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Bd. 7: Die Organisationen der Kriegführung, Zweiter Teil:
Die Organisationen für die Versorgung des Heeres

  Kapitel 1: Die Heeresverpflegung   (Forts.)
Ministerialrat Konrad Lau

6. Die Bewirtschaftung der einzelnen Verpflegungsmittel.

Brot.

Die Sorge um das Durchhalten in der Brotversorgung stand im Vordergrund der heimischen Ernährungsfragen. Daß bei Aufrechterhaltung des im Frieden üblichen Brotverbrauchs die heimischen Ernteerzeugnisse auch unter Zurechnung der noch aus dem neutralen Auslande hereinkommenden Einfuhren den Bedarf nicht decken konnten, war bekannt, und bereits im Oktober 1914 wurde in Erörterungen der Reichs- und Landesbehörden über die Möglichkeit des Durchhaltens bis zur neuen Ernte Zahlenmaterial gegeben, das keine Zweifel darüber ließ, daß äußerste Beschränkung des Verbrauchs an Brotgetreide geboten war.

Die Brotportion für das Feldheer war auf 750 g festgesetzt (540 g Backmehl) und berechnet für Leute, die großen Anstrengungen ausgesetzt und an Aufnahme reichlicher, massiger Nahrung gewöhnt waren. Für Leute in ruhiger Tätigkeit, die es ja nach Beginn des Stellungskrieges und an den rückwärtigen Verbindungen sowie im Etappengebiet vielfach gab, war sie neben der vollen sonstigen Verpflegungsportion recht reichlich. Den individuellen Bedürfnissen konnte aber bei Festsetzung der Brotration nicht Rechnung getragen werden; es erschien auch unerwünscht, Abstufungen in der Portionsbemessung vorzunehmen. Der Mann im Schützengraben war zwar in erhöhtem Maße in Lebensgefahr, war aber körperlich nicht so angestrengt, wie der Schwerarbeiter in den Wirtschaftsbetrieben der Etappe; trotzdem wäre es nicht verstanden worden, wenn er etwa schlechter als der Etappensoldat gestellt wäre. Der Schreiber oder Fernsprecher bei der höheren Kommandobehörde, der Tag und Nacht auf dem Posten sein und auch in der Nacht einen Imbiß zu sich nehmen mußte, hatte die höhere Brotportion genau so nötig wie der Frontsoldat, der aber in ihm einen Faulenzer hinter dem warmen Ofen und unnötigen Esser sah. Ein gerechter Tarif, der in der Truppe als solcher anerkannt wurde, war nicht zu finden; und doch mußte der Versuch gemacht werden, unter Beachtung der Truppenstimmung. Im Februar 1915 wurde die Brotportion für das Generalgouvernement Belgien und die Etappen auf 600 g herabgesetzt. Im März 1917 [47] wurde die Grundportion allgemein auf 500 g festgesetzt und Erhöhungen durch die Armee-Oberkommandos zugelassen für Formationen im Gebirge über 1000 m Höhe auf 1000 g, ferner auf 750 g für die im Kampf befindlichen Truppen vorderer Linie, für die aus einem solchen Kampf zurückgezogenen Truppen auf 10 Tage, und auf 600 g für sonst besonders angestrengte Truppen.

Allgemein wurde die Grundportion als zu niedrig empfunden, deshalb wurde sie mit Beginn der neuen Ernte (Ende Juni 1917) auf 600 g erhöht.

Allmählich wurden Stimmen aus der Front laut, die zugaben, daß nicht während des Großkampfes eine erhöhte Verpflegung nötig sei, sondern vorher und nachher; auch an ruhigen Fronten mit vermehrtem Arbeitsdienst sei bessere Verpflegung erforderlich.

Den Wünschen wurde nach Möglichkeit Rechnung getragen bei einer Neuregelung im Februar 1918. Die in diesem Zeitpunkt geplanten Operationen konnten nur glücken, wenn sie mit gut ernährten Truppen unternommen wurden. In der damaligen Verpflegungslage konnte eine Besserung der Ernährung nur durch Erhöhung der Brotportion bewirkt werden. Die der Truppe oft unverständliche feine Gliederung des Portionstarifs hatte ermöglicht, so viel Ersparnisse im Mehlverbrauch zu erzielen, daß ohne Erhöhung der dem Feldheer insgesamt zugesprochenen Mengen die Grundportion auf 700 g festgesetzt werden konnte. Staffelungen nach oben auf 1000 g für Truppen im Gebirge, auf 833 g (500 g Soldatenbrot und 333 g Weißbrot) für Ballonbeobachter und Flieger, 750 g für Jugendliche und Mannschaften von über 42 Lebensjahren wurden zugelassen, nach unten auf 600 g für Etappenformationen angeordnet, die nicht im Zusammenhange mit größeren Kampfhandlungen besonders angestrengt tätig waren, und für die Besatzungstruppen im Generalgouvernement Belgien, auf 500 g für das Geschäftszimmerpersonal und Heeresangehörige ohne sonderliche Anstrengungen. Außerdem waren gewisse Härteausgleiche durch die Armeeoberkommandos erlaubt.

Daß eine gleichartige Abfindung aller Soldaten zur Brotvergeudung an einzelnen Stellen führen mußte, war auch in der Truppe frühzeitig anerkannt. Von verschiedenen Stellen war daher der Vorschlag gemacht, die Brotkarte mit der Maßgabe einzuführen, daß jeder innerhalb gewisser Höchstgrenzen Brot empfangen, für nicht empfangenes aber in Geld entschädigt werden könnte. Angestellte Versuche haben die Unzweckmäßigkeit dieses Verfahrens für das Feldheer gezeigt. In vorderster Linie war es nicht anwendbar. Zwischen vorderster Linie und Ruhestellung war aber ein reger Wechsel. Die Gefahr, daß Leute, um das Geld für nicht benutzte Karten zu erlangen, sich nicht hinreichend ernährten, war nicht von der Hand zu weisen. Die Versorgung der vielen abkommandierten Mannschaften machte die Ausstattung mit Brotkarten schwierig und bot reiche Gelegenheit zu Doppelempfängen. Kontrolle durch Ausweise war unzulänglich, da man die Leute bei angeblichem Verlust [48] der Ausweise nicht hungern lassen konnte. Noch mancherlei andere Gründe sprachen gegen die Einführung der Brotkarte. An einzelnen größeren Orten mit regem Durchgangsverkehr hat sich die Ausgabe an vorübergehend sich dort Aufhaltende bewährt.

Trotz aller Sparmaßnahmen blieb der der Heimat zur Last fallende Mehlbedarf noch recht groß. Das in den besetzten Gebieten geerntete Brotgetreide mußte zur Versorgung der Bevölkerung voll verbraucht werden; zum Teil reichte es dazu nicht einmal. Wenn es auch wegen Mangels an geeigneten Mühlen teilweise zur Vermahlung nach Deutschland zurückgeführt wurde, so ist doch an die Bevölkerung mindestens so viel Mehl ausgegeben worden, als aus der Landesernte ermahlen werden konnte.

Durchschnittlich 100 000 t monatlich blieben auch nach allen Einschränkungen des Verbrauchs aus der Heimat zu liefern. Das war eine gewaltige Anforderung, der die Heimat nur unter größter Selbstbeschränkung nachkommen konnte; und mehr als einmal schien der Zusammenbruch der Mehlversorgung vor der Tür zu stehen. Zur Verhütung des Äußersten mußte im Sommer 1918 der planmäßige Nachschubweg verlassen werden, um das in den heimischen Mühlen aus den ersten Frühdrusch-Anlieferungen ermahlene Mehl möglichst schnell zu den Armeen gelangen zu lassen, bei denen Reserven nicht mehr vorhanden waren. Der Generalintendant erhielt von der Zentralstelle für Heeresbeschaffungen die in den Mühlen in den nächsten Tagen bereiten Mehlmengen telegraphisch mitgeteilt und verteilte sie auf die Armeen, und die telegraphisch oder telephonisch benachrichtigten Etappenintendanturen mußten die der Armee zugeteilten Mengen unmittelbar von den Mühlen abrufen. Nur so gelang es, ohne Stockung der Brotversorgung in das Erntejahr 1918 hinüberzukommen.

Die Güte des im Felde erbackenen Brotes mußte der Abwärtsbewegung derjenigen des heimischen folgen, wenn auch so viele Streckungsmittel wie in der Heimat im Felde nicht zur Verfügung standen. Die durch die Not erzwungene Verwendung von 94%igem Mehl statt des im Frieden gebräuchlichen 82%igem verminderte die Haltbarkeit des Brotes und vergrößerte die Gefahr des Verschimmelns, da die Brote infolge des hohen Kleiegehaltes, wenn sie nicht sehr scharf ausgebacken wurden, innen feucht blieben. Das war ein großer Übelstand, denn das Brot konnte in den Feldmagazinen nicht immer, erst recht aber nicht bei der Truppe, vor Feuchtigkeit geschützt werden und war dadurch schon der Schimmelbildung besonders ausgesetzt. Erhebliche Verluste ließen sich nicht vermeiden. Der große Kleiegehalt des Brotes hatte auch sonst noch manche erheblichen Nachteile, und nur die auf das äußerste gesteigerte Not kann die Verwendung solchen Mehls im Felde rechtfertigen.

Als Brotbestandteil für die eisernen Portionen war ein aus Weizenmehl und Eiern hergestellter Eierzwieback eingeführt. Obwohl er ein nahrhaftes [49] Gebäck war und sich vor allem eignete, jeweils in kleinen Mengen genossen, das Hungergefühl zu vertreiben, hat er sich als Ersatz für Brot bei der Truppe nie eingebürgert. Wenn er im Frieden bei den Herbstübungen weggeworfen wurde und am Boden liegend noch nach Tagen die Biwaksplätze erkennen ließ, so hatte man geglaubt, das darauf zurückführen zu sollen, daß die Truppe ihn zu wenig kannte, auch an dem einen Tag, wo er statt Brot ausgegeben wurde, ohne ihn nicht Mangel litt. Im Kriege sind aber die gleichen Erfahrungen gemacht. Der Zwieback wurde vom Mann, der ihn ja dauernd mit sich führte, allmählich aufgeknabbert, noch häufiger als unnötiger Ballast fortgeworfen; in den Verpflegungsdepots der Truppen bildete er aber ein besonderes Anziehungsmittel für die Ratten. Jedenfalls erfüllte er nicht in der erhofften Weise seinen Zweck, das Brot in Notfällen zu ersetzen. Von verschiedenen Seiten wurde schließlich der Vorschlag gemacht, den Zwieback durch kleine, sehr scharf ausgebackene Brote, die lagerbeständig waren, zu ersetzen. Aus rein wirtschaftlichen Gründen, da einerseits ganz außerordentlich große Bestände an Zwieback vorhanden waren, andererseits Mehl knapp war, ist es zu einer Einführung solcher Brote nicht mehr gekommen.


Fleisch.

An Fleisch bestand zunächst kein Mangel. Die Truppen fanden in unmittelbarer Nähe ihrer Unterkunft fast überall Schlachtvieh, und die Feldküchen erleichterten die Verwendung des frisch geschlachteten Fleisches. Ja, Vieh war in so reicher Menge vorhanden, daß gegen Ende August 1914 der Generalintendant beim Kriegsministerium eine Verringerung der für den Nachschub bereitgestellten Dauerfleisch- und Schlachtviehbestände anregen konnte. Aus besonders viehreichen Gegenden konnte noch Vieh in die heimischen Konservenfabriken zurückgeführt werden. Die Truppe stand sich recht gut bei dem Versorgungsverfahren, bei dem die Portionen nicht peinlich genau zugewogen wurden.

Das Verfahren, das Schlachtvieh wahllos dem Lande dort zu entnehmen, wo es gerade gebraucht wurde, war bequem, mußte aber, in derselben Gegend längere Zeit betrieben, zu einer Vernichtung des Viehbestandes führen und damit zu einer schweren Schädigung der Truppe.

Die Verwaltung mußte deshalb darauf Bedacht nehmen, überall sobald als möglich eine ordnungsmäßige Viehwirtschaft einzuführen und aus dieser nur so viel Schlachtvieh herauszuziehen, wie eine zweckmäßige Wirtschaft gestattete. Die Viehbestände erholten sich unter der sorgsamen Obhut landwirtschaftlicher Sachverständiger allmählich, und die von den verantwortlichen Feldstellen trotz mancher scharfen Kritik zielbewußt durchgeführte pflegliche Behandlung der Viehbestände hat sich glänzend bewährt. Es wurde nicht nur erreicht, daß Molkereien eingerichtet werden konnten, die die Truppen in nicht zu unterschätzendem Umfange mit Butter versorgten und dadurch die Heimat [50] ganz erheblich entlasteten, sondern es wurde auch in den Viehbeständen eine Schlachtviehreserve bei den Armeen geschaffen, auf die in Fällen des Versagens des Nachschubs - und diese Fälle waren leider nicht selten - zurückgegriffen werden konnte, oder dann, wenn es galt, der Heimat über besonders große Schwierigkeiten in der Viehaufbringung hinwegzuhelfen. Wiederholt ist in solchen Augenblicken mit dem Abschlachten bis an die äußerste Grenze des Erträglichen gegangen und so die Versorgung des Feldheeres ermöglicht worden, ohne in der Heimat die Fleischversorgung ganz lahm zu legen.

Der Viehbestand wurde zeitweilig noch dadurch verstärkt, daß zur Ausnutzung der Weiden in den besetzten Gebieten Magervieh aus Deutschland eingeführt wurde, das später als Schlachtvieh Verwendung fand. Die Truppen auf dem östlichen Kriegsschauplatz konnten infolge der zweckmäßig betriebenen Viehwirtschaft im letzten Jahre nach ihrer Verringerung ganz auf die Versorgung aus dem Lande verwiesen werden, und darüber hinaus konnte von dort noch Vieh an die heimischen Konservenfabriken usw. für die Versorgung des westlichen Kriegsschauplatzes abgegeben werden.

Mit allen Mitteln wurde auch die Schweinemast auf dem Kriegsschauplatz - vornehmlich bei der Truppe - selbst unter Ausnutzung der Küchenabfälle gefordert, nachdem das große Schweineabschlachten in der Heimat im Frühjahr 1915, an dem sich auch das Feldheer durch vermehrtes Heranziehen von Schweinen aus der Heimat teilweise bis zum Überdruß der Truppe hatte beteiligen müssen, beendet und das Schwein zu einer Seltenheit geworden war. Durch Gewährung von Aufzucht- und Mastprämien wurde das Interesse der Truppen an der Mästung von Schweinen gefördert. Die Truppe bekam zum Teil Läuferschweine geliefert; zum Teil (bodenständige Formationen) trieb sie auch Schweinezucht. Auch auf das Halten von Kaninchen wurde ihr Augenmerk gelenkt.

Schweinezucht in Crajova (Rumänien).
[48a]      Schweinezucht in Crajova (Rumänien).

Mit dem Nachlassen der Viehentnahme aus dem Lande bei Einführung einer geordneten Viehwirtschaft, hatte der Nachschub an Schlachtvieh aus der Heimat verstärkt werden müssen und aus einer gelegentlichen Aushilfe war eine fortlaufende Zuführung geworden; die Ersatzviehdepots wurden aufgelöst und die Viehtransporte nach Weisung der Zentralstelle zur Beschaffung von Heeresverpflegung, ohne die Sammelstationen zu berühren, von den Abnahmestellen in den Lieferbezirken unmittelbar zur Etappe durchgeführt. Damit waren manche Übelstände ausgeschaltet, wie unnötiges Ein- und Ausladen, Seuchengefahr durch Ansammeln von viel Vieh an einer Stelle usw. Die Transportdauer und die mit dem Transport und dem vorübergehenden Aufhalten in den Depots verbundenen Gewichtsverluste waren erheblich eingeschränkt. Es bedurfte aber einer großen Beweglichkeit der Zentralstelle im Disponieren, um den stark schwankenden Bedarf und den sich deshalb oft ändernden Anforderungen der Armeen Rechnung tragen zu können. Trotz [51] ganz außerordentlicher Schwierigkeiten (Abhängigkeit von den Viehhandelsverbänden, sehr unregelmäßige Lieferungen der einzelnen Bezirke, Transportschwierigkeiten usw.) ist ihr das aber in Grenzen des damals Möglichen gelungen.

Lange konnte die durch die Verpflegungsvorschrift festgesetzte volle Fleischportion gegeben werden. Als aber der Mangel in der Heimat dazu zwang, den Verbrauch durch Verordnungen einzuschränken, wurde im März 1916 auch beim Feldheer die Fleischportion von 375 g auf 300 g und die Dauerfleischportion von 200 g auf 150 g herabgesetzt, und schon im April mußte zur weiteren Einschränkung des Verbrauchs ein fleischloser Tag eingeführt werden. Doch auch der so ermäßigte Bedarf konnte nicht gedeckt werden. Im Mai 1916 wurde bestimmt, daß an den sechs Fleischtagen nur je 250 g von den Armeen angefordert werden dürften, die so zu verteilen wären, daß die kämpfenden Truppen in vorderster Linie 300 g, die übrigen Truppen einschließlich Etappenformationen entsprechend weniger erhalten sollten. Als Ersatz für das ausgefallene Fleisch wurde ein Speisemehlzuschuß von 75 g bewilligt, Zulagebewilligungen an Fleisch wurden verboten.

In den Generalgouvernements waren die Portionen schon im Frühjahr 1916 auf 250 g herabgesetzt. In Rumänien wurden vom Frühjahr 1917 an zwei fleischlose Tage eingeführt, an den fünf Fleischtagen nur noch je 200 g gewährt, um mit dem aus dem Lande aufkommenden Schlachtvieh zu reichen; im Osten wurde die Portion auf 250 g im Operationsgebiet und 200 g bei der Etappe gesenkt. Gegen das immer wieder aus der Heimat ergehende Drängen, im Hinblick auf die außerordentlich geringen Fleischportionen, die daheim nur noch gegeben werden konnten, wo schon fleischlose Wochen hatten eingeführt werden müssen, mußte im Interesse der Schlagfertigerhaltung der Truppe Widerstand geleistet werden, mußte doch damit gerechnet werden, daß sie ohnehin wegen Stockens des Nachschubs, besonderer Gefechtslage usw. nicht immer die vollen Verpflegungsportionen bekam.

Ein Teil des Bedarfs an Fleisch wurde durch Konserven und Dauerfleisch gedeckt.

Im Frieden hatten nur zwei Armeekonservenfabriken (Mainz und Spandau) Fleischkonserven für den Heeresbedarf an eisernen Portionen (in Ein- und Zweiportionspackungen) hergestellt. Im Laufe des Krieges war eine ganze Reihe von leistungsfähigen und zuverlässigen Privatfabriken zu Heereslieferungen herangezogen, und zugleich war die Herstellung der verschiedensten Arten von Dauerfleisch in Auftrag gegeben. Solange das Feldheer noch reichlich frisches Fleisch aus dem Lande nehmen konnte, hatten sich seine Anforderungen an Dauerfleisch im wesentlichen auf Ersatzanforderungen für verbrauchte eiserne Portionen beschränkt. Bald aber ergaben sich Lagen, in denen der Truppe allein Dauerfleisch verabfolgt werden konnte; allerdings konnten häufig in solchen Lagen große Packungen, Konserven in großen Büchsen, Pökel- [52] fleisch in Fässern usw. nichts nutzen. Dauerfleisch wurde weiter dringend benötigt zur Niederlegung einer jederzeit verwendbaren Reserve. In welchem Umfange Dauerfleisch, in welcher Zahl Schlachtvieh nachzuführen war, hatte sich entsprechend den allgemeingültigen Nachschubgrundsätzen nach den von den Armeen an die Zentralstelle zu stellenden Anforderungen zu richten. Diese gab die Anforderungen an Dauerfleisch an die stellvertretende Intendantur in Altona weiter, von der die Herstellung von Dauerfleisch und seine Verteilung geleitet wurden.

Die Schwierigkeiten in der Aufbringung des Viehs wurden indessen immer großer; immer beschränkter wurden die Beschaffungsstellen in der Freiheit ihrer Entschlüsse, immer mehr schrieb die Not das Gesetz vor. Die Wünsche der Armeen, ja ihre dringendsten Interessen mußten immer mehr in den Hintergrund treten gegenüber der wichtigsten Forderung, die Möglichkeit des Durchhaltens einer auch noch so knappen Fleischversorgung zu sichern. Ansammlungen von Fleischreserven über ein ganz geringes Maß hinaus konnten den Armeen, selbst vor bevorstehenden Großkampfhandlungen, nicht mehr gestattet werden. Wieviel Schlachtvieh sie bekommen konnten, richtete sich allein nach den Aufbringungsmöglichkeiten. Dabei sank das Schlachtgewicht immer mehr und entsprach nicht annähernd mehr dem von der Reichsfleischstelle bei der Verteilung zugrunde gelegten Durchschnitt. Dieses war zuletzt zwar nur noch auf 160 kg für Rinder angenommen, erreichte aber oft nicht mehr 120 kg, nachdem es im Juni 1916 schon auf 200 kg (für Schweine auf 70 kg, Schafe 20 kg) gesunken war.8 Strebte der Generalintendant, der die knappen Belieferungen schließlich einheitlich in engster Zusammenarbeit mit der Zentralstelle auf die Armeen verteilen mußte, auch immer noch Versorgung mit einem Drittel in lebendem Vieh an, so wurde dieser Satz bei Armeen, die auf schlechte Lieferbezirke angewiesen waren, oft - selbst unter erheblichen Eingriffen in die Landesviehbestände - nicht erreicht.

Auch in der Dauerfleisch- (Konserven-) Herstellung wurden äußere Umstände für die Verwaltung immer mehr ohne Rücksicht auf den Bedarf bestimmend. Gewisse ihr zugewiesene Viehmengen konnten nur zu Konserven verarbeitet werden. So konnte das aus dem Verwaltungsgebiet des Oberbefehlshabers Ost gelieferte Vieh nicht lebend nach dem Westen gefahren werden; es mußte, ebenso wie anderes eingeführte Vieh, zu Dauerfleisch verarbeitet werden. Traten Zeiten des Überangebots an Vieh in der Heimat, z. B. bei Verminderung der Weidemöglichkeiten ein, so mußte die Heeresverwaltung helfend einspringen und das überschießende Fleisch einstweilen einfrieren und später zu Konserven verarbeiten. In gefrorenem Zustande konnte es nicht an die über 72 Stunden entfernt gelegenen Frontteile geschickt werden. Auch an näher gelegenen [53] Teilen war es schwer verwendbar, da keine Gewähr bestand, daß es unmittelbar nach dem Auftauen zubereitet werden konnte.

Andererseits wurde die Konservenherstellung aber durch den allgemeinen Mangel an Weißblech begrenzt. Versuche in der Herstellung anderer Konservenbehälter waren angestellt, aber erst kurz vor Kriegsende abgeschlossen.

Ein teilweiser Ersatz des Fleisches durch frische Fische war nur da möglich, wo solche im besetzten Gebiet selbst gefangen wurden. Das beschränkte sich aber auf Ausnahmefälle. Allein die Heeresgruppe Mackensen konnte in Rumänien ihren Bedarf voll durch eigenen Fang decken. Im Gebiet des Oberbefehlshabers Ost wurde eine teilweise Versorgung durch Fischereiabteilungen in Libau (Fangergebnis etwa 500 t monatlich in günstiger Jahreszeit) und später in Riga und auf Ösel durchgeführt. Auch Süßwasserfische wurden an der Ostfront gefangen und an die Truppen ausgegeben; es konnten damit aber immer nur Teile der Truppen beliefert werden. An der Westfront bot sich keine Gelegenheit zu einem lohnenden Fischfang. An der flandrischen Küste wurden von Ostende und Zeebrügge aus zwar mit wachfreien Vorpostenbooten Versuche gemacht, die aber nur ein geringes Ergebnis hatten und die Einrichtung eines regelrechten Seefischereibetriebes, wozu mindestens sechs Hochseefischdampfer nötig gewesen wären, nicht lohnend erscheinen ließen, da auch sie nur innerhalb des Küstenschutzes hätten betätigt werden können. Alle Bemühungen, einen größeren Nachschub von frischen Fischen einzurichten, sind daran gescheitert, daß die heimische Seefischerei daniederlag und nicht einmal die heimische Bevölkerung einigermaßen ausreichend versorgen konnte. Der Nachschub mußte sich deshalb auf Salzfische und getrockneten Klippfisch beschränken. Zwar wurden überall Kochkurse eingerichtet, in denen die sachgemäße Zubereitung von Klippfisch gelehrt wurde, um die seiner Einführung bei der Truppe entgegenstehenden Widerstände zu überwinden; großer Beliebtheit hatte er sich aber kaum irgendwo zu erfreuen.

Auch Eier wurden als Ersatz für Fleisch (ein Ei gleich 50 g Fleisch) in kleinem Umfange an solchen Frontteilen (Osten und Rumänien) verwendet, wo sie unmittelbar im Truppenbereich anfielen und nicht in die Heimat zurückbeordert werden konnten, als Ersatz für die von der Reichsverteilungsstelle für die Herstellung von Eierzwieback überwiesenen.

Auf die Zweckmäßigkeit der Verwendung des Fleisches der ja in allzu großer Zahl abgehenden Pferde wurde von vielen Stellen aus der Truppe hingewiesen. Obgleich dieses Fleisch unbedenklich für die Truppenverpflegung hätte nutzbar gemacht werden können - und freiwillig auch gegessen ist -, wurde von einer entsprechenden Anordnung hauptsächlich deswegen Abstand genommen, um der feindlichen Auslandspropaganda nicht erwünschte Nahrung zu geben, Deutschlands baldigen Zusammenbruch wegen Hungers überzeugend in Aussicht zu stellen.


[54] Kartoffeln und Gemüse.

Neben Brot und Fleisch ist für die große Masse der Deutschen die Kartoffel das Hauptnahrungsmittel. Im Frieden an reichlichen Kartoffelgenuß gewöhnt, mochte auch im Felde selbst der anspruchloseste deutsche Soldat die Kartoffel nicht entbehren. Damit war gerechnet, aber angenommen, daß auf jedem europäischen Kriegsschauplatz Kartoffeln in so hinreichender Menge geerntet werden würden, daß an diesem Nahrungsmittel die Truppe nie Mangel leiden würde. Die Notwendigkeit eines dauernden Nachschubs war schon deswegen gar nicht in den Kreis der Betrachtungen gezogen worden, weil er wegen des großen Gewichts der Kartoffeln ausgeschlossen erschien - wog doch die Kartoffelportion allein mehr als eine volle Verpflegungsportion einschließlich Brot und Fleisch.

Tatsächlich fand auch die Truppe während des Bewegungskrieges namentlich nach der Kartoffelreife genügend Kartoffeln im Lande. In Ost und West stand im Herbst 1914 noch die Ernte aus der letzten Friedensbestellung zur Verfügung. Im Osten lagen die Hauptkartoffelquellen Deutschlands unmittelbar hinter der Front, und im Westen konnte das an Kartoffeln reiche Belgien bei eintretendem Mangel Aushilfen liefern. Mit allen Mitteln versuchte die Verwaltung auch weiterhin den Kartoffelanbau auf dem Kriegsschauplatze zu fördern; allein schon der Mangel an Arbeitskräften setzte diesem Bestreben Grenzen, und viel mehr als durchschnittlich ein Drittel des Bedarfs konnte in späteren Jahren im Westen nicht aus dem Lande gedeckt werden. Im Osten erschwerten die ungünstigen Wege- und Transportverhältnisse das Zusammenbringen der auf den zerstreut liegenden Ländereien geernteten Mengen, und auch hier deckte die Landesernte den Truppenbedarf nicht mehr. Weit hinter den Erwartungen der heimischen Ernährungsbehörden blieben die Aushilfen aus dem Generalgouvernement Warschau zurück. Wie im Gebiet des Oberbefehlshabers Ost fehlte es an Transportmitteln und Personal, die über die für den Verbrauch der Bevölkerung festgesetzten Mengen hinaus im Lande geernteten Kartoffeln zu sammeln. Selbst das von der Reichskartoffelstelle als unfehlbar empfohlene Mittel, die jüdischen Händler, versagte. Auch auf dem rumänischen und dem serbischen Kriegsschauplatz fehlte es an Kartoffeln. Ein ständiger Kartoffelnachschub mußte deshalb einsetzen.

Zunächst gingen Aufbringung und Nachschub auf dem üblichen Wege glatt vor sich. Als aber der Kartoffelmangel in der Heimat größer wurde, besonders nach der Mißernte 1916, und als auch die Eisenbahntransportlage immer ungünstiger wurde, stand die Leitung des Verpflegungsdienstes in der Kartoffelversorgung allen den ungeheuren Schwierigkeiten in erhöhtem Maße gegenüber, die die großen heimischen Gemeinwesen während der Jahre der Kartoffelzwangsbewirtschaftung in so reichem Maße kennengelernt haben, und deren Folgen weite Kreise der deutschen Bevölkerung haben am eigenen Leibe spüren müssen.

[55] Den stellvertretenden Intendanturen, die die Proviantdepots der Sammelstationen zu versorgen hatten, waren - wie den Zivilbedarfsverbänden - bestimmte Lieferbezirke zugewiesen, aus denen sie die Kartoffeln nach den allgemeingültigen Verordnungen über den Verkehr mit Kartoffeln zu beschaffen hatten. Irgendein Mittel, die Aufbringung zu fördern, hatten sie nicht. Vielfach hatten sie sogar unter dem Wettbewerb der anderen Verbraucher zu leiden, die leichter als Behörden sich über lästige Bestimmungen hinwegsetzen konnten und auch sonst beim Ankauf mehr Bewegungsfreiheit hatten als diese. Die vom Reich zur Regelung der Kartoffelversorgung erlassenen Verordnungen (Festsetzungen von Höchstpreisen, Verfütterungsverbote, Beschränkung der Brennereien, teilweise Beschlagnahmungen usw.) sicherten nicht die pünktliche Aufbringung der umgelegten Mengen. Ob andere Maßnahmen besseren Erfolg gehabt hätten, kann hier nicht untersucht werden: die Heeresverwaltung hatte nicht das Recht, solche zu ergreifen. Selbst die Entsendung von Beauftragten der Armeen unmittelbar in die Aufbringungsbezirke, die zeitweilig die Lieferungen beschleunigten, wurde als Störung der Gesamtaufbringung verboten.

Untrennbar von der Beschaffungsfrage war die Transportfrage; denn oft riefen in Zeiten, wo der Ankauf flott vor sich ging, Schwierigkeiten im Abtransport und unzureichende Wagengestellungen Stockungen in der Anlieferung hervor.

Um Verstopfungen auf den ohnehin auf das äußerste überlasteten Bahnen zu vermeiden, hatte der Feldeisenbahnchef die Anordnung getroffen, daß den Einladestationen Wagen nur dann zur Verfügung gestellt wurden, wenn die Proviantdepots ihrem Bedarf und der Transportlage vorwärts der Sammelstationen entsprechend Lieferungen abriefen. Das erschwerte für die Landwirte, die diesen Augenblick nicht absehen konnten, die Anlieferung sehr, führte auch dazu, daß die Kartoffeln durch vergebliches Anfahren zur Bahn, Herumstehen bei den Landwirten bei ungünstigem Wetter schon vor dem Verladen empfindlich litten oder auch, um sie vor gänzlichem Verderben zu schützen, im eigenen Betrieb verbraucht wurden und dem Feldheer verlorengingen.

Ganz besonders ungünstig war die Lage für die westlichen Proviantdepots nördlich Koblenz, die den Nordteil der Westfront zu versorgen hatten und aus dem Osten Deutschlands, vorwiegend aus Ost- und Westpreußen sowie Posen beliefert werden mußten. Von hier mußten auch die Kartoffeln für die Industriezentren jener Gegend, deren Bedarf während des Krieges besonders groß war, angefahren werden; denn die Kartoffelerzeugung der Rheinprovinz und Westfalens hatte schon im Frieden nicht den Bedarf der dichten Bevölkerung aufbringen können, die übliche Einfuhr aus Holland fiel aber jetzt fort. Die Größe der der Eisenbahn dadurch gestellten Transportaufgabe kann man nur in Kenntnis der sonstigen Anforderungen beurteilen. Immerhin lassen die zu [56] befördernden Kartoffelmengen allein einige Schlüsse zu. Für die Zeit vom 15. September 1917 bis 3. August 1918 z. B. betrug die Gesamtanforderung des Feldheeres an Kartoffeln 2 200 000 t (einschließlich Futterkartoffeln). Von den darin enthaltenen rund 1 000 000 t Speisekartoffeln waren allein 700 000 t für die Westfront bestimmt; davon mußte wenigstens die Hälfte in der kurzen Zeit vom Beginn der Hauptkartoffelernte bis zum Einsetzen des Frostwetters gefahren werden. Die Zeit verkürzte sich noch dadurch, daß die Anlieferungen im großen wegen Mangels an Gespannen erst nach der Herbstbestellung einsetzten, im Osten, dem Hauptlieferbezirk, also besonders spät.

Für die Ernte 1918 war im Zusammenhang mit einer Neuorganisation der Lebensmitteltransporte für die Bevölkerung des westlichen Deutschlands eine Neuregelung für den aus dem Osten belieferten Nordflügel des Westheeres dahin getroffen, daß die im Osten eingelieferten Kartoffeln ohne weiteres verladen, auf Sammelbahnhöfen in die Verpflegungszüge eingestellt werden sollten, die für die Zivilbevölkerung des Westens bestimmt waren. Diese wurden an Übergangsbahnhöfe geleitet, wo Kartoffelsammelstellen nach Weisung der Kartoffelnachschubleitung die vorgemeldeten Kartoffelwaggons für die einzelnen Armeen zu Zügen zusammenstellen und diesen unmittelbar zuleiten sollten. Aufgabe der Kartoffelnachschubleitung war es, sich dauernd über den Bedarf der Armeen und über die Transportlage zu unterrichten. Sendungen, die nicht von den Kartoffelsammelstellen sofort zum Feldheere weitergeleitet werden konnten, sollten an heimische Verbraucher umgeleitet werden.

Die Ereignisse haben verhindert, abschließende Erfahrungen mit dieser Zuführungsart zu sammeln; sie hätte aber zweifellos eine Hauptquelle der Übelstände in der Kartoffelversorgung beseitigt, da auf diese Weise die angelieferten Kartoffeln sofort verladen und auf schnellstem Wege den Armeen zugeführt werden konnten. Auch hätten die Lieferungen gleichmäßiger auf die Armeen verteilt und so eine gewisse Stetigkeit in der Belieferung erzielt werden können.

Das war von ganz besonderer Bedeutung für die beim Feldheer zu überwinternden Kartoffeln; hier waren sehr trübe Erfahrungen gesammelt. Unter Zuziehung landwirtschaftlicher Sachverständiger und peinlichster Beachtung aller Vorsichtsmaßregeln waren alle Vorbereitungen für die Einmietung oder Einkellerung mit größter Umsicht getroffen. Die zur Überwinterung bestimmten Kartoffeln trafen aber oft in einem solchen Zustande ein, daß sie auch bei fachkundigster Einmietung hätten nicht erhalten werden können. Beim Erzeuger nicht verlesen, vielfach bei schlechtem Wetter verladen, auf dem langen Transport in offenen Wagen verregnet, zum Teil angefroren, war nur ein Teil zur Einmietung leidlich geeignet, ein großer Teil, oft bis 50%, mußte sofort als Futterkartoffel ausgegeben oder ganz verworfen werden. Dazu kamen die Transporte ganz unregelmäßig an und häuften sich zeitweise so, daß sie nicht sofort aufgearbeitet werden konnten. Diese Übelstände aber ließen sich durch keine Für- [57] sorge der Verwaltung beseitigen; sie hatte keine Möglichkeit, erhebliche Verluste zu verhindern, die bei dem allgemeinen Mangel an Kartoffeln nicht ersetzt werden konnten.

Der Gedanke, die im Lande geernteten Kartoffeln vorwiegend einzumieten, lag angesichts dieser Umstände nahe. Die Truppe aber, die in den letzten Monaten vor der neuen Ernte die Kartoffeln regelmäßig hatte entbehren müssen, verlangte mit Recht, daß sie alsbald nach Reife der neuen Landesernte aus dieser versorgt würde. Bis zum Einsetzen der Nachschubtransporte gegen Ende Oktober war dann ein großer Teil der Landesernte verbraucht. Die Versuche, Frühkartoffeln ins Feld nachzuführen, müssen nach den ganz außerordentlich schlechten Erfahrungen als gescheitert bezeichnet werden. Selbst gut ausgereifte Frühkartoffeln können den langen Transport nicht vertragen; versandt wurden aber recht oft unreife Spätkartoffeln, die vollständig verdorben bei der Truppe ankamen. Nur die nahe der heimischen Grenze stehenden Frontteile wurden daher in den letzten Jahren mit Frühkartoffeln beliefert, leider zum Teil aus dem Osten Deutschlands.

In den Reichsverordnungen über die Kartoffelversorgung war zwar Bestimmung getroffen, daß die Erzeuger zur Aufbewahrung der erst im Frühjahr benötigten Kartoffeln verpflichtet wären, so daß es also genügt hätte, wenn beim Feldheere selbst nur die für die Wintermonate erforderlichen Kartoffeln eingelagert worden wären. Leider erwies sich diese Aufbewahrungsart als recht unzuverlässig, und vergeblich bemühten sich die Intendanturen im Frühjahr, die am Gesamtlieferungssoll der Lieferungsbezirke noch fehlenden Mengen herauszubekommen.

So ist nach der Mißernte von 1916 eine befriedigende Versorgung des Feldheeres mit Kartoffeln nicht mehr gelungen, während 1915 noch Kartoffeln zur Brotstreckung zur Verfügung standen. 1917/18 schien nach sehr reichlicher Ernte eine ausreichende Versorgung gewährleistet zu sein; man glaubte noch Kartoffeln in großer Menge an die Pferde verfüttern zu können. Im Frühjahr 1918 war aber die Lage nicht besser als im Jahre vorher. Schon berichteten die Mannschaften nach Haus, daß sie voll Neid den Pferden beim Kartoffelfressen zuschauten, da sie selbst Kartoffeln nicht mehr bekämen. Die Verfütterung wurde eingestellt und doch reichten die Vorräte nur knapp bis durchschnittlich Ende Juni.

Eine recht wirksame Abhilfe hätte eine regelmäßige Versorgung mit Kartoffelpräparaten, insbesondere Kartoffelwalzmehl bringen können. Kartoffelflocken und Dörrkartoffeln waren zwar bei der Truppe nicht beliebt; sie hätte sich aber daran gewöhnt und sie mangels frischer Kartoffeln gern genommen, wenn sie gut hergestellt gewesen wären. Vor allem aber hätten zu Futterzwecken vorwiegend Trockenkartoffeln geliefert werden können, wodurch der Nachschub hätte ganz erheblich entlastet werden können.

[58] Die Frage der Herstellung von Kartoffelpräparaten in größerem Umfange für die Volksernährung war zwar vor dem Kriege erörtert worden, Maßnahmen waren aber noch nicht ergriffen. Auch 1915 war die Leistungsfähigkeit der Trockenverwertungsanstalten noch so gering, daß das Reichsamt des Innern eine Belieferung des Feldheeres mit Trockenkartoffeln ablehnen mußte. Später sind dann zwar Trockenkartoffeln verschiedener Art geliefert, aber nur unzureichend und ganz unregelmäßig, da die Hauptmenge der Erzeugnisse zur Brotstreckung in der Heimat verwendet werden mußte. Nicht einmal die entlegenen Kriegsschauplätze konnten planmäßig mit Trockenkartoffeln versehen werden; selbst nach dem Balkan und in die Karpathen mußten frische Kartoffeln nachgeschoben werden, was im Winter aber ganz ausgeschlossen war. Im Gebirge konnten im Winter auch die bei der Truppe eingemieteten nicht verwendet werden, da sie von der Miete bis zum Verwendungsort erfroren wären. Hier machte sich der Trockenkartoffelmangel besonders empfindlich geltend.

Alle Bemühungen der Heeresstellen, die Herstellung von Kartoffelpräparaten zu fördern, waren vergeblich; auch ein vom Generalintendanten besonders mit Pflege dieses Versorgungszweiges beauftragter Sachverständiger konnte wirksame Abhilfe nicht erreichen. In hohem Grade hemmend wirkte der Kohlenmangel.

Die tatsächlich verabfolgten Kartoffelportionssätze haben geschwankt. Den Bedarfsberechnungen war der Tagessatz von 500 g zugrunde gelegt. Abgesehen davon, daß es oft wochenlang gar keine Kartoffeln gab, ist auch der Satz von 300 g lange Zeit nicht überschritten worden, während die nach den Verpflegungsvorschriften zuständige Portion 1500 g (ohne sonstiges Gemüse) betragen sollte.

Insoweit er nicht erreicht wurde, wurden andere Gemüse geliefert, wie Hülsenfrüchte, Reis, Graupen, Grieß, Grütze, Nudeln, Dörrgemüse, Speiserüben, frischer Kohl, Sauerkohl, Salzgemüse, Backobst und Speisemehl; für die eiserne Portion wurden in den Armeekonservenfabriken Spandau und Mainz Gemüsekonserven aus Hülsenfrüchten oder Fleischgemüsekonserven aus Hülsenfrüchten und Fleisch hergestellt.

Von den Dauergemüsen, die, abgesehen von dem in Fässern verpackten Sauerkohl und Salzgemüse, zum Nachschub ganz besonders geeignet waren, stand Reis nur in den aus dem Auslande hereingebrachten Mengen zur Verfügung; allerdings hatte sich das Kriegsministerium gut eingedeckt. Hülsenfrüchte, die ohnehin nicht überreichlich geerntet wurden, mußten in erster Linie zur Herstellung eiserner Portionen verwendet werden. Nudeln, Graupen, Grieß, Grützen (auch Haferflocken) konnten nur in sehr knapper Menge hergestellt werden, da an den Getreidesorten, aus denen sie gewonnen werden, großer Mangel herrschte. Die Herstellung von Backobst entzog der wichtigen Marmeladenerzeugung Obst, mußte also auch eingeschränkt werden. Salz- [59] gemüse einschließlich Sauerkraut konnten nur in der kühleren Jahreszeit ins Feld geschickt werden. Dörrgemüse setzt bei der Zubereitung langes Einwässern und auch sonst eine Behandlung voraus, die ihm bei der Feldtruppe nicht zuteil werden konnte. Gegen Dörrgemüse bestand deshalb eine ganz offensichtliche Abneigung, insbesondere gegen das gemischte, dessen Bestandteile (Kohl, Rüben) verschieden schnell weichkochten. Getrocknete Einzelgemüse fanden allmählich mehr Anklang. Das Speisemehl sollte zur Herstellung von Suppen dienen, aber auch zum Dicken anderer Gemüse namentlich in Zeiten des Kartoffelmangels. Oft war allerdings das Mehl gerade für den Zweck nicht brauchbar. Büchsenkonserven konnten nur in beschränkter Menge als Marketenderware ausgegeben werden.

So waren auch in der Versorgung mit Gemüse recht enge Grenzen gezogen. Vom Kriegsministerium wurden je nach Verfügbarkeit der Gemüsearten für den Nachschub Pläne aufgestellt, die der Truppe die Möglichkeit geben sollten, Abwechslung in ihre Speisezettel zu bringen. Beispielsweise wurde im Januar 1918 folgender Monatsplan bestimmt:

      Portionen Reis (je 125 g),
    " Hülsenfrüchte (je 250 g),
    " Graupen, Grütze, Flocken (je 125 g),
    2    " Nudeln (je 200 g),
    4    " Dörrgemüse (je 60 g),
    1    " Backobst (je 125 g),
    1    " Faßbohnen oder Salzgemüse (je 200 g),
        6 - 7    " Speisemehl (je 250 g),
    8    " Kartoffeln (je 1500 g),

    rund 30 Portionen.

Hätte die Truppe das Gemüse tatsächlich in dieser Zusammenstellung erhalten, so hätte sich bei ihr stets eine auskömmliche und abwechslungsreiche Gemüsekost herstellen lassen. In Wirklichkeit war es aber selbst im Stellungskrieg gar nicht möglich, den Nachschub so zu regeln, daß in den einzelnen Feldmagazinen die verschiedenen Gemüsearten vorhanden waren und eine solche Abwechslung erreicht wurde. Das hätte zum mindesten eine grundsätzliche Entladung der Verpflegungszüge in den Etappenmagazinen zur Voraussetzung gehabt und eine Neuverladung nach einem solchen Plan. Das war ausgeschlossen. Die Truppen empfingen aber auch nicht dauernd bei demselben Magazin, und die Empfangsstärken bei den einzelnen Magazinen schwankten. Es war auch unvermeidlich, daß, solange reichlich Vorräte vorhanden waren, die beliebteren Gemüse vorwiegend empfangen wurden und daß dann Zeiten kamen, in denen Dörrgemüse den Speisezettel beherrschte. Weiter wurde die Gemüseversorgung, wie schon dargelegt ist, dadurch wesentlich verschlechtert, daß es [60] oft nicht möglich war, für den Monat 12 kg Kartoffeln auf den Kopf auszugeben.

Dringend erwünscht wäre eine Ergänzung des Speisezettels durch Verabfolgung von frischem Gemüse gewesen. Wo dem Truppenteil die Möglichkeit gegeben war, Gemüse selbst zu bauen, nutzte er sie aus, und überall gab es Gärten, die mit großer Liebe gehegt wurden. Fronttruppen, die viel hin und her geworfen wurden, konnten so nicht für sich sorgen. Gerade ihnen war aber zu gönnen, daß sie nach der besonders einförmigen Grabenverpflegung in den Ruhestellungen frisches Gemüse erhielten. Für den Großanbau kamen fast nur Speiserüben und Kohl in Frage. Ihr Anbau erforderte aber viel Arbeitskräfte, und es war schon ein günstiges Ergebnis, wenn wenigstens in den Sommermonaten für zwei bis drei Tage im Monat frisches Gemüse aus dem Lande geliefert werden konnte. Auch im Nachschubwege kam kaum anderes Frischgemüse wie Rüben und Kohl an die Front; Versuche, frischen Spargel zu liefern, haben kein günstiges Ergebnis gehabt. Für die große Masse der Truppen konnte deshalb frisches Gemüse nur in bescheidenem Umfange gegeben werden.


Fett, Zucker, Getreide, Tabak.

Ursprünglich enthielt die Feldkostportion keine besondere Fettportion. Als Fett sollte den Truppen das beim Selbstschlachten gewonnene Fett verbleiben, oder bei Magazinempfängen sollten zu jeder Fleischportion 60 g des beim Schlachten gewonnenen Fettes ausgegeben werden, soweit es reichte.

Der Generalintendant erkannte bald, daß damit eine ausreichende Fettversorgung nicht zu erzielen wäre, daß es vor allem nicht zu erreichen wäre, dem Manne irgendein Aufstrichmittel für das Brot zu geben. Nach wiederholten Bemühungen wurde im November 1914 die Einführung einer Fettportion von 65 g Butter oder Schmalz durchgesetzt. Die anfänglich geäußerten Befürchtungen, daß die Butter sich nicht halten würde, haben sich nicht als begründet erwiesen. Es gelang, sie in der Heimat so aufzubewahren und zu verpacken, daß sie frisch zur Truppe kam. Die Beschaffung der Fettportion aber machte bei zunehmendem Fettmangel außerordentliche Schwierigkeiten. Im besetzten Gebiet wurde, wie schon erwähnt, mit größtem Nachdruck auf Selbstgewinnung von Butter hingewirkt. Über den Verbrauch der im Lande erzeugten Butter wurde eine strenge Kontrolle ausgeübt, und der Generalintendant ordnete einen Ausgleich zwischen den einzelnen Armeen an. Insgesamt sind auf dem westlichen Kriegsschauplatz (außer Generalgouvernement Belgien) z. B. in dem Halbjahr 1. Oktober 1917 bis 30. April 1918 4800 t Butter und 4700 t Käse für die Truppenversorgung gewonnen. Trotzdem blieben noch große Mengen aus der Heimat zu liefern. Anfangs gelang es noch, Schmalz aus dem Auslande einzuführen, bald aber mußte zu Ersatzmitteln gegriffen werden. Schweinefleisch in Würfeln geschnitten, mit Schwarten und Sehnen [61] als Bindemittel eingekocht, gewährte vollen Ersatz, auch Wurstkonserven (125 g, später 90 g), vorübergehend auch Halberstädter Würstchen und Käse (125 g) mußten als Fettportion aushelfen. Auch ein Gemisch von Talg, Speiseöl und Schmalz wurde als Speisefett ausgegeben.

Im Mai 1915 wurde die Verwendung von Marmelade (200 g, später 125 g) an Stelle von Fett eingeführt, die infolge ihres hohen Zuckergehalts an Nährwert zwar einen gewissen Ersatz bieten konnte, da sie aber oft tagelang mit Brot die einzige Abendkost war, nur als ein äußerster Notbehelf angesehen werden muß, an dem sich die Kritik der Soldaten mit bitterstem Galgenhumor betätigte. Immerhin mußte alles getan werden, wenigstens diesen Notbehelf sicherzustellen, deshalb wurden überall im besetzten Gebiet Marmeladenfabriken zur Verarbeitung des dort geernteten Obstes eingerichtet. Frühzeitig wurde im Osten damit begonnen; die dort gewonnenen Erfahrungen wurden dann auch für den Westen nutzbar gemacht. Die Erzeugung wurde außerordentlich gesteigert.

Im allgemeinen konnte aus den verschiedenen Fett- und Fettersatzsorten der Mann mit ausreichenden Brotaufstrichmitteln versehen werden. Der Monatsversorgungsplan hat geschwankt; er stellte sich im allgemeinen auf:

    3  Portionen  Butter (55 g und statt weiterer 10 g = 30 g Marmelade),
    12 " Schmalz oder fettes Schweinefleisch in Büchsen (Portionssatz wie bei Butter),
    10 " Wurstkonserven (120 g),
      5 - 6 " Marmelade (125 g),

    30 - 31 Portionen.

Infolge immer mehr zunehmenden Fettmangels verschlechterte sich die Fettversorgung erheblich, und zwar so, daß ab Mai 1918 die fechtenden Truppen an mindestens 15 Tagen, die Etappenformationen an 20 Tagen statt mit Fett mit Marmelade oder Kunsthonig beliefert werden mußten. Im Osten fand zu dieser Zeit bei dieser Art der Portionsbemessung eine Übererzeugung an Butter statt, die von der Zentralvermittlungsstelle für die Einkäufe im besetzten Gebiet zur Rückführung und Einlagerung größerer Buttermengen in Königsberg für die Winterversorgung ausgenutzt wurde. Da auch das Schlachtvieh immer fettarmer und minderwertiger wurde und kaum noch Fett abwarf, war die Truppe bei so geringer Belieferung mit Fettportionen, von denen ein Teil noch in Wurstkonserven und Käse bestand, außerordentlich knapp gestellt.

Auch eine besondere Zuckerportion fehlte in der Feldkost, ihre Einführung wurde zwar 1915 angeregt, von den Armeen aber als entbehrlich bezeichnet. Zur Teeportion gab es 17 g, ferner konnten die Armee-Oberkommandos bei besonderen Anstrengungen Zuckerzulagen genehmigen. Soweit die Leute darüber hinaus noch Zucker benötigten, mußten sie ihn in den Marketendereien [62] kaufen. Vom Frühjahr 1918 an waren die dem Feldheer zufließenden Zuckermengen so beschränkt, daß eine Kontingentierung stattfinden mußte. Auf Grund der vom Kriegsministerium dem Generalintendanten allmonatlich mitgeteilten insgesamt zur Verfügung stehenden Mengen bestimmte er die Kopfquote für den Monat, die zwischen 35 und 39 g für den Tag schwankte. Aus ihr mußte der gesamte Zuckerbedarf gedeckt werden. Allein zur Herstellung von Marmelade wurde noch besonders Zucker bewilligt.

Als Getränkportion kam in erster Linie Bohnenkaffee in Betracht, und zwar 25 g. Im Juli 1916 wurde die Portion auf 19 g herabgesetzt, daneben wurden 6 g Zichorie verabreicht, die aus dem Gebiete der 4. Armee (Flandern) geliefert wurde. Schon im Oktober 1916 war eine weitere Herabsetzung auf 15 g nötig. Schließlich mußte der Bohnenkaffee durch Malz- und Gerstenkaffee dergestalt gestreckt werden, daß für 5 g Bohnenkaffee 10 g Malz- und Gerstenkaffee traten.

An Stelle des Kaffees oder neben ihm als zweite Getränkeportion konnten 3 g Tee ausgegeben werden. Tee war zwar in großer Menge vorrätig; im Mai 1917 mußte aber auch hier an eine Streckung gedacht werden. Die Portion wurde auf 2 g bemessen, als zweite Portion war ein zweiter Aufguß unter Zusatz eines weiteren Grammes gestattet. Versuche zeigten, daß aus diesen Teemengen durch 5 - 10 Minuten langes Kochen selbst noch dritte und vierte Aufgüsse bereitet werden konnten. Im Frühjahr 1918 mußte die Portion auf 1 g bemessen und daneben die Verwendung selbstgesammelten Ersatztees empfohlen werden.

Als zweite Getränkeportion konnte auch, wo es Witterung und Trinkwasserverhältnisse erforderten, eine Branntweinportion von 0,1 l, später ab Ende 1917 0,05 l gegeben werden. Zur Vermeidung von Mißbräuchen war bestimmt, daß die Portion nur von Tag zu Tag ausgegeben werden dürfte, und zwar nur an solche Leute, die den Branntwein selbst verzehrten. Gegen eine allzulange fortlaufende Gewährung wurde ärztlicherseits Einspruch erhoben. Die knappen Mengen an Trinkbranntwein geboten größte Einschränkung; der Verkauf von Trinkbranntwein außer Obst- und Kornbranntwein in den Marketendereien mußte verboten werden.

Wein wurde außer in Lazaretten als Zuschuß bei besonderen Anstrengungen, Seuchengefahr und ungünstigen klimatischen Verhältnissen von den Armee-Oberkommandos bewilligt. Solange er unbegrenzt dem Lande entnommen werden konnte, machten die Armeen freigebig Gebrauch davon. Um für spätere Zeiten vorzusorgen, beschlagnahmte aber der Generalintendant alle im Westen vorgefundenen Weinbestände. Insbesondere kam es darauf an, den Bedarf der Lazarette an Rotwein zu sichern, da zu befürchten war, daß infolge der Sperrung der Einfuhr Mangel an Rotweinen eintreten würde. Aus den so gewonnenen Vorräten gab der Generalintendant in Bedarfsfällen Wein frei. [63] Große Mengen an Wein, auch aus Ungarn, wurden vom Kriegsministerium angekauft, reichen Nachschub lieferte Rumänien. Der rumänische Wein mußte allerdings erst in Deutschland behandelt werden, so daß sich seine Versendung ins Feld verzögerte. Neben diesem Feldkostwein stellten die Großmarketendereien Weißwein, zum Teil in anerkannt vortrefflicher Güte, zum Ankauf bereit.

Besonders geregelt war die Versorgung mit Bier. Anfangs wurde dieses von den Etappenintendanturen, zum Teil auch von den Truppen bei großen Brauereien bestellt. Bald ergaben sich ganz auffallende Preisunterschiede; auch stellte sich heraus, daß nur Geschäftskundige in der Lage waren, bei Abschluß der Verträge erhebliche Übervorteilungen der Truppen auszuschließen. Im Mai 1916 regte deshalb der Generalintendant eine einheitliche Bierbeschaffung beim Kriegsministerium an nach dem Vorgang in Bayern, wo schon die Beschaffung durch die stellvertretende Intendantur des I. bayerischen Armeekorps erfolgte. Mit dem 1. August 1915 wurde die gesamte Versorgung des Feldheeres mit Bier, außer mit bayerischem, einer kaufmännischen Zentrale, der Biereinkaufszentrale der Heeresverwaltung, unter Kontrolle der stellvertretenden Intendantur des III. Armeekorps in Berlin übertragen. Bei ihr waren die von den Etappenintendanturen angeforderten Mengen von den Proviantdepots zu bestellen. Zur Vereinfachung des Abrechnungsverkehrs wurde bei den Armeen eine Bierverteilungsstelle eingerichtet. Bayerisches Bier wurde nur an bayerische Formationen geliefert und kam nur auf Umwegen über diese ausnahmsweise einmal an nichtbayerische Truppen.

Güte und Menge des Bieres wurden immer geringer, je mehr die Gerste zur menschlichen Ernährung und zu Futterzwecken unbedingt gebraucht wurde. Ganz verzichtet werden konnte auf Bier nicht; es war ein unentbehrliches Genußmittel; aber nur mit schweren Kämpfen konnten die nötigen Gerstenmengen beim Kriegsernährungsamt erstritten werden, sie mußten aufs äußerste gestreckt werden. Im Mai 1916 standen noch rund 6 l auf Kopf und Monat zur Verfügung, später sank der Satz auf 4,3 l. Im Frühjahr 1918 drohte eine gänzliche Einstellung der Bierversorgung wegen Gerstenmangels. Nur mit größter Mühe gelang es im letzten Augenblick, die allernotwendigsten Gerstenmengen frei zu bekommen.

Im besetzten Gebiet waren verschiedene Brauereien eingerichtet, und zwar Ende 1917 an der Westfront 15 mit zusammen rund 23 000 hl Leistungsfähigkeit monatlich, im Osten 4 mit 6000 hl, außerdem je 1 in Konstanza, Bukarest und Braila mit zusammen 13 000 hl. Während in der Heimat Bier mit nur 3% Stammwürze hergestellt wurde, konnten diese Brauereien nur solches mit 6 - 8% fertigen; um so schwerer wurde es dem Generalintendanten, ihnen die erforderliche Gerste freizugeben.

Besondere Schwierigkeiten machte die Sicherstellung der Flaschen und Gebinde. Zwar wurden Sammelprämien bei der Rücklieferung von Leergut [64] gewährt; trotzdem ging aber viel verloren, und am Mangel an Flaschen und Fässern drohte wiederholt der Nachschub zu scheitern.

Sehr viel war für die Versorgung mit Mineralwasser geschehen, wonach in der heißen Zeit große Nachfrage war, die allerdings mit Eintritt kühlen Wetters sofort erheblich nachließ, so daß die Versorgung nicht leicht zu regeln war. Große Mengen blieben oft liegen und drohten im Winter bei Frost mit samt dem immer wertvoller werdenden Flaschenmaterial verlorenzugehen. Die Kosten mußten aus Marketendereifonds und sonstigen besonderen Mitteln aufgebracht werden, Reichsmittel standen nicht zur Verfügung. Neben dem Nachschub von bekannten heimischen Mineralwässern wurde künstliches Mineralwasser im besetzten Gebiet hergestellt. Schon im Juni 1915 waren an der Westfront rund 90 Fabriken im Gange, die täglich rund 275 000 Flaschen herstellen konnten; die Anlagen sind später erheblich erweitert worden.

Auch Fruchtsäfte wurden vielfach hergestellt. Leider waren die Vorräte an Zitronensäure nur sehr gering, Weinsäure wurde viel verwendet, aber auch Saft aus selbstgeerntetem Obst.

Einem dringenden Bedürfnis der Truppen Rechnung tragend, wurde im Februar 1915 eine Tabakportion, zur Feldkost gehörig, eingeführt, bestehend aus 2 Zigarren und 2 Zigaretten oder 30 g Rauchtabak oder 5 g Schnupftabak. Vom 1. Mai 1916 ab wurden Offiziere, Beamte, Offizierstellvertreter und sonstige Gehalt empfangende Unteroffizierklassen von dem Empfang der Tabakportion ausgeschlossen. Sie mußten sich ihren Tabak selbst aus Marketendereien beschaffen. Da hierzu nicht immer Gelegenheit war, litten sie oft Mangel, während die anderen Unteroffiziere und die Mannschaften durch die Feldkostportionen versorgt waren. Ab 1. Februar 1918 wurde in dieser Portion eine Zigarre durch zwei Zigaretten ersetzt wegen Mangel an Zigarren.

Die Aufbringung der erforderlichen Tabakwaren war der "Deutschen Zentrale für Kriegslieferungen von Tabakfabrikaten" in Minden übertragen, deren sozialer Zweck die Aufrechterhaltung der Tabakindustrie unter möglichst gleichmäßiger Heranziehung der einzelnen Firmen je nach ihrer Leistungsfähigkeit war. In Rücksicht auf diese soziale Aufgabe mußte den Truppen jeder selbständige Ankauf von Tabakwaren bei einzelnen Firmen untersagt werden. Die Zentrale hat auch ihre Aufgabe so erfüllt, wie es unter den obwaltenden Umständen möglich war. Viele Klagen, die aus dem Felde laut wurden, waren irrtümlich gegen die Zentrale gerichtet. So erregten die Zigaretten mit Mundstück, die nur ganz wenig Tabak enthielten, den Unwillen der Truppe. Auch hier wie in so vielen anderen Dingen mußte das Feldheer sich den dem Mangel Rechnung tragenden einschränkenden heimischen Bestimmungen fügen. Sie setzten die zu den einzelnen Zigaretten zu verarbeitenden Tabakmengen immer mehr herab. Für das Feldheer entstanden dadurch ganz unwirtschaftliche Transporte, da mit den Zigaretten-Nachschubsendungen, die ohnehin viel Platz [65] einnahmen, eine Unsumme fast leerer Zigarettenhülsen befördert werden mußten. Abhilfe war von der Heimat nicht zu erlangen.

Das war um so bedauerlicher, als es bei der oft äußerst gespannten Transportlage außerordentlich schwer war, die Tabakfabrikate von den Fabriken zu den Proviantdepots und von dort zur Front zu bekommen. Oft hat Mangel an Tabak, der bei allen Großkampfhandlungen beinahe schmerzlicher als Mangel an Verpflegung empfunden wurde, seinen Grund allein in der Transportlage, nicht aber in zu geringer Erzeugung in der Heimat gehabt. Diese leistete trotz Mangels an Rohstoffen infolge zweckmäßiger Verteilung der Rohstoffe und der Aufträge Erstaunliches und konnte im Frühjahr 1918 noch monatlich liefern:

    Zigarren 137 590 000 Stück Feldkost, 90 000 000 Stück Marketenderware,
    Zigaretten   555 000 000 Stück Feldkost, 450 000 000 Stück Marketenderware,
    Tabak 810 000 kg Feldkost, 170 000 kg Marketenderware

und 15 Millionen Zigaretten für die im Heeresinteresse arbeitende Bevölkerung Nordfrankreichs. Immerhin deckten diese Mengen nicht mehr den vollen Bedarf, und der Generalintendant mußte auf Grund von Bestands- und Bedarfsanzeigen unter Berücksichtigung der Lage an der Front allmonatlich die zur Verfügung stehenden Mengen verteilen.

Die unmittelbare Ausnutzung der besetzten Gebiete zur Versorgung des Feldheeres mit Tabakfabrikaten begegnete den heftigsten Widerständen der heimischen Industrie, die sie mit Erfolg aufrecht erhielt. Die unmittelbare Ausnutzung der nicht unerheblichen belgischen Ernte wurde unterbunden, und auch die für die in Mazedonien kämpfenden Truppen fast unentbehrliche von dem besonders rührigen Etappenintendanten in Semendria (ursprünglich in Üsküb) eingerichtete Zigarettenfabrik wurde im Interesse der heimischen Industrie in ihrem Betriebe sehr behindert. Aus kleinen Anfängen hatte sich die Fabrik zu Tagesleistungen von über drei Millionen Stück entwickelt, und ihr allein war es bei den ungünstigen Nachschubverhältnissen zu verdanken, wenn die Truppen in Mazedonien mit Zigaretten versorgt werden konnten. Bei Außerachtlassung der Rücksichten auf die heimische Industrie hätten auch weitere Teile des Feldheeres von dieser Fabrik Vorteil haben können.

Einen Fehlschlag bedeutete die Lieferung einer Kriegstabakmischung (85% Buchenlaub und 15% Tabak), mit der das Feldheer im März 1918 überrascht wurde. Kein gutes Zureden, keine Aufklärung halfen: dieser Ersatz wurde einstimmig abgelehnt, und ärztlicherseits fand die uneingeschränkte Ablehnung Unterstützung.

Außer den schon erwähnten Zulagen zur Feldkostportion an Zucker und Getränken konnten die Armee-Oberkommandos bei besonders großen Anstrengungen weitere Verpflegungszulagen, wie frische Wurst, Heringe, Dauerfleisch, Käse usw. nach Maßgabe verfügbarer Vorräte gewähren. Die Verpfle- [66] gung wurde dadurch bei den einzelnen Armeen sehr verschiedenartig, was bei dem häufigen Übertritt der Truppen von einer Armee zu der anderen zu Klagen und Berufungen Anlaß gab. Andererseits war eine einheitliche Regelung nicht möglich, da ja diese Zulagen gerade den besonderen, im voraus in ihren Einzelheiten nicht zu übersehenden Lagen Rechnung tragen sollten. Es konnten nur allgemeine Gesichtspunkte gegeben und gewisse Einschränkungen vorgeschrieben werden, um der allgemeinen Verpflegungslage Rechnung zu tragen.


Marketenderwaren.

Fliegende Wirtschaft bei Marketenderwagen.
Fliegende Wirtschaft bei
Marketenderwagen.      [Vergrößern]

Aus: Um Vaterland und Freiheit, Bd. 2, S. 64.
Zu nicht vorausgesehener Bedeutung gelangte im Großen Kriege die Frage der Bereitstellung von Marketenderwaren, und zwar sowohl von Gebrauchsgegenständen als besonders von Lebens- und Genußmitteln, von denen allein hier zu sprechen sein wird. Zu Beginn des Krieges waren bei einzelnen Armeen Verträge mit großen leistungsfähigen Firmen abgeschlossen, denen zufolge diese an bestimmten Punkten hinter der Front Marketenderwaren zu angemessenen Preisen zum Verkauf bereitzustellen hatten. Militärische Gründe (Geheimhalten von Truppenverschiebungen, Aufrechterhalten klarer Nachschubverhältnisse usw.) und die Notwendigkeit, die Truppen vor Ausbeutung zu schützen, auch das allgemeine wirtschaftliche Gebot, Monopolbildungen einzelner Firmen zu verhindern, ließen es dem Generalintendanten schon Ende September 1914 angezeigt erscheinen, dem Aufkommen des aus früheren Kriegen noch im üblen Rufe stehenden Händlerunwesens hinter der Front dadurch einen Riegel vorzuschieben, daß die Zulassung von Zivilmarketendereien allgemein verboten wurde. Eine später bei den Armeen gehaltene Umfrage zeigte, daß die Anordnung von der Mehrzahl für zweckmäßig erachtet wurde.

Es wurde nicht verkannt, daß die Heeresverwaltung sich nicht damit begnügen konnte, allein das für die Truppe unbedingt Notwendige bereitzustellen, sondern, daß auch solche Waren zum Verkauf gestellt werden mußten, die den Truppen ihr entbehrungsreiches Leben erträglicher und nach besonderen Anstrengungen und seelischen Erschütterungen die Zeit der Ruhe durch besondere Genüsse reizvoller gestalten konnten. Das mußte aber auch auf dem ordnungsmäßigen Nachschubwege über die Proviantdepots zu erreichen sein, von denen die Marketenderwaren über die Großmarketendereien der Etappen, Korps und Divisionen an die Truppenmarketendereien gelangten, wo sie mit einem zur Deckung der Unkosten bestimmten kleinen Preisaufschlag verkauft wurden.

In dem Umfange, wie Privatfirmen, konnten die Proviantdepots allerdings Sonderwünsche der Truppen nicht berücksichtigen und namentlich nicht den Wünschen von Feinschmeckern Rechnung tragen. Der Mangel einer gewissen Eintönigkeit wird einer Massenversorgung stets anhaften. Trotz immer wiederholter Verbote versuchten einzelne Truppenteile, einzelne Divisionen, aber auch Etappen unter Abweichung von dem allein eine einigermaßen gleich- [67] mäßige Versorgung aller Truppen ermöglichenden vorgeschriebenen Beschaffungsweg durch Aufkäufer, die nicht immer uninteressiert an den Geschäften waren, sich unmittelbar mit den gewünschten Waren einzudecken. Recht bedauernswerte Unzuträglichkeiten, wie Übervorteilung der Truppe, unkontrollierbare Geschäfte, Emporkommen von Schiebern und Schleppern, Herumreisen einer großen Zahl anderem Dienst entzogener Heeresangehörige, ganz ungleichartige Ausstattung der Marketendereien, Unzufriedenheit der schlechter versorgten Truppen waren die Folgeerscheinungen, für die nicht an allen maßgebenden Stellen das rechte Verständnis war, und deren dringend gebotene Bekämpfung vielfach als Nichterkennen des für die Truppe Notwendigen empfunden wurde.

Die heimische Ernährungslage zwang leider dazu, den Nachschub von Lebensmitteln zum Verkauf in Marketendereien immer mehr einzuschränken. Ab 1. Januar 1917 wurde der Verkauf von Speisefetten, Kaffee, Tee, Kakao, kondensierter Milch und Branntwein (außer Korn- und Obstbranntwein) verboten; andere Verbote und einschränkende Bestimmungen mußten folgen. Ein Teil noch verfügbarer Waren mußte kontingentiert werden. Gleichzeitig wurde aber die Feldkost immer einförmiger, und um so lebhafter wurde der Wunsch der Truppen, aus den Marketendereien andere Lebensmittel dazukaufen zu können. Die aus schwerem Kampfe kommende Truppe wollte sehen, daß man inzwischen an sie gedacht, für sie irgend etwas Besonderes bereitgestellt hatte, wenn es auch keinen sonderlichen Nährwert hatte. Die Bestrebungen des Generalintendanten, dafür geeignete Waren zu beschaffen, hatten nur noch geringen Erfolg. Da war es kein Wunder, daß die Truppen, die in Deutschland keine Waren mehr erhielten, ihre Aufkäufer an die ihnen als ergiebig bekannten Quellen in den besetzten Gebieten schickten trotz aller Verbote, die nicht allein deswegen erlassen waren, um die verfügbaren Lebensmittel der Allgemeinheit zukommen zu lassen, sondern im eigensten wohlverstandenen Interesse der Truppe. Alle Warnungen vor dem unlauteren Geschäftsgebahren der hier - ganz besonders in Belgien - ihre Geldsäcke füllenden "Heereslieferanten" nutzten nichts. Viel Geld ist vergeudet! Die Waren waren oft schlecht, stets recht teuer. Die Truppe aber schrie nach Marketenderwaren!

Daß die Marketendereien von den mühsam erhamsterten Vorräten nicht gern an Truppen, die nicht zu ihrem Verbande gehörten, abgaben, ist verständlich; ebenso verständlich ist aber die Unzufriedenheit der den Verband oft wechselnden Formationen, vornehmlich der Heeresreserven, die dabei zu kurz kamen und meistens wegen Ausverkaufs verschlossene Marketendereitüren fanden. Vom Generalintendanten wurde versucht, dem entgegenzuwirken: allerlei Kontrolleinrichtungen wurden eingeführt, wie Empfangsbücher, Verteilung der Waren an bestimmten Stichtagen. Die berechtigten Klagen verstummten nicht. Auch über ungleichmäßige Abfindung der einzelnen Käufer, namentlich mit [68] seltenen und besonders begehrten Waren, wurde geklagt; auch hier wurden Kontrollmaßnahmen angeordnet. Die Durchführung aller Bestimmungen wurde durch besondere Beauftragte des Generalintendanten nachgeprüft. Wie im täglichen Leben in der Heimat, zeigte sich aber, daß, je größer der Mangel wird, desto schwieriger die Durchführung von Bestimmungen ist, die ihn möglichst gleichmäßig auf die Allgemeinheit verteilen und so leichter tragbar machen wollen.

Es kam noch hinzu, daß die Marketendereieinrichtungen, wie im Frieden, als Privateinrichtungen der Truppen galten und daß demnach Überschüsse der Truppe gehörten. Auch dadurch war Anlaß zu großen Ungleichheiten bei nebeneinander kämpfenden Truppen und zu wohl verständlichen Klagen gegeben, deren Grund aber nicht abgestellt werden konnte, da eben eine Marketenderei größere Umsätze hatte als die andere, ohne daß jemand ein Verschulden traf. Es war auch nicht zu vermeiden, daß die Marketendereien bodenständiger Formationen (Kolonnen, Armierungskompagnien usw.) sich besonders gut einrichten konnten, viel verdienten und aus den Überschüssen ihrer Formation mehr Zuwendungen machen konnten, als es bei den hin und her geworfenen Truppen möglich war. Solche Fonds sind für die Eigentümer sehr angenehm, sollten im Interesse der Gesamtheit im Feldheer aber nicht bestehen.

Gewiß war es bedauerlich, daß es in den letzten Kriegsjahren nicht mehr möglich war, den überanstrengten Truppen allgemein Gelegenheit zu geben, sich dieses und jenes Genußmittel in den Marketendereien zu kaufen, und sehr begreiflich ist das Bestreben aller Intendanten, ihren Truppen diese Gelegenheit zu verschaffen. Vielleicht wäre es aber doch besser gewesen, die spärlichere, aber gleichmäßigere Versorgung auf dem ordnungsmäßigen Wege in Kauf zu nehmen, als den Grund zu viel Unzufriedenheit zu geben dadurch, daß einzelne Verbände auf Grund "besonderer Beziehungen" besser versorgt wurden als andere, die dann geneigt waren, mangelhafter Fürsorge ihrer Vorgesetzten die Schuld zu geben. Auch hier hätte sich gezeigt, daß die Truppe Mangel leichter erträgt als ungleichmäßige Abfindung, und dem Minderbemittelten wäre das im Felde besonders unerträgliche Gefühl erspart geblieben, daß für Geld trotz Mangels noch etwas zu haben war. Selbst der Schein der Bevorzugung einzelner in der Versorgung mit Marketenderwaren wäre vermieden worden.

Im Stellungskrieg hätte der Fortfall der Truppenmarketendereien und die Einrichtung guter, leistungsfähiger, für Rechnung des Reiches betriebener Ortsmarketendereien große Vorteile gehabt. In ihnen hätte jeder kaufen können ohne Rücksicht auf die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Verband; damit wäre eine Quelle großer Unzufriedenheit beseitigt gewesen, die Versorgung der Truppen wäre vereinfacht, das sehr umständliche, zeitraubende Ein- und Auspacken, Versenden usw. bei Truppenverschiebungen wäre vermieden worden und damit auch das Einstellen des Betriebes auf längere Zeit und die Gefahr [69] des Nichtberücksichtigtwerdens bei Verteilungen kontingentierter Waren während des Transports der Formation. Auch wären zu hohe Preise ohne weiteres vermieden worden, da niemand Vorteil davon gehabt hätte!

Dagegen sprach ausschlaggebend allein das Interesse der Truppen, sich aus den Überschüssen des Marketendereibetriebes einen zur freien Verfügung stehenden Fonds zu schaffen. Alle anderen Bedenken wären zu zerstreuen gewesen. Beim Übergang zur Bewegung hätten die Truppen leicht aus den bodenständigen Marketendereien mit dem Notwendigsten ausgestattet werden können; anders konnte auch beim Vorhandensein von Truppenmarketendereien nicht verfahren werden, denn die Hauptbestände der Großmarketendereien (Divisionsmarketendereien) waren unbeweglich und mußten während der Operationen irgendwo abgestellt werden. Als 1918 die Rückwärtsbewegungen einsetzten, mußten sie schleunigst in die Heimat abgeschoben werden, um die Truppen vor erheblichen Vermögenseinbußen zu retten. Ihre Sicherung vor dem Zugriff Unbefugter und ordnungsmäßige Veräußerung ist für viele Formationen Gegenstand recht ernster Sorge gewesen und nicht durchweg in unbedenklicher Weise gelungen.

Der Marketendereifrage war, wie gesagt, anfangs nur untergeordnete Bedeutung beigelegt. Erst der Weltkrieg brachte die Erscheinung, daß das Feldheer jahrelang auf Kriegsschauplätzen kämpfte, auf denen Handel und Wandel stockte, auf denen den Soldaten nur selten Gelegenheit gegeben war, im freien Verkehr einzukaufen. Erst dadurch gelangten die Marketendereien zu ihrer großen Bedeutung, die, rechtzeitiger erkannt, eine durchgreifende Neuorganisation dieses Versorgungszweiges hätte veranlassen müssen. Später war das nicht mehr möglich. Ist es für die Truppe im Frieden erwünscht, Fonds zu uneingeschränkter Verfügung zugunsten der Mannschaften zu haben, so ist es im Kriege notwendig. Bei jeder Truppe kommen Fälle vor, wo auch über die Bestimmungen hinaus Geld zur Verfügung stehen muß. Dem hätte durch Gewährung gewisser Beträge zur Selbstbewirtschaftung unter möglichst weiter Fassung des Verwendungszwecks Rechnung getragen werden sollen, dann hätte es nicht des Geschäftemachens mit Marketendereien bedurft.


Hartfutter und Hartfutterersatz.

Weit ungünstiger als die Verpflegung des Mannes gestaltete sich die des Pferdes.

Nach Ausspruch der Mobilmachung rollte zunächst pünktlich nach dem Plan der Friedensvorbereitungen Haferzug auf Haferzug aus der Heimat zum Feldheere, und ebenso pünktlich erhielt die Truppe die schwere Kriegsration von 6000 g Hafer, für schwere Zugpferde sogar das Doppelte. Daneben lieferte der noch auf dem Felde in Hocken stehende Hafer einen nicht unbeträchtlichen Zuschuß, so daß man sich in den ersten Wochen nicht immer des Eindrucks [70] des Überflusses erwehren konnte. Bei Formationen, bei denen die Fütterung der Pferde sachverständig beaufsichtigt wurde, wurde zwar einem allzu verschwenderischen Haferverbrauch vorgebeugt und beachtet, daß ein großer Teil der soeben aus dem Lande ausgehobenen Pferde an einen annähernd so hohen Hafersatz gar nicht gewöhnt war, vielmehr auch zu einer guten Ernährung bei großer Anstrengung viel weniger gebrauchte, daneben allerdings Rauhfutter und sonstiges Beifutter, das bei Beginn der Operationen leicht beizutreiben war. Ein recht erheblicher Teil der Pferde erhielt aber weit mehr Hafer als er ordentlich verarbeiten konnte, und ohne die Leistungsfähigkeit der Pferde irgendwie zu beeinträchtigen, hätte an Hafer so erheblich gespart werden können, daß der Beginn der Futternot nicht unwesentlich hätte hinausgeschoben werden können.

So aber spukte schon im Januar 1915 das Gespenst des Hafermangels, und das preußische Kriegsministerium mußte warnend hierauf hinweisen. Bei den Armee-Oberkommandos wurde Herabsetzung der Haferration auf 9 kg für schwere und 5 - 5½ kg für andere Pferde angeregt; im Februar schon wurden diese Rationssätze vom Kriegsministerium als bindend eingeführt. Und als sich ergab, daß an Stelle der 1½ Millionen Tonnen Hafer, die das Feldheer vom 1. Februar 1915 bis zur neuen Ernte bei Gewährung der ursprünglichen Sätze gebraucht hätte, nur 800 000 t würden aufgebracht werden können, da mußten im März 1915 die Rationen auf 6 kg für schwere und 3 kg für die anderen Pferde herabgesetzt werden; ein jäher Sturz aus der reichlichen Versorgung im August/September 1914!

Die Ernte 1915, die eine Besserung der Lage bringen sollte, war knapp und schlecht, so daß eine bemerkenswerte Heraufsetzung der Haferration nicht möglich war. Die Futternot in der Heimat nahm ständig zu; ohne Vorräte ging man in das neue Wirtschaftsjahr hinein, dessen Erzeugnisse früher als sonst zum Verbrauch herangezogen werden mußten und deshalb am Schlusse wiederum nicht reichten. Durch Druschprämien und Lieferungsprämien mußte Anreiz zu frühzeitiger Ablieferung der Umlagen geboten werden. Zum Zustopfen des Loches mußte man ein anderes in die neue Ernte reißen. Da sie recht ungünstig ausfiel, versiegten ihre Erträge noch schneller als sonst. Schon im November waren die Vorräte erschöpft: die täglichen Eingänge bei der Reichsgetreidestelle deckten nur ein Drittel des Tagesbedarfs.

Im Mai 1918 wurde schließlich die Heeresverwaltung ermächtigt, statt 270 Mark für die Tonne Hafer 600 Mark zu zahlen. Trotzdem kamen nur ganz geringe Mengen ein. Das Feldheer wurde auf die Hartfuttereinfuhr aus Bessarabien, Rumänien und der Ukraine verwiesen, wobei aber ein großer Teil der Maiseinfuhr für die Brotversorgung der heimischen Bevölkerung beansprucht werden mußte, sollte die Brotversorgung bis zur neuen Ernte aufrechterhalten werden. Doch auch die auf diese Einfuhr gesetzten Hoffnungen erwiesen sich [71] als trügerisch; die Einfuhr verzögerte sich, und mit Mitte Juni mußte der Nachschub von Körnerhartfutter auf Ausnahmefälle für besondere Kampfhandlungen beschränkt werden. Zugleich mußte, wie früher erwähnt, die Verfütterung von Kartoffeln verboten werden, um die Versorgung der Mannschaften mit Kartoffeln noch einige Wochen zu ermöglichen. Die Not hatte einen Höhepunkt erreicht; mit Weidegang und Ersatzfutter mußten die Pferde durchgehungert werden, bis die Frühdruschablieferungen aus der neuen Ernte einige Entlastungen brachten, indessen die Operationen keine geringen Anforderungen an die hungernden Tiere stellten.

Ein Weg dauernder schwerster Sorge war es, den die Leiter des Verpflegungsdienstes auf dem Gebiete der Hartfutterversorgung durch alle Kriegsjahre hindurch zurückgelegt haben, dessen Trostlosigkeit hier nur angedeutet werden konnte. Mittel, auf Beseitigung des Grundübels, des Mangels, hinzuwirken, hatten sie nicht; sie mußten auf solche sinnen, die es ermöglichten, trotz des Mangels die Bewegungsfähigkeit des Heeres nicht lahmzulegen. Drei Wege boten einige Aussicht: Zweckmäßige Verteilung der zur Verfügung stehenden Hafervorräte durch entsprechende Regelung der Rationsgebühr, Einschränkung der Pferdezahl auf ein Mindestmaß und Verfütterung von Ersatzfuttermitteln unter gleichzeitiger Förderung von deren Gewinnung auf dem Kriegsschauplatz.

Ursprünglich war bei der Rationsfestsetzung nur zwischen Pferden schweren Schlages und anderen unterschieden worden; allein dem Zwange äußerster Sparsamkeit folgend, mußten den tatsächlichen Bedürfnissen der Pferde entsprechend feinere Abstufungen vorgenommen werden zwischen kaltblütigen Pferden schwersten Schlages mit mindestens 1,68 Stockmaß (6½ kg), ausgesprochen schweren Pferden (5 kg), mittelschweren und leichten Pferden (3 kg), Panjepferden (1½ kg). Daneben waren besondere Sätze für Pferde in Lazaretten, Erholungsheimen, Pferdedepots und für Fohlen angesetzt, außerdem für sonstiges Vieh (Esel, Maulesel, Zugochsen, Milchkühe, Schlachtrinder, Kälber, Schafe, Schweine). Dabei konnten diese Rationssätze nur als Grundgebühren angesehen werden. Es mußte Vorsorge getroffen werden, daß bei der tatsächlichen Bemessung der Rationen diese sich unter dem Bestreben nach möglichster Sparsamkeit immer erneut den schwankenden Verhältnissen anpaßten, dabei den Witterungs- und Wegeverhältnissen, den Vor- und Nachwirkungen der Operationen Rechnung trugen. Den Armee-Oberkommandos mußte es deshalb überlassen bleiben, an den Normalsätzen zu sparen, andererseits bei besonderem Bedarf innerhalb gewisser, allmonatlich festgelegter Gesamtmengen Zulagen zu gewähren.

Das machte den an sich schon recht bunten Rationstarif noch unübersichtlicher, insbesondere für Kampftruppen, die häufiger den Armeeverband wechselten. In der Truppe wurde er als Erzeugnis des grünen Tisches empfunden. Er stellte einen Notbehelf dar, eine Zwangsmaßnahme, von bitterster Not diktiert.

[72] Die Truppe wünschte möglichst gleichartige Abfindung nach einfachem, leicht übersichtlichem Tarif, innerhalb dessen Gebühren ihr das Sparen überlassen bliebe. Damit wäre gewiß ein Sparen zugunsten der einzelnen Truppenteile, nicht aber für die Allgemeinheit erreicht worden. Daß auch trotz des gewählten Zuteilungsverfahrens nach genauer Rationsberechnung eine gewisse Vorratswirtschaft (allerdings in engsten Grenzen) bei der Truppe Platz griff, hat manchen Truppenteil vor äußerster Not bewahrt, läßt aber erkennen, wohin der von der Truppe gewünschte Weg geführt hätte. Je geringer aber die zur Verfügung stehenden Gesamtmengen waren, um so weniger durften Reserven verzettelt werden.

Bei den Anordnungen konnte auch ihr vermutlicher Eindruck auf die Heimat nicht unbeachtet bleiben, wo immer wieder der Verdacht auftauchte, daß das Feldheer "hamstere". Gegründet war ein solcher Verdacht meistens auf Nachrichten aus dem Feldheere von Leuten, die sich nicht klarmachten, welche gewaltigen Mengen zur laufenden Versorgung des Feldheeres gehörten und welchen großen Raum Vorräte für einige Tage einnahmen. Oft wurden auch Einzelvorgänge verallgemeinert. Der Generalintendant mußte aber der darbenden Heimat zeigen, daß alles, was in seinen Kräften stand, geschah, die durch die Lage bedingte äußerste Sparsamkeit zu erzwingen. Das war im Interesse des Feldheeres unerläßlich, sollte die Opferfreudigkeit der heimischen Landwirtschaft nicht erlahmen. Straffste Durchführung der Rationierung war im Hinblick auf die in der Heimat bis zum äußersten gesteigerte Zwangsbewirtschaftung ein Haupterfordernis.

Der Weg, die Zahl der Pferde einzuschränken, wurde damit beschritten, daß strengste Innehaltung der vorgeschriebenen Stärken angeordnet und überwacht wurde. Dadurch wurden die in den ersten Kriegsmonaten bei den Truppen in recht großer Zahl eingestellten überplanmäßigen Pferde den Truppen wieder genommen. Dann wurden aber die Stärkeübersichten selbst einer scharfen Prüfung unterzogen, und alle irgendwie entbehrlichen Pferde wurden gestrichen, wobei oft wichtige dienstliche Rücksichten für Beibehaltung unbeachtet bleiben mußten; so wurden z. B. den Feldverwaltungsbehörden fast alle Pferde genommen, wodurch ihr Dienstbetrieb sehr erschwert und erheblich geschädigt wurde.

Im Dezember 1917 ordnete der Chef des Generalstabs des Feldheeres eine Herabsetzung der Etatsstärken an Pferden auf 92% an; allerdings sollten für 92% auch dann Rationen empfangen werden, wenn weniger Pferde (bis zu weiteren 8%) vorhanden wären, damit dann die übrigen um so besser verpflegt werden könnten. Pferde, die voraussichtlich länger als zwei Monate nicht kriegsverwendungsfähig wären, sollten in die Heimat abgeschoben werden, wenn sie dort noch zu verwenden waren; andernfalls sollten sie getötet werden. Im übrigen enthielten die Anordnungen weitgehende Hinweise zur sachgemäßen [73] Fütterung (Quetschen des Hartfutters) und zur Schonung der Pferde, damit auch dadurch der Futternot Rechnung getragen würde.

Von den Ersatzfuttermitteln, die den Hafer voll ersetzen konnten, waren die meisten bald so knapp und dringend zu anderen wichtigen Ernährungszwecken benötigt, daß sie nur in bescheidenem Umfange die Hafermengen strecken konnten. Roggen und Weizen kamen nicht in Frage. Aus Gerste wurden dringend gebrauchte Nährmittel hergestellt; ein Teil mußte auch für Brauzwecke verfügbar bleiben, wenn auch dieser Teil auf das äußerste eingeschränkt wurde. Gegen gänzliche Einstellung des Braubetriebes sprachen aber Interessen des Feldheeres ebenso wie der schwer arbeitenden heimischen Bevölkerung, der das Bier als Genußmittel nicht ganz entzogen werden konnte. Mais war zeitweilig knapp und konnte erst nach Besetzung Rumäniens wieder in größerer Menge eingeführt, aber auch nur zum Teil als Pferdefutter verbraucht werden. Hülsenfrüchte mußten voll zur menschlichen Ernährung, vorwiegend zur Herstellung der Armeegemüsekonserven (eiserne Portionen), verwendet werden. Kleie wurde nach Einführung des hohen Ausmahlungsgrades von 92% beim Brotgetreide nicht mehr viel gewonnen und war als Kraftfutter für Rindvieh und Schweine schwer entbehrlich. Zucker war zu Beginn des Krieges überreichlich vorhanden; im besetzten Gebiete, insbesondere in Belgien, wurden außerdem große Mengen Rohzucker vorgefunden. Aber an die Stelle von Überfluß trat bald Mangel und nur noch geringe Mengen kamen als Pferdefutter ins Feld, dafür aber Melasse und Melassemischfutter (28% Torfmull, 75% Melasse) mit einem Mindestzuckergehalt von 36%.

In welchem Umfange die erwähnten Ersatzfuttermittel an Stelle von Hafer ins Feld nachzuführen waren, richtete sich allein nach der heimischen Ernährungslage und den Zuteilungen aus der allgemeinen Bewirtschaftung. So verwies das Kriegsernährungsamt für das Jahr 1917/18 in ganz erheblichem Maße auf Verfütterung von Kartoffeln: von einem Gesamtbedarf von 2 Millionen Tonnen Hartfutter sollten 500 000 t durch 1½ Millionen Tonnen Kartoffeln ersetzt werden. In dem Rationstarif wurde deshalb die Hälfte bis zwei Drittel der Haferration nach dem Verhältnis 1 kg Hartfutter = 2½ kg Kartoffeln durch Kartoffeln ersetzt. Wenn auch zu befürchten war, daß neben den Speisekartoffeln so viel Futterkartoffeln nicht heranzuschaffen waren, selbst bei Ausdehnung des Transportes in die Wintermonate, so mußte die Maßnahme soweit als möglich durchgeführt werden, da Hartfutter nicht zur Verfügung stand.

Grünfütterung, die schon im Jahre vorher gute Dienste getan hatte, mußte wieder aushelfen. Dringend erwünscht wäre es gewesen, den abgetriebenen Pferden den Weidegang als Zuschußverpflegung ohne Anrechnung auf die knappe Ration zu gewähren; das war aber nicht möglich. 160 000 t Hafer mußten durch Weidegang eingespart werden. Das verlangte eine außerordentlich weitgehende Ausnutzung der Weiden, waren doch im Vorjahr während des [74] Weideganges im Mai bis September nur etwa 16 000 t Hartfutter monatlich erspart bei Anrechnung von 50% Hartfutter auf die Grünfütterung bei nicht arbeitenden Pferden und von 331/3% bei arbeitenden.

Mit ganz besonderem Interesse wurden beim Feldheere die verschiedenen Bestrebungen verfolgt, die Zellulose des Strohs mit Chemikalien (Natron- und Kalilauge, Säuren, Ätzkalk usw.) aufzuschließen. Im Befehlsbereich des Oberbefehlshabers Ost wurden frühzeitig Versuche unter Hinzuziehung bekannter Sachverständiger angestellt. Zu ganz besonderer Bedeutung gelangten die in dem Futterwerk Plociczno durchgeführten Arbeiten in der Aufschließung des Strohs mittels Ätzkalks, der leichter zu erlangen war als die sonst verwendeten Chemikalien. Hier wurde auch die Aufschließung von Holz betrieben, die - anders als bei dem auch unaufgeschlossen bis zu einem gewissen Grade verdaulichen Stroh - aus einem an sich gänzlich unverdaulichen Stoff einen solchen schaffen sollte, der, mit anderen Stoffen vermischt, ein brauchbares, nahrhaftes und verdauliches Futter ergab. Später wurden auch im Westen Aufschließungsfabriken angelegt und auch hier die Forschungsarbeiten auf diesem Gebiete unterstützt, auf dem sich in der Heimat der Kriegsausschuß für Ersatzfutter mit großem Erfolge betätigte.

Der Generalintendant hatte die Bedeutung, die diese Bestrebungen für das Feldheer hatten, voll erkannt. Ein von ihm beauftragter Offizier gehörte dem Arbeitsausschuß des erwähnten Kriegsausschusses an. Es kam vor allem darauf an, in der Heimat der Verfütterung dieser Ersatzfutter weitesten Eingang zu verschaffen, um dadurch das im Felde leichter verwendbare Hartfutter in größerer Menge frei zu bekommen. Beim Feldheer selbst mußte es in der Etappe in der Nähe der Aufschließungsanlagen verfüttert werden, da der Transport auf weitere Strecken viel Frachtraum erforderte. Die Schaffung der Anlagen, Sicherstellung der Rohstoffe usw. gingen aber nur langsam vor sich, so daß die Herstellung von Kraftstroh nicht in der Menge gelang, wie es zur Besserung der Futterlage unbedingt notwendig gewesen wäre. Nach den bei der Verfütterung von Kraftstroh gemachten Erfahrungen wäre eine solche bestimmt zu erwarten gewesen. Die Männer der Wissenschaft, die sich bereitwillig in den Dienst der Sache auch im Bereich des Feldheeres gestellt haben, haben sich aber ein großes Verdienst um sein Wohl erworben.

Im Herbst 1917 trat ein Lehrer aus Thüringen an die Oberste Heeresleitung mit der Anregung heran, all das zu Futterzwecken zu verwerten, was noch ungenutzt auf dem Lande lag, Quecken, Kräuter, vor allem aber Laub. Der Generalintendant nahm daraus Veranlassung, sich angesichts der völlig unzureichenden Versorgung des Feldheeres mit Futter für die Weiterverfolgung der Anregung auch in der Heimat einzusetzen. Geringe Anfänge einer entsprechenden Bewegung waren im Königreich Sachsen vorhanden, sonst bestanden nur Bedenken.

[75] Versuche ergaben, daß sich das Laubfutter in Kuchen- (Brikett-) Form bringen und so sehr bequem unverpackt befördern ließ, ohne allzuviel Raum einzunehmen. Das Laub mußte getrocknet und vermahlen werden. Zur Geschmacksverbesserung, Beseitigung der allen Laubarten eigentümlichen Bitterkeit sollten 10% Melasse hinzugesetzt werden, ferner zur Hebung des Eiweißgehaltes nach Maßgabe der im preußischen Landwirtschaftsministerium angestellten Analysen des Laubes andere pflanzliche Stoffe und Produkte (Obsttrester, Ölkuchenteile usw.). Ein besonders für die Frage interessierter Offizier wurde vom Generalintendanten mit der Aufgabe betraut, insbesondere die Nutzbarmachung des Laubs für Futterzwecke zu fördern. In der Heimat nahm sich das Kriegsamt (Stab) unter Heranziehung der Kriegswirtschaftsämter der Durchführung mit großer Energie an.

Um die Arbeitskräfte für das Einsammeln des Laubes aufzubringen, mußten die städtischen Schulkinder mobil gemacht werden; die Landkinder wurden zu landwirtschaftlichen Arbeiten gebraucht, andere Arbeitskräfte gab es nicht. Eine umfassende Aufklärungs- und Werbearbeit war zu leisten, die zunächst Verständnislosigkeit und Ablehnung in allen Kreisen, auch bei den Waldbesitzern, begegnete, schließlich aber von durchschlagendem Erfolg war. Eine gewaltige Sammeltätigkeit setzte ein. Aber die Zahl und Größe der sonstigen Widerstände und Reibungen schien von Tag zu Tag zu wachsen. Es fehlte an Darren, Mühlen, Pressen, an Personal zum Leiten der vorhandenen Einrichtungen; die Versicherungsgesellschaften lehnten die Versicherungen der Betriebe wegen der Feuergefährlichkeit des Laubheumehls ab. Vor allem aber (und das verzögerte die Herstellung der Laubheukuchen am meisten) mangelte es überall an Kohlen. Aus allen Teilen des Reiches liefen beim Generalintendanten Hilferufe ein. Der Reichskohlenkommissar hatte diesen Bedarf in seinem Plane nicht berücksichtigen können und mußte nun "versuchen", die nötigen Mengen an anderen Stellen zu ersparen. Erhebliche Mengen waren nötig, denn auf 4000 t Laubheu kamen 1000 t Kohlen, für die Monate Mai bis September etwa 10 000 t.

Während die Sammeltätigkeit sehr erfreuliche Fortschritte machte, hinkte die Verarbeitung infolge der vielen unvorhergesehenen, nur durch dauerndes unmittelbares Eingreifen der Zentralstellen zu beseitigenden Schwierigkeiten jämmerlich nach. Ende Juni 1918 war noch kein Kuchen angefertigt, bis Mitte Juli waren 650 t hergestellt. Am 9. August waren rund 590 000 Zentner frisches Laub und 310 000 Zentner Laubheu (getrocknetes Laub) eingeliefert, was einer Menge von rund 21 000 t fertigen Futters entsprach; vermahlen waren aber nur 120 000 Zentner und an die Front geschickt nur 2000 t Futter. Die im Herbst 1917 aufgenommene und mit ganz besonderem Nachdruck betriebene Arbeit hatte leider nur wenig zur Linderung der Futternot beitragen können; vielleicht wären im nächsten Jahre ihr schönere Erfolge beschieden gewesen trotz der großen Kosten, die die Gewinnung von Laubheu verursachte. Die Entwicklungsgeschichte [76] dieser Versorgungsfrage ist charakteristisch für die ungeheuren Schwierigkeiten, die es machte, einen als zweckmäßig erkannten und Rettung in größter Not bringenden Gedanken in die Tat umzusetzen, selbst wenn der günstige und seltene Fall vorlag, daß schließlich alle Zentralstellen an der Durchführung willig mitarbeiteten. - Auch an der Front wurde Laub gesammelt. Hier wurden mit gutem Erfolg Versuche gemacht, das Laub anzusäuern.

Aus den Rückständen der Feldschlächtereien und aus den Tierkadavern wurde in den Tierkörperverwertungsanstalten - Anfang 1917 gab es deren mehrere hundert (im Osten allein 262) - ein sehr eiweißhaltiges Fleischmehl und durch Vermischung von Blutrückständen mit Kartoffeln und Sägemehl ein Blutmehl hergestellt, das, in geringen Mengen verfüttert, ein gutes Ersatzfutter gab und wegen seines Eiweißgehaltes ein zweckmäßiges Beifutter neben dem eiweißlosen Kraftstroh bilden konnte. Auch der Panseninhalt der Rinder wurde getrocknet und mit Blut, Melasse und dergleichen gedörrt oder zu Futterkuchen gebacken.

So wurden an Stelle des Hartfutters alle irgend erdenklichen Ersatzfuttermittel verwendet, um die Pferde trotz der dauernden Hartfutternot zu ernähren. Die Ersatzfuttermittel haben zweifellos wesentlich dazu beigetragen, die Katastrophe abzuwenden und hätten weit mehr helfen können, wenn schon im Frieden in ihrer Verwendung Erfahrung gesammelt und die Industrie auf ihre Herstellung eingerichtet gewesen wäre. Wäre ihre Bedeutung allgemeiner bekannt gewesen, wäre es vielleicht auch leichter gewesen, die für ihre Herstellung erforderlichen Rohstoffe freizubekommen und vor allem die Kohlenversorgung der Ersatzfutterindustrie zu heben. Alle jene Männer aber, die sich im Kriege der Bearbeitung und Erprobung der Ersatzfutterfrage mit unermüdlichem Eifer annahmen, erhofften von der Kriegsarbeit auch nützliche Verwertung der gesammelten Erfahrungen nach dem Kriege. Hätten sie recht behalten, könnte manche mühevolle Arbeit noch zu Erfolgen führen, die sie im Kriege nicht mehr erzielen konnte.

Eine Erfahrung wurde mit allen nicht als vollwertig bekannten Ersatzfuttermitteln gemacht. Ihr schlimmster Feind war das Vorurteil des Pferdepflegers. Die Verfütterung der Ersatzfuttermittel erfordert Geduld und sorgfältige Zubereitung der Mahlzeiten, langsames und verständiges Gewöhnen der Tiere an das neue Futter. Dabei darf die Beobachtung nicht abschrecken, daß einzelne Tiere die Annahme verweigern. Auch die Geschmacksrichtungen der Menschen sind verschieden! Genaue Kenntnis des Nährwerts der einzelnen Ersatzfuttermittel ist nötig, damit sie nicht falsch verwendet werden.


Rauhfutter und Rauhfutterersatz.

Auf ein weiteres Aushilfsmittel bei Hartfuttermangel verwies die Verpflegungsvorschrift, indem sie zuließ, daß 500 g Hafer durch 1½ kg Heu ersetzt werden könnten, wobei vorausgesetzt war, daß Rauhfutter in ausreichender [77] Menge zur Verfügung stände. Leider war das aber nur selten der Fall. Zwar wurden die Rauhfuttersätze von 3½ kg Heu (und 1½ kg Zuschuß für schwere Pferde) und 1½ kg Futterstroh mit zunehmender Hartfutterknappheit gesteigert auf 5 - 7 kg Heu und 3 - 5 kg Stroh für schwere Pferde und 3½ kg Heu und 2 kg Futterstroh für die andern. Meistens konnten aber nicht einmal die ursprünglichen Sätze gegeben werden, da die Bereitstellung der ungeheuren Mengen Rauhfutter unüberwindliche Schwierigkeiten bereitete.

Auf dem Kriegsschauplatz kamen große Mengen Rauhfutter auf, wenn auch die Verhältnisse bei den einzelnen Armeen im Westen und im Osten sehr verschieden waren. In gewissen Gegenden konnte es nicht voll abgeerntet werden, weil so viele Arbeitskräfte nicht verfügbar gemacht werden konnten. Im Osten herrschte im Winter 1915/16 noch außerordentlicher Mangel. Außer bei der Njemenarmee konnte nicht mehr als ½ - 1 Pfund täglich bis Ende Januar entnommen werden. Später machten die ungünstigen Transportverhältnisse die volle Ausnutzung der Ernte unmöglich trotz größter Anspannung aller Kolonnen und sonstigen Fuhrwerke. Immerhin konnten aus dem besetzten Gebiet (außer den Generalgouvernements Warschau und Belgien) aus der Ernte 1916 895 000 t Heu und 646 000 t Futterstroh für die Truppenverpflegung nutzbar gemacht werden, so daß nur rund 700 000 t Heu und 500 000 t Stroh aus der Heimat nachzuführen blieben. Die Ernte des Generalgouvernements Warschau konnte wegen der schlechten Transportverhältnisse, obgleich die Armeen Kolonnen zur Verfügung stellten, nur zum Teil ausgenutzt werden. Das Generalgouvernement Belgien, das anfangs gerade an Rauhfutter erhebliche Mengen geliefert hatte, kam aus noch zu erörternden Gründen für die Versorgung des Feldheeres später (1916) nicht mehr in Betracht.9 Bei der sehr schlechten Ernte 1917 sanken die Ziffern auf etwa die Hälfte, so daß die Nachschubbedarfsmengen auf 1 300 000 t Heu und 1 000 000 t Stroh stiegen. 1918 brachte wegen der erheblichen Steigerung der Pferdestärken im Westen und Verminderung des Heuertrages infolge der zum Ausgleich für den Hartfuttermangel verstärkten Ausnutzung der Weiden zum Weidegang der Pferde keine größere Entlastung des Nachschubs. Von seiner glatten Durchführung blieb die Versorgung des Feldheeres mit Rauhfutter abhängig.

Schon im November 1914 mußte der Nachschub im großen einsetzen, während man gehofft hatte, daß er nur in Ausnahmefällen Platz greifen müßte. Die Kriegserfahrungen, insbesondere die aus dem Kriege 1866 hatten hinreichend dargetan, wie schwierig es ist, ein Feldheer durch Nachschub mit Rauhfutter zu versorgen. Zwar waren Pressen bereitgestellt, um durch Pressen des Rauhfutters den Transport zu erleichtern, indessen behielt die Transportfrage ausschlaggebende Bedeutung in der Rauhfutterversorgung. Es erwies sich als [78] unmöglich, Armeen mit nicht ganz glatt laufender Nachschubverbindung mit Rauhfutter auch nur einigermaßen ausreichend zu versorgen; die Transportschwierigkeiten wirkten aber auch auf die Aufbringung in der Heimat ein. War bei der allgemeinen Futternot schon die Beschaffung der gewaltigen Rauhfuttermengen fast unmöglich, so setzte schließlich die Transportmöglichkeit Grenzen, die nicht einmal die volle Erfassung der verfügbaren Mengen gestattete.

Nur bei einer einigermaßen gleichmäßigen Verteilung der Gesamtnachschubmengen auf das ganze Jahr und Festlegung eines gewissen Transportprogramms war es überhaupt denkbar, die Transporte zu leisten. 1918 konnten über 5000 t Rauhfutter täglich neben dem sonstigen Nachschub nicht gefahren werden (Erfahrung Januar bis Juni 1918), so daß der Nachschubbedarf 1918 von 1 650 000 t Heu und 1 000 000 t Futterstroh allein wegen der Transportschwierigkeit nicht einmal voll angefordert werden konnte. Die auf dem Kriegsschauplatz geernteten Mengen mußten, gleichfalls über das ganze Jahr verteilt, die Ergänzungsmengen liefern und - was von ganz besonderer Bedeutung war - die Reserven für plötzlich eintretende Bedarfsvermehrungen bilden. Eine auch nur annähernd gleichmäßige Anlieferung war aber von den heimischen Landwirten nicht zu erreichen. Bei den außerordentlich schwierigen Wirtschaftsverhältnissen waren sie gezwungen, die Bestellungs- und Erntearbeiten in den Vordergrund zu stellen, den Abtransport der Ernte aber vorzunehmen, wenn es der Betrieb gestattete. So kam es noch mehr als bei den Kartoffeln, wo ja ähnliche Verhältnisse vorlagen, zu ganz unregelmäßigen Anlieferungen. Insbesondere konnten die ersten Monate nach der Heuernte wegen der sonstigen Ernte und der dann einsetzenden Kartoffelabtransporte nicht voll ausgenutzt werden. August bis Oktober 1916 wurden nur rund 63 000 t Heu an das Feldheer nachgeführt, im Februar bis April 1917 dagegen 156 000 t. Bei der 2. Armee trafen anstatt des Solls von 900 t Rauhfutter in den Dekaden 11. bis 20. Dezember 1916 nur 730 t, vom 21. bis 31. Dezember 556 t, vom 1. bis 10. Januar 1917 350 t, vom 11. bis 15. Januar 253 t ein, bei der 7. Armee statt eines Tagessolls von 200 t in den ersten Tagen des Novembers 1917 zusammen nur 87 t Heu und 71 t. Stroh.

So wurden die im besetzten Gebiete geernteten Vorräte gleich nach der Ernte über Gebühr angegriffen und waren, von einigem ungedroschenen Getreide abgesehen, im Januar/Februar aufgebraucht. Da die Leistungsfähigkeit der Eisenbahn nicht gesteigert werden konnte, konnten die Fehlmengen schon deswegen nicht nachgeliefert werden. Die Aufbringung in der Heimat wurde aber auch mit fortschreitender Jahreszeit gegen Schluß des Wirtschaftsjahres von Monat zu Monat schwieriger.

Der so immer wieder entstehenden Rauhfutternot gegenüber waren die Feldverwaltungsbehörden machtlos. Die Verfütterung von Ersatzmitteln wie Heidekraut, Schilf, junge Baumtriebe neben den schon erwähnten, brachte zeit- [79] weilig zwar geringe Zuschüsse, aber keine Abhilfe. Jeweils konnten wohl Ausgleiche zur Beseitigung der größten Notstände vorgenommen werden; sie konnten aber meistens von den abgebenden Stellen auch nur vorübergehend ertragen werden und an dem Gesamtmangel nichts ändern. Unter ihm litten die schweren Pferde, an die gerade die größten Anforderungen gestellt wurden, ganz besonders. Es nutzte nichts, daß für sie nach Möglichkeit noch größere Hartfutterrationen verfügbar gemacht wurden, wenn sie daneben nicht hinreichend Rauhfutter bekommen konnten. Ohne Rauhfutter waren sie selbst bei geringen Leistungen nicht bei Kräften zu erhalten. Melasse und frische Kartoffeln, die an Stelle von Hartfutter verfüttert wurden, verlangten reichliche Verfütterung von Rauhfutter und Häcksel. Auch Grünfütterung und Weidegang machten das Rauhfutter nicht entbehrlich, zumal daneben schon die Hartfutterration gekürzt wurde.


8 [1/52]Vor dem Kriege hatte die Heeresverwaltung mit mittleren Schlachtgewichten gerechnet von: 500 kg für Rinder, 90 kg für Schweine und 40 kg für Schafe. ...zurück...

9 [1/77]Siehe S. 83. ...zurück...


Der Weltkampf um Ehre und Recht.
Die Erforschung des Krieges in seiner wahren Begebenheit,
auf amtlichen Urkunden und Akten beruhend.
Hg. von Exzellenz Generalleutnant Max Schwarte