das Generalkommando gewann den Eindruck,
daß erst nach Beseitigung der Flankierung von La Caillette, der
Nordostecke von Froideterre und Fleury der Angriff gelingen könnte.
Schwierigkeiten machten der Munitionsnachschub für die Artillerie. So
wurde der Angriff auf den 7. und 8. März verschoben. Es wurden als
Angriffsstellen Batterie de la Faussee Côte (am
Chapitre-Walde) und das Dorf Vaux bezeichnet. Für den Kampf lag hier
die Entscheidung. Am 5. wurde das III. Armeekorps durch die von Metz
herangezogene 113. Infanterie-Division verstärkt, die auf dem rechten
Flügel eingesetzt wurde, während die 6.
Infanterie-Division die Stellung der 10.
Reserve-Division übernahm. Die 121.
Infanterie-Division wurde hinter das V. Reservekorps gezogen. Auf dem rechten
Flügel der 5.
Infanterie-Division liefen 2000 Franzosen der Regimenter 110, 146 und 124
über.
Der Angriff sollte nach Vorbereitungsfeuer am 7. vom III. Armeekorps und V.
Reservekorps ausgeführt werden, die Nachbarkorps sich zum Eingreifen
bereithalten und sie artilleristisch unterstützen; erst wenn das III.
Armeekorps Gelände gewonnen hatte, sollte das XVIII. Armeekorps
angreifen und die feindliche Stellung auf dem Rücken nordwestlich Dorf
Douaumont und Thiaumont stürmen. Das V. Reservekorps (jetzt nur noch
9. Reserve-Division) sollte das Waldstück La Montagne und Fort
Vaux, dann erst den Weinberg nördlich Damloup nehmen. In der Nacht
vom 7. zum 8. sollte die 25. durch die 13.
Reserve-Division abgelöst werden. Auch das Vorgehen des XV.
Armeekorps war nicht so günstig geblieben, wie es sich zuerst angelassen
hatte. Die französische Artillerie mit ihrer vortrefflichen Beobachtung von
der Côte erwies sich als dauernd überlegen. Die deutschen Batterien
wurden schnell aufgefunden und von stark überlegener Artillerie
niedergekämpft, während die französischen Batterien schwer
aufzu- [506] finden und zu
bekämpfen waren. Die deutsche Artillerie verfiel auf das Mittel der
Verwendung von Korpssalven sämtlicher Batterien gegen einzelne
französische Batteriegruppen; auch hiermit wurde es nicht besser. Auch der
Ausbau der Stellungen litt unter dem heftigen feindlichen Artilleriefeuer.
Die Aufmerksamkeit der Franzosen wurde durch Kämpfe auf dem linken
Maas-Ufer abgelenkt. Hier war auf dem linken Flügel des VI. Reservekorps
die 22. Reserve-Division vom X. Reservekorps eingerückt. Diese sollte
sich, unterstützt von einem Panzerzuge und von der Artillerie des VII.
Reservekorps, in den Besitz von Forges, dann der Höhe 265 setzen.
Unterstützt von zwei bei Brabant übergegangenen Bataillonen des
Füsilier-Regiments 37 (77.
Infanterie-Brigade) und zwei oberhalb Regnéville übergegangenen
Kompagnien der 13. Reserve-Division konnte dann die 22.
Reserve-Division festen Fuß auf der Höhe 265 fassen,
während das VI. Reservekorps den
Forges-Bach bei Béthincourt gewann.
Die nächsten Tage vergingen unter Vorbereitung für den Angriff auf
dem rechten Ufer, namentlich das Vortragen der Minen nahm sehr viel Zeit und
Kraft in Anspruch.
Am 7. verzögerte sich der Beginn des Wirkungsschießens bis in den
Nachmittag hinein, mußte sogar teilweise nach zwei Stunden eingestellt
werden, da die Sicht immer schlechter wurde. Als dann beim III. Armeekorps und
V. Reservekorps zur Täuschung des Feindes das Feuer vorgelegt wurde,
antwortete der Feind mit starkem Sperrfeuer, was sich auch in der Nacht
wiederholte, dann aber am 8. als Täuschung erkannt wurde. Auch in der
Nacht unterhielt der Feind starkes Artilleriefeuer.
Um 12 Uhr mitternachts sollte am 8. März bei beiden Korps der Angriff
beginnen, der auf der ganzen Front zunächst gut vorwärts ging, bis
sich wieder das flankierende Feuer aus dem
Caillette-Walde und von der Weinberg-Höhe nördlich Damloup
geltend machte. So kam der Angriff zum Stehen. Die 9.
Reserve-Division, unterstützt durch das flankierende Feuer des XV.
Armeekorps, wollte unter dem Schutze der Dunkelheit doch noch zum Sturm auf
die feindliche Stellung schreiten; um 8 Uhr 30 Minuten abends sollten antreten
Reserve-Infanterie-Regiment 19 gegen Dorf Vaux,
Reserve-Infanterie-Regiment 6 gegen Fort Vaux und
Infanterie-Regiment 155 von Norden und Nordosten gegen
Höhe 251 und die
Weinberg-Höhe nördlich Damloup nehmen. Fünf
Pionier-Kompagnien wurden zugeteilt. Auch das XV. Armeekorps wollte
gleichzeitig den Feuilla-Wald angreifen. Der Nachtangriff verlief nicht nach
Wunsch; es traten Verzögerungen ein, so daß nur Dorf Vaux
genommen und gegen Angriffe gehalten wurde.
Reserve-Infanterie-Regiment 19 war noch am Abend des 8. März in das
Fort Vaux eingedrungen, hatte sich aber nicht halten können. In den
frühen Morgenstunden des 9. war von Kompagnien der
Reserve-Regimenter 6 und 19 Fort Vaux noch einmal genommen und dann auch
weiter nach Westen Gelände gewonnen, während die 155er die
Weinberg-Höhe nördlich [507] Damloup
stürmten. Auch das XV. Armeekorps erreichte unter schweren
Kämpfen sein Angriffsziel; weniger erfolgreich hatte sich das Vorgehen der
6. Infanterie-Division gestaltet. Das Generalkommando hatte die
verfügbaren Teile der 10.
Reserve-Division rechtzeitig alarmiert und die ihm unterstellte 121.
Infanterie-Division12
(Reserve-Infanterie-Regiment 7,
Reserve-Infanterie-Regiment 56, Infanterie-Regiment 60,
Divisions-Stab bei 267) südlich Azannes vorgeführt. Die große
Anstrengung beim Anmarsch dieser Division hat vielleicht dazu beigetragen,
daß sie nicht schon früher herangezogen wurde, sie fehlte jedenfalls
bei den seit dem Vormittag im Gange befindlichen Kämpfen um Fort
Vaux.
"Im Laufe des Vormittags und in den
Mittagsstunden des 9. März gingen eine Reihe von Meldungen der 9.
Reserve-Division ein, welche erkennen ließen, daß um die
Weinberg-Höhe nördlich Damloup und um das Fort heftige
Kämpfe im Gange seien. Genauere Einzelheiten über diese
Kämpfe sind nicht zu ermitteln gewesen, auch der Gefechtsbericht der 9.
Reserve-Division ergibt kein klares Bild, da die Verbände durch die
nächtlichen Kämpfe und die anscheinend andauernden
französischen Gegenangriffe völlig durcheinander geraten
waren - die Führer waren in vorderster Linie
gefallen - und ferner ein unerhört heftiges feindliches Artilleriefeuer
jede Nachrichtenübermittlung von vorn zu den Reserven unmöglich
machte. Das Ende dieser Kämpfe war jedenfalls, daß das Fort Vaux
wieder verloren ging. Die Meldung hierüber ging um 2 Uhr 24 Minuten
nachmittags von der 9. Reserve-Division ein und wurde sofort an das
Armee-Oberkommando 5 weitergegeben. Um 3 Uhr 45 Minuten nachmittags
meldete die Division über die Lage auf dem rechten Flügel. Danach
waren in dem kleinen westlichen Teil des Dorfes noch Franzosen; im
östlichen Teil, der in unserer Hand war, befanden sich aber Teile der
Reserve-Regimenter 19 und 98, auch 3. Jäger und 64er vom III.
Armeekorps.13 Über den Besitz des
Steinbruches war noch keine Klarheit vorhanden. Ferner waren auf der ganzen
Front der Divisionen noch andauernd schwere Kämpfe im Gange."14
|
Die Armee-Abteilung v. Strantz versuchte vergeblich, sich dem Angriff gegen
Verdun anzuschließen. Am 7. März hatte sie mit dem I. Bataillon des
Grenadier-Regiments 6 Fresnes (an der Straße Pont à
Mousson - Verdun) genommen und bereitete einen Angriff gegen
die französische Stellung auf der
Combres-Höhe vor, der aber auf Einspruch des
Heeres-Generalstabschefs nicht zur Ausführung gelangte.
In der Nacht zum 10. löste
Reserve-Infanterie-Regiment 37 erhebliche Teile der 9.
Reserve-Division in vorderer Linie ab, während
Reserve-Infanterie-Regiment 7 bis in die Gegend östlich des Waldes
Bezonvaux vorgezogen wurde.
In Vereinbarung mit dem III. Armeekorps wurde der ursprünglich auf
die [508] ersten Morgenstunden
angesetzte Gegenstoß auf 3 Uhr nachmittags, dann auf 6 Uhr 30 Minuten
verschoben. Regen und Schneefall erschwerten die Sicht. Der Angriff
glückte nicht, die 6. Infanterie-Division kam nicht vorwärts; das
Reserve-Infanterie-Regiment 37 hatte trotz des flankierenden Feuers nur
vermocht, sich bis annähernd auf Sturmentfernung an das Fort
heranzuarbeiten.
Ein neuer Angriff auf Fort Vaux war erforderlich, der aber erst angesetzt werden
sollte, wenn aufklärendes Wetter gründliche Artillerievorbereitung
ermöglichen würde. Die Führer erkannten, daß ein
erfolgreicher Sturm aber erst möglich wäre, wenn es gelungen sei,
das feindliche Flanken- und Rückenfeuer niederzuhalten. Die 77.
Infanterie-Brigade wurde am 11. wieder dem V. Reservekorps unterstellt, die 113.
Infanterie-Division löste am 12. die 5., die 121. die des Ostabschnitts der 6.
Infanterie-Division und Teile der 9.
Reserve-Division ab, während letztere durch die 10.
Reserve-Division abgelöst wurde. Der Angriff wurde zunächst
aufgeschoben. Der Stellungsbau trat in den Vordergrund. Die günstigen
Eindrücke, die das Armee-Oberkommando am 8. März hatte,
veranlaßten die Herausgabe eines Angriffsbefehls an das XVIII. und VII.
Reservekorps für den 9. März, 1 Uhr nachmittags, der aber nur auf
dem linken Flügel des XVIII. Armeekorps einige Fortschritte machte.
Nachdem der erste Ansatz zum Sturm mißlungen war, fand neues
Wirkungsschießen der Artillerie bis 6 Uhr abends statt. Die Erdbeobachtung
an den gewölbten Höhenzügen war schwierig,
größtenteils ausgeschlossen. Auch als das XVIII. Armeekorps seine
vordersten Kampfgruppen durch zwei Regimenter verstärkte, kam der
Angriff nicht wieder in Gang. "Ist es doch eine schon damals erkannte Tatsache,
daß die Stärke der vordersten Linie und ihre Dichtigkeit keineswegs
den Erfolg beim Angriff verbürgen, im Gegenteil die Verluste nur
erhöhen und schon dadurch stark demoralisieren. Wenn es unter dem Druck
stärksten Artilleriefeuers nicht gelingt, schnell Erfolge zu erringen, wenn
der Gegner Zeit hat, neue Stellungen planmäßig zu besetzen, kommt
der Angriff bald zum Stehen und es bedarf eines völlig neu gegliederten,
neu vorbereiteten Angriffs mit frischen Kräften. Diese fehlten hier und
deshalb mußte von einer Wiederholung des Angriffs auch an kommenden
Tagen Abstand genommen werden."15
Die Durchführung der Angriffe wurde dadurch erschwert, daß ein
Herausziehen der 21. Infanterie-Division verfügt wurde, so daß die 25.
Infanterie-Division den ganzen Korpsabschnitt übernehmen mußte; er
verlief durch den Südteil des
Ablain-Waldes bei zurückgezogenem rechten Flügel, dann
südlich des Weges nach Dorf Douaumont und gleichlaufend mit diesem
Wege.
Der deutsche Angriff an der entscheidenden Stelle der französischen
Stellung war so unter dem Feuer der ungebrochenen feindlichen Artillerie zum
Stehen gekommen; es handelte sich jetzt zunächst darum, eine
durchlaufende Stellung [509] mit zwei Linien mit
den nötigen Unterkunftsräumen, Hindernissen und Verbindungen zu
schaffen, was bei der Nähe des Feindes und seiner tätigen
Verteidigung nicht leicht war und nur durch die kräfteverzehrende
Nachtarbeit geschehen konnte. Verluste waren unvermeidlich. Der Gedanke eines
Angriffs wurde jedoch nicht fallengelassen. Der Bau einer Sturmstellung
stieß auf ganz besondere Schwierigkeiten in dem lehmigen Boden unter
dem fast andauernden Feuer des Feindes. Nicht genug wurde für die
Führung eines Angriffs auf die Höhen nördlich Fort Vaux die
Bedeutung des Caillette-Waldes gewürdigt. Diese Höhen mußten erst fallen,
ehe an eine Weiterführung des Angriffs gedacht werden konnte.
In diesen Kämpfen litt der Gesundheitszustand von Mann und Pferd. Die
Pferdeverluste erschwerten die Munitionierung der Batterien erheblich. Die
deutsche Artillerie suchte mit allen Kräften ihre Infanterie zu entlasten; ihr
fehlten aber zu einer erfolgreichen Bekämpfung der feindlichen Artillerie
besonders schwere und schwerste Mörser und weiter eine ausgesprochene
Überlegenheit in der Luft. Der Materialverbrauch war recht empfindlich.
Auch war es nicht möglich, den seit Wochen stark beanspruchten
Bedienungen die nötige Erholung zu gewähren. Die
französischen Batterien waren durch ihre Lage sehr geschützt gegen
das Feuer aus den tiefer gelegenen deutschen Stellungen. Der Angriff war bis
Ende April noch weit entfernt von einer artilleristischen
Feuerüberlegenheit. Das Ruhebedürfnis machte sich besonders
geltend bei den Truppen, die vom Februar ab an den Kämpfen
teilgenommen hatten.
Trotz dieser Schwierigkeiten wurde jede Gelegenheit zum Angriff benutzt. Es ist
nicht möglich, diese Angriffsversuche nur dem Namen nach zu
erwähnen. Sie geben allerdings ein schönes Zeugnis von der
Trefflichkeit der deutschen Truppe; leider waren die Erfolge der Angriffe aber
recht gering. Beim V. Reservekorps wurde die 9.
Reserve-Division zurückgenommen, während die 121.
Infanterie-Division (von der Armee-Abteilung v. Strantz) ihren Platz
zwischen der 6.
Infanterie-Division und 10. Reserve-Division erhielt, die verstärkt wurde
durch die herangezogene 77.
Infanterie-Brigade. Vom 16. März bis zum 16. April wurde das III.
Armeekorps zurückgezogen und ersetzt durch das X. Reservekorps mit der
113. und 58. Infanterie-Division. Nur bei den Pionieren und bei der schweren
Artillerie ließ sich eine planmäßige Ruhezeit nicht
ermöglichen.
|
Auf dem linken Maas-Ufer hatte das erfolgreiche Vorgehen der 22.
Reserve-Division (seit 2. März) gegen Höhe 265 dazu
geführt, daß auch das anschließende VI. Reservekorps den
Angriff unterstützte und am 14. März dann die 12.
Reserve-Division sich auf dem Toten Mann festsetzte, bis zum 30. mit der 11.
Reserve-Division Malancourt, Haucourt und den Termitenhügel
(südöstlich Malancourt), mit der 11. bayerischen Division am 20.
März den Wald von Avocourt nahm und 2500 Gefangene einbrachte.
Ein Einbruch in 9 km Breite und von 2 km Tiefe war erreicht. Unter dem [510] starken ungebrochenen
Feuer der feindlichen Artillerie mußte nun der Ausbau der genommenen
Stellung durchgeführt werden, so daß erst am 9. April nach Eintreffen
des Generalkommandos XXII. Reservekorps, das die taktische Leitung der 12.
und 22. Reserve-Division übernahm, mit einer planmäßigen
Fortführung des Angriffs gerechnet werden konnte. Die 2.
Landwehr-Division sollte einen Angriff vortäuschen. Während es der
12. Reserve-Division gelang, Béthincourt zu nehmen und den
Forges-Grund südlich des Dorfes zu überschreiten, konnten die
bayerische 11. und die 11.
Reserve-Division nicht weiter vorwärtskommen. Man darf nicht vergessen,
daß die 11. Reserve-Division in den letzten Wochen etwa 120 Offiziere
verloren hatte, darunter 1 Brigade-, 2 Regiments- und 6 Bataillonskommandeure, sowie 21
Kompagnieführer. Die Lücken waren erst zum Teil wieder geschlossen,
die neu eingetroffenen Offiziere mußten sich erst mit ihrer Truppe und dem
Gelände bekannt machen. Es bedurfte noch einiger Zeit, ehe die Division
wieder angriffsfähig sein konnte.
Am 10. wurde der Angriff auf der ganzen Front fortgesetzt, kam jedoch nicht
vorwärts. Die feindliche Artillerie war an Rohren und Munition weit
überlegen und alles andere als niedergekämpft. Dazu kam
trübes und regnerisches Wetter. Durch die Anstrengungen seit Beginn der
Kampfhandlung, durch die Einflüsse der nassen Witterung und der
schlechten Ernährung der Truppen in vorderer Linie, zu denen warmes
Essen nicht vorgebracht werden konnte, hatte der Gesundheitszustand sehr
gelitten. Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaften des alten Stammes waren
körperlich und seelisch überanstrengt, aber erst nach Wegnahme der
Höhe 304 (nördlich Esnes) hoffte man auf eine Besserung der
Lage.
|
Der Angriff wurde am 22., 23. und 24 weitergeführt. Auf dem rechten
Flügel hatte die 11. Reserve-Division einen Erfolg, mußte aber unter
dem Maschinengewehrfeuer des Feindes wieder in die Ausgangsstellung
zurückgehen. Auch am 23. und 24. waren keine Vorteile zu erreichen. Die
12. Reserve-Division mußte durch die 4.
Infanterie-Division ersetzt, erstere in Ruhequartiere nach der Gegend von
Diedenhofen verlegt werden. Auch bei der 11.
Reserve-Division sah es wenig günstig aus; die im Artilleriefeuer
angelegten Gräben waren wohl verteidigungsfähig, aber es fehlte an
Hindernissen, da es nicht möglich war, Hindernisse über den
Forges-Bach zu bringen. Der Bach war nicht zu überschreiten; am Tage lag
er unter der feindlichen Beobachtung und in der Nacht unter starkem feindlichen
Sperrfeuer. Die Truppen waren südlich des
Forges-Baches nur auf ihre eisernen Portionen angewiesen und mußten den
Durst durch Regenwasser löschen. Das Artilleriefeuer ging von beiden
Seiten ununterbrochen weiter. Ein Gegenangriff der Franzosen am 29. wurde nach
kurzem vorübergehenden Erfolge abgewiesen.
Zur Erleichterung der Befehlsführung hatte das
Armee-Oberkommando 5 die auf dem linken Maas-Ufer eingesetzten Divisionen
dem General der Artillerie v. Gallwitz (Angriffsgruppe West, Chef des
Stabes Oberst Bronsart
v. Schellen- [511] dorff, Hauptquartier
Charmoise) seit dem 29. März unterstellt, während auf dem Ostufer
die Leitung auf dem rechten Flügel (VII. Reservekorps) General
v. Zwehl behielt, den Befehl über das V. und X. Reservekorps
General v. Mudra (Angriffsgruppe Ost) am 16. März
übernahm. Vorgreifend sei erwähnt, daß vom 14. April ab
General v. Lochow den Befehl über die Angriffsgruppe Ost
übernahm (Chef des Stabes Major Wetzell).
Der Angriff vom 9. März, dem sehr weitgesteckte Ziele in den Forts
Belleville und Moulainville gegeben waren, mißglückte schon in
seinen Anfängen. Am 18. und 19. März sollte ein
größerer Angriff des V. und X. Reservekorps gegen das
Zwischenwerk Thiaumont, gegen Fleury und Tavannes stattfinden; es konnte aber
nur ein unbedeutender Grabengewinn südlich des Forts Douaumont
verzeichnet werden. Der Angriff scheiterte an dem Feuer der sehr wachsamen
französischen Artillerie und namentlich an dem Feuer der
Maschinengewehre, abgegeben aus flankierenden Stellungen vom Steinbruch
nördlich Vaux und vom
Caillette-Walde. Die beiderseitige Artillerietätigkeit war während
des ganzen Monats März außerordentlich stark; die Verluste
steigerten sich durch die Überlegenheit des Gegners, durch die Zahl und die
bessere Beobachtungsmöglichkeit. Der Ausbau und die starke Besatzung
der Stellungen, gegen die die Verteidiger häufig angriffen, forderte
erhebliche Opfer. Die 25.
Infanterie-Division wurde in der Nacht zum 21. März in Ruhe
zurückgezogen und durch die 19.
Reserve-Division ersetzt. Das Ruhebedürfnis war besonders groß.
Das XVIII. Armeekorps hatte seit dem 21. Februar an allen Kämpfen
teilgenommen und bis zum 31. März im Kampf verloren: 295 Offiziere,
10 309 Mann. Aber die Ruhe konnte nur kurz bemessen werden.
Bei der Obersten Heeresleitung machten sich die ersten Sorgen geltend, ob auch
der betretene Weg vor Verdun tatsächlich zum Ziele führen
würde. Der Kronprinz als Oberbefehlshaber der Heeresgruppe beurteilte
wie der Chef seines Stabes die Angriffsabsichten noch durchaus
günstig:
"Nach meiner Ansicht ist die
französische Oberste Heeresleitung mit den noch verfügbaren
Kräften wohl in der Lage, lokale Offensivunternehmungen, nicht aber
größere Operationen durchzuführen.
Damit neige ich auch weiter unbedingt der Ansicht zu,
daß das Schicksal der französischen Armee sich bei Verdun
entscheidet, und damit ferner liegt die Aufgabe klar, hier mit allen Mitteln die
Vernichtung der kampfkräftigen französischen Reserven sowohl
durch Einsatz von Mannschaften als von Gerät und Munition zu
vollenden.
Die ersten Operationen auf dem östlichen
Maas-Ufer sind bis zur völligen Ausnutzung der zur Verfügung
gestellten Kampfmittel unter Einsatz äußerster Energie
durchzuführen. Der hiernach eintretende Halt war zu erwarten. Der Ersatz
an Truppen und Gerät erforderte Zeit, das Auftreten der neuen, von allen
Seiten heranströmenden französischen Streitkräfte, die
Schwierigkeit des Ge- [512] ländes, noch
vermehrt durch festungsmäßige Verstärkungen, alles das
veranlaßte erneute ruhige Erkundung und sorgsame Vorbereitungsarbeit.
Bisher feldmäßig aufgefahrene Batterien mußten sich
eindecken, die frisch eingesetzten vier Divisionen (19.
Reserve-, 113., 58., 121. Infanterie-Division) hatten sich durch umfangreiche
Erdarbeiten gegenüber dem nunmehr in gut ausgearbeiteten Stellungen
stehenden Feinde zu schützen und ihre rückwärtigen
Verbindungen durch Annäherungswege zu ermöglichen. Hierbei, im
Verein mit den Unbilden der Witterung, wurde die Kraft der Truppen voll in
Anspruch genommen; aber es war durchaus erforderlich, um eine gesicherte
Grundlage für jede weitere Offensivoperation zu schaffen. Da ferner nur
einzelne Divisionen als Ersatz verfügbar gemacht werden konnten, war die
Neuregelung der Kommandoverhältnisse erschwert und wirkte daher
verzögernd.
Während dieser Zeit auf dem östlichen Ufer
konnten die Teilangriffe, sich ineinander fügend, auf dem westlichen Ufer
einsetzen. Auch hier wird nach einer Reihe schöner Erfolge
naturnotwendig eine Zeit kommen, die für weitere Vorbereitungen ohne
Vorwärtsdringen benutzt werden muß. Es ist nicht unwahrscheinlich,
und bahnt sich zum Teil schon an, daß französischerseits
Gegenangriffe - auch größeren Stils - zunächst
auf dem westlichen Maas-Ufeer, später vielleicht auch auf dem östlichen einsetzen
werden. Dagegen muß unsere Truppe sich durch Einbau sichern. Auch das
wirkt auf ein unausgesetztes Vordringen verzögernd.
..... Das Oberkommando schlägt daher vor:
1. Die Durchführung des Angriffs auf
dem östlichen Ufer muß zunächst unbedingt so weit gegen
Verdun erfolgen, daß ein umfangreiches Zusammenwirken des Angriffs mit
dem des westlichen Ufers, mindestens durch Artillerieunterstützung,
gewährleistet ist, das heißt, die Infanterie des Ostufers muß auf
der Côte bis in die Linie: Ouvrage de
Thiaumont - Fleury - Fort de
Souville - Fort de Tavannes vorrücken.
Hierdurch ist auch allein die flankierende
Unterstützung für das Vorrücken der in der
Woëvre-Ebene stehenden Kräfte des XV. Armeekorps auf die
Côte hinauf möglich.
2. Es ist durchaus Aussicht vorhanden,
daß dieses unter 1 genannte Vordringen bald ermöglicht wird.
Zunächst lassen sich die weniger durch Kampf als durch Arbeit, durch die
Unbilden der Witterung und durch den bei gewissen einzelnen Truppenteilen
bestehenden Mangel moralischer Faktoren minderwertiger Teile durch Einsatz des
wieder kampfkräftigen XVIII. Armeekorps ergänzen. Dann aber
müssen weiter Zug um Zug die durch das XVIII. Armeekorps
abgelösten Truppen von der Obersten Heeresleitung durch hochwertige
andere ersetzt werden, um jederzeit frische Reserven zur Hand zu haben. Der
gleiche Ersatz ist wie bisher an Gerät und Munition erforderlich. Dann wird
es unbedingt nötig sein, daß der Druck auf dem östlichen
Maas-Ufer dauernd stark bleibt.
[513] Auf dem
westlichen Maas-Ufer erwarte ich die Entwicklung der Verhältnisse anders.
Hier werden sich die feindlichen Reserven im Verlaufe der Zeit durch die
heftigsten Gegenangriffe selbst zerstören. Vorbedingung hierfür ist
es für uns, daß wir die Linie Wald von
Avocourt - Höhe 304 - Toter
Mann - Höhe nördlich
Chattancourt - Cumières bald erreichen. Erst wenn die
französischen Kräfte in zwecklosen Offensivstößen
erlahmt sind, werden die deutschen Kräfte auf dem westlichen
Maas-Ufer endgültig vorwärts kommen. Bis dahin werden die
Ereignisse auf dem Ostufer sich entsprechend zur erfolgreichen
Unterstützung gestaltet haben.
Es sind Anzeichen vorhanden, daß die Entwicklung
der Kämpfe um Verdun diesen Gang nehmen wird. Ein Grund, in den
bisherigen Anstrengungen nachzulassen, liegt nicht vor. Die französische
Offensivkraft wird bei Verdun gebrochen."
Die weiteren Angriffe auf dem Ostufer hatten keinen Erfolg und brachten trotz
allen Munitions- und Bluteinsatzes keinen nennenswerten Geländegewinn.
Die Ablösung der 10.
Reserve-Division durch die 50. Infanterie-Division wurde erforderlich. Obgleich
die moralische und physische Kraft der Truppe nachließ und der Ausbau
einer Sturmstellung fast unmöglich war, hielt die Führung dauernd
an einer Weiterführung des Angriffs fest. Am 16. April übernahm
General v. Lochow den Befehl über einen Teil der Angriffstruppen
auf dem rechten
Maas-Ufer als Angriffsgruppe Ost. Ihm waren unterstellt: X. Reservekorps mit 19.
Reserve-Division, das Generalkommando XVIII. Armeekorps mit 21. und 25.
Infanterie-Division, das Generalkommando V. Reservekorps mit 121. und 58.
Infanterie-Division. Nicht unterstellt war das VII. Reservekorps mit 13. und 14.
Reserve-Division. Das auf dem linken Flügel stehende Generalkommando
XV. Armeekorps (30. und 31.
Infanterie-Division) schuf den Anschluß an den rechten Flügel der
Armee-Abteilung Strantz (5. Landwehr-Division). Die 1.
Infanterie-Division löste am 20. die 121.
Infanterie-Division, die 25. am 13. April die 113.
Infanterie-Division ab. Die neuen Abschnitte lagen wenige Kilometer
südlicher als die Stellen, wo die Divisionen beim ersten Einsatz
gekämpft hatten. Am 17. April gelang es der 19.
Reserve-Division, für kurze Zeit Thiaumont Ferme zu nehmen; ein
französischer Gegenangriff gewann sogar östlich vom Fort
Douaumont Raum, so daß auf die irrige Nachricht von einem Durchbruch bei
der 1. Infanterie-Division alle verfügbaren Reserven in Marsch gesetzt
wurden. Die Kämpfe hielten bis zum 20. April an, ohne daß die
Franzosen Fortschritte machen konnten. Die beiden hessischen Divisionen (21.
und 25.) wurden durch die 6. und 5.
Infanterie-Division am 28. April abgelöst. Das XVIII. Armeekorps wurde
dann in die Gegend von Laon zur 7. Armee, die Divisionen des V. Reservekorps
(9. und 10. Reserve-Division) nach dem Elsaß abbefördert.
[514] Die
Kämpfe bis Ende Juli.
Schon die Aprilkämpfe hatten beim Kronprinzen den Gedanken entstehen
lassen, ob es nicht richtiger sei, die Angriffsoperation auf Verdun überhaupt
einzustellen, da die Erwartung des Generals v. Falkenhayn, daß die
Franzosen sich verbluten würden, sich nicht erfüllte; dann
wären allerdings alle bisherigen großen Opfer an Blut und Munition
vergeblich gebracht; sein Stab sprach sich nach wie vor für
Weiterführung des Angriffs aus. Eins war richtig: jedes Einstellen des
Angriffs mußten die Franzosen als einen Erfolg buchen.
Auf dem westlichen Maas-Ufer hatten die Aprilkämpfe den Angriff
über den Forges-Bach geführt; als weitere Angriffsziele hoben sich ab: die
Höhe 304 östlich der Straße
Malancourt - Esnes und die breite Kuppe des "Toten Mannes" (285
bei Chattancourt). Der Angriff auf diese Höhen war aber nur berechtigt,
wenn die Führung entschlossen war, sich auch in den Besitz des
Marre-Rückens (298) zwischen Charny und Bourrus zu setzen, auf dem
sich die Forts de la Marre und des Bois Bourrus mit ihren Batterien befanden.
Im Besitz des Marre-Rückens hätten Verdun und die
Maas-Brücken beherrscht werden können; auch ein Vorgehen auf
dem rechten Maas-Ufer wäre ganz erheblich erleichtert worden. So
führten die Ereignisse ganz von selbst zur Rückkehr zu dem
ursprünglichen Angriffsplan des Kronprinzen: Angriff auf beiden
Maas-Ufern. Der Angriff auf dem linken Flußufer wurde in den ersten
Maitagen durch Einnahme des Termitenhügels (südöstlich
Malancourt) eingeleitet.
Am 5. Mai war die Fortsetzung eines allgemeinen Angriffs gegen
Höhe 304 im allgemeinen aus nördlicher Richtung
vorgesehen; trotz kräftiger, gut geleiteter Artillerievorbereitung waren die
Erfolge unbedeutend infolge unzutreffender Nachrichten über die Lage der
feindlichen Stellung. Die Fortführung des Angriffes wurde für den 7.
befohlen, wobei der 4. Infanterie-Division die Hauptaufgabe zufiel; ihr gelang es
auch, auf der Kuppe 304 festen Fuß zu fassen. Die seit dem 6. März
ohne Ruhepause eingesetzte 11.
Reserve-Division hatte nur geringen Erfolg zu verzeichnen. Der Widerstand des
Feindes nahm zu, die Division war verbraucht. So konnten aus den
zurückgezogenen
Reserve-Infanterie-Regimentern 156 und 22 nur noch je zwei
gefechtsfähige Kompagnien gebildet werden. Am 10. Mai wurde das VI.
Reservekorps durch das XXIV. Reservekorps abgelöst und nach Cambrai
zur Ruhe und Erholung befördert. Dort trat es nach wenigen Wochen beim
Beginn der Somme-Schlacht wieder in den Kampf.
Das XXIV. Reservekorps übernahm am 12. April den Befehl über
die 11. bayerische und 4.
Infanterie-Division; links weiter schloß sich über den Westhang des
"Toten Mannes" das XXII. Reservekorps (43. und 44.
Reserve-Division) an und hielt den
Cumière- und Rabenwald. Die deutschen Fortschritte waren trotz
andauernder Kämpfe nicht besonders groß gewesen. Am 15. wurde
die 4. durch die 38.
Infanterie-Division, am 16. die bayerische 11. durch die [515] 54.
Infanterie-Division abgelöst. Die Schwierigkeiten des frontalen Vorgehens
zwangen eine Pause in den Angriffsunternehmungen auf. Im linken Abschnitt
erstürmten die 43. und 44. Reserve-Division des XXII. Reservekorps die
Höhe des "Toten Mannes". Der Kronprinz schreibt als Augenzeuge in
seinen Erinnerungen (S. 197):
"Das auf dem ganzen
Höhengelände liegende Trommelfeuer unserer Artillerie bot einen
schaurig schönen Anblick dar; der »Tote Mann« sah wie ein
großer Vulkan aus: Luft und Erde erzitterten unter Tausenden von
Geschoßeinschlägen. Die Minute des festgelegten Sturmes der
Infanterie war erreicht. Pünktlich verlegten unsere Batterien ihr Feuer nach
vorwärts, und mit dem Scherenfernrohr verfolgte ich deutlich unsere
Schützen, wie sie ihre Gräben verließen, nach vorwärts
stürzten, und wie hier und da über ihnen die kleinen Wölkchen
detonierender Handgranaten sichtbar wurden. Ihnen nach folgten aufgelöste
Reserven, Träger und Bautrupps. Wie wird es werden? Da sah man bald
aus den erreichten französischen Gräben erst einzelne Gefangene,
dann immer mehr durch unsere Truppen zurücklaufen, schließlich
ganze hellblaue Kolonnen. Als ich gerade froh und befriedigt aufatmete, ereignete
sich ein bemerkenswerter Zwischenfall: Mein Generalstabschef hatte vom
anderen Maas-Ufer her im Walde von Consenvoye aus viel weiterer Entfernung
den Angriff beobachtet und teilte mir telephonisch mit, der Angriff sei leider
gescheitert; man sähe überall rückläufige Bewegungen.
Ich konnte ihn trösten. Er hatte die gefangenen Franzosen gesehen, und ich
erfuhr an diesem typischen Beispiel, wie leicht falsche Meldungen im Kriege
entstehen... Wenige Tage darauf, am 24. Mai, nahm die 22.
Reserve-Division das Dorf Cumières mit 300 Gefangenen. Nach
mehrtägigem hin und her wogenden Kampfe um die Dorftrümmer,
gewannen dann die 22. und 44.
Reserve-Division gemeinsam in konzentrischem Angriff von drei Seiten den
Vollbesitz der Linie »Toter Mann«, den Südrand des Waldes
Les Caurettes - Cumières mit über 1300
Gefangenen. Damit war eine durchlaufende Linie auf dem
Maas-Ufer in unserer Hand. General v. Gallwitz befahl nun unter Einsatz
noch der 56. Infanterie-Division beim XXII. Reservekorps, daß die
unterstellten Korps zunächst ihre Stellung zu halten und zu verbessern
hätten."
Als die Angriffe dann nach einigen Wochen wieder aufgenommen wurden,
beschränkten sie sich nur auf örtliche Unternehmungen und wurden
schließlich ganz eingestellt.
Auf dem Ostufer entschloß sich das Oberkommando Ende April zur
Wiederaufnahme der Angriffe auf breiterer Grundlage.
"Diese lassen sich nicht
überstürzen", so meldete die Heeresgruppe am 27. April, "und
bedürfen einer gründlichen Vorbereitung bis ins kleinste. Sie werden
aber um so schneller folgen, wenn immer wieder stoßkräftige
Truppen rechtzeitig zur Stelle sind. Die jetzt in relativ breiten Abschnitten
eingesetzten Truppen haben vorläufig die Aufgabe, die erreichten Linien zu
Sturmstellungen auszubauen und die rückwärtigen Verbindungen
sicherzustellen. Diese Arbeiten müssen, durch feindliche Angriffe [516] gestört, in
ungünstigen Bodenverhältnissen und bei mangelhafter
Verpflegungsmöglichkeit überall in schwerem feindlichen
Artilleriefeuer ausgeführt werden. Naturgemäß erschöpft
sich unter diesen Schwierigkeiten allmählich die Spannkraft der Truppe
und damit der Angriffsgeist. Eine wirksame Abhilfe ist nur durch weitere
Verstärkungen zu schaffen, die es der Heeresgruppe ermöglichen,
durch entsprechende Tiefengliederung der Kräfte einer
Überanstrengung vorzubeugen, die erforderlichen Arbeiten
durchzuführen und zur gegebenen Zeit aus sich selbst wirklich frische
Kräfte für neue Angriffe zur Hand zu
haben."
Die Oberste Heeresleitung schloß sich grundsätzlich diesen
Gedanken an, wenn sie auch nicht sofort dem Wunsche des
Armee-Oberkommandos 5 nachkommen konnte.
Als Angriffsziel bot sich zunächst die festungsartig ausgebaute
Dorfstellung von Fleury, dann die Forts Souville und Tavannes, um dann durch
flankierendes Feuer auch den Angriff westlich der Maas und aus der
Woëvre-Ebene vorzutragen. Aber blutige Wochen vergingen, ehe nur das
erste Angriffsziel, das Dorf Fleury, genommen werden konnte. Vom 1. Mai ab
ergingen die ersten Befehle für einen erneuten großen Angriff.
Zunächst sollte das X. Reservekorps (19.
Reserve-Division, zwei durch Sturm-Bataillone verstärkte Bataillone der 5.
Infanterie-Division und 6. Infanterie-Division) am Vormittag des ersten
Angriffstages, dann am Nachmittag das V. Reservekorps (1. und 50.
Infanterie-Division) angreifen; am nächsten Tage sollten beide Korps
La Caillette und Fort Vaux stürmen. Die Schwierigkeit lag nach wie
vor in der Unmöglichkeit, eine Sturmausgangsstellung zu schaffen. Die
feindliche Artillerie war sehr tätig, beschoß die Waldlager; dann
setzte in der Annahme, daß sich die Ausgangsgräben mit
Sturmtruppen füllten, mehrfach Trommelfeuer gegen die Sturmstellung ein.
Jedenfalls war die französische Führung auf einen Angriff
vorbereitet, von dem sie von Aussagen von Überläufern oder
Gefangenen Kenntnis erhalten hatte. Auch die Anmarschwege lagen unter Feuer;
trotzdem gelang es, die Sturmtruppen ohne allzu große Verluste
vorzuführen. - Der Angriff war auf die Möglichkeit einer
Vergasung der feindlichen Artillerie aufgebaut. Bedauerlicherweise konnten bei
dem V. Reservekorps statt 16 nur 6 Batterien mit Gasmunition feuern, da die
Munition bei 10 Batterien nicht hatte bis in die Feuerstellung gebracht werden
können.
Am Vormittag des ersten Angriffstages gelang es, in Fort Tavannes und bei
Tavannes schwere Sprengungen hervorzurufen. Aber die Aussichten für das
Gelingen des Sturmes wurden merklich verringert, als schon eine Stunde vor
Sturmzeit feindliche Flieger über den deutschen Gräben erschienen,
ohne Störung beobachten und das Feuer leiten konnten. Die Verluste
nahmen sehr zu. Der Angriff hatte nur bei der 19.
Reserve-Division einen geringen Erfolg durch Wegnahme der Thiaumont Ferme,
die aber am 8. Mai wieder aufgegeben werden mußte. Der Angriff der 5.
Infanterie-Division scheiterte an dem rechtzeitig einsetzenden kräftigen
Sperrfeuer - mehrfach 10 bis 15 Minuten vor
Sturm- [517] beginn - und an
der flankierenden Wirkung von Maschinengewehren. Jedenfalls war die Kraft der
Verteidigungsartillerie noch nicht gebrochen.
Ähnlich war der Verlauf des Angriffs beim V. Reservekorps; schon in der
Sturmstellung hatte die Infanterie erhebliche Verluste erlitten. Das XV.
Armeekorps hatte mit seiner Artillerie flankierend in den Kampf eingegriffen.
Sehr empfindlich war am 8. Mai eine Explosionskatastrophe im Fort Douaumont.
Durch Unvorsichtigkeit von Mannschaften war in dem überfüllten
Fort Feuer entstanden, das auf ein Handgranatenlager übergriff und auch
Flammenwerfer zum Auslaufen brachte. Das brennende Flammenöl
verbreitete das Feuer, das dann auch noch ein Lager von französischen
15-cm-Granaten zur Explosion brachte. Alle in der Nähe des
Explosionsherdes und in den nächsten Kasematten befindlichen
Mannschaften wurden durch Qualm und durch Explosionsgase getötet. Die
Belegung des Forts war zur Zeit des Unglücks besonders hoch, da
Kompagnien des Infanterie-Regiments 52 durch das
Füsilier-Bataillon des Leib-Regiments abgelöst wurden und im Fort
Schutz vor dem feindlichen Feuer suchten. Die Lazaretträume waren nach
den Kämpfen vom 7. mit Schwerverwundeten überfüllt; auch
hatten eine Anzahl Leichtverwundeter im Fort Zuflucht gesucht. Das
Grenadier-Regiment 12 verlor seinen Regimentsstab und zwei
Bataillonsstäbe sowie die Offiziere einer
Maschinengewehr-Kompagnie. Die Zahl der Opfer wurde auf 650 angegeben. Der
Feind hatte das Unglück nicht bemerkt und verhielt sich ruhig, so daß
alle Rettungsarbeiten ungestört eingeleitet werden konnten. Da das
Zurückbringen der Toten im feindlichen Feuer unmöglich war,
wurden die Leichen in einem Hohlgang des Forts eingemauert.
In den nächsten Tagen gelang es, feindliche Vorstöße gegen
das Fort abzuweisen; eigene Angriffe waren kaum durchführbar, da die
Bereitstellung von Sturmtruppen in den zerschossenen Gräben und das
Heranführen von Reserven fast unmöglich war. Besonders schwierig
gestaltete sich für die 6. Infanterie-Division die Kampfführung im
Caillette-Walde, gegen den der Feind besonders seine Angriffe richtete. Der
Angriffsgedanke wurde vom
Armee-Oberkommando 5 jedoch nicht aufgegeben; größere
Angriffsunternehmungen sollten indessen bis zum Eintreffen frischer
Kräfte zurückgestellt werden. Die feindliche Artillerietätigkeit
nahm auffallend zu, richtete sich namentlich gegen Fort Douaumont mit schweren
Kalibern. Es mußte mit einem stärkeren Angriff in
größerer Breite gerechnet werden, der sich aber hauptsächlich
gegen Fort Douaumont zu richten schien. In der Nacht zum 22. Mai nahm das
Artilleriefeuer ganz erheblich zu; noch in der Dunkelheit verlor die 13.
Reserve-Division den Steinbruch von Haudromont. Ein sofortiger
Gegenstoß hatte keinen Erfolg; es begannen gleich die Vorbereitungen
für einen planmäßigen Angriff. Bald nach Hellwerden wurden
durch französische Flieger fünf Fesselballons in Brand geschossen
und heruntergeholt. Der dann einsetzende Angriff beim X. Reservekorps
drängte die deutsche vordere Linie zurück; dann gelang es den
Franzosen auch noch, in [518] das Fort Douaumont
einzudringen und sich im Südwest-Panzerturm festzusetzen; erst nach
langen erbitterten Nahkämpfen kam am Abend des 22. das Fort wieder
ganz in deutschen Besitz. Auch am 23. gingen die Kämpfe weiter. Die 6.
Infanterie-Division konnte ihre alten Stellungen wiedernehmen; hinter der 5.
Infanterie-Division, die auch Fortschritte meldete, wurde die 2. bayerische
Infanterie-Division herangezogen.
Am 24. übernahm das I. bayerische Armeekorps die Abschnitte der 19.
Reserve-Division, der 5. und über die in den Abschnitt der letzteren
einrückende 1. bayerische
Infanterie-Division. Die Kämpfe gingen weiter und zeigten trotz der
Überlegenheit der feindlichen Artillerie zunehmende deutsche Fortschritte,
nur blieb Thiaumont Ferme in Händen der Franzosen. Es war aber
gelungen, den Franzosen die Kiesgrube 300 m südlich des
Kehl-Walles von Fort Douaumont und den Steinbruch von Haudromont zu
entreißen. Nach langanhaltendem Mörserfeuer wurde die Stellung im
Steinbruch sturmreif geschossen und im Abenddunkel vom I. Bataillon des
Reserve-Infanterie-Regiments 13 (Hauptmann Schulz) unter nur geringen
Verlusten gestürmt. Am 28. wurde die 6. durch die 7.
Infanterie-Division, die 5. Infanterie-Division durch die 2. bayerische Division
abgelöst, die 6. Infanterie-Division hinter der Front zurückgehalten
und das Alpenkorps herangezogen.
Der Mai hatte schwere verlustreiche Kämpfe gebracht. Beim Kronprinzen
wuchsen die Zweifel, ob die vom Chef seines Stabes (Generalleutnant Schmidt
v. Knobelsdorf) empfohlene Durchführung des Angriffs richtig sei.
Aber die Oberste Heeresleitung forderte Fortsetzung des Angriffs; so mußte
noch einmal eine äußerste Kraftanstrengung versucht werden.
Ende Mai hatte die 7. Reserve-Division die 6.
Infanterie-Division im heiß umstrittenen
Caillette-Walde abgelöst; links von ihr stand die 1.
Infanterie-Division und weiter südlich das XV. Armeekorps mit der 50., 30.
und 39. Infanterie-Division; rechts der 7. Reserve-Division beim Fort Douaumont
die 2. bayerische Infanterie-Division und 19. Reserve-Division. Am 1. Juni
begann der Sturmangriff auf der ganzen Linie. Die 19.
Reserve-Division stieß durch bis an die durch die
Vaux-Schlucht führende Eisenbahn. Die 7.
Reserve-Division nahm den Caillette-Wald, die 1.
Infanterie-Division den Vaux-Bach, erfuhr aber Aufenthalt durch ein
Infanteriewerk auf dem Rücken nördlich des
Fumin-Waldes, welches ihr trotz wiederholter Versuche nicht zu nehmen
gelang.
Glücklicher war die 50. Infanterie-Division: es gelang ihr, in das Fort Vaux
einzudringen; Leutnant Reckow mit der 1. Kompagnie des
Infanterie-Regiments 158 drang im Fort bis zum
Kehl-Wall vor. Die Besatzung - 500 Mann des
Infanterie-Regiments 142 und 100 Mann des Infanterie-Regiments 101 unter
Major Raynal - hielten sich im Kehl-Kasernement und setzten die
Verteidigung weiter fort, waren auch durch Brieftauben und Lichtzeichen in
Verbindung mit der Außenwelt, aber Lebensmittel und Wasser waren
für einen längeren Aufenthalt [519] knapp. Noch weiter
südlich vermochte eine vom XV. Armeekorps zusammengestellte
Sturmtruppe (Grenadier-Regiment 3, Teile der
Infanterie-Regimenter 105 und 106) Damloup zu nehmen, konnte aber nicht
weiter vordringen. Die deutsche Infanterie richtete sich in den nächsten
Tagen in ihren Stellungen ein, wies sechs Angriffe gegen die 1.
Infanterie-Division ab, ebenso einen Entsatzversuch des Forts Vaux. Die Lage
blieb unverändert. Endlich am 7. ergab sich Major Raynal mit etwa 500
Infanteristen den Verteidigern vom Fort Vaux. Wassermangel hatte den
Kommandanten zur Übergabe gezwungen. Dem französischen
Kommandanten wurde der Säbel belassen; ihm konnte aus einem
aufgefangenen Funkspruch die Mitteilung gemacht werden, daß ihm das
Kommandeur-Kreuz der Ehrenlegion verliehen sei.
Am 8. Juni sollte der Angriff gegen das Zwischenwerk Thiaumont und gegen den
Bergrücken der "Kalten Erde" mit dem I. bayerischen Armeekorps
fortgesetzt werden. Das X. Reservekorps und die 50.
Infanterie-Division hatten ihre Linien um etwa 300 m vorschieben
können. Auch die 2. bayerische
Infanterie-Division war bis auf etwa 400 m an das Zwischenwerk
Thiaumont herangekommen. Die 1.
Infanterie- und die 7. Reserve-Division wiesen, im Begriff, zum Sturm anzutreten,
zunächst einen feindlichen Angriff ab, konnten dann im Nachstoß
etwa 200 m Raum gewinnen; im nächtlichen Angriff konnte das
Infanterie-Regiment 43 der 1. Infanterie-Division endlich das Infanteriewerk
nördlich des Fumin-Waldes stürmen und damit ein ernstes Hindernis
für jedes weitere Vorgehen beseitigen. Erbeutet wurden 269 Gefangene und
13 Maschinengewehre; in den Morgenstunden wurden alle Gegenangriffe
abgewiesen.
Der 9. Juni brachte eine Fortsetzung des Angriffs. Thiaumont Ferme wurde von
der 2. bayerischen Infanterie-Division genommen; ein von Fleury angesetzter
Nachtangriff und drei Gegenangriffe gegen Fort Vaux wurden abgewiesen. Auch
am 10. Juni hörten die Angriffe nicht auf. Das
Armee-Oberkommando 5 befahl erst nach Eintreffen der 4. und 103.
Infanterie-Division, den Angriff nach größerem Gasbeschuß in
der Richtung auf Fleury und Fort Souville weiterzuführen. Als weiteres
Angriffsziel wurden die das
Maas-Tal beherrschenden Forts von St. Michel und Belleville angegeben.
Ein Übelstand war, daß sich noch nicht alle Teile bis auf
Sturmentfernung an den Feind herangearbeitet hatten; dieses mußte
zunächst erreicht werden. Nach Vergasung begann der "Vorangriff" am 21.,
nachmittags 5 Uhr 50 Minuten, um den noch anhängenden linken
Flügel des Alpenkorps und des X. Reservekorps bis auf Sturmentfernung
an den Feind zu bringen. Auf dem linken Flügel kam der Angriff bei dem
Alpenkorps sehr gut vorwärts und erreichte schnell das Tagesziel; weniger
günstig stand es beim X. Reservekorps.
|
Auch die geplante Fortsetzung am 22. früh hatte keinen Erfolg. Am 22.
abends begann das Gasschießen von neuem. Die Franzosen antworteten
zunächst mit Sperrfeuer, das dann nach einiger Zeit eingestellt wurde, aber
in den Morgen- [520] stunden des 23. sich
doch noch einmal gegen die Sturmstellungen des X. Reservekorps und der 50.
Infanterie-Division richtete. Der entscheidende Angriff am 23. Juni fiel dem durch
Bataillone des Alpenkorps verstärkten I. bayerischen Armeekorps zu. Die
103. Infanterie-Division nahm - nach Ablösung der 7.
Reserve-Division - den Chapitre-Wald; der linke Flügel dieser
Division und die 1.
Infanterie-Division vermochten aber gegen die stark mit Maschinengewehren
besetzten Stellungen an der
Souville-Schlucht und östlich davon kein Gelände mehr zu
gewinnen. Die 50.
Infanterie-Division nahm die feindlichen Stellungen südlich des Forts Vaux
und lag schließlich mit ihrem linken Flügel 30 m vor der
Batterie auf der Höhe von Damloup. In kurzer Zeit hatte das Alpenkorps
zunächst das Zwischen[werk] Thiaumont genommen, dann mit dem
bayerischen Leib-Regiment das stark befestigte Dorf Fleury durchstoßen
und beseitigte in erbitterten Nahkämpfen den französischen
Widerstand; Teile des
Leib-Regiments stießen noch 500 m über das Dorf hinaus.
Dann wurde auch das Zwischenwerk "Froid Terre" besetzt. Dieses mußte
aber wieder aufgegeben werden. Am Abend des 23. Juni erhielt die
Angriffstruppe Befehl, halt zu machen.
Der Verlust in dem am Nachmittag ungebrochenen Artilleriefeuer des Feindes war
sehr schwer. Die Bataillone des
Leib-Regiments zählten nur 400 Gewehre. Das 2.
Jäger-Regiment hatte seit dem 4. Juni 43 Offiziere 1773 Mann verloren.
Auch die bayerische 1. Infanterie-Division wurde durch die 2. bayerische
Infanterie-Division abgelöst. Es gelang, in den nächsten Tagen
Gegenangriffe abzuweisen. Besonders schwer war ein stärkerer
Gegenangriff am 27. Juni gegen das I. bayerische Armeekorps bei Fleury und
gegen das X. Reservekorps aus der Richtung des Forts Souville. Nach
erfolgreicher Vergasung gewann der Angreifer den Eindruck, als wenn die
feindliche Artillerie erheblich vermindert sei; um so empfindlicher wirkten
flankierend feindliche Batterien aus der Gegend von Tavannes. Ein Versuch des
Feindes, seine bei Bras und südlich der "Kalten Erde" stehenden Batterien
zurückzuführen, wurde durch Artilleriefeuer verhindert. Die Truppe
war im Vollgefühl ihres Sieges; leider fehlte es wieder an Reserven, um
den Erfolg sofort auszubeuten. Mit jedem Tage des Aufschubs wurden die
Aussichten für den Sieg ungünstiger. Mangel an Gasmunition, die
nicht vor dem 7. Juli eintreffen konnte, hinderte die rasche Weiterführung
des Angriffs. Zudem war mittags des 24. Juni nachstehendes Telegramm der
Obersten Heeresleitung eingetroffen: "Die allgemeine Lage läßt es
dringend wünschenswert erscheinen, den
Menschen-, Material- und Munitionsverbrauch bei der Heeresgruppe entschieden
einzuschränken. Stellungnahme erwartet, wie dieses Ziel angestrebt werden
kann, nachdem nunmehr durch die Einnahme der Zwischenwerke Thiaumont,
Fleury und das Vorgelände von Fort Vaux ein gewisser Abschnitt erreicht
worden ist."
Von der 2. Armee waren bei der Obersten Heeresleitung Meldungen eingegangen,
die in kurzer Zeit den Beginn einer großen Schlacht zu beiden
Seiten [521] der Somme
ankündigten. Ein neuer Angriff auf Fort Souville hätte, nachdem
einmal der große Angriff gemacht war, entlastend gewirkt. Beide Gegner
fühlten, daß sich für Verdun eine Krisis vorbereitete. Die
letzten Kämpfe ließen erkennen, daß die Franzosen sich nicht
mit der Entscheidung des 23. zufrieden geben würden. Gegenangriffe, die
sich besonders gegen Zwischenwerk Thiaumont und Damloup richteten, wurden
aber abgewiesen. Am 3. Juli nahmen ohne Artillerievorbereitung Teile des
Infanterie-Regiments 99 die hohe Batterie von Damloup und hielten sie.
Ein am 7. Juli in Aussicht genommenes Gasschießen gegen die Forts
Souvilles und Tavannes zur Vorbereitung eines geplanten Angriffs mußte
des ungünstigen Wetters wegen bis zum 11., abends aufgeschoben werden.
Die eingesetzte Geschoßmenge war aber nicht ausreichend, so daß
das Vorgehen der Sturmtruppen auf Schwierigkeiten stieß. Am
Südzipfel von Fleury kam es zu ernsten Kämpfen. Auch in der
Souville-Schlucht nahm das Feuer ständig zu. Die 103., 1. und 50.
Infanterie-Division kamen zunächst gut vorwärts, so daß das
XV. Armeekorps das Vorgehen der 30.
Infanterie-Division gegen Dicourt Ferme, der 39.
Infanterie-Division gegen das Werk von La Lauffée befahl. Am
Abend zeigte es sich, daß der rechte und linke Flügel gut
vorgekommen war, daß die Mitte am Südzipfel des Dorfes Fleury
und am Bahnhof Fleury, dann in der
Souville-Schlucht zurückgeblieben war. Namentlich machte sich die
Wirkung des Artilleriefeuers besonders geltend. Das XV. Armeekorps hatte
keinen Erfolg; sehr ungünstig war gewesen, daß die
zurückgezogene französische Artillerie von den deutschen
Geschützen ihrer geringen Schußweite wegen nicht so wirksam
gefaßt werden konnte. Auch vom Westufer konnte die französische
Artillerie sehr wirksam eingreifen. Die deutsche Artillerie war in Kaliber und
Schußweite unterlegen gewesen; um so empfindlicher war, daß im
ganzen 30 schwere Batterien für die
Somme-Schlacht abgegeben werden mußten. Das zur Ablösung des I.
bayerischen Armeekorps in Aussicht genommene III. bayerische Armeekorps kam
ebenfalls zur Somme.
Am 11. begann ein Angriff beim I. bayerischen Armeekorps, der 10.
Reserve-Division und des XV. Armeekorps, der keineswegs die
gewünschten Erfolge brachte; zum Teil lag es an dem unzureichenden
Einsatz von Gas.
Am Abend übernahm Generalleutnant v. Höhn den Befehl
über die bisher vom I. bayerischen Armeekorps gehaltene Frontstrecke mit
der 4. Infanterie- und der 6. bayerischen Infanterie-Division.
Die Garde-Ersatz-Brigade wurde Reserve der Heeresgruppe. Am 12. versuchten
Teile des Alpenkorps, aus eigenem Antrieb Fort Souville zu nehmen; der Versuch
mißlang. Auf Befehl der Obersten Heeresleitung sollte mit Rücksicht
auf die Lage an der Somme der Angriff vorläufig eingestellt werden.
Vorkehrungen waren aber zu treffen, daß der Angriff nach dem nur
vorübergehenden Stillstand wiederaufgenommen werden sollte. "Die
genommenen Stellungen sind [522] zu halten und
auszubauen, Munition ist dringend zu sparen." Nach kurzer Erholungspause setzte
am 16. ein erfolgloser französischer Gegenangriff mit zwei Divisionen in
der Richtung des Zwischenwerks Thiaumont ein; durch Einsatz frischer
Divisionen und fortgesetzter Beschießung versuchte der Feind bis zum
Ablauf des Juli, an dieser Stelle vergeblich die deutschen Linien
zurückzudrängen.
Die weiteren Kampfhandlungen vor Verdun wurden beeinflußt durch die
seit dem 1. Juli eingetretenen Ereignisse an der Somme. Zahlreiche schwere
Batterien (am 12. Juli 30, dann am 24. noch einmal 20) mußten nach dort
abgegeben werden, so daß vor Verdun auf jede große Kampfhandlung
verzichtet werden mußte. Auch der Munitionsnachschub der Artillerie vor
Verdun mußte zugunsten der
Somme-Schlacht zurückgestellt werden. Einen schwachen
Verbündeten zu unterstützen und gleich zwei Riesenschlachten an
der Somme und vor Verdun zu schlagen, ging über Deutschlands Kraft.
Nach den erfolgreichen Angriffen im Sommer 1916 wurde die Lage vor Verdun
durch die Gesamtlage stark in Mitleidenschaft gezogen. Der Kronprinz schreibt in
seinen Kriegserinnerungen (Seite 210):
"Die erfolgreiche große
Offensive der Russen unter Brussilow gegen die
österreichisch-ungarische Südfront in Galizien und am Styr brachte
ungeheuere Einbußen an Menschen und Material. Führer und
Truppen der Donau-Monarchie, von denen ganze Verbände, vor allem
Tschechen, zu den Feinden überliefen, hatten augenscheinlich im ersten
Schrecken völlig den Kopf verloren. Der deutschen Obersten Heeresleitung
blieb nichts anderes übrig, als abermals zur Stützung des
Bundesgenossen Truppen und Munition in beträchtlichem Umfange nach
dem Osten zu fahren. Für die Österreicher zeitigte der schwere
Rückschlag eine um so gefährlichere Lage, als auch gleichzeitig der
Angriff beiderseits der Brenta in Italien sich festlief. Für Deutschland
wuchs die Wahrscheinlichkeit eines baldigen starken Angriffs der Feinde gegen
die abermals geschwächte Westfront. Auch schlich sich die bange Sorge
ein, wie sich Rumänien zu der veränderten Lage nahe seiner Grenze
verhalten werde.
Unsere Oberste Heeresleitung stellte unter diesem Druck
der Kriegslage den Offensivgedanken vor Verdun zwar nicht endgültig,
aber bis zum Freimachen weiterer Kräfte zurück. Die genommenen
Stellungen sollten zur Schonung der Truppen befestigt und letztere tief gestaffelt
werden, bis Verstärkungen und Massenausrüstungen mit
Grünkreuz-Gasmunition zur Aufnahme erneuter Angriffe würden
freigegeben werden können. Tatsächlich rollte in den folgenden
Tagen schon die 4.
Infanterie-Division als Heeresreserve zur Verteilung zunächst hinter der
West- und Ostgruppe an, und die 103.
Infanterie-Division wurde im Etappengebiet untergebracht. Der Zweck, der dieser
nach dem Willen der obersten Führung beabsichtigten Angriffspause
zugrunde lag - Abwarten und Rangieren vor
Verdun - konnte leider meinen Truppen in vorderster Linie gar nicht
fühlbar gemacht werden, weil die Initiative mindestens ebenso stark bei den
Franzosen lag [523] und diese seit dem 22.
Mai alles daransetzten, den ihnen unverschmerzbar scheinenden Verlust des Forts
Douaumont wett zu machen. Die Gruppe Ost hatte ihnen bei diesen vergeblichen
Versuchen nahezu 7800 unverwundete Gefangene, 12 Geschütze und an
130 Maschinengewehre abgenommen und unter Ausnutzung feindlicher
Rückschläge mancherlei Geländeerfolge erzielt. So nahm das
brave I. bayerische Armeekorps am 12. Juni endgültig die vielumstrittenen
Wabengräben in Gegend der Thiaumont Ferme. Das hervorragend tapfere
Alpenkorps des Generals Krafft v. Delmensingen erstürmte die
Ferme selbst am 13. Juni und übernahm an diesem Tage den bisherigen
Abschnitt der abgelösten 2. bayerischen
Infanterie-Division.
Der immer wieder befohlene Ausbau unserer Stellungen
zum besseren Schutze unserer Truppen und zur Schaffung einer festen
Ausgangsfront für weitere Angriffe blieb illusorisch. Die Truppe konnte
mit dem Schanzzeug vielfach nicht in den steinigen Boden eindringen, und unter
dem ständigen Feuer zog sie es vor, in dem vom Feinde geschaffenen
Trichtergelände unerkannt zu bleiben und Schutz und Ruhe da zu suchen,
wo feuerarme Räume auch nur annähernd die Möglichkeit
dazu boten. Dieser Zustand an der Front wurde mir bei meinen zahlreichen
Rücksprachen mit Truppenkommandeuren aller Grade bestätigt.
General v. Mudra, sein Nachfolger in der Führung der Ostgruppe,
General v. Lochow, und der auf dem Ostufer der Maas am längsten
bewährte kommandierende General des V. Reservekorps, General
v. Gündell, setzten mir übereinstimmend auseinander,
daß die schon technisch schwer herstellbaren durchlaufenden Grabenfronten
und Annäherungsgräben der feindlichen Beobachtung viel zu gute
Anhaltspunkte für ihre Feuerleitung böten. Als ich am 16. Juni dem
I. bayerischen Armeekorps in St. Laurent meinen Dank und
Glückwunsch für seine heldenhafte Haltung aussprach, hörte
ich auch dort wieder von der gänzlichen Unmöglichkeit eines
stellungsmäßigen Einbaus wegen der Schwierigkeit des
Antransportes von Baumaterial und der zerstörenden Massenwirkung des
aus geschützten und versteckten Beobachtungsständen geleiteten
feindlichen Artilleriefeuers.
So blieb nur die Wahl zwischen fortgesetzten Angriffen
mit immer neuen Truppen und dem Aufgeben des Angriffs überhaupt. Ich
vertrat bei der Obersten Heeresleitung und gegenüber meinen Armeechef
mit wachsender Bestimmtheit den Standpunkt der Nutzlosigkeit weiterer
Angriffe. Ich drang nicht durch. Der Chef des Generalstabes des Feldheeres nahm
zwar meine Einwände mit großer Aufmerksamkeit auf und versprach,
sie bei Sr. Majestät vorzutragen, entschied dann aber nach
Rücksprache mit meinem Chef stets gegen mich...
Die Kampfmonate jener Zeit vor Verdun gehören
zu meinen qualvollsten Erinnerungen im ganzen Kriege. Ich hörte und
wußte, wie es aussah und hatte mit zu vielen Offizieren und Mannschaften
persönlich gesprochen, um mir noch irgendwelche Illusionen machen zu
können! Ich war innerlich absolut gegen eine [524] Fortsetzung des
Angriffs, und dennoch mußte ich dem Befehl gehorchen. Meine Zweifel, ob
die Franzosen bei der von ihnen geübten raschen Ablösungspraxis
auf die Dauer erheblich größere Verluste als wir erlitten, wurden
stärker. In den ersten Angriffsmonaten wird dies sicher der Fall gewesen
sein; jetzt schien mir der Zeiger der Sorge aber zurückzugehen. Wie lange
noch, und das umgekehrte Verhältnis mußte zur Gewißheit
werden. Das waren für den Führer bange, quälende
Fragen!"
Ungünstiges Wetter vor Verdun und der zunehmende Druck der
Verbündeten an der Somme machten deutsche Angriffsunternehmungen
immer schwieriger. Die 2. Armee an der Somme bat um Unterstützungen
an Mannschaften und Artillerie. Auf Drängen der Obersten Heeresleitung
wurde die 4. Infanterie-Division und die 21. Reserve-Division für die
Somme verfügbar gemacht. Der Angriff am 10. Juli hatte den Erwartungen
der Obersten Heeresleitung nicht gänzlich entsprochen, so daß sie am
13. Juli strikte Defensive für die kronprinzliche Armee befahl. Ein gegen
Fort Souville und das Dorf Fleury gerichteter Angriff der 103. und 1.
Infanterie-Division kam zwar vorwärts, doch blieben die Angriffe der
Nachbardivisionen liegen. Während General v. Gallwitz den Befehl
über die 1. Armee an der Somme übernahm und ihn General
v. François ersetzte, fanden noch einige Verschiebungen im Bereich
der 5. Armee statt.
Am 18. Juli fanden nachstehende Verschiebungen bei der 5. Armee statt: Westlich
der Argonnen standen unter dem Generalkommando des X. Reservekorps die 7.,
19. Reserve-Division und 9.
Landwehr-Division; das XVI. Armeekorps wurde durch Abgaben
geschwächt, blieb aber in seiner Gliederung, ebenso die 2.
Landwehr-Division. Bei der Maas-Gruppe West gehörten zum XXIV.
Reservekorps die 192., 54. und 38.
Infanterie-Division, zum VII. Armeekorps die 14. und 13.
Infanterie-Division. Die Maas-Gruppe Ost unter General v. Lochow
umfaßte das VII. Reservekorps mit der 14., 13. und 25.
Reserve-Division, die Gruppe Höhn mit der 4.
Infanterie-Division und 6. bayerischen
Infanterie-Division, sowie das XVIII. Reservekorps mit der
Garde-Ersatz-Division und 21. Reserve-Division; das XV. Armeekorps mit der
50., 30. und 39. Infanterie-Division blieb unverändert.
Am 1. August begann ein deutscher
Angriff zunächst bei dem XVIII.
Reservekorps mit gutem Erfolge gegen die
Souville-Nase. Auch die 50. Infanterie-Division war gut vorwärts
gekommen, bis ihr weiteres Vorgehen durch einen Gegenangriff aus der Gegend
von La Lauffée aufgehalten wurde; weitere Gegenangriffe aus der
Gegend von Tavannes wurden abgewiesen. Am 2. August begann ein
französischer Angriff rechts bis nach La Lauffée, links bis
zum Pfefferrücken. Auf die deutschen Führer machte dieser Angriff
den Eindruck eines Gegenangriffs, dessen Schwerpunkt die Richtung auf das
Zwischenwerk Thiaumont hatte. Es entwickelten sich
hin- und herwogende Kämpfe, in denen das Zwischenwerk wiederholt den
Besitzer wechselte, aber schließlich doch in [525] deutscher Hand blieb.
Am 3. ging Fleury verloren, ebenso am 4. Thiaumont Ferme. Ein deutscher
Gegenangriff gewann am 6. diesen Stützpunkt zurück.
Am 8. wurden weitere französische Angriffe gebrochen, noch einmal ging
das Zwischenwerk verloren, wurde dann aber noch einmal zurückerobert.
Eine Krisis entstand beim XV. Armeekorps; die 50.
Infanterie-Division wehrte elf stärkere Angriffe ab, auf der ganzen Linie
wurden frühzeitig erkannte Angriffe noch vor dem Einbruch in die
deutschen Gräben abgewiesen. In den nächsten Tagen wurde das
Artilleriefeuer gegen die deutschen Stellungen fortgesetzt. Am 17. erfolgte noch
einmal gegen die Front
Chapitre-Wald - Fleury ein französischer Angriff, der
abgewiesen wurde; nur in Fleury blieb ein Franzosennest bestehen. Ein
Gegenangriff am 24. hatte keinen Erfolg. Der Monat ging unter dauernden
Unternehmungen von beiden Seiten zu Ende. Beim
Armee-Oberkommando wurde die Frage erörtert, wie der Kampf angesichts
der Spannung an der Somme, der drohenden Gefahr eines Ententeangriffs in der
Champagne und den Anforderungen der Verbündeten
weiterzuführen sei. In den eingeforderten Äußerungen der
Führer der beiden Angriffsgruppen sprach sich General
v. François (Maas-Gruppe West) für eine
Weiterführung des Angriffs bis zur Wegnahme der Höhenlinie
Fleury - Fort Souville bis zum Bergwalde aus, während
General v. Lochow (Angriffsgruppe Ost) gegen die Weiterführung
des Angriffs Stellung nahm.16 Im Widerspruch mit seinem Chef des
Stabes schloß sich schließlich der Kronprinz der Ansicht des Generals
v. Lochow an. General v. Falkenhayn, vor eine Entscheidung
zwischen beiden Ansichten gestellt, suchte zwischen beiden zu vermitteln (21.
August).
"...Die Gesamtlage macht es
unbedingt erforderlich, bei dem Gegner im
Maas-Gebiet den Eindruck lebendig zu erhalten, daß die Offensive dort
deutscherseits nicht aufgegeben ist, sondern systematisch fortgesetzt wird. Wie
dieses angesichts der notwendigen Einschränkung der Mittel im einzelnen
erreicht werden soll, kann nur das Oberkommando der Heeresgruppe selbst
entscheiden. Hierbei soll aber berücksichtigt werden, daß die
Heeresgruppe bei Eintritt der ungünstigen Jahreszeit sich in einer Lage
befinden muß, in der es ihr möglich ist, dauernd auszuharren."17
Am 28. August erklärten Rumänien und Italien den Krieg. Das gab
den letzten Anstoß zum Ersatz des Generals v. Falkenhayn in der
Obersten Heeresleitung. In Zusammenhang damit wurde eine Neueinteilung des
Westheeres durchgeführt, derart, daß unter dem Befehl des
Kronprinzen von Bayern die 6., 1., 2. und 7. Armee zu einer selbständigen
Heeresgruppe vereinigt wurde, während die Heeresgruppe Deutscher
Kronprinz von der Schweiz bis in die Champagne reichte und ihr damit auch noch
die 3. Armee unterstellt wurde. Die 4. Armee auf dem rechten Flügel blieb
selbständig.
Am 10. September erteilte der Kronprinz nachstehende Weisung für
die [526] Weiterführung
des Kampfes:
"Mit Rücksicht auf die
Anforderungen an Menschenmaterial und Munition, die auf anderen Fronten an
unser Heer gestellt werden, ist es erwünscht, daß es an der Front der
Heeresgruppe Kronprinz ruhig bleibt, bzw. an den Brennpunkten des Kampfes zu
einem allgemeinen Abflauen der Gefechtstätigkeit kommt. Jede
Angriffsunternehmung ist zu unterlassen, falls sie nicht unbedingt erforderlich
wird, um verlorengegangene Teile wiederzugewinnen. Kleinere
Patrouillenunternehmungen zur Feststellung feindlicher Verbände bleiben
trotzdem dauernd notwendig."18
Da es für die kronprinzliche Armee keinem Zweifel unterlag, daß die
Entscheidung für absehbare Zeit an der Somme lag, so traten kriegerische
Unternehmungen für sie in den Hintergrund. Auch die französische
Armee enthielt sich jeder größeren kriegerischen Handlung.
Ende September wies die 5. Armee folgende Kräfteverteilung auf: Die
Gruppe Mudra in und beiderseits von den Argonnen zählte fünf
Divisionen. Von diesen unterstanden drei dem Generalkommando des XVIII.
Reservekorps, das Mitte September den Befehl in seinem bisherigen Abschnitt auf
dem Ostufer der Maas zwischen Douaumont und Vaux an das Generalkommando
des XII. sächsischen Armeekorps unter General v. d. Planitz
abgegeben hatte. Alle diese Divisionen mit Ausnahme der bodenständigen
9. Landwehr-Division des Generals v. Hippel waren abgekämpft.
Die Maas-Gruppe West unter General v. François umfaßte
vier Divisionen, darunter auf dem rechten Flügel im
Cheppy-Walde als langjährige Stellungsdivision die 2.
Landwehr-Division. Auch der Kampfwert der übrigen drei Divisionen war
nur bedingt, da sie meist ohne ausreichende Erholungszeit nach
überstandenen Großkämpfen zum Einsatz kamen.
Der Maas-Gruppe Ost des Generals v. Lochow unterstanden vier
Generalkommandos: VII. Reservekorps, Generalkommando 54, XII. und XV.
Armeekorps. Die Abschnitte des VII. Reservekorps, des Generalkommandos 54
und des XV. Armeekorps waren aus je drei Divisionen, die des XII. Armeekorps
aus zwei Divisionen gebildet. In der ersten Hälfte des Oktober schied
General v. Deimling mit den beiden Divisionen (30. und 39.) seines Korps
(XV.) aus der 5. Armee aus. An seiner Stelle übernahm das aus der
Argonner-Front erneut herangezogene Generalkommando des XVIII.
Reservekorps, unter General v. Steuben, den linken Flügelabschnitt
der Maas-Gruppe Ost in der Woëvre-Ebene. Mitte Oktober wurde das
Generalkommando 54 des Generals Kühne und eine der ihm unterstellten
Divisionen ohne Ersatz aus der Front gezogen, worauf der Abschnitt des Generals
v. d. Planitz um zwei Divisionen verbreitert wurde. In Reserve hinter
der 5. Armee standen drei Divisionen, davon zwei auf dem Ostufer der Maas.
Diese Zahl hielt man im Oberkommando der Obersten Heeresleitung
gegenüber als Mindestmaß an Reserven für unbedingt
erforderlich.
Am 2. September befahl die neue Oberste Heeresleitung klar und
unzwei- [527] deutig: "Der Angriff
auf Verdun ist einzustellen, die gewonnene Linie ist als Dauerstellung
auszubauen." Aber die Erwartung, daß die Kämpfe mit dem
Einstellen der deutschen Angriffe zum Stillstand kommen würden,
verwirklichte sich nicht. Das überlegene feindliche Artilleriefeuer hielt
auch weiter an. Das Gelände gestattete den Franzosen, ihre Reserven dicht
heranzuhalten, während die deutschen Reserven erheblich weiter
zurückbleiben mußten. In den nächsten Wochen mußten
deutsche Batterien für andere Kriegsschauplätze abgegeben
werden, trotzdem wurden französische Vorstöße mit gutem
Erfolge abgewiesen. Fast sieht es aus, als wenn die Führung die Abwehr der
Angriffe leichter genommen hätte, als es tatsächlich für die
Truppe war. Doch das war nicht der Fall; zur Ruhe und Erholung blieb aber keine
Zeit. Der Stellungs- und Lagerbau machte, namentlich auf den
Maas-Höhen des Ostufers nur äußerst langsame Fortschritte,
ebenso auch der Nachschub unter den ungünstigen
Boden- und Wegeverhältnissen. Obwohl alle Hilfsmittel
planmäßig auf das weitestgehende ausgenutzt wurden, ließ es
sich nicht vermeiden, daß ganze Regimenter, statt ihnen die notwendige
Ruhe zu gewähren, zum Trägerdienst eingeteilt werden
mußten.
Warme Kost konnte nur in geringem Umfange ausgegeben werden, da die
Feldküchen nicht weit genug vorgeschoben werden konnten.
Die Munition wurde bei dem dauernd ungünstigen Wetter durch mit
zwölf Pferden bespannte Protzen ohne Hinterwagen in die
Batteriestellungen gefahren. Eine Besserung der Verhältnisse wäre
nur möglich gewesen, wenn man sich dazu entschließen konnte, auf
eine Fortführung des Kampfes unter den bisherigen Bedingungen zu
verzichten.
Die Einstellung des Angriffs hatte die deutsche Oberste Heeresleitung zwar
befohlen; aber der Gegner ging seinerseits um so stärker zum Angriff
über. Zum Aufgeben des unter furchtbaren Opfern erbeuteten Bodens
konnte man sich deutscherseits nicht entschließen. So nahm das Ringen,
von den Deutschen nur noch defensiv geführt, seinen opfervollen
Fortgang.
Am 18. Oktober mußte aus der Front der
"Maas-Gruppe Ost" die 34. Infanterie-Division zur Erholung herausgezogen
werden, so daß jetzt auf der Front statt vier nur drei Divisionen standen und
die 33. Reserve-Division, die 9. und 54.
Infanterie-Division ihre Stellungen um ein Drittel erweitern mußten. Die
geplante Verschiebung sollte bis zum 24. beendet sein, was natürlich der
Abwehr eines nach kurzer Zeit erfolgenden Angriffs nicht günstig war. Mit
der herausgezogenen Division war auch Artillerie zurückgenommen
worden. Am 18. wurde ein an der Somme gefundener französischer Brief
bekannt, der von dem Bevorstehen eines größeren Angriffs sprach.
Auch zunehmende feindliche planmäßige Artillerietätigkeit
und gesteigerte Lufttätigkeit machten die Annahme sehr wahrscheinlich,
daß ein französischer Angriff bevorstehe. Das Feuer nahm noch
weiter zu. Fort Douaumont erhielt Geschosse schwersten Kalibers. Nach dem
trotz kräftigster feindlicher Fliegerabwehr
gewon- [528] nenen
Erkundungsergebnis ließ am 21. der Ausbau der feindlichen Stellungen auf
französische Angriffsabsichten größeren Maßstabes
schließen. Gleicher Auffassung waren die Divisionen in der Gegend von
Vaux. Auf der ganzen Front schien ein Angriff bevorzustehen.
Am 22. meldete ein Überläufer bei der 54.
Infanterie-Regiment einen bevorstehenden feindlichen Angriff; am
nächsten Tage nannten Überläufer 2 Uhr nachmittags
[496a]
Angriff auf Verdun 1916. Fliegeraufnahme des beschossenen Forts
Douaumont.
|
(deutsche Zeit) als Zeit des französischen Angriffs. Die Nachricht hat aber
nicht mehr alle Stellen rechtzeitig erreicht, so daß der vor dieser Zeit
einsetzende Angriff sicherlich nicht die Abwehr beeinträchtigt haben kann.
Jedenfalls war der Verteidiger seines Erfolges sicher. Der Chef der Gruppe
Hardaumont lehnte in Erwartung eines Angriffs das Vorziehen der zur
späteren Ablösung bestimmten 10.
Infanterie-Division ab, "er könne mit seinen
Reserven - 7 Bataillone von 33 eingesetzt - mindestens vier Tage
auskommen." Trotzdem wurde aber doch sehr richtig das Vorziehen der Infanterie
der 10. Infanterie-Division vorgesehen, aber nicht sofort befohlen. Am
Nachmittag des 23. Oktober steigerte sich das feindliche Feuer bis zum
Trommelfeuer; Sperrfeuer wurde mehrfach angefordert, obwohl kein
französischer Angriff erfolgte. Die Verteidigungsfähigkeit der
Kampfstellung war durch die anhaltende Beschießung sehr vermindert, an
vielen Stellen sogar gänzlich vernichtet, die Gräben eingeebnet, die
Hindernisse beseitigt, die Stollen zerstört oder verschüttet, Gewehre
und Handgranaten waren vielfach unbrauchbar. Die Osthälfte des Forts
Douaumont war durch neun schwerste Volltreffer stark beschädigt. Das
Durchschreiten des Angriffsgeländes wurde dem Feinde durch starken
Nebel sowie durch die Rauchentwicklung der platzenden Geschosse sehr
erleichtert.
Das Angriffsfeld war genau erkannt; die deutsche Führung irrte sich nur
darin, daß der französische Angriff nicht, wie angenommen, bis an
die Maas ausgedehnt wurde. Am rechten Flügel stand das VII.
Reservekorps (General der Infanterie v. Zwehl) von der Gegend
südlich Champ bis zum Zwischenwerk Thiaumont in 10 km Breite
mit der 14., 13. und 25. Reserve-Division. Nach Osten schloß der Abschnitt
Hardaumont an, der mehrfach unter anderen Befehl getreten war; jetzt befehligte
hier der sächsische General der Infanterie v. Planitz die 33., 9. und
54. Infanterie-Division. Die Stellung führte über die Ostseite der
Trümmer von Fleury, über die Weinberge dieses Dorfes zum
Chapitre-Walde. Dann folgte die Gruppe Vaux (XVIII.
Reservekorps - General der Infanterie v. Steuben) mit der 50., 192.
Infanterie-Division und (sächsischen) 19.
Ersatz-Division.
Zum Angriff des französischen Heeres waren ausgesuchte Truppen und
Führer bestimmt, die fast alle schon im August den vergeblichen Angriff
unternommen hatten, in voller Ruhe nach Bar le Duc und Mailly
zurückverlegt waren und sich erneut unter Anleitung des Generals
Nivelle19 für ihre Aufgabe
vor- [529] bereiteten. Das neue
Angriffsverfahren brach gründlich mit dem schematischen, auf Ausnutzung
des Geländes verzichtenden Joffreschen Angriffsverfahren, forderte
für den Angriff tiefere Ziele und legte außerdem Gewicht auf
Überraschung nach gründlicher Artillerievorbereitung.
Der erste Angriffsstoß sollte mindestens in der feindlichen Artillerie enden.
Schwierige Angriffsstellen sollten von der Infanterie ausgespart, jedoch von der
Artillerie gründlich bearbeitet werden. Schwache Stellen, besonders in
Schluchten und Mulden, wurden mit stärkeren Kräften
durchstoßen, die dann unbekümmert um das, was rechts und links
von ihnen vorging, beherrschende Geländeteile in Besitz nehmen. Alles,
was seitwärts oder rückwärts dieser weit vorgedrungenen
Stoßkolonnen noch standhielt, mußte dann durch
Flanken- und Rückenangriffe fallen. "Ist erst einmal in einer Mauer, die
man überschreiten will, eine Tür eingestoßen, so fällt es
keinem Menschen mehr ein, über die Mauer zu klettern." Hieraus ergab
sich ohne weiteres entsprechend den Angriffsstellen die Gliederung der Einheiten
in Sturmverbände und in Reserven. Die Breite der Angriffsräume
wurde durch die Gefechtsaufgaben bestimmt; je tiefer die Truppe in die feindliche
Gefechtsstellung hineinstoßen sollte, um so schmaler die Breite, um so
größer die Tiefengliederung. In der Division sollte entweder ein
Regiment das vordere Treffen bilden, oder die Regimenter wurden nebeneinander,
die Bataillone mit 500 m Abstand hintereinander eingesetzt. Der Angriff
sollte automatisch ablaufen, so daß das vordere Bataillon nach Erreichen
des Angriffszieles hielt, das nächste Treffen bis zu dem weiteren
Angriffsziel durchstieß. Divisionen der Reserve sollten nur einen Abstand
bis zu 2000 m halten. In dem ununterbrochenen Vordringen der Truppe sah
man die beste Hilfe für den Nachbar, falls dieser nicht rasch genug
vorwärtskam oder zurückblieb. Da der erste Einbruch fast immer
leicht war, so lag der Schwerpunkt in den Reserven. Ihnen lag die
Weiterführung der Angriffe ob, sie sollten sich schnell folgen und die
Einbruchstiefe erweitern. Nivelle rechnete damit, daß zweite Stellungen
nicht durchgehend besetzt sind, daß sich sicher Lücken finden
werden, durch die geschickt geführte Abteilungen hindurchdringen
können. Da der Angriff in großer Breite erfolgen sollte, war
zahlreiche Artillerie erforderlich. Der Artillerieschutz der Infanterie wurde einmal
erreicht durch Einführung einer planmäßig, automatisch um
100 m in etwa je vier Minuten fortschreitenden "Feuerwalze", dann durch
Bilden einer beweglichen Artilleriereserve, die den nicht zum Angriff bestimmten
Divisionen entnommen wurde. Der Erfolg des Angriffs beruhte also
zunächst auf Überraschung, dann erst auf Artilleriewirkung. Die
Überraschung verlangte, daß auf alle zeitraubenden Erdarbeiten, wie
Annäherungswege, bombensichere Batteriebauten und
Regimentgräben, namentlich auf das Vortreiben der Sturmstellung
verzichtet wurde. "Es ist besser, den Angriff unter dem Schutze der Artillerie
über weites, deckungsloses Gelände vorzuführen, als
daß der Vorteil der Überraschung verlorengeht." Aus diesem Grunde
sollte auch der Einsatz der Luftstreitkräfte auf der [530] Angriffsfront nicht zu
früh, ein planmäßiger Angriff gegen die feindlichen
Fesselballone frühestens einen Tag vor Beginn der Artillerievorbereitung
erfolgen. Besonders wichtig war das Niederkämpfen der Artillerie; sie
mußte erfolgreich sein, ehe das Sturmreifmachen der Stellung begann, dann
war nur noch ein Niederhalten geboten. Für die Artillerievorbereitung
rechnete Nivelle je nach den Kampfverhältnissen bis zu sechs Tagen, eine
Feuersteigerung sollte vor dem Angriff nicht stattfinden. Betont wurde die
Notwendigkeit der Frische der planmäßig in Ruhe hinter der Front
ausgebildeten Angriffstruppen.
Der Angriff sollte am 24. Oktober in zwei Sprüngen ausgeführt
werden zwischen Damloup und dem Walde von Hardaumont mit zwei besonderen
Zielen, dem Fort Douaumont und dem Fort Vaux. Rechts ein Regiment, das die
Batterie Damloup nehmen sollte, dann die 74.
Infanterie-Division bis zum Teich von Vaux, sodann die 138.
Infanterie-Division in 1400 m Breite bis zur Batterie östlich
Douaumont, die 133. Infanterie-Division in 1700 m Breite, die 38.
Infanterie-Division bis zur Ablain-Schlucht und schließlich ein Regiment
der 33. Infanterie-Division bis zum Steinbruch von Haudromont. Hinter den
Sturmtruppen folgten fünf ausgesuchte Divisionen in Reserve. An Artillerie
waren 660 Batterien zugeteilt. Nach französischen Angaben zählte
der Verteidiger nur 130 Batterien, von denen angeblich 99 niedergekämpft
und 50 gänzlich außer Gefecht gesetzt seien. Die deutsche Infanterie
sollte in erster Linie 21, als Bereitschaften 7 und 10 Bataillone in Reserve gehabt
haben.
Der Angriff erfolgte, wie befohlen, nur soll das Sperrfeuer aus der angeblich
zusammengeschossenen deutschen Artillerie nicht sehr wirksam gewesen sein.
Ein Angriff gegen das Fort Vaux wurde, obwohl eine frische Division eingesetzt
war, blutig abgewiesen. Fort Douaumont, ebenso das Zwischenwerk Thiaumont
scheinen vorübergehend geräumt gewesen zu sein.
Französische Gefangene sagten über den Eindruck beim Einbruch in
den Fleury-Abschnitt aus: "Die erste deutsche Linie, die zu einem breiartigen
Gewirr zusammengeschossen war, konnte ohne Widerstand genommen werden.
An einzelnen Stellen eng zusammengepfercht, wurden wenig Lebende, die zum
Teil bis zum Leib im Schlamm steckten, gefunden, ihre Gewehre waren mit
Schlamm überzogen und nicht zu gebrauchen." Auf der ganzen Front
entwickelten sich ernste Nahkämpfe. Die Führer der Abschnitte
konnten sich nur schwer ein Bild von der Lage machen. Am Abend hatten die
Franzosen erreicht: Steinbruch, Dorf und Fort Douaumont, nördlich
Caillette-Wald, Westgrenze von Dorf Vaux,
Fumin-Wald, nördlich Chenois-Wald, Hohe Batterie Damloup.
Gegenangriffe wurden befohlen, kamen aber nicht zur Ausführung. Es
fehlte an Munition und an leistungsfähiger Artillerie. Die hinter der Front
befindliche 5. Infanterie-Division wurde am 25. dem Abschnitt Hardaumont zur
Verfügung gestellt.
Die französischen Angriffe ließen nach, das VII. Reservekorps hielt
aus; aber bis zum 28. Oktober gelang es den Franzosen, den
Fumin-Wald zu nehmen [531] und am
Vaux-Bach die Verbindung mit der rechtsstehenden Division zu gewinnen. Aber
das Artilleriefeuer hielt an. Am 2. November konnten Beobachter die freiwillige
Räumung des Forts Vaux durch die deutsche Besatzung melden, welches
mit Einbruch der Dunkelheit von den Franzosen besetzt wurde.
Die französische Artillerie, in ausreichender Stärke und
genügender Munitionsausrüstung, hatte im Verein mit den
Luftstreitkräften die Franzosen zu einem glänzenden, durch
Wiedereroberung der Befestigungen auch zu einem großen moralischen
Erfolge geführt. Das war nur möglich gewesen infolge der
verminderten Stärke der deutschen Infanterie und Artillerie, infolge des
nicht ausreichenden Abwehrfeuers und weil nicht rechtzeitig genug Reserven zur
Hand waren. Eine überlegene Artillerie kann fast immer eine gut
ausgebildete, ausgeruhte Infanterie zum Siege führen. Wenig glaubhaft ist,
daß - infolge der für eine bestimmte Stunde verratenen
Angriffszeit - die Alarmierung von der Besatzung nicht geglaubt wurde, als
der Angriff zwei Stunden früher erfolgte. Man darf nicht vergessen,
daß die Truppe stark durch
Arbeits- und Kampfestätigkeit in Anspruch genommen war;
schließlich waren Verteidigungseinrichtungen und
Nachrichtenverbindungen zerstört. Am 24. und teilweise noch am 25.
fehlten am Abend bestimmte Nachrichten, wie weit der Feind gelangt sei. Immer
wieder bewahrheitete sich der Erfahrungssatz, daß eine Stellung, die
nachhaltig verteidigt werden soll, mindestens zwei ausgebaute Linien für
den Kampf besitzen muß. Aus der zweiten ist nach Verlust der ersten der
Gegenstoß zu führen, wenn dafür ausreichende, noch nicht
durch Artilleriefeuer zermürbte Kräfte vorhanden sind. Die
Herstellung einer zweiten Stellung war aber unter den örtlichen
Verhältnissen und bei dem Mangel an Personal und Material völlig
ausgeschlossen. Selbst die vorderste Kampfstellung konnte bei dem
übermächtigen Artilleriefeuer des Gegners kaum
verteidigungsfähig gehalten werden.
Für die Abwehr des französischen Angriffs stand die
Maas-Gruppe Ost in folgender Kräftegruppierung: Das Generalkommando
VII. Reservekorps (14., 13. und 25. Reserve-Division) im Abschnitt
Vacherauville - Pfefferrücken bis zum Werk Thiaumont, dann
im Abschnitt Hardaumont das Generalkommando XII. Armeekorps (24.
Infanterie-Division, 54. Infanterie-Division und 9.
Infanterie-Division, 33. Reserve-Division) im Abschnitt Zwischenwerk
Thiaumont - Fleury - Chapitre -
Fumin-Wald, dann das Generalkommando XVIII. Reservekorps (50.
Infanterie-Division, 192. Infanterie-Division, 19.
Ersatz-Division) im Abschnitt
Lauffée-Wäldchen - Bergwald -
Woëvre-Ebene. Die Ablösung der seit dem 7. Juli ununterbrochen in
Stellung befindlichen 25.
Reserve-Division durch die 10. Infanterie-Division unter General Schwarte sollte
in den nächsten Tagen erfolgen. Die 34.
Reserve-Division befand sich nur noch mit geringen Teilen in der Front, da sie auf
höheren Befehl, ohne daß Ersatz gestellt wurde, herausgezogen
werden mußte. Zur Verfügung der 5. Armee standen auf dem Ostufer
hinter der Front die 10. Infanterie-Division um Marville - [532] Colmey, die 5.
Infanterie-Division um Xivry - Circourt. Der Angriff kündigte
sich einige Tage vorher durch wesentlich gesteigertes Artilleriefeuer und
vermehrten Einsatz von Fliegern an. Nach Gefangenenaussagen am 23. Oktober
stand schon für die nächsten Tage ein Angriff um 2 Uhr 30 Minuten
nachmittags bevor, dessen Schwerpunkt auch am nächsten Tage sich bei
Fort Douaumont geltend machte. Feindliche Geschütze von z. T.
noch nicht bemerkter Größe, die die oberen Hohlräume
mehrfach durchschlugen, wurden beobachtet. Da das Innere des Forts in Brand
geriet, wurde es bis auf einige Artilleriebeobachter gänzlich von seiner
Besatzung geräumt. Am 24. vormittags begann das Artilleriefeuer zu
unerhörter Stärke anzuschwellen. Dichter Nebel behinderte jede
Sicht, alle Nachrichten - und Verbindungsmittel versagten bis auf einige
Brieftauben und Meldeläufer. So setzte das Sperrfeuer zu spät
ein.
Inwiefern die von Überläufern stammende falsche Zeitangabe des
Sturms (er sollte angeblich zwei Stunden später erfolgen) bei der
Überraschung mitgewirkt hat oder auch die bei mehreren Stäben
herrschende Ansicht, daß bei der durch den dauernden Regen verursachten
schwierigen Gangbarkeit des Geländes ein großer Angriff
unmöglich sei, sei dahingestellt. Jedenfalls konnte die Artillerie bei dem
Aufhören aller Verbindungen die Infanterie um so weniger
unterstützen, als der Wunsch, selbst den Artilleriekampf zu leiten, zu einer
Zentralisierung fast der gesamten Batterien bei den Generalkommandos
geführt und sie so der Einwirkung und dem Befehl der Divisionen entzogen
hatte. Gegenüber dem bisher unbekannten Nivelleschen
Verfahren - dem Vormarsch der Infanterie unter dem Schutz der stetig
vorschreitenden Feuerwalze und dem Angriff in schmalen, tiefen
Stoßmassen an schwer zu schützenden
Stellen - war die überraschte und durch Entbehrungen
härtester Art geschwächte deutsche Infanterie nahezu hilflos. Die tief
in das Hintergelände stoßenden Trupps überraschten die
Bereitschaften und Reserven von den Flanken her, vielfach bevor diese Klarheit
über die Kampflage gewinnen konnten.
Die vorgebogene Front in der Mitte, Zwischenwerk
Thiaumont - Dorf Fleury - Chapitre-Wald, wurde
durchbrochen; auch auf dem rechten Flügel an der Maas drangen bei
Vacherauville die Franzosen in die deutsche Stellung ein. Die 25.
Reserve-Division, 54. und 9. Infanterie-Division wichen in nordöstlicher
Richtung zurück. Die im Fumin-Walde tapfer kämpfende 33.
Reserve-Division sah ihre rechte Flanke vom
Chapitre-Wald her bedroht und mußte, obschon sie in der Front den
feindlichen Ansturm abgeschlagen hatte, sich dem Rückzug
anschließen, und dieser Division mußte wieder die 50.
Infanterie-Division folgen.
Die infolge der Geländegestaltung gezwungenermaßen ziemlich weit
zurück untergebrachten Reserven der Divisionen wurden sofort alarmiert
und nach vorn geworfen; sie kamen aber eben nur rechtzeitig, um die
zurückgehenden Teile am Nordhang des
Douaumont-Rückens aufzunehmen. Dorf Douaumont und das aus anderen
Gründen (s. oben) von der Besatzung geräumte Fort de
Douaumont [533] mußten den
Franzosen überlassen werden. Im
Haudromont- und Chauffour-Walde, dicht nördlich von Fort Douaumont und
auf dem Hardaumont-Rücken vermochten sich die deutschen Truppen
festzusetzen und ein weiteres Vordringen des Gegners zu verhindern. Fort de
Vaux schlug alle Angriffe ab.
Die weit rückwärts stehenden Divisionen des Oberkommandos
wurden am Vormittag des 24. Oktober alarmiert und teils durch Fußmarsch,
teils mit Lastkraftwagen (soweit dies überhaupt möglich war) nach
vorn gezogen. Ein vom Generalkommando XII. Armeekorps beabsichtigter
Gegenangriff scheiterte, da infolge der völlig ungeklärten Lage eine
ausreichende Artillerievorbereitung unmöglich gewesen war. Alle vorn
eintreffenden Verbände der Divisionen der Reserve mußten zur
Stützung und zum Schließen der Lücken stückweise in
die Front geschoben werden; ein planmäßiger, einheitlicher
Gegenstoß der 10. und 5.
Infanterie-Division war dadurch unmöglich.
Am folgenden Tage griffen die Franzosen noch einmal Fort de Vaux nach
stärkstem Beschuß an; die Besatzung (Teile der 50.
Infanterie-Division) wies ihn abermals ab. Auf der übrigen Front
begnügte sich der Gegner mit dem Festhalten des eroberten
Geländes. Mehrere Kilometer blutgetränkten, in monatelangem
verlustreichen Kampf gewonnenen Bodens, viele Gefangene und auch erhebliches
Geschützmaterial hatten die deutschen Truppen verloren; sie hatten aber
auch mit dem Rücken "Kalte Erde" und dem höchstgelegenen Fort
de Douaumont dem Gegner eine für Feuer und Sicht außerordentlich
günstige Stellung überlassen müssen. Ihre jetzigen Stellungen
waren - dicht dem überhöhenden Gegner
gegenüber - zum größten Teil außerordentlich
ungünstig.
Weitere Kräfte an Truppen, Geschützen und Munition konnte die
Oberste Heeresleitung infolge der kräftezehrenden
Somme-Schlacht nicht zur Verfügung stellen. Deshalb entschloß
sich, im Einverständnis mit ihr, das Oberkommando, auf einen Versuch der
Wiedergewinnung des verlorenen Bodens zu verzichten. Zu der weiteren
Maßregel, die vordersten Linien freiwillig bis in eine die Verteidigung
stärker begünstigende Linie zurückzunehmen, konnten sie sich
beide nicht entschließen. Die Divisionen, von denen die 10.
Infanterie-Division den Abschnitt der 25.
Reserve-Division, die 5. Infanterie-Division den der 9.
Infanterie-Division übernahm, erhielten vielmehr Weisung, die Stellungen,
die sie zur Zeit innehatten, festzuhalten.
Das vor die neue Front stark vorspringende Fort de Vaux lag unter
ununterbrochenem, schwerstem Artilleriefeuer. Obschon die tapfere Besatzung
alle Angriffe restlos abwies, mußte, da eine baldige Unterstützung
nicht möglich war, der Entschluß zur freiwilligen Räumung
gefaßt werden. Das Oberkommando ordnete sie am 1. November an. Ohne
daß die Franzosen dies bemerkten, wurde sie in der Nacht vom 1. zum 2.
November durchgeführt; erst nach vielen Stunden wurde das Fort von
diesen besetzt.
Wenn auch der Gegner sich mit dem nahegesteckten Ziel der
Wieder- [534] gewinnung seiner alten
Kampfstellung, d. h. der Linie der ständigen Werke, begnügt
hatte, mußte mit einer Wiederholung des Angriffs gerechnet werden, da die
Kampflage für die Deutschen ungünstig blieb. Ihre Stellungen lagen
der französischen Beobachtung und ihrem Feuer offen; was trotz der
schlechten Witterung und des ungünstigen Bodens in der Nacht gebaut
werden konnte, wurde am Tage zerschossen. Bei der mangelhaften Unterbringung
und den großen Anstrengungen litt der Gesundheitszustand der Truppen
sehr; für die zahlreichen Abgänge an Kranken
konnte - bei den noch dauernden großen Ansprüchen der
Somme-Schlacht und den wachsenden Ansprüchen in
Rumänien - nur mangelhafter Ersatz, alte Landsturmleute der
belgischen und nordfranzösischen Besatzungstruppen, überwiesen
werden. An Artillerie und Munition war mehr als erträglich für jene
anderen Kämpfe herausgezogen worden. Als sich die Panzer von
Douaumont als stark benutzte feindliche Beobachtungsstellen erkennen
ließen, wurde der Antrag auf nochmalige Beschießung des Forts mit
schwerster Artillerie gestellt; doch stellte sich heraus, daß weder ein
42-cm- noch auch ein 30,5-cm-Mörser hierzu mehr von der Nordfront nach
Verdun verfügbar war. Mit Aufbietung aller Kräfte wurde auch die
Herstellung einer zweiten
Stellung - neben dem weiteren Ausbau der vordersten
Stellung - begonnen; sie blieb Stückwerk, da die Kräfte nicht
ausreichten (mußten sich doch die Truppen auch ihre mangelhaften
Unterkünfte jetzt erst für den bevorstehenden Winter ausbauen!), und
an Verbindungsgräben war erst recht nicht zu denken. Dazu trat die
Notwendigkeit, die Truppe mit dem (leider so erfolgreichen) neuen
französischen Angriffsverfahren vertraut zu machen und für die
Abwehr zu schulen.
Während der nächsten Wochen blieb der Gegner
verhältnismäßig ruhig, baute aber seine gewonnene Linie mit
zahlreichen Hilfskräften zu einer starken Angriffsstellung aus. Die
vorgeholte, starke französische Artillerie unterhielt dauernd unter
erheblichem Munitionsaufwand wirkungsvolles Feuer gegen die deutschen
Stellungen; wie sie, so blieb auch die französische Luftaufklärung
der deutschen weit überlegen. Angriffe der französischen
Bombengeschwader gegen die Unterkünfte der Truppen und Stäbe,
die Parks und Depots wiederholten sich fast jede Nacht, ohne daß
Gegenmaßregeln möglich waren.
Am 25. November übernahm Kronprinz Wilhelm das Oberkommando der
Heeresgruppe Deutscher Kronprinz und an seiner Stelle General der Infanterie
v. Lochow das Oberkommando über die 5. Armee; gleichzeitig
wurde das Kommando der Maas-Gruppe Ost aufgelöst.
Während die in der Front stehenden Divisionen aus den
Verhältnissen heraus und aus den Maßnahmen des Gegners mit der
Möglichkeit und zunehmenden Wahrscheinlichkeit einer Wiederholung des
französischen Angriffs rechneten, hielten die höheren
Kommandobehörden eine
solche - vor allem wohl wegen der außerordentlich
ungünstigen Witterung - nicht für wahrscheinlich. Diese
Meinung blieb auch bestehen, obschon die Somme-Schlacht sich dem Ende
zu- [535] neigte und damit
für den Gegner personelle und materielle Kräfte zum Einsatz an
anderer Stelle frei wurden. Auf deutscher Seite war diese Möglichkeit sehr
viel geringer, weil die an der Somme eingesetzten Divisionen bis zum
äußersten abgekämpft waren oder, soweit sie
kampffähig waren, für Rumänien bestimmt werden
mußten.
Wohl im Vertrauen auf die Unwahrscheinlichkeit eines nochmaligen Angriffs
ordnete das Oberkommando Anfang Dezember den Austausch der am
längsten in der Front befindlichen Divisionen gegen andere, von der
Obersten Heeresleitung überwiesene an; die an der Somme stark
mitgenommene 39. Infanterie-Division trat an Stelle der seit neun Monaten vor
der Nordfront von Verdun kämpfenden 13.
Reserve-Division; die infolge hohen Alters und ungenügender Schulung
für einen Großkampf unter schwierigsten Verhältnissen
ungeeignete 39. bayerische Reserve-Division löste die 5.
Infanterie-Division ab. Diese Maßnahmen mußten
verhängnisvoll wirken, besonders als der Angriff einsetzte, bevor die neuen
Verbände sich mit ihren Abschnitten hatten vertraut machen können.
Auch die Regimenter der anderen Divisionen hatten unter den geradezu
unerträglichen Verhältnissen (warme Verpflegung konnte acht Tage
lang den in vorderster Linie liegenden Bataillonen überhaupt nicht gegeben,
sonstige Lebensmittel und Munition nur in kleinstem Maße zugeführt
werden) an Kampfkraft eingebüßt und zahlreiche Kranke
abstoßen müssen.
Im Gegensatz dazu hatte es der Gegner ermöglicht, vier ganz frische, voll
aufgefüllte Divisionen weit hinter der Front nach dem Nivelleschen
Verfahren auszubilden und für den erneuten Angriff bereitzustellen. Sie
wurden erst unmittelbar vor dem Angriff nach Verdun transportiert und in der
letzten Nacht hinter die vorderste Stellung geschoben, so daß ihr Eingreifen
eine völlige Überraschung war.
Eine intensive Schulung der deutschen Divisionen in der Abwehr dieses
Verfahrens war, infolge ihrer Anspannung durch Kampf und Arbeit bis zum
äußersten, nicht möglich gewesen. Aber selbst die
verhängnisvolle Zentralisierung der Artillerie bei den Generalkommandos
hatte, trotz der bitteren Erfahrungen des 24. Oktober, nicht überall beseitigt,
die Batterien nicht überall in die Hand der Divisionen zurückgegeben
werden können. Das sollte sich auch jetzt wieder empfindlich fühlbar
machen.
Während noch in der ersten
Dezemberwoche der Gegner sich außer
lebhafter Artillerie- und Fliegertätigkeit ziemlich ruhig verhielt, steigerte er
sein zusammengefaßtes Artilleriefeuer zur planmäßigen
Zerstörung der deutschen Stellungen auf der Hochfläche der
Côtes (Abschnitte des VII.
Reservekorps - 14. Reserve-, 39. und 10.
Infanterie-Division) - und des XIV.
Armeekorps - 14. Infanterie- und 39. bayerische
Reserve-Division). Das von deutscher Seite gegen die französischen
Gräben gerichtete Zerstörungsfeuer litt unter den
außerordentlich [536] ungünstigen
Beobachtungsverhältnissen. Von Tag zu Tag nahm das Feuer und die
Überlegenheit der Luftstreitkräfte beim Gegner zu. Die Spannung der
Truppen wuchs, je stärker der bevorstehende Angriff erkennbar wurde.
Den Auftakt gab ein Vorstoß gegen den Pfefferrücken am 14.
Dezember nachmittags, der scheiterte. Vom frühesten Morgen des 15.
Dezember ab lagen die Stellungen, die Wege, die Schluchten unter stärkster
Gasbeschießung, der sich ein zweistündiges Trommelfeuer gegen die
Kampfstellung anschloß. Das von den Divisionen gegen den unmittelbar
drohenden Sturm angeforderte Sperrfeuer versagte infolge der ungünstigen
Befehlsverhältnisse, die eine Einheitlichkeit der Kampfhandlung weder
zwischen den Divisionen, noch zwischen der Infanterie und den Batterien des
Abschnitts erreichen ließen.
Der französische Angriff begann mit stärkster Wucht um 11 Uhr
vormittags. In der Front stieß er bei der 10. und 14.
Infanterie-Division auf erfolgreiche Abwehr; bis zum späten Abend
kämpften die hier eingesetzten Bataillone zäh gegen eine starke, von
allen Seiten vordringende Übermacht. In der vom
Haudromont-Steinbruch sich nordwärts ziehenden Schlucht, der Nahtstelle
zwischen 39. und 10.
Infanterie-Division, gelang es den Franzosen durchzubrechen, und ebenso auf
dem von der 39. bayerischen
Ersatz-Division gehaltenen Hardaumont-Rücken. Von den sofort tief in das
rückwärtige Gelände stoßenden Verbänden
wurden die Besatzungen der vordersten Stellung in Flanke und Rücken
umfaßt. Der französische Anprall gelangte bis in die Höhe der
Fosses-Wald-Stellung, wo er von den Bereitschaften durch energische
Gegenangriffe aufgefangen wurde.
Aber ein Teil des Pfefferrückens, Louvremont, die südlich des
Fosses-Waldes liegende Höhe 378, der
Hardaumont-Rücken und der Ort Bezonveaux gingen verloren; auch
Geschütze fielen in feindliche Hand. Der Kampf um die vordersten
Gräben, dessen Heldenhaftigkeit selbst von feindlicher Seite in offener
Weise anerkannt wurde - selbstverständlich um als Maßstab
für die noch größere Tapferkeit des um das Dreifache
überlegenen Angreifers zu
gelten -, erlosch erst in der Dunkelheit, nachdem Oberstleutnant
v. Kaisenberg an der Spitze von 6. Grenadieren und 47ern erst mit dem
Gewehr in der Hand den Heldentod gefunden hatte.
Den Divisionen standen nur abgekämpfte Reserven, dem Oberkommando
nur die eben erst herausgezogenen Divisionen zur Verfügung. Sie wurden
sofort auf das Kampffeld in Marsch gesetzt; ein Gegenstoß konnte aber
für sie nicht in Erwägung gezogen werden. So konnte den vorn tapfer
aushaltenden Bataillonen keine Hilfe gebracht werden; ihr Widerstand hatte aber
dazu geholfen, daß dem feindlichen Stoß in Höhe der
Fosses-Wald- und Chaume-Wald-Stellung Halt geboten werden konnte. Posener
(Regimenter 6 und 47) und Westfalen (Regimenter 56, 57 und 16) hatten das
Unglück nicht ungeschehen machen können, aber gegen die
übermächtige Gewalt des Gegners eine
Widerstandskraft - trotz der vorausgegangenen Nervenanspannung in dieser
"Hölle von Verdun" - entwickelt, die selbst von dem Gegner laute
Achtung erzwang.
[537] Der Kampf, bei dem
die Chambrette-Ferme wiederholt den Besitzer wechselte, kam auch in der Nacht und
am folgenden Tage nicht zum Abschluß. Unterstützt von den wieder
nach vorn geführten Regimentern der 13.
Reserve- und 5. Infanterie-Division konnten die am 16. Dezember noch in den
Abendstunden gegen den
Fosses- und den Chaume-Wald gerichteten heftigen feindlichen Angriffe
abgewiesen werden.
Vor diesem Widerstand verzichteten die Franzosen auf eine Weiterführung
und - auf lange Zeit - auch auf eine Erneuerung des Angriffs. Auch
die Artillerietätigkeit nahm auf der ganzen
Verdun-Front langsam, aber stetig ab.
Die deutschen Verluste waren sehr groß. Über 11 000
Gefangene, 115 Geschütze, 44 Minenwerfer und 107 Maschinengewehre
fielen dem Gegner zur Beute; dazu kamen die gleichfalls großen Verluste an
Toten, Verwundeten, Gaskranken und Frostkranken. In den halb mit Wasser
gefüllten Gräben hatten sich in den frostkalten Nächten
Eiskrusten gebildet und den tapfer und zäh in ihnen standhaltenden Braven
schwere Frostschäden an den Unterschenkeln verursacht.
Die Divisionen waren verbraucht; sie mußten zur Erholung und
Auffüllung herausgezogen werden. An Stelle des Generalkommandos VII.
Reservekorps trat dasjenige des V. Reservekorps;
Garde-Ersatz-, 30. und 43. Infanterie- sowie 7.
Reserve-Division übernahmen die Abschnitte der abgelösten
Divisionen.
Der deutsche Angriff auf Verdun, dieser unglücklichste und unheilvollste
Entschluß der Obersten Heeresleitung, hatte einen tragischen
Abschluß gefunden. Auf den unter ganz anderen Verhältnissen
erfochtenen Erfolgen gegen Lüttich, Namur, Antwerpen und die russischen
Festungen aufgebaut, unter gefährlicher
Unterschätzung - trotz wiederholter eindringlicher Warnung von
Sachverständigen - der Widerstandskraft einer modernen und nach
den Kriegserfahrungen verstärkten Lagerfestung und in Verkennung der ihr
vom Feldheere zuzuführenden personellen und materiellen Kräfte
hatte der Chef des Generalstabes, General Falkenhayn, hier einen Kampf
begonnen, gegen den er sich ein Jahr früher selbst bestimmt ablehnend
ausgesprochen hatte.
Die französischen Erfolge am 24. Oktober und 15. Dezember hatten nicht
nur eine gewaltige Wirkung im französischen Heere und Volke, sondern bei
allen Alliierten. Die schroffe Ablehnung des Friedensantrags der
Mittelmächte vom 16. Dezember 1916 wird sicherlich durch diesen Sieg
beeinflußt gewesen sein.
Die Ursachen des französischen Erfolgs sind vor allem darin zu suchen,
daß die 5. Armee, trotz wiederholter Vorstellungen, für andere
Kampfhandlungen erhebliche Abgaben hatte machen müssen, die im Falle
eines feindlichen Angriffs schwere Gefahren mit sich bringen mußten. So
entstand die ungenügende Zahl der Streitkräfte, für welche die
Führung auch nicht die erforderliche Ruhe zur Erholung und Ausbildung
erreichen konnte; mehrfache Verschiebungen der Truppe waren notwendig, so
daß einem Viertel der Verteidigung die
Bekannt- [538] schaft mit dem
schwierigen Kampfgelände fehlte. Die 5. Armee hatte wiederholt ihre
besten Divisionen abgegeben, so daß eine planmäßige
Ablösung auf dem Ostufer der Maas unmöglich war, und
Gelände und Bodenverhältnisse sodann der Truppe es unter dem
feindlichen Feuer unmöglich machten, den Gegenangriff
durchzuführen. Es fehlte auch an Munition für die Artillerie. Der
Truppe war nur die Abgabe von Sperrfeuer erlaubt. Der Munitionsmangel machte
es unmöglich, die feindliche Artillerie, und vor allem die feindlichen
Angriffsvorbereitungen wirksam zu bekämpfen. Als der Kronprinz
persönlich vor dem Angriff die Abgabe von wirksamem
Zerstörungsfeuer gegen die feindlichen Stellungen befahl, wurde er darauf
aufmerksam gemacht, daß die Armee hierzu nicht berechtigt sei. In einem
Bericht an den Ersten Generalquartiermeister (Stenay, 1. Januar 1917)
führte der Kronprinz noch weiter aus:
"Der dauernde Wechsel der
höheren Kommandostellen und die damit verbundene fortgesetzte
Verschiebung der Gefechtsstreifen brachte Unruhe und Unsicherheit mit sich.
Generalstabsoffiziere, welche sich gerade in die schwierigen Verhältnisse
hineingearbeitet hatten, wurden plötzlich und meist ohne vorherige
Ankündigung in andere Stellungen versetzt.
Die Ermüdung der Truppe ist meines Erachtens
nach der Hauptgrund auch für den großen Mißerfolg am 14./15.
Dezember. Die Divisionen, welche seit 2½ Jahren an der Westfront im
Stellungskampfe liegen, einem zahlenmäßig vielfach
überlegenen Gegner, einer weit überlegenen feindlichen Artillerie
mit unbeschränktem Munitionseinsatz gegenüber, ohne die
belebenden Einflüsse eines frischfröhlichen Bewegungskrieges,
müssen unfehlbar in ihrem Gefechtswert Einbußen erleiden, zumal
wenn sie noch durch dauernde Abgaben für Neuformationen und Einstellung
von Gv.-Mannschaften in ihrem Wert herabgesetzt werden. Das einzige Mittel
gegen diese bedauerliche Erscheinung ist meines Erachtens ausgiebige Ruhe
für Offizier und Mann und energische, straffe Ausbildung hinter der Front,
besonders auch der Artillerie. Eine Ruhe, wie sie den Divisionen jetzt zuweilen
zuteil wird, d. h. Unterkommen in zerstörten Ortschaften, schlechten
und feuchten Waldlagern, unter Übernahme von
Stellungs- und Trägerdienst für andere Truppen, ist keine Ruhe.
Ruhe kann eine Truppe nur haben, wenn sie bequem und nicht zu eng in
Ortschaften untergebracht wird, möglichst weit von der Kampffront
entfernt, und dann außer ihrem intensiven Ausbildungsdienst auch
tatsächlich von jeder anderen Beschäftigung frei bleibt.
Wie ich mir schon in einem Brief an Eure Exzellenz vor
einem halben Jahre erlaubt habe auszuführen, möchte ich an dieser
Stelle nochmals in eindringlicher Weise darauf aufmerksam machen, daß
wir mit Erfolg nur dann unseren schweren Aufgaben im Westen auf die Dauer
gewachsen sein können, wenn es gelingt, an verschiedenen Stellen an der
Front zahlreiche
Infanterie-Divisionen und starke Artillerie-Reserven in langer Reihe und bester
Ausbildung verfügbar zu halten."
Der kronprinzliche Heerführer suchte den schweren Mißerfolg des
15. De- [539] zember zu
ergründen.
"Die artilleristische Abwehr war trotz
der Erfahrungen des 24. Oktober noch zu einseitig, nicht beweglich genug
organisiert. Im Abschnitt eines Generalkommandos wurde sogar ungeachtet
bestimmter Befehle der Armee den Divisionen immer noch nicht das unmittelbare
Verfügungsrecht über die Artillerie eingeräumt. Die Reserven
standen in den meisten Fällen zu weit rückwärts und wurden
zu spät vorgeführt. Auch eine Anzahl höherer Stäbe
hielt sich von den Brennpunkten des Kampfes zu weit entfernt, um besser
befehlen und straff führen zu können. Indessen, diese und noch
manche andere Versäumnisse genügen doch nicht, um die
Gründe für die beiden schweren Rückschläge zu
erklären. Die Psyche der Truppe heischte ernsteste Beachtung. Zahlreiche
mündliche und schriftliche Berichte und eingehende Nachforschungen
ließen keinen Zweifel, daß die Truppe zum großen Teile in ihrer
seelischen Widerstandskraft nicht voll auf der Höhe ihrer freilich unendlich
schweren Aufgabe gestanden hatte. Hier galt es im Hinblick auf die uns auch in
Zukunft ganz sicher noch bevorstehenden heißen Abwehrschlachten auf der
Westfront die nötigen Schlußfolgerungen klar und entschlossen zu
ziehen. In einem ausführlichen Bericht an die Oberste Heeresleitung sprach
sich mein Oberkommando wie folgt aus:
Die moralische Belastung und Widerstandskraft des
heutigen Soldatenmaterials muß wahrheitsgemäß und ohne
Selbsttäuschung eingeschätzt werden. Nur auf dieser Grundlage kann
beurteilt werden, welches Maß von Erziehung und Ausbildung notwendig
ist, um die Truppen wieder auf einen höheren Stand zu bringen. Nur so
kann die Führung sich ein klares Urteil bewahren, was sie von der Truppe
verlangen kann..... Die zahlreichen geglückten Durchbrüche zeigen,
daß die starre Abwehr in den Widerstandslinien der Hauptkampfstellung
und der sofortige Gegenstoß durch in oder dicht hinter ihr bereit gehaltene
Truppen nicht genügt hat. War der Angreifer dann durch die
Hauptkampfstellung durchgebrochen, so trat bei der Verteidigung in der
Mehrzahl der Fälle eine übereilte und unsichere, weil nicht
genügend vorbereitete Gefechtsführung ein. Es muß der
Truppe wieder das Bewußtsein anerzogen werden, daß es weniger die
Güte der Stellung ist als der Geist und die Geschicklichkeit des
Verteidigers, die den Angriff abwehren. Die übertriebene, jeden Gedanken
und Zeit in Anspruch nehmende Sorge um den Stellungsbau muß durch den
frischen Geist des Verteidigungskampfes beseelt werden. Eine gute Truppe wird
sich auch in einer schlechten Stellung behaupten, eine schlechte auch einen gut
ausgebauten Abschnitt verlieren."
Mit diesen Worten hat der kronprinzliche Heerführer das Wesen des
heutigen schweren Kampfes gekennzeichnet und sich damit ein dauerndes
Denkmal gesichert.
Der französische Erfolg war in der Möglichkeit begründet,
daß frische, ausgesuchte, besonders für diesen Angriff geschulte
Truppen erst kurz vor dem Angriff in Stellung gingen, beim Angriff den nach
vielmonatlichem [540] Aushalten im
Stellungskrieg und schwersten Entbehrungen in Anstrengungen und nach
zehntägigem, heftigem Feuer seelisch stark geschwächten deutschen
Bestzungen weit überlegen waren und nach vollendetem Angriff sofort
wieder abgelöst wurden, um nicht den zu erwartenden blutigen und
moralischen Verlusten durch das deutsche Artilleriefeuer und Gegenangriffe
ausgesetzt zu sein.
Vor Verdun wurde es zunächst still. Es kam nur zu kleineren
Unternehmungen: so wurde am 28. Dezember der "Tote Mann" in einer
Ausdehnung von 1100 m von der 10.
Reserve-Division mit sehr geringen eigenen Verlusten gestürmt. Jedenfalls
hatte man gehofft, so einem feindlichen Angriff zuvorzukommen. Ebenso
erfolgreich war ein Angriff der Truppen der 13.
Infanterie-Division auf Höhe 304 am 25. Januar 1917. Die Truppe
nahm feindliche Gräben in Ausdehnung von 1600 m. Auch
auf anderen Fronten wurden zahlreiche Unternehmungen gemacht. Es sei genannt
in der Champagne (3. Armee) am 15. Februar 1917 ein Unternehmen auf den
Höhen von Ripont (51.
Reserve-Division). Es gelang, wertvolle Anhaltspunkte für die
Angriffsvorbereitungen Nivelles in der Champagne bei Reims zu sammeln und
die bis dahin noch unbekannte Vorschrift des Generals Nivelle zu erbeuten, nach
der dieser Angriff geführt werden sollte.
In den ersten Monaten des Jahres 1917 zog die französische Heeresleitung
Truppen und Geschütze von Verdun in die Champagne. Jedenfalls wurden
bei Verdun fast nur Gefangene von Divisionen gemacht, die als weniger gut
bekannt waren. Schon in den ersten Februartagen standen nur noch zwei
französische Divisionen den deutschen fünf Divisionen auf der
Nordostfront vor Verdun gegenüber. Auch der Eindruck entstand,
daß der Feind versuchte, durch sehr bewegliche Artillerie, die aus
verschiedenen Stellungen viel schoß, über die Stärke seiner
Artillerie zu täuschen, um ein Fortziehen von Truppen vor Verdun zu
hindern. So konnte noch vor Ablauf des Februar die Führung eine
Weiterführung des französischen Angriffs bei Verdun als
unmöglich bezeichnen, während ein ernstes Gewitter sich vor der 7.
und 3. Armee in der Champagne zusammenballte. Das waren die Vorzeichen der
Osterschlacht von Reims.
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