Bd. 7: Die Organisationen der Kriegführung,
Zweiter Teil:
Die Organisationen für die Versorgung des
Heeres
Kapitel 9: Das
Militärveterinärwesen
(Forts.)
Stabsveterinär Dr. Kurt Schulze und
Oberstabsveterinär Dr. Wilhelm Otto
3. Der Futtermangel und seine Folgen für die
Pferde.4
Bei der Aussperrung von den großen Kornkammern des Auslandes durch
den Krieg mit Rußland einerseits und durch die Blockade andererseits
hätte, wenn nicht schon vor dem Kriege, so doch sofort bei Beginn des
Krieges Bedacht auf haushälterische Bewirtschaftung der
Futtervorräte genommen werden müssen. Aber der gute Glaube an
einen nur wenige Monate dauernden Krieg ließ den richtigen Zeitpunkt im
Beginn der Sparsamkeit mit dem Futter verstreichen.
Die Knappheit des Hafers zwang schon im Februar 1915 dazu, den Hafer ganz
oder teilweise durch andere Hartfuttermittel zu ersetzen, und zwar durch Gerste,
Mais, Hirse, Erbsen, Bohnen, Lupinen, Zucker. Bei diesem Ersatz hätten
die Pferde keine Einbuße erlitten, wenn genügend Vorräte
vorhanden oder zu beschaffen gewesen wären. Auch die
Rauhfuttervorräte gingen allmählich zu Ende.
Die dauernde Kürzung der Hafer- und Rauhfutterration war daher nicht zu
umgehen. Der Nachschub ausreichender Futtermengen scheiterte zum Teil auch
an der Überlastung der Eisenbahnen und an den schlechten
Wegeverhältnissen. Die Truppe mußte sich oft mit dem behelfen, was
sie fand (Kartoffelkraut, Heidekraut, Schilf, Disteln usw.). Die Pferde
gingen daher allmählich im Nährzustand zurück; namentlich
die schweren Pferde kaltblütigen Schlages hatten unter der Futternot zu
leiden und gingen zahlreich zugrunde. Der Winter 1915/16 brachte den Pferden
des Ostheeres besonders schwere Entbehrungen. Außer
1 - 2 Pfund Hafer und etwas Ersatzfutter erhielten die Pferde
wochen- und monatelang stellenweise nur Sägemehl. Dazu traten die
großen Anstrengungen auf den schlechten Wegen an sie heran. Die Zahl der
an Erschöpfung sterbenden Pferde war ungeheuer. So meldete der
Chefveterinär Ost im November 1915 16 352 an Erschöpfung
erkrankte Pferde, von denen 4020 gestorben waren.
Die Hoffnungen auf gute Ernten erfüllten sich nicht. Man blieb auf
Ersatzfutter angewiesen; als solche kamen unter anderem, soweit vorhanden und
greifbar, in Frage: Kleie, Grünhafer, Grünroggen, Grünweizen,
Wicken, Roßkastanien, Eicheln, Buchweizen, Quecken, Kartoffeln, rohe
und Trockenkartoffeln, Melasse (vermischt mit Torf, Strohhäcksel,
Sägemehl, Kadavermehl), Rüben und Rübenschnitzel,
Fleischmehl, aus Kadavern und Schlachtabfällen hergestellt und vermischt
mit anderen Futtermitteln, Blutmehl (Blutrückstände mit Kartoffeln,
Sägemehl u. dgl. gemischt), Futterkuchen (getrockneter
Panseninhalt, vermischt mit gekochten und zerkleinerten Schlachtabfällen
unter Zusatz von Blut, Melasse, [583] Kleie usw.
gedörrt, als Pulver dem Futter beigestreut oder zu Futterkuchen gebacken),
Küchenabfälle, ferner Weide, Brennesseln, Isländisches Moos
und Renntierflechte, Unkrautgräser, Melden, Vogelmiere, Schafgarbe,
Löwenzahn, Stechginster usw.
Aus der Heimat wurde Strohkraftfutter nachgeschoben. Man war dazu
übergegangen, durch Kochen des gehäckselten Strohs mit Laugen
oder des gemahlenen Strohs mit Chemikalien ein höher verdauliches Futter
herzustellen. - Auch in den Etappengebieten erstanden große
Strohaufschließungsanlagen. Da Versuche ergeben hatten, daß durch
ähnliche Aufschließung auch aus Holzmehl sich ein Futter herstellen
ließ, das dem Nährwert des Heues nahekommen sollte, wurde bei
dem großen Sägewerk in Suwalki, wo große Mengen
Sägemehl anfielen, eine große Anlage zur Aufschließung von
Sägemehl geschaffen. Es stellte sich aber heraus, daß dieses Futter
infolge seines Terpentingehaltes reizend auf die Nieren wirkte. Durch ein
besonderes Verfahren mußte daher das Sägemehl erst von den
reizenden Stoffen befreit werden.
Im Frühjahr 1917 schien eine Katastrophe infolge der
Unzulänglichkeit der Futtervorräte unvermeidlich. Im April 1917
hatte sich herausgestellt, daß bei Weitergewährung der an sich schon
stark gekürzten Hartfutterration für die Monate Juli/August (bis zur
neuen Ernte) überhaupt kein Hartfutter mehr vorhanden war. Es blieb kein
anderer Ausweg, als die schon so niedrigen Hartfuttersätze nochmals um
die Hälfte zu kürzen, um bis zur neuen Ernte durchhalten zu
können. Zu diesem Zwecke wurde vom leitenden Chefveterinär ein
Merkblatt für Weidebetrieb und Grünfütterung den Truppen
an die Hand gegeben.
Daß diese Haferverkürzung im Westheer einen großen
Pferdeverlust zur Folge haben würde, darüber war man sich klar. Es
galt aber, die große Masse bis zur neuen Haferernte durchzuhalten und
dadurch die Katastrophe zu vermeiden.
Die Folgen machten sich sehr bald bemerkbar. Während in der ersten Zeit
des Krieges allgemeine Schwächezustände hauptsächlich bei
alten oder zu jungen Pferden beobachtet wurden, kamen jetzt auch oft
mitteljährige Pferde in einem solchen Zustand der Erschöpfung in
die Lazarette und Erholungsheime, daß ihre Wiederherstellung zur
Kriegsverwendungsfähigkeit nicht mehr zu erwarten war. Ein großer
Teil dieser Pferde ging trotz regen Appetits und ausreichender Fütterung
zugrunde. Der Chefveterinär West berichtete über den Monat
Oktober 1917, in dem an der Westfront von 15 488 Pferden wegen
Erschöpfung in Behandlung gewesenen Pferden 5176 gestorben oder
getötet sind, folgendes: "Das große Pferdesterben infolge
Entkräftung hält an. Die Entkräftung, vor allem der
älteren Tiere, ist so weit vorgeschritten, daß sie weder durch
Futterzulagen, noch durch Außerdienststellung, noch durch gute
Unterbringung wieder behoben werden kann." Der Chefveterinär Ost
berichtet über den gleichen Monat: "Der Futtermangel, an einzelnen Stellen
Futternot, tritt immer deutlicher in die Erscheinung. Der Hunger veranlaßt
die Pferde, alle erreichbaren, verdaulichen [584] und unverdaulichen
Futterstoffe (verschimmeltes Laub, Moos usw ) aufzunehmen, dadurch
zahlreiche Erkrankungen an Kolik".
Im Dezember 1917 waren an Erschöpfung gemeldet:
Westen |
23 637, |
davon tot |
7 935 |
Osten |
10 247, |
" " |
2 797 |
Südosten |
9 234, |
" " |
646 |
|
|
Summa |
43 118, |
" " |
11 378 |
Eine vorübergehende Besserung der Futterverhältnisse an der
Westfront wurde dadurch geschaffen, daß die Oberste Heeresleitung sich im
Dezember 1917 entschloß, die große Zahl der infolge
Erschöpfung nichtdienstbrauchbaren Pferde durch Schlachten oder
Abschub in die Heimat abzustoßen. Aufgefüllt wurden die dadurch in
den Formationen entstandenen Fehlstellen nur auf bis 85% der Iststärke.
Dadurch wurde eine nicht unwesentliche Zahl von Rationen frei zur Verteilung an
andere Pferde. Auch sonst wurde der Futternot mit allen Mitteln
entgegengearbeitet. Als solche wurden unter anderen angeordnet: Bereitstellung
von zahlreichen Kolonnen und Mannschaften zur Gewinnung von Rauhfutter in
futterreichen Gegenden mit schlechter Abfuhrmöglichkeit (namentlich im
Osten), Überführung entbehrlicher Pferde von der Front und aus
Formationen mit schlechten örtlichen Futterverhältnissen in
rauhfutterreiche Gegenden der Etappen oder Militärverwaltungen.
Eine dauernde Besserung der Futterverhältnisse lag aber nicht im Bereich
der Möglichkeit; deshalb mußte versucht werden, durch
erhöhte Pferdefürsorge den hohen Abgang der Pferde
einzudämmen. Dazu gehörten: 1. Anweisungen zur
bestmöglichsten Ausnutzung der zur Verfügung stehenden
Futtermittel, 2. Schaffung guter Unterkunftsverhältnisse,
3. Schonung der Pferde bei jeder Gelegenheit.
Infolge der schlechten Heu- und Sommergetreideernte 1917 hatte sich die
Futternot Anfang des Jahres 1918 wieder ganz erheblich gesteigert. Der
Rauhfutternachschub war zeitweise völlig unzureichend und
überhaupt nur unter den größten Opfern der Heimat
möglich. Die Versorgung des Heeres mit Hartfutter stieß trotz
herabgesetzter Ration und trotz teilweisen Ersatzes durch Kartoffeln auf die
größten Schwierigkeiten. Die Erkrankungen und Verluste an
Erschöpfung waren in den ersten vier Monaten des Jahres 1918
folgende:
|
Westen |
Osten |
Südosten |
|
Erkrankt |
Verlust |
Erkrankt |
Verlust |
Erkrankt |
Verlust |
Januar |
27 920 |
11 358 |
11 392 |
2 768 |
8 911 |
555 |
Februar |
18 113 |
8 152 |
6 047 |
1 557 |
6 395 |
294 |
März |
13 615 |
4 270 |
4 583 |
1 261 |
5 021 |
318 |
April |
10 246 |
4 457 |
3 953 |
962 |
3 371 |
210 |
[585] Die vom
Kriegsministerium empfohlene Fütterung von Baumlaub und Reisig, sowie
die Gewinnung von Laubheu kam für das Feldheer nur an einzelnen Stellen
in Frage, fiel also nicht ins Gewicht. Dagegen wurde es im Inland, besonders
durch Schulen, eifrig gesammelt und zu Laubheukuchen verarbeitet. Aber auch
diese Laubheufutterkuchen, die als Ersatz für Hartfutter dem Feldheere
nachgeschoben wurden, konnten den Futtermangel nicht beheben. Die Pferde
konnten bei dem verabreichten Futter wohl notdürftig ihr Leben fristen,
aber nicht dabei zum Teil schwere Arbeit unter den ungünstigsten
Witterungs- und Unterkunftsverhältnissen verrichten.
Die Folge der dauernden Futternot war, daß die Pferde in ihrer Gesundheit
und Widerstandskraft gegen alle möglichen äußeren und
inneren Schädlichkeiten geschwächt wurden. Die inneren
Erkrankungen nahmen auch erst dann eine größere verlustreiche
Ausbreitung an, als die Oberste Heeresleitung durch die Kriegslage gezwungen
war, die Ration der Einhufer im Interesse der Sicherstellung der menschlichen
Ernährung zu verkürzen. Wenn die Heeresverwaltung in der Lage
gewesen wäre, den Pferden die im Frieden übliche Futterration zu
verabreichen, so hätte sie damit das beste Mittel in der Hand gehabt, die
ungeheuren Pferdeverluste einzuschränken.
4. Der Gasschutz der Tiere.
Als der Gaskampf größere Ausdehnung annahm, häuften sich
auch die Fälle der Gasvergiftungen bei Pferden, Hunden und Brieftauben.
Besonders beim Beschießen der Zufuhrstraßen und der
Unterkunftsräume mit Gasgranaten waren die Pferde den Gasen ausgesetzt.
Wenn auch die Pferde unter gleicher Gaswirkung etwas weniger heftig erkranken,
als andere Tiere und auch als die Menschen, und die Erkrankungen besser
überstehen, so ist doch eine größere Anzahl Pferde der
Vergiftung durch Kampfgas zum Opfer gefallen.
Um Abwehrmaßregeln zu treffen und den Gasschutz der Tiere auszubauen,
wurde vom Kriegsministerium ein geeigneter Veterinäroffizier zum
Kaiser-Wilhelm-Institut für physikalische Chemie, das während des
Krieges zum Studium der Gaskampfmittel und des Gasschutzes für
Menschen eingerichtet war, kommandiert und mit der Konstruktion von
Gasschutzmasken für Pferde und Hunde und von Gasschutzsäcken
und -kästen für Brieftauben beauftragt.
Die konstruierten Pferdegasmasken wurden zum erstenmal in
größerem Umfange bei der Offensive gegen Italien im Jahre 1917
angewendet. Sie haben sich hierbei und auch später bei den großen
Kämpfen im Westen voll bewährt. Das gleiche gilt von den
Gasschutzgeräten für Hunde und Brieftauben. Der
Brieftaubengasschutzkasten gewährte zwar einen guten Gasschutz; er war
aber für längere Transporte im feindlichen Feuer, besonders im
Trichtergelände, zu schwer und unhandlich. Versuche, einen besser
feldbrauchbaren Brieftaubengasschutz zu finden, kamen im letzten Kriegsjahr
nicht mehr zum Abschluß.
[586] Für an
Gasvergiftung erkrankte Pferde wurde ein Sauerstoffbehandlungsapparat
konstruiert, der in den Pferdelazaretten bereit gehalten wurde. Bevor die
Pferdegasmasken in genügender Zahl zur Verfügung
standen - ihre Massenanfertigung stieß wegen des Rohstoffmangels
auf die größten Schwierigkeiten -, hatte man den Pferden mit
wechselndem Erfolg bei Gasgefahr Freßbeutel umgehängt, die mit
feuchtem Heu ausgelegt waren. Auch das Durchtränken des Heues mit
Gasschutzsalz (Natriumthiosulfat und Pottasche) kam vielfach mit Erfolg zur
Anwendung.
Im April 1918 z. B. waren im Westen 312 Pferde wegen Gasvergiftung in
Behandlung, von denen 54 starben. Im Monat Juni starben von 286 erkrankten 45
Pferde.
5. Pferdelazarette.
Das Feldheer ging ohne Pferdelazarette in den Krieg - ein Fehler, der sich schwer
gerächt hat.
Schon die ersten Wochen des Krieges zeigten jedem die Notwendigkeit von
Pferdelazaretten. Denn das Abschieben kranker Pferde in die Pferdedepots erwies
sich als undurchführbar. Die kranken Pferde wurden in vielen Fällen
beim weiteren Marsche stehengelassen oder von unberufener Hand ohne
Rücksicht auf ihre Heilbarkeit getötet. Gerade viele gute
Stammpferde gingen auf diese Weise der Truppe verloren. Die Pferdedepots
waren nicht dazu bestimmt und eingerichtet, kranke Pferde wieder
dienstbrauchbar zu machen. Die scharfe Trennung von Pferdedepots und
Pferdelazaretten war sogar unbedingt nötig, um erstere leichter seuchenfrei
zu halten. Zahlreiche Armeekorps halfen sich daher selbst aus dem praktischen
Bedürfnis heraus durch Errichtung von behelfsmäßigen
Meldesammelstellen, die bald einen Durchschnittsbestand von 300 bis 600
Pferden aufwiesen.
Da die Sammelstellen aber kein eigenes Personal hatten, mußte die
abgebende Truppe für je 1 - 3 eingelieferte Pferde einen Mann
zur Pflege mitgeben. Die Folge war, daß die Truppe, wenn sich die Zahl der
abzugebenden Pferde häufte, auf die Einlieferung in die Lazarette
verzichtete, weil sie eine größere Anzahl Mannschaften nicht
entbehren konnte.
So drängten die großen und immer schwerer zu ersetzenden
Pferdeverluste zu weiteren Maßnahmen. Im Februar 1915 wurde den
Kommandobehörden allgemein die behelfsmäßige Einrichtung
von 1 - 3 Pferdelazaretten für jedes Generalkommando, jede
Etappeninspektion usw. aufgegeben.
Die Pferdelazarette sollten von nun an alle erheblich erkrankten Pferde aufnehmen
und nach Heilung der Stammtruppe zurückgeben oder sie, falls die Heilung
voraussichtlich längere Zeit (etwa vier Wochen) dauerte, den
rückwärtigen Pferdelazaretten überweisen. Sie sollten
schwerer erkrankte Pferde rechtzeitig nach rückwärts abschieben, um
beweglich zu bleiben. Anfangs waren an vielen [587] Stellen den
Pferdelazaretten Pferdeerholungsheime angegliedert, die die geheilten, aber noch
nicht dienstfähigen Pferde aufnahmen; später wurden sie, weil sie die
Pferdelazarette zu sehr belasteten, größeren Pferdedepots mit guten
Weiden angegliedert. An einzelnen Stellen wurden aus den Erholungsheimen
schonungsbedürftige Kolonnen formiert, die zu mäßiger Arbeit
herangezogen wurden. Dadurch wurden die Pferde bei guter Pflege
allmählich wieder an die Arbeit gewöhnt.
Die Felderfahrungen machten Anfang 1916 den weiteren Ausbau der
Feldpferdelazarette nötig. Die vorhandenen behelfsmäßigen
Pferdelazarette wurden etatisiert und eine erhebliche Anzahl neuer aufgestellt, so
daß jede Division über ein und jede Etappeninspektion über
mehrere Lazarette verfügte. - Zum ersten Male wurden die
Veterinäroffiziere amtlich mit der selbständigen Stellung eines
Lazarettleiters betraut, allerdings ohne ihnen die zur Führung nötige
Strafgewalt zu geben. Daß trotzdem die Disziplin und der Dienst in den
Pferdelazaretten anerkanntermaßen zu Beanstandungen keinen Grund gab
und die Pferdelazarette Hervorragendes leisteten, beweist die
Zweckmäßigkeit dieser seitens der Veterinäroffiziere
längst erstrebten Regelung. Beim Vormarsch folgte das Pferdelazarett der
zuständigen Kommandobehörde (Generalkommando, Division,
Etappe). Entsprechend dem Befehl der Kommandobehörde schob es eine
oder mehrere Sammelstellen mit dem nötigen Personal und der
nötigen Ausrüstung vor, um kranke oder zurückgelassene
Pferde von den Truppen aufzunehmen und dem Pferdelazarett
zuzuführen.
Wie notwendig die Pferdelazarette waren, zeigten die dauernden Anforderungen
der Feldstellen auf Neuerrichtung weiterer Lazarette. So mußten neben den
Divisions- und Etappenpferdelazaretten noch Gruppenpferdelazarette eingerichtet
werden. Diese waren zur Aufnahme von Pferden der nicht zu einem
Divisionsverband gehörigen Truppen bestimmt und dienten
außerdem zur Aufnahme der schwerkranken Pferde aus den
Divisionspferdelazaretten. Sie selbst hatten wiederum die Patienten zu sichten und
nötigenfalls an die Etappenpferdelazarette weiterzuleiten. Hand in Hand
damit wurde auch die Anzahl der Heimatpferdelazarette dauernd erhöht. So
sind im Laufe des Krieges allmählich zusammen 478 Pferdelazarette
eingerichtet und etatisiert worden, davon 287 Divisionspferdelazarette, 77
Etappenpferdelazarette, 28 Gruppenpferdelazarette, 10 in den
Generalgouvernements Belgien und Warschau und 76 Heimatspferdelazarette.
[584a]
Operation eines Pferdes in der Narkose.
|
Die Gruppen- und Etappenpferdelazarette hatten große Schwierigkeiten in
der Mannschaftsfrage, die den ganzen Lazarettbetrieb außerordentlich
erschwerten. Das Stammpersonal war bei der starken Belegung bei weitem nicht
ausreichend. Die vorgesehene Aushilfe durch Gefangene oder eingeborene
Zivilisten wurde dadurch hinfällig, daß die zur Bewachung
erforderlichen Mannschaften von dem Stammpersonal nicht frei gemacht werden
konnten. Über die [588] Anforderungen, die der
Dienst an die Mannschaften der Pferdelazarette stellte, herrschte bei den
militärischen Stellen vielfach eine unrichtige Auffassung. Die Leute
wurden von diesen nur nach ihrem militärischen Aussehen und Auftreten
beurteilt. Das Mannschaftspersonal bestand aber aus älteren,
nichtkriegsverwendungsfähigen und wenig ausgebildeten Soldaten; um so
mehr gebührt ihrer vollen Hingabe in den sehr anstrengenden
Tag- und Nachtdienst an dieser Stelle höchste Anerkennung, und um so
höher sind die Leistungen der Pferdelazarette zu bewerten.
Daß der Wirkungskreis der Pferdelazarette ein ganz gewaltiger war,
beweisen folgende Zahlen. Im Mai 1918 z. B. wurden in den
Pferdelazaretten aller Kriegsschauplätze (ohne die Heimatlazarette)
zusammen 165 326 Pferde behandelt bei einer Gesamtzahl von damals
noch 956 856 Pferden, im Juli 1918 160 465 bei einer Zahl von
948 539 Pferden. Rund 17% der
Pferde-Iststärke waren demnach durchschnittlich in den Pferdelazaretten in
Behandlung.
Unter den Kranken befanden sich beispielsweise im:
|
Februar 1918: |
Mai 1918: |
Koliker |
7 519 |
10 166 |
Erschöpfte |
12 102 |
20 734 |
Schußwunden |
31 748 |
44 050 |
Satteldruck |
6 712 |
11 835 |
Widerristfisteln |
1 996 |
1 755 |
Hufverschlag |
1 433 |
2 252 |
Gasvergiftung |
410 |
312 |
Räude (aus 3542 verseuchten Formationen) |
82 030 |
76 000 |
Ansteckende Blutarmut |
2 434 |
2 236 |
Rotz |
98 |
56 |
|