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[Bd. 2 S. 66]
11. Kapitel: Die Kriegsschuldfrage, Deutsche Wirtschaftsführer.

"Die ganze Politik von 1919 bis zur Gegenwart ist eigentlich nichts anderes gewesen, als der Versuch, daß Deutschland endlich sein Recht zuerkannt wird", sagte Stresemann am 22. März 1926 im Reichstage. Dieser Kampf um das Recht war besonders schwer, weil dem deutschen Volke eine moralische Last auferlegt worden war, welche die Deutschen zu den Urhebern der schändlichsten Greuel gegen die Gesetze der Menschheit und der Menschlichkeit machte. Die Regierungen der Westmächte hatten bestimmt, daß Deutschland schuld am Weltkriege sei, und Deutschland hatte in Versailles dies Bekenntnis unterschreiben

  Die Schuld  
am Kriege

müssen. Umfangreiche Aktenveröffentlichungen erwiesen zwar mit unzweifelhafter Deutlichkeit, daß die Behauptung von Deutschlands Schuld nicht zutraf. Es stellte sich heraus, daß Frankreichs Revanchesucht, Englands Handelsneid und Rußlands Panslavismus bereits seit Jahren die Umzingelung und Vernichtung Deutschlands vorbereitet hatten und daß Deutschland im August 1914 nur dem entscheidenden Schlage seiner Gegner zuvorkam, während Rußland schon seit Wochen die fernen sibirischen Regimenter an seine Westgrenze transportierte. Diese untrüglichen Wahrheiten waren durch nichts aus der Welt zu schaffen. Da nun aber einmal das machtlose Deutschland seine Schuld, wenn auch gezwungenermaßen, anerkannt hatte, lehnten

  Bekämpfung der Kriegsschuld  
durch Fehrenbach-Regierung

die alliierten Regierungen beharrlich alle Versuche ab, welche Artikel 231, die Grundlage des Versailler Vertrages, erschüttern konnten. Trotzdem griff die Regierung Fehrenbach bei ihrem Widerstande gegen die Wiedergutmachungsforderungen der Alliierten den Artikel 231 des Versailler Vertrages an. Allerdings behandelte sie die Kriegsschuldfrage mehr wie eine Kabinettssache, weniger wie eine Volksangelegenheit. Es war erstaunlich, wie phlegmatisch weite Kreise des deutschen Volkes gerade dieser fundamentalen und schwerwiegenden Frage gegenüberstanden, die ja den Angelpunkt des ganzen Versailler Vertrages bildete. [67] Es gab sogar pazifistische und sozialistische Kreise in Deutschland, die aus Haß gegen die kaiserliche Regierung unumwunden die Kriegsschuld Deutschlands anerkannten, wie z. B. der Unabhängige Kurt Eisner in seinen Enthüllungen, und wie dies auf dem Genfer Sozialistenkongreß 1920 von deutscher Seite wiederum geschah. Es bildeten sich Ausschüsse in Deutschland, die sich die Bekämpfung der Kriegsschuldlüge zum Ziele setzten, aber die Propaganda war infolge allgemeiner Geldnöte sehr beschränkt und wenig nachdrücklich: sie drang nicht ins Volk. Außer den eigentlich akademischen Kreisen gab es kaum andere Bevölkerungsschichten, die mit vollem Bewußtsein die tragische Wucht der Kriegsschuldlüge erkannten, – jenes Ungeheuers, das an der Wiege der deutschen Republik stand und sie seitdem nicht mehr verlassen hatte.

Auch die große Veröffentlichung der Vorkriegsakten, welche Deutschlands Unschuld einwandfrei erwies, beschränkte sich mit ihren Enthüllungen nur auf einen kleinen Kreis Auserwählter, da die große Mehrzahl der Gebildeten sich vor dem nüchternen Studium amtlicher Akten und Depeschen scheute.

  Kautsky  

Es gab nur einige, die durch unmittelbares Eindringen in die Materie sich von der Unschuld der kaiserlichen Regierung überzeugten. Der Sozialdemokrat Kautsky gehörte einst auch zu den Anklägern der Kaiserregierung und scheute sich nicht, die Schuld am Kriege Deutschland aufzubürden. Er aber war es, der mit der ersten Veröffentlichung amtlicher Vorkriegsdokumente betraut wurde, und in seiner Schrift Delbrück und Wilhelm II. gestand er: "Ich kann hier das Geständnis machen, daß es eine Zeit gab, in der ich der deutschen Regierung in der Frage des Krieges unrecht tat. Ich war sehr überrascht, als ich Einblick in die Akten bekam. Meine ursprüngliche Auffassung erwies sich mehr als unhaltbar. Deutschland hat auf den Weltkrieg nicht planmäßig hingearbeitet, es hat ihn schließlich zu vermeiden gesucht." Auch Helmut von Gerlach, Fried, Foerster u. a., die erst den Deutschen Kaiser für den Krieg verantwortlich machten, verstummten nacheinander. –

  Frankreichs Kriegsschuld  

Die Publikationen aus den Archiven zu Berlin, Petersburg, Brüssel und Belgrad haben einwandfrei ergeben, daß die Schuld für den Weltkrieg nicht bei Deutschland zu suchen ist. Ich will [68] hier nicht ausführen, wie sehnsüchtig Frankreich den Krieg der Rache erwartete, wie willkommen den Engländern der vernichtende Schlag gegen Deutschlands Überseehandel war und wie die allrussischen Kreise in Petersburg frohlockten, als es hieß, man marschiere gegen Deutschland. Die Welt wußte, daß es Krieg gab, und sie lachte über den ahnungslosen Deutschen Kaiser, der im tiefsten Grunde seines Herzens aufrichtig den Frieden wünschte und liebte. Die deutsche Regierung war gelähmt vor Rat- und Hilflosigkeit, als in den letzten Julitagen 1914 die Großmächte Europas den Schleier fallen ließen und dem deutschen Volke mit unverhüllter Schrecklichkeit das Antlitz des Krieges zeigten. Jules Cambon, der französische Botschafter in Berlin, spielte jetzt den geschickten Regisseur, um der unbeholfenen Regierung Bethmann-Hollwegs die Last der Verantwortung aufzubürden. Er schreibt in seinen Erinnerungen: "Als ich die österreichische Note an Serbien überflogen hatte, stand meine Meinung fest. Ich hatte das Gefühl der Gewißheit, daß der Konflikt unvermeidlich sei; immerhin mußte man versuchen, ihn zu verhindern. Vor allem war es angesichts der Entschlossenheit Deutschlands notwendig, der Welt zu zeigen, daß Deutschland die Verantwortung und die Schuld am Kriege trug. Von dieser Idee waren alle meine Schritte, alles, was ich in den folgenden Tagen unternahm, geleitet."

Das Unerhörte wurde von Frankreich in aller Welt verkündet: Das kaiserliche, imperialistisch-militärische Deutschland hat die freie, friedliebende, bescheidene demokratische Republik Frankreich überfallen! England mußte dem von den deutschen Barbaren überfallenen Verbündeten zu Hilfe kommen, Italien war entrüstet, und der Zar war der festen Ansicht, Deutschland müsse bestraft werden. Am 4. August 1917 faßte Lloyd George die Kriegsstimmung der Alliierten in folgende Worte zusammen: "Die Engländer kämpfen zur Beilegung der gefährlichsten Verschwörung, die je gegen die Freiheit der Völker angezettelt wurde, sorgsam, kunstvoll, hinterlistig, heimlich in jeder Einzelheit vorbereitet, mit rücksichtsloser, zynischer Entschlossenheit."

Kriegsschuldpropaganda
  der Alliierten im Weltkrieg  

Die deutsche Schuld stellte ein wundervoll zugkräftiges Propagandamittel für die Kriegführung der Alliierten dar, [69] es war im höchsten Grade geeignet, die Massen der Völker an sich zu ketten und sie den deutschen Heeren entgegenzutreiben. Der ehemalige italienische Ministerpräsident Nitti schrieb, niemand könne leugnen und die erleuchtetsten Köpfe wie Lloyd George sehen es selbst ein, daß selbst Frankreich und England durch ihre Haltung einen guten Teil der Verantwortlichkeit am Kriege auf sich geladen hätten. Der Hauptstörenfried jedoch sei Rußland auf dem Balkan gewesen. Es sei nicht wahr gewesen, daß es Kriegsziele nur für das imperialistische Deutschland gegeben habe und daß die Länder der Entente ohne Eroberungsabsichten den Krieg führten.

  Die Kriegsschuldwaffe  
der Entente

Nitti, trotzdem er zu den ehemaligen Feinden Deutschlands zählte, war ein Mann von nüchterner, gerechter Urteilsgabe. Er schreibt:

      "Ich hatte von jeher eine tief eingewurzelte Abneigung gegen den deutschen Imperialismus, genau wie gegen die Übersteigerungen des Nationalismus, der in allen Ländern seit dem Kriege tobt und wütet. Da er in allen Ländern gleichmäßig die Herrschaft führt, muß er sich einmal durch gegenseitige Vernichtung die Hörner ablaufen, freilich nicht, ohne zuvor allen Völkern den größten Schaden zugefügt zu haben. Ich kann also nicht erklären, daß Deutschland und seine Verbündeten die einzig Verantwortlichen für den Krieg sind, der Europa in einen Trümmerhaufen verwandelt hat und die Hölle auf die Erde losließ. Diese Behauptung, die wir alle während des Krieges aufstellten, war eine Kriegswaffe, aber kein Mensch kann sie nach dem Kriege als ernsthaftes Argument anführen."

  Kriegsschuldkommission  
der Versailler
Friedenskonferenz

Die Alliierten jedoch waren keinesfalls gewillt, diese herrliche Waffe niederzulegen. Hatte sie im Kriege vorzügliche Dienste geleistet, so war sie den Siegern jetzt ebenso unentbehrlich, ihren Vernichtungswillen gegen Deutschland zu begründen. Zwar wehrte sich bereits am 29. November 1918 die deutsche Regierung gegen den Vorwurf der Schuld und verlangte Untersuchung durch einen unparteiischen Gerichtshof, wie wir sahen, doch vergeblich. Am 25. Januar 1919 beschloß die Friedenskonferenz, eine aus fünfzehn Mitgliedern bestehende Kommission einzusetzen, welche die Verantwortlichkeit der Urheber des Krieges und die aufzuerlegenden Strafen [70] feststellen sollte. Den Vorsitz führte Staatssekretär Lansing von den Vereinigten Staaten. Es lag in der Natur der Sache, daß ein so verantwortungsvolles Problem nicht im Handumdrehen erledigt werden konnte, sondern in Ruhe die sorgfältigste Prüfung sämtlicher Unterlagen verlangte, was mit großem Zeitaufwand verknüpft gewesen wäre. Nichtsdestoweniger war bereits Ende März, nach kaum achtwöchiger Tätigkeit, die Kommission zu einem Ergebnis gelangt, das in einem umfangreichen Bericht niedergelegt wurde, nachdem schon am 7. März, wie oben geschildert, die englische Regierung der deutschen mitgeteilt hatte, es sei unnötig, einen Gerichtshof einzusetzen, da die Verantwortlichkeit Deutschlands längst unzweifelhaft festgestellt worden sei.

Die Arbeit der Kommission war eine höchst oberflächliche, einseitige und ernster Männer unwürdige. Fast ausnahmslos stützte sich die Beweisführung auf die Farbbücher der alliierten Regierungen, von denen die Kommissionsmitglieder selbst am allerbesten wußten, daß sie die Tendenz hatten, die Regierungen vor ihren eigenen Völkern zu rechtfertigen. So kam man zu folgenden Schlußfolgerungen:

      "Der Krieg ist von den Zentralmächten ebenso wie von ihren Verbündeten, der Türkei und Bulgarien, mit Vorbedacht geplant worden, und er ist das Ergebnis von Handlungen, die vorsätzlich und in der Absicht begangen wurden, ihn unabwendbar zu machen. In Übereinstimmung mit Österreich-Ungarn hat Deutschland vorsätzlich daran gearbeitet, die zahlreichen vermittelnden Vorschläge der Ententemächte auf die Seite zu schieben und ihre wiederholten Bemühungen, um den Krieg zu verhüten, zunichte zu machen."

Man wandte sich dann der Verletzung der Neutralität Belgiens und Luxemburgs zu. Gewiß entsprach der deutsche Einmarsch in Belgien nicht dem Völkerrecht, aber Deutschland handelte in Notwehr. Jedoch solche Gründe existierten für die Kommission nicht. Man verschwieg klüglich, daß Frankreich sich schon seit Jahren mit dem Gedanken getragen hatte, im Falle eines deutsch-französischen Krieges ebenfalls in Belgien einzumarschieren. Hatte doch noch kurz vor Kriegsausbruch der belgische König zum Major von Klüber gesagt: [71] "Auch ich halte die französische Gefahr für die größte." Auch in Belgien hielt man die Verletzung der Neutralität im Falle eines deutsch-französischen Krieges von irgendeiner Seite für recht selbstverständlich. Der belgische Ministerpräsident und Kriegsminister de Brocqueville äußerte einmal ganz offen zum Major von Klüber:

"Wenn ich der Generalstabschef von Deutschland oder auch von Frankreich wäre und das strategische Interesse, das Wohl meines Vaterlandes erforderte es, so würde ich keinen Moment zögern, neutrales Gebiet zu betreten, um mir den Durchmarsch zu erzwingen. Das ist so selbstverständlich, daß ich mich gegebenenfalls nur über das Gegenteil wundern würde."

Statt diese hochinteressanten Äußerungen zu würdigen, führte der Kommissionsbericht die klug berechnete Äußerung des französischen Gesandten vom 31. Juli 1914 in Brüssel an, die lediglich eine Ergänzung zu dem oben wiedergegebenen Geständnis Cambons bildet. Er sagte nämlich:

"Ich benutze diese Gelegenheit, um Ihnen zu erklären, daß kein Einfall französischer Truppen in Belgien stattfinden wird, selbst wenn bedeutende Streitkräfte an der Grenze ihres Landes aufgestellt werden. Frankreich will nicht dafür verantwortlich sein, Belgien gegenüber die erste feindselige Handlung begangen zu haben."

Man kam also zu der Schlußfolgerung: "Deutschland und Österreich haben vorsätzlich die durch die Verträge vom 19. April 1839 garantierte belgische Neutralität und die durch den Vertrag vom 11. Mai 1867 Luxemburg gegenüber garantierte Neutralität verletzt."

Die Amerikaner brachten noch drei unverbürgte Dokumente vor und erklärten: "Diese Kriegserklärung hätte vermieden werden können, wenn Deutschland, begeistert durch die Hoffnung auf den Krieg und die Früchte der Eroberung, nicht entschlossen gewesen wäre, den Krieg aufzuzwingen." Die Schlußfolgerungen der Kommission seien nicht klar genug, und sie seien zu schwach, und die amerikanischen Delegierten seien der Ansicht, sie müßten verschärft werden. "Sie sind vielmehr der Ansicht, daß diese Handlungen in ausdrücklichen Worten verurteilt werden müssen, und daß ihre Urheber Gegenstand des Abscheues der Menschheit werden sollen."

So also kam Artikel 231 in den Versailler Vertrag.

  Graf Brockdorff-Rantzaus Haltung  

[72] Graf Brockdorff-Rantzau protestierte am 7. Mai 1919 vor der Friedenskonferenz gegen die deutsche Kriegsschuld: "Das Maß der Schuld aller Beteiligten kann nur eine unparteiische Untersuchung feststellen, eine neutrale Kommission, vor der alle Hauptpersonen der Tragödie zu Worte kommen, der alle Archive geöffnet werden. Wir haben eine solche Untersuchung gefordert, und wir wiederholen die Forderung." Und wieder am 13. Mai erklärte er: "Das deutsche Volk hat den Krieg nicht gewollt und würde einen Angriffskrieg niemals unternommen haben. Im Bewußtsein des deutschen Volkes ist dieser Krieg stets ein Verteidigungskrieg gewesen." Am 28. Mai überreichte Brockdorff der Friedenskonferenz eine Wiederlegung des alliierten Kommissionsberichtes, die von namhaften deutschen Sachverständigen abgefaßt war: Hans Delbrück, Graf Max Montgelas, Max Weber, Albrecht Mendelssohn-Bartholdy. Es wurde hierbei viel die Entente belastendes Material aus dem Petersburger Archiv verwendet, das durch die Bolschewisten veröffentlicht worden war.

Deutschlands Kampf war aussichtslos. In ihrem Ultimatum vom 16. Juni 1919 erklärten die Alliierten:

      "Der Ausbruch des Krieges ist nicht auf einen plötzlichen Entschluß, der in einer schweren Krisis gefaßt ist, zurückzuführen. Es war das logische Ergebnis einer Politik, die seit Jahrzehnten von Deutschland unter dem Einfluß des preußischen Systems verfolgt wurde. [...] Die Furcht der Führer Deutschlands, es möchten ihre Pläne der Weltherrschaft durch die wachsende Flut der Demokratie zunichte gemacht werden, führte sie dazu, alle ihre Bemühungen darauf zu richten, jedweden Widerstand mit einem Streich zu brechen, indem sie Europa in einen Weltkrieg stürzten."

Der hoffnungslose Kampf gegen die Lüge von der deutschen Kriegsschuld wurde zwar von deutscher Seite weitergeführt, aber er ermangelte der Kraft, solange Erzbergers Erfüllungswille in der Leitung der deutschen Geschicke maßgebend war. Erst die Regierung Fehrenbach war tatkräftiger, da sie in der angeblichen deutschen Kriegsschuld mit Recht die Begründung der unmäßigen gegnerischen Wiedergutmachungsforderungen [73] erblickte. Aber Lloyd George trat diesen deutschen Bestrebungen energisch entgegen, wie wir sahen, denn er erklärte am 3. März 1921, daß die deutsche Kriegsschuld von den Alliierten ein für allemal als eine cause jugée behandelt werden müsse, mit welcher der Versailler Vertrag stehe und falle.

  Lloyd Georges Ansicht  

Doch derselbe Lloyd George glaubte selbst nicht mehr an Deutschlands alleinige Kriegsschuld. Nur politische Notwendigkeit zwang ihn, an der fundamentalen Voraussetzung des Versailler Vertrages festzuhalten. Als die Völkerbundsabordnungen der britischen Dominien aus Genf zurückgekehrt waren, hatte er bereits am 23. Dezember 1920 den Delegierten erklärt:

      "Je mehr man die Memoiren liest und die Bücher, die in den verschiedenen Ländern darüber geschrieben worden sind, was sich vor dem 1. August 1914 begeben hat, um so mehr begreift man, daß niemand an leitender Stelle zu jener Zeit ausschließlich Krieg wollte. Es war etwas, in das wir hineingeglitten oder vielmehr getaumelt oder gestolpert sind. Eine Diskussion, daran zweifle ich nicht, würde das verhindert haben."

Selbst der amtliche englische Sachverständige in der Schuldfrage, Professor Headlam Morley, erklärte (im Märzheft 1921 der Contemporary Review), er habe nie behauptet, daß der Krieg von den Zentralmächten mit Vorbedacht geplant worden sei; auch glaube er nicht, daß dies von verantwortlichen Persönlichkeiten in England je behauptet worden sei. Diese seine letzte Behauptung erwies sich aber durch die Tatsachen als ein Irrtum.

  Gegenbewegung  
in England

Das Dunkel, das über dem moralischen Empfinden der Völker lag, begann sich allmählich zu lichten, und im Jahre 1920 wurden in den alliierten Ländern mehr und mehr Stimmen laut, welche sich gegen die Behauptung erhoben, Deutschland sei des Krieges schuldig. In England war es der tapfere und hochherzige Morel, dessen kleine Schar, die Union of Democratic Control, wuchs und der in seiner Monatsschrift Foreign Affairs für Deutschlands Rehabilitierung eintrat. Hatte doch der österreichische Zionistenführer Dr. Fried in den Foreign Affairs gegen Morel selbst im Februar 1920 die These von der deutschen Kriegsschuld verfochten! Morel entgegnete [74] ihm:

      "Kein russischer, französischer oder englischer Kriegsforscher hat je behauptet, daß ihre Länder allein für den Krieg verantwortlich seien... Die Stellung Dr. Frieds und seiner Freunde ist daher einzigartig; denn in ihren Augen waren alle kriegführenden Regierungen schuldlos außer der deutschen... Daß irgendein guter Zweck schließlich dadurch erreicht werden kann – dies zu begreifen übersteigt menschliche Einsicht. Sie (Dr. Fried und Genossen) schädigen aber nicht das deutsche Volk allein. Das ist schließlich ihre Sache. Unser Streit mit ihnen ist, daß sie die Kräfte unterstützen, die hinter den Verträgen von Versailles stehen, und daß diese Verträge, wenn sie durchgeführt werden, Ruin und Unheil für uns bedeuten."

  Gegenbewegung  
in Frankreich

Auch in Frankreich hatte sich um Barbusse eine Gruppe gebildet, mit dem Namen Clarté, welche gegen Artikel 231 kämpfte. Wie Morel, wandte sich Georges Demartial gegen jene Deutschen, die ihr eigenes Vaterland besudelten und die sich besonders in dem Bunde "Neues Vaterland" zusammengefunden hatten. Der Franzose schrieb im Januar 1920 in den Foreign Affairs:

      "Als erste Regel legen wir zugrunde, daß kein größeres Unglück einen Mann befallen kann, als sein Vaterland ungerecht zu tadeln; wenn wir uns daher in der schmerzlichen Zwangslage befinden, diesen oder jenen Punkt gegen unser Land zugeben zu sollen, wollen wir es nicht tun, ehe wir alle Dokumente wieder und wieder untersucht und alle Gegenargumente erschöpfend geprüft haben."

Im Frühjahr 1921, eben zu der Zeit, da sich die Krisis zwischen Deutschland und den Alliierten verschärfte, veröffentlichte Demartial unter dem Titel Die Schuld am Kriege, die Vaterlandsliebe und die Wahrheit eine Schrift, in der man folgendes lesen konnte:

      "Ich sage, daß diese Behauptung von Deutschlands Schuld, die dazu gedient hat, den Krieg fünf Jahre lang andauern zu lassen, einer Prüfung von fünf Minuten nicht standhält, und daß, da man sie zur Unterlage des Urteilsspruches von Versailles gebraucht hat, dieser Urteilsspruch nicht aufrechtzuerhalten ist. Eins aber stelle ich fest: Noch niemand hat die hier angeführten Dokumente, die hier gezogenen Folgerungen widerlegt."

[75] Zwar gehörten Morel und seine Vereinigung, die 1915 gegründet, Anfang 1919 eine halbe Million, im Frühjahr 1921 aber bereits anderthalb Millionen Mitglieder zählte, sowie Barbusse und sein Anhang zu den radikalen sozialistischen Strömungen ihrer Länder, etwa vergleichbar den deutschen Unabhängigen, aber sie verfügten über ein gesundes Urteil. Da aber die sozialistischen Strömungen in der Politik der siegreichen Ententeländer ausgeschaltet waren, blieben diese Männer Außenseiter und gewannen keinen Einfluß auf den Gang der Ereignisse.

  Gegenbewegung  
in Amerika

Auch in Amerika gab es mutige Stimmen, welche sich gegen die deutsche Alleinschuld wandten. Die Zeitschrift Atlantic schrieb in ihrem Aprilheft 1920:

      "Es war aus patriotischen Gründen nötig, zu glauben, daß Deutschland der alleinige Urheber des Krieges war, und unter Deutschland das ganze deutsche Volk zu verstehen, es war deshalb auch nötig, den ganzen Verlauf der 1914 vorausgegangenen Politik zu verzerren oder zu ignorieren und die Verantwortlichkeit erst Serbiens, dann Österreichs und dann Rußlands außer acht zu lassen, auf dessen Mobilisation sogar selten von diesen Patrioten Bezug genommen wurde, und die doch schließlich den überstürzten Ausbruch des Krieges herbeiführte. Die Wahrheit ist, daß es den Regierungen möglich gewesen ist, durch lügenhafte Propaganda die Völker noch toller zu machen, als sie es selbst waren."

  Gegenbewegung  
in Italien

In Italien schließlich gehörte der ehemalige Ministerpräsident Francesco Nitti zu den Männern, welche nicht auf Deutschland allein die ganze Verantwortung für den Krieg abwälzen wollten. Er gab im Spätsommer 1921 sein Buch Das friedlose Europa heraus, aus dem schon einige Stellen angeführt wurden. Als Ergänzung möge noch folgendes Zitat genügen:

      "Als unser Land in den Kampf verstrickt wurde, als wir einem gefährlichen Gegner die Stirn bieten mußten, war es einfach unsere Pflicht und Schuldigkeit, das moralische Gewissen des Volkes anzufeuern, den Feind in den schwärzesten Farben zu malen und ihm die ganze Verantwortung aufzubürden. Aber jetzt, wo so viel Blut geflossen, wo das kaiserliche Deutschland zusammengebrochen, wäre es lächerlich, [76] bei der Behauptung zu bleiben, daß Deutschland allein die Verantwortung trage, und zu bestreiten, daß vor dem Kriege in Europa ein Zustand herrschte, der mit Naturnotwendigkeit zum Kriege führen mußte. Wenn auch Deutschland die meiste Verantwortung trägt, so gibt es doch nicht ein Land in der Entente, das nicht seinen Teil an der Schuld hätte." –

So also stand es um das Kriegsschuldproblem. Das Dogma von der alleinigen Kriegsschuld Deutschlands, von Frankreich geformt und verkündet, war durch die herrschende Politik der siegreichen Völker der Weltmeinung aufgezwungen worden. Deutsche Pazifisten und Sozialisten griffen selbst nach dieser Waffe, um sich und ihr Verhalten nicht nur gegen die frühere kaiserliche Regierung, sondern auch gegen jede Regierung des Bürgertums zu verteidigen. Es gab in den Ländern der Alliierten wenige mutige Männer, welche die Haltlosigkeit des Artikels 231 darlegten, aber sie waren zu schwach gegen die öffentliche Meinung, und ihre Stimmen verhallten ungehört. Sie hatten keinen Einfluß auf die offizielle Politik, die Machthaber der Regierungen, welche Artikel 231 brauchten, um auch nach dem Friedensschlusse das deutsche Volk zu quälen, damit es nicht wieder zu Gesundheit, Macht und Wohlstand gelangen sollte. Auch in Deutschland wurde der Kampf nicht mit dem nötigen Elan geführt. Hinter der Regierung Fehrenbach stand nicht geschlossen die öffentliche Meinung des gesamten Volkes.

  Wirtschaftlicher Charakter  
der Regierung Fehrenbach

Der tiefere Grund für das Scheitern des Kampfes gegen Artikel 231 war der, daß man auf deutscher Seite diesen Kampf nicht von der großen moralischen Plattform des Weltgewissens aus führte, sondern von der wirtschaftlichen Plattform des Industriekapitals aus. Welches Interesse hatten die nationalen Idealisten an dem Geldsäckel einiger weniger Industrieller? Mußte nicht die Betonung des wirtschaftlichen Momentes gerade auch die Linksparteien zum Widerstand aufreizen, sie geradezu hinreißen zu solch verderblichen Äußerungen, wie sie in Genf gefallen waren? Nein, auf dieser Plattform war allerdings nicht die geschlossene Einheit des deutschen Volkes zu erzielen, wie etwa zwei Jahre vorher in der Frage der "Kriegsverbrecher". Dies nüchterne wirtschaftliche [77] Moment entkleidete die große Gewissensangelegenheit des deutschen Volkes ihrer reinen Begeisterungsfähigkeit, ihres edlen Schwunges. Sie wurde herabgewürdigt zu einer Frage, die durch das Kabinett und nicht durch das Volk behandelt wurde. Die Regierung mußte sich oft gerade von der rechten Seite den Vorwurf machen lassen, sie behandele die Kriegsschuldfrage zu lau, zu schwunglos, und trotz des wirklich guten Willens des Kabinettes Fehrenbach war dieser Tadel gerechtfertigt.

Der stark wirtschaftliche Charakter der Verhandlungen, welche man in bezug auf die Kriegsschuldfrage anzuknüpfen versuchte, machte anderseits die Gegner mißtrauisch; da sie fürchteten, durch eine Erörterung der Angelegenheit schließlich darum doch zu einer Änderung des Artikels 231 gezwungen zu sein, lehnten sie von vornherein jede Diskussion ab. Die Sieger zitterten vor der Möglichkeit, daß Deutschland imstande sein könnte, die Alleinschuld von sich abzuwälzen, denn sobald dies gelingen würde, wären auch die ungeheuren Tributforderungen hinfällig geworden. Aber vor einer solchen Möglichkeit zitterten nicht nur die alliierten Regierungen, da sie ihren Völkern große Versprechungen gemacht hatten, die dann unerfüllt blieben, sondern davor zitterten auch die Kapitalisten der Ententestaaten, die in diesem Falle mit einem ungeheuren Anwachsen der Steuerlast rechnen mußten. Dann aber wußten Regierungen und Kapitalisten der "Siegerstaaten" sehr wohl, daß jede Berichtigung in der Kriegsschuldfrage einen Sieg des Sozialismus in ihren Ländern bedeutete. Darum also mußten sich England und Frankreich hartnäckig gegen jede Erörterung der Kriegsschuld wehren, und wenn Lloyd George im März 1921 erklärte, er wünsche ein für allemal klar auszusprechen, daß die deutsche Verantwortlichkeit für den Krieg als cause jugée behandelt werde, dann klang aus diesen Worten wohl die alte Feindseligkeit gegen Deutschland, aber ebensosehr die unverhüllte Sorge um die Existenz des herrschenden Systems.

Wie kam es aber, daß sich der wirtschaftliche Standpunkt in Deutschland zu solcher Geltung entwickeln konnte? In der ersten bürgerlichen Regierung der Republik war durch die [78] Deutsche Volkspartei das industrielle Privatkapital zu einer starken, einflußreichen Stellung emporgestiegen. Es war im großen ganzen siegreich um die gefährlichen Klippen der Revolution, um Sozialisierung und Betriebsräte, herumgekommen, wenn es auch bei der neuen Steuergesetzgebung große Opfer bringen mußte. Und gerade aus diesem Grunde, daß es die Lasten der Wiedergutmachung auf seine Schultern übernehmen mußte, erlangte es Mitarbeit in der Regierung, und das Kabinett Fehrenbach verschloß sich nicht diesem Argumente. Infolge des übermäßigen Druckes der aufgezwungenen Reparationslasten mußte es das Schwergewicht seiner Regierung auf das wirtschaftliche Gebiet verlegen. Übrigens behielt Deutschland diese vorwiegend wirtschaftlich orientierte Regierungsweise drei Jahre lang bei, wenn auch in stets wechselnder Gestalt. Der Anfang wurde im Juli 1920 gemacht. Bis zum Sommer 1920, solange noch keine Friedenserfüllungen gefordert wurden, war Deutschland im Sinne der Revolution politisch regiert worden. Das Erscheinen eines Großindustriellen in Spa, Hugo Stinnes, den man als Sachverständigen brauchte, kennzeichnet deutlich genug den Wandel, der sich in Deutschland vollzogen hatte: das Kapital beherrschte jetzt nicht bloß die Arbeiterschaft, sondern auch die Regierung.

  Hugo Stinnes  

Hugo Stinnes war in der Tat damals der mächtigste Geldmann des deutschen Volkes. Sein Name war in aller Munde, und selbst Männer wie Hindenburg und Ludendorff traten vorübergehend in der Öffentlichkeit vollkommen hinter diesem Großindustriellen zurück. Dieser fünfzigjährige Mann hatte sich aus kleinen Anfängen emporgearbeitet. Eine unermüdliche, geradezu dämonische Arbeitskraft steckte in ihm, geistige Gewandtheit ließ ihn jeder Anforderung gerecht werden, für sich selbst war er bedürfnislos bis zum Äußersten. Stinnes war kein Egoist, er bewies durch sein Leben, daß es für ihn nur Arbeit und nicht Genuß war, insofern hatte es einen hohen sittlichen Gehalt. Schon vor dem Kriege war Stinnes Aufsichtsratsvorsitzender der Deutsch-Luxemburgischen Bergwerks-Aktiengesellschaft, die einen großen Vertikaltrust darstellte und Unternehmungen vom Rohstoff bis zum Fertigfabrikat, Kohlen- und Eisenbergwerke, Schmelzhochöfen, Walzwerke [79] und Schiffswerften in sich vereinigte. Er brachte das Unternehmen auf die Höhe und unterstützte nebenbei Thyssen bei der Bildung des Kohlen- und Stahlsyndikats, welche die Produktions- und Preispolitik im Rhein- und Ruhrgebiet bestimmten.

Durch den Krieg erhielt Stinnes große Gewinne, die vor allem durch die Ausbeutung der Bodenschätze in den besetzten Gebieten erzielt wurden. Er baute Fabriken und gründete mit einem Teile seines Vermögens in Holland eine Bank. Als der Krieg zu Ende ging, war er der einzige deutsche Wirtschaftsmagnat: Emil Rathenau von der A.E.G. war gestorben, und Albert Ballin hatte sich erschossen, als er sein großartiges Lebenswerk untergehen sah. Zwar hatte die Deutsch-Luxemburgische Gesellschaft durch den Versailler Vertrag die Hälfte ihres Besitztums verloren, ein Schicksal, wie es in gleicher Weise die Gelsenkirchener Bergwerks-Aktiengesellschaft getroffen hatte. Stinnes brachte einen Zusammenschluß beider Gesellschaften zustande und gliederte seiner "Rhein-Elbe-Union" noch den Bochumer Bergwerks- und Hüttenverein an. Durch den Anschluß der Siemens-Schuckert-Gesellschaft erweiterte sich die ungeheure Organisation zur "Siemens-Schuckert-Rhein-Elbe-Union". Dieser von Stinnes geschaffene Koloß holte Eisen und Kohle aus der Erde und verkaufte Maschinen und Schiffe!

Es wurden Kupfer- und Aluminiumwerke gekauft, Ölfelder, Wälder, Kohlenbergwerke in der Tschechoslowakei. Nach Frankreich, England, Ungarn streckte Stinnes seine Arme aus. Papierfabriken und Zeitungen wurden erworben, Rittergüter, Hotels verschluckte dieser Wirtschaftsmammut. Nicht die Politik, sondern die Wirtschaft sei das Wichtige, behauptete Stinnes, und er wuchs aus dem nationalen Interessengebiet hinaus in das internationale. Er stand als ein Einsamer von eigenem Format in Deutschland, der nichts gemein hatte mit den großen politischen Bewegungen des Volkes. Er hätte in normalen Zeiten vielleicht als ein Außenseiter betrachtet werden mögen, der Million auf Million zusammenhäufte, nur aus Lust, immer reicher zu werden, der still und friedlich die Früchte seines Vermögens genossen hätte, so aber, unter dem [80] entsetzlichen Drucke von außen, entwickelte er sich zu einem Herrscher des deutschen Wirtschaftslebens und des deutschen Staatslebens, soweit es wirtschaftliche Aufgaben zu erfüllen hatte. Er war, seit Spa, der Sachverständige der deutschen Regierung, er stand ihr mit Rat und Tat in den Wiedergutmachungsverhandlungen zur Seite. Er war es, der allen Schritten der Regierung Fehrenbach gegenüber den Alliierten den Stempel aufdrückte, die ganze Wucht seines Geistes war nach Westen gerichtet, und so kam es, daß die Regierung Fehrenbach dem europäischen Osten nicht die genügende Aufmerksamkeit widmete. – Im Alter von dreiundfünfzig Jahren starb Stinnes 1924.

Allgemeine
  Elektrizitätsgesellschaft  

Von ganz anderer Art war das Konkurrenzunternehmen, der gewaltige Trust der Allgemeinen Elektrizitätsgesellschaft, der etwas jünger war als der Stinneskonzern. Die Allgemeine Elektrizitätsgesellschaft sah sich durch Stinnes ernstlich bedroht, als dieser die Siemens-Schuckert-Gesellschaft erwarb, und der Generaldirektor Felix Deutsch knüpfte 1920 Beziehungen nach Neuyork an, um Kredite zu beschaffen zum Ankauf der fehlenden Rohstoffunternehmungen. Im Jahre 1921 sicherte sich die A.E.G. die Kontrolle über mehrere kleine Betriebe und war nun auf diese Weise der Aufsaugung durch Stinnes entgangen. Der Aufbau eines neuen Vertikaltrustes vollzog sich sehr schnell durch die Verbindung mit der Otto-Wolff-Gesellschaft in Köln und dem Unternehmen Krupps, der sich nicht mehr der Herstellung von Geschützen widmete, sondern zum Bau von Maschinen übergegangen war. Die Allgemeine Elektrizitätsgesellschaft nahm mit England und Holland Verbindungen auf, schloß Verträge mit der Deutsch-Amerikanischen Schiffahrt, der französischen Schneider-Creuzot- und Loucheur-Gruppe und war internationaler als Stinnes, besonders, da sie auch in Sowjetrußland Fuß zu fassen versuchte. Man war allgemein der Ansicht, daß dem A.E.G.-Trust doppelt soviel Kapital wie dem Stinneskonzern zur Verfügung stand. –

Im Frühjahr 1921 wurde die Regierung Fehrenbach gestürzt, und ihr Protektor Stinnes verlor seinen Einfluß. Ihre Nachfolgerin wurde die Erfüllungsregierung Wirth, deren [81] wirtschaftliche Energie sich in Dr. Walter Rathenau, dem Präsidenten der A.E.G, verkörperte. Wirth folgte Fehrenbach, Rathenau folgte Stinnes. Die Namen hatten gewechselt, die Systeme auch, wie wir sehen werden, doch das letzte, entscheidende Prinzip war keinem Wechsel unterworfen gewesen: das Großkapital herrschte durch den Streit um die Reparationen.



Geschichte unserer Zeit
Dr. Karl Siegmar Baron von Galéra