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Bd. 6: Die Organisationen der Kriegführung, Erster Teil:
Die für den Kampf unmittelbar arbeitenden Organisationen

  Kapitel 9: Das Kartenwesen   (Forts.)
Oberstleutnant Siegfried Boelcke

3. Die Entstehung und Verteilung der Kriegskarten.

Bei weitem die wichtigste Rolle im Kartenwesen spielte das Luftbild, die vom Flugzeuge und Ballon aus gewonnene Aufnahme eines begrenzten Geländestücks. Aber nahezu jede Friedenserfahrung über die Verwertung, Bedingtheit, Genauigkeit dieses Erkundungsmittels fehlte. Soviel war sicher, einen unanfechtbareren Zeugen als die belichtete Platte gab es nicht. Wie aber waren alle die Schwierigkeiten zu überwinden, die der rechten Deutung der Bilder entgegenstanden? Dem Laien, der flüchtig ein Luftbild, etwa einer Stadt, betrachtet, das aus geringer Höhe und bei Prachtwetter entstand, erscheint es brauchbarer als eine Karte. In der Tat gibt es alle Gegenstände in ihrer augenblicklichen Eigenart, z. B. den dämmerigen Winkel an der Stadtmauer oder das Gewühl des lebendigen Marktplatzes, greifbar deutlich wieder. Anders ist es schon draußen in freiem Felde. Eine Dünenlandschaft, wogendes Korn, Regenlachen, Schneeverwehungen werden vom Ungeübten leicht mißdeutet und verkannt, da ihm die persönliche Note solcher Erscheinungen in der ungewohnten Draufsicht fremd ist. Vollends in schräger Blickrichtung und wohl gar mit verkanteter Aufnahmekammer geschaffene Bilder bergigen Geländes enthalten selbst für den Fachmann Fallstricke übelster Art. So konnte es vorkommen, daß der Ungeübte einen über den Berg führenden Landweg als Bach in kühlem Grunde ansah.

[453] Das alles sind alltägliche Landschaftsbilder, deren Merkmale bei Wind und Wetter, Frost und Hitze und deren perspektivische Verzerrungen unter bestimmten Voraussetzungen freilich nur das geschulte Auge und der mathematisch geschärfte Verstand sicher erkennt. Ratlos jedoch standen selbst die gewiegtesten Auswerter den taktischen Erscheinungsformen gegenüber, die der Grabenkrieg anfangs in erdrückender Fülle und in schillernd wechselnder Form, später nur spärlich, kaum angedeutet und dann auch noch als Bildfallen, als Täuschung, zutage förderte. Wenn sich sogar die Generalstabsoffiziere erst geistig umstellen mußten, sobald neue Kriegsmittel wie das Giftgas, die Rauchmaske und der Tank überraschend auftauchten, wie sollte der in Stubenarbeit zum Bildleser erzogene Landmesser, Baumeister, Ingenieur alles das sofort richtig bewerten? Die Camouflage hat seine Kunst denn auch gegen Kriegsende ziemlich unwirksam gemacht.

Das Wort Camouflage bedeutet den "blauen Dunst", der in sorgfältig durchdachter Art und unter Aufwand teilweise gewaltiger Mittel dem Gegner, insbesondere seinen Bildauswertern, vorgemacht wird. Sie war das jüngste und vielleicht am meisten ausgestaltungsfähige Kind des Krieges, denn Camouflage, d. h. Täuschung, Blendung, Verführung durch Potemkinsche Dörfer, eitle Versprechungen und hohles, aufgeblähtes Wesen wurde das Zeichen der Neuzeit auf allen Gebieten.

Die Überraschung ist von jeher eine der Hauptbedingungen des Schlachterfolgs gewesen. Ein Todfeind erwuchs ihr nun im Erkundungsflugzeuge. Die Monate beanspruchenden Vorbereitungen eines Überfalls im größten Ausmaße, wie er z. B. im Oktober 1917 bei Tolmein und im März 1918 an der Westfront geführt wurde, waren nur bei völliger Verschleierung aller im Luftbilde auffallenden Anlagen und Truppenansammlungen geheim zu halten. So kam die deutsche Führung dazu, ausgedehnte Lager von niedrigen Baracken errichten zu lassen, deren flache Dächer sich auf der Bildplatte wie ein Stück der Landschaft ausnahmen. Wichtige Straßen wurden mit Brettern ummantelt. Auch die Ballonbeobachter, und diese erst recht, blendete man, indem man z. B. Annäherungsbrücken eine Handbreit unter den Wasserspiegel versenkte und leichte Schutzrahmen seitlich der Bahn- und Straßenzüge aufstellte.

In der Anwendung einer solchen großartigen strategischen Camouflage in den Aufmarschräumen für einen Großangriff waren die Deutschen ihren Feinden weit voraus. Das ist sogar von englischer Seite, und zwar in geradezu bewundernden Wendungen, zugegeben worden. Die begrenzte Ziele verfolgende taktische Verschleierung überall an und dicht hinter den Kampffronten verstand auch der Gegner geschickt vorzunehmen. Sie erstreckte sich hauptsächlich auf die bodenständige Artillerie, die bei freistehendem Geschütz, wie es z. B. zur Flugabwehr notwendig war, sodann bei Anhäufung von Munition und Anlage von Fördergleisen in der Luftschicht erkannt wurde. Die Artillerie half sich dadurch, daß sie mit Lappen, Grasbüscheln usw. durchsetzte, nach den Enden hin lichter [454] werdende Netze über den verdächtigen Stellen ausbreitete, was bei einer Aufnahmehöhe von 2 - 3 km Schutz gegen Sicht gewährte. Hiermit aber nicht genug, zeigte sie seitab Scheinanlagen, die nach eigener Überprüfung durch Bildaufnahmen überzeugend wirken mußten, und das Feuer auf sich zogen.

Alle diese Vorkehrungen trugen dazu bei, die Luftbilder gegen Kriegsende in ihrer Eigenschaft als taktisches Aufklärungsmittel herabzusetzen. An ihre Stelle trat auf dem Gebiete der artilleristischen Erkundung die Schallmessung. Wie auch sonst beim artilleristischen Richten und Messen blieb das deutsche Heer hierin hinter den Gegnern zurück. Der Grund lag in der altüberlieferten Unterschätzung technischer Hilfsmittel seitens der deutschen Artilleristen. Ihr stand bei den Franzosen eine ausgesprochene Begabung und gediegene Ausbildung gerade in diesem entscheidenden Dienstzweige gegenüber. Erst nachdem die leistungsfähige Artilleriemeßschule in Wahn sich entfaltet und die durch ihre Berufe gut vorgebildeten Offiziere des Beurlaubtenstandes an die richtigen Stellen gebracht hatte, hörte die eingefleischte Scheu vor der "Gelehrsamkeit" langsam auf. Dieser Scheu war es auch zur Last zu legen, daß die mit feinem Gerät betriebene "objektive" Schallmessung erst gegen Kriegsende an der Front aufkam. Immerhin lieferten schon vorher die Schallmeßtrupps reichen Stoff für die artilleristischen Zielkarten. Wenn aus Luftbildern eine Bestätigung für ihre Ermittelungen gefunden werden konnte (und das war trotz Camouflage doch bisweilen möglich), dann galt das Ergebnis als sicher.

Sank die taktische Auswertbarkeit der Luftbilder, so nahm umgekehrt ihre Bedeutung für die Vervollkommnung der rein topographischen Darstellung stetig zu. Wohl nötigte der Feind die deutschen Flugzeuge zum Aufsteigen in höhere Luftschichten, aber rascher noch vervollkommneten sich die Lichtbildkammern und die Übung der Bildauswerter. Hunderte von Bildern derselben Geländeabschnitte standen häufig zur Verfügung. Sie ergänzten einander und zeigten, nach Aufnahmetagen geordnet, wie Wälder zusammenschmolzen, neue Wege und Trichterfelder sich bildeten usw. Ein schwerwiegender Mangel haftete freilich dem Luftbilde an: Senkrecht oder steil aufgenommen, wie es meist war, entbehrte es des Hintergrundes. Und doch ist es erst der Hintergrund, der eine Anschauung von Berg und Tal gibt. Das übliche Luftbild unterschlug sie, und daher waren die für die Kampfhandlung wichtigen Höhenverhältnisse in den deutschen Kriegskarten nur dort richtig wiedergegeben, wo Zeit und ausgebildetes Personal für die mühsame topographische Geländeaufnahme zu Gebote gestanden hatten.

Ganz gegen Kriegsschluß schien ein geistreiches Verfahren, die Luftbildmessung, Abhilfe zu bringen. Es faßte mehrere Schrägbilder desselben Geländes zusammen, unterwarf sie schärfsten Messungen und ermittelte schließlich jeden Bildpunkt nach seiner Lage auf der Erdoberfläche und über dem Meeresspiegel. Soviel konnte bei den ersten kriegsmäßigen Versuchen noch vor Kriegsende festgestellt werden, daß gewisse Straßengabeln, Kirchen, Dorfeingänge, [455] deren genaue Werte der Artillerist für sein Schießen vergeblich erbeten hatte, durch Luftbildmessung festzulegen waren. Anscheinend war sie in erster Linie berufen, die Frontkarte zu berichtigen und zu verfeinern. Es hat im Kriege nicht mehr dazu kommen sollen.

Es war selbstverständlich, daß der Bildauswerter nur in engstem Zusammenhange mit der Waffe etwas leisten konnte, die ihm den Arbeitsstoff zutrug, mit den Luftstreitkräften. Diese waren meist mit bestimmten Aufträgen der Führung überlastet, haben aber überall, wo es sich ermöglichen ließ, die aus dem Streben nach Vervollkommnung der Karte entspringenden Wünsche berücksichtigt. —

Der Bildauswerter stand bereits überwiegend im Dienste der Artillerie; der Artillerietrigonometer war es ganz. Jener ermittelte die Ziele, dieser die genaue Lage der eigenen Feuer-, Beobachtungs- und Meßstellen. Im Batterie-, Beobachter- und Meßplan fand seine Arbeit ihren Niederschlag. Ohne Batteriepläne konnte kaum mehr eine Batterie auskommen. Das waren sorgfältig hergestellte Holzplatten. Auf sie wurden die entsprechenden Teile der Karte 1 : 25 000 derart geklebt, daß die Feuerstellung am verjüngten Ende des Plans lag. In ihren Kartenpunkt wurde eine Nadel geschraubt, um die ein Kilometer-Lineal schwang. So war die Kartenentfernung fürs Schießen schnell zu ermitteln. Die Seitenrichtung zeigte dasselbe Lineal mit seinem freien Ende auf einem am Breitende des Batterieplanes angebrachten Teilstrichbogen. Tausende von Batterieplänen waren ständig im Gebrauche, noch mehr waren für Wechselstellungen, rückwärtige Zonen und ähnliche Fälle vorbereitet.

Als Beobachterplan diente eine Karte, welche zwei Netze der Entfernungen und Richtungen aufwies, eins für den Ort des hinausgeschobenen Beobachters, das andere für die Feuerstellung. So ließen sich die Beobachtungen ohne Umrechnungen unmittelbar als Richtverbesserungen der Geschütze verwerten.

Auf dem Meßplan wertete der Artilleriemeßtrupp die Einzelbeobachtungen seiner Meßstellen zusammenfassend aus. Er wurde somit zur Grundlage der artilleristischen Zielerkundung und Schußbeobachtung.

Hiernach und nach den Ausführungen über die nicht ausreichende mathematische Schulung der deutschen Artillerie ist es verständlich, welche Verantwortung auf dem Artillerietrigonometer ruhte. Liefen ihm Irrtümer oder Flüchtigkeitsfehler unter, so übertrugen sie sich unmittelbar auf die eigene Schußwirkung. Glücklicherweise fanden sich in den eingezogenen Angehörigen des Landmesserstandes und verwandter Berufe zahlreiche Persönlichkeiten von hohem Fachkönnen und persönlicher Tüchtigkeit. Denn auf beides kam es in gleichem Maße an. War doch der vorn in der Kampfzone tätige Artillerietrigonometer ganz auf sich selbst gestellt. In dem ständigen Wechsel der Artillerietruppenteile war er es, der Auskünfte über das Gelände geben und die Richtunteroffiziere und Beobachter [456] einweisen mußte. Nur außerhalb der Deckungen konnte er seinem Winkelgerät den erforderlichen Ausblick abgewinnen. Im Geschoßhagel die Ruhe für peinlich sorgfältige trigonometrische Messungen zu bewahren, ist nicht jedermanns Sache.

Schon wochenlang vor Großangriffen walteten in den Stellungen die Artillerietrigonometer ihres Amtes mit Einmessen der Geschütze und Grundrichtungen und Bezeichnen der Stellen durch Pfähle und Tafeln. Sie machten den in rückwärtigen Quartieren tätigen Batterieplanklebern, Trigonometern und Buchbindern die grundlegenden Angaben für ihre Tätigkeit und unterrichteten die Offiziere und Richtunteroffiziere der Artillerie. Ging es dann vor, so waren sie wieder dabei, unermüdlich, umsichtig und tapfer. —

Bildauswerter und Artillerietrigonometer in ihrem Anschluß an zwei Hauptwaffen des Krieges, an die Luftstreitkräfte und die Artillerie, verkörperten den unmittelbar taktisch wirksamen Zweig des Kartenwesens, doch sie fußten auf der breiter gegliederten Arbeit vieler anderen Köpfe und Hände der Vermessungsabteilung. Eine zuverlässige, wenn auch lückenhafte Karte mußte erst einmal da sein, bevor taktische Einzelheiten im Lichtbilde oder draußen in Schluchten und Wäldern mit den großen Zügen der umgebenden Natur in Beziehung gebracht werden konnten. Sie zu schaffen und dauernd zu vervollkommnen war die Aufgabe der Kartographen.

Bei dem leitenden Beamten dieser Arbeitsgruppe liefen alle Kartengrundlagen zusammen, Beute- und Katasterkarten ebenso wie die Eigenerzeugnisse der Vermessungsabteilung in Gestalt von Bildauswertungen und topographischen Feldaufnahmen. In lichtdurchfluteten Sälen, die in Schulen, Fabrik- und ähnlichen Gebäuden hergerichtet waren, stellten unter seiner Aufsicht Scharen von Kartenzeichnern die Kriegskarte 1 : 25 000 des Armeegebietes zusammen. Sie bildete das Kernstück der Vermessungsarbeit im Felde. Wo einmal eine richtige, klargezeichnete Karte 1 : 25 000 von der Breite der Armee und in gehöriger Tiefenausdehnung vor- und rückwärts geschaffen war, vollzog sich alles weitere in vorgezeichneten Bahnen. Aber es bedurfte jahrelangen Zusammentragens, ehe es soweit kam. Nur bei einem Teile aller Vermessungsabteilungen war Mitte 1918 das Ziel erreicht, denn jede größere Verschiebung der Front (Alberichbewegung, Großangriff März 1918) und auch bisweilen die Verschiebung der Armeegrenzen nach rechts oder links erforderte Neuschöpfungen oder mindestens Umarbeitungen und Verschmelzungen. Das alles wird erst dem verständlich, der sich Ausstattung und Inhalt der Frontkarte 1 : 25 000 deutlich macht.

Über jedes Kartenblatt, ob es nun einem Schulatlas oder dem Bädeker entstammt, laufen einige Linien, die wenig auffallen und beachtet werden. Es sind die Längen- und Breitengrade. Sie weisen jeder Örtlichkeit ihren eindeutig bestimmten Punkt auf der Erdoberfläche an. Freilich bedarf man zu solchen Ermittelungen der Zeichnung von Hilfslinien unter Benutzung der Randteilung, weil die gedruckten Maschen weit sind.

[457] Bei einer Karte für den Gebrauch im Stellungskriege mußte die klare und einwandfreie Bezeichnung jeder beliebigen Geländestelle durch den einfachen Mann rasch möglich sein. Ohne lange Überlegungen mußte sie sich bei Wind und Wetter vom Kartenblatte ablesen lassen. Mithin brauchte man ein enges Maschennetz. Aus Gründen der Einfachheit wurde das Kilometergitter gewählt. Es ist ein rechtwinkliges Netz von je 4 cm (= 1 km der Natur) Maschenbreite und -höhe, das einheitlich große Räume überzog und das Kartenblatt in gleichmäßige Quadrate zerlegte. Sie erhielten fortlaufende Ordnungsziffern. Gleichzeitig diente die Teilung trigonometrischen Koordinatenrechnungen, und trug hierfür die Angabe von Meterwerten. Zum Ablesen der Unterteilung innerhalb des Quadrats wurde ein einfacher Zeiger, ein quadratisches Pappstück benutzt, dessen Ecke an den fraglichen Punkt gelegt und dessen Randteilung sodann abgelesen wurde.

Ein solches Gitternetz stellte den Rahmen dar, in den zunächst die trigonometrischen Punkte mit feiner Zirkelspitze eingestochen wurden. Als Ergebnisse von Feldmessungen und Berechnungen hatten diese Punkte je ein Koordinatenpaar x und y und einen Höhenweit zu eigen. Sie wurden im Gelände kenntlich gemacht, wenn sie es nicht als Baulichkeiten schon waren, und lieferten den Bildauswertern und Topographen die Anschlüsse, um danach allen übrigen Erscheinungsformen in Bild und Gelände ihre richtigen Plätze zuzuweisen.

In gleicher Weise und endgültig tat dasselbe nun der Kartograph. Wie aus kleinsten und größeren, leuchtend bunten und anspruchslosen Glasstückchen der Künstler ein vollkommenes Domfenster fertigt, so verfuhr auch er mit allen als gut erprobten oder weniger zuverlässigen Stücken neuer Beutekarten oder alter vergilbter Drucke, der Bildauswertungen, topographischen Aufnahmen, Meldeskizzen von Truppenteilen usw. Wer die Reihen von Kartenzeichnern einer Vermessungsabteilung am Werke sah, von denen meist der eine nur Dörfer, der andere Wald und Wiese, der dritte Wege, der vierte die Schrift nach ausgeklügelten, dem Maßstabe angepaßten Musterblättern zu Papier brachte, konnte leicht verkennen, wie schöpferisch doch im Grunde die scheinbar eintönige Arbeit beim Zusammenklange aller peinlich geordneten und sauberen Kleinigkeiten war. Prof. A. Penck sagt hierüber: "Erst die Paarung manueller Geschicklichkeit mit tiefer geographischer Kenntnis befähigt zur Konstruktion guter Karten auf Grund oft dürftigen Materials. Der Kartograph hat hier dieselbe Arbeit zu leisten wie der Geograph, der auf Grund von unzusammenhängenden Einzelbeobachtungen ein Land darstellt."

Am Beispiele der Bergformendarstellung erhellt das wohl am deutlichsten. Recht dürftig waren die Grundlagen dafür. Die von Hause mitgebrachten Karten kleinen Maßstabes hatten zumeist Bergstriche, die nur die großen Züge der Bodenunebenheiten verdeutlichten. Aus den Luftbildern erwuchsen nur karge Beiträge. Auch die Topographen waren bei dem [458] Zwange, schnell zu arbeiten, nicht immer, jedenfalls nicht sofort, imstande, Schichtlinien aufzunehmen. Aus Andeutungen aber ein halbwegs zutreffendes Bild des Geländeaufrisses zu geben, war nur bei feinfühligem Verständnis des Kartographen für die irdische Oberflächengestaltung möglich.

Und damit nicht genug; auch über Sprachkenntnisse mußte der Kartograph verfügen, denn die Kartenschrift sollte auch dem einfachen Soldaten geläufig sein, durfte mithin nicht aus einem Gemisch deutscher und fremder Worte bestehen. Mit Vorliebe wurden die von der Truppe geprägten Namen in die Karte übernommen. Da gab es einen Haubitz-, Feld- und Ludendorff-Berg mitten in Welschland. Wie scheußlich, wenn daneben ein "lac" oder "moulin" auftauchte, wie peinlich, wenn ein solches Wort falsch übersetzt worden war!

Der Kartograph mußte, um es kurz auszudrücken, neben gediegenen Fachkenntnissen Überblick haben und seine Zeichner richtig anzusetzen verstehen. Keineswegs blieben seine Überlegungen auf das Heute beschränkt. Ging es plötzlich vor- oder rückwärts, mußte er auch dafür gerüstet sein.

Die Karte 1 : 25 000 der einzelnen Armee stellte ein in sich geschlossenes Ganzes dar. Schon das vielfach einer Armee allein eigentümliche Gitternetz stempelte sie dazu, dann wesentlich die Eigenart des leitenden Kartographen und gelegentlich auch Forderungen der Armeeleitung. Zweifellos wäre eine größere kartographische Einheitlichkeit innerhalb des gesamten Heeres wünschenswert gewesen. Das langsame Werden der Karte 1 : 25 000 aus ganz verschiedenartigen Anfängen und der Mangel einheitlicher Schulung verbot sie. Und in der Tat waren, wie Max Eckert ausführt,2 die einzelnen Armeegebiete in ihren doch vielfach durch die Natur gezogenen Grenzen meist erdkundlich scharf umrissene Landschaften. Wollte man sie mit größter Deutlichkeit darstellen, war eine der Eigentümlichkeit des Landstriches angepaßte Kartographie schwer zu umgehen. Man vergegenwärtige sich nur die Verschiedenheiten zwischen Flandern, dem Damenwege, den Argonnen und den Pripjetsümpfen.

Die Teile dieses durch den Armeeverband umschriebenen Kartenwerkes, die Blätter, wurden nach einer regelmäßigen, leicht faßlichen Blatteinteilung abgegrenzt. Übergreifen durften sie nicht, weil sie dann draußen bei Sturm und Regen nicht aneinander paßten. Jedes Blatt erhielt eine Nummer, die so gewählt war, daß in der Teilungsübersicht gleiche Einer untereinander standen. Blatt 45 hatte also rechts neben sich Nr. 46 und unter sich Nr. 55 oder 65. Dies alles mag als Kleinigkeit erscheinen, war aber bei der Verteilung und Nachforderung von Blättern eine wichtige Erleichterung.

Einen Gradmesser für das steigende Kartenverständnis im Heere bildete die "Verläßlichkeitsskizze" auf dem Kartenrande. Sie gab an, aus [459] welchen Grundlagen die einzelnen Teile des Blatts entstanden waren, z. B. aus Bildverwertungen hier, topographischen Neuaufnahmen dort und aus Beutekarten an einer dritten Stelle. Anfangs hatte eine solche Skizze gefehlt. Ihr Zweck wäre bei dem Mangel an Kartenschulung im Heere auch gar nicht verstanden worden. Später konnten namentlich die Artilleristen nicht genug Angaben über die Genauigkeit des Kartenbildes erhalten.

Vielfach paßten die nach der Blatteinteilung geschnittenen Einzelblätter nicht für einen taktischen Verband. Es entstanden also Zusammendrucke, etwa für eine Gruppe von mehreren Divisionen. Bei ihnen war das Übergreifen der Nachbarblätter unvermeidlich.

Das Doppelte der Truppenkarte: rein topographische Darstellung und taktische usw. Eintragungen, bedingte eine Doppelbearbeitung. Den ersten Teil des Karteninhaltes enthielt das Leerblatt. Es war das verhältnismäßig Bleibende in der rasch wechselnden Flucht der Kartenerscheinungen. Erst wenn sich nach Wochen oder Monaten genug neuer, topographischer Stoff angesammelt hatte, kam eine Neuauflage heraus. Anders stand es mit den taktischen, wirtschaftlichen usw. Farbeindrucken. Sie, die die Kriegskarte erst gebrauchsfertig machten, mußten jedem Wechsel auf dem Fuße folgen. An ruhigen Fronten blieben sie lange unverändert, im Großkampfe dagegen war tägliche Erneuerung geboten.

Die verschiedenen Farbeindrucke je nach dem Zwecke der Karte, ergaben die vielen Sonderkarten, die in reichlicher und an der Westfront fast allzu üppiger Auswahl laufend gehalten wurden. Anfangs sprach die Sorge, der Feind könne aus erbeuteten Sonderkarten allerlei erfahren, für starke Beschränkung der Eindrucke. Später, als die Truppen häufig wechselten und dennoch sofort ins richtige Bild gesetzt werden mußten, wurden die Karten immer bunter. Es kamen Übertreibungen vor, und bisweilen war in der Masse der blauen, roten und grünen Linien und Zeichen nur schwer etwas zu erkennen. Einige herausgegriffene Beispiele mögen das Wesen der Sonderkarten erläutern. Die Stellungskarte in zwei Ausfertigungen a und b schilderte die Anlagen; a) nur für Stäbe, war geheim, und enthielt alles, b) für die Truppen und daher dem Verlieren ausgesetzt, gab nur das wieder, was auch der Gegner durch Lufterkundung wissen konnte, und was für den Dienst zu wissen nötig war. Die Artilleriekarte stellte das über die feindliche Artillerie Bekannte dar. Die Sichtkarte kennzeichnete durch Schraffen die Geländeteile im eigenen Bereiche, die der Gegner von gewissen Stellen aus einsah; sie war für Ablösungen und Nachschub wesentlich. Die Nachrichtenmittelkarte wies das dichte und vielseitige Verbindungsnetz in der Kampfzone und nach rückwärts zu den Stabsquartieren auf. Für Karten sehr dicht ausgebauter Zonen reichte der Maßstab 1 : 25 000 nicht ans; dann wurden die betreffenden Kartenteile auf 1 : 10 000 vergrößert und hierauf umgezeichnet.

[460] Erwähnt seien die aus Gips geformten und mit Kartenstückchen beklebten Reliefs. In dem bergigen Gelände des Westens veranschaulichten sie klar die taktischen Ausnutzungsmöglichkeiten der Höhen und Tiefen. Immerhin konnten sie nur in geringer Zahl geschaffen und ihrer Schwerfälligkeit halber nicht im Freien mitgeführt werden. Sie waren nur für die Führung da. Der Versuch, sie schräg beleuchtet zu lichtbildnern, brachte nur geringen Erfolg. Gezeichnete und dann gedruckte Reliefkarten wirkten deutlicher. Für die besonders in den Alpen beliebte Reliefkarte ergab sich eine Kriegslehre: der österreichische Oktoberangriff 1917 in den Karnischen Alpen konnte im Nordschatten des Höhenzuges unbemerkt von den italienischen Fliegern vorbereitet werden. Daraus folgt die militärische Bedeutung des Bergschattens. Man muß ihn künftig im Hochgebirge naturgetreu darstellen. Nicht nur der Soldat, sondern etwa auch der Zivilflieger und seine Fluggäste, die die Alpen kreuzen, werden das verlangen. Damit wird die bisher übliche Beleuchtung, die man von Nordwest her annahm, hinfällig. Neuerdings, leider erst nach dem Kriege, ist die Reliefherstellung nach Wenschow fertig durchgebildet worden. Die Karte selbst wird mit einer beim Pressen erstarrenden Masse hinterlegt und mittels einer Matrize im Auflagendrucke zu einem schönen, handlichen Relief ausgestaltet.

Die große Zahl der verschiedenen Karten, ihr rasches Veralten, der Verschleiß bei Wind und Wetter, häufige Ablösungen der Stäbe und Truppen und ihre wachsenden Ansprüche, alles das verursachte einen gewaltigen Kartenverbrauch. Ein kleiner Teil wurde in Berlin gedruckt, der größere im Felde. Aus der Heimat kamen fertig die Operations-, Übersichts- und Generalstabskarten, sämtlich als Leerblätter. Für die Karten großen Maßstabes wurde nur das Papier und der Farbstoff gesandt; die Herstellung besorgten dann die Druckereien der Vermessungsabteilungen. Es machte Schwierigkeiten, stets rechtzeitig die Papiermassen bereitzustellen, die bei erhöhter Kampftätigkeit für den Kartendruck gebraucht wurden. Hinter der Front bestanden Papierlager, die Rückseiten alter Karten wurden bedruckt, und dennoch trat vereinzelt Papiermangel auf.

Im Felde mußte schnell gearbeitet werden; daher wurde für die Herstellung der Druckplatten neben dem Steindruck viel die Durchlichtung angewendet, bei der an Stelle des schweren Steins eine lichtempfindliche Zink- oder Aluminiumplatte tritt. Die Karte wurde dazu auf abgelagertes Pauspapier gezeichnet, das Verzerrungen widerstand, auf die Platte gelegt und mit hellem Lichte auf sie übertragen. Man erhielt so einen maßstabsgetreuen Druck und brauchte nur den Pauspapierbogen für Neuauflagen aufzuheben. Die Platte war sofort anderweitig benutzbar. Das war deshalb notwendig, weil jede Farbe eine besondere Platte notwendig machte und eine Kartenauflage manchmal mehrere Platten erforderte.

[461] Derartig bunte Karten wanderten also mehrfach durch die Presse. Kein Wunder, daß bei manchen Armeen 40 und mehr Schnellpressen Tag und Nacht liefen. Da das Papier beim Durchzuge gedehnt wird und ein haarscharfes Einpassen der Farben deshalb und bei der Eile der Arbeit nicht gewährleistet war, durften die für genaue Schieß- und Meßzwecke benutzten Karten nur einfarbig sein. Es waren Leerblätter ohne Eindrucke, in die man Eintragungen mit der Hand machte. Hieraus schon ergab sich der Zwang einen Teil der Leerblätter einfarbig herzustellen. Ein zweiter Grund dafür war, daß die bunten Eindrucke taktischer Art in einer schon bunten Karte zu einer kaum noch leserlichen Farbenhäufung geführt hätten. Gewiß sind Geländefarbdrucke mit blauem Gewässer, braunen Höhen, grünen Tälern usw. wirksamer als einfarbige Karten; wohl oder übel mußte man aber oft bei den feldmäßigen Blättern darauf verzichten. Überhaupt konnten die Erzeugnisse der Vermessungsabteilungen keinen Anspruch auf Schönheit im letzten Sinne und auf höchste Vollkommenheit machen. Das verboten die Eile und Massenhaftigkeit des Betriebes, die flüchtige Zusammenstellung des Personals, seine ständige Anspannung, oft bis an die Grenzen der Kraft und der mangelhafte Rohstoff (Papier, Farben, Druckzubehör). Immerhin kann das Kriegsvermessungswesen stolz auf seine Karten sein, denn sie waren leserlich und für ihren Zweck mehr als ausreichend.

Gedruckt wurde auf Schnell- und Handpressen. An Handpressen hatte die Kartographische Abteilung nach dem Beispiele des Wiener Militärgeographischen Instituts ein handliches Gerät beschafft, das in einer leidlich beweglichen Verpackungskiste ruhte. Beim Gebrauche diente diese als Tisch. Die Vereinfachung war deshalb am Platze, weil bei den Divisionen und einem Teile der Generalkommandos Schnellpressen nicht aufstellbar waren und auch die Handpresse nötigenfalls rasch weggebracht werden mußte. Es handelte sich bei diesen am weitesten vorgeschobenen Druckereien fast nur um die Herstellung von Skizzen oder um Farbeindrucke in gelieferte Leerblätter, beides in begrenzter Auflagenzahl. Die ortsfesten Schnellpressen waren bei den bodenständigeren General-(Gruppen-)kommandos und bei den Armee-Oberkommandos im Betriebe. Es waren überwiegend in Belgien und der Gegend von Lille beigetriebene Maschinen. Die Druckereiräume gaben leere Fabriken oder Säle her, meist in Städten. Wie in einem Bienenkorbe regte es sich dort bei Hochbetrieb. In Reihen standen die Pressen aufmarschiert, knatternd drehten sich die Riemen und in großen Stößen wurden die fertigen Karten fortgeschleppt.

Druckereizug einer Vermessungsabteilung, Belichtungsraum.
[456a]      Druckereizug einer Vermessungsabteilung, Belichtungsraum.
Hervorragende Dienste haben 9 Druckereizüge geleistet, die ebenfalls nach den Angaben der Kartographischen Abteilung 1916 gefertigt wurden und bis Kriegsende kaum je stillstanden. In drei Güterwagen waren a) die Dampfmaschine, b) 1 Schnell- und 1 Handpresse und c) Lichtbildgerät für Kartenvervielfältigung eingebaut. Überall, wohin ein Schienenstrang führte, konnte also im Laufe von wenigen Stunden eine Kartendruckerei ins Leben treten. [462] Das war bei jeder größeren Frontveränderung von höchstem Werte. Erstarrte die Front wieder, wurden ortsfeste Maschinen aufgestellt und der Zug frei.

Außer den Karten galt es auch, Lichtbilder des Geländes zu vervielfältigen. Einmal waren es Luftbilder von Hauptkampffronten, die - sprechender als eine aus starren Zeichen zusammengesetzte Karte - die trostlose Öde eines Trichterfeldes oder den flandrischen Morast veranschaulichten. Luftbilder wurden am besten durch Kupfertiefdruck wiedergegeben. In Mézières erlebten die alten Räume der schon von Bayard verteidigten Zitadelle das Schauspiel eines neuzeitlichen Kupfertiefdruckbetriebes für das gesamte Heer. Die hohen Erwartungen freilich, die man an die Drucke zusammengesetzter Luftbilder knüpfte, wurden enttäuscht. Sie gelten eben nur für ganz bestimmte Wetter- und Beleuchtungsverhältnisse, nie allgemein, und ersetzen eine Karte nicht.

Eine andere Bildart waren die Lichtdrucke von Geländeansichten, die mit Fernkammern von hohen Bergen oder Ballonen aus gewonnen waren. Hier lagern sich Berg und Tal hintereinander, bis die Gegenstände sich schließlich im Dunst verschwimmender Fernen auflösen. Es ist etwas grundsätzlich anderes als das Luftbild, das alles nebeneinander vor den Beschauer stellt. Die Merkpunkte einer Gegend, die man z. B. von einer Beobachtungswarte aus vor sich sieht, werden überdies im Rundbilde durch Wetter und Beleuchtung in ihrer Eigenart wenig geändert. Die geschwungene Höhenlinie, ein Kirchturm, ein Doppelbaum fallen stets in gleicher Weise ins Auge. Die Bilder wurden mit den der Karte entnommenen Ortsbezeichnungen versehen, erhielten auf dem Rande eine Winkelteilung und als Beigabe ein entsprechend geteiltes Kartenstück. Jeder der häufig wechselnden Beobachter fand sich nach den Bildern rasch zurecht. Auch der höhere Stab weit rückwärts besaß sie, und konnte sich nun durch Fernsprecher über draußen gemachte Wahrnehmungen verständigen.

Übrigens wurden durch die Vermessungstruppen auch für kriegsgeschichtliche Zwecke Ansichten der Schlachtfelder aufgenommen und so unersetzliche Belege für die Geschichtschreibung geschaffen. Dies waren nur Einzelabzüge. Lichtdruck wurde erst bei größerer Auflage lohnend.

Vier Lichtdruckereien gab es, drei davon im Felde. Ihre Ausrüstung hatte viel Mühe gekostet, machte sich aber gut bezahlt. Bild, Beschriftung, Winkelteilung, Erläuterungen und der Kartenausschnitt konnten nun als Ganzes in gefälliger Zusammenstellung vervielfältigt werden. Das war die letzte Feinheit. In der Vereinigung des lebendigen Bildes mit der trockenen Karte lag ein prächtiges Anschauungsmittel, das sogar dem tadelsüchtigen Feinde ausnahmsweise Beifall abnötigte. —

Mehrfach wurde schon der kräftigen Unterstützung gedacht, welche die Kartographische Abteilung den Vermessungsabteilungen gewährte. Sie schickte alle Gegenstände, Kartenvorlagen und Auskünfte ins Feld, deren diese bedurften und führte auf Bestellung die in das Fach schlagenden, schwierigeren [463] Arbeiten aus. Das Druckergebnis der Kartographischen Abteilung im Kriege waren 250 Millionen Karten im eigenen und 26 Millionen in fremden Betrieben. Ihr eigener Papierverbrauch betrug 3 Millionen Kilogramm, das Gewicht des von ihr ins Feld hinausgesandten Druckpapiers 4 Millionen Kilogramm. Berücksichtigt man, daß die Vermessungsabteilungen auch noch andere Papierquellen hatten und vielfach veraltete Karten auf den Rückseiten neu bedruckten, so wird ihre Kartenerzeugung mit 500 Millionen Stück kaum zu hoch gegriffen sein. Ein Gesamtverbrauch von rund 800 Millionen Karten ist selbst für den Weltkrieg erstaunlich hoch.

Die Verteilung solcher Kartenberge verlangte durchdachtes Handeln und gewandte Leute; denn darauf kam alles an, die neuen Karten rasch der Führung und Truppe zuzuleiten. Es durfte nicht vorkommen, daß ganze Stöße neuer Karten wegen schleppenden Geschäftsganges tagelang auf Geschäftszimmern liegen blieben, anstatt verteilt zu werden. Veraltete Karten verloren den größten Teil ihres Wertes. Der Kompagnieführer usw. mußte in der Lage sein, nach einem Regentage seine unbrauchbar gewordene Karte schnell und ohne umständliche Anträge durch eine neue zu ersetzen. Jeder Offizier mußte wissen, an wen er sich in Kartendingen zu wenden hatte.

Entsprechend der Arbeitsteilung beim Kartendruck - kleine Maßstäbe daheim, große im Felde - war auch die Kartenverteilung geregelt. Jeder Stab und Verband (z. B. Regiment, Batterie, Kolonne, Lazarett) erhielt bei der Aufstellung oder beim Durchqueren Deutschlands behufs Verwendung auf einem neuen Kriegsschauplatze eine Erstausrüstung an Karten kleinen Maßstabes. Dies waren in Bündeln gepackte Einzelblätter, die man vorher gefalzt hatte, und einige Druckschriften. Die Zuführung war Sache des Stellvertretenden Generalstabes. Natürlich konnte und sollte die Erstausrüstung nicht mehr als den ersten Bedarf decken und ein vorläufiges Zurechtfinden ermöglichen. Die genaueren Karten, insbesondere die mit taktischen, wirtschaftlichen, geologischen usw. Eindrucken, wurden erst draußen von den Vermessungsabteilungen verausgabt, die dann weiterhin auch den gesamten Kartenersatz besorgten.

Die Kartenausgabe im Felde, deren Hauptgrundsätze vorhin angeführt wurden, war keine einfache Sache. Eine Anzahl ständig zugänglicher Ausgabestellen sorgte dafür, daß jeder sich nach Bedarf einzelne Blätter holen konnte. Ging es vorwärts, mußten der Truppe aus den ortsfesten Kartenlagern und Druckanstalten kleine handliche Pakete, immer für bestimmte Verbände hergerichtet, mit irgendwelchen Fahrzeugen nachgeschickt werden. Neu eintreffenden Verbänden waren die Karten entgegenzusenden. Bei Großkämpfen bedurfte es durchgearbeiteter Übersichten, damit die Kartenverteilung rasch und glatt verlief.

Bei Kriegsbeginn hatte es zu wenig Karten gegeben; in den letzten Kriegsjahren konnte man von einem reichen Kartensegen sprechen. Manche Karten- [464] pakete sind gar nicht ausgepackt worden, weil der Empfänger darauf verzichtete. Der Krieg ist in allem ein Verschwender. Erst als eine verschwenderische Ausgabe ordentlich laufend gehaltener Karten durchgeführt wurde, war das Heer damit gut versorgt.


2 [1/458]Vgl. Anmerkung Seite 445. ...zurück...


Der Weltkampf um Ehre und Recht.
Die Erforschung des Krieges in seiner wahren Begebenheit,
auf amtlichen Urkunden und Akten beruhend.
Hg. von Exzellenz Generalleutnant Max Schwarte