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Bd. 6: Die Organisationen der Kriegführung, Erster Teil:
Die für den Kampf unmittelbar arbeitenden Organisationen

[397] Kapitel 8: Kolonnen und Trains
Generalmajor Hans Föst

1. Einleitung. Krieg und Nachschub.

Mit dem Anwachsen der Heeresmassen vermehren sich auch alle für die Schlagfertigkeit der Truppen unbedingt erforderlichen Heeresbedürfnisse; je größer also die Heere, um so schwieriger gestaltet sich auch der Nachschub. Damit dieser nicht hemmend auf die Beweglichkeit der Truppen einwirkt, ist eine feste, sorgfältig bis ins kleinste geregelte Organisation der Kolonnen und Trains neben straffer Manneszucht und unausgesetzter Fürsorge für die leistungsfähige Beschaffenheit der Bespannung und des Geräts unbedingt erforderlich. Nur ein gut und sicher arbeitender Nachschub von Kampf- und Lebensmitteln wird die dauernde Schlagfertigkeit der Truppen gewährleisten.

Dazu ist auch erforderlich, daß Offiziere und Beamte, denen die Fürsorge für den Nachschub obliegt, ohne Rücksicht auf ängstliche Innehaltung der Verwaltungsbestimmungen frei und selbsttätig das Ziel, die Truppe schlagfertig zu erhalten, im Auge haben.

Allen Heeresbewegungen und Kampfhandlungen müssen eingehende Erwägungen vorausgehen, ob für den Nachschub an Heeresgerät aller Art ausreichende und für die Eigenarten des Kriegsschauplatzes, d. h. für die auf ihm herrschenden Wege-, Boden-, Gelände- und Witterungsverhältnisse, passende Transportmittel zur Verfügung stehen. Nur wenn dies durchweg der Fall ist, werden die Heeresbewegungen im Fluß bleiben und die Kampfhandlungen keine schädigende Verlangsamung erfahren.

Unter Beachtung dieser Grundsätze und in klarer Erkenntnis, daß ein Zukunftskrieg auch auf dem Gebiete des Nachschubwesens ganz gewaltige Leistungen fordern würde, glaubte die deutsche Heeresleitung durch die für den Kriegsfall vorgesehene Organisation der Kolonnen und Trains allen Anforderungen der naheliegenden Kriegsschauplätze im Westen und Osten Rechnung getragen zu haben. Aber die gewaltigen Ausmaße, die schließlich der Weltkrieg annahm, warfen alle Berechnungen über den Haufen. Die Eigenart der späteren Kriegsschauplätze, an die bisher kein Mensch gedacht hatte, verlangte ganz andere Vorbereitungen. Die Anforderungen des Stellungskrieges, die großen Materialschlachten und die wochenlangen Entscheidungskämpfe waren unbe- [398] kannt und deshalb nicht vorgesehen. Mit so schnellem Vordringen weit hinein in Feindesland hatte man gleichfalls nicht gerechnet.

Im allgemeinen ging man von dem Erfahrungsgrundsatz aus, daß ein modernes Heer sich nur etwa 120 km von seinem Eisenbahnendpunkt entfernen könne. Aber schon im Sommerfeldzug gegen Rußland 1915 und später, wie z. B. bei dem Vormarsch durch Serbien bis zur griechischen Grenze, wurden trotz sofort begonnener Wiederherstellung der zerstörten Eisenbahnen die Land-Etappenverbindungen immer länger, sie überschritten die als Höchstgrenze angesehenen 120 km bei weitem.

Es braucht daher nicht Wunder zu nehmen, daß die Versorgung mit Heeresbedürfnissen, trotz alles Anpassungsvermögens und sofortiger Verwertung der Kriegserfahrungen, zeitweise doch versagte und infolgedessen vorübergehend eine unliebsame Verlangsamung der Kampfhandlungen eintrat. Ein Vorwurf kann hieraus weder der höheren Truppenführung, noch den Kolonnen und Trains gemacht werden; beide haben unter allen Verhältnissen ihr möglichstes geleistet.

Die äußersten Anstrengungen, wie lange Märsche auf grundlosen und vereisten Wegen, bei grimmiger Kälte oder glühender Sonnenhitze, in stockfinsterer Nacht, im Trichtergelände, im schweren feindlichen Feuer und bei starken Verlusten an Mann und Pferd, sind nicht gescheut worden, wenn es galt, die Truppe mit Munition, Nahkampfmitteln, Pioniergerät und Verpflegung zu versorgen. Gewaltmärsche bei schlechter Unterkunft und dürftigster Verpflegung sind ausgeführt worden, um nach Ergänzung der Bestände aus den rückwärtigen Depots oder Magazinen die Truppe wieder zu erreichen.

In selbstloser treuer Pflichterfüllung haben Führer, Kolonnenpersonal und Pferde alles hergegeben, um die fechtenden Truppen durch rechtzeitigen und ausreichenden Nachschub schlagfertig zu erhalten. An den deutschen Erfolgen sind sie daher ebenso beteiligt, wie die fechtenden Truppen. Ihre Pflicht erfüllten sie, obschon der bei jenen vorhandene Ansporn, das unmittelbare Fühlbarwerden des Waffenerfolges, bei den Kolonnen und Trains fehlte.

Während im Stellungskriege an ruhigen Fronten den Kampftruppen die wohlverdiente Ruhe gegönnt werden konnte, mußte den Kolonnen und Trains auch in dieser Zeit bis zum Ausbau der rückwärtigen Verbindungen zur Bewältigung des fortlaufenden Nachschubs, der durch die Zuführung von Stellungsbaumaterial und Anlage großer Munitionsdepots stark erhöht wurde, große Anstrengungen zugemutet werden.


2. Die Organisation bei Ausbruch des Krieges.

Im Gegensatz zu den anderen Waffengattungen, welche schon im Frieden so gegliedert waren, wie sie im Kriege Verwendung fanden, mußten die Kolonnen und Trains in völlig anderer Zusammensetzung aufgestellt werden. Die Friedens- [399] Trainabteilungen, welche eigentlich nur eine Kadertruppe waren, lösten sich auf und stellten für die zahlreichen mobilen Formationen nur ganz geringe Stämme von Offizieren, Unteroffizieren und Mannschaften. Aus dem ganz kleinen, im Frieden vorhandenen Rahmen, mußte für den Krieg eine umfangreiche Neuorganisation geschaffen werden. Darin lag für Führer und Truppe eine ungeheure Schwierigkeit; sie wurde überall in rastloser Pflichterfüllung überwunden.

Eine Friedens-Trainabteilung in normaler Stärke von 19 Offizieren, 1 Sanitätsoffizier, 2 Veterinäroffizieren, 2 Beamten, 434 Mannschaften, 311 Pferden hatte in etwa 10 Tagen aufzustellen: 114 Offiziere, 152 Sanitätsoffiziere, 30 Veterinäroffiziere, 120 Beamte, 6420 Mannschaften und 5600 Pferde.

Die Munitionskolonnen und Trains eines Armeekorps bestanden im allgemeinen aus 2 Munitionskolonnen-Abteilungen zu je 2 Infanterie- und 4 Artillerie-Munitionskolonnen, 1 Fußartillerie-Munitionskolonnen-Abteilung zu in der Regel 8 Fußartillerie-Munitionskolonnen und 2 Trainabteilungen mit je 3 Proviant- und 3 - 4 Fuhrparkkolonnen, 1 Pferdedepot und 6 Feldlazaretten. Außerdem gehörten zum Armeekorps 2 Feldbäckereikolonnen und 1 Korpsbrückentrain, zu den Infanterie-Divisionen Sanitäts-Kompagnien und Divisions-Brückentrain. Ferner waren von jedem Armeekorps in der Regel 6 Etappen-Fuhrparkkolonnen und 3 Etappen-Train-Eskadrons zur Besetzung der im Aufmarschgebiet zu bildenden Magazin-Fuhrparkkolonnen mit Personal aufzustellen, dazu nach Bedarf Etappen-Munitionskolonnen, Etappen-Bäckereikolonnen, Etappen-Hilfsbäckereikolonnen und Etappen-Pferdedepots. Im Hinblick auf die geringe Kenntnis im Volke über das Wesen des Nachschubs seien Zweck und Verwendung der Kolonnen kurz erläutert.

Der Kommandeur der Munitionskolonnen und der Kommandeur der Trains beim Generalkommando waren die Persönlichkeiten, die die Einzelheiten der Bewegungen der ihnen unterstellten Kolonnen regelten.

Beim Marsch des Armeekorps folgten bestimmungsgemäß die Munitionskolonnen und Trains in zwei Staffeln. Teile der 1. Staffel sollten den Truppen so nahe sein, daß Empfänge und Bedarfsergänzungen ohne Schwierigkeit bewerkstelligt werden konnten und, falls ein Gefecht in Aussicht stand, auch den stark erhöhten Bedürfnissen der Truppe entsprochen werden konnte; sie hießen deshalb Gefechtsstaffel.

Die Bewegungen der Kolonnen und Trains gestalteten sich zu Beginn der Operationen in der Regel derart, daß die leeren Kolonnen der Gefechtsstaffel durch gefüllte der 1. Staffel und die aus dieser vorgezogenen durch solche der 2. Staffel ersetzt wurden. Die entleerten Kolonnen marschierten stets sofort zu den Magazinen und Depots oder zu den Munitions- und Verpflegungszügen zurück oder empfingen neue Füllung aus vorgeschobenen Etappen- [400] Kolonnen oder Lastkraftwagen-Kolonnen. Nach Beendigung des Empfanges traten sie beschleunigt den Vormarsch zur 2. Staffel wieder an und gliederten sich in diese ein. Die Bewegungen der zwischen dem Etappen-Hauptort und den Etappen-Magazinen verkehrenden oder weiter vorgezogenen Etappen-Munitions- und -Magazin-Fuhrparkkolonnen regelten die Kommandeure der Etappen-Munitionsparks und der Etappen-Trains.

Die Munitionskolonnen ergänzten die verbrauchten Bestände der Patronen- und Munitionswagen der Truppe und wurden hierzu, wenn nötig, bis auf das Gefechtsfeld vorgezogen; sie nahmen leere Patronen- und Kartuschhülsen, Körbe und sonstige Verpackungsmittel gleichzeitig mit zurück.

Die Proviant- und Fuhrparkkolonnen (Verpflegungskolonnen) sollten als beweglicher Verpflegungsvorrat in der Hand der höheren Truppenführung überall da helfend eingreifen, wo die Hilfsmittel des Kriegsschauplatzes nicht ausreichten. Ein Teil derselben mußte dazu so nahe an die Truppen herangeschoben werden, daß entweder die Lebensmittel- und Futterwagen den Bedarf empfangen und rechtzeitig die Truppe wieder erreichen oder daß die Kolonnen bis zu den Truppen vorgezogen werden konnten. Neben den auf dem Lebensmittel- und Futterwagen mitgeführten, meist täglich durch die Kolonnen ergänzten Vorrat für die laufende Verpflegung führten die Truppen noch einen sogenannten eisernen Bestand an Verpflegung vom Verlassen des Standortes an mit sich. Auf die eisernen Portionen und Rationen durfte nur im Notfall und bei vollständigem Mangel anderer Verpflegungsmittel zurückgegriffen werden. Von dem Angreifen des eisernen Bestandes mußte den vorgesetzten Dienststellen sofort Meldung gemacht werden. Ersatz erfolgte sofort; im übrigen fand die angebrachte Auffrischung aus den Dauervorräten der Kolonnen bei sich bietender Gelegenheit statt.

Die Pferdedepots sollten den Ersatzbedarf an Pferden decken. Zur Abgabe von Pferden an die Truppen wurden sie oder Teile von ihnen vorgezogen.

Die Feldlazarette hatten die von den Verbandplätzen oder unmittelbar vom Gefechtsfelde ankommenden Verwundeten in Lazarettpflege zu nehmen bis zu deren Rückbeförderung oder Übernahme durch die Etappenbehörden. Die Feldbäckereikolonnen sollten den Brotbedarf für die Armeekorps herstellen, soweit er nicht auf anderem Wege beschafft werden konnte. Meist hätten die Feldbacköfen Tag und Nacht in ununterbrochenem Betrieb erhalten werden müssen; das ist bei regelmäßiger Bewegung nicht möglich, ein sprungweises Vorgehen bildete daher die Regel.

Die Brückentrains enthalten das Kriegsbrückengerät.

Die Sanitäts-Kompagnien, die zu Beginn des Krieges in wirtschaftlicher Beziehung dem Kommandeur der Trains unterstanden, erfüllten die Aufgaben der ersten Hilfeleistung in Erweiterung des Truppensanitätsdienstes; sie sollten [401] Verwundete auf dem Gefechtsfelde aufsuchen, sie dem Hauptverbandplatz zuführen und für ihre Beförderung in die Feldlazarette sorgen.

Der Etappen-Fuhrpark endlich hatte den Nachschub von Munition und Verpflegung durchzuführen, soweit hierzu nicht Schienen- oder Wasserwege benutzt werden konnten.


3. Die Mobilmachung.

Die Mobilmachung der Kolonnen und Trains dürfte wohl als die schwierigste im Vergleich zu der aller übrigen Truppen bezeichnet werden. Während diese meist nach geringen Abgaben des aktiven Dienststandes und Auffüllung durch jüngere Jahrgänge des Beurlaubtenstandes mit fast gleicher oder nur verstärkter Ausrüstung in die Kriegsformationen übergingen, mußten die Kolonnen und Trains, die im Frieden durchweg als solche nicht bestanden, als vollständige Neuformationen aufgestellt werden.

Mit der Aufstellung der meisten Formationen waren die Trainabteilungen beauftragt; sie selbst lösten sich durch die Mobilmachung auf und gaben die Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaften des aktiven Dienststandes, sowie die Pferde größtenteils als Stämme für die aufzustellenden mobilen Formationen ab, während der Rest zu den Ersatzformationen übertrat. In Anbetracht der großen Zahl der Formationen konnten diese nur wenige Unteroffiziere und Mannschaften des aktiven Dienststandes, sowie einige Pferde als Stamm erhalten, nur den wenigsten Formationen konnten aktive Train-Offiziere zugeteilt werden. Das gleiche war der Fall bei den durch Truppenteile anderer Waffen mobil gemachten Kolonnen. Diesen wurde meist das Stammpersonal auch von den Trainabteilungen überwiesen; nur in wenigen Fällen stellten es die anderen Waffen durch eigene Abgaben.

Die Kolonnen ergänzten sich daher fast ausschließlich durch Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaften des Beurlaubtenstandes, sowie aus ausgehobenen Mobilmachungspferden. Das Personal hatte vielfach weder beim Train noch bei der Artillerie aktiv gedient, noch bei diesen Waffen Übungen abgeleistet und bestand in überwiegender Zahl aus älteren Jahrgängen, so daß es entweder mit dem Dienstbetrieb bei den Kolonnen überhaupt nicht vertraut war oder in seiner Ausbildung empfindliche Lücken aufwies. Die Pferde waren, wenn auch an Zug gewöhnt, fast durchweg nicht geritten und daher für ein Fahren vom Sattel nicht ausgebildet oder an andere Beschirrung gewöhnt. Rittige Reitpferde für Offiziere, Ärzte, Beamte und Aufsichtspersonal fehlten fast vollkommen. An die Energie und die Selbständigkeit der Offiziere und Mannschaften wurden also die höchsten Anforderungen gestellt, um alle die vielseitigen, meist neuen Aufgaben zu erfüllen und so rechtzeitig zu erledigen, [402] daß die Marschbereitschaft der Kolonnen in der vorgeschriebenen, kurz bemessenen Zeit erreicht war.

Wenn auch die überwiesenen Stammannschaften infolge ihrer eingehenden Friedensausbildung für ihre besondere Mobilmachungsverwendung vorgebildet waren, so kamen sie doch während der Mobilmachung für das Anlernen der Mannschaften des Beurlaubtenstandes kaum in Frage, da sie meist mit Sonderaufgaben beauftragt waren. Jene mußten sich also selbst zu helfen wissen. Die Anforderungen an die Selbständigkeit waren um so größer, als von der restlosen zeitgerechten Erfüllung die rechtzeitige Marschbereitschaft des ganzen Heeres abhing.

Die Kommandeure der einzelnen Formationen trafen überdies vielfach infolge anfänglicher Verwendung als Pferdeaushebungskommissar, Transportführer usw. erst in den späteren Mobilmachungstagen ein, so daß die Aufstellung zunächst in den Händen von jüngeren Offizieren, meist des Beurlaubtenstandes, lag. Die Einwirkung der Friedenskommandeure wurde dadurch besonders erschwert, daß die mobilen Formationen wegen der schwierigen Unterbringung der zahlreichen Pferde auf meist ziemlich entfernte Ortschaften außerhalb der Garnison verlegt werden mußten.

Hemmend auf den Gang der Mobilmachung wirkte ferner die Herrichtung und Ausrüstung der ausgehobenen Fahrzeuge für den militärischen Gebrauch und die Instandsetzung der mit diesen ausgehobenen, zum Teil recht wenig brauchbaren Geschirre.

Die kontraktlich abgeschlossenen Lieferungen von Ausrüstungsstücken und Wagenzubehör wurden vielfach nicht rechtzeitig erfüllt; es mußte daher anderweitig von seiten der Kommandeure selbständig ausgeholfen werden.

Die Mobilmachungspferde trafen, abgesehen von sonstiger mangelhafter Pflege, größtenteils mit schlechtem Hufbeschlag ein, so daß dieser fast durchweg vor dem Ausrücken zu erneuern war.

Kurz, die Schwierigkeiten, namentlich für die beschleunigt mobil werdenden Formationen, waren die denkbar größten; aber sie sind dank der Hingabe aller Beteiligten überwunden worden. Es kann wohl ohne Überhebung behauptet werden, daß die rechtzeitige Mobilmachung der Kolonnen und Trains als eine Glanzleistung anzusprechen ist. Trotz aller Hemmungen waren die Formationen infolge unermüdlicher Tätigkeit meist so zeitig mit der Aufstellung fertig, daß vor dem Abrücken kürzere Übungsmärsche mit feldmarschmäßiger Ausrüstung vorgenommen werden konnten.

Das war nur dadurch möglich, daß der bei allen, den Kolonnen und Trains überwiesenen Ergänzungsmannschaften herrschende Geist ein ganz vorzüglicher war. Da sich gerade unter den älteren Leuten viele befanden, die im Zivilberuf schon in selbständigen oder leitenden Stellungen gewesen waren, muß um so mehr anerkannt werden, daß auch diese sich bei Verwendung [403] als Fahrer oder Pferdewärter in jeder Weise willig fügten und eifrigst bestrebt waren, voll ihre Pflicht zu tun.

Die hohe Kopfzahl, die eine Trainabteilung im Vergleich zu ihrer geringen Friedensstärke mobil zu machen hatte, ist schon erwähnt. Ein noch klareres Bild über den Umfang der Mobilmachung gibt die Zahl der Formationen, die völlig neu aufzustellen waren.

Die im Frieden vorhandenen 19 preußischen Trainabteilungen stellten bei der Mobilmachung am 1. August 1914 insgesamt auf:

    20 Kommandeure der Trains,
    64 Trainabteilungsstäbe,
    134 Proviantkolonnen,
    211 Fuhrparkkolonnen,
    42 Pferdedepots,
    68 Feldbäckereikolonnen,
    86 Sanitätskompagnien,
    302 Feldlazarette,
    6 Kommandeure der Etappen-Trains,
    53 Etappen-Fuhrparkkolonnen,
    90 Etappen-Train-Eskadrons zur Bildung von Magazin-Fuhrparkkolonnen,
    7 Etappen-Bäckereikolonnen,
    25 Etappen-Hilfsbäckereikolunnen und eine Anzahl kleinerer Etappen-Formationen, außerdem
    19 Ersatz-Trainabteilungen,
    19 Ersatz-Pferdedepots und
    4 Zentralpferdedepots.

Die Zahl dieser Formationen erhöht sich noch bedeutend, indem die 3 bayrischen, 2 sächsischen und die eine württembergische Trainabteilung etwa in gleichem Verhältnis weitere Formationen aufstellten.

Der Verlauf des Krieges und die großen, nie geahnten Ausmaße, die derselbe immer mehr annahm, erforderten bei allen Waffen die Aufstellung von Neuformationen in großem Umfange. Hiermit ging naturgemäß Hand in Hand die Neuaufstellung von zahlreichen Kolonnen und Trains.

Nur nüchterne Zahlen können die Größe der Leistung in ein richtiges Licht setzen. Schon im ersten Kriegsjahre mußte mit Neubildungen begonnen werden. Es wurden aufgestellt an Neuformationen des Trains:

    Im Jahre 1914:
    10 Kommandeure der Munitionskolonnen und Trains,
    8 Trainabteilungsstäbe,
    8 Proviantkolonnen,
    57 Fuhrparkkolonnen,
    1 Tragtierkolonne,
    [404] 13 Pferdedepots,
    10 Feldbäckereikolonnen,
    34 Sanitätskompagnien,
    47 Feldlazarette.

    Im Jahre 1915:
    2 Kommandeure der Munitionskolonnen und Trains,
    10 Trainabteilungsstäbe,
    14 Staffelstäbe,
    4 Proviantkolonnen,
    46 Fuhrparkkolonnen,
    3 Tragtierkolonnen,
    62 Pferdedepots,
    42 Feldbäckereikolonnen,
    28 Sanitätskompagnien,
    36 Feldlazarette,
    1 Kommando der Garde-Train-Ersatzabteilungen,
    1 Train-Ersatzabteilung,
    7 Ersatz-Pferdedepots.

    Im Jahre 1916:
    10 Kommandeure der Munitionskolonnen,
    9 Staffelstäbe,
    1 Tragtierkolonne,
    29 Pferdedepots,
    24 Feldbäckereikolonnen,
    23 Sanitätskompagnien,
    46 Feldlazarette,
    1 Ersatz-Pferdedepot.

    Im Jahre 1917:
    3 Staffelstäbe,
    9 Fuhrparkkolonnen,
    1 Tragtierkolonne,
    185 Feldschlächterabteilungen,
    13 Pferdedepots,
    16 Sanitätskompagnien,
    13 Feldlazarette,
    1 Ersatz-Pferdedepot.

    Im Jahre 1918:
    1 General der Munitionskolonnen und Trains im großen Hauptquartier,
    1 Feld-Trainschule,
    4 Train-Rekrutendepots,
    [405] 6 Tragtierkolonnen,
    1 Pferdedepot,
    2 Feldbäckereikolonnen,
    38 Feldschlächterabteilungen,
    2 Tragtier-Ersatz-Eskadrons.

    An Etappen-Trainformationen wurden darüber hinaus in den Jahren 1914 bis 1918 aufgestellt:
    11 Kommandeure der Etappen-Trains,
    3 Kommandeure der Etappen-Munitionskolonnen und -Trains,
    231 Etappen-Fuhrparkkolonnen,
    243 Magazin-Fuhrparkkolonnen,
    15 Etappen-Bäckereikolonnen,
    12 Etappen-Hilfsbäckereikolonnen,
    47 Etappen-Pferdedepots und
    viele kleine Etappen-Formationen.

Die Schwierigkeiten der Besetzung mit Personal, Gerät und Pferden steigerten sich im Verlaufe des Krieges immer mehr. Die ältesten Jahrgänge, körperlich kaum diensttaugliche Leute oder nur notdürftig militärisch ausgebildete Mannschaften, mußten sachgemäß auf die Neuformationen eingeteilt werden. Diese waren meist kurzfristig aufzustellen und sollten im Felde sofort verwendungsfähig sein. Das Feldgerät ließ vielfach die frühere Sorgfalt in der Anfertigung vermissen; das verwendete Material war von geringerer Güte und bestand oft aus wenig haltbaren Ersatzstoffen. Das Pferdematerial wurde gleichfalls schlechter und hatte in den letzten Kriegsjahren auch sehr unter der Herabsetzung der Futterrationen und der Verwendung von weniger nahrhaften Ersatzfuttermitteln zu leiden. Trotz der fast allgemein geringeren Leistungsfähigkeit der Neuformationen sollten diese aber nicht nur das gleiche leisten wie die anfänglich gut ausgerüsteten Kolonnen, sondern, infolge der allgemein gesteigerten Anforderungen im Nachschub der in gewaltigen Mengen benötigten Heeresbedürfnisse aller Art, meist noch mehr.

Außer den schon angeführten Formationen wurden an Artillerie- und Infanterie-Munitionskolonnen, deren Mobilmachung bei Artillerie-Truppenteilen erfolgte, zu Beginn des Krieges aufgestellt:

    20 Kommandeure der Munitionskolonnen,
    63 Munitionskolonnen-Abteilungsstäbe,
    115 Infanterie-Munitionskolonnen,
    235 Artillerie-Munitionskolonnen,
    6 Etappen-Munitionskolonnen-Abteilungsstäbe,
    43 Etappen-Munitionskolonnen.

    Im Verlauf des Krieges traten an Neuformationen hinzu:
    21 Munitionskolonnen-Abteilungsstäbe,
    [406] 34 Infanterie-Munitionskolonnen,
    134 Artillerie-Munitionskolonnen und Munitionskolonnen neuer Art,
    14 Etappen-Munitionskolonnen-Abteilungsstäbe,
    25 Etappen-Munitionskolonnen.

Außerdem wurden bei den Fußartillerie-Regimentern Fußartillerie-Munitionskolonnen-Abteilungsstäbe und Fußartillerie-Munitionskolonnen, sowie bei den Pionier-Bataillonen Korps- und Divisions-Brückentrains in großer Zahl aufgestellt.

Diese Angaben führen deutlich vor Augen, welch ungeheuere Anzahl an bespannten Formationen erforderlich war, um durch einen gut geregelten und sicher arbeitenden Nachschub von Kampf- und Verpflegungsmitteln die dauernde Schlagfertigkeit des Heeres zu gewährleisten. In vielen Fällen reichten hierzu die planmäßig aufgestellten und überwiesenen Formationen nicht aus; später entsprachen deren Bespannung und Ausrüstung mit Feldgerät nicht dem anfangs beabsichtigten Zweck oder der Eigenart des Kriegsschauplatzes, so daß zur Bildung von passenden Behelfskolonnen geschritten werden mußte.

Durch die bespannten Formationen allein wäre der Nachschub, zumal bei Zunahme der Entfernungen von den Eisenbahnendpunkten, nicht zu leisten gewesen, wenn nicht gleichzeitig Lastkraftwagenkolonnen in großer Zahl im Nachschubdienst tätig gewesen wären. Diese fanden in der Regel mehr im Etappen- und hinteren Operationsgebiet Verwendung. Hier ließen sich auf den besseren oder wiederinstandgesetzten Straßen die Schnelligkeit und das größere Fassungsvermögen der Lastkraftwagen besser ausnutzen, während weiter vorn im allgemeinen nur bespannte Kolonnen den Bewegungen der Truppen überallhin zu folgen vermochten. Teilweise fand auch auf einzelnen Nachschublinien eine gemischte Verwendung statt. Den Kraftwagenkolonnen wurden dann, wenn angängig, bestimmte Straßen zur alleinigen Benutzung zugewiesen, während den bespannten Kolonnen andere, etwa gleichlaufende Straßen zugeteilt waren. Mehrfach wurden auf den Teilstrecken je nach den Gelände-, Wege- und Witterungsverhältnissen Kraftwagenkolonnen oder bespannte Kolonnen eingesetzt. Umladungen mußten hierbei natürlich in Kauf genommen werden.

Aufgabe der höheren Leitung war es, von Fall zu Fall die zweckmäßige Wahl der Nachschubmittel zu treffen. Der richtige Einsatz trug wesentlich zur Schonung der Pferde und des Materials bei.


Deutsche Feldbäckerei.
Deutsche Feldbäckerei.      [Vergrößern]
Aus: Um Vaterland und Freiheit, Bd. 2, S. 65.


Deutsche Feldbäckerei.
Deutsche Feldbäckerei.      [Vergrößern]
Aus: Um Vaterland und Freiheit, Bd. 2, S. 65.


Deutsche Feldmetzgerei.
Deutsche Feldmetzgerei.      [Vergrößern]
Aus: Um Vaterland und Freiheit, Bd. 2, S. 65.
4. Die Tätigkeit im Aufmarschgebiet.

In die für die einzelnen Armeen an der West- und Ostgrenze bestimmten Aufmarschgebiete wurden zur Sicherstellung der Verpflegung der eintreffenden Truppen die beschleunigt mobil werdenden Bäckereiformationen, die Feld- [407] Bäckereikolonnen, die Etappen-Bäckereikolonnen und die Etappen-Hilfsbäckereikolonnen, sowie die zu den Etappen-Hilfsbäckereikolonnen gehörigen Schlächterabteilungen den Truppentransporten vorausgesandt. Diese Formationen mußten daher schon am zweiten oder dritten Mobilmachungstage marschbereit sein. Sofort nach Eintreffen im Aufmarschgebiet hatten sie Bäckereien einzurichten und den Backbetrieb zu eröffnen, damit die Brotversorgung der schon bald in dichter Reihenfolge eintreffenden Truppentransporte, sowie der diesen folgenden Kolonnen und Trains sichergestellt war.

Die Schlächtereiabteilungen richteten große Schlächtereien ein, damit auch die Versorgung mit frischem Fleisch, welche bei den großen Truppenansammlungen auf engem Raum besonders schwierig war, in ausreichendem Maße erfolgen konnte.

Den Truppentransporten voraus trafen auch die Etappen-Train-Eskadrons frühzeitig ein, um die im Aufmarschgebiet aus ausgehobenen Fahrzeugen und Bespannungen zusammengestellten Magazin-Fuhrparkkolonnen zu besetzen. Wenn auch schon im Frieden für die Aufmarschgebiete in dieser Hinsicht vorbereitende Maßnahmen getroffen waren, so stieß die Aushebung geeigneter Fahrzeuge und Bespannungen vielfach auf große Schwierigkeiten. Das noch zur Verfügung stehende Pferdematerial, von dem das brauchbarste bereits für die planmäßig mobil werdenden Formationen ausgehoben war, war zum Teil recht dürftig, ebenso die Beschirrung und der Zustand der landesüblichen, den militärischen Anstrengungen meist nicht entsprechenden Fahrzeuge. Diese mußten fast durchweg erst für den militärischen Gebrauch hergerichtet werden. Bretterfüllungen und Kopfwände waren zu ersetzen, Verschläge einzubauen für das Wagenzubehör; Bocksitze, Bremsvorrichtungen, Spriegel und Pläne zum Schutze der Ladung waren anzubringen. Die Beschirrung bedurfte meist sofortiger größerer Instandsetzung, um ein Ausfallen von Fahrzeugen im Dienst zu vermeiden. Alle eben eingetroffenen Handwerker hatten daher vollauf zu tun, um aus dem überwiesenen Material brauchbare und sogleich verwendungsfähige Kolonnen zu schaffen.

Mit Eintreffen der Truppentransporte mußte die Verpflegung sichergestellt sein. Es galt also, die Magazine zu füllen und die Bäckereien mit Backmaterial und Holz zu versorgen. Eben erst notdürftig zusammengestellt, begann der Dienst der Magazin-Fuhrparkkolonnen mit der Abfuhr von Verpflegungsmitteln von den Bahnhöfen und der Zufuhr zu den Magazinen und Bäckereien, oft auch bis zu den Truppen. An Ruhe war für das Kolonnenpersonal nicht zu denken; zum Teil mußte es sich auch erst mit den landesüblichen Bespannungen und Fahrzeugen vertraut machen.

So waren im Aufmarschgebiet an der Westgrenze, in der Eifel, die Magazin-Fuhrparkkolonnen mit den dort gebräuchlichen großen zweirädrigen Karren, welche gewöhnlich mit einer Leitleine von dem nebenher gehenden Fahrer [408] geführt wurden, ausgerüstet. Das Fahren dieser Karren mußte von den nicht damit vertrauten Mannschaften erst gelernt werden, besonders wenn zwei Pferde voreinander gespannt wurden. Die Anspannung in der Gabeldeichsel mit Tragesattel war ihnen fremd, das Beladen der hohen Fahrzeuge schwierig; die Verteilung der Last mußte dabei sehr gleichmäßig erfolgen, damit der Wagenkasten gut balancierte, ein übermäßiger Druck des Tragsattels vermieden wurde und der Zug nicht durch Hintergewicht erschwert war. Auch das Entladen war umständlich, da ein Umkippen des Wagenkastens nach hinten durch Anheben der Deichsel nach Abspannen des Zugpferdes, um eine Beschädigung der Säcke und Kisten zu vermeiden, nicht angängig war.

Teilweise reichte auch die Pferdebespannung nicht aus, so daß sofort schon Kolonnen mit Ochsenbespannung zusammengestellt werden mußten; Erfahrungen in der Behandlung von Ochsen fehlten aber dem größten Teil der Fahrer ganz; sie mußten erst von dem hiermit vertrauten Personal sachgemäße Anleitung erhalten, um die Leistungsfähigkeit dieser Zugtiere nicht vorzeitig herabzusetzen. Die Ochsen konnten mit den Pferdekolonnen nicht Schritt halten, ihnen mußten als Wiederkäuern nach dem Fressen entsprechend lange Ruhepausen gewährt, die Fütterung mußte erst erlernt werden, den Schmieden war das Beschlagen meist fremd. Also auch hier stand das Kolonnenpersonal vor bisher vollkommen unbekannten Aufgaben.

Das Verladen der Kolonnen auf der Eisenbahn zum Transport in das Aufmarschgebiet und das Entladen daselbst gestaltete sich bei den kurz bemessenen Fristen sehr schwierig, da einerseits dem Kolonnenpersonal die erforderliche Erfahrung fehlte und andererseits das wenig zahlreiche geschulte Aufsichtspersonal nicht überall bei dem gleichzeitigen Verladen eingreifen konnte. An die Selbständigkeit der Fahrer wurden also sehr hohe Anforderungen gestellt, da auch die Pferde vielfach nur widerwillig folgten und das Verladen und Ausladen der schwerbeladenen Fahrzeuge bei häufig nicht ausreichenden Laderampen viel Arbeit machte.

Nach den langen Eisenbahnfahrten rückten die Kolonnen, die meist auf zwei Züge verteilt werden mußten, sofort nach Ausladung in die ihnen zugewiesenen Unterkunftsbezirke ab. Bei der großen Truppenansammlung auf engem Raum war Ortsbiwak für die Kolonnen die Regel; auch das war erst zu erlernen.

Die Truppenkommandeure bekamen vielfach erst im Aufmarschgebiet die ihnen unterstellten Kolonnen zu sehen, da eine große Anzahl derselben außerhalb der Garnisonorte und bei anderen Truppenteilen mobil geworden war. Der kurze Aufenthalt im Aufmarschgebiet mußte also ausgiebig zu Besichtigungen benutzt werden, um Offiziere und Mannschaften kennenzulernen, und um sich von dem Zustand und der Leistungsfähigkeit der Kolonnen ein Bild zu verschaffen, bei der Mobilmachung nicht sofort zutage getretene Mängel [409] in der Bekleidung, Ausrüstung, Feldgerätsausstattung und Beladung, Einteilung der Unteroffiziere und Mannschaften, sowie Verwendung und Zusammenstellung der Pferde zu beseitigen.

Dank der Arbeit an allen Stellen und der vollen Ausnutzung der im Aufmarschgebiet zur Verfügung stehenden kurzen Zeit konnten aber auch die Kolonnen und Trains, in jeder Weise ebenbürtig den kämpfenden Truppen, gut ausgerüstet und leistungsfähig den Vormarsch in Feindesland antreten.

Der Weltkampf um Ehre und Recht.
Die Erforschung des Krieges in seiner wahren Begebenheit,
auf amtlichen Urkunden und Akten beruhend.
Hg. von Exzellenz Generalleutnant Max Schwarte