Bd. 6: Die Organisationen der Kriegführung,
Erster Teil:
Die für den Kampf unmittelbar arbeitenden
Organisationen
Kapitel 7: Das
Feldkraftfahrwesen (Forts.)
Hauptmann Walter Sußdorf
6. Das Jahr 1917.
Der Beginn des Jahres 1917 sah die Kraftwagenkolonnen besonders auf dem
westlichen Kriegsschauplatz in reger Tätigkeit; sie wurden
anläßlich der Frontverkürzung zwischen Péronne und
Noyon zu Räumungstransporten in der aufzugebenden Zone verwendet. An
anderen Stellen hatten sie die Beförderung von Material aller Art zum
Ausbau rückwärtiger Stellungen, [372] sowie von
Straßenbaustoffen zur Vervollständigung des Wegenetzes zu
übernehmen. Sehr bald wurden der Kraftfahrtruppe aber wichtigere
Aufgaben gestellt; es galt, die Westfront in der Behauptung gegen die im
Frühjahr mit großer Überlegenheit einsetzende feindliche
Offensive im Artois, am Damenweg und in der Champagne, später auch im
Wytschaetebogen zu unterstützen. Die außerordentlich heftige
Waffenwirkung der feindlichen Artillerie verursachte auf deutscher Seite einen
ungewöhnlich hohen Verschleiß an Material aller Art, das in
kürzester Zeit wieder ersetzt sein mußte, sollte die
Widerstandsfähigkeit der Front erhalten bleiben. Der sich hieraus
ergebende stark erhöhte Nachschubbedarf war von der Eisenbahn allein
nicht zu bewältigen, zumal sie vielfach infolge planmäßiger
Beschießung der Bahnhöfe durch feindliche Batterien bis weit hinter
die Kampfstellungen nicht zu benutzen war; hinzu kam, daß die
Endstrecken der Eisenbahn durch den sich dort stauenden Verkehr oft nachhaltig
verstopft waren. Das rechtzeitige Heranschaffen von Truppen und Gerät,
sowie die Abbeförderung der Verwundeten waren daher nur mit Hilfe des
Kraftfahrzeugs sicherzustellen. Ein gleiches galt für das
Seitwärtsschieben von Truppen, Munition und Gerät, wenn der
Gegner sein Angriffsziel änderte oder seinen Hauptdruck auf andere Stellen
der Front verlegte.
All das Gesagte traf aber in erhöhtem Maße auf die im
Spätsommer dieses Jahres entbrennende Flandernschlacht zu, deren
monatelanges Ringen wie für die kämpfenden Truppen so auch
für die Kraftfahrverbände die schärfste Anspannung aller
Kräfte bedingte. Infolge des offenen und eingesehenen Geländes und
der wiederholten Bombenangriffe feindlicher Fliegergeschwader auf
größere Truppenansammlungen mußte der Verkehr auf den
Zufuhrstraßen nunmehr größtenteils auf die Nachtzeit verlegt
werden. In tiefster Dunkelheit, ohne jedes Licht, inmitten der marschierenden
Ablösungen und endlosen Pferdekolonnen, behindert durch die von
Granateinschlägen herrührenden zahlreichen Löcher in der
Straßendecke, haben sich die Führer der
Personen- und Lastkraftwagen, besonders auch der Sanitätskraftwagen
trotzdem ihren Weg jederzeit zu bahnen gewußt und sich auch durch das
Gasschießen der feindlichen Artillerie nicht von der Erfüllung ihres
Auftrages abbringen lassen.
Im deutschen Heeresbericht vom 18. 8. 17 wurde der Leistung der Kraftfahrtruppe
lobend Erwähnung getan und besonders anerkannt, daß der für
die Kampfführung so wichtige Verkehr von und zur Front trotz des
über mehrere Stellungen hinweg weit ins Hintergelände reichenden
feindlichen Feuers glatt bewältigt wurde. Zahlreich sind die Beispiele
besonderen Schneids, den einzelne Kraftfahrer - Offiziere wie
Mannschaften - in diesen und den folgenden Wochen an den Tag gelegt
haben, und die wiederholte Verleihung des Eisernen Kreuzes II. und
I. Klasse gibt Zeugnis von ihrem unerschrockenen Verhalten an der Front.
Es muß hier aber auch der aufopfernden Tätigkeit [373] der Handwerker in den
Werkstätten gedacht werden, die Tag und Nacht angestrengt arbeiteten, um
die zahlreichen instandsetzungsbedürftig gewordenen Fahrzeuge zur
Verwendung bei der Truppe wieder fahrfertig zu machen.
Trotzdem die Oberste Heeresleitung alle auf dem westlichen Kriegsschauplatze
nur irgend verfügbar zu machenden Kraftfahrverbände der 4. Armee
zuteilte, reichte ihre Zahl leider nicht aus, um neben dem dringend notwendigen
Nachschub an Munition, Verpflegung und sonstigem Kriegsbedarf auch noch
Truppentransporte in größerem Umfange auszuführen. Die
Engländer setzten an mehreren Hauptkampftagen Tanks ein, die jedoch auf
dem sumpfigen Boden der flandrischen Tiefebene nicht recht vorwärts
kamen und daher größtenteils ein Opfer des deutschen
Geschützfeuers wurden.
Im Osten standen im Verhältnis zu der langen Kampffront nur wenige
Kraftfahrformationen zur Verfügung. Während der
größeren Kampfhandlungen, wie anläßlich der
Brussilow-Offensive, mußten sie daher jeweils an den bedrohten Punkten
der Front zusammengezogen werden, wo sie dann stark in Anspruch genommen
waren. Aber auch in der Zeit, wo keine erhöhte Kampftätigkeit
bestand, wurden die Kraftfahrzeuge zur Erfüllung militärischer
Bedürfnisse wie für wirtschaftliche Aufgaben verwendet. Hierbei ist
besonders der Einsatz mehrerer Kraftwagenkolonnen in Rumänien im Juli
1917 zu erwähnen, wo es sich darum handelte, mittels Lastkraftwagen die
zur Aufrechterhaltung der heimischen Volksernährung dringend
benötigte rumänische Getreideernte mit größter
Beschleunigung an die Eisenbahn und zum
Donau-Hafen, von wo sie nach Deutschland abbefördert wurde,
heranzuschaffen. In Mazedonien gab es einen besonders staubigen, glühend
heißen Sommer, der den Dienst des Fahrpersonals außerordentlich
beeinträchtigte und zahlreiche Erkrankungen zur Folge hatte. Dazu hatte
die Truppe unter den elenden Verpflegungs- und
Unterbringungsverhältnissen sehr zu leiden. Die deutschen Kraftfahrer der
2. bulgarischen Armee halfen sich schließlich dadurch, daß sie sich
aus Holz eine eigene kleine Siedlung bauten, die sie Autopalanka, d. h.
Kraftfahrerstadt, tauften. Im übrigen suchte die Heeresleitung neuerdings
Verbände dadurch frei zu machen, daß sie mit Hilfe besonderer
deutscher Ausbildungskommandos bulgarisches Personal in der Bedienung von
Kraftfahrzeugen ausbilden ließ und die zur Aufstellung eigener Kolonnen
benötigten Kraftfahrzeuge der bulgarischen Heeresverwaltung aus
Deutschland zur Verfügung stellte. Die mangelhafte Organisation des
Nachschubs für die mazedonische Front hielt aber auch weiterhin
zahlreiche deutsche Kraftfahrformationen vor Saloniki fest.
Im Laufe des Jahres war die Kampfkraft des russischen Heeres infolge der
Revolution so geschwächt worden, daß dem deutschen Ostheer bei
seinem im Herbst angesetzten Vorgehen bedeutende
Erfolge - Eroberung von Riga sowie der Inseln Oesel, Moon und
Dagoe - beschieden waren. An den [374] Unternehmungen
waren auch Kraftfahrtruppen beteiligt, soweit die ungünstigen
Straßenverhältnisse ihren Einsatz zuließen. Besondere
Unterstützung hat beim Vorgehen auf den genannten Inseln die 2.
Infanterie-(Radfahr-)Brigade durch die ihr zuteil gewordene Ausstattung mit
zahlreichen Krafträdern, Personen- und Lastkraftwagen erfahren.
Im Westen, wo die deutschen kampfkräftigen Truppen an den Fronten vor
Ypern, Verdun und am Damenweg festgehalten waren, hatte der Feind
unterdessen einen neuen überraschenden Angriff vorbereitet, wozu ihn
seine Überlegenheit durch die zahlreichen, inzwischen fertiggestellten
Tankgeschwader ermutigte. Hatte in Flandern der sumpfige Boden die
Verwendung von Kampfkraftwagen erschwert, so versprach das feste und
unbedeckte Gelände bei Cambrai besseren Erfolg; man rechnete mit einem
schnellen Durchstoßen der an dieser Stelle vermutlich nur schwach
besetzten deutschen Linien. Die Bereitstellung von mehreren Hundert
Panzerkraftwagen des Gegners erfolgte unbemerkt, so daß ihr Vorrasseln
am Morgen des 20. Novembers gegen die sich eines Angriffs nicht versehende
deutsche Front zunächst von Erfolg begleitet war. Erst durch schleunigst
herangeholte Reserven - teilweise waren sie auf Kraftwagen verladen
worden - konnte der Einbruch aufgefangen und durch das allmählich
erstarkende deutsche Artilleriefeuer dem weiteren Vordringen der englischen
Panzerwagen ein Ziel gesetzt werden. Mit Hilfe neu herangezogener Divisionen
wurde nach wenigen Tagen das verlorene Gelände im Gegenstoß
nicht nur größtenteils wieder erobert, sondern darüber hinaus
noch neues hinzugewonnen. Dabei fielen zahlreiche zerschossene oder an
Hindernissen festgefahrene englische Tanks in deutsche Hand; in der Erkenntnis,
daß diese vielleicht noch einmal für eigene Zwecke gut zu
gebrauchen wären, ging man deutscherseits sofort an ihre Bergung, die aber
infolge der Unbeweglichkeit der zerstörten schweren Maschinen und wegen
der unmittelbaren Nähe der feindlichen Linien mit großen
Schwierigkeiten verknüpft war. Immerhin gelang es, nach und nach
über 60 solcher englischen Panzerwagen aus der Stellung herauszuholen
und sie nach rückwärts in Sicherheit zu bringen. Ein großer
Teil von ihnen ist in einer zum Tankhafen eingerichteten belgischen
Kraftwagenwerkstatt von deutschen Monteuren wiederhergestellt worden,
während der Rest zur Gewinnung von Einzelteilen und Ersatzstücken
ausgeschlachtet wurde. Man dachte anfangs auch daran, den englischen Typ in
deutschen Fabriken nachzubauen, mußte aber diesen Plan wegen
Personal- und Materialschwierigkeiten in der Heimat bald wieder fallen
lassen.
Wenn auch die Tankschlacht bei Cambrai schließlich mit einem
Mißerfolg der Engländer geendet hatte, so war doch das Ergebnis des
ersten Angriffstages ein Beweis dafür, welch große Wirkung man
unter günstigen Verhältnissen und bei überraschendem
Auftreten mit diesem neuen Kriegswerkzeug erzielen konnte. Auf deutscher Seite
unterzog man daher die bisherigen [375]
Tank-Abwehrmaßnahmen einer scharfen Nachprüfung. Die ersten
herausgebrachten feindlichen Kampfwagen hatten noch erhebliche technische
Mängel aufgewiesen und waren daher verhältnismäßig
leicht zur Strecke gebracht worden; je kleiner und beweglicher sie aber im
Verlaufe des Krieges geworden waren und in je größeren Massen sie
gleichzeitig auftraten, desto schwieriger wurde auch ihre Bekämpfung. Im
Herbst 1917 verfügte die Entente, soweit bisher bekannt geworden ist, an
der Front bereits über 600 - 700 Tanks, denen zu dieser Zeit
noch nicht ein einziger deutscher entgegengesetzt werden konnte. Die deutsche
Heeresleitung legte den Hauptwert darauf, die vorhandenen Abwehrwaffen zu
vervollkommnen und neue zu entwickeln. Der beste Erfolg wurde gegen Tanks
naturgemäß mit Kflaks (Flugabwehrkanonen auf Kraftwagen) erzielt,
da diese mit Hilfe ihres Vierradantriebs bei nicht zu ungünstigen
Bodenverhältnissen auch außerhalb der festen Wege fortkamen und
eine besonders schnelle Feuerbereitschaft nach allen Seiten entfalteten. Allgemein
suchte man die Abwehrwaffen - der Freizügigkeit der feindlichen
Panzerwagen entsprechend - möglichst beweglich zu machen und
stellte daher kleinkalibrige Geschütze auf
Personen- und Feldkanonen auf Lastkraftwagen, und sorgte dafür,
daß man sowohl vom Wagen, wie vom gewachsenen Boden aus gegen diese
neuen Ziele schießen konnte.
Als im Herbst 1917 die österreichische Heeresleitung zur Stärkung
ihrer Front gegen Italien deutsche Hilfe in Anspruch nehmen mußte, wurde
die 14. Armee um Krainburg herum versammelt. Sie sollte im Verein mit
österreichisch-ungarischen Divisionen zu einem Vorstoß gegen die
Isonzofront, wenn auch mit beschränktem Ziel, eingesetzt werden. Mit
Rücksicht auf die bevorstehende offensive Verwendung und im Hinblick
auf die schwierigen Straßenverhältnisse des voraussichtlichen
Kriegsschauplatzes in den Alpen nahm man auf die Ausstattung der Armee mit
zahlreichen, leistungsfähigen Kraftfahrzeugen besonders Bedacht, zog von
allen Seiten noch einmal die wenigen noch mit guter Gummibereifung versehenen
Lastkraftwagenkolonnen bei ihr zusammen und wechselte auch die vorhandenen
eisenbereiften Einzelwagen gegen solche mit Gummibereifung aus.
Gleich der Aufmarsch brachte die denkbar größten Schwierigkeiten,
standen doch zur Verbindung nach der Front nur zwei Wege, schmale gewundene
Paßstraßen, mit starken Steigungen und zahlreichen engen Stellen, zur
Verfügung. Da sich der Verkehr infolgedessen meist nur in einer Richtung
bewegen konnte, mußte er, ähnlich wie beim Blocksystem einer
eingleisigen Eisenbahn, mit Hilfe besonderer Einrichtungen,
Schlagbäumen, Signallichtern u. a. genau geregelt und
überwacht werden. Zur Sicherung gegen die steil abfallenden
Berghänge wurden längs der Straße hölzerne Schranken
aufgebaut, die allerdings nur ein Trost fürs Auge waren; dem Anprall eines
Lastkraftwagens waren sie natürlich nicht gewachsen. Wenn trotzdem nur
[376] wenig Abstürze
vorgekommen sind, so stellt diese Tatsache den solche Gebirgswege im
allgemeinen doch nicht gewohnten deutschen Kraftfahrern ein glänzendes
Zeugnis für ihre Fahrleistungen aus. Für die nördliche
Angriffsgruppe kam noch eine besonders schwierige, von den Österreichern
erst während des Krieges mit behelfsmäßigen Mitteln
angelegte Straße in Betracht, die in vielfachen Serpentinen zur
Paßhöhe und auf der anderen Seite in gleichen Schlangenwindungen
wieder herabführte. Dabei waren die Kehren meist so scharf und schmal
gehalten, daß ein Lastkraftwagen meist erst mehrmals
vor- und zurückstoßen mußte, wollte er um die enge
Wegebiegung überhaupt herumkommen. Nach vollzogenem Aufmarsch der
Artillerie wurde trotz dieser beispiellosen Erschwernisse die zur
Durchführung des Angriffes benötigte Munition mit Hilfe der
Kraftwagenkolonnen in der vorgesehenen Frist rechtzeitig nach vorn gebracht;
pferdebespannte Kolonnen waren wegen der Unmöglichkeit, die Tiere in
den engen felsigen Gebirgstälern unterzubringen und zu ernähren, zu
diesen Transporten weniger in Frage gekommen.
Nachdem der Angriff geglückt und der Durchbruch durch die Bergstellung
der Italiener vollzogen war, ging der Vormarsch des verbündeten
deutsch-österreichischen Heeres schneller vonstatten, als man unter den
gegebenen Verhältnissen erwartet hatte. Infolgedessen mehrten sich bald
die Schwierigkeiten in der Bewältigung des Nachschubs, der infolge
Fehlens einer durchgehenden Eisenbahn immer erst auf den wenigen zur
Verfügung stehenden Gebirgsstraßen über die Alpen
hinweggeleitet werden mußte. Es war unvermeidlich, daß auf den
vielfach durch Felswände eingeengten Straßen erhebliche Stockungen
auftraten, zumal wo die Wiederherstellung der Straßendecke im ehemaligen
Kampfgelände nicht sorgfältig genug ausgeführt war;
steckengebliebene Fahrzeuge verursachten stundenlange Aufenthalte, da es
für den übrigen Verkehr bei den wenigen zur Verfügung
stehenden Verbindungen nicht möglich war, seitlich auszubiegen. Die
Kraftwagenkolonnen, die durch das
Armee-Ober-Kommando anfangs sehr weit zurückgehalten wurden,
mußten diesen Wirrwarr in den engen Gebirgstälern nur noch
vergrößern, während sie den bereits in der oberitalienischen
Ebene vorgehenden Divisionen bitter fehlten. Als sich daher die Entfernung
zwischen Truppe und Endpunkt der Eisenbahn jenseits der Alpen immer mehr
vergrößerte, trat an der Front bald Munitionsmangel ein, mit ein
Grund dafür, daß der Übergang über den Piave nicht
mehr durchgeführt werden konnte und das Vordringen hier zum Halten
kam. Wieder einmal zeigte sich die Bedeutung der Aufrechterhaltung eines
geordneten Nach- und Abschubs für das Gelingen großer
Angriffsbewegungen. Beim nunmehr einsetzenden Stellungskrieg haben die
Kraftwagenkolonnen angestrengt tätig sein müssen, bis die
Wiederherstellung der Eisenbahn eine Verkürzung der langen
rückwärtigen Verbindungen herbeiführte.
[377] Der italienische
Feldzug hatte dem verbündeten
deutsch-österreichischen Heere unermeßliche Beute eingebracht,
darunter auch Hunderte italienischer Kraftfahrzeuge aller Art, von der schweren
Motorzugmaschine bis zum leichten Kraftrad. Soweit die Fahrzeuge noch
fahrfähig waren, wurden sie zu besonderen Beuteformationen
zusammengestellt und gleich wieder für Zwecke der Armee in Betrieb
genommen, wobei italienische Kriegsgefangene, die vielfach vor dem Kriege ihr
Handwerk als Monteure in Deutschland gelernt und sich entsprechende
Sprachkenntnisse angeeignet hatten, gute Dienste leisteten. Betriebsstoff wurde
nur wenig vorgefunden, dafür aber mehrere Lager guter italienischer und
englischer Luftbereifung in passenden Größen, die eine sehr
erwünschte Beihilfe für die Versorgung der Personenkraftwagen der
14. Armee darstellten. Als die deutschen Divisionen später von der
italienischen Front wieder weggezogen wurden, folgte ihnen auch der
größte Teil der Kraftfahrverbände mit Ausnahme weniger
Kolonnen, die für die wirtschaftliche Ausnutzung des Landes noch einige
Zeit tätig waren.
Es ist notwendig, an dieser Stelle auch der Mitwirkung deutscher
Kraftfahrverbände auf den türkischen Kriegsschauplätzen in
Palästina und Vorderasien und der bedeutsamen Rolle, die das
Kraftfahrzeug dort gespielt hat, Erwähnung zu tun. Man hat die
Feldzüge der Türkei mit Kolonialkriegen verglichen, da sie mit
besonderen Expeditionskorps weit ab von den natürlichen Hilfsquellen der
Heimat und noch dazu meist in einer Gegend geführt wurden, wo die
Truppe für ihren Unterhalt fast ausschließlich auf den Nachschub aus
dem Mutterlande angewiesen war. Die erfolgreiche Durchführung jeder
strategischen Operation hing also von vornherein davon ab, daß es gelang,
die außergewöhnlich weiten Entfernungen nach der Heimat mit Hilfe
leistungsfähiger Transportmittel zu überbrücken. Infolge der
Überlegenheit der Entente zur See fiel die Schiffahrt für diesen
Zweck gänzlich aus, so daß die in Armenien, Persien, Mesopotamien
und Palästina kämpfenden Armeen allein auf die Landverbindungen
nach Konstantinopel angewiesen waren. Kam hier auch in erster Linie die
Eisenbahn (Anatolische und Bagdad-Bahn) in Betracht, so war diese unter den
gegebenen Verhältnissen doch nicht in der Lage, ihre Aufgabe restlos zu
erfüllen, da der Betrieb wegen Mangels an Heizmaterial für die
Lokomotiven oft tagelang stockte, sich im Bahnnetz auch noch Unterbrechungen
vorfanden, ja auf großen Strecken der Bau der projektierten Bahn
überhaupt noch nicht in Angriff genommen war, und sich schließlich
die Kämpfe vielfach in bedeutender Entfernung von der Eisenbahn
abspielten.
Hier setzte nun in vollem Maße die Tätigkeit der deutschen
Kraftfahrtruppen ein, die durch Anfuhr von Brennholz zu den Betriebsstrecken,
durch Pendelverkehr zwischen den unterbrochenen Stellen der Bahn und durch
Herstellung der Verbindung von den Bahnendpunkten zur Front für einen
geregelten, alles umfassenden Nachschub sorgte.
[378] Im besonderen handelte
es sich darum, die im Taurus und Amanus vorhandenen Lücken im
Schienenstrang auszufüllen, da die Untertunnelung dieser beiden
Gebirgsketten noch nicht fertiggestellt war. Hier wurden Anfang 1916 deutsche,
aus ausgesuchtem Personal und Gerät zusammengestellte
Kraftwagenkolonnen unter einem Kommandeur der Kraftfahrtruppen eingesetzt.
Die Taurus-Straße stieg von Bozanti (800 m über dem Meere)
bis zur Paßhöhe (1400 m), durchbrach hier in der von alters
her bekannten "Cilicischen Pforte" das hohe Gebirgsmassiv und führte auf
der anderen Seite in zahllosen, gefährlichen Windungen in die
Adana-Ebene hinab, wo sie in Gülek (12 m) die Eisenbahn wieder
erreichte. Auf dieser Strecke richtete man nun einen regelmäßigen
Pendelbetrieb ein; das gesamte in Bozanti mit der Bahn ankommende
Heeresgut - Munition, Verpflegung, Bekleidung, Pionier-,
Nachrichten- und sonstiges Gerät - wurde hier auf die deutschen
Lastkraftwagen verladen, mit deren Hilfe über das Gebirge
hinübergeschafft und in Gülek wieder auf die Eisenbahn
umgeschlagen. Die Durchführung dieses Auftrags stellte
außerordentliche Anforderungen an das Personal, sowohl in fahrtechnischer
wie in gesundheitlicher Beziehung, zumal infolge der bedeutenden
Temperaturunterschiede der rauhen Paßhöhe im Gebirge und dem
bereits im tropischen Klima gelegenen Endpunkt der Strecke; die Gräber
auf dem Friedhof bei Tschan Alan können von den schweren Strapazen,
den Entbehrungen und dem stillen Heldentum deutscher Kraftfahrer im Taurus
erzählen.
Ähnlich, vielleicht für den Fahrdienst noch schwieriger, lagen die
Verhältnisse im Amanusgebirge; doch gelang es hier bald, den Hauptanteil
des Nachschubes einer inzwischen fertiggestellten, provisorischen Kleinbahn zu
übertragen.
In Konstantinopel wurde zur Verbindung mit den türkischen
Behörden eine Leitung des Kraftfahrwesens eingerichtet, die der deutschen
Militärmission daselbst unterstellt war und gleichzeitig den Ersatz aus der
Heimat zu vermitteln hatte. Der mit der Fertigstellung des Bahnbaus
beschäftigten Bagdadbahn-Gesellschaft wurde für ihre Zwecke eine
eigene Kraftwagenkolonne zur Verfügung gestellt, während weitere
Lastkraftwagen an verschiedenen Punkten Kleinasiens Erze für die
heimische Kriegswirtschaft (Chrom, Schwarzkupfer und Blei) von den
anatolischen Bergwerken bis zur nächsten Bahnstation, teilweise auf eigens
für diesen Zweck neugebauten Straßen, beförderten.
Ein besonderer Auftrag war schließlich einem deutschen Kraftfahrverband
vorbehalten, der die türkische 6. Armee bei ihren Operationen gegen die
Engländer zu unterstützen hatte und im Sommer 1916 von Bagdad
aus den Transport von Munition und Verpflegung zur Front bei
Kut-el-Amara aufnahm. Vorübergehend begleiteten deutsche
Lastkraftwagen auch den Vormarsch des türkischen XIII. Korps über
Chanikin nach Persien hinein und gelangten hierbei bis Hamadan, dem wohl am
weitesten von der Heimat entfernt gelegenen Punkt (über
5 000 km Luftlinie bis Berlin!), der während des
Welt- [379] krieges von einem
deutschen Kraftfahrtruppenteil je erreicht worden ist. Einige Monate später
war es hauptsächlich der aufopfernden Tätigkeit der deutschen
Kraftfahrer zu danken, daß beim Rückzug der Türken aus
Bagdad trotz feindlicher Bedrohung auf beiden Flanken die Bergung der
Munitionsvorräte sowie die Abbeförderung der Verwundeten und
Kranken rechtzeitig vor Räumung der Stadt gelang.
Auf dringendes Ersuchen der türkischen Heeresleitung waren im Sommer
1916 von Deutschland weitere Kraftwagenkolonnen hergegeben worden. Sie
wurden den türkischen Armeen im Irak und in Palästina mit
Rücksicht auf die dort bestehenden Schwierigkeiten im Transportwesen
zugeteilt. Der starke Ausfall des tierischen Zuges, der durch Knappheit an
Futtermitteln und Überanstrengung der Tiere infolge der schlechten
Wegeverhältnisse hervorgerufen war, konnte nur durch den mechanischen
Zug ausgeglichen werden; er trat in Wettbewerb mit dem ältesten
Verkehrsmittel, der Kamelkarawane. Später wurde der türkischen
Heeresverwaltung zur Aufstellung eigener Kolonnen auch noch deutsches
Lehrpersonal und das erforderliche Kraftfahrgerät zur Verfügung
gestellt.
Der Fall Bagdads und der Angriff der Engländer gegen die Sinaifront gab
im Frühjahr 1917 Veranlassung zu einer gänzlichen Neugruppierung
der deutschen Kraftfahrverbände in Vorderasien. Die im Taurus inzwischen
entbehrlich gewordenen Kraftwagenkolonnen wurden zum größten
Teil der türkischen 4. Armee in Palästina zugeführt und
übernahmen hier den Verkehr zur Front südlich Jerusalem, soweit sie
nicht in Syrien zur Ergänzung der Eisenbahn oder als Reserve bei
Betriebsstörungen der Bahn Verwendung fanden. Als die Engländer
Anfang März 1917 einen Vorstoß gegen die neue Stellung der
Türken bei Gaza unternahmen, ließ das türkische
Oberkommando mit Hilfe aller verfügbaren Kraftfahrzeuge beschleunigt
Truppenreserven dorthin befördern; der feindliche Angriff wurde
abgeschlagen.
Die der türkischen 2. und 6. Armee in Mesopotamien überwiesenen
deutschen Kraftwagenkolonnen richteten quer durch die Wüstensteppe
einen Pendelverkehr zwischen der Gleisspitze der Bagdadbahn östlich
Ras-ul-ain und Mardin sowie Mossul und von dort zur Front ein. Sie hatten, da
ein Fahren in geschlossener Kolonne nicht immer möglich war, vielfach
unter räuberischen Überfällen durch Araberhorden zu
leiden.
Im übrigen lagen hier sowohl wie in Syrien die Verhältnisse
für den Einsatz der Lastkraftwagen wenig günstig. Eigentliche
gebaute Straßen gab es nur wenige, und diese waren auch nur mit einer
schwachen Decke versehen, durch welche die schweren, meist eisenbereiften
Fahrzeuge bald durchbrachen. Oft fehlten Wege gänzlich, und die
Kraftfahrer verließen sich bei ihren Fahrten einfach auf die harte
Lehmkruste des ausgetrockneten Bodens, soweit nicht
Sand- und Staubwellen ein Weiterkommen versperrten. In der Regenperiode
weichte [380] der Boden allerdings in
kurzer Zeit derart auf, daß ein Fahrbetrieb während dieser Zeit fast
zur Unmöglichkeit wurde. Unter den geschilderten Verhältnissen
wurde das Wagenmaterial in der denkbar schärfsten Weise beansprucht; die
Instandsetzung litt unter dem Mangel an passenden Ersatzteilen, deren Nachschub
aus dem fernen Deutschland recht schleppend war. Die Truppe hatte bei ihrem
anstrengenden Fahrdienst sehr unter der lähmenden Hitze (in der Sonne
wurden wiederholt 70°, im Schatten 50° Celsius gemessen) und
der durch die Trockenheit hervorgerufenen starken Staubentwicklung zu leiden;
zahlreiche Krankheiten, Malaria, Fleckfieber, zeitweise Cholera kamen hinzu.
Trotz dieser außergewöhnlichen Verhältnisse haben sich die
deutschen Kraftfahrer in der ganzen Zeit wacker gehalten und für die
geleisteten Dienste auch die volle Anerkennung ihrer türkischen
Armeeführer gefunden.
Im Sommer 1917 wurde Enver Bey, der türkische Oberbefehlshaber, erneut
im Großen Hauptquartier vorstellig; er bat um ein deutsches
Heeresgruppenkommando mit einem Hilfskorps zur Wiedereinnahme von
Bagdad. Hierzu war geplant, die deutschen Truppen im Raum von Aleppo zu
versammeln, sie dort auf Lastkraftwagen zu verladen und in mehrtägigem
Marsche mitten durch die arabische Wüste in die Gegend von Hit am
Euphrat zu befördern, von wo sie überraschend gegen die linke
Flanke der englischen Stellung im Irak vorbrechen sollten. Schweren Herzens
ging die deutsche Heeresleitung auf den neuen Vorschlag ein und ordnete
u. a. die Abgabe der hierzu benötigten Kraftfahrzeuge und
Mannschaften an. Für das Unternehmen, bei dem also dem Kraftfahrzeug
eine entscheidende Rolle zugedacht war, hatte das Feldheer 15 mobile
Kraftwagenkolonnen zur Verfügung zu stellen, die übrigen
Kraftfahrverbände wurden durch das Kriegsministerium in der Heimat
aufgestellt. Für die Verladung des gesamten
Expeditionskorps - Infanterie, Maschinengewehre, Minenwerfer, Pioniere,
Feldartillerie usw. - auf Lastkraftwagen wurden alle technischen
Vorbereitungen getroffen und die Formationen auch zur Überwindung der
zu durchfahrenden Durst- und Hungerstrecken entsprechend ausgerüstet.
Für den Meldedienst wurden Personenwagen und Krafträder,
für Sanitätszwecke Krankenkraftwagen bereitgestellt. Der
Abtransport der tropenmäßig ausgestatteten Verbände begann
im August; die Unternehmung selbst, deren Leitung General
von Falkenhayn übernommen hatte, war für Herbst 1917 oder
Frühjahr 1918 beabsichtigt.
Aber es sollte anders kommen. Der nach Eintritt der kühleren Jahreszeit im
September 1917 eingeleitete Angriff eines an Zahl und technischen Kampfmitteln
weit überlegenen englischen Heeres in Palästina brachte die dort
stehende 4. türkische Armee in eine so bedrohliche Lage, daß man
den ursprünglichen Plan aufgeben und das inzwischen in Aleppo mit der
Bahn eintreffende Asienkorps beschleunigt an dieser gefährdeten Stelle
einsetzen mußte. Mit Hilfe der deutschen Truppen wurde dem Vordringen
der Engländer, die sich inzwischen in den [381] Besitz von Jaffa und
Jerusalem gesetzt hatten, im Bergland von Samaria Einhalt geboten und diese
Stellung dann gegen weitere Angriffe des Feindes gehalten; hierzu haben auch die
zahlreichen, unter einem Regimentskommandeur der Kraftfahrtruppen
zusammengefaßten deutschen Kraftfahrverbände das Ihrige
beigetragen, zumal da in jener Zeit gerade die Leistungsfähigkeit der
Eisenbahn südlich Damaskus infolge der Schwierigkeiten bei der
Brennstoffversorgung der Lokomotiven stark zurückgegangen und den
Anforderungen der Front nicht mehr gewachsen war.
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