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Bd. 6: Die Organisationen der Kriegführung, Erster Teil:
Die für den Kampf unmittelbar arbeitenden Organisationen

  Kapitel 8: Kolonnen und Trains   (Forts.)
Generalmajor Hans Föst

5. Die Verwendung in den verschiedenen Kampfperioden.

Der Nachschub des Heeresgeräts war abhängig von den Kriegsschauplätzen, da die auf dem einen vorgefundenen Hilfsmittel zur Verpflegung und Ausrüstung des eigenen Heeres, sowie das Wege-, Eisenbahn- und Wasserstraßennetz nach Lage, Zustand und Leistungsfähigkeit und die vorgefundenen Betriebsmittel zum Teil ganz verschieden waren von denen eines anderen. Die Verhältnisse des östlichen und südöstlichen Kriegsschauplatzes, also in Polen, in Galizien und auf dem Balkan, stellten natürlich weit höhere Ansprüche an die Zahl und Leistungsfähigkeit der eigenen Nachschubmittel, als diejenigen des westlichen Kriegsschauplatzes, auf dem gute und zahlreiche, auch für Kraftwagen benutzbare Straßen, sowie ein weitverzweigtes Eisenbahn- und Wasserstraßennetz zur Verfügung standen. Außerdem waren die besetzten Landstriche Belgiens und Frankreichs hoch entwickelt in Kultur und boten reichliche Hilfsmittel jeder Art, während in den besetzten Gebieten im Osten und Südosten die wenigen vorhandenen Hilfsmittel vom Feinde auf dem Rückzuge entweder mitgeführt oder zerstört waren. Die Straßen und Eisenbahnverbindungen waren dort in jeder Beziehung recht dürftig, fast immer nachhaltig zerstört und erst in längerer Zeit für vollen Einsatz der eigenen Betriebs- und Nachschubmittel wiederherzustellen.

Ein gesicherter Nachschub war dort, wo zu Anfang die Eisenbahnen nicht benutzbar waren und wo wegen des Zustandes der Straßen und der sonstigen Geländeschwierigkeiten eine Verwendung von Kraftwagen vorerst ausgeschlossen war, allein von der Leistungsfähigkeit der mit Pferden bespannten Kolonnen und Trains abhängig. Zu Beginn der Operationen mußten diese daher in unerwartet großer Zahl eingesetzt werden; so war die höhere Truppenführung in der Zwangslage, teilweise Kolonnen einsetzen zu müssen, welche infolge ihrer Ausstattung mit schweren Proviant- oder Fuhrparkwagen oder durch ihre Bespannung mit schweren Pferden für den Zustand der bald grundlosen Wege oder im gebirgigen Gelände sich bald als völlig ungeeignet erwiesen. Die Leistungsfähigkeit der Kolonnen ging daher rasch zurück; die Nutzlast mußte mit Rücksicht auf die schlechten Boden- und schwierigen Geländeverhältnisse ganz bedeutend herabgesetzt werden, um ein Fortkommen der Kolonnen überhaupt zu er- [410] möglichen. Die Folge war, daß für den geregelten Nachschub kaum noch ausreichend Kolonnen zur Verfügung standen und deshalb, bei dem häufigeren Wechsel, den vorhandenen vermehrte Arbeitsleistungen durch größere Märsche zwischen den entleerten und gefüllten Kolonnen zugemutet werden mußten.

Tragtierkolonne an der Westfront
[416a]      Tragtierkolonne an der Westfront.

Die Überweisung von Kolonnen mit geeigneterer Bespannung und leichteren Fahrzeugen war meist erst später möglich - Selbsthilfe war daher vorerst geboten. An Ort und Stelle wurden Behelfskolonnen aus landesüblichen Fuhrwerken und Bespannungen, leichten Pferden oder Ochsen, zusammengestellt oder die vorhandenen Kolonnen durch Beigabe solcher Aushilfen verstärkt oder die Zugleistung durch Vorspann erhöht. Zum Glück war bei den schnellen Vormärschen der deutschen Armee ein Wegtreiben der in den ländlichen Bezirken in großer Zahl vorhandenen Zugtiere meist nicht ausführbar gewesen, so daß die Beitreibung dieser, die nach reichlicher Abschätzung stets gegen Gutschein erfolgte, zu Beginn der Operationen nicht auf Schwierigkeiten stieß. Auch die als Fahrer eingestellten Bauern der besetzten Gebiete erwiesen sich in der Mehrzahl als willig, wenn auch nicht gerade als zuverlässig, so daß das Kolonnenaufsichtspersonal energisch eingreifen mußte, um Ordnung und Marschdisziplin aufrechtzuerhalten und um Fahrer und Zugtiere zu den notwendigen Leistungen anzuspornen. In der Unterkunft war eine strenge Bewachung erforderlich, um die Fuhrleute am Entweichen zu verhindern, die Ladung vor Beraubung zu schützen, gute Pflege der Zugtiere zu gewährleisten und die Kolonnen wieder rechtzeitig für den Marsch zu versammeln.

Wenn also auch seitens der Kolonnenvorgesetzten und des Kolonnenpersonals selbständig alle irgend möglichen Aushilfsmaßnahmen zur Erhöhung und Erhaltung der Leistungsfähigkeit getroffen wurden, so ließ es sich vielfach vor Wiederherstellung der rückwärtigen Bahnverbindungen nicht vermeiden, daß zur Bewältigung des erforderlichen Nachschubes von den Kolonnen Marschleistungen gefordert werden mußten, die ohne Schädigung der allgemeinen Leistungsfähigkeit nicht auf die Dauer zu erfüllen waren. Infolge der großen Anstrengungen, verbunden mit zum Teil recht dürftiger Ernährung und Unterkunft, trat bald schon ein unverhältnismäßig hoher Abgang an Pferden ein, der sich bei der später recht brennend werdenden Pferdeersatzfrage sehr fühlbar machte.

Ebenso war der Verbrauch an Feldgerät, Fahrzeugen und Geschirren bei dem zu Anfang notwendigen Einsatz von Kolonnen mit ungeeignetem, zu schwerem Material und unzweckmäßiger Beschirrung oder Anspannung ganz bedeutend. Dieser Übelstand führte u. a., wie später geschildert werden wird, im weiteren Verlaufe des Krieges zur Bildung von Einheitskolonnen, welche mit leichteren und für alle Nachschubzwecke ihrer Bauart nach besser geeigneten Fahrzeugen ausgestattet waren. An Stelle des schwer zu verpassenden Kumtgeschirrs trat allgemein das Sielengeschirr, das sich auch für die im Futterzustande [411] zurückgegangenen Pferde leicht verschnallen ließ und an das die Ersatz- oder Vorspannpferde im allgemeinen schon gewöhnt waren. Die Verschiebungen der Kolonnen von einem Kriegsschauplatz auf den anderen wurden durch diese Maßnahmen wesentlich vereinfacht; meist brauchten hinsichtlich ihrer Geeignetheit später kaum noch besondere Erwägungen angestellt zu werden. Nur für einen Kriegsschauplatz mit ausgesprochenem Gebirgscharakter waren Kolonnen mit noch leichterem Feldgerät, dem kleinen Feldwagen 16, oder Tragetier- und Ochsenkolonnen erforderlich; in Gegenden mit Wüstenklima traten endlich die den Deutschen bisher gänzlich fremden Kamelkolonnen hinzu.

Türkische große Bagage mit Ochsengespann.
[408a]      Türkische große Bagage mit Ochsengespann.

Führer und Mannschaften mußten in solchem Falle die Ansprüche des Kriegsschauplatzes immer erst kennenlernen und auf Grund der gesammelten Erfahrungen ihre Tätigkeit regeln. Durch kameradschaftliche Überlieferung von den Kolonnen fanden sich auch die Neulinge bald mit den Eigenarten zurecht. Jede Kolonne sorgte, soweit irgend angängig, für Verbesserung der Wege, Herstellung von Brücken, Beseitigung von Wegehindernissen usw. und gab den folgenden oder begegnenden Kolonnen Kenntnis, wie jene am besten zu umgehen waren. Besondere Schwierigkeiten, die sich auf den Nachschubstraßen ergaben, wurden bei den vorgesetzten Dienststellen zur Meldung gebracht und dabei gewöhnlich gleich Vorschläge zur schnellen und sachgemäßen Abhilfe vorgelegt. Kurz, es wurde von dem Kolonnenpersonal alles getan, um den für die Schlagfertigkeit des Heeres so wichtigen Nachschub im Fluß zu erhalten.

Bei den schnellen Vormärschen zu Beginn des Krieges versagte der Nachschub teilweise nur deshalb, weil die Etappe, der zu Anfang keine weit vorführenden Eisenbahnlinien oder Wasserstraßen zur Verfügung standen, das Vorschieben auf den Landstraßen mit ihrem Fuhrpark nicht leisten konnte.

Die Truppe selbst war zu Beginn des Krieges, namentlich in dem reichen Westen, bei den schnellen Vorbewegungen meist in der Lage, die laufende Verpflegung aus den im Feindesland vorgefundenen Vorräten zu decken. Sogar darüber hinaus fanden sich meist noch reichlich Lebensmittel vor, so daß die Verpflegungskolonnen im Anfangsstadium des Krieges vielfach nur zur Auffrischung ihrer Beladung zur Ausgabe herangezogen zu werden brauchten. Später allerdings, namentlich mit der riesenhaften Ausdehnung der Kriegsschauplätze, gestalteten sich die Verpflegungsverhältnisse bei weitem ungünstiger; im Lande waren kaum noch Vorräte erhältlich, die nachgeführten waren knapp bemessen und mußten im Bewegungskriege meist aus weit zurückliegenden Magazinen durch die Kolonnen den Truppen zugeführt werden.

An Artilleriemunition dagegen lag allgemein bei dem Masseneinsatz von Geschützen und dem nie geahnten, ungeheuren Munitionsverbrauch ein großer Bedarf vor, der kaum gedeckt werden konnte. Infolge nicht ausreichender Nachführung durch die Etappen-Munitionskolonnen oder durch die Vorführung gerade [412] nicht benötigter Geschoßarten mußten die Munitionskolonnen der Korps oft weit bis zu den Etappen-Munitionsdepots zurückmarschieren. Aushilfe wurde durch zeitweise zum Nachschub nicht beanspruchte Verpflegungskolonnen geschaffen.

Bei den großen Offensiven im Westen verführten die zu Anfang guten Straßen leicht dazu, die nach Schnelligkeit und Fassungsvermögen leistungsfähigeren Kraftwagenkolonnen zu weit nach vorn bis zu den Kampftruppen vorzuschieben, während den in großer Zahl bereitgestellten Pferdekolonnen weiter rückwärts der Nachschub zu den Depots und Magazinen zufiel.

Da aber die Hauptstraßen bald auch weit hinter der Front unter schwerem feindlichen Artilleriefeuer oder Fliegerbomben lagen, Feld- und Nebenwege meist für Lastautos nicht benutzbar waren und außerdem die großen Landstraßen weiter vorn durch den regen Wagenverkehr in kurzer Zeit sehr schlecht wurden, so mußte bald ein Austausch mit Pferdekolonnen eintreten. Vielfach blieben die Kraftwagen auf den schlechten Wegen liegen und sperrten die Straßen oder waren aus dem unwegsamen Trichtergelände nicht mehr herauszuschaffen. In diesem konnten eben nur Pferdekolonnen, solange man keine Tanks zur Munitionszufuhr in der gefährdeten vordersten Kampfzone einsetzen konnte, Verwendung finden.

Im allgemeinen hat der Nachschub durch Pferdekolonnen auch unter den schwierigsten Verhältnissen dank der vollen Hingabe des gesamten Kolonnenpersonals nicht versagt. Die Kolonnen sind bei schlechten Wege-, Witterungs- und Unterkunftsverhältnissen, bei Tag und Nacht, im schwersten feindlichen Feuer, bei dürftiger Verpflegung für Mann und Pferd, ohne Ruhepausen unermüdlich im Nachschubdienst tätig gewesen; das Gelingen der Operationen ist nicht zum wenigsten dem zuzuschreiben, daß die Truppe durch rechtzeitige und ausreichende Nachführung von Munition, Verpflegung, Pioniergerät und Nahkampfmitteln stets kampffähig erhalten worden ist. Unregelmäßigkeiten im Nachschub fielen in den meisten Fällen nicht den Kolonnen und Trains zur Last, sondern lagen daran, daß Führung und Truppe vor nie geahnten Aufgaben hinsichtlich der Nachführung des riesenhaften Bedarfs an Heeresbedürfnissen aller Art standen und in ihren alten, gegen die Ausmaße des Weltkrieges unzureichenden Erfahrungen völlig umlernen mußten.

Zur Regelung eines gesicherten Nachschubs ist es unbedingtes Erfordernis, daß alle verantwortlichen Organe der höheren Truppenführung und die Etappenbehörden Hand in Hand arbeiten; nur auf diese Weise können sämtliche Nachschubmittel voll ausgenutzt werden; nur so ist es zu erreichen, daß die verschiedenartigen Heeresbedürfnisse dem jeweiligen Bedarf der Truppen entsprechend vorgeführt werden. Obgleich dies im allgemeinen der Fall war, haben sich vereinzelt Stockungen im Nachschub nicht vermeiden lassen, oder die Zuführung der Bedürfnisse erfolgte nicht der Dringlichkeit entsprechend. Dann hatte nicht [413] nur die Truppe zu büßen, sondern auch die Kolonnen wurden arg in Mitleidenschaft gezogen, da ihnen vergebliche Märsche oder unnötiges oft tagelanges Warten zugemutet wurden mußten.

Von einem besonders in die Augen springenden Fall berichtet Ludendorff in seinen Kriegserinnerungen:1

      "Nachdem endlich nach Fertigstellung der Eisenbahnbrücke bei Kowno Ende September 1915 täglich mit zwei Zügen für die zwölfte Armee nach Lida gerechnet werden konnte, war es aber nicht so einfach, die Züge, die die Armee wirklich brauchte, hinzubekommen. Die zwölfte Armee verlangte als besonders dringlich einen Haferzug und bekam einen solchen mit Selterswasserflaschen! Es ist dies für den großen Krieg eine Kleinigkeit. Das Wohlbefinden von Mann und Pferd setzt sich aber nun einmal aus Kleinigkeiten zusammen und damit gewinnen diese eine ganz unendliche und ausschlaggebende Bedeutung."

Wenn man sich vergegenwärtigt, daß ein Haferzug rund 250 t Hafer ladet, so machte der Inhalt des Zuges damals die Beladung von etwa zehn vollen Kolonnen aus, da die Ladefähigkeit mit Rücksicht auf den schlechten Zustand der Wege und die bereits sehr gesunkene Leistung der Bespannungen bedeutend herabgesetzt war. Berichtet doch gerade Ludendorff über die damalige Verpflegungslage: "Die Futterlieferung für die Pferde war nicht genügend. Hafer fehlte, Rauhfutter war zu sperrig, um es in genügenden Mengen heranzubringen. Viele Pferde starben an Entkräftung. Wir gaben schließlich Holzmehl."

Aus diesem einen Beispiel dürfte erhellen, welch niederdrückenden Einfluß solche Vorkommnisse auf die Stimmung der Truppen und Kolonnen, die in dem Pferde ihren treuen Kameraden zu sehen gewohnt waren, haben mußten.

Auch die mangelnde Selbsttätigkeit der Etappenkolonnen steigerte oft die Ansprüche an die vorn tätigen Korpskolonnen. Auch hierzu ein Beispiel:

Als das Generalkommando XI. Armeekorps bei der durch das Zurückgehen der österreichischen Armee von Iwangorod nach Radom veranlaßten allgemeinen Rückbewegung am 26. Oktober 1914 in Kurowice südöstlich Lodz eintraf, wurde dort eine mit Verpflegung beladene Etappen-Fuhrparkkolonne vorgefunden. Diese wartete dort nach Erreichung ihres anfänglichen Marschzieles seit mehreren Tagen auf weitere Befehle. Einen Teil der mitgeführten Verpflegung hatte sie in dem ausgesogenen Lande schon selbst aufgezehrt und war froh, als ihr der Rest vom Korps abgenommen wurde und sie entleert den Rückmarsch zur Etappe antreten konnte. - Da beim Vormarsch häufig mehrere Armeekorps auf eine Straße als rückwärtige Verbindung angewiesen werden mußten, aber von der Etappe vielfach nicht bestimmt war, welche Etappenkolonnen für das eine, welche für das andere Korps zu liefern hatten, so trat mehrfach eine Art Raubsystem ein. Jeder Kolonnenkommandeur empfing aus [414] der ersten angetroffenen Etappenkolonne, und diese wiederum betrachtete nach der Entleerung ihre Aufgabe als erfüllt und trat befriedigt den Rückmarsch zur Etappe an. Der gleiche Fall trat häufig bei den von der Etappe vorgeschobenen Magazinen und Depots ein, so daß dort die bestimmte Ladung von der Kolonne eines anderen Korps vorweg empfangen war.

Von dem zu Beginn des Krieges üblichen geschlossenen Marschieren der Staffeln, das bei der oft 10 - 15 km langen Marschkolonne unnötige Halte und Marschstockungen zur Folge hatte, machte man sich bald frei. Den Kolonnen wurden je nach ihrer Bestimmung gruppenweise die Marschziele zugewiesen. Hierdurch wurde eine wesentliche Schonung von Mann und Pferd erreicht, auch wurden bessere Unterbringungsmöglichkeiten erzielt. Auf solche verzichtete man zu Anfang meist ganz; dann bildeten weitausgedehnte und nach der damaligen Vorschrift regelmäßig angelegte Biwaks der Kolonnen an der Hauptmarschstraße bei dem Vormarsch in Belgien, Ostpreußen und auch zu Anfang in Polen die Regel. Mit Angriffen durch Flieger hatten die Kolonnen damals noch nicht zu rechnen, ja, es wurde seitens dieser als ein besonderes kriegerisches Erlebnis begrüßt, wenn sich in den höchsten Höhen einmal ein feindlicher Flieger über den Kolonnen sehen ließ. Häufig wurde er sogar mit Karabiner- oder Gewehrsalven empfangen, die ihm natürlich nichts anhaben konnten.

Später verboten sich solche großen Truppenansammlungen wegen Fliegerangriffen ebenso, wie die langen dicht aufgeschlossenen Marschkolonnen. Zur Verschleierung gegen Fliegererkundung und zum Schutz gegen Fliegerangriffe mußten die Trains nicht nur in kleine Marschkolonnen geteilt werden, sondern auch häufig nur bei Dunkelheit marschieren. Da eine vorherige Erkundung der in der Regel unbekannten Wege meist nicht möglich war, auch ohne angezündete Laternen marschiert werden mußte und die verschiedensten Hindernisse oft Marschstockungen verursachten, so waren die Anstrengungen, die an Mann und Pferd gestellt werden mußten, besonders große. Auch bei Wahl und Anlage der Unterkunft mußte hierauf Rücksicht genommen werden.

Sowohl bei den Vor- wie den Rückmärschen konnte die Verpflegungszufuhr durch die Kolonnen fast allgemein immer so rechtzeitig und ausreichend erfolgen, daß ein Angreifen des eisernen Bestandes durch die Truppen nur auf wenige Ausnahmefälle beschränkt geblieben ist; Ersatz der verbrauchten Portionen und Rationen durch die Kolonnen erfolgte stets sofort.

Außer zur Überwindung der häufigeren Stockungen in der Munitionszufuhr mußten von den Kolonnen oftmals auch durch den Umtransport der beim plötzlichen Stellungswechsel in den Batteriestellungen zurückgelassenen, vielfach sehr großen Munitionsbestände erhöhte Marschleistungen in schwierigem Gelände und im feindlichen Feuer gefordert werden. Zur Schonung der Kolonnen sah man daher später namentlich bei den großen Offensiven davon ab, zu große Bestände in den Ausgangsstellungen oder Depots niederzulegen. [415] Sie wurden vielmehr beweglich auf Kraftwagen- oder Pferdekolonnen an solchen Punkten bereitgestellt, von denen ein schnelles Vorschieben in den verschiedensten Richtungen leicht ausführbar war.

Im Stellungskriege ließ sich der Nachschub von Munition, Verpflegung, Pioniergerät und Nahkampfmitteln im allgemeinen einfacher regeln. Hier wurden Depots, Magazine oder Parks so weit wie möglich vorgeschoben. Von dort holten die Truppen ihren Bedarf unmittelbar mit ihren Fahrzeugen ab, während die Füllung der Depots, Magazine und Parks durch die Kolonnen erfolgte. Mit dem weiteren Ausbau der rückwärtigen Verbindungen geschah diese Zufuhr meist durch Feld- und Förderbahnen oder auf in Benutzung genommenen Wasserstraßen oder Kanälen. Den Betrieb auf diesen, wie auf den Bahnen übernahmen vielfach die Kolonnen mit ihren Bespannungen. Dadurch wurde das Kolonnenpersonal vor völlig neue Aufgaben gestellt. Wenn auch die im Bahn- und Treidelbetrieb verwendeten Pferde rascher überanstrengt wurden und sich viele Beschädigungen zuzogen, so konnte man doch durch Einsatz von weniger Bespannungen größere Nutzlasten befördern und hierdurch Kolonnen für andere Zwecke frei bekommen. Das Kolonnenpersonal machte sich rasch mit den Eigenarten des Bahn- und Treidelbetriebs vertraut, führte bald im Betrieb Verbesserungen ein und leistete auch hier Gutes.

Im Gebirge mußte die Füllung der vorgeschobenen Magazine durch mit leichten Gebirgswagen, später mit Feldwagen 16 ausgestattete Kolonnen oder durch Tragtierkolonnen erfolgen. In den kahlen Hochgebirgen auf dem Balkan mußte zu den vorderen Stellungen die Zufuhr durch die Tragtierkolonnen meist in der Dunkelheit geschehen, da die Pfade fast durchweg streckenweise einzusehen waren und die auf diese allein angewiesenen, lang auseinander gezogenen Tragtierkolonnen sofort Feuer erhielten.

Die Nachtmärsche der Tragtierkolonnen im Hochgebirge auf den schmalen und steilen Saumpfaden waren nicht nur äußerst anstrengend für die Tragtierführer und die Tragtiere, sondern auch ganz besonders gefährlich. Oft stürzten Tragtiere ab und rissen die Führer mit in den Abgrund. Aber trotz aller Fährnisse vollführten Führer und Tiere unentwegt den beschwerlichen Auf- und Abstieg. Selbst stockfinstere Nacht, Schnee und Eis und heftiger Sturm, gegen den sich Mann und Tier oft kaum auf den Beinen halten konnten, hielten die Tragtierkolonnen nicht ab, ihre Pflicht gegenüber den am Feinde liegenden Truppen zu erfüllen.

Für die Vormärsche der gefüllten und Rückmärsche der entleerten Kolonnen wurden im Stellungskriege die verfügbaren Wege zweckmäßig so verteilt, daß Kreuzungen vermieden wurden. Das Kolonnenaufsichtspersonal wurde an der Hand von Wegeskizzen oder durch Erkundungen bei Tage in dem in Betracht kommenden Gelände eingehend über alle Verbindungen bis zu den vordersten Batteriestellungen unterwiesen. Nur so ist die Munitionszufuhr in [416] dem meist wegelosen und verschlammten Gelände an der Somme-, Champagne- und Verdunfront möglich gewesen; nur durch genaue Geländekenntnis des Kolonnenpersonals konnte der Nachschub im Trichtergelände, im Sperrfeuer und bei Nacht ohne allzu große Verluste glatt vonstatten gehen.

Um Verluste zu vermeiden, wurden die Kolonnen beim Vormarsch zu den Batteriestellungen in kleine Einheiten, Gruppen, geteilt. An die Selbsttätigkeit der Unteroffiziere und Wagenführer wurden hierdurch die höchsten Anforderungen gestellt, zumal das Auffinden der schon bei Tage kaum zu entdeckenden Batterien bei Nacht ohne Führer eine ganz besondere Findigkeit verlangte und das Durchschreiten der Gefahrzone große Kaltblütigkeit erforderte. Die gewaltigen Anstrengungen wurden offenbar, wenn man sah, wie die Fahrer nach erfüllter Pflicht während des Rückmarsches fast teilnahmlos, über und über mit Schlamm bedeckt, auf den todmüden Pferden hingen. Und doch mußte wochenlang die gleiche Aufgabe Nacht für Nacht erfüllt werden - und sie wurde restlos erfüllt.

Für den Angriff im Stellungskriege wurden, um die Anfangserfolge zum operativen Durchbruch zu gestalten, auch für die Munitionsversorgung und den sonstigen Nachschub die umfangreichsten Vorbereitungen getroffen. Neben der Bereitstellung zahlreicher leistungsfähiger Kolonnen waren den Divisionen durchgehende Straßen bis weit in den Feind hinein zugewiesen; alle Kolonnen hatten eingehende Sonderanweisungen erhalten und waren reichlich mit Reitern ausgestattet, um stets die Verbindung nach vorn aufrechtzuerhalten. Auch bei den großen Offensiven im Westen haben die Kolonnen unter den schwierigsten Verhältnissen voll ihre Schuldigkeit getan und reichlich zu den glänzenden Erfolgen beigetragen.

Wesentlich anders wiederum gestaltete sich die Regelung des Dienstes der Kolonnen auf den Kriegsschauplätzen mit ausgesprochenem Gebirgscharakter. Hier waren für das Marschieren auf den langen und engen Paßstraßen, wie z. B. auf dem mazedonischen Kriegsschauplatz, für das Überschreiten des Babuna- oder Pelikamenpasses, wo Kreuzungen von Kolonnen so gut wie ausgeschlossen waren, genaue Vorschriften gegeben, bis zu welcher Zeit die Paßhöhe von der einen oder anderen Seite erreicht oder überschritten sein mußte. Auf dieser selbst war ein Straßenpolizeikommando stationiert und Unterkunfts- und Verpflegungsmaßnahmen für zurückgehaltene Kolonnen getroffen.

In ähnlicher Weise war auf dem Vormarsch in Nordserbien das Durchschreiten des langen Engpasses am Dzep geregelt. Dieses dauerte auf dem an der Morava im Gebirge entlangführenden und mit einer fußhohen klebrigen Schlammschicht bedeckten Wege für die den Truppen folgenden Kolonnen und Trains etwa 4 Tage. Diese waren für den Durchmarsch in 5 Tagesgruppen zu je 11 Kolonnen eingeteilt. Der Engpaß selbst war mit 5 Telephonstationen, bei der sich je 1 Offizier als Leiter des Marsches befand, besetzt. Die Station [417] am Anfang gab der nächsten Nachricht, sobald die erste Tagesgruppe in den Engpaß einmarschierte. Die zweite Station meldete der ersten zurück, sobald alle Kolonnen der Tagesgruppe bei ihr eingetroffen waren. Da der Führer somit Gewißheit hatte, daß der Weg frei war, ließ er am nächsten Tage die zweite Tagesgruppe in den Paß hinein. Die einzelnen Tagesgruppen setzten ihren Vormarsch in der gleichen Weise fort. Jede Tagesgruppe marschierte an einem Tage von einer Telephonstation zur anderen. Der Engpaß war bis 1 Uhr mittags nur für die Bewegungen von Norden nach Süden geöffnet. Von dieser Zeit ab biwakierte alles von Norden nach Süden Kommende auf der Straße scharf rechts herangefahren und machte den Weg für die zurückkehrenden Kolonnen am Nachmittag frei. Die Handhabung der strengsten Straßenpolizei und das dem Eisenbahnverkehr nachgebildete Blocksystem haben sich glänzend bewährt. Wenn auch häufig schwere Fahrzeuge in dem grundlosen Schlamm steckenblieben und buchstäblich ausgegraben werden mußten, um weiterzukommen, so vollzog sich der Durchmarsch doch einigermaßen glatt; die Pferdeverluste waren sogar trotz der großen Anstrengungen äußerst gering. An Verpflegung hatte jede Kolonne den sechstägigen Vorrat geladen, so daß die Nutzlast sehr gering war. Für die Brotversorgung waren fahrbare Backöfen in die Mitte des Engpasses vorgezogen worden. Rauhfutter mußten die Kolonnen aus den Gebirgsdörfern mit den Pferden als Tragtiere heranholen.

Wenn planmäßige Rückwärtsbewegungen erfolgten, bei denen mit einem Nachdrängen des Feindes gerechnet werden mußte, wurden besonders sorgfältig durchdachte und weit vorausschauende Maßnahmen für die Märsche der Kolonnen und Trains notwendig. Diese hatten beim Zurückgehen die noch benötigten Heeresbedürfnisse an Munition und Verpflegung an geeigneten Stellen an den Rückzugsstraßen für die Truppen bereitzustellen. Da die Kolonnen und Trains über die Lage gewöhnlich nur ganz allgemein unterrichtet waren und bei ihnen daher wilde Gerüchte leichter fruchtbaren Boden fanden, galt es, die unter solch kritischen Verhältnissen mehr wie verständliche Unruhe möglichst auszuschalten. Dies ist z. B. musterhaft gelungen beim Rückmarsch der 9. Armee im Herbst 1914 von Iwangorod über Radom, von der Weichsel bis hinter die Warthe. Erst nach Überschreiten dieser bei Sieradz, als die kritische Lage überwunden, wurde es den Kolonnen klar, daß es sich tatsächlich um einen Rückzug unter scharfem Nachdrängen des Feindes gehandelt hatte. Bis dahin glaubte man nur an eine der üblichen Umgruppierungen; daher wurden von den Kolonnen und Trains, bei denen gleichfalls die beste Stimmung herrschte, alle Anordnungen in größter Ruhe und Ordnung ausgeführt.

Etwas weniger günstig dagegen schneiden in Ludendorffs Schilderung der Schlacht von Tannenberg die Kolonnen ab. Nachdem schon durch die fälschliche Meldung, daß das I. Armeekorps geschlagen sei und dessen Trümmer bei Montowo einträfen, die Nervenanspannung aufs höchste ge- [418] stiegen war, brachten recht eilig durch Löben zurückgehende Trainkolonnen neue Unruhe. An anderer Stelle wird aber bei der gleichen Schilderung hervorgehoben, daß die Kolonnen und Trains des I. Reservekorps und XVII. Armeekorps, die ursprünglich im Abmarsch hinter die Passarge waren, sehr schwierige Bewegungen machen mußten, um in ihren richtigen Aufmarschbezirk zu kommen, und diese Bewegungen ohne allzu große Reibungen ausführten.

Die zu Ende des Krieges angeordnete Zurückverlegung der gesamten Kampffront im Westen stellte an die Regelung der Kolonnenbewegungen und an die Leistungsfähigkeit der Kolonnen ganz ungeheure Anforderungen. Diese wären trotzdem restlos erfüllt worden, wenn nicht die harten Waffenstillstandsbedingungen in voller Absicht eine mehr wie übereilte Räumung der besetzten Gebiete gefordert hätten. Hierdurch wurden die bis ins kleinste getroffenen Maßnahmen zum größten Teile nicht mehr durchführbar; schnellste Änderungen mußten veranlaßt werden, und alle Dienststellen bis zu den Kolonnenkommandeuren herab waren gezwungen, selbständig und auf eigene Verantwortung zu handeln. Aber jeder im Kolonnendienst Befindliche hat auch in dieser Zeit mit Aufbietung aller Kräfte das Möglichste geleistet, um das wertvolle Heeresgerät zu bergen und es nicht in die Hände des Feindes fallen zu lassen.

Erschwerend fiel hierbei ins Gewicht, daß die Disziplin durch die ausgebrochene Revolution allgemein erheblich gelockert war, wenngleich zur Ehre der Kolonnen gesagt sein muß, daß diese, soweit sie den Truppenverbänden angehörten, bis zur Demobilmachung fest in der Hand der Staffel- und Kolonnenkommandeure blieben. Daß später von dem geborgenen Heeresgut in der Heimat so viel verschleudert worden ist, ist der Revolution, welche die Auflösung des Heeres in nie geahnter Weise zur Folge hatte, sowie der Mißwirtschaft der Soldatenräte, die die Einwirkung der Offiziere meist ganz auszuschalten oder sehr einzuschränken wußten, zur Last zu legen.

Grundlegend für einen geregelten Nachschub war die allen Verhältnissen Rechnung tragende tägliche Ausgabe der "besonderen Anordnungen" für die Bewegung der Kolonnen. Sie konnte gewöhnlich erst in der Nacht erfolgen, nachdem die Lage durch die Nachrichten über den Feind und durch die Meldungen der eigenen Truppen so weit geklärt war, daß sich der Bedarf und die Marschziele der Kolonnen für den nächsten Tag übersehen ließen, und im Zusammenarbeiten aller Dienststellen die nicht immer gleichlaufenden Forderungen je nach der Dringlichkeit des Bedürfnisses und den zur Verfügung stehenden Nachschubmitteln in Einklang gebracht waren.

Da die Befehle für die Kolonnenbewegungen meist erst in der Nacht ausgegeben und an die einzelnen Kolonnen übermittelt wurden, wurden auch an die Findigkeit der Befehlsempfänger im unbekannten Feindesland die höchsten Anforderungen gestellt. Von ihrer Erfüllung hing die rechtzeitige Marsch- [419] bereitschaft der Kolonnen und von dieser wiederum die rechtzeitige Erreichung der bestimmten Marschziele ab und somit letzten Endes die Schlagfertigkeit der Truppen. Nur dadurch, daß alle beteiligten Stellen und Personen umsichtig und mit Einsatz allen Könnens Hand in Hand arbeiteten, sind die oft schwierigen Nachschubfragen gelöst worden.

Die Aufgabe, alles bei den Truppen überflüssige Heeresgerät sowie Altmaterial der verschiedensten Art mit zurückzunehmen, nahm im Kriege dauernd an Bedeutung zu. Es wurde wegen des im Laufe des Krieges sich immer stärker fühlbar machenden Mangels an Rohstoffen und Arbeitskräften zur Neuanfertigung in der Etappe oder Heimat dringend benötigt; andererseits mußte aber auch die Truppe möglichst schnell von allem unnötigen Ballast befreit werden.

Der Verwundetentransport hat zu Anfang des Krieges bei den schnellen Vormärschen, namentlich in Rußland, vielfach versagt. Die Hauptverbandplätze und die in der Nähe des Gefechtsfeldes eingerichteten Feldlazarette waren überfüllt; die entleerten Verpflegungskolonnen reichten zum Abschub nicht annähernd aus; die Munitionskolonnen waren damals noch mit nach dem Protzsystem gebauten Munitionswagen ausgerüstet und daher zum Verwundeten- und Krankentransport nicht geeignet. Die Sanitätskraftwagenkolonnen wurden im Operationsgebiet verspätet eingesetzt und lagen vielfach noch in Ruhe im Etappengebiet, während vorn empfindlicher Mangel an Transportmitteln für den Verwundeten- und Krankenabschub vorlag. Teilweise allerdings konnten auch die Sanitätskraftwagenkolonnen auf dem östlichen und südöstlichen Kriegsschauplatz wegen des schlechten Zustandes der Wege und der schwierigen Geländeverhältnisse nicht eingesetzt werden. Um einigermaßen abzuhelfen, wurde allgemein angeordnet, daß grundsätzlich alle leer zurückmarschierenden Kolonnen verpflichtet waren, Verwundete mit zurückzunehmen. An den Hauptverbandplätzen und vorn eingerichteten Kranken- und Verwundetensammelstellen und Feldlazaretten war es daher üblich, an den Marschstraßen Schilder anzubringen oder Tafeln aufzustellen mit dem Hinweis: "Leere Kolonne halt! Verwundete mitnehmen." Selbstverständlich haben sich die Kolonnen dieser Pflicht nicht entzogen; aber der Verwundetenabschub geschah dort reibungsloser, wo er einheitlich durch die besonderen Anordnungen mitgeregelt war. Nur so war eine Einteilung der hiermit beauftragten Kolonnen entsprechend ihrer späteren Verwendung und der Zahl der nach den einzelnen Lazarettanstalten abzutransportierenden Verwundeten und Kranken möglich. Die zum Verwundetentransport bestimmten leeren Kolonnen waren angewiesen, dem betreffenden Lazarett usw. ihr voraussichtliches Eintreffen zu melden, damit das Verladen der Verwundeten ungesäumt vonstatten ging und alle Vorbereitungen hierzu, wie Bereitstellung von Lagerstroh, Verpflegung, Verbandzeug usw., getroffen werden konnten.

[420] Auf der Rückmarschstraße wurden für die Verwundetentransporte Übernachtungsstellen, in denen auch ärztliche Versorgung und Verpflegung sichergestellt waren, eingerichtet. Gewöhnlich trugen hierfür die Staffelärzte Sorge.

Da die mit den Verwundeten und Kranken zurückzulegenden Märsche nie zu groß sein und grundsätzlich nur im Schritt bewirkt werden durften, wurde der Rückmarsch der Kolonnen, die leer sonst streckenweise traben konnten und von denen ohne Beladung auch größere Marsche gefordert worden wären, erheblich verzögert, zumal Abgabeort der Verwundeten und Füllungsort wohl in den wenigsten Fällen zusammenlagen. Berücksichtigt werden mußte bei diesen Märschen ferner, daß das Verladen der Kranken und Verwundeten, wie auch die Entladung an den Zwischen- und Endstationen möglichst bei Tage stattfand.

Die bei den Rückmärschen auf den Marschstraßen angetroffenen Leichtkranken und Leichtverwundeten schlossen sich vielfach den Kolonnen an.

Die für den Nachschubdienst vorübergehend entbehrlichen oder zeitweise zur Schonung zurückgezogenen Kolonnen wurden im rückwärtigen Operations- und Etappengebiet nutzbringend für die Allgemeinheit in den unter militärischer Leitung stehenden landwirtschaftlichen Betrieben verwendet. Ohne Einsatz der Kolonnen wäre eine Bestellung und ein Abernten der weiten Flächen des besetzten feindlichen Gebietes nicht möglich gewesen; dieselben hätten dann größtenteils brach liegen müssen, und die Ernährungsschwierigkeiten beim Heere und in der Heimat wären derart gesteigert, daß wohl allein hieran die Fortsetzung des Krieges gescheitert wäre. Neben dem unschätzbaren, großen volkswirtschaftlichen Nutzen hatte aber diese Verwendung für die zurückgezogenen Kolonnen auch den Vorteil, daß die Pferde in Arbeit erhalten wurden. Diese Art der Verwendung trug wesentlich zur Schonung und Erhaltung der Pferde bei, da die Futter- und Unterkunftsverhältnisse im rückwärtigen Gebiet, in den Landwirtschaftsbetrieben, im allgemeinen gute waren.

Weniger günstig für die Erhaltung der Leistungsfähigkeit der Kolonnen dagegen war deren Verwendung zum Straßen- und Stellungsbau, da hier die Fertigstellung meist drängte und daher hohe Leistungen von Mann und Pferd bei vielfach dürftiger Unterkunft und den Anstrengungen nicht entsprechender Verpflegung gefordert werden mußten. Auch das Feldgerät wurde in kurzer Zeit stark abgenutzt; die Feldwagen waren zum Fahren von Schotter, Steinen, Langholz usw. ihrer Bauart nach wenig geeignet; vielfach wurden sie überlastet, und bald waren sie stark instandsetzungsbedürftig.

Besonders anstrengend für die Kolonnen waren ferner die Arbeiten in Waldungen, zum Abschleppen der dort geschlagenen Stämme und Abfahren dieser zu den Sägewerken, sowie der Dienst im Bau von Telegraphen- und Hochspannleitungen.

[421] Die Wiederverwendung zurückgezogener Kolonnen im Nachschubdienst erfolgte im allgemeinen erst, nachdem sie wieder voll leistungsfähig waren. Nur zu Ende des Krieges, als der größte Teil der Kolonnen nur noch über ein beschränkt leistungsfähiges Pferdematerial verfügte, mußte leider bei dem großen Bedarf an Nachschubmitteln von diesem Grundsatz abgegangen werden; kaum notdürftig erholte Kolonnen wurden wieder eingesetzt und haben trotzdem ihre Schuldigkeit bis zum Ende ihrer Leistungsfähigkeit getan.

Im Stellungskriege, an ruhigen Fronten, traten nach Ausbau der rückwärtigen Verbindungen weit nach vorn führende Eisenbahnen, Feld-, Förder- und Seilbahnen für den Nach- und Abschub der Heeresbedürfnisse und des überflüssigen Geräts usw. ein; dann war die Tätigkeit der Kolonnen im laufenden Nachschubdienst gewöhnlich ganz eingeschränkt. Da solche Fronten in der Regel mit Kampftruppen nur schwach besetzt waren, wurde hier mehrfach aus den ohne Schädigung des inneren Dienstes und der Marschfähigkeit der Kolonnen verfügbaren Unteroffizieren und Mannschaften eine Infanteriereserve zusammengestellt, welche bei einem etwaigen Durchbruch des Feindes zum Halten der zweiten Stellung eingesetzt werden sollte. Vorbedingung für die nutzbringende Verwendung des Kolonnenpersonals zu diesem Zwecke war natürlich eine gründliche infanteristische Gefechtsausbildung unter erfahrenen älteren Infanterieoffizieren oder bei Rekrutendepots oder Kampfschulen; die bisherige Ausbildung des Kolonnenpersonals im Sicherungsdienst und in der Abwehr feindlicher Angriffe reichte hierzu nicht aus.

So wurde im Befehlsbereich des XI. Armeekorps aus verfügbarem Aufsichtspersonal und den Mannschaften der Kolonnen im Sommer 1916 an der Aisne - Oise-Front ein Infanterie-Bataillon in der Stärke von 600 Gewehren zusammengestellt. Die kriegsmäßigen Übungen mit diesem hatten ein durchaus befriedigendes Ergebnis; und es hätte das Kolonnenpersonal wohl auch im Bedarfsfalle seine Schuldigkeit ebenso getan, wie das in ähnlicher Weise an der Champagne-Front zusammengestellte Personal, durch dessen Einsatz im Verein mit einem Rekrutendepot der Durchbruch der Franzosen schließlich zum Stehen kam.

Aber auch in anderer Weise mußte das Kolonnenpersonal aushelfen. Sofern zum Ausbau der Stellungen nicht genügend Arbeitskräfte zur Verfügung standen, stellte man aus den Kolonnen Arbeitskommandos zusammen. Auch hier hat das Kolonnenpersonal nicht versagt und sein möglichstes im ungewohnten Pionierdienst geleistet.


1 [1/413]Ludendorff, Kriegserinnerungen Seite 141. ...zurück...


Der Weltkampf um Ehre und Recht.
Die Erforschung des Krieges in seiner wahren Begebenheit,
auf amtlichen Urkunden und Akten beruhend.
Hg. von Exzellenz Generalleutnant Max Schwarte