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Teil 1: Die Grundlagen der deutschen Wirtschaft.
Die Entwicklung bis zur Machtübernahme

B. Boden

II. Der Boden als Träger des Gewerbes

2. Das deutsche Gewerbe

An Bodenschätzen ist Deutschland, wie wir nun gesehen haben, nicht reichlich gesegnet. Nur Kohle birgt die deutsche Erde in ausreichendem Umfange. Als noch Lothringen zu unserem Vaterlande gehörte, da hatten wir noch hinreichend Eisen. Kohle und Eisen bildeten dann die Grundlagen für die deutsche Industrie, die sich so auch dort zusammenballt, wo die Rohstoffe aus der Erde herausgeholt werden: im Ruhrgebiet, in Oberschlesien und in Sachsen-Mitteldeutschland. Der Boden und seine Schätze bedeuten Schicksal, nicht nur für die Landwirtschaft, auch für das Gewerbe. In zweiter Linie erst spielt die Verkehrslage eine bedeutende Rolle für die Bildung von Industriezentren.

Schicksalhaft verbunden mit den industriellen Rohstoffen und ihrer Verarbeitung lebt heute über die Hälfte des deutschen Volkes von der Arbeit im Gewerbe. Deutschland wurde ein Industriestaat (siehe Seite 18). Der ganze Bevölkerungszuwachs seit 1880 strömte zur Industrie, vom Lande gingen die Arbeitskräfte in die Städte, in die Fabriken. Neben dem Handwerk, das bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts allein für Wohnung, Kleidung und Verkehrsmittel gesorgt hatte, entstand, aufgebaut auf der Krafterzeugung aus der Kohle in der Dampfmaschine und durch den Dynamo, der Großbetrieb, der mit Hunderten gleichartigen oder zusammengehörigen Maschinen die Massenware schuf. Immer neue Erfindungen erzeugten neuen Bedarf, immer neue Industriezweige entstanden. Daneben konnte sich jedoch das alte deutsche Handwerk, das weiterhin vor allem die persönlichen Bedürfnisse der Menschen befriedigt, behaupten.



a) Das deutsche Handwerk

Das Handwerk im deutschen Gewerbe

Die gewerbliche Gliederung Deutschlands
[95]      Die gewerbliche Gliederung Deutschlands.
Die alten Begriffsmerkmale des Handwerks: Kleinheit der Betriebe, lokaler Absatz, direkter Verkauf an den Kunden unterscheiden heute nicht mehr in jedem Falle das Handwerk von anderen Betriebsformen. Aber zwei wesentliche Momente sind es, die heute noch einem Betriebe den Charakter des Handwerksbetriebes verleihen: 1. Beim Handwerk überwiegt grundsätzlich das Können der Hand über die mechanisierte Maschinenarbeit; 2. Im Handwerksbetrieb wird verlangt: allseitige Beherrschung des Arbeitsgebietes durch die im Betriebe beschäftigten Personen. Den größten Anteil der Handwerker stellen nun, wenn [95] man die Zahl der Betriebe der Einteilung zugrundelegt, die Schneider. Ihnen folgen in weitem Abstande die Schuhmacher. Die Ursache hierfür liegt darin, daß das Selbständigmachen in diesen Handwerken ein verhältnismäßig kleines Betriebskapital erfordert. Nach den Bekleidungshandwerken folgen die Nahrungsmittel- und Bauhandwerke. Die jeweilige Zahl der Betriebe in den einzelnen Gruppen ist jedoch kein Ausdruck für ihre wirtschaftliche Bedeutung innerhalb des Gesamthandwerks, zu deren Feststellung auch der Umsatz in den verschiedenen Gruppen herangezogen werden muß. In dieser Hinsicht stand früher das Bauhandwerk an der Spitze, während in der Krise infolge der schlechten Lage des Baumarktes das Nahrungsmittelhandwerk dem Umsatz nach an erste Stelle marschierte.

Die Zusammensetzung des Handwerks
[96]      Die Zusammensetzung des Handwerks.

Nicht minder wichtig sind die der Zahl nach geringen, aber kulturell hochstehenden Handwerke, wie z. B. die Kunsthandwerke. Gegenüber 1926 ist die Zahl der deutschen Handwerksbetriebe um etwa 100.000 gestiegen. Wenn diese Entwicklung auch ein Ausdruck dafür ist, daß in der Zeit des wirtschaftlichen Tiefstandes bei den bisher unselbständigen, nun arbeitslosen Handwerksgesellen eine erhöhte Neigung besteht, sich selbständig zu machen, so geht doch aus der Tatsache, daß 1,4 Millionen Handwerksbetriebe im Deutschen Reiche vorhanden sind, die Lebensfähigkeit des Handwerks mit aller Deutlichkeit hervor.

Die örtliche Verteilung des Handwerks
[96]      Die örtliche Verteilung des Handwerks.      [Vergrößern]



[96-97=Abb.] [98] Die Betriebsgröße im Handwerk

Der in der Kleinstadt und auf dem Lande tätige Handwerker hat meistens keine oder nur wenig Gesellen. So erklärt es sich, daß weit über die Hälfte der Handwerksbetriebe in Deutschland Alleinbetriebe sind, daß ferner in einem Fünftel der Betriebe nur ein Geselle beschäftigt wird, und daß nur ein Sechstel der Handwerksbetriebe mehr als zwei Gesellen beschäftigt. Nur 2% der Handwerksbetriebe haben 6-10 und nur 1,4% mehr als zehn Gesellen. Die meisten Alleinbetriebe gibt es im Schuhmacherhandwerk, wo 82% aller Betriebe keinen Gesellen beschäftigen, dann folgt das Schneiderhandwerk mit 77%, das Sattlerhandwerk mit 70%, die Tapezierer mit 63% Alleinbetrieben. Besonders viel größere Betriebe werden in den gemischten Baubetrieben gezählt, wo die Hälfte aller Betriebe mehr als 4 Gesellen beschäftigt. Auch bei den Buchdruckern sind größere Betriebe stark überwiegend. Der Großbetrieb mit mehr als 10 Gesellen fand noch keinen Eingang bei den Schmieden, den Klempnern, den Sattlern, den Bäckern, Schuhmachern und all den Betrieben, die als Alleinbetriebe vorherrschen.

Betriebsgröße im Handwerk
[97]      Betriebsgröße im Handwerk.
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Die Anzahl der Arbeiter in den einzelnen Betrieben des Handwerks
[97]      Die Anzahl der Arbeiter in den einzelnen Betrieben des Handwerks.
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Der Anteil des Handwerks am deutschen Gewerbe
[97]      Der Anteil des Handwerks am deutschen Gewerbe.      [Vergrößern]



Das Handwerk in der Wirtschaftskrise

Das deutsche Handwerk hat in der Krisenzeit der vergangenen Jahre Schweres durchmachen müssen. Während es im Jahre 1926 noch eine recht beträchtliche Gesellenzahl aufweisen konnte und im Jahre 1928 vom Gesamtumsatz der deutschen Volkswirtschaft rund ein Sechstel umsetzte, fielen die Gesellenzahl und der Umsatz im Handwerk in den folgenden Jahren erheblich. Bei der Machtübernahme durch die nationalsozialistische Regierung wurde festgestellt, daß eine Schrumpfung des Umsatzes des Handwerks innerhalb der deutschen Gesamtwirtschaft in den letzten 15 Jahren um fast 50% eingetreten war. Die hohe Steuerlast und die sonstigen öffentlichen Abgaben hatten die Rentabilität der Handwerksbetriebe so sehr herabgedrückt, daß die geringen Reserven der Betriebsinhaber immer mehr zusammenschrumpfen und aufgebraucht werden mußten. Als aber nun in den letzten Jahren die Aufträge für das Handwerk infolge der zunehmenden Arbeitslosigkeit breiter Volkskreise und nicht zuletzt infolge der immer schlechter werdenden Lage der Landwirtschaft immer weniger wurden, mußten viele Betriebsinhaber ihre Gesellen entlassen, z. T. wurde es ihnen außerordentlich schwer, ihre Lehrlinge durchzuhalten; viele Betriebe mußten ihre Arbeit einstellen und viele Betriebsinhaber den Weg zum Wohlfahrtsamt antreten.

Das deutsche Handwerk in der Krise
[99]      Das deutsche Handwerk in der Krise.

Jahrelang hatten sich die Regierungen der Parteipolitik zuliebe berechtigten Wünschen des selbständigen Handwerks verschlossen. Erst die Regierung der nationalen Erhebung ist bemüht, dem Handwerk zu helfen, in der Erkenntnis, daß ein wirtschaftlich gesunder Handwerkerstand ein Eckpfeiler des aufzubauenden Reiches ist. Die Regierung hat den Tiefstand des um seinen Lebensraum ringenden Handwerks voll erkannt und durch die Maßnahmen zur Ingangsetzung der Wirtschaft dem Handwerk Aufträge vermittelt. Es ist nun die Aufgabe zu lösen, dem Handwerk die Arbeitsmöglichkeit zu erhalten und zu vergrößern, damit es in der Lage ist, Arbeitskräfte einzustellen und den Arbeitsmarkt zu entlasten. Zum Gelingen des großen Werkes, das Handwerk durch Erteilung von Aufträgen wieder lebensfähig zu machen, muß jeder einzelne Volksgenosse nach besten Kräften beitragen. Jede Mark, die dem Handwerk durch die Erteilung von Aufträgen zufließt, trägt zum Aufbau der Wirtschaft bei und fördert somit die Bestrebungen der Regierung.

Welche Handwerker leiden besonders durch die Krise?
[99]      Welche Handwerker
leiden besonders durch die Krise?
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Neue Arbeit für das Handwerk
[99]      Neue Arbeit für das Handwerk.
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Die neuere Handwerkerbewegung

Im Jahr 1809 hob Hardenberg den Innungszwang auf und führte den freien Wettbewerb ein. Die Gefahren der Gewerbefreiheit mußte ein Teil [99=Abb.] [100] der Handwerker sehr bald erkennen. Schon der 1862 in Weimar gegründete Handwerkerbund suchte auf seinen Tagungen "die Pest und den Schwindel freigewerblicher und gewerbefreiheitlicher Zustände auf Leben und Tod zu bekämpfen". Es stellte sich in Deutschland sehr bald die Notwendigkeit heraus, die ungehemmte Gewerbefreiheit, die 1869 grundsätzlich für Deutschland genau geregelt worden war, einzuschränken. Mit dem Gesetz von 1897 wurde zum Schutz des Handwerks die Errichtung von Handwerkskammern verlangt. In welch fortschrittlichem Maße das Handwerk die Schäden der Gewerbefreiheit erkannte und durch immer festere organisatorische Erfassung größeren Widerstand zu leisten versuchte, zeigt die beigefügte graphische Darstellung über die Entwicklung der Handwerkerinnungen.

Das Aufblühen des Innungswesens
[101]      Das Aufblühen des Innungswesens.

Mit der Entstehung von 33 Handwerkskammern im Jahre 1900 begann die Wiederbelebung des Innungswesens. Die Handwerker schlossen sich zusammen, um sich gegen die Konkurrenz der Massenware zu wehren. Der Kampf mußte aber ohne dauernden Erfolg bleiben in einem liberalistischen und marxistischen Deutschland, dessen Ziel es war, den Export von Massenware um jeden Preis zu fördern. Daher haben sich die Handwerker in ständig wachsender Zahl dem Nationalsozialismus zugewandt. Hier werden sie den Rückhalt finden, den sie brauchen, um ihrem Handwerk wieder den goldenen Boden zu geben. Das ist von dem Augenblick an der Fall, in dem deutsche Handwerksarbeit wieder als das gilt, was sie schon einmal gewesen ist: Wertarbeit im besten Sinne. Die Arbeit gibt dem Handwerker seinen Wert. Im Bewußtsein dieses Wertes reiht sich der Handwerker neben dem Bauern, neben dem Arbeiter, neben dem Kaufmann und Beamten als gleichwertiges Glied in die große Gemeinschaft seines Volkes ein.



Das Nahrungs- und Genußmittelhandwerk

Im Nahrungsmittelgewerbe gibt es überwiegend Kleinbetriebe
[101]      Im Nahrungsmittelgewerbe gibt es überwiegend Kleinbetriebe, in denen die Mitarbeit der Familienmitglieder erforderlich ist.      [Vergrößern]
Unter allen Gewerbegruppen steht das Nahrungs- und Genußmittelgewerbe der Zahl der beschäftigten Personen nach an dritter Stelle hinter dem Baugewerbe und dem Bekleidungsgewerbe. Rund 1,4 Millionen Erwerbstätige sorgen für die Verarbeitung der Rohstoffe, die überwiegend von der Landwirtschaft geliefert werden. Die Bäcker und Fleischer bilden die größte Gruppe innerhalb des Nahrungs- und Genußmittelgewerbes. In diesen Zweigen hat sich im Gegensatz zu fast allen anderen Gewerbegruppen der familienwirtschaftliche Betrieb mit weitgehender Arbeitsteilung der Geschlechter erhalten, wobei die männlichen Familienmitglieder die Herstellung und die weiblichen den Verkauf übernehmen. Dabei ist dieser Kleinbetrieb in den Bäckereien, Konditoreien, Molkereien und Fleischereien nicht rückständig bei dem Handbetrieb geblieben, sondern hat sich die Fortschritte der Technik in jeder Beziehung nutzbar gemacht. Die starke familienwirtschaftliche Geschlossenheit hat im Verein mit der erwähnten Verwendung der modernen technischen Hilfsmittel dazu geführt, daß das Nahrungsmittelhandwerk nicht nur die Konkurrenz der Industrie bisher kaum verspürte, sondern auch hinter der allgemeinen wirtschaftlichen Aufwärtsbewegung der letzten Jahrzehnte nicht zurückgeblieben ist.

Das Wohlergehen der einzelnen Zweige des Nahrungsmittelhandwerks ist in besonders hohem Maße von der Entwicklung der Volkszahl und der Vermehrung der städtischen Bevölkerung abhängig. Die Zunahme der Betriebe im Bäcker- und Fleischerhandwerk hat sich in der Vorkriegszeit mit großer Regelmäßigkeit dem Wachstum der Gesamtbevölkerung, die Zunahme des beschäftigten Personals dem Wachstum der städtischen Bevölkerung angepaßt.



Das Bekleidungshandwerk

Das Bekleidungsgewerbe
[101]      Das Bekleidungsgewerbe.
Das Bekleidungshandwerk steht mit einer halben Million Betriebe und rund 800.000 beschäftigten Personen an der Spitze des deutschen Handwerks. [101=Abb.] [102] Seine stärksten Zweige sind die Schneiderei und das Schuhmacherhandwerk. Dabei muß allerdings berücksichtigt werden, daß hier das Hausgewerbe dem Handwerk zugerechnet worden ist, und daß gerade in der Schneiderei - und auch in der Mützen- und Handschuhmacherei - Hausgewerbe und Heimarbeit besonders stark vertreten sind. Die übrigen Zweige des Bekleidungshandwerks weisen geringere Betriebs- und Personenzahlen auf. Der kleine und kleinste Betrieb im Bekleidungshandwerk bildet die Regel. In der Schneiderei sind nahezu drei Fünftel der Betriebe, in der Schuhmacherei etwa zwei Drittel und in der Putzmacherei mehr als die Hälfte aller Handwerksbetriebe Alleinbetriebe. Dagegen sind in den chemischen Wäschereien und Kleiderfärbereien die mittleren Handwerksbetriebe mit vier bis fünf oder mehr Personen besonders zahlreich.

Wie das Nahrungsmittelhandwerk ist auch das Bekleidungshandwerk ein Erwerbszweig, für den die Frauenarbeit charakteristisch ist; doch ist die Frau im Bekleidungshandwerk weniger als Verkäuferin, sondern in erster Linie als selbständige Arbeiterin oder als Arbeitsgehilfin tätig. In der Schneiderei sind mehr als die Hälfte, in der Putzmacherei mehr als neun Zehntel der Berufstätigen Frauen. Stärker tritt die männliche Erwerbstätigkeit wieder in der Kürschnerei und insbesondere in der Schuhmacherei in Erscheinung. Die Mithilfe von Familienangehörigen ist in sämtlichen Zweigen des Bekleidungshandwerks nur gering.



Das Bauhandwerk

Die Bauwirtschaft wird angekurbelt
[107]      Die Bauwirtschaft
wird angekurbelt.
Das deutsche Bauhandwerk ist nicht nur mit seinen 1,7 Millionen Beschäftigten einer der stärkst besetzten Gewerbszweige, sondern es übt darüber hinaus als Schlüsselindustrie entscheidenden Einfluß auf den Geschäftsgang der Steinindustrie, der Metallindustrie, des Holzgewerbes und auch der Farbenindustrie aus. Indirekt werden durch eine erhöhte Bautätigkeit auch die Tapetenindustrie, die Möbelindustrie, die Teppich- und Gardinenwebereien und alle anderen Hausratlieferanten mit Aufträgen versorgt. Das Geld zur Errichtung von Neubauten wird aus dem Sparkapital des Volkes durch Vermittlung der Hypothekenbanken, der Grund- und Hausbesitzerbanken, der Sparkassen und in neuerer Zeit auch direkt durch Bausparkassen zur Verfügung gestellt. In der Nachkriegszeit reichte die normale Kapitalbildung, da die Kapitalien stark durch den Ausbau der Industrie in Anspruch genommen wurden, nicht aus, den Wohnungsbedarf, der durch das Stilliegen des Baugewerbes während des Krieges entstanden war, zu decken. Der jährliche Bedarf an Neubauwohnungen betrug durchschnittlich im vergangenen Jahrzehnt 200.000 Wohnungen. 1925 fehlten neben dem laufenden Bedarf mindestens 450.000 Wohnungen. Das Reich stellte daher aus Hauszinssteuermitteln billige öffentliche Kredite zur Verfügung, um die Wohnungsnot zu beseitigen. Diese Konjunktur nutzten die Fabrikanten von Baustoffen weitgehend zum eigenen Vorteil aus. Die Preise für Baustoffe waren 1927 bis 1928 drei- bis viermal so hoch wie im Jahre 1913/1914, während das allgemeine Preisniveau nur 50-70% über dem Stande von 1914 lag. Dadurch wurden die Neubauten sehr teuer und die Neubaumieten trotz der billigen öffentlichen Kredite so hoch, daß nur wenig Volksgenossen in der Lage waren, Neubauwohnungen zu mieten.

Die Entwicklung des deutschen Baugewerbes
[103]      Die Entwicklung des deutschen Baugewerbes.      [Vergrößern]
Leerstehende Wohnungen
[103]      Leerstehende Wohnungen.



Die Neubautätigkeit in Deutschland

Der Wohnungsmarkt zeigt während der Wirtschaftskrise ein Überangebot an Neubauwohnungen und allen Altwohnungen, die über drei Wohnräume haben. Der Grund hierfür liegt, wie bereits gesagt worden ist, in den hohen [103=Abb] [104] Mieten, die eine Folge der in der Nachinflationszeit stark überhöhten Baukosten sind, gegen die einzuschreiten das Weimarer System keinen Anlaß fand. Die Belastung der deutschen Volkswirtschaft durch die Wohnungsmieten ist heute verhältnismäßig sehr hoch. Die Mieten liegen etwa ein Fünftel über Friedenshöhe, während das allgemeine Preisniveau doch nahezu wieder in gleicher Höhe von 1913/1914 ist. Diese Mieten kommen aber nicht ganz den Hauswirten zugute, sondern ein Drittel der Altbaumieten geht als Hauszinssteuer an den Staat. Durch diese Belastung der Hausbesitzer ist ein Zweig der Kapitalbildung stark verkürzt worden; denn der Hausbesitzer pflegte sonst den Überschuß aus dem Grundstück für seinen Lebensunterhalt zu verbrauchen, in seinem Hause durch Umbauten anzulegen oder in Neubauten zu stecken. Nach dem Wegfall der Hauszinssteuerhypotheken fehlt es in weitem Umfange an Kapital für die Bauwirtschaft. In den Jahren 1926/1930 betrug der Wert der Bauproduktion jährlich noch etwa 9 Milliarden Reichsmark. Das ist ein Achtel der Gesamtproduktion der deutschen Wirtschaft. Man kann daraus ersehen, welch großen Anteil das Darniederliegen des Baumarktes an der herrschenden Arbeitsnot hat. Die Regierung Hitler hat daher sofort helfend eingegriffen.

Was in der Nachkriegszeit an Wohnungen dazu kam
[103]      Was in der Nachkriegszeit
an Wohnungen dazu kam.     [Vergrößern]
Der Anteil der Neubauwohnungen am deutschen Wohnungsbestand
[103]     Der Anteil der Neubauwohnungen
am deutschen Wohnungsbestand.
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Das Baugewerbe erholt sich jetzt langsam von dem Zusammenbruch in den letzten Jahren. Was vor Jahr und Tag kaum erwartet werden konnte, ist Tatsache geworden: Die Bautätigkeit steigt wieder, der Tiefstand ist überwunden. Es werden in diesem Jahre wesentlich mehr Bauarbeiten ausgeführt als in der gleichen Zeit 1932. Das ist für die gesamte Volkswirtschaft von weittragender Bedeutung. Gerade das Baugewerbe gibt einem großen Kreis von Leuten Arbeit, Architekten, Maurer, Zimmerleute werden beschäftigt. Ziegeleien, Zementfabriken und Sägewerke, die das Baumaterial liefern, erhöhen ihren Absatz. Handwerker - wie Glaser, Tischler, Klempner, Installateure, Schlosser - werden herangezogen. Und auch die Industrien, die diese Handwerker mit Material beliefern, erhalten neue Aufträge. Aus diesem Grunde nimmt sich der Arbeitsbeschaffungsplan der nationalsozialistischen Regierung gerade des Baugewerbes besonders an. Sein Ziel ist es, die Bauwirtschaft, die trotz spürbarer Besserung in der letzten Zeit noch immer besonders notleidend ist, im Interesse der Volksgesamtheit zu neuer Entfaltung zu bringen. Seit der Machtübernahme durch unseren Volkskanzler, Adolf Hitler, sind im Baugewerbe Hunderttausende von Arbeitslosen im ganzen Reich wieder beschäftigt worden. Zuschüsse werden vom Reiche gewährt zu Instandsetzungsarbeiten in den Altwohnungen und für Umbauten von Großwohnungen zu kleineren. So erhält das Bauhandwerk wieder Arbeit, fleißige Hände regen sich wieder!

Reichszuschüsse für Instandsetzungsarbeiten
[105]      Reichszuschüsse für Instandsetzungsarbeiten.



Die wirtschaftliche und soziale Bedeutung des Handwerks

Die Bedeutung des freien, selbständigen deutschen Handwerkerstandes für Reich und Volk hat man lange verkannt. Dieser ist wie der Bauernstand einer der Urstände, die ihre Lebensberechtigung in sich tragen, die unzerstörbar aus dem Heimatboden hervorwachsen. Die großen Leistungen der Maschine haben bekanntlich mit dazu beigetragen, die Arbeitslosigkeit zu vergrößern und besonders dem Handwerk beträchtlichen Abbruch zu tun, weil jede Maschine eine Anzahl Handwerker überflüssig machte. Wenn in der Schwerindustrie heute Maschinen unentbehrlich sind, so trifft dies für den Handwerksbetrieb nicht in jedem Falle zu. Denn die Lebensfähigkeit des Handwerkers beruht in vielen Fällen [105=Abb.] [106] auf der individuellen Kundenbedienung, bei der es sich nicht um im wesentlichen von Maschinen erledigte Massenarbeit handelt. Wir nennen beispielsweise die Friseure. Von dem Schuhmacherhandwerk, das einen schweren Abwehrkampf gegen die großen Schuhfabriken führt, gilt entsprechendes. Ähnlich ist die Lage der Schneidermeister, die in der Stangenkonfektion eine schwere Konkurrenz haben. In diesem Zusammenhang muß hervorgehoben werden, daß das Handwerk vielfach in Familienbetrieben geführt wird, wodurch eine größere Krisenfestigkeit vorhanden ist. Wir haben hier eine Parallelerscheinung zu den Bauernwirtschaften und dem
Die wirtschaftliche Verflechtung des Handwerks
[107]      Die wirtschaftliche Verflechtung
des Handwerks.
Großgrundbesitz. Von der volkswirtschaftlichen Bedeutung deutschen Handwerks kann man sich ungefähr ein Bild machen, wenn man sich vor Augen hält, daß das deutsche Handwerk etwa 1.300.000 Handwerksbetriebe zählt, und weiter etwa 1½ Millionen Gesellen, ¾ Million Lehrlinge und über 100.000 Angestellte. Rechnet man die Familienangehörigen hinzu, so dürften rund 8 Millionen Deutsche von der Handwerkswirtschaft leben (etwa ein Achtel des deutschen Volkes). Der jährliche Gesamtumsatz des Handwerks wurde auf Grund der gleichen Feststellungen auf über 20 Milliarden RM. geschätzt, das sind 14-16% des volkswirtschaftlichen Gesamtumsatzes. Bei Aufstellung der Statistik rechnete man damit, daß das Handwerk jährlich rund 3 Milliarden an Löhnen zahlt.

Wo finden Handwerker Beschäftigung?
[105]      Wo finden Handwerker Beschäftigung?      [Vergrößern]

Das deutsche Handwerk
[107]      Das deutsche Handwerk.
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Die soziale Bedeutung des Handwerks liegt darin begründet, daß jeder Lehrling über den Gesellen zum selbständigen Meister aufsteigen kann. Es besteht also im Handwerk eine Aufstiegsmöglichkeit, die in anderen Berufsständen nicht in demselben Maße vorhanden ist. Zu bemerken ist ferner, daß ein großer Teil der im Handwerk Ausgebildeten in anderen Berufsständen wie in der Industrie, dem Handel und der Landwirtschaft als Fabrik- bzw. Betriebshandwerker ihr Unterkommen finden. Erwähnt werden muß noch, daß nicht sämtliche Betriebsinhaber zugleich Meister sind. In der Zeit der schrankenlosen Gewerbefreiheit haben sich viele unfähige Personen im Handwerk selbständig gemacht, die vielfach keine Zierde des Berufsstandes sind. Es sind Bestrebungen im Gange, künftig das Selbständigwerden im Handwerk von der bestandenen Meisterprüfung abhängig zu machen. Denn wenn der Staat auch im Interesse der völkischen Selbstbehauptung Wert darauf legt, eine möglichst große Zahl wirtschaftlich selbständiger und selbstverantwortlicher Personen zu haben, so können Wirtschaft und Kultur doch nur auf der Basis eines gut durchgebildeten und berufserfahrenen Handwerkerstandes blühen und gedeihen.



Die Pflicht der Hausfrau dem Handwerk gegenüber

Vieles hat die Hausfrau von heute mit dem berufsmäßigen Handwerk zu tun. Das zeigt deutlich die Gegenüberstellung des Umsatzes im Handwerk und der hauswirtschaftlichen Betätigung der Frau. Etwa 20 Milliarden RM. setzt das Handwerk um. 65% des Arbeitseinkommens gehen in der Familie durch die Hand der Hausfrau; mehr als 80% aller Einkäufe werden von der Frau besorgt. Die Beziehungen der Hausfrau zum Handwerk ergeben sich auf dreierlei Weise: Erstens erwirbt die Hausfrau täglich durch Einkauf vieles, was überhaupt nur vom Handwerker hergestellt und geliefert werden kann. Zweitens steht sie als Käuferin vor der Möglichkeit, zum gleichen Zweck entweder handwerklich hergestellte Dinge oder aber Maschinenmassenware zu erwerben. Drittens tritt sie dem Handwerk als Bestellerin gegenüber, sei es, daß irgendwelche handwerklichen Erzeugnisse auf ihren Wunsch besonders hergestellt werden, daß sie Sonderleistungen vom Handwerk verlangt, oder daß in vielen anderen Fällen der Handwerker helfen muß, vorhandenes zu erhalten und wieder instand zu [107=Abb.] [108] setzen. Leider fehlt es manchen Hausfrauen an der nötigen Kenntnis, um handwerklich gediegene Stücke von weniger wertvoller und oft auch unsachgemäß gearbeiteter Massenware zu unterscheiden. Immer wieder beobachtet man, wie Frauen ihr schönes Geld an wertlose Nachahmungen handwerklicher Arbeit vergeuden. Bei jedem Gebrauchsgegenstand bringt es stets seinen Nutzen, wenn man sich an das verlässige Handwerkserzeugnis hält. In sehr vielen Fällen werden wir nur dann am besten fahren, wenn wir auf Bestellung beim Handwerker oder der Handwerkerin arbeiten lassen. Für den befriedigenden Ausfall jeder beim Handwerk bestellten Arbeit, welcher Art sie auch sei, ist von größter Wichtigkeit: die richtige Stellungnahme zu denen, die sie anfertigen. Man bringe dem Handwerk vor allem Vertrauen entgegen, treffe vor Beginn der Arbeit nach jeder Richtung hin klare Verabredungen auch bezüglich der Preise. Man äußere umfassend alle seine Wünsche, bedenke aber auch dabei, daß ruhige fachliche Beratung bei Entgegennahme von beiden Seiten am besten zum Ziele führt. Man bleibe nicht das Entgelt für mühevolle Leistung schuldig, sondern zahle zur rechten Zeit, denn der Meister muß ja seine Gesellen, die Meisterin ihre Gehilfinnen auch pünktlich entlohnen; sie müssen Betriebskapital zum Bezug der Rohstoffe und zum Instandhalten des Inventars in der Hand haben, wenn das Unternehmen leistungsfähig bleiben will. Das sind Regeln, die in jederlei Beziehung zum Handwerk Gültigkeit haben sollten und deren Befolgung letzten Endes auch der Hausfrau nur zum Vorteil dient. Wenn man in Betracht zieht, was der bestellte Handwerker jahraus, jahrein auch an allernotwendigsten Ausbesserungsarbeiten ausführen muß, so wird es klar, daß er viele unserer Bedürfnisse zu befriedigen hat. Andererseits sehen wir bei diesen Gelegenheiten, wie unentbehrlich uns der gelernte Handwerker ist. Und so sollte uns das um so mehr Veranlassung sein, ihn auch bei Neuanschaffungen stets nach Möglichkeit heranzuziehen. Es muß den Handwerker tief verstimmen, wenn er für Reparaturen gerade gut genug ist, bei Neuaufträgen aber übergangen wird. In diesem Falle sollten wir aber auch deshalb an das tüchtige Handwerk denken, weil wir hierdurch beitragen, sein Können auf der Höhe zu halten. Es gilt, damit die Grundlage eines Standes zu sichern, der seit alters her zu den festesten Stützen unseres deutschen Staates gehört, und der schon vor Jahrhunderten den Ruhm deutschen Könnens weit hinausgetragen hat in die Welt.



Die Regierung Hitler und das deutsche Handwerk

Jeder erinnert sich gewiß der Worte, die der Reichskanzler Adolf Hitler am Tage der nationalen Arbeit an die Nation richtete: "Deutsches Volk! Glaube nicht, daß das Problem der Arbeitsbeschaffung in den Sternen gelöst wird. Du selbst mußt mithelfen, es zu lösen. Du mußt aus Einsicht und Vertrauen alles tun, was Arbeit schaffen kann." Der gewaltigen Tatkraft der nationalen Regierung ist es seit jener Zeit gelungen, mehr als zwei Millionen Erwerbslose wieder in den Arbeitsprozeß einzugliedern. Aber immer noch gibt es in Deutschland fast vier Millionen Volksgenossen, die ohne Brot und Arbeit sind. Wer dem Handwerk Aufträge gibt, der sorgt, daß die Arbeitslosigkeit abnimmt. Denn der moderne Staat wird dem Handwerk die Sorge um die eigene Existenz nicht abnehmen können. Seine Aufgabe kann es nur sein, die Voraussetzungen für die freie Entfaltung der Kräfte, und zwar besonders der Kräfte der mittelständischen Wirtschaft, zu schaffen. Das Handwerk muß seinerseits davon überzeugt bleiben, daß auch künftig nur das "Sich-Regen" Segen bringen wird, daß aber ein fortgesetzter, regelloser Gebrauch der [109=Abb.] [110] Ellenbogen noch nicht gleichbedeutend mit Wirtschaften im Sinne volkswirtschaftlicher Vernunft ist. Damit erwächst dem Handwerk im neuen Staat die große Erziehungsaufgabe seines Berufsstandes, den richtigen Rahmen der Betätigung des einzelnen in seinem Stande und in der ganzen Wirtschaft abzustecken. Der neue Staat hat auf diese Erziehungsmaßnahmen ein Anrecht. Durch sie bieten sich dem Handwerk Möglichkeiten zur reichen Entfaltung seiner Kräfte zum Nutzen des Volkes. Bei klarer Erkenntnis der wirtschaftlichen Verhältnisse und zielbewußter Führung wird es dem Handwerk möglich sein, diese Aufgabe zu bewältigen. Hat doch das Handwerk gegenüber allen anderen Berufsgruppen bereits berufsständische Verbände gehabt und stets damit die Voraussetzungen für die neuen Aufgaben in seinen Organisationen geschaffen.

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Nationalsozialistischer Wirtschaftsaufbau
und seine Grundlagen

Ein bildstatistischer Tatsachenbericht

Dr. Paul Blankenburg und Max Dreyer