Vorwort Der Engländer als Privatperson ist - im guten Durchschnitt genommen - kaum lügenhafter als sonst jemand auf der Welt. Wenn aber, wie es geschieht, die Engländer als Nation, als politische Gemeinschaft den Anspruch auf die Tugend besonderer Wahrheitsliebe erheben, ja das wahrheitsliebendste Volk auf Erden zu sein behaupten, so sind sie damit schon bis zum Hals mitten in der tiefen Unwahrhaftigkeit des Wahns von der englischen Auserwähltheit, von dem englischen Gottesgnadentum, und mitten im englischen "Cant", dieser alles englische Denken verpestenden, vom Lügner fast selbst geglaubten Lüge, dieser Fachsprache der englischen Heuchelei, die den Engländer als politisches Lebewesen durch rechthaberischen Dünkel und durch Unwissenheit, ja durch Nichtwissen wollen über die nichtenglische Welt unfähig macht, Tatsachen zu sehen oder Wirklichkeiten zu verstehen oder gar anzuerkennen, die seinem vermeintlichen Interesse widerstreben oder seinem tatsächlichen Dünkel nicht passen.
Vom englischen Cant Begriff und Wort "Cant" sind und bleiben jeder Sprache so unübersetzbar, wie der Cant keinem anderen Volke wesenseigen ist. Die Eitelkeit der Franzosen, die ihnen und Europa so viel Unheil angerichtet hat, der krankhafte Dünkel der Polen, der - von England mißbraucht - eben erst wieder Polen zugrunde gerichtet hat, die faustische Problematik des Deutschen mit ihren verhängnisvollen Möglichkeiten und Abgründen, die robuste Überheblichkeit des Yingo, - sie alle sind dem englischen Cant fern und fremd. Er schwebt zwischen und über ihnen allen in seiner eigentümlichen Denk- und Redeweise, Singeweise könnte man fast sagen, wie das Wort Cant ja vom lateinischen Cantus herkommt und nicht ein individuelles, von der Persönlichkeit Herkommendes und Geprägtes bezeichnet, sondern eine allen gemeinsame Volksweise, in welcher die Stimme des einzelnen eben mitsingt und mitschwingt, wenn die Weise erst einmal angestimmt ist. In ruhiger Zeit kann diese Weise schweigend schlummern, unbemerkt und fast unbemerkbar. Sie entgeht in friedlicher Zeit der oberflächlichen Beobachtung leicht und ruht im Unterbewußtsein ihrer Träger selbst unbedacht und wie vergessen. Bei wachsender öffentlicher Erregung wird sie lauter und mächtiger. Die stärkste Auswirkung solcher öffentlicher, ganze Nationen erfassender, bewegender und beherrschender Erregung, der Krieg, treibt, wie aus dem Einzelnen, so aus ganzen Völkern auch diese Eigentümlichkeit, diesen besonderen Ausdruck innersten Wesens über alles hervor. So erleben wir es nicht zum erstenmal, daß vor und nach dem Kriegsausbruch der englische Cant, die nationale englische Unwahrhaftigkeit, die englische öffentliche Heuchelei wahre Orgien feiert, sich in Paroxysmen überschlägt und schließlich eine Verzerrung aller sittlichen Begriffe ergibt, bei der es schwer und unmöglich wird, die Grenze zwischen dem Krankhaften und dem Verbrecherischen noch zu erkennen. Dieses den englischen Nationalcharakter seit langem so häßlich entstellende, endlich das ganze Wesen wie Gift durchdringende nationale Laster ist seit langem weltberüchtigt. Die lautersten englischen Geister haben dieses Laster längst und oft und immer erkannt und als eine für England selbst tödlich gefährliche Krankheit diagnostiziert. Es ist ein seelischer Fluch über England, daß diese Unwahrhaftigkeit durch den puritanisch-jüdischen Dünkel von der Auserwähltheit des Volkes über den Völkern geradezu gefordert und gefördert wird. Es müssen schon ganz große Naturen sein, die sich dieser Forderung und Förderung entziehen könnten. Ganz große Naturen aber sind in England im allgemeinen genau so selten und heute im besonderen noch seltener als anderswo, als zum Beispiel - auch das eine handgreifliche Wirklichkeit, die kein Engländer sehen kann, keiner heute anerkennen dürfte - in dem Deutschland Adolf Hitlers.
Der Fluch der Lüge Auch die bedeutendsten englischen Staatsmänner, etwa die Gladstone oder Pitt, nicht zu sprechen von Palmerston oder von dem Juden Benjamin Israel, alias Disraeli, alias Beaconsfield, verfielen stets in diese grobe Unwahrhaftigkeit des puritanischen Cant, wenn es galt, die brutalen machtpolitischen Antriebe der englischen Beute- und Seeräuberpolitik mit dem Seim und Schleim angelsächsischer Revolverhumanität zu verkleistern. Wenn aber das am grünen Holz geschieht, was soll's am dürren werden? Was für moralische Mißfiguren, was für ethisch hinkende Heuchler soll der englische Cant, für den keine Sprache sonst ein Wort hat, nicht aus so schwachen oder unedlen Geistesgestalten machen, wie die, mit denen wir es heute in England zu tun haben. Macht doch der englische Cant auch den ethisch sonst hochstehenden Engländer zu einem grundsätzlichen Lügner, der mit seelenloser Heiterkeit etwa in einem Wahlkampf oder nun gar im Krieg dem Ausspielen und den Auswirkungen der gewissenlosesten Lüge und der infamsten Verleumdung zuhört und zusieht. Das sieht für Zuschauer und Zuhörer aus Völkern mit nationalen Minderwertigkeitskomplexen vielleicht aus wie übermenschenhafte Starkgeisterei, ist aber ein armseliges Konglomerat aus moralischer Feigheit, die es nicht wagt, die Wahrheit zu sehen oder sehen zu lassen, und aus verbrecherisch oberflächlicher tatsächlicher Unwissenheit über Dinge, die man nicht wissen und andere nicht wissen lassen will, um sie nicht anerkennen zu müssen. Was für ein Unwesen diese seelische Nationalpest aus ursprünglich ehrenhaften, aber schwachen Charakteren oder gar aus geborenen Freibeutern der Lüge macht, das konnte die Welt jetzt lange genug wieder in der grellen Beleuchtung des Kriegszustandes sich ansehen. Im Namen Englands haben diese Männer Tag für Tag, Lüge für Lüge sich als Schwindler und Verleumder anprangern lassen müssen, ohne einen
Das ist der Fluch der Verlogenheit über England und die hoffnungslose Seelenverwüstung durch den Cant. Dies das politische England der Chamberlain und Churchill, der Eden und Duff Cooper, der Hore Belisha und Vansittart, wie schon vor hundertfünfzig Jahren der edle Thomas Burke es als Ernte aus der Saat der englischen Lüge vorverkündet hat: Hehler, Heuchler, Lügner, Falschspieler! Wir wollen die besten Geister Englands sprechen lassen über die Moral der englischen Politik, Männer, die kein Chamberlain zu verleugnen, kein Churchill zu dementieren, kein MacMillan zu widerlegen vermag. Wir Deutsche sind ja Partei in dieser großen weltgeschichtlichen Auseinandersetzung mit der englischen Lüge. Nur englisches Zeugnis soll darum hier gelten; das Zeugnis der Edlen, die in dem großen Geisterzug von Thomas More bis her zu Carlyle und Ruskin mit vergeblicher prophetischer Warnung durch Englands Geschichte schreiten, und die zynischen Bekenntnisse der Männer vom Schlage derer, die im Weltkrieg die Greuellüge von den abgehackten Kinderhänden wie Gelbgas über die Welt abschossen, und die nach dem Krieg sich dieser schmutzigen Niedertracht mit jener seelenlosen Heiterkeit rühmten, die einfach nicht mehr imstande ist, die sittliche Ungeheuerlichkeit einer solchen Schofeltat zu erkennen und sich ihrer zu schämen.
Die Utopier
Das ist bis heute durch alle Jahrhunderte die englische Heuchelweise geblieben, und wie die heutigen Engländer, werden auch schon die Utopier des Thomas More angeblich von nichts getrieben als von tiefem Mitleid mit den unglücklichen Untertanen des feindlichen Tyrannen, ob er nun Wilhelm II. heiße oder Adolf Hitler, weil sie - die "Utopier" vor vierhundert Jahren - ganz genau "wissen, daß diese armen Untertanen nur gegen ihren Willen zum Krieg angetrieben und gezwungen wurden durch die rasende Tollheit ihrer Häupter und Führer". Ist es nicht, als lese man die englische Presse während des Weltkriegs oder während des Jahres 1939 und höre ihr Krokodilsgreinen über das arme deutsche Volk, für das man nur Mitleid und Erbarmen fühle, das ja nur verführt und verblendet sei, und das ja nur von seinen Verführern sich loszusagen brauche, um der englischen Gnade teilhaftig zu werden. Sollte aber diese Gnade nicht willig angenommen werden, so suchen die Engländer, will sagen die "Utopier", beim Gegner Aufstand zu erregen oder ihnen Nachbarn auf den Hals zu hetzen, die dann für Hilfsgelder ihr Blut gegen die bösen Widerspenstigen verspritzen; aber "von ihren eigenen Leuten schicken die Engländer-Utopier keine oder nur wenige". Hat sich an all dem in den seither verflossenen vierhundert Jahren etwas geändert? Sahen und sehen wir die Engländer nicht abermals das alte Spiel der Utopier spielen? Sahen wir nicht die Polen zu Millionen durch sie ins blutige Verderben getrieben? Sehen wir nicht die ganze kriegerische Kraft Frankreichs durch sie angespannt und eingespannt? Aber "von ihren eigenen Leuten schicken sie keine oder nur wenige".
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