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Vorwort

Der gegenwärtige Krieg hat die Völker verantwortlich vor das Friedensproblem gestellt und damit der Wissenschaft - der "Friedenswissenschaft" - eine Reihe von Aufgaben gestellt. Unter ihnen steht das Thema "Hitlers Versuche zur Verständigung mit England" mit an erster Stelle. An den Untersuchungen darüber kann das deutsche Volk sich und den anderen Völkern besonders deutlich darüber Rechenschaft geben, wie seine Führung sich um Frieden und Verständigung zwischen den Völkern bemüht hat.

Dezember 1939.



 
Einleitung

Adolf Hitlers vergebliche Versuche zur Verständigung mit England im Rahmen seiner Revisions- und Friedenspolitik

Adolf Hitler erklärte in jenem Teil seiner Reichstagsrede vom 6. Oktober 1939, der sich als Friedensangebot an die Feindmächte England und Frankreich kennzeichnet:

    "Nicht geringer waren meine Bemühungen für eine deutsch-englische Verständigung, ja darüber hinaus für eine deutsch-englische Freundschaft. Niemals und an keiner Stelle bin ich wirklich den britischen Interessen entgegengetreten. Leider mußte ich mich nur zu oft britischer Eingriffe deutschen Interessen gegenüber erwehren, auch dort, wo sie England nicht im geringsten berührten. Ich habe es geradezu als ein Ziel meines Lebens empfunden, die beiden Völker nicht nur verstandes-, sondern auch gefühlsmäßig einander näher zu bringen. Das deutsche Volk ist mir auf diesem Wege willig gefolgt.
          Wenn mein Bestreben mißlang, dann nur, weil eine mich persönlich geradezu erschütternde Feindseligkeit bei einem Teil britischer Staatsmänner und Journalisten vorhanden war, die kein Hehl daraus machten, daß es ihr einziges Ziel wäre, aus Gründen, die uns unerklärlich sind, gegen Deutschland bei der ersten sich bietenden Gelegenheit wieder den Kampf zu eröffnen. Je weniger sachliche Gründe diese Männer für ihr Beginnen besitzen, um so mehr versuchen sie, mit leeren Phrasen und Behauptungen eine Motivierung ihres Handelns vorzutäuschen. Ich glaube aber auch heute noch, daß es eine wirkliche Befriedung in Europa und in der Welt nur geben kann, wenn sich Deutschland und England verständigen. Ich bin aus dieser Überzeugung heraus sehr oft den Weg zu einer Verständigung gegangen. Wenn dies am Ende doch nicht zum gewünschten Ergebnis führte, dann war es wirklich nicht meine Schuld."1

Die Geschichte bestätigt diese Worte des Führers über seine Bemühungen um eine endgültige Verständigung zwischen Deutschland und England. Die Hauptfakten liegen heute klar vor aller Augen. Es sind diese:

Schon lange vor der Machtergreifung hatte Adolf Hitler in Schrift und Wort die deutsch-englische Verständigung als naturgegebenes Hauptziel der künftigen nationalsozialistischen Außenpolitik erklärt. Diese Zielsetzung war selbstverständliches Gedankengut der nationalsozialistischen Bewegung geworden.

Nach der Machtergreifung, als erwählter Führer des deutschen Volkes und Reichskanzler des nationalsozialistischen Volksstaates, hat Adolf Hitler in den wechselnden Situationen der deutschen Außenpolitik immer wieder Versuche zu diesem Ziel der endgültigen Verständigung zwischen Deutschland und England unternommen.

Das geschah, vor den Augen der Öffentlichkeit, vor allem in der deutsch-englischen Flottenkonvention von 1935 und durch die Mission Ribbentrop, deren Ziel die deutsch-englische Verständigung war. Die Flottenkonvention, eine freiwillige einseitige Begrenzung der deutschen Seestreitkräfte zugunsten Englands, hatte Hitler gedacht und gewollt als wechselseitiges Versprechen beider Nationen: nie wieder Krieg gegeneinander führen zu wollen. Man wußte von dieser Flottenkonvention bisher nur, daß sie nach ergebnislosem Ablauf der Genfer Abrüstungskonferenz und von Sonderverhandlungen zwischen den Großmächten über eine internationale Rüstungskonvention schließlich auf der Basis der wiederhergestellten deutschen Wehrhoheit zustande kam. Erst kürzlich ist geschichtlich bekanntgeworden: daß der deutsche Vorschlag zu dieser Flottenkonvention nur einen Teil bildete eines umfassenden Angebotes der endgültigen Verständigung an England, das Ribbentrop zu übermitteln beauftragt war.

Nebenher gingen vielfältige deutsche Versuche, in persönlicher Fühlungnahme zwischen einzelnen Persönlichkeiten oder Gruppen - der Jugend, Studenten, Frontkämpfer u. a. - zur Annäherung beider Nationen zu kommen. Vielfältige Versuche auch, im Wege geistiger Auseinandersetzung die Hemmungen der Verständigung aufrichtig klarzustellen und zu beseitigen.

Weiter: Die Verhandlungen Ende September 1938, in deren Hintergrund der deutsche Wunsch stand: an Stelle eines politischen Waffenstillstandes eine echte und dauernde Verständigung zu erzielen. Und schließlich das letzte Verständigungsangebot vom 25. August 1939, das nochmals nichts weniger als eine deutsche Garantie für den Besitzstand des Britischen Reiches, verbunden mit einer Rüstungskonvention, vorschlug.

Diese ganzen Tatsachen liegen heute im hellen Licht der Geschichte. Zukünftige Geschichtsforschung wird voraussichtlich noch ergänzend von weiteren Fakten berichten können, in denen der gleiche deutsche Wille zur Verständigung zwischen beiden Nationen zum Ausdruck kam: auf Grund von Quellen, die heute noch im Schoß der Archive bleiben oder noch nicht einmal aufgezeichnet wurden.

Nun aber hat der Tatbestand dieser Verständigungspolitik, wie überhaupt die Außenpolitik Hitlers, in den verschiedenen Ländern recht verschiedenartige Beurteilung erfahren. Teils ist sie, wie es die geschichtliche Wahrheit verlangt, richtig als Friedenspolitik gewürdigt worden, teils aber hat sie mancherlei Mißdeutung aus Irrtum erfahren - um von der böswilligen Mißdeutung und Fälschung zu schweigen. Eine Mißdeutung aus Unkenntnis und Irrtum, wie sie ähnlich schon einmal ein anderer deutscher Staatsmann, Bismarck, in seiner Außenpolitik erfuhr. Es ist lehrreich, daran zu erinnern, wie durch die Kriegsschuldforschung zur Entstehung des Weltkrieges jenes irrtümliche Geschichtsbild korrigiert wurde, das Bismarck zu einem Mann der friedlosen Gewaltpolitik machte, während aus den Quellen der Archive nun das Bild eines Meisters der Friedenspolitik sich ergab.2

Adolf Hitlers Versuche, zur endgültigen Verständigung mit England zu kommen, bilden ein Teil- und Hauptstück seiner gesamten Außenpolitik. Diese Außenpolitik kennzeichnet sich ihrem Wesen nach als Revisionspolitik und als Friedenspolitik. So ist es zur Würdigung der deutschen Bemühungen um die Verständigung mit England nötig, diese Verständigungspolitik als Teilstück von Hitlers Revisionspolitik, von seiner Friedenspolitik zu betrachten. Die Darstellung der Tatsachen dieser deutschen Verständigungspolitik also wird zu ergänzen sein durch eine Würdigung ihres Charakters als Revisionspolitik und als Verständigungspolitik: als Friedenspolitik.

Lassen wir zunächst die Tatsachen sprechen.


 
Die Tatsachen

Das Ziel der deutsch-englischen Verständigung
in der nationalsozialistischen Politik vor der Machtergreifung

Seit den Anfängen und im Verlauf seiner politischen Studien hatte Adolf Hitler sich auch mit England, den Methoden der englischen Außenpolitik und dem Verhältnis zwischen England und Deutschland beschäftigt. Es fehlt nicht an Zeugnissen der Achtung vor englischer Eigenart, englischer Politik und der artverwandten Sympathie für England.3

So führt von den früheren Äußerungen des Führers eine klare und gerade Linie bis zu seiner Erklärung über den Wert des Britischen Reichs, die er am 28. April 1939 aussprach, als England schon die feindselige Politik der Einkreisung gegen Deutschland eingeschlagen hatte.

    "Ich habe während meiner ganzen politischen Tätigkeit immer den Gedanken der Herstellung einer engen deutsch-englischen Freundschaft und Zusammenarbeit vertreten. Ich fand in meiner Bewegung ungezählte gleichgesinnte Menschen. Vielleicht schlossen sie sich auch wegen dieser meiner Einstellung an. Dieser Wunsch nach einer deutsch-englischen Freundschaft und Zusammenarbeit deckt sich nicht nur mit meinen Gefühlen, die sich aus der Herkunft unserer beiden Völker ergeben, sondern auch mit meiner Einsicht in die im Interesse der ganzen Menschheit liegende Wichtigkeit der Existenz des britischen Weltreiches.
          Ich habe niemals einen Zweifel darüber gelassen, daß ich im Bestand dieses Reiches einen unschätzbaren Wertfaktor für die ganze menschliche Kultur und Wirtschaft sehe.
          Wie immer auch Großbritannien seine kolonialen Gebiete erworben hat - ich weiß, es geschah dies alles durch Gewalt, und sehr oft durch brutalste Gewalt -, so bin ich mir doch darüber im klaren, daß kein anderes Reich bisher auf anderem Wege entstanden ist, und daß letzten Endes vor der Weltgeschichte weniger die Methode als der Erfolg gewertet wird, und zwar nicht im Sinne des Erfolges der Methode, sondern des allgemeinen Nutzens, der aus einer solchen Methode entsteht.
          Das angelsächsische Volk hat nun ohne Zweifel eine unermeßliche kolonisatorische Arbeit auf dieser Welt vollbracht. Dieser Arbeit gehört meine aufrichtige Bewunderung. Der Gedanke an eine Zerstörung dieser Arbeit erschien und erscheint mir von einem höheren menschlichen Standpunkt aus als ein Ausfluß menschlichen Herostratentumes..."

Die Worte übrigens über die gewaltpolitische Entstehung des Britischen Reiches sind bezeichnend auch für die überlegene und vorurteilslose Art, in der Hitler die Politik anderer Mächte würdigt. Solange Deutschland nicht angegriffen wird, enthält es sich der moralischen Kritik gegenüber anderen Mächten. Es entspricht das dem Prinzip der Nichtintervention, das einer der Hauptgrundsätze von Adolf Hitlers Außenpolitik ist. Die gleiche realistische Vorurteilslosigkeit liegt seinen ganzen Erwägungen über das Verhalten Deutschlands zu England im Rahmen der deutschen Außenpolitik zugrunde.

Das politische Bekenntnis- und Lehrbuch Mein Kampf entwickelt die Richtlinien der nationalsozialistischen Außenpolitik in verschiedenen Zusammenhängen. Das Ziel: zu einer endgültigen Verständigung mit England zu kommen, erwähnt Hitler hier im Band 2, Kapitel 13, in den Erwägungen über die Bündnispolitik Deutschlands, das bei seiner Stellung in Europa sich nach Bundesgenossen umsehen müsse. Er kommt dabei zu dieser Feststellung und Folgerung:

    "Seit dreihundert Jahren wurde die Geschichte unseres Kontinents maßgebend bestimmt durch den Versuch Englands, auf dem Wege ausgeglichener, sich gegenseitig bindender Machtverhältnisse der europäischen Staaten sich die notwendige Rückendeckung für große, weltpolitische britische Ziele zu sichern. Die traditionelle Tendenz der britischen Diplomatie... lief darauf hinaus, jedes Emporsteigen einer europäischen Großmacht über den Rahmen der allgemeinen Größenordnung hinaus mit allen Mitteln zu verhindern und, wenn nötig, durch militärische Eingriffe zu brechen. Die Machtmittel, die England in diesem Falle anzuwenden pflegte, waren verschiedene...; die Entschlossenheit und Willenskraft zu ihrem Einsatz jedoch immer die gleiche. Ja, je schwieriger... die Lage Englands wurde, um so nötiger schien der britischen Reichsleitung die Aufrechterhaltung des Zustandes einer infolge gegenseitig rivalisierender Größe stattfindenden allgemeinen Lähmung der einzelstaatlichen Kräfte Europas...."4

Im Sinne dieser Gleichgewichtspolitik hat England zunächst Spanien und die Niederlande als große Seemächte vernichtet, dann Napoleon gestürzt und die Gefahr einer französischen Hegemonie gebrochen.

England - so fährt Adolf Hitler dem Sinne nach fort - hat schließlich das Deutsche Reich bekämpft, dessen Machtentwicklung im Zustande seiner starken Industrialisierung sich zu einer wirtschaftlichen Eroberung der Welt zu entwickeln drohte. Um seine Weltherrschaft zu sichern, bot England im Weltkrieg eine lange Reihe von Verbündeten zur Niederwerfung Deutschlands auf. Mit der Revolutionierung Deutschlands war das Ziel der englischen Gleichgewichtspolitik erreicht...

An einer Vernichtung Deutschlands könne England ja gar nicht im Sinne seiner Gleichgewichtspolitik interessiert sein, da andernfalls die Gefahr bestehe, daß die Militärmacht Frankreichs sich zu einer Hegemonialmacht in Europa entwickelt und damit die Welthegemonie Englands bedroht...

Vergleicht man nun die traditionelle Politik, die England und Frankreich gegenüber Deutschland verfolgen, und mit der Deutschland also dauernd zu rechnen hat, so ergäbe sich dies: Englands Wunsch ist und bleibt es, das Emporsteigen einer Kontinentalmacht zu einer weltpolitischen Bedeutung zu verhindern, welche die britische Welthegemonie gefährden kann, im übrigen aber die verschiedenen Staaten Europas in einem Zustand zu belassen, in dem sie einander die Waage halten. Frankreichs Wunsch hingegen ist und bleibt es, die Bildung einer geschlossenen Macht Deutschlands überhaupt zu verhindern. "England wünscht kein Deutschland als Weltmacht, Frankreich aber keine Macht, die Deutschland heißt..." "Heute aber kämpfen wir (Deutschen) nicht für eine Weltmachtstellung, sondern haben zu ringen um den Bestand unseres Vaterlandes, um die Einheit unserer Nation und um das tägliche Brot für unsere Kinder." Also sei das wünschenswerte Bündnis mit England möglich - ebenso möglich wie das mit Italien... So entsetzlich auch die Folgen der englischen Kriegspolitik für Deutschland waren: Bündnispolitik werde nicht betrieben vom Gesichtspunkt rückblickender Verstimmungen aus, sondern vielmehr von der Erkenntnis rückblickender Erfahrungen...

So die Erwägungen Adolf Hitlers in Mein Kampf über die Verständigung Deutschlands mit England in Form eines Bündnisses.

Mit aller Deutlichkeit hatte Hitler erkannt: daß in der Vorkriegszeit ein deutsches Kolonialreich von Dauer nur im Bunde mit England möglich gewesen wäre.5 In ähnlichem Sinne hat er auch nach 1933 wiederholt betont, daß Deutschland die Forderung nach Rückgabe seiner Kolonien durchaus nicht als Kriegsgrund oder Kriegsziel betrachtet, sondern als eine Frage der Gerechtigkeit und Billigkeit, die im Rahmen der endgültigen Verständigung mit England zu regeln sei....6


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Anmerkungen

1Nach Völkischer Beobachter vom 7. 10. 1939. Im nachfolgenden werden Äußerungen des Führers teils nach derselben Quelle zitiert, teils nach: "Kurzbericht", herausgegeben vom Deutsch. Akadem. Austauschdienst; Die Reden Hitlers für Gleichberechtigung und Frieden, 1934; Berber, Locarno. Eine Dokumentensammlung, 1936; Dokumente zur Vorgeschichte des Krieges, 1939 (nachfolgd. abgekürzt: Dokum. 1939). ...zurück...

2Darüber besteht heute consensus sapientium in der angelsächsischen, deutschen, holländischen usw. Geschichtswissenschaft. Vgl. etwa Japikse, Europa und Bismarcks Friedenspolitik. Herausgegeben vom Niederländischen Komitee zur Untersuchung der Ursachen des Weltkrieges, 1927. ...zurück...

3Vgl. etwa die Bemerkung über englische Kolonialherrschaft in Mein Kampf, S. 747. ...zurück...

4Bezeichnenderweise vermeidet die Darstellung im Text das Wort Gleichgewichtspolitik, das nur im Sachverzeichnis (England) erscheint. ...zurück...

5Vgl. die realpolitischen Ausführungen in Mein Kampf, S. 689f. ...zurück...

6Vgl. die Reden vom 20. Januar 1938, 20. Februar 1938, 30. Januar 1939, 6. Oktober 1939; Unterredung mit Ward Price 6. August 1934. ...zurück...


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