I. 4. Kulturelle und wirtschaftliche Organisationen a) Schulorgane der Volksgruppe Von den kulturellen Organisationen der Volksgruppe sind an erster Stelle die Schulvereine und ähnliche Einrichtungen zu nennen. Obwohl sich nämlich der polnische Staat zumindest für das ehemalige preußische Teilgebiet durch den Minderheitenschutzvertrag verpflichtet hatte, für die Kinder seiner fremdsprachigen Staatsangehörigen öffentliche Schulen in deren Muttersprache zu unterhalten und diese Verpflichtung durch Gesetz vom 3. 3. 1919 auf das ganze Staatsgebiet ausgedehnt worden war, so ist doch gerade diese Bestimmung mit am wenigsten beachtet bzw. am meisten umgangen, wenn nicht gar verletzt worden, worüber in Teil II ausführlich die Rede sein wird. Dieser Umstand zwang nun die Volksgruppe zu einer möglichst weitgehenden Ausnutzung des in Art. 8 des Schutzvertrages sowie im Art. 110 der polnischen Märzverfassung [53] verbrieften Rechtes, private Schulen mit ihrer Muttersprache als Unterrichtssprache zu errichten und zu erhalten.
Sowohl um
für die Innehaltung der Bestimmungen über das öffentliche
Schulwesen mit deutscher Unterrichtssprache eintreten als auch um ein privates
Schulwesen ausbauen zu können, benötigte die Volksgruppe
Schulorgane. Leider war es nie zur Schaffung einer zentralen deutschen
Schulstelle für das ganze Staatsgebiet gekommen, da nicht einmal
Schulverbände für ein ganzes
Siedlungsgebiet - mit Ausnahme von
Ostoberschlesien - zugelassen wurden, so daß sich in den einzelnen
Gebieten verschiedene Stellen mit der Schulfrage befassten.
In Posen-Westpreußen In Posen-Westpreußen bestanden schon seit 1919 Schulorgane des Deutschtums. Es war dies zuerst der "Allgemeine deutsche Schulausschuss", nach dessen Beseitigung durch die Polen als Spitze der örtlichen Schulvereine ein "Deutscher Schulverein in Polen" mit dem Sitz und der Hauptgeschäftsstelle in Bromberg im Mai 1921 gebildet wurde. Von den ursprünglich errichteten vier Bezirksstellen dieses Vereins konnte nur die in Posen bestehen bleiben. An den einzelnen Orten mit einer deutschen Privatschule bestanden Schulvereine als Zusammenschlüsse der an dieser Schule interessierten Eltern. Diese Schulvereine, die als Rechtsträger der Schulbetriebe gegründet worden waren, die aber seit 1933 nicht mehr als solche, sondern nur noch als Besitzer der Schulgrundstücke von den Behörden anerkannt wurden, waren auch nicht Ortsgruppen des Bromberger Schulvereins. Letzterer durfte somit weder Schulträger noch Wortführer der von ihm betreuten Schulen sein und konnte sich seit 1930 auch nicht mehr in den Schulbetrieb einschalten. Dennoch hat er unter Leitung des Oberstudiendirektors Dr. Otto Schönbeck als nominelle Verwaltungsstelle eine äußerst wirkungsvolle und vielseitige Tätigkeit entfaltet. Vom Bromberger Schulverein [54] wurden nämlich Schulen gegründet, erbaut und indirekt beaufsichtigt, Direktoren sowie Lehrer eingestellt und gefördert, pädagogische Tagungen abgehalten, Denkschriften und Eingaben an die höchsten polnischen Stellen sowie an den Völkerbund vorbereitet. Da die polnischen Behörden gerade an die deutschen Schulen unter Androhung des Schließens die allerhöchsten Anforderungen, u. a. materieller Natur stellten, worauf wir noch wiederholt zu sprechen kommen werden, konnte die Volksgruppe die für den Ausbau und die Erhaltung des Schulwesens benötigten Gelder bei weitem nicht aus eigenen Mitteln aufbringen. Der Schulverein war daher gezwungen, finanzielle Unterstützung des "Vereins für das Deutschtum im Ausland" (VDA) und der "Deutschen Stiftung" in Berlin in Anspruch zu nehmen, jener unter Leitung von Regierungsrat a. D. Dr. h.c. Erich Krahmer-Möllenberg stehenden Stelle, die sich die Bewahrung des Deutschtums in den abgetrennten Gebieten zum Ziele gesetzt hatte.41 Während die Gelder der "Deutschen Stiftung" daher ausschließlich zum Ausbau des Schulwesens in Posen-Westpreußen verwandt wurden, ermöglichten die Zuwendungen des VDA Zuschüsse an die darüber hinaus völlig auf die eigene Kraft angewiesenen deutschen Schulen in Mittelpolen, Wolhynien und Galizien.42 Die polnischen Behörden, die dem Deutschen Schulverein weder gesetzeswidrige noch staatsfeindliche Handlungen vorwerfen konnten, mussten seine Verwaltungstätigkeit dulden, umso mehr als die Polen im Reich einen "Verband der polnischen Schulvereine in Deutschland" unterhalten durften, der sich sogar im ganzen Reichsgebiet unter dem Einsatz äußerst beachtlicher aus Polen fließender Mittel ungehindert betätigen konnte.43 In Posen-Westpreußen waren im Jahre 1920 nur 53 deutsche Privatschulen vorhanden, das Jahr 1926 wies den Höchststand [55] von 117 Schulen auf, im Schuljahr 1933/34 waren es 111. Die durch die polnischen Maßnahmen verursachten Verluste konnten nur z. T. durch Neugründungen wettgemacht werden. Ab 1935 waren Neugründungen überhaupt nicht mehr möglich, so daß im letzten Schuljahr 1938/39 in Posen-Westpreußen nur noch 4 höhere Schulen (die Goetheschule Graudenz, die Albrecht-Dürer-Schule in Bromberg, das Schillergymnasium Posen und das Kantgymnasium in Lissa), 96 Volksschulen und eine Haushaltungsschule (in Posen) bestanden, die zusammen von 7205 Schülern besucht wurden. Die bereits erwähnten baulichen Anforderungen, die die polnischen Behörden an die deutschen Schulen stellten, zwangen den Schulverein, ein großes Bauprogramm durchzuführen. Waren bis 1929 12 Schulklassen errichtet worden, so waren es zwischen 1929 und 1939 20, und zwar z. T. gediegene Landschulen, z. T. gezwungenermaßen mit Aufwand errichtete und großzügig angelegte Bauten der Vollgymnasien in Posen, Graudenz und Bromberg. Auf die Schwierigkeiten, die dieser Aufbau bzw. die Behauptung dieser Anstalten von polnischer Seite erfuhr, werden wir in Teil II dieser Darstellung zu sprechen kommen. Neben diesem "Deutschen Schulverein in Polen", der sich ausschließlich dem Privatschulwesen widmete, bestand in Bromberg eine schon vom "Deutschtumsbund" begründete Schulabteilung, die später von der Hauptgeschäftsstelle der deutschen Abgeordneten und schließlich von der DV weitergeführt wurde. Die Schulabteilung, deren Leiter seit 1932 Friedrich Mielke war, führte den politischen Kampf um die staatlichen Schulen, sorgte dafür, daß die Eltern die ihnen zustehenden Rechte hinsichtlich der Erhaltung der deutschen Unterrichtssprache in den von ihren Kindern besuchten öffentlichen Schulen wahrnahmen, kämpfte um die Zulassung deutscher Kinder in diese Schulen, bereitete (ähnlich [56] wie der "Schulverein" für das Privatschulwesen) Eingaben der Eltern, Interpellationen der Parlamentarier, Denkschriften der Organisationen sowie Beschwerden an den Völkerbund vor.
Darüber hinaus war die Schulleitung bestrebt, den deutschen Kindern, die
weder eine deutsche Privatanstalt noch eine öffentliche Schule mit
deutscher Unterrichtssprache besuchen konnten, deutschen Sprachunterricht zu
Hause zu vermitteln. Es handelte sich hier um die 1927 von Friedrich Mielkes
Vorgänger, Paul Dobbermann, begonnene "Elternhilfe" bzw. den
sogen. Mutterschulunterricht. Von der Schulabteilung wurden Wanderlehrer und
Helferinnen eingesetzt, die die deutschen Haushalte in den Ortschaften ohne
deutschen Schulunterricht regelmäßig aufzusuchen hatten. Selber
unterrichten durften sie von staatswegen nicht, aber die Eltern, besonders die
Mütter, sollten zum Deutschunterricht ihrer Kinder angehalten und
angewiesen werden, was auch den oberen Behörden zur Kenntnis gebracht
worden war. Für diese Mutterschulen gab die Schulabteilung besondere
Bücher heraus, an Hand derer die eingesetzten Kräfte ihrer
überaus schwierigen, aufopferungsvollen, von den unteren polnischen
Behörden immer wieder gestörten Tätigkeit nachgingen. War
dieser durch die Verhältnisse bedingte, etwas eigenartige
Nachhilfeunterricht auch nur ein Notbehelf, der keinen deutschen Schulunterricht
ersetzten konnte, so wurde dadurch doch erreicht, daß in
Posen-Westpreußen viele Kinder trotz des Fehlens eines deutschen
Schulunterrichtes ihrem Volkstum nicht entfremdet wurden. Daher wurde die
durch Zuwendungen des VDA ermöglichte Elternhilfe trotz der von den
Behörden gemachten Schwierigkeiten und der damit verbundenen
geldlichen und persönlichen Opfer immer mehr ausgebaut. Im Jahre 1939
waren 20 Wanderlehrer und 47 Helferinnen tätig, 1936 waren es 32
Wanderlehrer und 87 Helferinnen.44
[57] In der "Wojewodschaft Schlesien" Eine ähnliche Tätigkeit wie der Bromberger Schulverein entfaltete in Ostoberschlesien der "Deutsche Schulverein in der Wojewodschaft Schlesien" mit dem Sitz in Kattowitz, so daß wir uns hierbei kürzer fassen können. Jedoch befand sich der Kattowitzer Schulverein dank der Genfer Konvention rechtlich gesehen in einer bedeutend günstigeren Lage. Beginnend mit dem Jahre 1926 hatte er Privatvolksschulen und Privatgymnasien an verschiedenen Orten des Industriegebietes gegründet und konnte diese Anstalten als ihr anerkannter Rechtsträger unterhalten und beaufsichtigen sowie deren Behauptungskampf mit den polnischen Unterrichtsbehörden selber führen. Leiter dieses Schulvereins war bis 1937 Dr. Brey, nachher Dr. Paul Poralla. Konnte der Schulverein im Schuljahr 1933/34 noch 6 Gymnasien unterhalten, so waren es infolge der polnischen Maßnahmen und der katastrophalen Wirtschaftslage des ostoberschlesischen Deutschtums 1938/39 nur noch 2, als einzige Vollanstalt die stattliche, 1933/34 erbaute Eichdorff-Schule in Königshütte sowie das bis zur Sekundarreife führende Gymnasium in Pless. Rund 2500 Kinder besuchten die 18 Volksschulen des Schulvereins, für die gleichfalls größtenteils neue Schulbauten hatten aufgeführt werden müssen. Da sich die oberschlesischen Kinder bei ihrer Anmeldung für eine "Minderheitsschule", d. i. eine öffentliche Volksschule mit deutscher Unterrichtssprache, erst einer Sprachprüfung vor einer gemischten Kommission, ab Sommer 1937 vor einer rein polnischen Kommission unterziehen mussten und dabei oft zurückgewiesen wurden, richtete der Kattowitzer Schulverein viele Kindergärten ein, von denen 1938/39 noch 23 bestanden. Ferner wurden 2 Haushaltungsschulen mit 3 ländliche Fortbildungsschulen unterhalten.45
[58] Der oberschlesische Schulverein war dem
"Deutschen Volksbund" als Dachorganisation angeschlossen. Letzterer
stellte dem Schulverein die finanziellen Mittel zum Unterhalt der Schulen zur
Verfügung. Darüber hinaus nahm sich die beim Volksbund ebenso
wie bei der Deutschen Vereinigung (DV) eingerichtete Schulabteilung der
"Minderheitenschulen" an, kämpfte um die Erhaltung derselben, um die
Zulassung von Kindern und rief alljährlich die Eltern zur rechtzeitigen
Anmeldung ihrer Kinder für diese Schulen auf. Gerade hierbei und bei den
damit zusammenhängenden Sprachprüfungen waren in
Ostoberschlesien die größten Schwierigkeiten zu überwinden.
Das Deutschtum des benachbarten, derselben Wojewodschaft
angehörenden Teschener Schlesiens wurde schulmäßig nicht
von Kattowitz aus betreut und besaß auch kein eigenes Schulorgan. Dieser
Umstand mag darauf zurückzuführen sein, daß in diesem
kleinen Gebiet im Schuljahr 1919/20 immerhin 16 öffentliche
Volksschulen und einige staatliche höhere Bildungsanstalten bestanden
hatten, die die deutsche Unterrichtssprache auch zu polnischer Zeit
verhältnismäßig lange behalten konnten. Daneben bestanden
in Bielitz eine private deutsche Handelsschule sowie das schon 1867
gegründete deutsche Lehrerseminar, das zusammen mit einer deutschen
Volks- und einer Bürgerschule von der evangelischen Kirchengemeinde
unterhalten wurde und das mehrere Jahre hindurch die einzige deutsche
Lehrerbildungsanstalt in Polen war, so daß es von Zöglingen aus dem
ganzen Staatsgebiet besucht wurde. Aber im Jahre 1937 wurde auch dieses
Seminar auf Grund der Neuorganisierung des mittleren bzw. höheren
Schulwesens in Polen von den Behörden geschlossen. Ferner wies Bielitz
eine deutsche katholische
Mädchenvolks- und Bürgerschule auf.46
[59] In Galizien Die die Bielitzer Lehrerbildungsanstalt kennzeichnende Rechtsform treffen wir noch in anderen Siedlungsgebieten an, so in dem benachbarten Galizien. Die bald nach Gründung der dortigen deutschen Siedlungen in Verbindung mit der evangelischen Kirche errichteten Dorfschulen waren Eigentum der Kirchengemeinden geblieben. Träger dieses Schulwesens war die zu 88,5% deutsche "evangelische Kirche augsburgischen und helvetischen Bekenntnisses" in Galizien, deren Leitung unter dem verdienten Superintendenten Dr. Theodor Zöckler ihren deutschen Charakter auch zu polnischer Zeit nicht verlor. Sie unterhielt 80 deutsche Volksschulen, die von rund 3400 Kindern besucht wurden. (Eine weitere Dorfschule war verstaatlicht worden, hatte aber die deutsche Unterrichtssprache behalten.) 9 Schulen davon waren zwei- bis siebenklassig, die übrigen einklassig.
Die in den katholischen
Siedlungen seinerzeit gleichfalls errichteten deutschen Schulen hatten sich noch
zu österreichischer Zeit verstaatlichen lassen und waren nachher bis auf
zwei polonisiert worden. Daher hatte der "Bund der christlichen Deutschen
in Galizien" noch vor dem ersten Weltkrieg neue katholische deutsche
Schulen gegründet, die nach dessen Auflösung vom "Verband
deutscher Katholiken" übernommen wurden, der in der Berichtszeit
in sieben galizischen "Kolonien" deutsche Privatvolksschulen unterhielt, die im
Jahre 1937 von 307 Kindern besucht wurden. Das zahlenmäßig
schwache Deutschtum Galiziens verfügte ferner über zwei deutsche,
von der evangelischen Kirche unterhaltene Gymnasien in Lemberg und
Stanislaus, doch war seit 1937 nur noch Lemberg Vollanstalt. In Dornfeld, das bis
1932 eine Volkshochschule besessen hatte, bestand
1935-1939 eine Bauernschule, deren Träger der "Verband deutscher
landwirtschaftlicher Genossenschaften" Lemberg war.
[60] In Mittelpolen und Wolhynien Auch in Kongresspolen und in Wolhynien waren bei der Gründung der deutschen Kolonien Kirchenschulen, die sogen. Kontoratsschulen errichtet worden, die während des ersten Weltkrieges im Generalgouvernement Warschau in je einem evangelischen und katholischen deutschen Landesschulverband zusammengeschlossen wurden. Als beide Verbände - die geeigneten Schulorgane - schon mit Dekret vom 7. 2. 1919 vom damaligen Staatschef Pilsudski aufgelöst und die von den deutschen Kolonisten mühsam errichteten Schulen laut Ministerratsverordnung vom 3. 3. 1919 verstaatlicht und anschließend so gut wie alle polonisiert wurden, verfügte das mittelpolnische Deutschtum über kein Schulorgan mehr. Allerdings setzten sich die deutschen Abgeordneten, vor allem August Utta, für die Schulbelange ein und taten, was in ihren Kräften stand. Als seit 1935 Mittelpolen keinen deutschen Vertreter mehr in die Parlamente entsandte, bildete der immer mehr an Bedeutung gewinnende "Deutsche Volksverband" zusammen mit einigen deutschen Pastoren im Jahre 1937 einen Schulausschuss und richtete bei sich eine Schulabteilung ein. Diese setzte, ähnlich wie die Schulabteilung der Deutschen Vereinigung und in Zusammenarbeit mit dem Bromberger Schulverein, alles daran, um die so überaus beklagenswerten Schulverhältnisse in Mittelpolen wenigstens etwas zu lindern. Nachdem schon im Jahre 1936 4000 Fibeln als Grundlage für den Hausunterricht verteilt worden waren, wurden nun auch Wanderlehrer eingesetzt, deren Tätigkeit polnischerseits allerdings im Frühjahr 1939 unmöglich gemacht wurde. Die Leitung der evangelischen Kirche in Mittelpolen war bewusst polnisch und deutschfeindlich eingestellt, so daß sie für eine Förderung des Schulwesens nicht in Frage kam. Lediglich einige deutsche Pastoren hatten Privatschulen [61] gegründet, deren Träger die örtlichen Kirchengemeinden waren bzw. wurden. Jedoch bestanden in ganz Mittelpolen im Schuljahr 1936/37 nur 13, 1938/39 nur 10 deutsche Privatvolksschulen (davon 4 in Lodz)47 und 4 Gymnasien (3 in Lodz und 1 in Pabianitz). Von den Lodzer Schulen waren 4, und zwar 2 Volksschulen sowie ein Knaben- und ein Mädchengymnasium, die zusammen das sogen. "Lodzer Deutsche Gymnasium" bildeten, Eigentum eines 1907 gegründeten "Deutschen Realgymnasialvereins", der seinen Namen 1933 in "Deutscher Schulverein in Lodz" abänderte. Die anderen Lodzer Privatschulen gehörten Privatpersonen.
Im Gegensatz zu
Mittelpolen hatten in Wolhynien die evangelischen Kirchengemeinden
Träger der deutschen Kantoratsschulen bleiben können. Besonders
günstig war der Umstand, daß in diesem Siedlungsgebiet fast nur
deutsche Pastoren tätig waren, die sich unter Führung des verdienten
Pastors Alfred
Kleindienst, Luzk, dem 1936 das Ehrendoktorat verliehen wurde, des
Schulwesens weitgehendst annahmen. Als die 80 erhaltenen Kantoratsschulen im
Jahre 1932 auf Grund des neuen Privatschulgesetzes geschlossen werden sollten,
gelang es, 30 derselben in neue, den behördlichen Anforderungen
entsprechende Privatvolksschulen umzuwandeln (bei 37 bis 40 war es versucht
worden), indem die Bauern unter größten Opfern, zum großen
Teil in Selbsthilfe die alten Schulgebäude instandsetzten oder neue
Gebäude errichteten. Dazu leisteten sie ungezählte freiwillige
Fuhrwerks- und Arbeitsdiensttage und besteuerten sich darüber hinaus
selbst noch mit 15 Zloty pro ha, einer für diese damals immer noch von der
Naturalwirtschaft her bestimmten Gegend beträchtlichen Summe. Ferner
wurde die entsprechende Anzahl von seminaristisch gebildeten Lehrern
eingesetzt. Die Betreuung der Schulen nahm eine von der deutschen
Pastorenschaft geschaffene Schulstelle in Luzk wahr. Da die Behörden in
der [62] Berichtszeit 7 bzw. 9 Schulen schlossen,
bestanden im Schuljahr 1938/39 nur noch 23 bzw. 21 dieser Schulen. Im
Nordosten bestand in Wilna die älteste deutsche private Volksschule
Polens, eine fünfklassige Anstalt, die mit einem Kindergarten verbunden
war und die von der dortigen evangelischen Kirchengemeinschaft unterhalten
wurde.48
41Schönbeck, Otto (Hrsg.): Dennoch. Erinnerungsheft für die deutschen Lehrer in Polen 1919- 1939. S. 20; Bromberg 1940. ...zurück... 42Heidelck, Friedrich: Der Kampf um den deutschen Volksboden im Weichsel- und Wartheland von 1919 bis 1939. S. 371f; abgeschl. Breslau 1943. ...zurück... 43Nation und Staat. Jg. X (1937), S. 203ff. u. Jg. XII (1939), S. 558ff; Wien. ...zurück... 44Heidelck, Friedrich: Der Kampf um den deutschen Volksboden im Weichsel- und Wartheland von 1919 bis 1939. S. 350 u. 352; abgeschl. Breslau 1943. ...zurück... 45Nation und Staat. Jg. X, S. 638; Wien 1937. ...zurück... 46Heike, Otto: Das Deutschtum in Polen 1919-1939. S. 164; abgeschl. Bonn 1953. ...zurück... 47Meisner, Adolf: "Das deutsche Schulwesen in Mittelpolen einst und jetzt." In: Der Aufbau. Jg. I, S. 52; Kattowitz 1938. ...zurück...
48Kauder, Viktor (Hrsg.): Das
Deutschtum in Polen. T. 5, S. 105. (Ein Bildband Teil 1-5.) Plauen-Leipzig
1937/39. |